Kirche
Das deutsche Wort Kirche entstand aus griech. kyriaké (oikía) - Haus des Herrn und ist eines der wenigen frühen griechischen Lehnwörter der deutschen Kirchensprache, die von den Goten in den germanischen Wortschatz vermittelt wurden.
Der Begriffsinhalt ist jedoch bestimmt durch griech. ekklesía (lat. Lehnwort ecclésia, davon die roman. Wörter chiesa, église etc.). Ekklesia bedeutet im klassischen Griechisch Bürgerversammlung, wörtlich: Herausrufung (der Mündigen zum Versammlungsplatz). In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (Septuaginta) wird ekklesia zum Übersetzungswort für hebr. qahál. Dieses Wort bedeutet (versammelte) Gemeinde (des Gottesvolks).
Mit diesem Bedeutungsgehalt gelangt das Wort ins Neue Testament und bezeichnet nun die Gesamtheit der Christgläubigen als das neue, aus Juden und Heiden von Gott erwählte, um den gekreuzigten und auferstandenen Herrn zum Mahl versammelte, seine Wiederkunft in Herrlichkeit erwartenden Glieder am Mystischen Leibe Christi.
Wissenschaftlich-theologisch wird die Lehre über die Kirche in der Ekklesiologie behandelt.
Inhaltsverzeichnis
Wesen der Kirche
Von Anfang an ist dieses Gottesvolk, der Leib Christi, organisch gegliedert. Konstitutiv ist (schon) für den (Früh-) Katholizismus das Kollegium der Apostel mit Petrus als Sprecher und Bezugspunkt der Einheit. Die Leiter der überall entstehenden Orts-Ekklesíai sind von den Aposteln unmittelbar oder mittelbar durch Handauflegung bevollmächtigt. Bereits um die Wende zum zweiten Jahrhundert sind, zusammen mit dem Kanon der Heiligen Schriften und der Regula fidei, dem Taufbekenntnis, das dreigliedrige Amt aus Bischöfen (epískopoi), Priestern (presbýteroi) und Diakonen (diákonoi) sowie der Vorrang des Bischofssitzes in Rom und der Martyriums- und Grabesstätte Petri dort klar bezeugt.
Die Kirche ist nicht zu reduzieren auf einen Zusammenschluss von Menschen gleicher Gesinnung oder gleichen Geschmacks, sondern ist das Geheimnis der fortdauernden Gegenwart des sich für uns aufopfernden und so ewiges Leben schenkenden Herrn. Sie ist das Wurzelsakrament, wogegen Christus das Ursakrament genannt wird. Allem Suchen und Glauben, der Einzelnen und der Völker, ist die Kirche als verborgener Antrieb und offenbares Ziel vorgegeben.
Die Kirche entsprang mit ihren Sakramenten dem geöffneten Herzen Jesu (vgl.) und wird die "Edelfrucht am Baume des Kreuzes" genannt (vgl. Pius IX. Enzyklika Mit brennender Sorge Nr. 23.
Die Kirche ist dreigegliedert:
- Die streitende Kirche (Pilgervolk auf Erden, das sich abmüht vor Gott gerecht zu leben im Kampf mit der Erbsünde.)
- Die triumphierende Kirche (Engel und Heilige, die den Weg zu Gott gefunden haben und im Himmel wandeln können.)
- Die leidende Kirche (Seelen, die auf dem Weg in den Himmel noch der Läuterung im Purgatorium ("Fegefeuer") bedürfen, in der Erwartung des Heils.)
Die Kirche hat folgende Attribute:
- einig: Die Kirche ist eine Einheit, eins im Sinne von der Einheit der Gemeinschaft der Apostel und der Heiligen Maria an Pfingsten.
- heilig: Die Kirche ist heilig von ihrem Auftrag, von ihrer Stiftung her. Der Heilige Geist lenkt die Kirche, die die Braut Christi ist. Die Kirche ist nicht heilig aufgrund der Gläubigen.
- katholisch: Der Auftrag der Kirche erstreckt sich auf die ganze Welt, das Evangelium ist für alle Menschen bestimmt. In diesem Sinne ist die Kirche katholisch.
- apostolisch: Die Kirche gründet auf das Fundament der Apostel. Sie haben uns den Glauben und die Sakramente überliefert.
