Limbus: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Unter '''Limbus''' ([[lateinisch]], "Rand", "Saum") wird in der katholischen [[Theologie]] ein "Bereich" (Ort oder Zustand) des Fehlens der [[übernatürlich]]en [[Gnade]] nach dem Sündenfall verstanden und wird von der [[Hölle]] der Verdammten unterschieden. In der hebräischen [[Bibel]] wird er "Scheol" genannt. Insbesondere ist ein Zustand gemeint, in dem ungetaufte Kinder verharren müssen, denen aufgrund der [[Ursünde]] die unmittelbare Gottesschau verwehrt ist, ohne dass sie wegen persönlich begangener Sünden bestraft werden. Diese Lehre ist eine mögliche theologische Hypothese, die allerdings nicht kirchlich-lehramtlich [[dogma]]tisiert wurde. | ||
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− | Der Limbus ist | + | Der Limbus bezeichnet ganz allgemein einen 'Ort', an dem die [[Anschauung Gottes]] mangels [[Heiligmachende Gnade|Heiligmachender Gnade]] nicht möglich ist. In diesem Sinn wird auch der Begriff ''Vorhölle'' für die Idee eines 'Limbus' verwendet. Es ist ein Zustand des Ausschlusses von der [[Gottesschau]], aber ''kein Ort der Qual'' und nach Ansicht der meisten Theologen, die den Limbus vertraten, ein Ort wahrer, wenn auch ''nur'' natürlicher Glückseligkeit. Überzeugt von der [[Barmherzigkeit Gottes]], sieht sich die Kirche außerstande, ungetauften Kindern ewige Verdammnis in demselben Sinne wie bewussten Sündern zuzuordnen. Die Lehre vom Limbus zielte somit bereits auf eine ''Milderung'' der Vorstellung von der Verdammnis der Ungetauften. Diese Aussagen stehen allesamt unter dem Vorbehalt, dass es in geschichtlich-zeitlicher Sprache gefasste Aussagen sind über [[Letzte Dinge|letzte Dinge]]; und das Vertrauen darauf voraussetzen, dass die Kirche hinreichend präzise davon sprechen kann. |
− | # Was geschah mit den Menschen, die vor Jesus gerecht lebten und starben? | + | == Stellen aus ''[[Bibel]]'' und ''[[Tradition]]'' == |
− | # Was geschieht mit jenen verstorbenen | + | |
+ | a) "Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein." (Lk 23,43) | ||
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+ | b) "Als der Arme nun starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen." (Lk 16,22) | ||
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+ | c) "[[Jesus|Jesus Christus]] aber sandte viele Seelen aus der Vorhölle hinauf in ihre Leiber, die Unbußfertigen zu schrecken und zu mahnen und ein Zeugnis von ihm zu geben." ([[Anna Katharina Emmerich]], Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus). | ||
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+ | d) „Die Lehre, die jenen Ort in der [[Unterwelt]] (den Gläubigen allenthalben als 'Limbus der Kinder' bezeichnet), in dem die Seelen der nur mit der [[Urschuld]] Verscheidenden mit der Strafe der Verdammung ohne die Feuerstrafe bestraft werden, als pelagiantisches Märchen verwirft, so als ob die, welche die Feuerstrafe beseitigen, dadurch jenen Ort und mittleren Zustand ohne [[Schuld]] und Starfe zwischen dem Reich Gottes und der ewigen Verdammnis einführten, von dem die Pelagianer fabelten, falsch, leichtfertig, und gegenüber dem katholischen Schulen ungerecht." ([[Papst]] [[Pius VI.]]) | ||
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+ | e) Wer deshalb ohne [[Taufe]] stirbt, kommt in den Limbus und ist in [[Ewigkeit]] der Herrlichkeit des Paradieses beraubt ([[Robert Bellarmin: Kleiner Katechismus#Die Sünden|Robert Bellarmin: Kleiner Katechismus]]). | ||
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+ | == Die verschiedenen Limbi == | ||
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+ | Der Limbus ist zu unterteilen in einem Limbus der Väter (''limbus patrum'') und einen Limbus der ungetauften Kinder (''limbus infantium vel puerorum''). Diese Zustände teilen eine Bezeichnung, weil sie sich trotz der Unterschiede, grundsätzlich ähnlich sind. Die Limbi sind theologische Antworten auf die zwei Fragen: | ||
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+ | # Was geschah im [[Alter Bund|Alten Bund]] mit den Menschen, die vor Jesus gerecht lebten und starben? | ||
+ | # Was geschieht mit jenen verstorbenen [[Mensch]]en, welche die [[Taufe]] oder eines ihrer Ersatzmittel ([[Begierdetaufe]], [[Bluttaufe]]) nicht empfangen haben, | ||
+ | ##... jedoch ohne [[Todsünde]] gestorben sind, weil sie eine Todsünde entweder nicht getan haben oder eine vollkommene [[Reue]] über diese hatten ? | ||
== Der ''limbus patrum'' == | == Der ''limbus patrum'' == | ||
− | [[ | + | [[Datei:Anastasis.jpg|thumb|Anastasis-Fresko aus der orthodoxen Heilig-Kreuz Kirche (Dordogne, Frankreich)]] |
− | Die Gerechten vor Christus gelangten in den Limbus ( | + | Die Gerechten vor Christus gelangten in den Limbus (biblisch: ''Abrahams Schoß'') weil sie zwar gut gelebt hatten, aber der [[Himmel]] bis zur [[Auferstehung Christi]], "historisch" gesehen, niemandem offen stand. Dort haben die [[Seele]]n der Gerechten und der Patriarchen gewartet, bis [[Christus]] sie bei seinem Abstieg in das Reich des Todes (Vgl. [[Credo]]: ''hinabgestiegen in das Reich des Todes'') von dort in den [[Himmel]] überführte. Die Auflösung des Limbus der Väter hat einen bekannten künstlerischen Ausdruck in den Auferstehungs (Anastasis-) Ikonen des Ostens gefunden. |
== Der ''limbus puerorum vel infantium'' == | == Der ''limbus puerorum vel infantium'' == | ||
− | + | [[Kind]]er, die vor der [[Taufe]] [[sterben]], haben keine persönlichen [[Sünde]]n begangen. Sie leiden lediglich an dem Zustandsmangel, der [[Erbsünde]] genannt wird - also am Zustand des Mangels der [[Heiligmachende Gnade|Heiligmachenden Gnade]]. Diese Gnade wird in der [[Taufe]] erlangt. | |
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+ | Bei ungetauften Erwachsenen kann die Wassertaufe durch die [[Taufe#Begierdetaufe|Begierdetaufe]] (ob explizit oder implizit) oder das [[Martyrium]] ersetzt werden. Also steht auch dem erwachsenen Nichtchristen, der gerecht lebt und Gott ehrlich sucht, eine Heilsmöglichkeit offen. Dem ungetauft sterbenden Kind kann nun die Gnade nicht durch die Wassertaufe oder die gewöhnliche Begierdetaufe - es fehlt dem Kind dazu der Gebrauch der Vernunft - zuteil werden. Ein Martyrium liegt vermutlich nur in seltensten Fällen vor. | ||
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+ | Also was geschieht mit dem Kind? In keinem Fall kann es der [[Hölle]] der Verdammten zugewiesen werden, da es keine persönliche [[Schuld]] trägt. Doch die Gnade, die [[notwendig]] ist, um [[Anschauung Gottes|Gott zu schauen]], fehlt ihm, also wird ein Ort, frei von Qual, mit natürlicher Glückseligkeit als möglicher Aufenthaltsort angegeben - der Limbus der Kinder. Der Limbus der Kinder ist im Unterschied zum ''limbus patrum'' kein (aufgelöster) 'Warteraum', sondern ein ''Endzustand'' bis zum [[Jüngstes Gericht|Jüngsten Gericht]]. | ||
− | Es gibt in der Moderne neue Versuche, eine Form der Begierdetaufe (etwa eine Erleuchtung im letzten Moment) oder der [[Bluttaufe]] (z.B. der Tod als Quasi-Sakrament, "im Tod wartet Christus als Liebe auf uns") theologisch für die Kinder zu begründen. Damit | + | Darin liegt das spekulative Problem. Es gibt daher in der Moderne neue Versuche, eine Form der Begierdetaufe (etwa eine Erleuchtung im letzten Moment) oder der [[Bluttaufe]] (z.B. der Tod als Quasi-Sakrament, "im Tod wartet Christus als Liebe auf uns") theologisch für die Kinder zu begründen. Damit wäre das Postulat eines ''limbus infantium'' nicht mehr notwendig. Die Taufe der Kinder bleibt aber jedenfalls sinnvoll, da sich die Gnade Gottes dort den Menschen ''voraussetzungslos'' zuwenden kann, wo die kirchliche Gemeinschaft die Gewähr übernimmt, den heranwachsenden Christen zugleich ein Wachstum im Leben aus dem Glauben zu eröffnen. |
− | Im [[Katechismus der Katholischen Kirche]] wird die Hoffnung ausgedrückt, dass Gottes | + | Im [[Katechismus der Katholischen Kirche]] wird die [[Hoffnung]] ausgedrückt, dass die [[Barmherzigkeit Gottes]] ihre Wege findet, dass auch die ungetauften Kinder [[Anschuung Gottes|Gott schauen]] dürfen. |
− | Entstanden ist die Vorstellung, dass Säuglinge, die ungetauft sterben, in den Limbus kommen, da man die Taufe als unverzichtbar für das Seelenheil und damit die Erlösung hält. | + | Entstanden ist die Vorstellung, dass Säuglinge, die ungetauft sterben, in den Limbus kommen, da man die Taufe als unverzichtbar für das Seelenheil (und damit die Erlösung) hält. Jüngst beschäftigte sich die päpstliche [[Internationale Theologenkommission]] mit diesem Thema. Es wird nun über die Formel nachgedacht, dass ungetauft sterbende Säuglinge „in der Erwartung auf universelle Erlösung durch Gott“ sterben. Da nach Ansicht der Kirche Gott alle Menschen erlösen will, könne man darauf vertrauen, dass auch die Seelen ungetauft verstorbener Kinder "irgendwie" in den Himmel kommen. |
− | Papst Benedikt soll die | + | Papst Benedikt soll den Verzicht auf die explizite Lehre vom ''limbus puerorum'' bereits vor seiner Wahl zum Papst im Sinn gehabt haben; die britische Tageszeitung Times zitiert seinen Bericht zur Lage des Glaubens von 1985: „Ich persönlich würde es aufgeben, da es immer nur eine Hypothese war.“ |
− | Am 20. April 2007 genehmigte Benedikt XVI. die Ergebnisse der Internationalen Theologenkommission und ermöglichte damit, wie vermutet, die Abwertung der Lehre von limbus puerorum zu einer älteren theologischen Meinung, die nicht mehr seitens des kirchlichen | + | Am 20. April 2007 genehmigte [[Benedikt XVI.]] die Ergebnisse der [[Internationale Theologenkommission |Internationalen Theologenkommission]] und ermöglichte damit, wie vermutet, die Abwertung der Lehre von ''limbus puerorum'' zu einer älteren theologischen Meinung, die nicht mehr seitens des kirchlichen [[Lehramt]]s unterstützt wird. Die weitere Entwicklung bleibt aber wohl vermutlich der theologischen Wissenschaft selbst überlassen. |
− | == | + | == ''Kirchliche Verlautbarungen'' == |
− | + | [[Internationale Theologische Kommission]]: "Die Hoffnung auf Rettung ungetauft verstorbener Kinder"(2007-Auszug): | |
− | + | "Es ist bekannt, dass die traditionelle Lehre zu diesem Thema sich der Theorie des Limbus bedient hat, verstanden als Zustand, in dem die Seelen der ohne Taufe sterbenden Kinder aufgrund der Ursünde nicht den Lohn der glückseligen [[Gottesschau]] verdienen, jedoch keinerlei Bestrafung unterworfen sind, weil sie keine persönlichen Sünden begangen haben. Diese Theorie, die von [[Theologe]]n seit dem [[Mittelalter]] ausgearbeitet wurde, hat niemals in die dogmatischen Definitionen des Lehramts Eingang gefunden, auch wenn dasselbe Lehramt sie in seiner ordentlichen Lehre bis zum II. Vatikanischen Konzil erwähnt hat. Sie bleibt daher eine mögliche theologische Hypothese. Im [[Katechismus der Katholischen Kirche]] (1992) wird die Theorie des Limbus jedoch nicht erwähnt." | |
− | + | "Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es theologische und liturgische Gründe zur Hoffnung gibt, dass ungetauft sterbende Kinder gerettet und zur ewigen Seligkeit geführt werden können, auch wenn sich zu dieser Frage keine ausdrückliche Lehre in der Offenbarung findet. Keine der vorgetragenen Überlegungen, mit denen der Text einen neuen Zugang zu der Frage anregen will, darf jedoch dazu verwendet werden, die [[Notwendigkeit]] der Taufe zu negieren oder die Spendung des Sakraments aufzuschieben. Eher gibt es Gründe zu hoffen, dass Gott diese Kinder genau deshalb retten wird, weil es nicht möglich war, für sie zu tun, was höchst wünschenswert gewesen wäre: Sie im Glauben der Kirche zu taufen und sichtbar in den [[Leib Christi]] einzugliedern." | |
+ | == Literatur == | ||
+ | * [[Johannes Maria Schwarz]]: ''Zwischen Limbus und [[Gottesschau]]. Das Schicksal un[[Taufe|getauft]] sterbender [[Kind]]er in der [[theologisch]]en Diskussion des [[20. Jahrhundert]]s. Ein theologiegeschichtliches Panorama'', [[Fe-Medienverlag]] Kisslegg 2006 (353 Seiten; ISBN 978-3939684015; [http://www.kath.net//news/14758 Interview]) | ||
+ | == Weblinks == | ||
+ | * [http://www.kath.net/news/9086 Die Lehre des Limbus] Hintergrundinformationen über den Limbus von Stefan Bolli [[Kath.net]] am 4. Dezember 2004 | ||
[[Kategorie:Eschatologie]] | [[Kategorie:Eschatologie]] |
Aktuelle Version vom 11. März 2021, 16:44 Uhr
des einzelnen Menschen |
der gesamten Schöpfung |
Unter Limbus (lateinisch, "Rand", "Saum") wird in der katholischen Theologie ein "Bereich" (Ort oder Zustand) des Fehlens der übernatürlichen Gnade nach dem Sündenfall verstanden und wird von der Hölle der Verdammten unterschieden. In der hebräischen Bibel wird er "Scheol" genannt. Insbesondere ist ein Zustand gemeint, in dem ungetaufte Kinder verharren müssen, denen aufgrund der Ursünde die unmittelbare Gottesschau verwehrt ist, ohne dass sie wegen persönlich begangener Sünden bestraft werden. Diese Lehre ist eine mögliche theologische Hypothese, die allerdings nicht kirchlich-lehramtlich dogmatisiert wurde.
Inhaltsverzeichnis
"Vorhölle"
Der Limbus bezeichnet ganz allgemein einen 'Ort', an dem die Anschauung Gottes mangels Heiligmachender Gnade nicht möglich ist. In diesem Sinn wird auch der Begriff Vorhölle für die Idee eines 'Limbus' verwendet. Es ist ein Zustand des Ausschlusses von der Gottesschau, aber kein Ort der Qual und nach Ansicht der meisten Theologen, die den Limbus vertraten, ein Ort wahrer, wenn auch nur natürlicher Glückseligkeit. Überzeugt von der Barmherzigkeit Gottes, sieht sich die Kirche außerstande, ungetauften Kindern ewige Verdammnis in demselben Sinne wie bewussten Sündern zuzuordnen. Die Lehre vom Limbus zielte somit bereits auf eine Milderung der Vorstellung von der Verdammnis der Ungetauften. Diese Aussagen stehen allesamt unter dem Vorbehalt, dass es in geschichtlich-zeitlicher Sprache gefasste Aussagen sind über letzte Dinge; und das Vertrauen darauf voraussetzen, dass die Kirche hinreichend präzise davon sprechen kann.
Stellen aus Bibel und Tradition
a) "Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein." (Lk 23,43)
b) "Als der Arme nun starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen." (Lk 16,22)
c) "Jesus Christus aber sandte viele Seelen aus der Vorhölle hinauf in ihre Leiber, die Unbußfertigen zu schrecken und zu mahnen und ein Zeugnis von ihm zu geben." (Anna Katharina Emmerich, Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus).
d) „Die Lehre, die jenen Ort in der Unterwelt (den Gläubigen allenthalben als 'Limbus der Kinder' bezeichnet), in dem die Seelen der nur mit der Urschuld Verscheidenden mit der Strafe der Verdammung ohne die Feuerstrafe bestraft werden, als pelagiantisches Märchen verwirft, so als ob die, welche die Feuerstrafe beseitigen, dadurch jenen Ort und mittleren Zustand ohne Schuld und Starfe zwischen dem Reich Gottes und der ewigen Verdammnis einführten, von dem die Pelagianer fabelten, falsch, leichtfertig, und gegenüber dem katholischen Schulen ungerecht." (Papst Pius VI.)
e) Wer deshalb ohne Taufe stirbt, kommt in den Limbus und ist in Ewigkeit der Herrlichkeit des Paradieses beraubt (Robert Bellarmin: Kleiner Katechismus).
Die verschiedenen Limbi
Der Limbus ist zu unterteilen in einem Limbus der Väter (limbus patrum) und einen Limbus der ungetauften Kinder (limbus infantium vel puerorum). Diese Zustände teilen eine Bezeichnung, weil sie sich trotz der Unterschiede, grundsätzlich ähnlich sind. Die Limbi sind theologische Antworten auf die zwei Fragen:
- Was geschah im Alten Bund mit den Menschen, die vor Jesus gerecht lebten und starben?
- Was geschieht mit jenen verstorbenen Menschen, welche die Taufe oder eines ihrer Ersatzmittel (Begierdetaufe, Bluttaufe) nicht empfangen haben,
Der limbus patrum
Die Gerechten vor Christus gelangten in den Limbus (biblisch: Abrahams Schoß) weil sie zwar gut gelebt hatten, aber der Himmel bis zur Auferstehung Christi, "historisch" gesehen, niemandem offen stand. Dort haben die Seelen der Gerechten und der Patriarchen gewartet, bis Christus sie bei seinem Abstieg in das Reich des Todes (Vgl. Credo: hinabgestiegen in das Reich des Todes) von dort in den Himmel überführte. Die Auflösung des Limbus der Väter hat einen bekannten künstlerischen Ausdruck in den Auferstehungs (Anastasis-) Ikonen des Ostens gefunden.
Der limbus puerorum vel infantium
Kinder, die vor der Taufe sterben, haben keine persönlichen Sünden begangen. Sie leiden lediglich an dem Zustandsmangel, der Erbsünde genannt wird - also am Zustand des Mangels der Heiligmachenden Gnade. Diese Gnade wird in der Taufe erlangt.
Bei ungetauften Erwachsenen kann die Wassertaufe durch die Begierdetaufe (ob explizit oder implizit) oder das Martyrium ersetzt werden. Also steht auch dem erwachsenen Nichtchristen, der gerecht lebt und Gott ehrlich sucht, eine Heilsmöglichkeit offen. Dem ungetauft sterbenden Kind kann nun die Gnade nicht durch die Wassertaufe oder die gewöhnliche Begierdetaufe - es fehlt dem Kind dazu der Gebrauch der Vernunft - zuteil werden. Ein Martyrium liegt vermutlich nur in seltensten Fällen vor.
Also was geschieht mit dem Kind? In keinem Fall kann es der Hölle der Verdammten zugewiesen werden, da es keine persönliche Schuld trägt. Doch die Gnade, die notwendig ist, um Gott zu schauen, fehlt ihm, also wird ein Ort, frei von Qual, mit natürlicher Glückseligkeit als möglicher Aufenthaltsort angegeben - der Limbus der Kinder. Der Limbus der Kinder ist im Unterschied zum limbus patrum kein (aufgelöster) 'Warteraum', sondern ein Endzustand bis zum Jüngsten Gericht.
Darin liegt das spekulative Problem. Es gibt daher in der Moderne neue Versuche, eine Form der Begierdetaufe (etwa eine Erleuchtung im letzten Moment) oder der Bluttaufe (z.B. der Tod als Quasi-Sakrament, "im Tod wartet Christus als Liebe auf uns") theologisch für die Kinder zu begründen. Damit wäre das Postulat eines limbus infantium nicht mehr notwendig. Die Taufe der Kinder bleibt aber jedenfalls sinnvoll, da sich die Gnade Gottes dort den Menschen voraussetzungslos zuwenden kann, wo die kirchliche Gemeinschaft die Gewähr übernimmt, den heranwachsenden Christen zugleich ein Wachstum im Leben aus dem Glauben zu eröffnen.
