Christliches Sittengesetz

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Das Gebet des neuen Gesetzes ist das Vater unser (KKK 1969)

Das christliche Sittengesetz oder Gesetz Christi ist das sittliche Gesetz, das Gott durch seinen Sohn Jesus Christus im Neuen Bund geoffenbart hat. Es ist das Gesetz des Evangeliums, das durch den Glauben an Christus geschenkt wird und wirkt durch die Liebe des Heiligen Geistes (KKK,1666).

Das christliche Sittengesetz wird Neues Gesetz genannt, bezüglich des Neuen Testamentes, im Gegensatz zum Alten Gesetz des Alten Testamentes. Es ist das von Jesus Christus geoffenbarte Sittengesetz, im Gegensatz zu dem Mose geoffenbartem Gesetz. Es ist das übernatürliche Sittengesetz, im Gegensatz zum Natürlichen Sittengesetz. Es wird auch Gesetz der Liebe, der Gnade oder der Freiheit genannt.

Inhalt des christlichen Sittengesetzes

Das christliche Sittengesetz beinhaltet das natürliche Sittengesetz.<ref>Erzbischof Wendelin Rauch (Hg.): Lexikon des katholischen Lebens, Herder Verlag Freiburg im Breisgau 1952, Sp. 1100 - Sittengesetz (1352 Spalten).</ref> Die Seligpreisungen der Bergpredigt (Vgl. Mt 5-7) aber, sind der erste und größte Teil des evangelischen Gesetzes.<ref>Petrus Canisius: Catechismus maior#II. Warum soll man diese Lehre von den Seligkeiten halten?.</ref> Er lehrt, was der Gläubige zu tun hat und gibt durch die Sakramente die Gnade, dies dann auch wirklich zu tun (KKK 1966, 1983). Zur Predigt des Herrn kommen die sittlichen Weisungen der Apostel hinzu,<ref>Vgl. etwa Röm 12–15; 1 Kor 12–13; Kol 3–4; Eph 4–5.</ref> insbesondere durch die Darlegung der Tugenden, die sich aus dem Glauben an Christus ergeben und die durch die Liebe beseelt werden<ref> „Eure Liebe sei ohne Heuchelei ... Seid einander in brüderlicher Liebe zugetan ... Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet! Helft den Heiligen, wenn sie in Not sind; gewährt jederzeit Gastfreundschaft!“ (Röm 12, 9–13).</ref> (KKK 1971). Das Gesetz enthält neben seinen Geboten die evangelischen Räte.<ref>Die überlieferte Unterscheidung zwischen den Geboten Gottes und den evangelischen Räten wird in Bezug auf die Liebe, die Vollkommenheit des christlichen Lebens, getroffen. Die Gebote sollen aus dem Weg räumen, was sich mit der Liebe nicht vereinbaren lässt. Ziel der Räte ist es, zu beheben, was die Entfaltung der Liebe hemmen kann, auch wenn es nicht gegen sie verstößt (KKK 1973).</ref> Die Räte geben direktere Wege und tauglichere Mittel dazu an und sollen je nach der Berufung eines jeden in die Tat umgesetzt werden (KKK 1974).<ref>Gott „will nicht, dass jeder alle Räte befolge, sondern nur jene, die den jeweils verschiedenen Personen, Zeiten, Anlässen und Kräften angemessen sind, so wie die Liebe es erfordert. Denn sie ist die Königin aller Tugenden, aller Gebote, aller Räte, kurz aller christlichen Gesetze und Taten und gibt ihnen allen Rang und Ordnung, Zeit und Wert“ (Franz von Sales, Theotimus, Buch 8, Kapitel 6).</ref> Die Räte sind an und für sich nicht notwendig das ewige Leben zu erlangen, doch sind von Christus vorgelegt und geraten, um desto leichter und ungehinderter die Seligkeit sich zu erwerben.<ref>Petrus Canisius: Catechismus maior#I. Welche heißt man die evangelischen Räte?.</ref>