So heisst es im großen Glaubensbekenntnis: Wir glauben an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
- missionarisch: Die Kirche hat eine Auftrag. Sie soll beständig das Evangelium verkünden, zur Umkehr und dem Glauben an Gott ermahnen und die Sakramente spenden.
Auftrag der Kirche
"Das Wesen der Kirche drückt sich in einem dreifachen Auftrag aus: Verkündigung von Gottes Wort (kerygma-martyria),Feier der Sakramente (leiturgia), Dienst der Liebe (diakonia).
"Die Kirche ist Gottes Familie in der Welt." (Papst Benedikt XVI., Enzyklika Deus Caritas Est, Nr. 25)
So reich auch die gesamte christliche Tradition an Zeugnissen des kirchlichen Lebens ist, so hat eine besondere Besinnung auf ihren Auftrag jedoch im 19. und 20. Jahrhundert eingesetzt, die in den beiden Vatikanischen Konzilien ihren Ausdruck fand. Alles in allem findet sie das Wort neu bestätigt: "Niemand kann Gott zum Vater haben, der nicht die Kirche zur Mutter hat" (Augustinus).
Die römisch-katholische Kirche schuf die Formeln der katholischen Lehre. Seit dem II. Vatikanum wird Maria auch als Mutter der Kirche angerufen (Mater Ecclesiae).
Präfation am Jahrestag einer andern Kirche
Die Kirche als Braut Christi und Tempel des Heiligen Geistes (II. Präfation der Kirchweihe)
In Wahrheit ist es würdig und recht, Dir, Vater im Himmel, zu danken und Deine Größe zu rühmen. In jedem Haus des Gebetes wohnst Du als Spender der Gnade, als Geber alles Guten: Denn Du erbaust uns zum Tempel des Heiligen Geistes, dessen Glanz im Leben der Gläubigen aufstrahlt. Im sichtbaren Bau erkennen wir das Bild Deiner Kirche. die Du zur Braut Deines Sohnes erwählt hast. Du heiligst sie Tag für Tag, bis du sie, unsere Mutter, in die Herrlichkeit aufnimmst mit der unzählbaren Schar ihrer Kinder. Darum preisen wir Dich in Deiner Kirche und vereinen uns mit allen Engeln und Heiligen zum Hochgesang von Deiner göttlichen Herrlichkeit: Heilig, Heilig, Heilig ...
Das Ziel der Kirche
Unser Weg zur heiligen Stadt wäre nicht möglich, wenn wir ihn nicht in der Kirche gingen, die Keim und Vorausbild des Himmlischen Jerusalem ist. „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut“ (Ps 127,1). Wer ist dieser Herr, wenn nicht unser Herr Jesus Christus? Er ist es, der seine Kirche gegründet hat, der sie auf den Felsen gebaut hat, auf den Glauben des Apostels Petrus (Papst Benedikt XVI. bei der Vesper mit Klerus und Ordensleute in Paris am 12. September 2008)[1].
Siehe auch: Kirchen oder Kirchliche Gemeinschaften?, Leib Christi.
Literatur
- Ulrich Filler. Deine Kirche ist ja wohl das Letzte! Fragen - Argumente - Standpunkte, Fe-Medienverlag, Kißlegg 2002, ISBN 3-928929-20-8 (Völlig neu bearbeitete Neuauflage 2009)
- Erik von Kuehnelt-Leddin: Weltweite Kirche. Begegnungen und Erfahrungen in sechs Kontinenten (1909-1999) (605 Seiten; erhältlich beim Fe Medienverlag).
- Guido Horst: Gott ja, Kirche nein. Antworten auf 66x Kritik. Band 1, MM Verlag Aachen 1997, ISBN: 3-928272-40-3
- Guido Horst: Gott ja, Kirche nein. Antworten auf 66x Kritik. Band 2, MM VerlagAachen 2001, ISBN: 3-928272-61-6
- Franz Breid (Hsgr.): Kirche und Wahrheit. Referate der "Internationalen Theologischen Sommerakademie 1993" des Linzer Priesterkreises in Aigen. W. Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co. KG Steyr 1993 (252 Seiten; ISBN: 3-85068-406-7)
- Ferdinand Holböck und Thomas Sartory (Hrsg.): Mysterium Kirche in der Sicht der theologischen Disziplinen, 2 Bände, Salzburg, Otto Müller Verlag Salzburg 1962 (1. Auflage; Imprimatur Erzbischöfliches Ordinariat Salzburg 29. Januar 1962, Zahl 172/62).
