Turiner Grabtuch

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Grabtuch von Turin

Das Grabtuch von Turin (Ital.: »la Sacra Sindone«) wird als das Tuch verehrt, in welches Jesus Christus nach seinem Tod am Kreuz von Joseph von Arimathäa nach jüdisch-ägyt. Art eingewickelt (Mt 27,59, Mk 15, 46, Lk 23, 53) wurde, um bestattet zu werden (Joh 20, 6). Es zeigt den Doppelabdruck eines 1,81 Meter großen Mannes mit Bart und langem Haar, der alle Merkmale der in der Bibel beschriebenen Kreuzigung aufweist. Das Leinentuch im Fischgrätmuster, ist 4,37 Meter lang und 1,11 Meter breit. Es wird in einer Seitenkapelle des Turiner Doms unter Verschluss gehalten und nur zu besonderen Anlässen öffentlich ausgestellt. Die kugelsichere, schwenkbare Vitrine zur Ausstellung wiegt 2500 Kilogramm<ref name="start">Christa Langen-Peduto im Osservatore Romano, 8. Mai 2015, S. 5.</ref>

In der Liturgie wird das Grabtuch symbolisiert durch das Altartuch und besonders durch das Korporale.<ref>G. Schumann in: Lexikon für Theologie und Kirche, 1. Auflage, Band IV, Sp. 636</ref> Die Katholische Kirche spricht heutzutage nur vorsichtig von einer »zu verehrenden Ikone« und weniger von einer Reliquie.<ref>jedoch spricht Papst Benedikt XVI. in seinem Buch: "Jesus von Nazareth" II, S. 252 von einer Reliquie: Das Grabtuch von Turin – eine Reliquie Kath.net am 11. März 2011</ref> Seit über 100 Jahren ist das Grabtuch Streitobjekt von Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen. Es gibt Beweisführungsthesen für seine Echtheit ebenso wie für seine Fälschung. Nach wie vor ist es also ein Geheimnis der Geschichte und wohl gerade auch deshalb eine der größten spirituellen Attraktionen.<ref name="start" />

Grabtuch von Turin, Kopie in der Basilika Santa Croce in Gerusalemme in Rom

Geschichte und Echtheit

Grabtuch von Turin

Einen ersten Indiz für das geschichtliche Auftauchen des berühmten Tuches gab es im vierten Jahrhundert. Bei der entscheidenden Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom im Jahre 312 soll Kaiser Konstantin sogar das gefaltete Grabtuch als "heiliges Zeichen" mitgeführt haben. Als Konstantin 330 die Hauptstadt nach Konstantinopel verlegte, ließ er dort im Palast einen besondere "Pharoskapelle" errichten. Das griechische Wort "Pharos" bedeutet Leichentuch.

Im Jahr 361 kam Julian der Abtrünnige (Apostata) an die Herrschaft. Das Grabtuch wurde nach Edessa gebracht und dort in einer Nische der Stadtmauer über dem Westtor eingemauert. Im Jahr 525 entdeckte man das ganze, nach einer Flutkatastrophe, bei der Wiederherstellung der Stadtmauer. Evagrius berichtet um ca. 600, dass dieses "theóteukton" (gottgemachte), nicht von Menschenhand gemachte (acheiropoietón) Bild die Stadt im Jahre 544 aus großer Gefahr durch die Belagerung durch die Perser befreite.

Vier Jahre nach der Rettung Edessas entstand am Sinai das Katharinenkloster. Dort findet man zwei Bilder Christi, die weitgehend deckungsgleich mit dem Bild Christi auf dem Grabtuch sind. Seit dieser Zeit verbreitet sich genau dieses Bild Christi überall. In Russland ist es auf unzähligen Mosaiken und Ikonen seit dem sechsten Jahrhundert nachweisbar. Es wird in den Jahren zwischen 692 und 695 sogar auf Goldmünzen von Kaiser Justinian II. geprägt (vgl. Waldstein, Grabtuch).

Am 15. August 944 kehrte das Bild von Edessa wiederum nach Konstantinopel zurück. Den Beweis dafür findet man in der Nationalbibliothek von Budapest. In der kostbaren, zwischen 1150 und 1195 zu datierenden Pergamenthandschrift Codex Pray findet man eine Miniatur, die das Grabtuch wiedergibt. 1150 wurde in Konstantinopel der ungarische Botschafter vom Kaiser Manuel II. Komnenos empfangen. Man wollte eine Hochzeit planen. Der Kaiser zeigte den Ungarn die kaiserlichen Schätze, darunter auch einen Gegenstand, der in der kaiserlichen Kapelle gehütet wurde. Byzantinische Historiker nannten diesen Gegenstand "Sindon" (Grabtuch). Ein Beobachter hatte diese Szenen auf der Miniatur des Codex Pray festgehalten. Auf einem Bild ist das ausgebreitete Tuch zu sehen, mit einer Hülle, wahrscheinlich aus Seide, die es damals schützte. Über die Jahrhunderte hinweg wird das Tuch bei mehreren Bränden beschädigt.

1356 taucht das Tuch, ohne weitere Dokumentation, in einer Kirche in Lirey (Bistum Troyes) in Frankreich auf und wird gleich stark verehrt. 1453 wird es vom Herzog von Savoyen erworben und (zumeist) in Chambery aufbewahrt. Im Jahre 1578 wird das Tuch (dem heiligen Karl Borromäus zulieb),<ref>G. Schumann in: Lexikon für Theologie und Kirche, 1. Auflage, Band IV, Sp. 636</ref> als das Haus Savoyen Turin zu seinem Hauptsitz machte, dorthin verlegt und fortan sehr selten an besonderen Feiertagen öffentlich ausgestellt.<ref name="start" />

Im Jahre 1898 machte der italienische Amateurfotograf Secondo Pia die ersten Aufnahmen. Er entdeckt, dass das Bildnis im Negativ viel detailreicher wirkt als im Original. Das Turiner Grabtuch ist ein fotografisches Negativ. Bei der Entwicklung der Platte kam es zu dramatischen Erlebnissen. Als Pia die damals noch zum Fotografieren beschichtete Glasplatte bei schwachem Rotlicht in die Wanne mit der Entwicklerflüssigkeit tauchte, wurden zuerst die Umrisse des Altares sichtbar, vor dem das Tuch ausgespannt war. Das Abbild auf dem Tuch war vollkommen verändert. Es hatte plötzlich Form und Tiefe. Pia drehte die Platte gegen das Licht und betrachtete das Gesicht. Was er jetzt zu sehen bekam, erschütterte ihn. Er sah das Gesicht mit den (wahrscheinlich) geschlossenen Augen aufrüttelnd real. Pia meinte später zu den Erlebnissen: "Eingeschlossen in meiner Dunkelkammer, voll auf meine Arbeit konzentriert, fühlte ich eine sehr starke emotionale Bewegung, als ich bei der Entwicklung der Platte erstmals das Heilige Antlitz mit solcher Klarheit auf ihr erscheinen sah, dass ich vor Staunen sprachlos war" (vgl. Wolfgang Waldstein, Grabtuch von Turin).

Danach verstärken sich wissenschaftliche Nachforschungen. Ab 1969 werden zur Klärung Kommissionen gebildet und erste Tests gemacht: 1978 werden Faserproben entnommen. 1983 schenkt das Haus Savoyen das Grabtuch dem Papst. 1988 wird das Ergebnis der Stoffdatierung mittels Radiokarbontest bekanntgegeben, demnach sei es eine »mittelalterliche Fälschung« aus dem 13. oder 14. Jahrhundert. Danach gehen Forschungen verschiedenster Fachrichtungen weiter, die jenes Ergebnis wieder in Frage stellen (die Forscher hatten verunreinigte Proben ausgewertet). Im Jahre 2002 wurde das Grabtuch restauriert.<ref>Das Grabtuch von Turin wurde restauriert Kath.net am 22. September 2002</ref>


Aktueller Forschungsstand

Enrico Simonato vom Internationalen Zentrum für Sindonologie, also für die Grabtuch-Wissenschaft, erklärte kürzlich in Rom. Den aktuellen Status der Forschung könne man so zusammenfassen: Es gebe einige verbindliche Aussagen zur Negativität des Abbildes, auch zu Resultaten der Blutproben und der zu sehenden Wundmale sowie zur digitalen Analyse. Doch Alter und Ursprung des Stoffes sowie der darauf gefundenen Pollen seien noch zu klären. Und vor allem bleibe immer noch die fundamentale Frage, nämlich jene nach Natur und Zustandekommen des Abbildes. Simonato: »Sicher ist aber, dass dieses Tuch einen blutigen Leichnam eingehüllt hat«.<ref name="start" /> Karlheinz Dietz schreibt im LThK (3. Auflage 2001, Band 10, Turiner Grabtuch Sp. 310), dass die Pollenanalysen, Webart und Abmessungen auf Herkunft auf den Vorderen Orient hinwiesen. Versuche, es mit "nicht von Menschenhand gemachten" Christusbildern oder einem 1204 aus Konstantinopel verschwundenen Grabtuch Jesu zu identifizieren, bleiben Hypothesen.

Am Februar 1997 machte Professor Luigi Baima Bollone eine Entdeckung, die die ominöse Radio-Carbon-Datierung des Turiner Grabtuchs aufs Mittelalter widerlegte: Er entdeckte auf den Augen des abgebildeten Leichnams den Abdruck einer Münze, die aus Palästina stammte und dort zur Zeit des Pontius Pilatus hergestellt worden war.<ref>Kath-info am 2. Februar 2022</ref>

Italienische Wissenschaftler vom Istituto di Cristallografia und von der Università di Padova haben mit der WAXS-Röntgenanalyse-Methode, berichtet Ende April 2022, nachgewiesen, dass das Tuch tatsächlich aus dem ersten Jahrhundert stamme. Dabei wurden einige Fäden aus dem Grabtuch untersucht und mit der neuartigen WAXS-Röntgenanalyse-Methode die Grabtuchproben mit bekannten Stoffproben aus Zeiten zwischen 3000 vor Christus bis 2000 nach Christus verglichen. In dem jetzt veröffentlichten Bericht des italienischen Wissenschaftsrates wird nun festgestellt, dass man mit der Methode auf die Zeit 55-74 n. Christus datieren könne. Damit steht laut der Untersuchung fest, dass der Leinenstoff tatsächlich aus dem ersten Jahrhundert und damit aus der Zeit Jesu stamme!<ref>Neue Untersuchungen zum Grabtuch von Turin beweisen: Es stammt aus dem 1. Jahrhundert Kath.net 28. April 2022</ref>

Italienische Forscher datieren das Tuch im August 2024 in die Zeit Jesu. Ihre Studie, die in der Zeitschrift „Heritage“ veröffentlicht wurde und über die die „Daily Mail“ berichtet, datiert das Tuch auf über zweitausend Jahre. Die Studie wurde mit Hilfe der Weitwinkel-Röntgentechnik (WAXS) durchgeführt. Sie misst die natürliche Alterung der Leinen-Zellulose und ermittelt so den Zeitpunkt der Herstellung des Stoffes. Anhand der erzielten Ergebnisse stellten die Forscher fest, dass das Grabtuch 13 Jahrhunderte lang bei einer Temperatur von etwa 23 Grad und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 55 % gelagert wurde, bevor es nach Europa kam. Außerdem sei das Garn mit anderen in Israel gefundenen Leinenstoffen aus dem ersten Jahrhundert kompatibel.<ref> Forscher datieren Turiner Grabtuch in die Zeit Jesu Vatican News am 24. August 2024,</ref>

Ausstellung

Sindone, Detail

Das Grabtuch gehört, neben dem Schleier von Manoppello, zu den kostbarsten Reliquien der Christenheit und wird in Heiligen Jahren den Gläubigen präsentiert.

Öffentliche Ausstellungen fanden zeitweise jährlich (Festtag 4. Mai), seit dem 19. Jahrhundert nur noch selten statt.<ref>Karlheinz Dietz im LthK (3. Auflage 2001, Band 10, Turiner Grabtuch Sp. 309.</ref>Außerdem im Jahre 1988, 2000, vom 10. April bis 23. Mai 2010 (Es kamen 2,1 Millionen Menschen), 2013 (30. März<ref>nur für Delegationen mit insgesamt 300 kranken bzw. behinderten Turinern und 30 Jugendlichen; Turin: Zum dritten Mal seit 2000 wird Grabtuch gezeigt Kath.net am 28. März 2013</ref>) Vom 19. April bis 24. Juni 2015 ist, der in einer Seitenkapelle des Turiner Doms aufbewahrte Andachtsgegenstand, wieder ausgestellt.<ref> Franziskus besucht in Turin als erster Papst eine Waldenserkirche Kath.net am 26. März 2015</ref>

Papstworte und Papstbesuche

Da die Echtheit keine Glaubensangelegenheit, sondern Sache der Wissenschaft ist, hat die Kirche keine besondere Befugnis, zu diesen Fragen Stellung zu beziehen.« Warum das Grabtuch aus religiöser Sicht auch ohne Authentizitätsbeweis verehrungswürdig ist, das haben alle Päpste der letzten Jahrzehnte heraus­gestrichen. Das Tuch mit dem Antlitz eines leidenden bärtigen Mannes und den Wundmalen eines Gekreuzigten auf dem Körper sei »Spiegel des Evangeliums«, hatte Papst Johannes Paul II. erklärt, aber auch mit Blick auf die Wissenschaft von einer »Herausforderung für die Intelligenz« gesprochen.<ref name="start" />

Papst Benedikt XVI. besuchte die Stätte des Turiner Grabtuches am Sonntag, den 2. Mai 2010.<ref>'Passio Christi. Passio hominis' Kath.net am 2. Mai 2010 mit Videos</ref> Er bezeichnete damals das Grabtuch als „Ikone des Geheimnisses des Karsamstags“: „Das Grabtuch ist eine Ikone, die mit Blut gemalt wurde, mit dem Blut eines gegeißelten, dornengekrönten und gekreuzigten Mannes, dessen rechte Seite verwundet wurde“.<ref>Das Grabtuch von Turin – eine Reliquie Kath.net am 11. März 2011</ref> Das Tuch sei eine Hilfe für den Glauben. Derselbe gestattete - kurz vor seinem Rücktritt, dass am Karsamstag, 30. März 2013 das Sindone im Fernsehen gezeigt wird. Zu dieser "Sonderausstellung" neuer Art gab Papst Franziskus eine Video-Botschaft.<ref>VIDEO-BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS ZUR AUSSTELLUNG DES TURINER GRABTUCHS am Karsamstag, 30. März 2013</ref>

Vom 19. April bis 24. Juni 2015 wurde das Grabtuch von Turin von neuem ausgestellt. Es wurde von zwei Millionen Pilgern besucht. Am 21. Juni 2015 besuchte Franziskus die Kathedrale in Turin und betete vor dem ausgestellten Grabtuch.Bei diesem Besuch waren 800.000 Teilnehmer dabei.<ref>
Mehr als zwei Millionen pilgerten zum Turiner Grabtuch[ Kath.net am 27 Juni 2015</ref> Anlass des Papstbesuchs in Piemont, der Heimatregion seiner Eltern, ist die Ausstellung des Turiner Grabtuchs zu Ehren des Ordensgründers Don Bosco, dessen Jubiläum im Jahr 2015 gefeiert wird.<ref> [http://www.kath.net/news/49959 Franziskus besucht in Turin als erster Papst eine Waldenserkirche Kath.net am 26. März 2015</ref> Bei seiner Ansprache vor dem Regina caeli am 19. April 2015, dem ersten Ausstellungstag, äußerte er sich schon zur »Sacra Sindone«. Er hoffe, dass die Grabtuchverehrung ihm und allen Menschen helfen werde, in Christus das barmherzige Antlitz Gottes zu erkennen und in ihm das Antlitz der Brüder und Schwestern, besonders der Leidenden.

Literatur

  • Karl Braun, Barbara Stühlmeyer: Das Turiner Grabtuch. Faszination und Fakten. Butzon & Bercker Kevelaer 2018, ISBN 978-3-7666-2534-2.
  • Michael Hesemann: Auf den Spuren des Grabtuchs von Turin. Eine Entdeckungsreise zu einem der größten Rätsel des Christentums. Verlag Petra Kehl 2010 (48 Seiten; m. 90 Abb.) ISBN 978-3-930883-52-3.
  • Paul Badde: Das Grabtuch von Turin oder das Geheimnis der heiligen Bilder. Pattloch Verlag 2010 (160 Seiten; Leseprobe 1; 2; 3).
  • Bernd Kollmann: Das Grabtuch von Turin. Ein Porträt Jesu - Mythen und Fakten. (95 Seiten) Mediatrix Verlag).
  • Wolfgang Waldstein: Neueste Erkenntnisse über das Turiner Grabtuch, Auch Atomforschung erweist Echtheit. Farbreportage über die Turiner Brandkatastrophe. Vorwort von Georg Eder, Erzbischof von Salzburg. Christiana Verlag 2000 (109 S.) ISBN 3-7171-1029-2.
  • Maria Grazia Siliato: Und das Grabtuch ist doch echt. Die neuen Beweise. Heyne, ISBN 3-453-16501-2.
  • Ian Wilson: Das Turiner Grabtuch, Die Wahrheit, Goldmann, ISBN 3-442-15010-8.
  • Rudolf Bachinger: Das Leichentuch von Turin: alte und neue Beweise für seine Echtheit. Christiana Verlag 1967 (98 S.)
  • Horst Huismans: Die heilige Reliquie von Turin. Vermächtnis des historischen Jesus von Nazareth. Bernardus Verlag, ISBN 10: 3-937634-09-6.
  • W. Heinke: Das Antlitz Christi auf dem Turiner Linnen. Kanisius Verlag Freiburg/Schweiz 1960 (48 Seiten).
  • Gertrud Wally: Er sah und glaubte. Grabtuch von Turin und Schweißtuch von Oviedo. Verlag Mainz.

Siehe auch: Schweißtuch, Schleier von Manoppello

Weblinks

Anmerkungen

<references />