Um zu einem vollkommenen christlichen Leben zu gelangen gibt Gott dem Gläubigen in der Taufe die sieben Gaben des Heiligen Geistes und gießt ihm die drei göttlichen Tugenden ein. Die Vollkommenheit des neuen Gesetzes besteht wesentlich in den Geboten der Liebe zu Gott und zum Nächsten (KKK 1974), einander zu lieben, wie Christus uns geliebt hat (KKK 1970),<ref>Vgl. Joh 15,12; Vgl. Mt 22, 37-40; Mk 12, 29-31; Lk 10, 27</ref> sein eigenes Kreuz zu tragen Lk 14, 26-27 und die Last den Anderen abzunehmen (vgl. Gal 6, 2). So bringt das Evangelium das Gesetz zur Vollendung, indem es fordert, vollkommen zu sein wie der himmlische Vater (Vgl. Mt 5, 48) und der göttlichen Großmut entsprechend, den Feinden zu vergeben und für die Verfolger zu beten (Vgl. Mt 5, 44; KKK 1968).

Neues und Altes Gesetz

Das Neue Gesetz des Evangeliums (des Neuen Testamentes) „erfüllt“ (Vgl. Mt 5,17-19), verfeinert, überragt und vervollkommnet das altes Gesetz des Alten Testamentes (KKK 1967, 1984). Dessen Verheißungen werden durch die Seligpreisungen des Himmelreiches erfüllt, und dessen Gebote durch die Erneuerung des Herzens, dem Ursprung aller Handlungen (KKK 1984). Die Bergpredigt schafft die sittlichen Vorschriften des alten Gesetzes keineswegs ab und setzt sie nicht außer Kraft, sondern offenbart die in ihm verborgenen Möglichkeiten und lässt aus ihm neue Forderungen hervorgehen; das neue Gesetz offenbart die ganze göttliche und menschliche Wahrheit des alten Gesetzes. Es fügt ihm nicht neue äußere Vorschriften hinzu. Hier bilden sich der Glaube, die Hoffnung und die Liebe und mit ihnen die anderen Tugenden. Wenn das alte Gesetz auch die Gebote der Liebe gab, so wurde durch es doch nicht der Heilige Geist verliehen, durch den ‚die Liebe in unsere Herzen ausgegossen ist‘ (Röm 5, 5)“.<ref> Thomas von Aquin, s. th. 1 – 2,107,1, ad 2: KKK 1964.</ref>

Gesetz der Liebe, der Gnade oder der Freiheit

Das neue Gesetz wird Gesetz der Liebe genannt, weil es mehr aus Liebe,<ref>Vgl. auch: KKK 1965.</ref> die der Heilige Geist eingießt, handeln lässt als aus Furcht. Es heißt auch Gesetz der Gnade, denn es schenkt die Gnade, aus der Kraft des Glaubens und der Sakramente zu handeln. Es wird auch als Gesetz der Freiheit bezeichnet (Vgl. Jak 1, 25; Jak 2,12), weil es uns von den rituellen und rechtlichen Vorschriften des alten Gesetzes befreit, uns bereit macht, unter dem Antrieb der Liebe spontan zu handeln, und uns aus dem Stand des Knechtes, „der nicht weiß, was sein Herr tut“, in den eines Freundes Christi erhebt – „denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe“ (Joh 15,15) – und in den Stand des erbberechtigten Sohnes einsetzt.<ref> Vgl. Gal 4,1–7.21–31; Röm 8,15; KKK 1972, 1985.</ref>

Natürliches und übernatürliches Sittengesetz

Gott fordert vom Menschen dass er seiner Wirklichkeit entsprechend lebe und handle. Diese Wirklichkeit umfasst sowohl das natürliche Menschenwesen, als auch das übernatürliche Sein, durch das Gottes Gnadenwalten den Menschen über sich selbst hinaus erhebt. Entsprechend unterscheidet man zwischen einem natürlichen und übernatürlichen Sittengesetz. Das natürliche erhält von dem übernatürlichen Sittengesetz erst das volle Licht.<ref>Wendelin Rauch (Hg.): Lexikon des katholischen Lebens, Sp. 1098-1099.</ref> Das christliche Sittengesetz des Glaubens beinhaltet das natürliche Sittengesetz. Es ist die vollendete irdische Gestalt des natürlichen und geoffenbarten göttlichen Gesetzes (KKK 1965).

Dietrich von Hildebrand schreibt in seiner Buch über die "Heiligkeit und Tüchtigkeit. Tugend heute" einige Merkmale des christlichen Sittengesetzes, welche das Natürliche Sittengesetz erneuern und erfüllen. Es sind die Demut, das Verzeihen, die Barmherzigkeit und die Reue (vgl.).

Der Weg des Menschen, das sittlich übernatürliche Ziel zu erreichen

"Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren." (Joh 14, 21)

Von Gott zum übernatürlichem Ziel der Ewigen Seligkeit im Himmel bestimmt, kann für den Menschen die Erfüllung des Natürlichen Sittengesetzes nicht zur Erreichung seines Zieles genügen. Erst die Heiligung durch Gott in der Gnade richtet den Menschen und seine Erfüllung des Natürlichen Sittengesetzes genügend auf das übernatürliche Ziel aus. Darum tritt an den Menschen die über das Naturgesetz hinausgehende Pflicht heran, sich um die Heiligung durch die Gnade zu mühen, soweit das bei ihm selbst liegt. In der Ordnung der Erlösung durch Christus bedeutet das die Eingliederung in die Gemeinschaft der Kirche durch die Taufe, sodann die Pflege des sakramentalen Lebens gemäß der Anordnung Christi, schließlich ein Leben im Glauben an den Erlöser und seine Offenbarung und in der Liebe zum erlösenden Gott und in der Hoffnung auf ihn. Dieses alles gehört nicht zum Bereich des Natürlichen Sittengesetzes, sondern bildet das übernatürliche Sittengesetz das Gott, unserer Erhebung in die Übernatur entsprechend, durch seine Offenbarung gegeben hat. Von sich aus können es die Menschen nicht erkennen.<ref>Wendelin Rauch (Hg.): Lexikon des katholischen Lebens, Sp. 1099+1100.</ref>

Auslegerin beider Sittengesetze

Jesus Christus hat, als er dem Petrus und den übrigen Aposteln an seiner göttlichen Gewalt Anteil gab und sie aussandte, alle Völker zu lehren, was er uns geboten hat <ref>Vgl. Mt 28,18-19.</ref>, sie zu zuverlässigen Wächtern und Auslegern des ganzen Sittengesetzes bestellt, das heißt nicht nur des Christlichen Sittengesetzes, sondern auch des natürlichen Sittengesetzes.<ref>Paul VI.: Humanae vitae, über die rechte Ordnung der Weitergabe menschlichen Lebens 1968, Nr. 4.</ref> Dem vom Heiligen Geiste geführten Lehramt untersteht das gesamte natürliche Sittengesetz, weil auch dieses den Weg des Menschen zu seinem übernatürlichen Ziel ausmacht. Weil in Sittenfragen der erbsündliche Mensch zur Ungebundenheit neigt und infolgedessen leicht die wahre Erkenntnis verfehlt - was man will, das glaubt man gern -, darum begrüßt es die wahre kirchliche Gesinnung, dass in allen Fragen des Lebens: der Ehe, der Familie, der Gesellschaft, ja auch der Wirtschaft und der Politik, soweit sie das Sittengesetz berühren, die Menschen sich auf eine unfehlbare Autorität stützen können.<ref>Wendelin Rauch (Hg.): Lexikon des katholischen Lebens, Sp. 1100.</ref> "Die Kirche ist (aber) nicht Urheberin dieser beiden Gesetze. Deshalb kann sie darüber nicht nach eigenem Ermessen entscheiden, sondern nur Wächterin und Auslegerin sein."<ref> Humanae vitae, Nr. 18; Johannes Paul II. Enzyklika Veritatis splendor, 6. August 1993, Nr. 104; Johannes Paul II.: Apostolisches Schreiben Dilecti amici an die Jugendlichen der Welt zum Internationalen Jahr der Jugend vom 31. März 1985; Päpstlicher Rat für die Familie Vademecum für Beichtväter zu einigen Fragen der Ehemoral, Nr. 10 vom 12. Februar 1997.</ref>

