Zelebrationsrichtung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die [[Kongregation für den Gottesdienst]] sagt im September 2000, dass die physische (topographische) Ausrichtung von der geistlichen (theologischen) unterschieden werden muss. Wenn der Priester ''versus populum'' feiert, solle seine geistliche Ausrichtung doch immer ''versus Deum per Iesum Christum'' (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein. Für die Ausrichtung auf Gott ist somit unerheblich, in welche Richtung der Zelebrant gewendet ist.  
 
Die [[Kongregation für den Gottesdienst]] sagt im September 2000, dass die physische (topographische) Ausrichtung von der geistlichen (theologischen) unterschieden werden muss. Wenn der Priester ''versus populum'' feiert, solle seine geistliche Ausrichtung doch immer ''versus Deum per Iesum Christum'' (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein. Für die Ausrichtung auf Gott ist somit unerheblich, in welche Richtung der Zelebrant gewendet ist.  
 
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In der frühen Kirche waren beide Zelebrationsrichtungen möglich und üblich. In einem Teil der älteren römischen Kirchen war der Altar so positioniert, dass der Zelebrant mit dem Gesicht zum Volk zelebrierte. Erst im frühen Mittelalter setzte die Tendenz ein, den Altar an die hintere Chorwand zu schieben, in Entsprechung zu der theologischen Tendenz dieser Epoche, das Heilige und Unnahbare des liturgischen Geschehens stärker zu betonen. Auch die in dieser Zeit aufkommende Gewohnheit, dass beim Gebet alle nach Osten blicken sollten, führte dazu, dass die Stellung des Priesters am Altar fast ausnahmslos die mit dem Rücken zur Gemeinde wurde, in der er an der Spitze der Gemeinde Gott Gebet und Opfer darbringt.
 
In der frühen Kirche waren beide Zelebrationsrichtungen möglich und üblich. In einem Teil der älteren römischen Kirchen war der Altar so positioniert, dass der Zelebrant mit dem Gesicht zum Volk zelebrierte. Erst im frühen Mittelalter setzte die Tendenz ein, den Altar an die hintere Chorwand zu schieben, in Entsprechung zu der theologischen Tendenz dieser Epoche, das Heilige und Unnahbare des liturgischen Geschehens stärker zu betonen. Auch die in dieser Zeit aufkommende Gewohnheit, dass beim Gebet alle nach Osten blicken sollten, führte dazu, dass die Stellung des Priesters am Altar fast ausnahmslos die mit dem Rücken zur Gemeinde wurde, in der er an der Spitze der Gemeinde Gott Gebet und Opfer darbringt.
  
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==Der Altar im Zentrum der ihn Umstehenden==
 
==Der Altar im Zentrum der ihn Umstehenden==
Der Opferaltar als Mitte der sich um ihn herum (wörtlich!)  versammelnden Gemeinde (die ''circumstantes'' "die Umstehenden" des [[Canon Missae]]) ist ein ebenso starkes, christozentrisches Zeichen der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, wenn bei der Eucharistiefeier Christus in den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig ist. Dieser Gedanke wurde etwa seit den 1930er-Jahren im Kirchenbau verwirklicht und war übernommen aus den Hauskapellen zeitgenössischer Benediktinerabteien. Einen bedeutenden Impuls zur mystischen Verinnerlichung des Messopfers in diese Richtung gab der Maria Laacher Benediktiner [[Odo Casel]] mit dem "Ideal der ''Circumstantes''", der "den Altar Umstehenden"; er bezog diese Christozentrik in gleicher Weise auf den Altar, den handelnden Priester und die Gemeinde als [[Mystischer Leib Christi|Corpus Christi]], wobei Priester und Mitfeiernde einen Kreis bilden.<ref>Horst Schwebel: Art. "Kirchenbau V. in: Gerhard Krause,Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, Berlin, New York 1989, S. 517. (ökumenisch)</ref> Dieser theologische Gedanke Odo Casels relativiert den Vorwurf der "anthropozentrischen Verengung" bei einer Zelebration "versus populum" auf einen "in sich geschlossenen Kreis" (Ratzinger). Der Altar als Christussymbol, um den herum sich die Gemeinde (die "Circumstantes") beim Messopfer versammelt, stellt Christus als Sohn Gottes gerade in die Mitte der liturgischen Versammlung, auf die hin sich alle ausrichten, ist also genauso "christozentrisch" wie die Ausrichtung aller nach Osten, gegen die aufgehende Sonne als Zeichen des wiederkehrenden Christus.
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Der Opferaltar als Mitte der sich um ihn herum (wörtlich!)  versammelnden Gemeinde (die ''circumstantes'' "die Umstehenden" des [[Canon Missae]]) ist ein ebenso starkes, christozentrisches Zeichen der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, wenn bei der Eucharistiefeier Christus in den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig ist. Dieser Gedanke wurde etwa seit den 1930er-Jahren im Kirchenbau verwirklicht und war übernommen aus den Hauskapellen zeitgenössischer Benediktinerabteien. Einen bedeutenden Impuls zur mystischen Verinnerlichung des Messopfers in diese Richtung gab der Maria Laacher Benediktiner [[Odo Casel]] mit dem "Ideal der ''Circumstantes''", der "den Altar Umstehenden"; er bezog diese Christozentrik in gleicher Weise auf den Altar, den handelnden Priester und die Gemeinde als [[Mystischer Leib Christi|Corpus Christi]], wobei Priester und Mitfeiernde einen Kreis bilden.<ref>Horst Schwebel: Art. "Kirchenbau V. in: Gerhard Krause,Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, Berlin, New York 1989, S. 517. (ökumenisch)</ref> Der Altar als Christussymbol, um den herum sich die Gemeinde (die "Circumstantes") beim Messopfer versammelt, stellt Christus als Sohn Gottes gerade in die Mitte der liturgischen Versammlung, auf die hin sich alle ausrichten, sei also genauso "christozentrisch", wie die Ausrichtung aller nach Osten, gegen die aufgehende Sonne als Zeichen des wiederkehrenden Christus.
  
 
==Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil==
 
==Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil==

Version vom 1. Juli 2014, 14:33 Uhr

Zelebrationsrichtung oder Gebetsrichtung nennt man die Stellung des Zelebranten in der Heiligen Messe. Die Heilige Messe kann sowohl "versus populum" (zum Volk hin) als auch versus absidem ("zur Apsis hin") oder versus Deum ("auf Gott hin") gefeiert werden. Beide Stellungen stimmen mit dem liturgischen Recht überein, beide sind als korrekt anzusehen. <ref>Antwort der Gottesdienstkongregation an Fr. Joseph Fessio im Jahr 2000</ref>

Die Kongregation für den Gottesdienst sagt im September 2000, dass die physische (topographische) Ausrichtung von der geistlichen (theologischen) unterschieden werden muss. Wenn der Priester versus populum feiert, solle seine geistliche Ausrichtung doch immer versus Deum per Iesum Christum (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein. Für die Ausrichtung auf Gott ist somit unerheblich, in welche Richtung der Zelebrant gewendet ist.

Heilige Messe.jpg

Hintergrund

In der frühen Kirche waren beide Zelebrationsrichtungen möglich und üblich. In einem Teil der älteren römischen Kirchen war der Altar so positioniert, dass der Zelebrant mit dem Gesicht zum Volk zelebrierte. Erst im frühen Mittelalter setzte die Tendenz ein, den Altar an die hintere Chorwand zu schieben, in Entsprechung zu der theologischen Tendenz dieser Epoche, das Heilige und Unnahbare des liturgischen Geschehens stärker zu betonen. Auch die in dieser Zeit aufkommende Gewohnheit, dass beim Gebet alle nach Osten blicken sollten, führte dazu, dass die Stellung des Priesters am Altar fast ausnahmslos die mit dem Rücken zur Gemeinde wurde, in der er an der Spitze der Gemeinde Gott Gebet und Opfer darbringt.

