Zelebrationsrichtung

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Zelebration versus Deum
Zelebration versus populum beim Requiem für Joachim Kardinal Meisner 2017 im Kölner Dom

Zelebrationsrichtung nennt man die Stellung des Zelebranten in der Heiligen Messe. Die Heilige Messe wird "auf Gott hin" (versus Deum)<ref>Die Gottesdienstkongregation im September 2000: vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 7. (siehe im Text)</ref>, "nach Osten" oder "zur aufgehenden Sonne" (versus orientem),<ref>Die Zelebration „versus orientem“ ist geltendes liturgisches Recht Kathnews 12. Juli 2016 von Gero Weishaupt; Antwort der Gottesdienstkongregation an Fr. Joseph Fessio im Jahr 2000</ref> "zur Apsis hin" (versus apsidem) oder zum Volk hin (versus populum)<ref>Die Instruktion Eucharisticum mysterium vom 25. Mai 1967 zitiert Inter oecumenici Nr. 95 in Nr. 54: "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht“.</ref> zu feiern.

Ein christlicher Altar ist immer ein herausgehobenes Symbol für Christus, zu dem Christen beim Gebet sich ausrichten oder um den sie sich versammeln können. Geist und Gebet am Altar richten sich immer, ob vom Vorsteher mit Rücken oder Gesicht zur Gemeinde gesprochen, zu Gott hin (ad Dominum). Einen Gegensatz von versus populum und versus/ad Deum, so der Theologe und spätere Papst Joseph Ratzinger, gibt es folglich nicht.<ref>Joseph Ratzinger: Das Fest des Glaubens. 3.Auflage, Einsiedeln 1993, S. 121.</ref> Die Kongregation für den Gottesdienst sagte im September 2000, dass die physische (topographische) Ausrichtung von der geistlichen (theologischen) unterschieden werden muss. Wenn der Priester versus populum feiert, solle seine geistliche Ausrichtung genau wie die der Gemeinde doch immer versus Deum per Iesum Christum (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein. Für die Ausrichtung auf Gott ist somit unerheblich, in welche Richtung der Zelebrant gewendet ist.<ref> vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 7.</ref>

Es ist angebracht, dass bei der Konzelebration der heilige Ritus von den Gläubigen gut verfolgt werden kann, weshalb die Konzelebranten nicht an der dem Volk zugewandten Seite des Altares stehen.<ref>Ecclesiae semper Nr. 4</ref>

Geschichte

Für das frühe Christentum war sich zum Herrn hin oder nach Osten wenden, dasselbe.<ref>Klaus Gamber: Liturgie - Dienst vor Gott. Hinführung zum rechten Kultverständnis, Regensburg 1984, S. 39; Josef Andreas Jungmann: Missarum Sollemnia, Eine genetische Erklärung der römischen Messe, Herder Verlag, Band I, 3. verb. Auflage 1952, S. 330 (mit Imprimatur.</ref> Auf dieses Hinwenden nach Osten zum Gebet weist der heilige Augustinus am Schluss seiner Ansprachen immer wieder hin, wobei er als feststehende Formel die Wendung »Conversi ad Dominum« (Hingewendet zum Herrn) gebraucht.<ref>Klaus Gamber: Probleme der Liturgiereform: in: Hans Pfeil (Hrsg.): Unwandelbares im Wandel der Zeit, 19 Abhandlungen gegen die Verunsicherung im Glauben Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg , Band I: 1976, Zelebration nach Osten oder »versus populum«? -S. 302 (440 Seiten; ISBN 3-557-91109-8).</ref> Johannes von Damaskus schreibt: »Bei seiner Himmelfahrt fuhr er (Christus) nach Osten auf, und so beteten ihn die Apostel an ... .Das ist eine ungeschriebene Überlieferung der Apostel« (De fide orth. IV, 12).<ref>Klaus Gamber: Probleme der Liturgiereform: in: Hans Pfeil (Hrsg.): Unwandelbares im Wandel der Zeit, 19 Abhandlungen gegen die Verunsicherung im Glauben Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg , Band I: 1976, Zelebration nach Osten oder »versus populum«? - S. 304-305 (440 Seiten; ISBN 3-557-91109-8).</ref> Der Gedanke einer Zelebration »versus populum«, also eines Gegenübers von Priester und Gläubigen bei der Opferhandlung (nicht beim Wortgottesdienst) in der Heiligen Messe, war der Kirche bis in die Gegenwart völlig fremd.<ref>Klaus Gamber: Kult und Mysterium. Das Liturgieverständnis der frühen ungeteilten Christenheit. Regensburg 1983, S. 31-32: aus: Martin Reinecke (Hg.): Klaus Gamber: Zurück zum gemeinsamen Erbe - Kritische Überlegungen zur Situation von Liturgie und Kirche EOS Verlag St. Ottilien 1999, S. 59 (126 Seiten).</ref>

Das Kirchengebäude zu orientieren, war im Osten sehr früh Regel. Es ist dort schon im 5. Jahrhundert in den apostolischen Konstitutionen und im Testamentum D. N. Jesu Christi ausdrücklich vorgeschrieben. Zur Regel wurde die Ostung im Westen erst seit der Jahrtausendwende, aber nicht zur Vorschrift.<ref> Joseph Braun: Liturgisches Handlexikon. Josef Kösel Verlag & Friedrich Pustet Verlag Komm-Ges. Regensburg 1924, Ostung, S. 254 (399 Seiten; Zweite, verbesserte und sehr vermehrte Auflage; Imprimatur Ratisbonae, die 1. Aprilis 1924 Dr. Scheglmann Vic. Gen).</ref>

Die Denkmäler der Frühzeit schwanken in den Richtungsachsen sehr, teilweise, wie in Rom, bedingt durch Verwendung schon vorhandener antiker Bauten für sakrale Zwecke, vor allem aber in der Ostrichtung selber, die sowohl in der üblichen Form mit Altar im Ostteil und Eingang im Westen als auch umgekehrt mit Eingang im Osten und Altar im Westen vorkommt. Dass auch Christen noch spät an Traditionen des Sonnenkultes, selbst vor der Peterskirche, festhielten, hat Leo der Große (Serm. 27) gerügt. Waren die Kirchen geostet, so erübrigten sich besondere Anweisungen; sie erhielten sich aber noch im Ordo Romanus In. 9 (MabillonMuslt II 8).<ref> J. Sauer: in: Lexikon für Theologie und Kirche, 1. Auflage, Band 7, Ostung, Sp. 827.</ref><ref>Die Christen verschmähten es nicht, antike Gebäude aller Art, Tempel, Privathäuser und öffentliche Gebäude für kultische Zwecke zu benutzen, dauern sich die räumlich nur in irgend einer Weise brauchbar zeigten: Oscar Mothes, Die Basilikenform bei den Christen der ersten Jahrhunderte, Leipzig 1865, S. 51+52.</ref> Die heutige Praxis während der Opferhandlung »versus populum« zu feiern, ist durch das Missverständnis entstanden, dass in St. Peter und in einigen anderen Basiliken Roms der Papst mit dem Gesicht zum Volk hin zelebrierte.<ref>Klaus Gamber: Kult und Mysterium. Das Liturgieverständnis der frühen ungeteilten Christenheit. Regensburg 1983, S. 31-32: aus: Martin Reinecke (Hg.): Klaus Gamber: Zurück zum gemeinsamen Erbe - Kritische Überlegungen zur Situation von Liturgie und Kirche EOS Verlag St. Ottilien 1999, S. 59 (126 Seiten); Klaus Gamber: Die Reform der römischen Liturgie. Vorgeschichte und Problematik, Regensburg 1981, S. 52.</ref> Die geologische Beschaffenheit des Vatikan-Hügels machte es unmöglich das Gotteshaus anders zu bauen. Aus historischen und archäologischen Studien geht hervor, dass in den Gotteshäusern im 1. Jahrtausend die Apsiden in fast 98 Prozent der Fälle nach Osten gewandt waren.<ref> Bischof Athanasius Schneider im Gespräch mit Diane Montagna: Christus VINCIT: Der Triumph Christi über die Finsternis der Zeit, Fe Medienverlag 2020, S. 344.</ref> Die war die Stellung »hinter dem Altar« hier in der urchristlichen Gebetshaltung nach Osten hin begründet; die betreffenden Kirchen haben nämlich die Apsis im Westen und den Eingang im Osten.<ref>Klaus Gamber: Kult und Mysterium. Das Liturgieverständnis der frühen ungeteilten Christenheit. Regensburg 1983, S. 31-32: aus: Martin Reinecke (Hg.): Klaus Gamber: Zurück zum gemeinsamen Erbe - Kritische Überlegungen zur Situation von Liturgie und Kirche EOS Verlag St. Ottilien 1999, S. 59 (126 Seiten); Klaus Gamber: Die Reform der römischen Liturgie. Vorgeschichte und Problematik, Regensburg 1981, S. 52.</ref>

Die unterschiedliche Ausrichtung der Kirchen führte zu liturgischen Problemen: bei Kirchen mit Eingang im Osten zelebrierte der Priester zum Volk hin, die Gläubigen mussten sich zum Gebet jedoch wenden. Bei Kirchen mit Apsis im Osten wendete sich der Priester nach Osten.<ref>Jürgen Krüger in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 7, Ostung, Sp. 1212; Oscar Mothes, Die Basilikenform bei den Christen der ersten Jahrhunderte, Leipzig 1865, S. 53.</ref> Jürgen Krüger meint: Die vom 4.-6. Jahrhundert immer mehr favorisierte Apsis-Ostung rückte den Altar als Ort der Theophanie ins Zentrum, distanzierte den Liturgen durch zunehmende Schranken von den Gläubigen. Das Aufkommen von an die Wand gerückten Nebenaltären und von Privatmessen seit dem 6. Jahrhundert förderte die Entwicklung, dass der Priester, zwischen Altar und Gemeinde stehend, versus orientem zelebrierte.<ref>Jürgen Krüger in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 7, Ostung, Sp. 1212.</ref>

Im Lauf der Geschichte und mit Aufkommen der eucharistischen Frömmigkeit erhielt der Tabernakel in den meisten Kirchen seinen Platz im Apsisscheitel auf dem Altar. Zum Motiv des "wiederkehrenden Christus" kam nun der in der Eucharistie gegenwärtige Christus als Richtung und Ziel für das Gebet und die Entwicklung des Hochaltars an der östlichen Apsisseite.<ref>Johannes H. Emminghaus: Der gottesdienstliche Raum und seine Gestaltung. In: Rupert Berger u.a. (Hrsgg.): Gestalt des Gottesdienstes. Sprachliche und nichtsprachliche Ausdrucksformen. Regensburg 1987, S. 347–416, hier S. 378ff (Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 3).</ref>

Im Dekret Sanctissimam eucharistiam maximo der Ritenkongregation vom 1. Juni 1957 sagt der Punkt 4, dass in Kirchen, wo sich nur ein einziger Altar befindet, dieser nicht so angeordnet werden dürfe, dass der Priester zum Volk hin zelebriert. Das Missale Romanum sah jedoch noch bis 1962 die (ausnahmsweise) Möglichkeit vor, dass der Priester auch zum Volk gewandt zelebriert.<ref>Ritus servandus in celebratione Missæ Nr. V. 3; Josef Andreas Jungmann: Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe, Bd. 1, 5. Aufl. Nova & vetera Verlag, Bonn und Herder Verlag, Wien-Freiburg-Basel 1962, S. 332-335 und S. 332 Anm. 12; Ansprache Vous Nous avez vom 23. September 1956</ref>

Eine der augenfälligsten Veränderungen im Zuge der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durchgeführten Reform des römischen Messritus ist die Errichtung eines zum Volk gewandten Altars<ref> vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 19.</ref> ("Volksaltar") in den meisten Kirchen, zunächst als Provisorium, dann vielerorts im Zuge von Kirchenrenovierungen als Dauerlösung. Gleichzeitig wurde in vielen Kirchen auch die Position der übrigen Prinzipalien (Priestersitz, Ambo und Tabernakel) neu überdacht und geordnet.<ref> Geschichtsbeschreibung..</ref> Es ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seitdem zur Regel geworden, dass der Zelebrant bei der Feier der Eucharistie hinter dem Altar steht im Gegenüber zu den Gläubigen. Die Einheitlichkeit, mit der sich in wenigen Jahren die celebratio versus populum in der ganzen römisch-katholischen Kirche verbreitete, führte zu dem Missverständnis, die Abwendung des Priesters vom Volk sei charakteristisch für den Ritus nach dem Missale Papst Pius' V. gewesen, wohingegen die Zuwendung des Priesters zum Volk Ergebnis der Reform der Messliturgie durch Papst Paul VI. sei. Auch wird nicht selten angenommen, die Stellung des Zelebranten versus populum in der Messfeier sei von der durch das II. Vaticanum inaugurierten Liturgiereform neu gefordert oder vorgeschrieben.<ref> vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 19.</ref>