- Carl Feckes: Das Mysterium der heiligen Kirche, Ihr Sein und Wirken im Organismus der Übernatur, Ferdinand Schöningh Verlag Paderborn 1951 (3. Auflage; Imprimatur Paderbornae. die m. Aug. 1950 Vicarius Generalis. Dr. Rintelen)
- Eugen Mederlet: Die Hochzeit des Lammes, Franziskus und die bräutliche Kirche, Christiana Verlag, Stein am Rhein 1983 (3. Auflage; Mit kirchlicher Druckerlaubnis (Nihil obstat P. Karl Feusi, Provinzial)
- Franz Breid (Hsgr.): Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Referate der "Internationalen Theologischen Sommerakademie 2003" des Linzer Priesterkreises. Stella Maris Verlag Buttenwiesen 2003. 286 Seiten. Paperback. ISBN: 978-3-934225-32-9
- Jakob Murböck: Das Licht der Welt. Zwölf Kapitel über unsere Kirche. Josef Habbel Verlag, 1955 (407 Seiten).
- A. D. Sertillanges: Das Wunder der Kirche. Die Ewigkeit in der Zeit. Aus dem französische übertragen von P. Bonifatius Büchelmeier OSB, Ferdinand Schöningh Verlag (234 Seiten).
- Franz Bruni: Die letzte Epoche der Kirche auf Erden und ihr Triumph. - In vier Advents-Homilien beschrieben von Monsignore Franz Bruni, aus der Congregation der Lazaristen, Bischof von Ugento. Aus dem Italienischen üersetzt von M. von Montbach, Canonicus in Breslau. Niemann Verlag Münster 1867, (Mit Imprimatur; 97 Seiten).
- Otto Hätenschwiller: Die Kirche. Kanisiuswerk Konstanz 1927 (31 Seiten).
- Josef Beeking: Von Christi Reich : Ein Büchlein von der Kirche als Gemeinschaft in Christus. Felizian Rauch Verlag Innsbruck 1937 (18 Seiten).
Lehramtliche Schreiben zur Kirche
- Leo XIII.
- 20. Juni 1894: Enzyklika Praeclara gratulationis an alle Fürsten der Völker der Erde über die Vereinigung im Glauben.
- 29. Juni 1896: Enzyklika Satis cognitum über die Einheit der Kirche
- Pius XI.
- 6. Januar 1928: Enzyklika Mortalium animos über die Förderung der wahren Einheit im Glauben.
- Pius XII.
- 13. Mai 1942: Rundfunkansprache Circondati dal concorso fedele anlässlich des Krieges und der Bischofsweihe vor 25 Jahren über die Sieghaftigkeit der Kirche Christi.
- 29. Juni 1943: Enzyklika Mystici corporis, über den Geheimnisvollen Leib Christi.
- Zweites Vatikanisches Konzil
- 21. November 1964: Dogmatische Konstitution Lumen gentium über die Kirche.
- 21. November 1964: Dekret Orientalium ecclesiarum über die Ostkirchen.
- 21. November 1964: Dekret Unitatis redintegratio über den Ökumenismus.
- 7. Dezember 1965: Pastorale Konstitution Gaudium et spes über die Kirche in der Welt von heute.
- Paul VI.
- 6. August 1964: Enzyklika Ecclesiam suam über die Kirche, ihre Erneuerung und ihre Sendung in der Welt.
- 8. Dezember 1974: Apostolisches Mahnschreiben Paterna cum benevolentiae über die Versöhnung innerhalb der Kirche.
- Johannes Paul II.
- 28. Mai 1992: Kongregation für die Glaubenslehre Schreiben über einige Aspekte der Kirche als Communio.
- 6. August 2000: Kongregation für die Glaubenslehre Erklärung Dominus Iesus über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche.
- 17. April 2003: Enzyklika Ecclesia de eucharistia über die Eucharistie in ihrer Beziehung zur Kirche.
- Benedikt XVI.
- 13. März 2006: Päpstlicher Rat für die Gesetzestexte, Actus formalis defectionis.
- 29. Juni 2007: Kongregation für die Glaubenslehre, Antworten Ad catholicam profundius auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche.