Ex corde ecclesiae (Wortlaut)

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Apostolische Konstitution
Ex corde ecclesiae

Seiner Heiligkeit
Papst Johannes Paul II.
über die Katholischen Universitäten
15. August 1990
(Offizieller lateinischer Text: AAS 82 [1990] 1475-1509)

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite; siehe auch: VAS 99; DAS 1990, S. 1017-1039)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


EINLEITUNG

1 AUS DEM HERZEN der Kirche hervorgegangen, hat sich die Katholische Universität in den Strom der Tradition eingefügt, die mit den ersten Anfängen der Universität als Institution begonnen hat. Seither war sie immer wie ein herausragendes Zentrum schöpferischer Kraft und Wissensverbreitung zum Wohl und Nutzen des Menschengeschlechtes. Aufgrund ihrer Aufgabe widmet sich die Universität als Universitas magistrorum et scholarium der Forschung und der Lehre sowie der Bildung der Studierenden, die mit ihren Lehrern in der gleichen Liebe zur Wissenschaft frei verbunden sind.<ref> Vgl. Alexander IV., Schreiben an die Universität Paris vom 14. April 1255, Einleitung: Bullarium Diplomatum, t. III, Augustae Taurinorum 1858, S. 602. </ref> Mit den anderen Universitäten gemeinsam ist ihr das gaudium de veritate, welches dem heiligen Augustinus so teuer war, jene Freude nämlich, die Wahrheit auf allen Gebieten der menschlichen Erkenntnis zu suchen, zu entdecken und weiterzugeben.<ref> Augustinus, Bekenntnisse 10,23,33: «Glückseliges Leben ist ja Freude an der Wahrheit. Und Freude an dir, mein Gott, der du 'die Wahrheit bist, meine Erleuchtung, du Heil meines Angesichts, mein Gott'» (Ps. 26, 1 und 41,12): PL 32, 793-794; vgl. Thomas von Aquin, Über das Übel 9, 1: «Es ist nämlich dem Menschen naturgemäß, dass er nach Erkenntnis der Wahrheit strebt».</ref> Ihre hervorragende Aufgabe besteht darin, »in der geistigen Arbeit selbst zwei Ordnungen der Wirklichkeit existentiell zu verbinden, die man allzuoft einander entgegenzustellen geneigt ist, als handelte es sich um Gegensätze: die Suche nach der Wahrheit und die Gewißheit, die Quelle der Wahrheit bereits zu kennen«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache an das «Institut Catholique» in Paris vom 1. Juni 1980: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, III, 1 (1980), S. 1581; OssRm-dt 10 (1980) Nr. 25 vom 20. Juni 1980, S. 5. </ref>

2 Ich selbst habe mehrere Jahre hindurch die wohltuende Erfahrung dessen gemacht, wodurch ich auch innerlich bereichert wurde, was die Eigenart universitären Lebens ausmacht: leidenschaftliches Forschen nach der Wahrheit und hochherziges Teilhabenlassen der jungen Studierenden und all jener, die lernen, streng methodisch zu denken, um recht zu handeln, und so der menschlichen Gesellschaft besser dienen zu können.

Daher möchte Ich allen von Herzen bezeugen, wie hoch ich die Katholische Universität schätze und wie sehr ich zugleich die Arbeit lobe, die dort in den verschiedenen Bereichen der menschlichen Erkenntnis geleistet wird. Besonders möchte ich hier auch meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass mir der Herr bei meinen häufigen apostolischen Reisen sehr oft die Begegnung mit den katholischen Universitätsgemeinschaften in den verschiedenen Kontinenten der Welt gestattet hat. Sie sind für mich ein lebendiges und hoffnungsvolles Zeichen der Fruchtbarkeit des christlichen Geistes im Herzen einer jeden menschlichen Kultur. Sie geben mir begründete Hoffnung auf ein neues Erblühen der christlichen Kultur unter den so vielfältigen und reichen Gegebenheiten dieser sich verändernden Zeit, die vor großen Herausforderungen steht, die aber auch Trägerin so großer Verheißungen unter dem Wirken des Geistes der Wahrheit und der Liebe ist.

Meine Wertschätzung und meine Dankbarkeit möchte ich ferner all den zahllosen katholischen Dozenten in nicht-katholischen Universitäten aussprechen. Ihre im Licht des christlichen Glaubens gelebte akademische und wissenschaftliche Aufgabe muss für das Wohl der Universität, in der sie arbeiten, als wertvoll angesehen werden. Ihre Präsenz ist in der Tat ein ständiger Ansporn zu vorurteilsfreier Suche nach der Wahrheit und nach der Weisheit, die von oben kommt.

3 Vom Beginn meines Pontifikats an habe ich mich bemüht, meinen engsten Mitarbeitern, den Kardinälen, der Kongregation für das Katholische Bildungswesen, wie auch jenen Männern und Frauen, die im Bereich der Kultur in der ganzen Welt arbeiten, meine feste Überzeugung mitzuteilen: Das Gespräch, das die Kirche mit den verschiedenen Kulturen der heutigen Zeit führt, ist der lebendige Ort, »auf dem das Schicksal der Kirche und der Welt am Ende dieses unseres Jahrhunderts entschieden wird«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache an die Kardinäle vom 9. November 1979: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, II, 2 (1979), S. 1096; vgl. Ansprache an die UNESCO in Paris vom 2. Juni 1980: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, III, 1 (1980), SS. 1636-1655. </ref> Denn es gibt nur eine einzige Kultur: Die Kultur des Menschen, die vom Menschen ausgeht und für den Menschen da ist.<ref> Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Universität Coimbra vom 15. Mai 1982: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, V, 2 (1982), S. 1692. </ref> Die Kirche, die nach einem von meinem Vorgänger Papst Paul VI. vor der UNO gebrauchten Wort »Expertin in Menschlichkeit«<ref> Vgl. Paul VI., Ansprache an die Vertreter der Nationen vom 4. Oktober 1965: Insegnamenti di Paolo VI, III (1965), S. 508. </ref> ist, erforscht mit Hilfe ihrer Katholischen Universitäten und mit Hilfe von deren humanistischem und wissenschaftlichem Erbe die Geheimnisse des Menschen und der Welt, und durchdringt sie im Lichte der ihr geschenkten Offenbarung.

4 Es liegt in der Ehre und Verantwortung einer Katholischen Universität, sich ohne Vorbehalt der Sache der Wahrheit zu widmen. Dies ist die ihr eigene Weise, der Würde des Menschen und zugleich der Sendung der Kirche zu dienen. Die Kirche ist zutiefst davon überzeugt, »dass die Wahrheit ihre wirkliche Bundesgenossin ist ... und dass Erkenntnis und Vernunft treue Dienerinnen des Glaubens sind«.<ref> John Henry Newman, The Idea of a University, London, Longmans, Green and Company, 1931, S. XI. </ref> Ohne den Erwerb nützlichen Wissens zu vernachlässigen, zeichnet sich vielmehr die Katholische Universität aus durch ihre freie Erforschung der ganzen Wahrheit über die Welt, über den Menschen und über Gott. Denn gerade unsere Zeit bedarf dringend jenes uneigennützigen Dienstes, der darin besteht, den Sinn der Wahrheit zu verkünden, die ein grundlegendes Gut ist, ohne das Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde zugrunde gehen. Aufgrund einer gewissen Art von universalem Humanismus widmet sich die Katholische Universität voll und ganz der Erforschung aller Aspekte der Wahrheit in ihrer wesentlichen Verbindung mit der höchsten Wahrheit, die Gott ist. Furchtlos und mit Begeisterung läßt sie sich auf alle Wege des Wissens ein, im Bewußtsein, dass der ihr vorausgeht, der selbst »der Weg, die Wahrheit und das Leben«<ref> {{#ifeq: Evangelium nach Johannes | Ex corde ecclesiae (Wortlaut) |{{#if: Joh|Joh|Evangelium nach Johannes}}|{{#if: Joh |Joh|Evangelium nach Johannes}}}} 14{{#if:6|,6}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}. </ref> ist, der Logos. Sein Geist der Einsicht und der Liebe ermöglicht es dem Menschen, durch seine Vernunft die letzte Wirklichkeit zu finden, die sein Ursprung und Ziel ist, und die allein fähig ist, in Fülle jene Weisheit zu schenken, ohne welche die Zukunft der Welt gefährdet wäre.

5 In Verbindung mit der unvoreingenommenen Suche der Wahrheit erhält auch die Beziehung von Glaube und Vernunft Licht und Sinn. »Intellege ut credas, crede ut intellegas«.<ref> Vgl. Augustinus, Sermo 43, 9: PL 38, 258. Vgl. auch Anselm, Proslogion, cap. I: PL 158, 227. </ref> Diese Weisung des heiligen Augustinus gilt auch für die Katholischen Universitäten. Sie sind eingeladen, mutig den Reichtum von Offenbarung und Natur zu erforschen. Das gemeinsame Bemühen von Vernunft und Glaube läßt die Menschen die Fülle ihrer Menschlichkeit finden, die nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen und nach der Sünde auf noch wunderbarere Weise in Christus wiederhergestellt und dazu bestimmt ist, im Lichte des Geistes zu leuchten.

6 Die Katholische Universität schafft durch die Begegnung zwischen dem unerforschlichen Reichtum der heilbringenden Botschaft des Evangeliums und der Vielfalt und Größe der Bereiche menschlicher Erkenntnis, in die sie diese Botschaft einbringt, die Möglichkeit, dass die Kirche ein Gespräch von einmaliger Fruchtbarkeit mit allen Menschen jedweder Kultur führen kann. Denn der Mensch lebt ein seiner würdiges Leben nur aufgrund seiner Kultur; und wenn er seine Fülle in Christus findet, ist auch nicht daran zu zweifeln, dass das Evangelium, wenn es ihn erreicht und ihn in all seinen Dimensionen wiederherstellt, auch für die Kultur, von der Mensch lebt, fruchtbar ist.

7 In der Welt von heute, die so sehr gezeichnet ist durch den rapiden Fortschritt in Wissenschaft und Technik, werden Gewicht und Dringlichkeit der Aufgaben der Katholischen Universität immer größer. Die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik bringen einerseits ein ungeheueres Wachstum der Wirtschaft und der Industrie mit sich, andererseits verlangen sie eine dementsprechende Sinnforschung, um sicherzustellen, dass die neuen Errungenschaften zum wahren Wohl der einzelnen Menschen und der ganzen menschlichen Gemeinschaft insgesamt verwendet werden. Wenn schon diese Sinnforschung Aufgabe einer jeden Universität ist, ist die Katholische Universität umso mehr dazu berufen, dieser Anforderung zu entsprechen. Ihr christlicher Geist läßt sie in die eigenen Studien die sittliche, geistige und religiöse Perspektive einbringen und die Ergebnisse von Wissenschaft und Technik aus der Sicht der ganzen menschlichen Person werten.

Daher sind die Katholischen Universitäten aufgerufen zu ständiger Erneuerung, einmal weil sie Universitäten sind, zum anderen weil sie katholisch sind. Denn »auf dem Spiel steht der Sinn der wissenschaftlichen Forschung und der Technik, des sozialen Zusammenlebens und der Kultur, doch noch tiefer betrachtet, die Bedeutung des Menschen selbst«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache an den Internationalen Kongreß über die Katholischen Universitäten vom 25. April 1989, Nr. 3: L'Osservatore Romano vom 26. April 1989; OssRom-dt 19 (1989) Nr. 30/31 vom 28. Juli 1989, S. 18 f. </ref>  Solche Erneuerung verlangt ein klares Bewußtsein davon, dass schon aufgrund ihres katholischen Charakters die Universität besser in der Lage ist, die Wahrheit unparteiisch zu erforschen; ein Forschen, das den verschiedenartigsten Einzelinteressen weder untergeordnet noch von ihnen abhängig ist.

8 Nach der Veröffentlichung der Apostolischen Konstitution Sapientia Christiana für die Kirchlichen Universitäten und Fakultäten,<ref> Vgl. Johannes Paul II., Apost. Konst. Sapientia christiana über die Kirchlichen Universitäten und Fakultäten vom 15. April 1979: AAS 71 (1979), SS. 469-521. </ref> erscheint es angebracht, auch für die Katholischen Universitäten ein entsprechendes Dokument zu verfassen, gleichsam als eine »Magna Charta«, auf die sie sich in Zukunft beziehen können. Diese »Magna Charta« umfaßt lange und fruchtbare Erfahrung der Kirche im universitären Bereich, sie ist offen für die in den kommenden Jahren zu leistende hoffnungsvolle Arbeit, die mutigen Erfindungsgeist und strenge Treue erfordert.

9 Dieses Dokument wendet sich namentlich an die Leiter der Katholischen Universitäten, an die akademischen Gemeinschaften und außerdem an alle, die sich um die Universitäten bemühen, vor allem an die Bischöfe, an die Ordensgemeinschaften und kirchlichen Institutionen sowie an die zahlreichen Laien, die an jenem hohen Dienst der höheren Bildung beteiligt sind. Anliegen ist, dass »gleichsam der christliche Geist bei dem gesamten Bemühen um die Förderung einer höheren Kultur öffentlich, stets und universell präsent sei. Die Studenten dieser Anstalten sollen zu Menschen herangebildet werden, die in ihrer Wissenschaft bestens bewandert, wichtigen Aufgaben im öffentlichen Leben gewachsen und Zeugen des Glaubens in der Welt sind«.<ref> II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum educationis 10: AAS 58 (1966), S. 737. </ref>

10 Außer an die Katholischen Universitäten wende ich mich auch an die zahlreichen katholischen Institutionen der höheren Bildung. Ihrem Wesen und ihrer Zielsetzung nach ist ihnen gemeinsam, dass sie einige oder alle Aufgaben einer Universität wahrnehmen und so ihren Beitrag leisten für Kirche und Gesellschaft durch ihre eigenen Forschungen, sei es durch Erziehung oder durch Vorbereitung für einen Beruf. Wenngleich dieses Dokument namentlich die Katholischen Universitäten betrifft, so will es doch alle Institutionen der höheren Bildung umfassen, deren Ziel es ist, Geist und Kultur des Menschen mit der Botschaft des Evangeliums Christi zu durchdringen.

Mit größtem Vertrauen und ebensolcher Hoffnung ermutige ich alle Katholischen Universitäten, ihre so unersetzliche Aufgabe weiterhin zu erfüllen, die von Tag zu Tag immer notwendiger erscheint für die Begegnung der Kirche mit den sich fortentwickelnden Wissenschaften und mit den vielfältigen Kulturen unserer Zeit.

Gemeinsam mit meinen Mitbrüdern im Bischofsamt, die mit mir an der pastoralen Aufgabe teilhaben, möchte ich Euch allen meine feste Überzeugung kundtun: Ohne Zweifel ist die Universität eines der besten Mittel, das die Kirche der heutigen Zeit anzubieten hat, die sichere Erkenntnis und Weisheit sucht. Weil der Kirche die Verpflichtung obliegt, allen Menschen die Frohe Botschaft zu bringen, darf sie niemals aufhören, sich um diese Institution zu kümmern. Durch Forschung und Lehre helfen ihr die Katholischen Universitäten dabei, in einer diesen unseren Tagen geeigneten Weise die neuen und alten Schätze der menschlichen Kultur zu erforschen, »nova et vetera« nach Jesu Wort.<ref> {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Ex corde ecclesiae (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 13{{#if:52|,52}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}. </ref>

11 Schließlich wende ich mich an die gesamte Kirche in der Überzeugung, dass die Katholischen Universitäten für ihr Wachstum wie auch für die Entfaltung der christlichen Kultur und des menschlichen Fortschritts unverzichtbar sind. Deswegen ist die ganze kirchliche Gemeinschaft eingeladen, den Katholischen Institutionen der höheren Bildung Hilfe zu leisten und sie zu unterstützen bei dem Bemühen, sich zu entfalten und zu erneuern. Vor allem jedoch ist sie aufgerufen, die Rechte und die Freiheit dieser Institutionen in der weltlichen Gesellschaft zu schützen, sie finanziell zu unterstützen, vor allem in den Nationen, wo es besonders nötig ist, und Hilfe zu gewähren bei der Gründung neuer Katholischer Universitäten, wo immer es erforderlich ist.

Von Herzen wünsche ich, dass diese Weisungen, die sich auf die Lehre des II. Vatikanischen Konzils und auf die Vorschriften des Codex Iuris Canonici stützen, es den Katholischen Universitäten und den übrigen Hochschuleinrichtungen erlauben, ihre unverzichtbare Aufgabe zu erfüllen, gerade jetzt, wo mit dem neuen Jahrtausend eine neue Gnadenzeit sich eröffnet.

TEIL I: CHARAKTER UND AUFGABE

A. CHARAKTER EINER KATHOLISCHEN UNIVERSITÄT

1. Wesen und Ziel

12 Jede Katholische Universität ist als Universität eine akademische Gemeinschaft, die in strenger und kritischer Methode zum Schutz und zur Förderung der menschlichen Würde und zugleich des Kulturerbes ihren Beitrag leistet durch Forschung und Lehre und durch die verschiedenen Dienste, die sie den örtlichen, nationalen und internationalen Gemeinschaften zu deren Nutzen erbringt.<ref> Vgl. La «Magna Charta» delle Università Europee, «Principi fondamentali». Dieses Dokument wurde am 18. September 1988 in Bologna/Italien herausgegeben. </ref> Sie besitzt jene institutionelle Autonomie, die notwendig ist, damit sie ihre Aufgaben wirksam erfüllen kann, und sie gewährleistet ihren Mitgliedern die akademische Freiheit, unter Wahrung der Rechte des Individuums und der Gemeinschaft, innerhalb des Anspruchs der Wahrheit und des Gemeinwohls.<ref> II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 59: AAS 58 (1966), S. 1080. vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über christliche Erziehung Gravissimum educationis, 10: AAS 58 (1966), S. 737. Institutionelle Autonomie heißt, dass die akademische Leitung ist und (ver) bleibt innerhalb der Institution. «Akademische Freiheit» ist die all jenen, die in Lehre und Forschung tätig sind, gegebene feste Zusage, innerhalb ihres besonderen Wissenschaftsbereichs und gemäß den je eigenen Methoden dieses Bereichs, die Wahrheit zu suchen, wohin auch immer Untersuchung und Gewißheit sie führen, und gleichermassen die Ergebnisse solcher Forschung zu lehren und zu veröffentlichen, unter Beachtung der oben genannten Kriterien und des Schutzes der Rechte des Einzelnen und der Rechte der Gemeinschaft, innerhalb des Anspruchs der Wahrheit und des Gemeinwohls. </ref>

13 Weil es die Zielsetzung einer Katholischen Universität ist, angesichts der großen Fragestellungen in Gesellschaft und Kultur in institutionalisierter Form das Christliche im universitären Bereich präsent zu machen,<ref> Der Begriff «Kultur» wird in diesem Dokument in doppeltem Sinn verwendet, nämlich in humanistischem und in sozial-historischem Sinn. «Unter Kultur im allgemeinen versteht man alles, wodurch der Mensch seine vielfältigen geistigen und körperlichen Anlagen ausbildet und entfaltet; wodurch er sich die ganze Welt in Erkenntnis und Arbeit zu unterwerfen sucht; wodurch er das gesellschaftliche Leben in der Familie und in der ganzen bürgerlichen Gesellschaft im moralischen und institutionellen Fortschritt menschlicher gestaltet; wodurch er endlich seine großen geistigen Erfahrungen und Strebungen im Lauf der Zeit in seinen Werken vergegenständlicht, mitteilt und ihnen Dauer verleiht - zum Segen vieler, ja der ganzen Menschheit. Daraus folgt, dass die Kultur des Menschen notwendig eine geschichtliche und eine gesellschaftliche Seite hat und darum der Begriff der Kultur meist das Gesellschaftliche und das Völkische mitbezeichnet» (II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes. 53: AAS 58 [1966], S. 1075). </ref> muss diese Universität als Katholische Universität durch folgende Wesensmerkmale geprägt sein:

christliche Ausrichtung nicht nur der einzelnen Mitglieder, sondern der ganzen Universitätsgemeinschaft als solcher;

ständige Reflexion im Lichte des katholischen Glaubens über den immerfort wachsenden Schatz der menschlichen Erkenntnis, zu dem sie ihren Teil mit den ihr eigenen Studien beizutragen sucht;

Treue gegenüber der christlichen Botschaft, so wie sie von der Kirche ausgelegt wird; institutionalisierte Verpflichtung, dem Volk Gottes und der Menschheitsfamilie zu dienen auf ihrem Weg zu jenem alles transzendierenden Ziel, das dem Leben seinen Sinn gibt.<ref> L'Université Catholique dans le monde moderne. Document final du 2ème Congrès des Délégués des Universités Catholiques, Romae, 20-29 Novembris 1972, 1. </ref>

14 »Im Licht dieser vier Eigenschaften ist offenkundig, dass über Lehre, Forschung und über die allen Universitäten gemeinsamen Dienste hinaus, eine Katholische Universität aufgrund ihrer als Institution eigenen Verpflichtung in ihre Arbeit die Inspiration und das Licht der christlichen Botschaft einbezieht. In einer Katholischen Universität prägen und durchdringen daher katholische Ideale, Haltungen und Grundsätze die vielfältige Tätigkeit der Universität in Übereinstimmung mit Wesen und Autonomie, die diesen Tätigkeiten eigen sind. Kurz gesagt: Da die Katholische Universität gleichzeitig sowohl Universität als auch katholisch ist, muss sie zugleich eine Gemeinschaft von Dozenten und Studierenden aus den verschiedenen Bereichen menschlichen Wissens sein und zugleich eine akademische Institution, in der das Katholische in lebendiger Weise gegenwärtig ist«.<ref> Ebd. </ref>

15 Die Katholische Universität ist deshalb der Ort, an dem Wissenschaftler die Tiefe der Wahrheit der Dinge mit den einer jeden akademischen Disziplin eigenen Methoden erforschen und so zur Bereicherung des Schatzes menschlichen Wissens beitragen. Jede Disziplin wird in geordneter systematischer Weise betrieben, und die verschiedenen Disziplinen stehen in einem Gespräch miteinander und bereichern sich so gegenseitig.

Solche Forschung ist nicht nur den Männern und den Frauen bei der unaufhörlichen Suche nach Wahrheit eine Hilfe, sie ist vielmehr auch das heute so sehr notwendige Zeugnis für das Vertrauen, das die Kirche auf den inneren Wert von Wissenschaft und Forschung setzt. Die Forschung an einer Katholischen Universität umfaßt deshalb notwendigerweise: a) das Bemühen um Integration des Wissens; b) den Dialog zwischen Glaube und Vernunft; c) die ethische Verantwortung; d) theologische Perspektive.

16 Die Integration des Wissens bleibt eine stets zu vervollkommende Aufgabe. Zudem macht die in unseren Tagen angewachsene Fülle des Wissens, zu der die fortwährend zunehmende Aufsplitterung des Wissens selbst innerhalb der einzelnen akademischen Disziplinen hinzukommt, diese Aufgabe immer schwieriger. Aber die Universität selbst, und vor allem die Katholische Universität »muss eine "lebendige Einheit" von Organen sein, die sich der Erforschung der Wahrheit widmen. ... Es gilt daher eine solche höhere Synthese zu fördern, denn nur darin findet jener Durst nach Wahrheit Befriedigung, der tief im Herzen des Menschen lebendig ist«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache an den Internationalen Kongreß über die Katholischen Universitäten vom 25. April 1989, Nr. 4: L'Osservatore Romano vom 26. April 1989; OssRom-dt 19 (1989) Nr. 30/31 vom 28. Juli 1989, S. 18 f; vgl. auch II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 61: AAS 58 (1966), SS. 1081-1082. Auch Kardinal Newman bemerkt: Die Universität «erklärt, allen an ihr gepflegten Disziplinen, den ihnen eigenen Platz und den ihnen eigenen Bereich zu gewähren; die Rechte für den gegenseitigen Bezug festzulegen; die wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen und allen Disziplinen zu fördern» (Newman, The Idea of a University, S. 457). </ref>  Die Universitätsdozenten werden ständig bemüht sein, mit Hilfe von Beiträgen der Philosophie und Theologie, den Platz und die Bedeutung der einzelnen Disziplinen zu bestimmen im Rahmen eines Menschen- und Weltbildes, das vom Evangelium, und folglich vom Glauben an Christus, den »Logos« und das Zentrum der Schöpfung und der Menschheitsgeschichte, erleuchtet ist.

17 Die Katholische Universität, die diese Integration des Wissens fördern will, muss sich besonders dem Dialog zwischen Glaube und Vernunft widmen, damit tiefer erfaßt werden kann, wie Glaube und Vernunft in der einen Wahrheit zusammenkommen. Wenn auch jede akademische Disziplin die eigene Integrität und Forschungsmethode wahrt, so wird durch diesen Dialog doch hervorgehoben, dass »die methodische Forschung in allen Wissensbereichen - vorausgesetzt, sie wirklich geht in wissenschaftlicher Weise und gemäß den Normen der Sittlichkeit vor - niemals in einen echten Konflikt mit dem Glauben kommen kann, weil die Wirklichkeiten des profanen Bereichs und die des Glaubens in demselben Gott ihren Ursprung haben«.<ref> II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 36: AAS 58 (1966), S. 1054. Einigen Wissenschaftlern haben wir folgendes zu bedenken gegeben: «Wenn Wissenschaft und Glaube zwei unterschiedliche Erkenntnismethoden darstellen, die in ihren Vorgehensweisen unabhängig voneinander sind, so müssen sie sich letztlich beim Erkennen der ganzen Wirklichkeit, die ihren Ursprung in Gott hat, zusammenfinden». (Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer des Konvents über die «Wissenschaft Galileis», 9. Mai 1983, Nr. 3: AAS 75 (1983), S. 690; (vgl. auch OssRom-dt 13 (1983) Nr. 21 vom 27. Mai 1983, S. 9). </ref> Diese lebendige Wechselwirkung zweier verschiedener Ordnungen der Erkenntnis der einen Wahrheit führt zu einer größeren Liebe der Wahrheit selbst und trägt zu einem breiteren Verständnis des Sinns des menschlichen Lebens und des Ziels der göttlichen Schöpfung bei.

18 Weil jedes Wissen im Dienst der menschlichen Person stehen soll, deshalb ist an einer Katholischen Universität die Forschung immer mit der Sorge um die ethischen und moralischen Inhalte verbunden, welche die Methoden und die Ergebnisse in sich bergen. Wenn diese Sorge auch mit jeder Art von Forschung verbunden ist, so ist sie besonders drängend im Bereich der wissenschaftlichen und technologischen Forschung: »Wir müssen überzeugt sein vom Vorrang der Ethik gegenüber der Technik, vom Primat der Person gegenüber den Sachen, von der Überlegenheit des Geistes gegenüber der Materie. Die Sache des Menschen kommt voran nur, wenn sich die Wissenschaft mit dem Gewissen zusammenschließt. Der Wissenschaftler wird der Menschheit einen echten Dienst leisten, wenn er "den Sinn für die Transzendenz des Menschen gegenüber der Welt und Gottes gegenüber dem Menschen" bewahrt«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache an die UNESCO in Paris vom 2. Juni 1980, Nr. 22: Insegnamenti di Giovanni Paolo II III, 1 (1980), S. 1654. Am Ende dieser Stelle habe ich Worte aus der Ansprache an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften vom 10. November 1979 wiederholt. </ref>

19 Auf der Suche nach einer Synthese des Wissens wie auch im Dialog zwischen Glaube und Vernunft kommt der Theologie eine besonders bedeutende Stellung zu. Sie leistet auch einen Beitrag für alle anderen Disziplinen, die sich der Sinnfrage stellen, und zwar nicht nur indem sie ihnen hilft zu prüfen, auf welche Weise deren Ergebnisse den Menschen und die Gesellschaft beeinflussen, sondern indem sie auch eine Perspektive und eine Orientierung bereitstellt, die in deren eigenen Methoden nicht enthalten sind. Andererseits befruchtet der Austausch mit diesen anderen Disziplinen und ihren Ergebnissen auch die Theologie selbst, indem er ihr ein besseres Verständnis der heutigen Zeit ermöglicht und die theologische Forschung den Anforderungen der Gegenwart näherbringt. Im Blick auf dieses der Theologie eigene Gewicht unter den akademischen Disziplinen muss jede Katholische Universität eine theologische Fakultät oder wenigstens einen Lehrstuhl für Theologie haben.<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum educationis, 10: AAS 58 (1966), S. 737. </ref>

20 Wegen der engen Beziehung zwischen Forschung und Lehre ist es erforderlich, dass die bereits aufgezählten Postulate für die Forschung den gesamten Lehrbetrieb beeinflussen. Die einzelnen Disziplinen werden zwar in systematischer Weise und gemäß den ihnen eigenen Methoden vermittelt, doch hilft die Interdisziplinarität, die durch den Beitrag der Philosophie und Theologie befruchtet ist, den Studierenden, sich eine organische Sicht der Wirklichkeit zu erwerben und die ständige Sehnsucht nach Entfaltung des Geistes zu hegen. Bei der Vermittlung des Wissens zeigt sich, dass die menschliche Vernunft in ihrer Reflexion sich immer neuen Fragestellungen öffnet, und wie die erschöpfende Antwort auf diese letztlich von oben durch den Glauben gegeben wird. Außerdem sind die moralischen Inhalte einer jeden Disziplin als wesentlicher Bestandteil bei deren Vermittlung zu werten; und dies, damit der gesamte Bildungsprozess letztlich auf die volle Entfaltung der Persönlichkeit ausgerichtet sei. Schließlich bietet die katholische Theologie, in voller Treue zu Schrift und Überlieferung und kirchlichem Lehramt gelehrt, eine klare Kenntnis der Grundsätze des Evangeliums, wodurch der Sinn des menschlichen Lebens betont und ihm eine neue Würde verliehen wird.

Durch Forschung und Lehre sollen die Studenten in den verschiedenen Disziplinen so gebildet werden, dass sie in jenem Bereich der Wissenschaft, in dem sie sich dem Dienst an Gesellschaft und Kirche widmen werden, eine wirkliche Sachkenntnis erwerben und gleichzeitig auch in der Lage seien, ihren Glauben vor der Welt zu bezeugen.

2. Universitätsgemeinschaft

21 Ihre Ziele verfolgt die Katholische Universität auch, wenn sie sich darum bemüht, eine wirklich menschliche und vom Geist Christi durchdrungene Gemeinschaft zu bilden. Die Quelle ihrer Einheit entspringt der gemeinsamen Hingabe an die Wahrheit, der Hochschätzung der menschlichen Würde und letztlich der Person und Botschaft Christi, der dieser Institution die ihr eigene Qualität gibt. Aufgrund dieser Prägung wird die Universitätsgemeinschaft vom Geist der Freiheit und der Liebe durchdrungen, und gekennzeichnet durch gegenseitige Achtung, durch ehrlichen Dialog und durch Schutz der Rechte eines jeden Einzelnen. Ihren Mitgliedern verhilft sie zur vollen Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Die Mitglieder suchen umgekehrt als Einzelne, entsprechend ihrer Stellung und ihrer Fähigkeit, die Einheit zu fördern und sie tragen dazu bei, die Entscheidungen zu fällen, welche die Gemeinschaft selbst betreffen, so wie auch den katholischen Charakter dieser Institution zu wahren und zu stärken.

22 Die Universitätslehrer haben sich ständig um Fortbildung zu bemühen und Inhalte, Gegenstände und Ergebnisse jeder Disziplin in ein zusammenhängendes Weltbild einzuordnen. Die christlichen Dozenten sind aufgerufen, Zeugen und Lehrer echt christlichen Lebens zu sein, das die erreichte Verschmelzung von Glaube und Kultur, von entsprechender beruflicher Kompetenz und christlicher Weisheit offenbart. Alle Dozenten sollen durchdrungen sein von den hohen akademischen Zielen und von den Grundsätzen eines echt menschlichen Lebens.

23 Die Studierenden werden aufgefordert, sich eine Bildung anzueignen, die den hohen Rang der humanistischen und kulturellen Entfaltung mit der spezifischen Berufsausbildung verbindet. Diese Entfaltung muss so beschaffen sein, dass die Lernenden sich ermutigt fühlen, ihr ganzes Leben lang die Suche nach der Wahrheit und nach deren Sinn fortzusetzen, weil nämlich »der menschliche Geist so gebildet werden muss, dass die Fähigkeit des Staunens, der eigentlichen Wesenserkenntnis, der Kontemplation, der persönlichen Urteilsbildung und das religiöse, sittliche und gesellschaftliche Bewußtsein gefördert werden«.<ref> II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 59: AAS 58 (1966), S. 1080. Kardinal Newman beschreibt die betreffende Zielsetzung wie folgt: «Es wird eine Geisteshaltung geprägt, die ein Leben lang anhält und deren Kennzeichen sind: Freiheit, Gerechtigkeitsgefühl, Ruhe, Maß und Weisheit» (Newman, The Idea of a University, SS. 101-102). </ref>  Dadurch werden sie fähig und geeignet, sich eine echte christliche Lebensweise zu erwerben, oder, wenn sie diese vielleicht schon erreicht haben, zu vertiefen. Sie müssen sich des Ernstes ihres Berufes bewußt sein und Freude darüber empfinden, dass sie morgen qualifizierte Führer sein werden und Zeugen für Christus an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz.

24 Die verantwortlichen Leiter und Verwalter einer Katholischen Universität haben ständig das Wachstum der Universität und der Universitätsgemeinschaft durch echte Pflichterfüllung im Geist des Dienens zu fördern. Einsatz und Zeugnis der nichtakademischen Mitarbeiter sind ebenfalls unverzichtbar für den Charakter und das Leben der Universität.

25 Viele Katholische Universitäten sind von Ordensgemeinschaften gegründet worden und weiterhin auf deren ständige Unterstützung angewiesen. Die Ordensgemeinschaften, die sich dem Apostolat der höheren Bildung widmen, sind daher aufgerufen, diesen Institutionen bei der Erneuerung ihrer Verpflichtung beizustehen und fortzufahren, solche Ordensmänner und Ordensfrauen auszubilden, von denen ein echter Beitrag für Aufgabe und Tätigkeit einer Katholischen Universität geleistet werden kann.

Schließlich war und ist die Arbeit der Universität seit jeher ein Mittel, durch das die Laien eine bedeutsame Aufgabe in der Kirche erfüllen können. Im größeren Teil der Katholischen Universität besteht die akademische Gemeinschaft heute mehr aus Laien, die vermehrt viele höhere Dienste und Leitungsaufgaben wahrnehmen. Diese katholischen Laien folgen der Aufforderung der Kirche, »sich mutig und kreativ an den privilegierten Orten der Kultur, wie sie die Welt der Schulen und Universitäten ist, eine Präsenz zu verschaffen«.<ref> Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici vom 30. Dezember 1988, Nr. 44: AAS 81 (1989), S. 479. </ref> Die Zukunft der Katholischen Universitäten hängt zu einem ganz großen Teil vom sachkundigen und hochherzigen Einsatz der katholischen Laien ab. Ihren wachsenden Einsatz in diesen Bildungsstätten wertet die Kirche als ein Zeichen großer Hoffnung und als eine Bestätigung der unersetzbaren Berufung der Laien in Kirche und Welt. Sie vertraut darauf, dass die Laien in Ausübung der ihnen eigenen Aufgaben »alle zeitlichen Dinge ... so durchleuchten und ordnen, dass sie immer Christus entsprechend geschehen und sich entwickeln und zum Lob des Schöpfers und Erlösers gereichen«.<ref> II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 31: AAS 57 (1965), SS. 37-38; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem, passim: AAS 58 (1966), SS. 837 ff.; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 43: AAS 58 (1966), SS. 1061-1064. </ref>

26 Den Universitätsgemeinschaften vieler katholischer Institutionen gehören Kollegen und Mitglieder aus anderen Kirchen, kirchlichen Gemeinschaften oder Religionen an, aber auch Kollegen, die sich zu keinem Glauben bekennen. Diese Männer und Frauen können aufgrund ihrer Erfahrung dem Fortschritt der verschiedenen akademischen Disziplinen oder der Durchführung anderer Aufgaben in der Universität nützen.

3. Katholische Universität in der Kirche

27 Als Universität steht jede Katholische Universität mit der Kirche in einer unabdingbaren Verbindung, die ihrer Natur nach zum spezifischen Wesen dieser Institution gehört. Als Katholische Universität nämlich nimmt sie unmittelbar teil am Leben der Teilkirche, an der sie ihren Sitz hat. Insofern sie jedoch zugleich als akademische Institution in die internationale Gemeinschaft der Institutionen für Lehre und Forschung eigebunden ist, hat sie auch am Leben der Gesamtkirche Anteil und baut es mit auf; aus diesem Grund geht sie eine besondere Bindung an den Heiligen Stuhl ein, wegen des Dienstes der Einheit, den dieser für die ganze Kirche zu erfüllen gehalten ist. Aus dieser Verbindung mit der Kirche erwachsen als Konsequenzen: Treue der Universität als Institution zur christlichen Botschaft, Anerkennung der Autorität des kirchlichen Lehramts in Glaubens- und Sittenfragen und Gehorsam ihm gegenüber. Die katholischen Mitglieder der Universitätsgemeinschaft ihrerseits sind zur persönlichen Treue gegenüber der Kirche berufen mit allen Folgen, die sich daraus ergeben. Von den nichtkatholischen Mitgliedern wird die Beachtung des katholischen Charakters der Institution gefordert, in der sie arbeiten, während die Universität andererseits deren Religionsfreiheit achtet.<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, 2: AAS 58 (1966), S. 930-931. </ref>

28 Die Bischöfe haben die besondere Verpflichtung, die Katholischen Universitäten zu fördern und besonders sie aufmerksam zu begleiten und ihnen in der Bewahrung und Stärkung ihrer katholischen Identität beizustehen, auch gegenüber der staatlichen Autorität. Das wird in angemessener Weise erreicht, wenn feste personelle und pastorale Bindungen zwischen den Universitäten und den kirchlichen Autoritäten geschaffen und beibehalten werden, die durch gegenseitiges Vertrauen übereinstimmende Zusammenarbeit und ständiges Gespräch charakterisiert sind. Wenn sich auch die Bischöfe nicht unmittelbar in die innere Leitung einmischen, so dürfen sie dennoch »nicht als von außen her wirkend angesehen werden, sondern als Teilhaber am Leben der Katholischen Universität«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache an die katholischen Hochschullehrer in der «Xavier University of Louisiana» in New Orleans vom 12. September 1987, Nr. 4: AAS 80 (1988), S. 764; [vgl. auch OssRom-dt 17 (1987) Nr. 40 vom 2. Oktober 1987, S. 14]. </ref>

29 Indem die Kirche »die rechtmäßige Eigengesetzlichkeit der Kultur und vor allem der Wissenschaften« bejaht, anerkennt sie zugleich auch die akademische Freiheit der einzelnen Wissenschaftler in ihrer eigenen Disziplin gemäß den Grundsätzen und Methoden der betreffenden Wissenschaft,<ref> II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 59: AAS 58 (1966). S. 1080. </ref> innerhalb des Anspruchs der Wahrheit und des Gemeinwohls. Auch die Theologie hat als Wissenschaft in der Universität ihren rechtmäßigen Platz neben den übrigen Disziplinen. Sie hat, wie es ihr zusteht, ihre spezifischen Grundsätze und ihre eigene Methode, die sie als Wissenschaft definieren. Insofern sie an diesen Grundsätzen festhalten und die entsprechende Methode anwenden, erfreuen sich auch die Theologen derselben akademischen Freiheit.

Die Bischöfe mögen die schöpferische Arbeit der Theologen anregen. Die Theologen dienen nämlich der Kirche durch Forschung, die gemäß einer der Theologie eigenen Methode durchgeführt wird. Sie streben danach, den Sinn der christlichen Offenbarung, wie er von Schrift und Überlieferung und kirchlichem Lehramt weitergegeben wird, besser zu erfassen, tiefer zu entfalten und wirksamer kundzumachen. Sie erforschen auch Wege, auf welchen die Theologie Licht in die einzelnen Probleme der Kultur unserer Zeit bringen kann. Weil die Theologie die geoffenbarte Wahrheit zu verstehen sucht, deren authentische Interpretation den Bischöfen der Kirche anvertraut ist,<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 8-10: AAS 58 (1966), S. 820-822. </ref> gehört es zugleich wesentlich zu den Grundsätzen und zur Methode der Forschung und der Lehre dieser akademischen Disziplin, dass die Theologen die Autorität der Bischöfe respektieren und der katholischen Lehre anhangen müssen, entsprechend dem Grad der Verbindlichkeit, in der sie gelehrt wird.<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 25: AAS 57 (1965), S. 29-31. </ref> Das Gespräch zwischen Bischöfen und Theologen ist wegen der je eigenen, aber aufeinander bezogenen Aufgabe beider Seiten, äußerst notwendig; das gilt ganz besonders heute, wo Forschungsergebnisse durch die sozialen Kommunikationsmittel so rasch und allseitig verbreitet werden.<ref> Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre: Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen vom 24. Mai 1990. </ref>

B. DIENSTAUFTRAG DER KATHOLISCHEN UNIVERSITÄT

30 Grundlegender Auftrag der Universität ist das ständige Suchen nach Wahrheit durch Erforschen, Bewahren und Verbreiten von Wissen zum Wohl der Gesellschaft. An diesem Auftrag nimmt die Katholische Universität durch ihre Eigenart und ihre eigene Zielsetzung teil.

1. Dienst an Kirche und Gesellschaft

31 Durch Lehre und Forschung leistet die Katholische Universität der Kirche eine unverzichtbare Hilfe: sie bildet Männer und Frauen aus, die, geprägt durch die christlichen Grundsätze und befähigt, in reifer Weise und verantwortlich ihre christliche Berufung zu leben, auch Aufgaben in der Kirche übernehmen können. Außerdem kann die Katholische Universität durch die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Forschung der Kirche helfen, auf die Probleme und Anforderungen der Zeit zu antworten.

32 Die Katholische Universität ist wie jede andere Universität in die menschliche Gesellschaft eingebunden. Um der Kirche einen immer besseren Dienst leisten zu können, ist sie aufgerufen - freilich immer im Bereich ihrer Kompetenz - ein noch wirksameres Instrument des kulturellen Fortschrittes für den Einzelnen wie für die Gesellschaft zu sein. Ihre Forschungstätigkeit muss daher das Studium der schwierigen Probleme unserer Zeit umfassen, wie z.B. die Würde des menschlichen Lebens, die Förderung der Gerechtigkeit für alle, die Qualität der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse, den Schutz der Natur, die Suche nach Frieden und politischer Stabilität, die gerechtere Verteilung der Güter der Welt und eine neue wirtschaftliche und politische Ordnung, damit sie besser dem allgemeinen Wohl der einzelnen Nationen und der Gemeinschaft aller Nationen dient. Die universitäre Forschung wird dahin zielen, die Wurzeln und die Ursachen der schwierigen Probleme unserer Zeit unter Beachtung vor allem der ethischen und religiösen Dimensionen von Grund auf zu erforschen.

Wenn es erforderlich ist, muss die Katholische Universität den Mut haben, auch unbequeme Wahrheiten zu sagen, die der öffentlichen Meinung nicht gefallen, die jedoch notwendig sind, das wahre Wohl der Gesellschaft zu schützen.

33 Unter christlichem Gesichtspunkt werden bevorzugt die in der modernen Gesellschaft und Kultur vorherrschenden Werte und Normen geprüft und beurteilt, sowie die Verpflichtung der heutigen Gesellschaft, jene ethischen und religiösen Grundsätze zu verkünden, die dem menschlichen Leben seinen vollen Sinn geben. Dies ist ein weiterer Beitrag, den die Universität für die Entwicklung jener echten christlichen Anthropologie leisten kann, die ihren Ursprung von der Person Christi nimmt und die bewirkt, dass die Dynamik der Schöpfung und Erlösung die Wirklichkeit und die richtige Lösung der Lebensfragen beeinflußt.

34 Im Hinblick auf die Förderung der sozialen Gerechtigkeit ist die christliche Gesinnung des Dienstes am Mitmenschen für jede Katholische Universität von besonderer Bedeutung und muss von den Dozenten geteilt und bei den Studenten entwickelt werden. Die Kirche setzt sich entschieden für die umfassende Entwicklung eines jeden Mannes und einer jeden Frau ein.<ref> Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo rei socialis, 27-34: AAS 80 (1988), SS. 547-560. </ref> Das Evangelium, in der kirchlichen Soziallehre ausgelegt, ruft nachdrücklich zur Förderung des Fortschritts der Völker auf, »vor allem derer, die dem Hunger, dem Elend, den endemischen Krankheiten, der Unwissenheit zu entrinnen suchen; derer, die umfassend an den Früchten der Zivilisation teilnehmen und ihre Begabung wirksam zur Geltung bringen wollen, die sich entschieden ihrer vollen Entfaltung zuwenden«.<ref> Paul VI., Enzyklika Populorum progressio, 1: AAS 59 (1967), S. 257. </ref> Jede Katholische Universität nimmt die Verantwortung wahr, einen konkreten Beitrag zu leisten zum Fortschritt der Gesellschaft, in der sie wirkt: sie kann zum Beispiel Wege suchen, auf welchen die universitäre Bildung all jenen zugänglich gemacht wird, die aus ihr Nutzen ziehen könnten, besonders den Armen oder den Mitgliedern von Minderheitsgruppen, denen diese Bildung herkömmlicherweise vorenthalten wurde. Es ist Sache der Katholischen Universität, nach Möglichkeit den Fortschritt der Entwicklungsländer zu fördern.

35 In ihrem Bemühen um eine Antwort auf diese komplexen Probleme, die so viele Aspekte des menschlichen Lebens und der Gesellschaft berühren, wird die Katholische Universität auf die Zusammenarbeit unter den verschiedenen akademischen Disziplinen drängen, die bereits ihren eigenen Beitrag in der Suche nach Lösungen leisten. Weil über dies die einzelnen Institutionen unter begrenzter finanzieller und personeller Ausstattung leiden, ist vorrangig gefordert, dass die Katholischen Universitäten sich selbst zu gemeinsamen Forschungsprojekten zusammenfinden und auch mit anderen privaten oder öffentlichen Institutionen zusammenarbeiten. Unter dieser Rücksicht, wie auch bezüglich anderer spezifischer Tätigkeitsbereiche einer Katholischen Universität, ist die Bedeutung anzuerkennen, die den verschiedenen nationalen und internationalen Vereinigungen der Katholischen Universitäten zukommt. Unter ihnen ist in besonderer Weise die Aufgabe der Internationalen Vereinigung der Katholischen Universitäten (Foederatio Internationalis Studiorum Universitatum Catholicarum) zu erwähnen, die vom Heiligen Stuhl errichtet ist,<ref> »Da also diese universitären Bildungsstätten so glücklich verbreitet sind, erscheint es durchaus nützlich, dass deren Dozenten und Studenten sich zu gemeinsamer Vereinigung zusammenschließen, die, gestützt auf die Autorität des Papstes als des Vaters und Lehrers aller, in gegenseitigem Meinungsaustausch und mit vereinten Kräften das Licht Christi wirksamer verbreiten und ausbreiten soll« (Pius XII., [[Apostolisches Schreiben[[ Catholicas studiorum universitates zur Errichtung der Internationalen Vereinigung der Katholischen Universitäten (Foederatio Internationalis Studiorum Universitatum Catholicarum, FIUC): AAS 42 (1950) S. 386. </ref> welcher von ihr eine fruchtbare Zusammenarbeit erwartet.

36 Durch Programme der ständigen Weiterbildung der Erwachsenen, durch Ausbildung von Dozenten zum Dienst in der Beratung, durch Einsatz der neuen Kommunikationsmittel und auf vielfältige andere Weise kann die Katholische Universität erreichen, dass die wachsende Summe des menschlichen Wissens und ein von Tag zu Tag besser werdendes Glaubensverständnis einer größeren Zahl von Menschen zur Verfügung steht. Auf diese Weise werden die Dienste der Universität über den eigentlich akademischen Bereich hinaus ausgeweitet.

37 Im Dienst an der Gesellschaft wird die akademische, kulturelle und wissenschaftliche Welt in der Umgebung der Katholischen Universität der natürliche bevorzugte Gesprächspartner sein. Wünschenswert sind angemessene Formen des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den Katholischen Universitäten und den anderen Universitäten einer Nation zugunsten der Entwicklung und der Verständigung zwischen den Kulturen sowie zum Schutz von Natur und Umwelt durch ein internationales ökologisches Bewußtsein.

Zusammen mit den anderen privaten und öffentlichen Institutionen dienen die Katholischen Universitäten durch die höhere Bildung und durch die Forschung dem allgemeinen Wohl. Unter den verschiedensten Arten von Institutionen, die notwendig sind zum freien Ausdruck der kulturellen Verschiedenheit, stellen sie eine Form dar, und sie bemühen sich, den Sinn für Solidarität in Gesellschaft und Welt zu fördern. Mit vollem Recht erwarten sie daher von der weltlichen Gesellschaft und von den öffentlichen Autoritäten Anerkennung und Schutz ihrer institutionellen Autonomie und ihrer akademischen Freiheit. Darüber hinaus haben sie das Recht auf die für die Gewährleistung ihrer Existenz und Entwicklung notwendige wirtschaftliche Hilfe.

2. Universitätsseelsorge

38 Die Universitätsseelsorge ist jene Aktivität der Universität, die den Mitgliedern der Universitätsgemeinschaft Gelegenheit bietet, das akademische Studium und außerakademische Bereiche mit den religiösen und sittlichen Grundsätzen zu verbinden und so das Leben durch den Glauben zu gestalten. Die Universitätsseelsorge macht die Sendung der Kirche in der Universität wirksam und ist daher wesentlicher Bestandteil ihrer Tätigkeit und ihrer Struktur. Eine Universitätsgemeinschaft, die den katholischen Charakter der Institution zu fördern sucht, ist sich dieser seelsorglichen Dimension bewußt und achtet auf die Möglichkeiten und Mittel, mit denen sie alle ihre Tätigkeiten beeinflussen kann.

39 Als natürlichen Ausdruck ihres katholischen Selbstverständnisses weiß die Universitätsgemeinschaft auch, den Glauben im Alltag lebendig zu machen in bedeutenden Augenblicken der Besinnung und des Gebetes. So werden den katholischen Mitgliedern dieser Gemeinschaft gute Möglichkeiten geboten, sich in ihrem Leben katholische Lehre und katholische Lebensweise anzueignen. Sie werden nämlich ermutigt zur Teilnahme an den Sakramenten, vor allem am Sakrament der Eucharistie als dem vollkommensten Akt gemeinsamen Gottesdienstes. Jene akademischen Gemeinschaften, in denen nicht wenige Mitglieder verschiedenen Kirchen, kirchlichen oder religiösen Gemeinschaften angehören, werden deren Initiativen zu Meditation und Gebet respektieren, und dies zum Schutz von deren Glauben.