Das Missale Romanum sah jedoch noch bis 1962 die (ausnahmsweise) Möglichkeit vor, dass der Priester auch zum Volk gewandt zelebriert.<ref>Ritus servandus in celebratione Missæ Nr. V.3 ([1]; Josef Andreas Jungmann: Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe, Bd. 1, 5. Aufl. Nova & Vetera, Bonn und Herder, Wien-Freiburg-Basel 1962, S. 332-335 und S. 332 Anm. 12.</ref>

Eine der augenfälligsten Veränderungen im Zuge der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durchgeführten Reform des römischen Messritus ist die Errichtung eines zum Volk gewandten Altars ("Volksaltar") in den meisten Kirchen, zunächst als Provisorium, dann vielerorts im Zuge von Kirchenrenovierungen als Dauerlösung. Gleichzeitig wurde in vielen Kirchen auch die Position der übrigen Prinzipalien (Priestersitz, Ambo und Tabernakel) neu überdacht und geordnet. Es ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seitdem zur Regel geworden, dass der Zelebrant bei der Feier der Eucharistie hinter dem Altar steht im Gegenüber zu den Gläubigen. Die Einheitlichkeit, mit der sich in wenigen Jahren die celebratio versus populum in der ganzen römisch-katholischen Kirche verbreitete, führte zu dem Missverständnis, die Abwendung des Priesters vom Volk sei charakteristisch für den Alten Ritus nach dem Missale Papst Pius' V., wohingegen die Zuwendung des Priesters zum Volk zum Novus Ordo Missae Papst Pauls VI. gehöre. Auch wird nicht selten angenommen, die Stellung des Zelebranten versus populum in der Messfeier sei von der durch das II. Vaticanum inaugurierten Liturgiereform neu gefordert oder vorgeschrieben.<ref> vgl. Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 19.</ref> Tatsächlich ist die Stellung des Zelebranten dem Volk gegenüber bereits in der frühen Kirche praktiziert worden.

In der Änderung der Gebetsrichtung wird eine anthropozentrische statt theozentrische Haltung in der Liturgie gesehen<ref> Theozentrik der Liturgie als wichtiger Beitrag zur Neuevangelisierung Kathnews am 30. Mai 2013 </ref>. Dies zeigt nicht nur die liturgische Gebetsrichtung, sondern auch die Ersetzung des Tabernakels in der Mitte des Presbyteriums durch den Sitz des Priesters. "... die Zelebrationsrichtung versus populum erscheint heute geradezu als die eigentliche Frucht der liturgischen Erneuerung durch das II. Vaticanum. In der Tat ist sie die sichtbarste Folge der Neugestaltung, die nicht nur eine äußere Anordnung liturgischer Orte bedeutet, sondern auch eine neue Idee vom Wesen der Liturgie als gemeinschaftlichem Mahl einschließt. (...) und "Immer weniger steht Gott im Blickfeld, immer wichtiger wird alles, was die Menschen tun, die sich hier treffen und schon gar nicht sich einem "vorgegebenen Schema" unterwerfen wollen. Weiter: "Die Wendung des Priesters zum Volk formt nun die Gemeinde zu einem in sich geschlossenen Kreis. Sie ist - von der Gestalt her - nicht mehr nach vorne und oben aufgebrochen, sondern schließt sich in sich selber." (in: Joseph Kardinal Ratzinger, Der Geist der Liturgie.)

Der Altar im Zentrum der ihn Umstehenden

Der Opferaltar als Mitte der sich um ihn herum (wörtlich!) versammelnden Gemeinde (die circumstantes "die Umstehenden" des Canon Missae) ist ein ebenso starkes, christozentrisches Zeichen der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, wenn bei der Eucharistiefeier Christus in den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig ist. Dieser Gedanke wurde etwa seit den 1930er-Jahren im Kirchenbau verwirklicht und war übernommen aus den Hauskapellen zeitgenössischer Benediktinerabteien. Einen bedeutenden Impuls zur mystischen Verinnerlichung des Messopfers in diese Richtung gab der Maria Laacher Benediktiner Odo Casel mit dem "Ideal der Circumstantes", der "den Altar Umstehenden"; er bezog diese Christozentrik in gleicher Weise auf den Altar, den handelnden Priester und die Gemeinde als Corpus Christi, wobei Priester und Mitfeiernde einen Kreis bilden.<ref>Horst Schwebel: Art. "Kirchenbau V. in: Gerhard Krause,Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, Berlin, New York 1989, S. 517. (ökumenisch)</ref> Der Altar als Christussymbol, um den herum sich die Gemeinde (die "Circumstantes") beim Messopfer versammelt, stellt Christus als Sohn Gottes gerade in die Mitte der liturgischen Versammlung, auf die hin sich alle ausrichten, sei also genauso "christozentrisch", wie die Ausrichtung aller nach Osten, gegen die aufgehende Sonne als Zeichen des wiederkehrenden Christus.

Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Bis zum Pontifikat Pius XII. war es selbstverständlich, dass der Priester mit dem Volk auf den Herrn im Tabernakel, der gewöhnlich auf dem Altare stand, sich beim Gebet ausrichtete. Die Zelebrationsrichtung sollte auf den transzendenten Adressaten des Gebets verweisen. Im Dekret Sanctissimam eucharistiam maximo der Ritenkongregation vom 1. Juni 1957, sagt der Punkt 4, dass "In Kirchen, wo sich nur ein einziger Altar befindet, darf er nicht so angeordnet werden, dass der Priester zum Volk hin zelebriert.

Die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils

In der Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium vom 4. Dezember 1963 ist weder von einer Zelebration versus populum noch von der Errichtung neuer Altäre die Rede (Conversi ad Dominum, S. 20). In der Nr. 128 der Liturgiekonstitution steht nur: "Die Canones und kirchlichen Statuten, die sich auf die Gestaltung der äußeren zur Liturgie gehörigen Dinge beziehen, sind zugleich mit den liturgischen Büchern im Sinne von Art. 25 unverzüglich zu revidieren. Das gilt besonders von den Bestimmungen über würdigen und zweckentsprechenden Bau der Gotteshäuser, Gestalt und Errichtung der Altäre, edle Form des eucharistischen Tabernakels, seinen Ort und seine Sicherheit … ."<ref> Christoph Kardinal Schönborn: Zweites Vaticanum sagt nichts über die Zelebrationsrichtung Kath.net am 5. Juni 2007</ref>

Das nachkonziliare Lehramt

Die Instruktion Inter oecumenici vom 26. September 1964 legt die Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium<ref> "Die zur Durchführung der Liturgiekonstitution ergehenden Ausführungsbestimmungen päpstlicher Stellvertretungsorgane, also der Ritenkongregation und des Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia (5), müssen sich inhaltlich an die Konstitution anschließen, sofern sie den Charakter von Ausführungsbestimmungen in Anspruch nehmen. Was über die Konstitution hinausgeht oder ihr widerspricht, ist keine Ausführungsbestimmung; seine rechtliche Verbindlichkeit bleibt in einem gewissen Zwielicht. Zwar ist nicht zweifelhaft, dass die Heiligen Kongregationen der Römischen Kurie mit besonderer Ermächtigung des Heiligen Vaters Gesetze erlassen können, die konziliares Recht abändern. Denn sie partizipieren an der Gewalt des höchsten, universalen Gesetzgebers der Kirche. Aber sie können dies nur, wenn sie klar erkennbar machen, dass sie gerade nicht in Durchführung des Konzils handeln, dass sie keine Ausführungsbestimmungen erlassen wollen. Nehmen sie dagegen in Anspruch, dem Konzil zur Durchführung zu verhelfen, dann stehen und fallen ihre Vorschriften mit der Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung mit den Dokumenten des Konzils": Prof. Dr. Georg May: "Der Gebrauch der Volkssprache in der Liturgie nach der Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Heilige Liturgie vom 4. Dezember 1963. S. 4."; siehe auch: Papst Paul VI. Brief vom 29. Oktober 1964 Der Brief ist eine Ansprache an die Mitglieder und Berater des "Consilium", die zur turnusgemäßen Sitzung nach Rom gekommen waren. </ref> weit aus: "Es ist wünschenswert (praestat, wörtlich: «es ist besser»), dass der Hochaltar von der Rückwand getrennt errichtet wird, so dass man leicht um ihn herumgehen und an ihm zum Volk hin zelebrieren kann. Er soll in den heiligen Raum hineingestellt sein, dass er wirklich die Mitte ist, der sich von selbst die Aufmerksamkeit der ganzen versammelten Gemeinde zuwendet. Bei der Auswahl des Materials für den Aufbau und die Ausstattung des Altars müssen die Rechtsvorschriften eingehalten werden. Auch sei das Presbyterium um den Altar herum so weiträumig, dass die heiligen Handlungen bequem vollzogen werden können." und Nr. 95 "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht“.<ref> Nr. 91+95.</ref>

In Nr. 92 Abs. 1 fordert die Instruktion, dass die Sitze für den Priester und seine Gehilfen von den Gläubigen gut gesehen werden können. Und Nr. 92 Abs. 2 erklärt ihre Aufstellung hinter dem Altar für zulässig. Damit ist erneut für die "celebratio versus populum" Stellung bezogen.

Sowohl die Trennung des Altares von der Rückwand als auch die Aufstellung des Priestersitzes hinter dem Altar zeigen eine Gedankenrichtung an, die den horizontalen Bezug - von Mensch zu Mensch, von Priester zum Volk - stärker hervorhebt als den vertikalen - von Mensch zu Gott, von der mit dem priesterlichen Haupt vereinten Gemeinde zu Gott. Sie lässt die Anbetung Gottes hinter dem Dialog der Menschen zurücktreten. Die Objektivität der gemeinsamen Ausrichtung von Priester und Volk auf den dreifaltigen Gott ist zugunsten der Subjektivität des menschlichen Kontaktes gemindert. <ref>Georg May: Die Prinzipien der jüngsten kirchlichen Gesetzgebung über die Aufbewahrung und die Verehrung der heiligsten Eucharistie, S.4</ref>

Am 25. Januar 1966 schreibt Giacomo Kardinal Lercaro, der Vorsitzende des Consilium, einen Brief an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen und erklärt zur Ausführung der Liturgiekonstitution, dass bei der Erneuerung der Altäre «Klugheit ... die Führung behalten» müsse: "Erstens ist die Wendung des Altars zum Volk hin für eine lebendige Teilnahme an der Liturgie nicht unentbehrlich: Der gesamte Wortgottesdienst der Messe wird am Priestersitz oder am Ambo, also im Gegenüber zur Gemeinde, gefeiert. Was den eucharistischen Teil betrifft, so ermöglichen nunmehr allgemein gewordene Lautsprecheranlagen die Teilnahme zur Genüge. Zweitens ist auf die Architektur und künstlerische Ausstattung zu achten, die in vielen Ländern auch von strengen bürgerlichen Gesetzen geschützt werden."<ref>(Lercaro (1966),160, zitiert in der Übersetzung von Rennings-Klöckener Dokumente zur Erneuerung der Liturgie (1983), 311).</ref>

Ein Jahr später zitiert die Instruktion Eucharisticum mysterium vom 25. Mai 1967 in Nr. 54: "Es ist erlaubt, die Messe zum Volk hin zu feiern, auch dann, wenn ein kleiner, passender Tabernakel auf dem Altar steht“ (Inter oecumenici Nr. 95).

In der Allgemeinen Einführung in das neue Römische Messbuch («Institutio Generalis Missalis Romani») von 1969 ist wieder die Zelebrationsrichtung durch Nummer 262 angedeutet: «Der Hauptaltar soll von der Wand getrennt gebaut werden, so dass er leicht umschritten werden und auf ihm die Zelebration versus populum (zum Volk hin) ausgeführt werden kann ... » Die Einführung in der Neuauflage des Missales vom Jahre 2002, hat diesen Text unverändert übernommen, aber am Schluss noch einen Nebensatz angefügt, der so lautet: «Dies sollte der Fall sein, wo immer es möglich ist.» Diese Ergänzung wurde von vielen Seiten als eine Verschärfung des Textes von 1969 in dem Sinn aufgefasst, dass es nun eine allgemeine Verpflichtung gebe, die Altäre «wo immer möglich» zum Volk hin gewendet zu bauen. <ref>aus: Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 7)</ref>

Die Rubriken des Missale Romanum Pauls VI. scheinen eine Gleichrichtung im Gebet von Priester und Volk bei wesentlichen Teilen der Eucharistiefeier vorauszusetzen. Dies geht daraus hervor, dass bei dem Orate, fratres, dem Pax Domini, dem Ecce, Agnus Dei und dem Ritus conclusionis jeweils angeführt wird, dass der Priester sich hierfür dem Volk zuwendet.<ref> Missale Romanum (1970), Ordo Missae cum populo, 391 (Nr. 25: versus ad populum), 473 (Nr. 128: ad populum conversus), 474 (Nr. 133: ad populum versus) und 475 (Nr. 142: versus ad populum) aus: Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, S. 22); ebenfalls die deutschsprachigen Bischöfe: Die Bischöfe Deutschlands, Österreichs, der Bistümer Bozen-Brixen und Lüttüch schreiben in der Gemeindemesse im Messbuch und im Gotteslob vor:

A) Einladung zum Gabengebet : MB I Seite 346 : Der Priester spricht der Gemeinde zugewandt ... ; GI Nr. 359,5 : der Priester wendet sich zur Gemeinde. (Das bedeutet, dass der Priester ab der Gabenbereitung nicht der Gemeinde zugewendet ist)

B) beim Friedensgebet : MB I S. 518 : Der Gemeinde zugewandt breitet der Priester die Hände aus und spricht: Der Friede des Herrn sei mit Euch; (+GI Nr. 364,2). (Das heisst, dass der Priester der Gemeinde nicht zugewandt ist, ansonsten wäre es überflüssig dies zu erwähnen)

C) Einladung zur KOMMUNION MB I S. 521 : ... und spricht zur Gemeinde gewendet. .. ; (GI 365,1).

D) Kommunionspendung: MBI S. 522 : zum Altar gewandt spricht der Priester leise: Der Leib Christi schenke mir das ewige Leben; GI 365,2 : zum Altar gewandt («ad altare versus») empfängt der Priester den Leib und das Blut Christi.

E) Segen und Entlassung: MB I S. 530 : Der Priester, zur Gemeinde gewandt; GI 366,2+4 : Der Priester, der Gemeinde zugewandt. </ref>Diese Bestimmungen implizieren, dass der Zelebrant vorher dem Altar zugewandt ist. Dasselbe gilt für die entsprechenden Bestimmungen der Institutio Generalis, Nr. 107, 115, 116 und 122 (vgl. zur Konzelebration Nr. 198 und 199), auch wenn sie im einzelnen von den Rubriken des Ordo Missae cum populo abweichen.

Im Frühjahr 2000 wurde die Institutio Generalis zur dritten Editio typica des erneuerten Missale Romanum zu Studienzwecken veröffentlicht. Die dortige Formulierung signalisiert unmissverständlich, dass die celebratio versus populum nicht erzwungen werden soll, vielmehr sollen beide Formen der Zelebration ermöglicht werden.

Am 10. April 2000 approbierte Papst Johannes Paul II. das Missale Romanum. Es erschien im Frühjahr 2002. Die Rubriken zur Zelebrationsrichtung wurden beibehalten wie im Missale Romanum 1970.<ref> (Missale Romanum [2002], Ordo Missae, 515 [Nr. 28], 600 [Nr. 127], 601 [Nr. 132 und 133], 603 [Nr. 141])</ref>

An 25. September 2000 erklärte die Kongregation für die göttliche Liturgie eine Auslegung der Institutio Generalis, zur dritten Editio typica, für abgewiesen. Das Wort «expedit» (sollte der Fall sein) drücke keine Verpflichtung, sondern eine Empfehlung aus. Die physische Ausrichtung, so sagt die Kongregation, müsse von der geistlichen unterschieden werden. Wenn der Priester «versus populum» feiert, solle seine geistliche Ausrichtung doch immer «versus Deum per Iesum Christum» (auf Gott hin, durch Jesus Christus) sein.

Die Ostkirchenkongregation hat in der Instruktion Il padre incomprensibile vom 6. Januar 1996 eindrücklich darauf hingewiesen, dass die Feier der Liturgie versus orientem und somit die Gleichwendung von Priester und Volk eine von alters her überlieferte, bedeutungsvolle und lebendige Tradition darstellt, die im Bereich der mit Rom unierten orientalischen Kirchen zu bewahren ist.<ref> (Conversi ad Dominum, S. 113)</ref>