Geltende Bestimmungen

Das Zweite Vatikanische Konzil

Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium vom 4. Dezember 1963 macht keine Aussage zur Zelebrationsrichtung, welche sich auch in den Diskussionen der Konzilsväter nicht findet.<ref>DVD 51 Min.: Dominus est. Es ist der Herr. Die Eucharistie im Lichte des Zweiten Vatikanischen Konzils, Gespräch von Reiner Müller mit Exzellenz Athanasius Schneider im Josanto-Media 2011.</ref>

In Nr. 128 der Konstitution steht: "Die Canones und kirchlichen Statuten, die sich auf die Gestaltung der äußeren zur Liturgie gehörigen Dinge beziehen, sind zugleich mit den liturgischen Büchern [...] unverzüglich zu revidieren. Das gilt besonders von den Bestimmungen über würdigen und zweckentsprechenden Bau der Gotteshäuser, Gestalt und Errichtung der Altäre, edle Form des eucharistischen Tabernakels, seinen Ort und seine Sicherheit."<ref> Christoph Kardinal Schönborn: Zweites Vaticanum sagt nichts über die Zelebrationsrichtung Kath.net am 5. Juni 2007</ref>

Das nachkonziliare Lehramt

Die Instruktion Inter oecumenici vom 26. September 1964 legt die Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium<ref> "Die zur Durchführung der Liturgiekonstitution ergehenden Ausführungsbestimmungen päpstlicher Stellvertretungsorgane, also der Ritenkongregation und des Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia (5), müssen sich inhaltlich an die Konstitution anschließen, sofern sie den Charakter von Ausführungsbestimmungen in Anspruch nehmen. Was über die Konstitution hinausgeht oder ihr widerspricht, ist keine Ausführungsbestimmung; seine rechtliche Verbindlichkeit bleibt in einem gewissen Zwielicht. Zwar ist nicht zweifelhaft, dass die Heiligen Kongregationen der Römischen Kurie mit besonderer Ermächtigung des Heiligen Vaters Gesetze erlassen können, die konziliares Recht abändern. Denn sie partizipieren an der Gewalt des höchsten, universalen Gesetzgebers der Kirche. Aber sie können dies nur, wenn sie klar erkennbar machen, dass sie gerade nicht in Durchführung des Konzils handeln, dass sie keine Ausführungsbestimmungen erlassen wollen. Nehmen sie dagegen in Anspruch, dem Konzil zur Durchführung zu verhelfen, dann stehen und fallen ihre Vorschriften mit der Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung mit den Dokumenten des Konzils": Prof. Dr. Georg May: "Der Gebrauch der Volkssprache in der Liturgie nach der Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Heilige Liturgie vom 4. Dezember 1963. S. 4."; siehe auch: Papst Paul VI. Ansprache Haud mediocre vom 29. Oktober 1964 an die Mitglieder und Berater des "Consilium", die zur turnusgemäßen Sitzung nach Rom gekommen waren. </ref> weit aus: "Es ist wünschenswert (praestat, wörtlich: "es ist besser"), dass der Hochaltar von der Rückwand getrennt errichtet wird, so dass man leicht um ihn herumgehen und an ihm zum Volk hin zelebrieren kann. Er soll in den heiligen Raum hineingestellt sein, dass er wirklich die Mitte ist, der sich von selbst die Aufmerksamkeit der ganzen versammelten Gemeinde zuwendet. Bei der Auswahl des Materials für den Aufbau und die Ausstattung des Altars müssen die Rechtsvorschriften eingehalten werden. Auch sei das Presbyterium um den Altar herum so weiträumig, dass die heiligen Handlungen bequem vollzogen werden können" und Nr. 95 "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht.“<ref> Nr. 91+95.</ref> Letzteres setzt einen freistehenden Altar voraus.<ref>Kongregation für den Gottesdienst vom 25. September 2002 hebt hervor: “Zunächst muss berücksichtigt werden, dass das Wort expedit (es ist nützlich bzw. förderlich) keine Verpflichtung darstellt, sondern einen Vorschlag bezüglich der Anlage eines freistehenden Altares (a pariete seiunctum) und der Zelebration zum Volk hin (versus populum). Der Satz ubicumque possibile sit (wo immer es möglich ist) bezieht sich auf verschiedene Aspekte. z.B. die räumliche Anlage, den verfügbaren Platz, den künstlerischen Wert des besonderen Altares, das Empfindungsvermögen der Gemeinde, die an den liturgischen Feiern in de betreffenden Kirche teilnimmt” (Congreratio pro Culutu Divino et Disciplina Sacramentorum, Responsum Congregationis die 25 septembris 2000, Prot. No. 2036/001, in: Communicationes 2000, 171.): (Die Zelebration „versus orientem“ ist geltendes liturgisches Recht Kathnews 12. Juli 2016 von Gero Weishaupt (genauer: Zelebration “ad orientem” (zum Osten) ist Norm Kathnews 14. Juli 2016 von Gero Weishaupt).</ref>

In Nr. 92 Abs. 1 fordert die Instruktion, dass die Sitze für den Priester und seine Gehilfen von den Gläubigen gut gesehen werden können, und Nr. 92 Abs. 2 erklärt ihre Aufstellung hinter dem Altar für zulässig. Damit ist erneut für die "celebratio versus populum" Stellung bezogen.

Ebenfalls sollen bei der Konzelebration die Gläubigen den heiligen Ritus gut verfolgen können, "deshalb wird es angebracht sein, dass die Konzelebranten nicht an der dem Volk zugewandten Seite des Altares stehen."<ref>Dekret Ecclesiae semper (mit Ritus) vom 7. März 1965.</ref>

Am 30. Juni 1965 schreibt Giacomo Kardinal Lercaro, der Vorsitzende des Consilium, einen Brief an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen. Er sagt bei Nr. 9: "In neuen Kirchen ist die Errichtung des Altares versus populum zu befürworten. In bereits bestehenden Kirchen kann man das Ziel schrittweise durch günstige, wohl überlegte Anpassungen erreichen, wobei stets alle Werte berücksichtigt werden müssen. Wenn man es jedoch als nützlich erachtet, zeitweise die provisorische Aufstellung von Notaltären zu gestatten, die die Messfeier zum Volk hin ermöglichen, dann möge man für die Würde und Zierde Sorge tragen, die dem Altar als Opfer- und Speisetisch der heiligen Gottesfamilie zukommen.<ref>Brief von Kardinal Giacomo Lercaro , Vorsitzender des "Consilium" an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen über die Förderung der liturgischen Erneuerung.</ref>

Ein zweiter Brief Kardinal Lercaros an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen datiert vom 25. Januar 1966 und erklärt zur Ausführung der Liturgiekonstitution, dass bei der Erneuerung der Altäre "Klugheit ... die Führung behalten» müsse: "Erstens ist die Wendung des Altars zum Volk hin für eine lebendige Teilnahme an der Liturgie nicht unentbehrlich: Der gesamte Wortgottesdienst der Messe wird am Priestersitz oder am Ambo, also im Gegenüber zur Gemeinde, gefeiert. Was den eucharistischen Teil betrifft, so ermöglichen nunmehr allgemein gewordene Lautsprecheranlagen die Teilnahme zur Genüge. Zweitens ist auf die Architektur und künstlerische Ausstattung zu achten, die in vielen Ländern auch von strengen bürgerlichen Gesetzen geschützt werden. Altäre, die vor dem Hochaltar für die Feier zum Volk hin provisorisch errichtet worden sind, sollten nach und nach durch würdige, feste Stätten für das heilige Opfer ersetzt werden." <ref> 25. Januar 1966 Brief von Kardinal Giacomo Lercaro, Nr. 10</ref>

Ein Jahr später zitiert die Instruktion Eucharisticum mysterium vom 25. Mai 1967 in Nr. 54: "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht“ (Inter oecumenici Nr. 95).

In der Allgemeinen Einführung in das neue Römische Messbuch ("Institutio Generalis Missalis Romani") von 1969 ist die Zelebrationsrichtung durch Nummer 262 als Möglichkeit vorgesehen: "Der Hauptaltar soll von der Wand getrennt gebaut werden, so dass er leicht umschritten werden und auf ihm die Zelebration versus populum (zum Volk hin) ausgeführt werden kann." Und in den Änderungen in den liturgischen Büchern 1983: Für gewöhnlich soll eine Kirche einen feststehenden, geweihten Altar haben, der frei steht, damit man ihn ohne Schwierigkeiten umschreiten und an ihm, der Gemeinde zugewandt, die Messe feiern kann. Er soll so aufgestellt sein, dass er wirklich den Mittelpunkt des Raumes bildet, dem sich die Aufmerksamkeit der ganzen Gemeinde von selbst zuwendet (vgl.)

Die Rubriken des Missale Romanum Pauls VI. berücksichtigen auch eine Zelebrationsweise, in der Priester und Volk bei der Eucharistiefeier gleich ausgerichtet sind. Dies geht daraus hervor, dass bem Orate, fratres, dem Pax Domini, dem Ecce, Agnus Dei und dem Ritus conclusionis jeweils angeführt wird, dass der Priester sich hierfür dem Volk zuwendet.<ref> Missale Romanum (1970), Ordo Missae cum populo, 391 (Nr. 25: versus ad populum), 473 (Nr. 128: ad populum conversus), 474 (Nr. 133: ad populum versus) und 475 (Nr. 142: versus ad populum) aus: Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 22); ebenfalls die deutschsprachigen Bischöfe: Die Bischöfe Deutschlands, Österreichs, der Bistümer Bozen-Brixen und Lüttich schreiben in der Gemeindemesse im Messbuch und im Gotteslob von 1975 vor:

  • Einladung zum Gabengebet: MB I Seite 346: "Der Priester spricht, der Gemeinde zugewandt"; Gotteslob 1975, Nr. 359,5 : "Der Priester steht, der Gemeinde zugewendet, in der Mitte des Altares."
  • Beim Friedensgebet: MB I S. 518: "Der Gemeinde zugewandt, breitet der Priester die Hände aus und singt oder spricht: Der Friede des Herrn sei allezeit mit euch." (+Gl 1975, Nr. 364,2)
  • Einladung zur Kommunion: MB I S. 521: "und spricht, zur Gemeinde gewendet, laut." (Gl 1975, 365,1)
  • Kommunionspendung: MBI S. 522: "Zum Altar gewandt, spricht der Priester leise: Der Leib Christi schenke mir das ewige Leben"; Gl 1975, 365,2: "Zum Altar gewandt, empfängt der Priester den Leib und das Blut Christi."
  • Segen und Entlassung: MB I S. 530: "Der Priester, zur Gemeinde gewandt"; Gl 1975, 366,2+4: "Der Priester, zur Gemeinde gewandt".

Da im Gotteslob von 2013 keine Rubriken der Heiligen Messe aufgenommen wurden, findet sich auch keine Aussage zur Zelebrationsrichtung.</ref> Diese Bestimmungen gelten für die Zelebration in beide Richtungen; für den Fall der Zelebration versus Deum schreiben sie vor, dass er sich der Gemeinde zuwendet, der er bei anderen Zelebrationsformen bereits zugewendet ist. Dasselbe gilt für die entsprechenden Bestimmungen der Institutio Generalis, Nr. 107, 115, 116 und 122 (vgl. zur Konzelebration Nr. 198 und 199), auch wenn sie im einzelnen von den Rubriken des Ordo Missae cum populo abweichen.

Im Frühjahr 2000 wurde die Institutio Generalis zur dritten Editio typica des erneuerten Missale Romanum zu Studienzwecken veröffentlicht. Die dortige Formulierung signalisiert unmissverständlich, dass die celebratio versus populum nicht erzwungen werden soll, vielmehr sollen beide Formen der Zelebration ermöglicht werden.

Am 10. April 2000 approbierte Papst Johannes Paul II. das Missale Romanum. Es erschien im Frühjahr 2002. Die Rubriken zur Zelebrationsrichtung wurden beibehalten wie im Missale Romanum 1970.<ref> Missale Romanum [2002], Ordo Missae, 515 [Nr. 28], 600 [Nr. 127], 601 [Nr. 132 und 133], 603 [Nr. 141].</ref>

Die Einführung in der Neuauflage des Missales vom Jahre 2002 hat den Text von 1969 "Der Hauptaltar soll von der Wand getrennt gebaut werden, so dass er leicht umschritten werden und auf ihm die Zelebration versus populum (zum Volk hin) ausgeführt werden kann" unverändert übernommen, aber am Schluss noch einen Nebensatz angefügt: "Dies sollte der Fall sein, wo immer es möglich ist." Diese Ergänzung wurde von vielen Seiten als eine Verschärfung des Textes von 1969 in dem Sinn aufgefasst, dass es nun eine allgemeine Verpflichtung gebe, die Altäre "wo immer möglich» zum Volk hin gewendet zu bauen". Am 25. September 2000 erklärte die Kongregation für die göttliche Liturgie eine solche Auslegung der Institutio Generalis, zur dritten Editio typica, für abgewiesen. Das Wort «expedit» (sollte der Fall sein) drücke keine Verpflichtung, sondern eine Empfehlung aus. Die physische Ausrichtung, so sagt die Kongregation, müsse von der geistlichen unterschieden werden. Wenn der Priester "versus populum" feiert, solle seine geistliche Ausrichtung doch immer "versus Deum per Iesum Christum" (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein.<ref>Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 6+7)</ref>

Die Ostkirchenkongregation hat in der Instruktion Il padre incomprensibile vom 6. Januar 1996 eindrücklich darauf hingewiesen, dass die Feier der Liturgie versus orientem und somit die Gleichwendung von Priester und Volk eine von alters her überlieferte, bedeutungsvolle und lebendige Tradition darstellt, die im Bereich der mit Rom unierten orientalischen Kirchen zu bewahren ist.<ref> (Conversi ad Dominum, S. 113)</ref>

Zelebrationsrichtung als Ausdruck unterschiedlicher theologischer Schwerpunktsetzung

In der Änderung der Gebetsrichtung wird eine anthropozentrische statt theozentrische Haltung in der Liturgie gesehen.<ref> Theozentrik der Liturgie als wichtiger Beitrag zur Neuevangelisierung Kathnews am 30. Mai 2013 </ref> Dies zeige nicht nur die liturgische Gebetsrichtung, sondern auch Anordnung des Tabernakels nicht mehr in der Zentralachse des Presbyteriums, sondern an einem anderen Ort. Jede Zelebrationsrichtung bringe jedoch gewichtige theologische Zentralgeheimnisse von Kirche und Eucharistie zum Ausdruck.

Die Akzentuierung der nach Osten gerichteten Zelebrationsrichtung als "mit dem Rücken zum Volk" ist theologisch nicht hilfreich. Dem Volk-Gottes-Gedanken des Zweiten Vatikanischen Konzils entspricht die Vorstellung, dass die ganze Gemeinde und der Priester an ihrer Spitze, die sich in dieselbe Richtung wenden, „unterwegs zum Herrn hin“ sind,<ref>www.der-fels.de (PDF; 567 kB)</ref> dem wiederkehrenden Christus entgegen.

Die "Lücke im Ring"

Da in einem Teil der älteren römischen Kirchen der Altar so positioniert war, dass der Zelebrant mit dem Gesicht zum Volk zelebrierte und die Gemeinde den Altar im Halbkreis (im "offenen Ring") umstand, deutete der Liturgiewissenschaftler Josef Andreas Jungmann: In der "Lücke im Ring" stand der Altar; die Lücke "deutet die Bewegung an, in der die Gemeinschaft, vom Priester geführt, zu Gott hinstrebt". Dabei ist das circum nicht so aufzufassen, als ob die Gläubigen jemals schlechthin im Kreise um den Altar gestanden hätten. Es ist vielmehr die Anlage der alten römischen Basiliken vorausgesetzt mit dem Altar zwischen Presbyterium und Mittelschiff, sodass die Gläubigen, besonders dort, wo ein Querschiff vorhanden war, im Halbkreis, im "offenen Ring" den Altar umgeben konnten.<ref>Josef Andreas Jungmann S.J.: Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe. Bd. II, 5. verbesserte Aufl., Herder Verlag Wien-Freiburg-Basel 1962, S. 208.</ref>

Die "Celebratio ad Deum" im Rahmen des Bildes vom "wandernden Gottesvolk"

Der Innsbrucker Liturgiker Josef Andreas Jungmann, einer der Architekten der Liturgie-Konstitution des II. Vaticanum, hatte sich von Anfang an entschieden gegen das Schlagwort gewandt, der Priester habe bisher «mit dem Rücken zum Volk zelebriert». Jungmann hatte demgegenüber herausgestellt, dass es sich nicht um eine Abwendung vom Volk, sondern um Gleichrichtung mit dem Volk handelte.<ref>Aus dem Vorwort von Joseph Kardinal Ratzinger zum Buch Conversi ad Dominum von Uwe Michael Lang, S. 9. </ref>

Wenn sich der Liturge zusammen mit den Gläubigen beim Gebet dem Altar zukehrt, so ist er der sichtbare Anführer des pilgernden Gottesvolkes im gemeinsamen Aufbruch zum wiederkommenden Herrn. Die gemeinsame Gebetsrichtung ist ein Ausschauen nach dem Ort des Herrn und hält den eschatologischen Charakter der Eucharistiefeier lebendig, die ausgerichtet ist auf eine künftige Vollendung in der Gegenwart des lebendigen Gottes.<ref> Vgl. Ratzinger (2000), 65-66: "Die Gebetsrichtung nach Osten ist Tradition vom Anfang her und grundlegender Ausdruck der christlichen Synthese von Kosmos und Geschichte, von Verankerung im Einmaligen der Heilsgeschichte und von Zugehen auf den kommenden Herrn." Die kosmische Dimension der Liturgie wird von Ratzinger exemplarisch grundgelegt.</ref> So ist die liturgische Versammlung als pilgernde Kirche (Ecclesia peregrinans) offen auf die Versammlung der Heiligen in der himmlischen Stadt, wie der Hebräerbrief in Erinnerung ruft: "Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind; zu Gott, dem Richter aller, zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten, zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels." Hebr 12, 22-24.