40 Die Universitätsseelsorger werden die Professoren und Studenten auch einladen, sich stärker ihrer Verpflichtung gegenüber dem geistig oder körperlich Behinderten bewußt zu werden. Nach dem Vorbild Christi mögen sie sich in besonderer Weise um die Armen kümmern und um jene, die unter Ungerechtigkeit im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder religiösen Bereich zu leiden haben. Diese Verpflichtung kommt in erster Linie innerhalb der akademischen Gemeinschaft zum Tragen; sie kann aber auch außerhalb derselben erfüllt werden.

41 Die Universitätsseelsorge ist eine unverzichtbare Aufgabe, wodurch die katholischen Studenten in Erfüllung ihres Taufversprechens vorbereitet werden können zu tätiger Teilnahme am Leben der Kirche. Sie kann ferner dazu beitragen, die Hochschätzung der Ehe und des familiären Lebens zu nähren und zu mehren, geistliche Berufungen für Priestertum und Ordensleben zu wecken, das christliche Engagement der Laien anzuregen und jedweden Einsatz mit dem Geist des Evangeliums zu durchdringen. Ein Einvernehmen zwischen der Universitätsseelsorge und den Institutionen, die unter der Leitung des Bischofs oder mit dessen Billigung in der Teilkirche arbeiten, wird zum allgemeinen Nutzen dienlich sein.<ref> Der Codex Iuris Canonici umschreibt die Aufgaben des Bischofs gegenüber den Studenten der Universitäten wie folgt. »Der Diözesanbischof hat angelegentlich für die Seelsorge der Studenten zu sorgen, auch durch Errichtung einer Pfarrei oder wenigstens durch auf Dauer dazu bestellte Priester, und er hat dafür zu sorgen, dass bei den Universitäten, auch den nichtkatholischen, katholische Universitätszentren bestehen, die den Studenten Hilfe, vor allem geistliche, bieten« (CIC, can. 813). </ref>

42 Verschiedene Vereinigungen und Bewegungen des geistlichen und apostolischen Lebens, hauptsächlich aber jene, die eigens für die Studenten gegründet sind, können von großem Einfluß sein auf das Wachstum der pastoralen Aspekte des Universitätslebens.

3. Kultureller Dialog

43 Ihrem Wesen gemäß fördert die Universität die Kultur durch ihre Forschung, sie hilft, die Kultur des Ortes den nachfolgenden Generationen durch ihre Lehre zu vermitteln und pflegt durch die ihr eigenen Bildungsangebote kulturelle Initiativen. Sie ist für alle menschliche Erfahrung offen, bereit zum Dialog und bereit, aus jeder Kultur selbst zu lernen. An diesen Prozeß beteiligt sich die Katholische Universität dadurch, dass sie die reiche kulturelle Erfahrung der Kirche einbringt. Im Bewußtsein dessen, dass die menschliche Kultur für Offenbarung und Transzendenz offen ist, ist die Katholische Universität der primäre und spezifische Ort für einen fruchtbaren Dialog zwischen Evangelium und Kultur.

44 Die Katholische Universität steht der Kirche gerade durch einen solchen Dialog bei, indem sie ihr hilft, zu einer besseren Kenntnis der verschiedenen Kulturen zu kommen, zwischen deren positiven und negativen Aspekten zu unterscheiden, deren echte menschliche Beiträge anzunehmen und jene Mittel zu entwickeln, durch welche sie den Menschen einer bestimmten Kultur den Glauben verständlicher machen kann.<ref> »In gleicher Weise nimmt die Kirche, dis im Lauf der Zeit in je verschiedener Umwelt lebt, die Errungenschaften der einzelnen Kulturen in Gebrauch, um die Botschaft Christi in ihrer Verkündigung bei allen Völkern zu verbreiten und zu erklären, um sie zu erforschen und tiefer zu verstehen, um sie in der liturgischen Feier und im Leben der vielgestaltigen Gemeinschaft der Gläubigen besser Gestalt werden zu lassen« (II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 58: AAS 58 (1966), S. 1079). </ref> Wenn es wahr ist, dass das Evangelium nicht mit einer bestimmten Kultur gleichgesetzt werden kann, sondern dass es vielmehr alle Kulturen übersteigt, ist es auch zutreffend, dass »das Reich, das das Evangelium verkündet, von Menschen gelebt wird, die zutiefst an eine Kultur gebunden sind, und dass die Errichtung des Gottesreiches nicht darauf verzichten kann, sich gewisser Elemente der menschlichen Kultur und Kulturen zu bedienen«.<ref> Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 20: AAS 68 (1976), S. 18; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 58: AAS 58 (1966), S. 1079. </ref> »Ein Glaube, der sich am Rande des Menschlichen und damit der Kultur vollzöge, wäre ein unzuverlässiger Glaube gegenüber der Fülle dessen, was das Wort Gottes offenbart und enthüllt, ein geköpfter Glaube, ja geradezu ein Glaube im Prozeß der Selbstauflösung«.<ref> Johannes Paul II., Ansprache in Medellín, Kolumbien, an die Vertreter von Kultur und Wissenschaft vom 5. Juli 1986, Nr.3: AAS 79 (1987), S. 99, [vgl. OssRom-dt 16 (1986), Nr. 30 vom 25. Juli 1986, S. 15]; vgl. auch II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 58: AAS 58 (1966), S. 1079. </ref>

45 Die Katholische Universität soll immer mehr die Kulturen der heutigen Welt beachten wie auch die kulturellen Traditionen innerhalb der Kirche, um einen ständigen und fruchtbaren Dialog zwischen dem Evangelium und der heutigen Gesellschaft zu fördern. Unter den Kriterien, welche den Wert einer jeden Kultur kennzeichen, haben Vorrang: das Gespür für die menschliche Person, ihre Freiheit und ihre Würde; das Gespür für ihre Verantwortung und ihre Offenheit für das Transzendente. Mit der Achtung der Person ist das hohe Gut der Familie verbunden, Urzelle jeder menschlichen Kultur.

Die Katholischen Universitäten sollen bemüht sein, die Zielsetzungen und Widersprüche der heutigen Kultur zu unterscheiden und gut zu gewichten suchen, um sie so für die volle Entfaltung der Personen und die umfassende Entwicklung der Völker fähig zu machen. Es wird besonders empfohlen, durch geeignete Untersuchungen den Einfluß zu erforschen, welchen die moderne Technologie und vor allem die Medien auf die Personen, die Familie, die Institutionen und auf die Kultur insgesamt ausüben. Die überkommennen Kulturen sind in ihrem ursprünglichen Wesen zu schützen, indem man ihnen hilft, die Werte dieser Zeit anzunehmen, ohne ihr Erbe preiszugeben, das ein Gut der ganzen Menschheitsfamilie ist. Universitäten in Gegenden mit alter kultureller Tradition haben die Kulturen dieser Orte mit dem fruchtbaren Beitrag der jüngeren Kulturen umsichtig in Einklang zu bringen.

46 Ein Bereich von besonderem Interesse für die Katholische Universität ist der Dialog zwischen dem christlichen Denken und den modernen Wissenschaften. Diese Aufgabe erheischt Menschen, die in den einzelnen Disziplinen besonders ausgewiesen und zugleich hinreichend theologisch gebildet und fähig sind, die epistemologische Fragestellung auf der Ebene des Verhältnisses von Glaube und Vernunft zu behandeln. Diese Aufgabe bezieht sich sowohl auf die Naturwissenschaften, wie auch auf die Humanwissenschaften, die neue und komplexe philosophische und ethische Probleme stellen. Der christliche Forscher muss aufzeigen, wie die menschliche Vernunft durch die höhere, vom Evangelium stammende Wahrheit bereichert wird: »Der Verstand wird dadurch niemals beeinträchtigt, sondern im Gegenteil angespornt und gestärkt durch die innere Erkenntnisquelle einer tieferen Einsicht in das Wort Gottes, durch die Hierarchie der Werte, die sich aus ihm ergibt. Die Katholische Universität trägt auf ihre einzigartige Weise dazu bei, den Vorrang des Geistes sichtbar zu machen, der sich unter Gefahr der Selbstaufgabe niemals darauf einlassen kann, sich gänzlich etwas anderem zu widmen als der Erforschung der Wahrheit«.<ref> Paul VI., Ansprache an die Delegierten der Internationalen Vereinigung der Katholischen Universitäten (FIUC) vom 27. November 1972: AAS 64 (1972) S. 770; [vgl. OssRom-dt 3 (1973), Nr. 4 vom 26. Januar 1973, S. 6]. </ref>

47 Neben dem kulturellen Dialog kann die katholische Universität, unter Beachtung ihrer eigenen Zielsetzung, unter Berücksichtigung des verschiedenen religiös-kulturellen Kontextes und in Befolgung der von der rechtmäßigen kirchlichen Autorität erlassenen Weisungen dem ökumenischen Dialog von Nutzen sein, um die Suche nach der Einheit aller Christen und den Dialog zwischen den Religionen dadurch zu fördern, dass sie hilft, die den übrigen Religionen eigenen geistlichen Werte zu erkennen.