Wiederherstellung des übernatürlichen Sittengesetzes

Die Buße und Sühne ist ihrer Natur nach eine Anerkennung und Wiederherstellung der sittlichen Weltordnung, die auf dem ewigen Gesetz, das heißt auf Gott selbst, beruht. Wer Gott für die Sünde Genugtuung leistet, anerkennt damit ohne weiteres die Heiligkeit der höchsten Sittengesetze, ihre innere verpflichtende Macht und die Notwendigkeit einer Genugtuung gegenüber ihrer Verletzung.<ref>Pius XI.: Enzyklika Caritate Christi compulsi vom 3. Mai 1932, Nr. 24.</ref>

Worte eines Heiligen

Das Gesetz Christi ist eines, ganz, umfassend und ewig. Es wird sich nie ändern oder in irgendeiner Weise vermindert werden; Jesus Christus Selbst, sein göttlicher Urheber, verteidigt es. Er graviert es durch Seine Liebe in unsere Herzen ein; der Gesetzgeber Selbst macht Sein göttliches Gesetz jeder einzelnen Seele bekannt. Sein Gesetz ist ein Gesetz der Liebe. (Hl. Pierre-Julien Eymard),<ref> Interviewbuch: Bischof Athanasius Schneider im Gespräch mit Diane Montagna: Christus VINCIT: Der Triumph Christi über die Finsternis der Zeit, Fe Medienverlag 2020, S. 448.</ref>

Zusammenhänge

CHristus A&O.JPG
Offenbarung Gottes: wo ? Sittenordnung Licht menschlicher Erkenntnis Universal-
wissenschaften
Tugenden
natürliche im "Buch der
Schöpfung"
Natürliches Sittengesetz
Vernunft: nimmt eine Wahrheit kraft ihrer inneren, mittelbaren oder unmittelbaren Offensichtlichkeit an
Philosophie erworbene Kardinaltugenden
übernatürliche (gnadenhafte) in der Bibel: in Christus und den Sakramenten Christliches Sittengesetz
Glaube: übernimmt eine Wahrheit aufgrund der Autorität des Wortes Gottes, der sich offenbart
(Glaubensgut: Tradition+Bibel)
Theologie geschenkte, eingegossene oder theologale

Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende (Offb 21, 6).

Beziehung zwischen Natur + Gnade



Zusammenhänge

Sittengesetz Gotteben-
bildlichkeit
Mensch (1 Kor 15, 21f.45.47) aufgrund: Sein und Tun Wo? herrschen / walten
Natürliches-
Sittengesetz
Erste
(Gen 1, 26,27)
Erster Adam von der Erde (irdisches Lebewesen) Ursünde durch Ungehorsam (Gen 3, 1-24): Fluch verdunkelter Verstand - geschwächter Wille - gutes und böses Tun Paradies Kosmos (Gen 1, 26,)
übernatürliches
Christliches-
Sittengesetz
Zweite
(Röm 8, 29)
Zweiter Adam vom Himmel (lebendig machender Geist) Sühnetod aus Gehorsam: Segen durch Liebe bis zum Kreuz (Phil 2, 8) erhellter Verstand - gestärkter Wille - durch das Evangelium (Gleichnisse) Himmlisches Jerusalem Christus und seine Glieder herrschen über die gesamte Schöpfung in alle Ewigkeit (Offb 22, 5)


Das versiegelte Buch der Offenbarung des Johannes

Literatur

Anmerkungen

<references />