Der Priester feiert die Eucharistie nicht "zum Volk hin", sondern die ganze Gemeinschaft feiert zu Gott hin gewandt, durch Jesus Christus im Heiligen Geist.

Im Kirchenbau wurde dieser Gedanke sehr in der Grundform der "Wegekirche" verwirklicht, die der Architekt Rudolf Schwarz in den 1930er-Jahren neben anderen Typen von Kirchen entwickelte. Der gesamte Kirchenbau samt dem Altarraum ist so angeordnet, dass die ganze Gemeinde, die Gottesdienstbesucher und der Priester an ihrer Spitze, sich in dieselbe Richtung wenden, „unterwegs zum Herrn hin“, dem wiederkehrenden Christus entgegen. Die Richtung zum „schlechthin Offenen“ (Rudolf Schwarz<ref>Rudolf Schwarz: Kirchenbau. Welt vor der Schwelle. Heidelberg 1960. (Nachdruck: Regensburg 2007, ISBN 978-3-7954-1961-5, S. 24.</ref>) wird durch ein Bild, ein Kruzifix, den Tabernakel oder eine weiße Stirnwand symbolisch vorgegeben. Die Ostung von Kirchen bedeutet eine Ausrichtung des ganzen Gebäudes in Richtung der aufgehenden Sonne, eines Symbols für die Auferstehung.

"Circumstantes": Der Altar als Christussymbol im Zentrum der ihn Umstehenden

Der Opferaltar als Mitte der sich um ihn herum (wörtlich!) versammelnden Gemeinde (die circumstantes, "die Umstehenden" des Canon Missae) ist ein starkes christozentrisches Zeichen der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, wenn bei der Eucharistiefeier Christus in den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig ist. Der Gedanke wird seit dem frühen Mittelalter im Abschnitt "Memento, Domine" des Canon Romanus zum Ausdruck gebracht.

Dieser Gedanke wurde etwa seit den 1930er-Jahren im Kirchenbau verwirklicht und war übernommen aus den Hauskapellen zeitgenössischer Benediktinerabteien. Einen bedeutenden Impuls zur mystischen Verinnerlichung des Messopfers in diese Richtung gab der Maria Laacher Benediktiner Odo Casel mit dem "Ideal der Circumstantes", der "den Altar Umstehenden"; er bezog diese Christozentrik in gleicher Weise auf den Altar, den handelnden Priester und die Gemeinde als Corpus Christi, wobei Priester und Mitfeiernde einen Kreis bilden.<ref>Horst Schwebel: Art. "Kirchenbau V. in: Gerhard Krause,Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie (ökumenisch), Bd. 18, Berlin, New York 1989, S. 517.</ref>

Der Altar als Christussymbol, um den herum sich die Gemeinde (die Circumstantes) beim Messopfer versammelt, stellt Christus als Sohn Gottes in die Mitte der liturgischen Versammlung - eine ebenso "christozentrische" Ausrichtung wie die Ausrichtung aller nach Osten, gegen die aufgehende Sonne als Zeichen des wiederkehrenden Christus: "Der Hauptaltar muss so angeordnet und gestaltet sein, dass er stets als ein Zeichen Christi erscheint, als der Ort, an dem die Heilsmysterien gefeiert werden, und gleichsam als die Ehrfurcht gebietende Mitte der versammelten Gemeinde."<ref>Ritenkongregation und Consilium Pauls VI.: Instruktion Eucharisticum mysterium über die Feier und Verehrung des Geheimnisses der Eucharistie vom 25. Mai 1967, Nr. 24.</ref>

Bei der Neugestaltung des Innenraums der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin, einem Rundbau aus dem 18. Jahrhundert nach dem Vorbild des Pantheons in Rom, griff die Jury diesen alten theologischen Leitgedanken auf, als sie den preisgekrönten Entwurf beschrieb: "Der Raum wird eindeutig als Kirche erkannt, der Altar im Zentrum – drumherum die sich versammelnde Gemeinde – ein sehr archaischer aber überzeugender Gedanke." Der Jury gehörten Erzbischof Rainer Kardinal Woelki und Bischof Friedhelm Hofmann an.<ref>Erzbistum Berlin, Pressemeldung vom 1. Juli 2014.</ref>

Bedenken der Minderung der transzendenten und der vertikalen Dimension

Der Gedanke des Circumstantes kann als "Konzelebration" des Priesters mit dem anwesenden Volk verstanden werden, welche theologisch ausgeschlossen ist.<ref>"Das eucharistische Opfer darf ferner nicht als «Konzelebration» des Priesters mit dem anwesenden Volk im strengen Sinn betrachtet werden." Redemptionis sacramentum, Nr. 42; Papst Pius XII., Enzyklika Mediator Dei: AAS 39 (1947) 553.</ref> Die Instruktion Redemptionis sacramentum schreibt: Jede Zweideutigkeit in dieser Sache müsse vermieden werden.<ref>Vgl. Nr. 42; Ansprache Magnificate dominum mecum vom 2. November 1954.</ref>

Der Zelebrationsrichtung versus populum folgt eine von den nachkonziliaren Instruktionen und der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch gestützte äußere Neugestaltung liturgischer Orte, ebenso von einer stärkeren Betonung vom Wesen der Liturgie als gemeinschaftlichem Mahl.<ref>in: Joseph Kardinal Ratzinger, Der Geist der Liturgie.</ref> Kritiker sehen die Gefahr, dass die Gemeinde, gleichsam in sich gekehrt, dazu neigen könne, die transzendente Dimension der Eucharistiefeier nicht mehr wahrzunehmen. Eine Überbetonung des kommunitären Aspekts würde sozusagen zu einer "geschlossenen Gesellschaft" führen, die nicht offen ist auf die unsichtbare Versammlung der Heiligen im Himmel und auf die anderen irdischen Versammlungen der Christen. Gewissermaßen dialogisiert die Gemeinde mit sich selbst.<ref> Joseph Kardinal Ratzinger, in: Conversi ad Dominum, S. 119.</ref>

Der spanische Liturgiewissenschaftler Pere Tena Garriga sieht eine weitgehende Desakralisierung und Säkularisierung der Liturgie, die mit einer nahezu ausschließlich horizontalen Vision des christlichen Lebens einhergehe und letztlich ihren Grund in einer defizienten Christologie habe.<ref>Conversi ad Dominum, S. 120+121: Garriga, T.: «La sacra liturgia fonte e culmina della vita ecclesiale», in: R. Fisichella (Hg.), Il Concilio Vaticano II. Recezione e attualità alla luce deI Giubileo, Mailand 2000, 46-65</ref>