4. Evangelisierung

48 Primäre Aufgabe der Kirche ist es, das Evangelium so zu verkündigen, dass die Verbindung von Glaube und Leben sicher bewahrt wird sowohl in den einzelnen Menschen wie im soziokulturellen Kontext, in dem die Menschen leben, arbeiten und einander begegnen. »Evangelisierung besagt für die Kirche, die Frohbotschaft in alle Bereiche der Menschheit zu tragen und sie durch deren Einfluß von innen her umzuwandeln und die Menschheit selbst zu erneuern... Für die Kirche geht es nicht nur darum, immer weitere Landstriche oder immer größere Volksgruppen durch die Predigt des Evangeliums zu erfassen, sondern zu erreichen, dass durch die Kraft des Evangeliums die Urteilskriterien, die bestimmenden Werte, die Interessensbereiche, die Denkgewohnheiten, die Quellen der Inspiration und die Lebensmodelle der Menschheit, die zum Wort Gottes und zum Heilsplan im Gegensatz stehen, umgewandelt werden«.<ref> Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 18-19: AAS 68 (1976) SS. 17-18. </ref>

49 Jede Katholische Universität leistet ihrem eigenen Wesen gemäß der Kirche eine große Hilfe beim Werk der Evangelisierung. Es handelt sich um ein lebendiges Zeugnis auf institutioneller Ebene, das Christus und seiner Botschaft geleistet wird, und das so notwendig ist in den durch den Säkularismus geprägten Kulturen, oder wo Christus und seine Botschaft noch nicht bekannt sind. Nebst dem werden alle Aktivitäten einer Katholischen Universität mit dem Evangelisierungsauftrag der Kirche harmonisch verbunden: Forschung, im Licht der christlichen Botschaft, welche die neuen Errungenschaften den einzelnen Menschen sowie der Gesellschaft zugutekommen läßt; Bildung im Kontext des Glaubens, welche die Menschen zu vernünftigem und kritischem Urteil fähig macht und sie der hohen Würde der menschlichen Person bewußt werden läßt; Berufsausbildung, welche die ethischen Werte und die Bereitschaft zum Dienst an den einzelnen Menschen sowie an der Gesellschaft miteinbezieht; Dialog mit der Kultur, der zu einem besseren Verständnis des Glaubens führt; theologische Forschung, welche hilft, den Glauben in neuer Sprache auszudrücken. »Gerade weil sich die Kirche immer mehr ihrer Heilssendung für die gesamte Welt bewußt wird, möchte sie mit diesen Einrichtungen in enger Verbindung stehen; denn bei der Verbreitung der wahren Botschaft Jesu Christi sollen sie präsent sein und wirksam mitarbeiten«.<ref> Paul VI., Ansprache an die Präsidenten und Rektoren der Universitäten der Gesellschaft Jesu vom 6. August 1975, Nr. 2: AAS 67 (1975), S. 533, [vgl. OssRom-dt 5 (1975), Nr. 36 vom 5. September 1975, S. 4]. Am 25. April 1989 habe ich in der Ansprache an die Teilnehmer des Internationalen Kongresses über die Katholischen Universitäten folgendes hinzugefügt (Nr. 5): »In einer Katholischen Universität treffen also die Sendung der Kirche zur Evangelisierung und die Sendung zur Forschung und zum Lehren zusammen und ergänzen sich gegenseitig«; vgl. L'Osservatore Romano vom 26. April 1989; [OssRom-dt 19 (1989), Nr. 30/31 vom 28. Juli 1989, S. 18]. </ref>

TEIL II: ALLGEMEINE NORMEN

Art. 1. - Natur dieser Allgemeinen Normen

§ 1. Diese Allgemeinen Normen fußen auf dem Codex Iuris Canonici,<ref> Vgl. vor allem das Kapitel des CIC: »Katholische Universitäten und andere Hochschuleinrichtungen« (CIC, cann. 807-814). </ref> dessen weitere Ausführung sie sind, und auf zusätzlichen Gesetzen der Kirche, unbeschadet des Rechts des Heiligen Stuhls, seine Autorität einzusetzen, wenn es erforderlich sein sollte. Sie gelten für alle Katholischen Universitäten und katholischen Hochschuleinrichtungen in der ganzen Welt.

§ 2. Die Bischofskonferenzen und die anderen Organe der Katholischen Kirche<ref> Bischofskonferenzen sind in der Lateinischen Rituskirche eingerichtet. Die übrigen Rituskirchen haben andere Organe der Katholischen Hierarchie. </ref> müssen die Allgemeinen Normen an den einzelnen Orten und in den einzelnen Regionen in Übereinstimmung mit dem Codex Iuris Canonici und den zusätzlichen kirchlichen Gesetzen anwenden, unter Berücksichtigung der Statuten der betreffenden Universität oder Institution und - wo es geschehen kann und opportun ist - auch des weltlichen Rechts. Nach Überprüfung durch den Heiligen Stuhl<ref> Vgl. CIC, can. 455 § 2. </ref> gelten die örtlichen und regionalen Rahmenordnungen für alle Katholischen Universitäten und katholischen Hochschuleinrichtungen der Region, ausgenommen die Kirchlichen Universitäten und Fakultäten, die nämlich, ebenso wie die Kirchlichen Fakultäten, die zu einer Katholischen Universität gehören, den Normen der Apostolischen Konstitution Sapientia Christiana unterstehen.<ref> Vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Sapientia Christiana über die Kirchlichen Universitäten und Fakultäten vom 15. April 1979: AAS 71 (1979), SS. 469-521. Kirchliche Universitäten und Fakultäten sind jene Institutionen, die das Recht haben, akademische Grade in der Autorität des Heiligen Stuhles zu verleihen. </ref>

§ 3. Eine Universität, die vom Heiligen Stuhl, von einer Bischofskonferenz oder von einem anderen Organ der Katholischen Hierarchie oder von einem Diözesanbischof errichtet oder anerkannt ist, muss diese Allgemeinen Normen und ihre Anwendung, die örtliche und die regionale, den sich auf ihre Leitung beziehenden Instrumenten einfügen und ihre geltenden Statuten sowohl an die Allgemeinen Normen wie an deren Anwendung anpassen und sie der rechtmäßigen kirchlichen Autorität zur Genehmigung vorlegen. Auch die übrigen, nicht in den zuvor erwähnten Formen eingerichteten Universitäten haben im Einvernehmen mit der kirchlichen Autorität des Ortes diese Allgemeinen Normen, und deren örtliche oder regionale Applikationen auf sich zu beziehen und sie den sich auf ihre Leitung beziehenden Instrumenten einzufügen und - soweit es geschehen kann - ihre geltenden Statuten sowohl an diese Allgemeinen Normen wie auch an deren Anwendung anzupassen.


Art. 2 - Wesen einer Katholischen Universität

§ 1. Eine Katholische Universität ist wie jede Universität eine Gemeinschaft von Studierenden, welche die verschiedenen Gebiete des menschlichen Wissens behandelt. Sie widmet sich der Forschung, der Lehre und verschiedenen Dienstleistungen, die ihrer kulturellen Aufgabe entsprechen.

§ 2. Eine Katholische Universität durchdringt als Katholische Universität ihre Forschung und Lehre und die übrigen Aufgaben mit den katholischen Zielen, Grundsätzen und Haltungen und handelt danach. Sie ist an die Kirche gebunden entweder durch eine bestimmte konstitutive und satzungsmäßige Bindung oder aufgrund einer Verpflichtung der Institution, welche die für sie Verantwortlichen übernommen haben.

§ 3. Jede Katholische Universität muss ihren katholischen Charakter verdeutlichen entweder durch die Erklärung ihrer Aufgabe oder durch ein anderes geeignetes öffentliches Instrument, sofern nicht etwas anderes von der zuständigen kirchlichen Autorität gebilligt ist. Sie muss, besonders durch ihre Struktur und ihre Ordnungen, Möglichkeiten vorsehen, um jenen Charakter zum Ausdruck zu bringen und zu wahren gemäß § 2.

§ 4. Die katholische Lehre und die katholische Disziplin müssen sich auswirken auf alle Tätigkeiten der Universität, wobei jedoch die Gewissensfreiheit einer jeden Person voll zu beachten ist.<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, 2: AAS 58 (1966), SS. 930-931. </ref> Jeder öffentliche Akt der Universität muss mit ihrem katholischen Wesen übereinstimmen.

§ 5. Eine Katholische Universität besitzt die nötige Autonomie, das ihr eigene Wesen zu entfalten und ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Forschungs- und die Lehrfreiheit ist anzuerkennen und zu wahren je nach den Grundsätzen und Methoden einer jeden Disziplin, wenn nur die Rechte der einzelnen Person und die der Gemeinschaft geschützt werden, innerhalb des Anspruchs der Wahrheit und des Gemeinwohls.<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 57 und 59: AAS 58 (1966), SS: 1077-1080; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum educationis, 10: AAS 58 (1966), S. 737. </ref>


Art. 3 - Errichtung einer Katholischen Universität

§ 1. Eine Katholische Universität kann errichtet und anerkannt werden vom Heiligen Stuhl, von einer Bischofskonferenz, oder von einem anderen Organ der Katholischen Hierarchie oder von einem Diözesanbischof.

§ 2. Mit Zustimmung des Diözesanbischofs kann eine Katholische Universität auch von einem Ordensinstitut oder von einer anderen öffentlichen juristischen Person eingerichtet werden.

§ 3. Eine Katholische Universität kann von anderen Personen, Geistlichen oder Laien, eingerichtet werden. Eine solche Universität kann als Katholische Universität nur gelten mit Billigung durch die zuständige kirchliche Autorität, gemäß den Bedingungen, welche die Parteien vereinbart haben.<ref> Sowohl die Verfassung [Grundordnung] einer solchen Universität als auch die Bedingungen, gemäß denen sie als Katholische Universität gelten kann, müssen den vom Heiligen Stuhl, von der Bischofskonferenz oder von einem anderen Organ der Katholischen Hierarchie erlassenen Leitnormen [Rahmenordnung] entsprechen. </ref>

§ 4. In den Fällen von § 1 und § 2 müssen die Statuten von der zuständigen kirchlichen Autorität genehmigt werden.


Art. 4 - Universitätsgemeinschaft

§ 1. Die Verantwortung für den Schutz und die Stärkung des katholischen Charakters der Universität kommt vor allem der Universität selbst zu. Wenngleich diese Verantwortung insbesondere den Autoritäten der Universität, (einschließlich, wo es sie gibt, des Großkanzlers und/oder des Verwaltungsrates oder eines anderen gleichwertigen Organs) obliegt, betrifft sie, wenn auch nicht in demselben Maß, auch alle Mitglieder der Universitätsgemeinschaft. Daher ist es erforderlich, dass für die Universität geeignete Personen, hauptsächlich Professoren und Verwaltungsbedienstete, gewonnen werden, die bereit und in der Lage sind, diesen Charakter zu fördern. Der Charakter einer Katholischen Universität ist vornehmlich gebunden an die Qualität der Professoren und an die Beachtung der katholischen Lehre. Sache der rechtmäßigen Autorität ist es, gemäß den Vorschriften des Codex Iuris Canonici über diese beiden grundlegenden Bedingungen zu wachen.<ref> Can. 810 CIC umschreibt die diesbezüglichen Pflichten der zuständigen Autorität: »§ 1. Aufgabe der nach den Statuten zuständigen Autorität ist es, dafür zu sorgen, dass in katholischen Universitäten als Dozenten berufen werden, die sich, außer durch wissenschaftliche und pädagogische Eignung, durch Rechtgläubigkeit und untadeliges Leben auszeichnen, und dass sie unter Einhaltung des in den Statuten festgelegten Verfahrens aus ihrem Amt abberufen werden, wenn die geforderten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. - § 2. Die Bischofskonferenzen und die beteiligten Diözesanbischöfe haben die Pflicht und das Recht, darüber zu wachen, dass in diesen Universitäten die Grundsätze der katholischen Lehre getreu beachtet werden«. Vgl. auch Art. 5 § 2 der Allgemeinen Normen dieser Konstitution. </ref>

§ 2. Die Professoren und alle Verwaltungsbediensteten sind zum Zeitpunkt ihrer Ernennung über den katholischen Charakter der Institution und über dessen Folgen in Kenntnis zu setzen, ebenso über ihre Verpflichtung, diesen Charakter zu fördern oder, wenigstens, zu beachten.