Schluss

Der Innsbrucker Liturgiker Josef Andreas Jungmann, einer der Architekten der Liturgie-Konstitution des II. Vaticanum, hatte sich von Anfang an entschieden gegen das polemische Schlagwort gewandt, der Priester habe bisher «mit dem Rücken zum Volk zelebriert». Jungmann hatte demgegenüber herausgestellt, dass es sich nicht um eine Abwendung vom Volk, sondern um Gleichrichtung mit dem Volk handelte." <ref>Aus dem Vorwort von Joseph Kardinal Ratzinger zum Buch Conversi ad Dominum von Uwe Michael Lang, S. 9. </ref>

Wenn sich der Liturge zusammen mit den Gläubigen beim Gebet dem Altar zukehrt, so ist er der sichtbare Anführer des pilgernden Gottesvolkes im gemeinsamen Aufbruch zum wiederkommenden Herrn. Die gemeinsame Gebetsrichtung ist ein Ausschauen nach dem Ort des Herrn und hält den eschatologischen Charakter der Eucharistiefeier lebendig, die ausgerichtet ist auf eine künftige Vollendung in der Gegenwart des lebendigen Gottes.<ref> Vgl. Ratzinger (2000), 65-66: «Die Gebetsrichtung nach Osten ist Tradition vom Anfang her und grundlegender Ausdruck der christlichen Synthese von Kosmos und Geschichte, von Verankerung im Einmaligen der Heilsgeschichte und von Zugehen auf den kommenden Herrn». Die kosmische Dimension der Liturgie wird von Ratzinger exemplarisch grundgelegt. </ref> So ist die liturgische Versammlung als pilgernde Kirche (Ecclesia peregrinans) offen auf die Versammlung der Heiligen in der himmlischen Stadt, wie der Hebräerbrief in Erinnerung ruft: "Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind; zu Gott, dem Richter aller, zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten, zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels" ({{#ifeq: Brief an die Hebräer | Zelebrationsrichtung |{{#if: Hebr|Hebr|Brief an die Hebräer}}|{{#if: Hebr |Hebr|Brief an die Hebräer}}}} 12{{#if:22-24|,22-24}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}).

Die Bezeichnungen «zum Volk hin» oder «mit dem Rücken zum Volk» schließen denjenigen aus, an den sich alle wenden, Gott. Der Priester feiert die Eucharistie nicht «zum Volk hin», sondern die ganze Gemeinschaft feiert zu Gott hin gewandt, durch Jesus Christus im Heiligen Geist.

Bei der Zelebrationsrichtung versus populum kann die Gemeinde, gleichsam in sich gekehrt, dazu neigen, dass sie die transzendente Dimension der Eucharistiefeier nicht mehr wahrnimmt. Die Überbetonung des kommunitären Aspekts führt sozusagen zu einer geschlossenen Gesellschaft, die nicht offen ist auf die unsichtbare Versammlung der Heiligen im Himmel und auf die anderen irdischen Versammlungen der Christen. Gewissermaßen dialogisiert die Gemeinde mit sich selbst.<ref> Joseph Kardinal Ratzinger, in. Conversi ad Dominum, S. 119</ref> Garriga sieht eine weitgehende Desakralisierung und Säkularisierung der Liturgie, die mit einer nahezu ausschließlich horizontalen Vision des christlichen Lebens einhergeht und letztlich ihren Grund in einer defizienten Christologie hat.<ref>aus: Conversi ad Dominum, S. 120+121: GARRIGA T., «La sacra liturgia fonte e culmina della vita ecclesiale», in: R. Fisichella (Hg.), Il Concilio Vaticano II. Recezione e attualità alla luce deI Giubileo, Mailand 2000, 46-65</ref>

Bouyer<ref>BOUYER L., Mensch und Ritus, Mainz 1964 (Dt. Übersetzung von Le Rite et L 'Homme, Paris 1962, S. 90; aus: Conversi ad Dominum, S. 117) </ref> fordert: «Die sakramentale Welt darf nie zu einer von der realen Welt getrennten Welt werden». Und Christoph Kardinal Schönborn betont, wie wichtig sinnenhafte Zeichen, etwa die Gleichwendung im Gebet, sind, um den Glauben zu «inkarnieren».<ref>aus: Conversi ad Dominum, S. 118</ref>

Literatur

Päpstliches

Pius XII.

Weblinks

Anmerkungen

<references />