Sowohl die Trennung des Altares von der Rückwand als auch die Aufstellung des Priestersitzes hinter dem Altar zeigten, so der deutsche Kirchenrechtler Georg May, eine Gedankenrichtung an, die den horizontalen Bezug - von Mensch zu Mensch, von Priester zum Volk - stärker hervorhebe als den vertikalen - von Mensch zu Gott, von der mit dem priesterlichen Haupt vereinten Gemeinde zu Gott. Sie lasse die Anbetung Gottes hinter dem Dialog der Menschen zurücktreten. Die Objektivität der gemeinsamen Ausrichtung von Priester und Volk auf den dreifaltigen Gott sei zugunsten der Subjektivität des menschlichen Kontaktes gemindert.<ref>Georg May: Die Prinzipien der jüngsten kirchlichen Gesetzgebung über die Aufbewahrung und die Verehrung der heiligsten Eucharistie, S.4</ref>

Die Bereitschaft, mit der viele Priester die Zelebration »versus populum« übernommen haben, versucht der Soziologieprofessor Wigand Siebel (Liturgie als Angebot, Morus Verlag Berlin 1972), wie folgt zu begründen: "Die erhebliche Verunsicherung und Einsamkeit der Priester führte natürlicherweise dazu, dass neue Verhaltensstützen gesucht werden müssen. Dazu gehört die emotionale Stütze, die dem Priester durch die vor ihm befindliche Gemeinde gewährt wird." Dabei entstehe eine "Abhängigkeit des Schauspielers vom Publikum".<ref>Klaus Gamber: Probleme der Liturgiereform: in: Hans Pfeil (Hrsg.): Unwandelbares im Wandel der Zeit, 19 Abhandlungen gegen die Verunsicherung im Glauben Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg , Band I: 1976, Zelebration nach Osten oder »versus populum«? - S. 305-306 (440 Seiten; ISBN 3-557-91109-8).</ref>

Wünsche zur selben physischen Ausrichtung von Priester und Volk

Der Theologe Klaus Gamber glaubt, mit Sicherheit nachweisen zu können, dass es sowohl in der Ost- als auch in der Westkirche nie eine Zelebration »versus populum« (zum Volk hin) gegeben habe, sondern stets ein Hinwenden beim Gebet nach Osten, "ad Dominum".<ref> Klaus Gamber: Zum Herrn hin! Fragen um den Kirchenbau und Gebet nach Osten. Regensburg 1994: aus: Martin Reinecke (Hg.): Klaus Gamber: Zurück zum gemeinsamen Erbe - Kritische Überlegungen zur Situation von Liturgie und Kirche EOS Verlag St. Ottilien 1999, S. 59 (126 Seiten)</ref> Joseph Ratzinger relativiert solche Überlegungen; er sieht den Altar als herausgehobenes Symbol für Christus, zu dem Christen beim Gebet sich ausrichten oder um den sie sich versammeln können, so dass sich Geist und Gebet am Altar immer, zu Gott hin (ad Dominum) richten, unabhängig von der Stellung des Vorstehers. Einen Gegensatz von versus populum und versus/ad Deum, so der Theologe und spätere Papst, gebe es folglich nicht.<ref>Joseph Ratzinger: Das Fest des Glaubens. 3.Auflage, Einsiedeln 1993, S. 121.</ref>

Im Wortgottesdienst sollen sich die Liturgen den Blick zur Gemeinde richten, sei es der Lektor beim Vorlesen der Heiligen Schrift, der Diakon oder Priester bei der Verkündigung des Evangeliums oder der Prediger an die Gläubigen.<ref>vgl. Martin Reinecke (Hg.): Klaus Gamber: Zum Herrn hin! Fragen um den Kirchenbau und Gebet nach Osten. Regensburg 1994, S. 24; Klaus Gamber: Die Reform der römischen Liturgie. Vorgeschichte und Problematik, Regensburg 1981, S. 52.</ref> Anders ist es mit der eigentlichen Opferfeier. Hier ist die Liturgie nicht, wie im Wortgottesdienst, zugleich »Angebot«, sondern heiliges Geschehen, in dem sich Himmel und Erde verbinden und sich Gott in Gnade zu uns herab neigt. Erst bei der Kommunionspendung, dem eucharistischen Mahl im engeren Sinne, komme es wieder zu einem Gegenüber zwischen Priester und Kommunikanten. Gerade dieser Wechsel in der Stellung des Priesters am Altar während der Messfeier ist von nicht geringer symbolischer und soziologischer Bedeutung: Beim Gebet und Opfer hat er, zusammen mit den Gläubigen, den Blick auf Gott gerichtet, während er als Verkünder des Wortes Gottes und als Spender der Eucharistie der Gemeinde zugewandt ist.<ref>Martin Reinecke (Hg.): Klaus Gamber: Zurück zum gemeinsamen Erbe - Kritische Überlegungen zur Situation von Liturgie und Kirche EOS Verlag St. Ottilien 1999, S. 59-60 (126 Seiten).</ref>

Im Wortgottesdienst spricht Gott sein Volk an und zeigt ihm durch den Priester sein Gesicht. Ab der Opferung spricht der Priester Gott an und zeigt IHM mit dem Volk sein Gesicht.