§ 3. Auf eine Weise, die den verschiedenen akademischen Disziplinen entspricht, sind die katholische Lehre und die katholische Sittenordnung sowohl in der Forschung wie in der Unterweisung von allen katholischen Dozenten getreu anzunehmen und von den übrigen zu beachten. Insbesondere die katholischen Theologen haben im Bewußtsein dessen, dass sie einen Auftrag der Kirche wahrnehmen, dem Lehramt der Kirche als dem authentischen Interpreten von Schrift und Überlieferung treu zu sein.<ref> Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 25: AAS 57 (1965), S. 29; vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 8-10: AAS 58 (1966), S. 820-822; vgl. CIC Can. 812: »Wer an einer Hochschule eine theologische Disziplin vertritt, muss einen Auftrag der zuständigen kirchlichen Autorität haben«.</ref>

§ 4. Dozenten und Verwaltungsbedienstete, die anderen Kirchen, kirchlichen Gemeinschaften oder Religionen angehören, und jene, die sich zu keinem religiösen Glauben bekennen, sowie alle Studenten sind verpflichtet, den katholischen Charakter der Universität anzuerkennen und zu beachten. Damit der katholische Charakter der Universität oder der Hochschuleinrichtung nicht gefährdet wird, muss jedenfalls vermieden werden, dass die nicht-katholischen Dozenten einen mehrheitlichen Teil in der Institution bilden, die katholisch ist und katholisch bleiben muss.

§ 5. Die Bildung der Studenten muss die akademische und berufliche Reife verbinden mit der Prägung durch die sittlichen und die religiösen Grundsätze und mit der Kenntnis der Soziallehre der Kirche. Die Studienordnung für einen jeden Beruf muss eine angemessene ethische Bildung für den Beruf vorsehen, auf den sie vorbereitet. Außerdem muss erreicht werden, dass alle Studierenden Vorlesungen über die katholische Lehre hören können.<ref> Vgl. CIC, can. 811 § 2. </ref>


Art. 5 - Katholische Universität in der Kirche

§ 1. Jede Katholische Universität muss Gemeinschaft halten mit der Gesamtkirche und mit dem Heiligen Stuhl; eng muss sie mit der Teilkirche verbunden sein, mit den Diözesanbischöfen der Region oder der Nation, wo sie tätig ist. Entsprechend dem ihr als Universität eigenen Charakter hat die Katholische Universität zu dem der Kirche übertragenen Werk der Evangelisierung ihren Beitrag zu leisten.

§ 2. Pflicht eines jeden Bischofs ist es, den guten Gang der Katholischen Universitäten seiner Diözese zu fördern; er hat das Recht und die Pflicht, für Schutz und Stärkung von deren katholischen Charakter zu sorgen. Wenn bezüglich dieser notwendigen Bedingung Probleme entstehen, hat der Ortsbischof die Maßnahmen zu treffen, die zu ihrer Lösung nötig sind, im Einvernehmen mit den rechtmäßigen akademischen Autoritäten und im Einklang mit den festgelegten Verfahren<ref> Für die Universitäten von denen Art. 3 §§ 1-2 handelt, sind diese Verfahren festzulegen in den von der kirchlichen Autorität zu genehmigenden Statuten. Für die übrigen Katholischen Universitäten, sind sie von den Bischofskonferenzen oder den anderen Organen der Katholischen Hierarchie festzusetzen. </ref> und - wenn es erforderlich sein sollte - mit Hilfe des Heiligen Stuhls.

§ 3. Zu bestimmten Zeiten muss eine jede Katholische Universität, von der Art. 3 §§ 1-2 handelt, der zuständigen kirchlichen Autorität über die Universität und ihre Tätigkeiten berichten. Die übrigen Katholischen Universitäten müssen über diese Angelegenheiten den Bischof der Diözese informieren, in welcher sich der Hauptsitz der Institution befindet.


Art. 6 - Universitätsseelsorge

§ 1. Die Katholische Universität hat die Seelsorge der Mitglieder der Universitätsgemeinschaft zu fördern und vor allem das geistliche Wachstum derer, die sich zum katholischen Glauben bekennen. Jene Wege sind zu bevorzugen, welche der Vollendung der menschlichen und der beruflichen Bildung durch die religiösen Werte im Lichte der katholischen Lehre dienen, so dass die Erkenntnis des Verstandes mit der religiösen Dimension des Lebens verbunden wird.

§ 2. Eine hinreichende Zahl geeigneter Personen - Priester, Ordensmänner, Ordensfrauen, Laien - ist zu bestellen, die für die Universitätsgemeinschaft die spezifische Seelsorge leisten, die in Übereinstimmung und in Zusammenarbeit mit der Seelsorge in der Teilkirche unter der Leitung oder Approbation des Diözesanbischofs auszuüben ist. Alle Mitglieder der Universitätsgemeinschaft sind einzuladen, sich in die Universitätsseelsorge einzubringen und an deren Vorhaben mitzuwirken.


Art. 7 - Kooperation

§ 1. Zur besseren Bewältigung der Probleme der heutigen Gesellschaft und zur Stärkung des katholischen Charakters der Institutionen ist es nötig, in Forschung und Lehre und bei den übrigen Tätigkeiten der Universität die regionale, nationale und internationale Zusammenarbeit aller Katholischen Universitäten, auch der Kirchlichen Universitäten und Fakultäten zu fördern.<ref> Vgl. CIC, can. 820; vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Sapientia Christiana über die Kirchlichen Universitäten und Fakultäten vom 15. April 1979, Verordnungen Art. 49: AAS 71 (1979), S. 512. </ref> Diese Kooperation ist, gleichermaßen zu fördern auch zwischen den Katholischen Universitäten und den anderen Universitäten und Forschungs-und Lehreinrichtungen, sowohl den öffentlichen wie den privaten.

§ 2. Die Katholischen Universitäten haben sich, wenn es möglich ist, und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Lehre, an den öffentlichen Planungen und an den Projekten der nationalen und internationalen Institutionen zu beteiligen, die sich um Gerechtigkeit, Entwicklung und Fortschritt bemühen.


ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN

Art. 8 - Diese Konstitution tritt mit dem ersten Tag des akademischen Jahres 1991 in Kraft.

Art. 9 - Die Durchführung der Konstitution ist der Kongregation für das Katholische Bildungswesen übertragen, deren Aufgabe es sein wird, die dazu notwendigen Normen zu erlassen.

Art. 10 - Aufgabe der Kongregation für das Katholische Bildungswesen wird es sein, wenn es im Laufe der Zeit die Umstände erfordern, Änderungen vorzuschlagen, die in diese Konstitution einzufügen sind, damit die Konstitution den neuen Anforderungen der Katholischen Universitäten stets angepaßt ist.

Art. 11 - Teilkirchliche Gesetze oder Gewohnheiten, die gegenwärtig in Geltung sind und dieser Konstitution zuwiderlaufen, werden aufgehoben. Ebenso werden aufgehoben die bis zum heutigen Zeitpunkt vom Heiligen Stuhl physischen und juristischen Personen gewährten Privilegien, die dieser Konstitution widersprechen.

SCHLUSS

Die Aufgabe, welche die Kirche mit großer Hoffnung den Katholischen Universitäten anvertraut, hat kulturelle und religiöse Bedeutung von größtem Gewicht, da sie die Zukunft der Menschheit betrifft. Die Erneuerung, die von den Katholischen Universitäten gefordert wird, soll diese fähiger machen, den Auftrag zu erfüllen, Christi Botschaft den Menschen, der Gesellschaft und den Kulturen zu überbringen: »Jede menschliche - individuelle und gemeinschaftliche - Wirklichkeit ist ja von Christus erlöst worden: Die Menschen sind erlöst mit all ihrem Tun, dessen erhabenster und den Menschen eigenster Ausdruck die Kultur ist. Das Heilswirken der Kirche im Rahmen der Kulturen vollzieht sich in erster Linie durch die Vermittlung der Personen, der Familien und der Erzieher... Unser Erlöser Jesus Christus bietet sein Licht und seine Hoffnung allen Männern und Frauen an, welche die Wissenschaft und die Künste, die Literatur und die zahllosen, von der modernen Kultur entwickelten Bereiche pflegen. Alle Kinder der Kirche müssen sich daher ihrer Sendung bewußt werden und entdecken, wie das Evangelium die vorherrschenden Mentalitäten und Werte durchdringen und erneuern kann, welche die verschiedenen Kulturen und die ihnen entspringenden Meinungen und Haltungen inspirieren«.<ref> JOHANNES PAUI. II., Ansprache an den Päpstlichen Rat für die Kultur vom 13. Januar 1989, 2: L'Osservatore Romano vom 14. Januar 1989; [OssRom-dt 19 (1989), Nr. 5 vom 3. Februar 1989, S. 9, Nr. 2 Abs. 1]. </ref>

Voller Hoffnung übergebe ich dieses Dokument allen Männern und Frauen, die auf vielfache Weise die schwere Aufgabe der katholischen höheren Bildung versehen.

Geliebte Brüder und Schwestern, meine Ermutigung und mein Vertrauen begleiten Euch bei Eurer harten täglichen Arbeit, die von Tag zu Tag größer, drängender, notwendig wird für die Evangelisierung, für die Zukunft der Kultur und der Kulturen. Kirche und Welt brauchen Euer Zeugnis und Euren sachkundigen, frei und verantwortungsbewußt geleisteten Einsatz.

Gegeben zu Rom bei St. Peter am 15. August 1990,

dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel,
im zwölften Jahr meines Pontifikats.

Johannes Paul II. PP.

Anmerkungen

<references />

Weblinks