Im Katechismus der Katholischen Kirche wird die Hoffnung ausgedrückt, dass die Barmherzigkeit Gottes ihre Wege findet, dass auch die ungetauften Kinder Gott schauen dürfen.
Entstanden ist die Vorstellung, dass Säuglinge, die ungetauft sterben, in den Limbus kommen, da man die Taufe als unverzichtbar für das Seelenheil (und damit die Erlösung) hält. Jüngst beschäftigte sich die päpstliche Internationale Theologenkommission mit diesem Thema. Es wird nun über die Formel nachgedacht, dass ungetauft sterbende Säuglinge „in der Erwartung auf universelle Erlösung durch Gott“ sterben. Da nach Ansicht der Kirche Gott alle Menschen erlösen will, könne man darauf vertrauen, dass auch die Seelen ungetauft verstorbener Kinder "irgendwie" in den Himmel kommen.
Papst Benedikt soll den Verzicht auf die explizite Lehre vom limbus puerorum bereits vor seiner Wahl zum Papst im Sinn gehabt haben; die britische Tageszeitung Times zitiert seinen Bericht zur Lage des Glaubens von 1985: „Ich persönlich würde es aufgeben, da es immer nur eine Hypothese war.“
Am 20. April 2007 genehmigte Benedikt XVI. die Ergebnisse der Internationalen Theologenkommission und ermöglichte damit, wie vermutet, die Abwertung der Lehre von limbus puerorum zu einer älteren theologischen Meinung, die nicht mehr seitens des kirchlichen Lehramts unterstützt wird. Die weitere Entwicklung bleibt aber wohl vermutlich der theologischen Wissenschaft selbst überlassen.
Kirchliche Verlautbarungen
Internationale Theologische Kommission: "Die Hoffnung auf Rettung ungetauft verstorbener Kinder"(2007-Auszug):
"Es ist bekannt, dass die traditionelle Lehre zu diesem Thema sich der Theorie des Limbus bedient hat, verstanden als Zustand, in dem die Seelen der ohne Taufe sterbenden Kinder aufgrund der Ursünde nicht den Lohn der glückseligen Gottesschau verdienen, jedoch keinerlei Bestrafung unterworfen sind, weil sie keine persönlichen Sünden begangen haben. Diese Theorie, die von Theologen seit dem Mittelalter ausgearbeitet wurde, hat niemals in die dogmatischen Definitionen des Lehramts Eingang gefunden, auch wenn dasselbe Lehramt sie in seiner ordentlichen Lehre bis zum II. Vatikanischen Konzil erwähnt hat. Sie bleibt daher eine mögliche theologische Hypothese. Im Katechismus der Katholischen Kirche (1992) wird die Theorie des Limbus jedoch nicht erwähnt."
"Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es theologische und liturgische Gründe zur Hoffnung gibt, dass ungetauft sterbende Kinder gerettet und zur ewigen Seligkeit geführt werden können, auch wenn sich zu dieser Frage keine ausdrückliche Lehre in der Offenbarung findet. Keine der vorgetragenen Überlegungen, mit denen der Text einen neuen Zugang zu der Frage anregen will, darf jedoch dazu verwendet werden, die Notwendigkeit der Taufe zu negieren oder die Spendung des Sakraments aufzuschieben. Eher gibt es Gründe zu hoffen, dass Gott diese Kinder genau deshalb retten wird, weil es nicht möglich war, für sie zu tun, was höchst wünschenswert gewesen wäre: Sie im Glauben der Kirche zu taufen und sichtbar in den Leib Christi einzugliedern."
Literatur
- Johannes Maria Schwarz: Zwischen Limbus und Gottesschau. Das Schicksal ungetauft sterbender Kinder in der theologischen Diskussion des 20. Jahrhunderts. Ein theologiegeschichtliches Panorama, Fe-Medienverlag Kisslegg 2006 (353 Seiten; ISBN 978-3939684015; Interview)
Weblinks
- Die Lehre des Limbus Hintergrundinformationen über den Limbus von Stefan Bolli Kath.net am 4. Dezember 2004