Guido Marini, der päpstliche Zeremonienmeister, wies Ende Juni 2008 auf die große Bedeutung der Orientierung bei der Liturgie hin, „auch in praktischer Hinsicht“. In der Zelebrationsrichtung vermittle sich nämlich „eine grundlegende theologische, anthropologische und ekklesiologische Tatsache“. „Vom Herrn kommt das Heil, er ist der Osten, die aufgehende Sonne, auf die wir unseren Blick richten müssen, und von der wir die Gabe der Gnade empfangen müssen“, so Marini wörtlich. Deshalb habe Papst Benedikt XVI. am Fest Taufe des Herrn 2008 in der Sixtinischen Kapelle am Altar gefeiert.<ref>Päpstlicher Zeremonienmeister: Papst bevorzugt Mundkommunion Kath.net 26. Juni 2008</ref>

Kardinal Robert Sarah, der damalige Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, stellte Ende Mai 2016 in einem Interview mit der französischen Zeitung „Famille Chrétienne“ fest, es sei ab dem Offertorium „wesentlich, dass der Priester und die Gläubigen gemeinsam nach Osten blicken“. Er erinnerte daran, dass das II. Vatikanum die Priester nicht darauf verpflichtet habe, die Heilige Messe zu den Menschen zu feiern. Dies war „eine Möglichkeit, keine Verpflichtung“. Sarah betonte in dem Interview auch, dass man dafür überhaupt keine Erlaubnis benötige. Während des Wortgottesdienstes der Messfeier, sei es angemessen, dass die Lektoren die Heilige Schrift mit dem Gesicht zur Gottesdienstgemeinde verkünden, „doch ab dem Moment, wo man sich an Gott richtet – also ab der Gabenbereitung – ist es essentiell, dass der Priester und die Gläubigen gemeinsam nach Osten blicken.“<ref>Kardinal Sarah: „Priester sollen ad orientem zelebrieren“ Kath.net am 31. Mai 2016</ref> Anfang Juli 2016 bat er in einem Vortrag bei der Konferenz „Sacra Liturgia“ in London, die Priester der katholischen Kirche mögen die heilige Messe auch in der ordentlichen Form des Römischen Ritus „ad orientem“ feiern. Wörtlich sagte er: „Es ist sehr wichtig, dass wir so bald wie möglich zur gemeinsamen Ausrichtung der Priester und Gläubigen zurückkehren – nach Osten oder zumindest in Richtung der Apsisauf den Herrn der kommt“. Er ersuchte die Priester, diese Praxis einzuführen wo immer es möglich sei und nannte den ersten Adventssonntag 2016 als geeigneten Termin, um die Änderung einzuführen. Weiter berichtete der Kardinal, einige der nach dem Konzil durchgeführten Reformen seien zu sehr vom damaligen Zeitgeist beeinflusst gewesen und über die Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ hinausgegangen. Eine vollständige Umsetzung der Konstitution bedürfe einer „Hermeneutik der Kontinuität“. Die Konzilsväter „beabsichtigten keine Revolution, sondern eine Evolution“, betonte Kardinal Sarah. Nach einem Gespräch von Papst Franziskus<ref>Papst Franziskus] betonte, dass der Außerordentliche Ritus von Papst Benedikt VI. deswegen genehmigt worden sei, um "einigen Nostalgikern" entgegen zu kommen. Er werde aber gerade deswegen als Außerordentlicher Ritus bezeichnet, weil seine Feier nicht die Norm sei.in: Die Tagespost, November 2016.</ref> mit Kardinal Sarah wurde die Aussage Sarahs wenige Tage später in einer Presseerklärung des Heiligen Stuhls dahin korrigiert, dass die ordentliche Form der Messfeier (nach Institutio Generalis Missalis Romani Nr. 299) mit „Volksaltar“ weiter aufrecht bleibe.<ref>[http://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2016/07/11/0515/01177.html Comunicato della Sala Stampa della Santa Sede: Alcuni chiarimenti sulla celebrazione della Messa, 11. Juli 2016.</ref> <ref>Kardinal Sarah bittet Priester, ‚ad orientem’ zu zelebrieren Kath.net am 6 Juli 2016; Vollständige Rede der Londoner Rede von Kardinal Sarah Kathnews am 15. Juli 2016.</ref><ref>Vatikanischer Pressesaal dazu: italienisch; englisch; Papst widerspricht nicht Kardinal Sarah; Vatikanischer Pressesaal veröffentlicht eine Erklärung nach Aussagen von Kardinal Sarah in London, um Fehlinterpretationen zuvorzukommen Kathnews am 11. Juli 2016 von Gero Weishaupt.</ref>

Christoph Kardinal Schönborn betont, wie wichtig sinnenhafte Zeichen, etwa die Gleichwendung im Gebet, seien, um den Glauben zu "inkarnieren".<ref>aus: Conversi ad Dominum, S. 118</ref> Gleichwohl verteidigte er 2007 ausdrücklich die Praxis beider Zelebrationsrichtungen.<ref>http://www.kath.net/news/16941</ref>

James Wall, der Bischof von Gallup (US-Bundesstaat New Mexiko), hat in einem Hirtenbrief im Sommer 2019 bekannt gegeben, dass er die Sonntagsmesse in Zukunft „ad orientem“, also zum Tabernakel gerichtet, feiern wird. Die Zelebration „ad orientem“ sei eine „eindringliche Erinnerung“ an das, worum es in der Messe gehe: Christus zu begegnen, der zu uns kommt. Praktisch bedeute das, dass der Zelebrant während der Gebete und dem Eucharistischen Hochgebet in die gleiche Richtung wie das Volk blicke, nämlich zu Gott. Wenn er zum Volk spreche, bleibe er diesem zugewandt, betont der Bischof. In der Feier der Messe „ad orientem“ zeige sich, dass der Priester und die feiernde Gemeinde gemeinsam Gott verehren und ihm gegenüber stehen. Es sei pastoral sinnvoll, die heiligen Messen im Bistum sowohl „ad orientem“ als auch „versus populum“ zu feiern. Damit werde der Reichtum der Kirche sichtbar betonte Bischof Wall.<ref>US-Bischof James Wall wird Sonntagsmesse ‚ad orientem’ feiern Kath.net am 7. August 2019</ref>

Gründe eine Eucharistiefeier ab Opferung "ad orientem" zu feiern nennt Monsignore Johannes Börsch: "Wenn ich mit Ihnen direkt sprechen würde, würde ich ja von Angesicht zu Angesicht mit Ihnen sprechen. Man wendet sich immer dem zu, mit dem man spricht. ... Wenn ich sage "Allmächtiger ewiger Gott, so bitte ich dich durch Christus, unseren Herrn", kann ich doch dem, den ich anspreche, nicht den Rücken zukehren. Ich bin nicht das Gegenüber der Leute, sondern sozusagen der Vorbeter, der an der Spitze der Gemeinde steht, zum Herrn hin gewandt." ... Die neue Messe (Novus Ordo) ist "ad orientem" gedacht.<ref>Warum Priester die Messe "ad orientem" feiern Domradio am 1. Dezember 2019</ref>

Literatur

Neue liturgische Bewegung#Zelebrationsrichtung

Weblinks

Anmerkungen

<references />