Paul Claudel

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Paul Louis Charles Marie Claudel (* 6. August 1868 in Villeneuve-sur-Fère (Aisne), Frankreich; † 23. Februar 1955 in Paris) war französischer Diplomat, Dichter und Dramatiker. Er hatte unter dem Einfluß des Symbolismus Interesse für Liturgie.

Biografie

Paul Louis Charles Marie Claudel wuchs auf in der ländlichen Picardie als Sohn eines aufgeklärt-positivistisch denkenden Kataster-Beamten und als jüngerer Bruder der späteren Bildhauerin Camille Claudel und verbrachte seine letzten Schuljahre auf dem Pariser Traditionsgymnasium Louis-le-Grand. Mit 18 Jahren hatte er bei der Vesper am Weihnachtstag in der Pariser Kathedrale Notre-Dame (als die Sängerknaben das Magnificat sangen) ein religiöses Erweckungserlebnis und war hinfort gläubiger Katholik und wurde Benediktineroblate<ref> wörtlich aus der Wikipedia, abgerufen am 6. September 2021</ref> in der Abtei Ligugé. Vom Abt auf seinen Posten als Diplomat in China zurückgeschickt, verliebt er sich in verheiratete Frau. Die daraus entstehende Krise, während der er seine Tagebücher beginnt, prägt sein Schaffen gleichermaßen wie das Verlangen, Gottes Wirken in einer durch die Sünde gezeichneten Existenz aufzuspüren.<ref> Volker Kapp in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 2, Artikel: Claudel, Paul, Sp. 1213-1214.</ref>

Nach Abschluss eines Studiums an der École libre des Sciences politiques (Sciences po), während dessen er bereits Gedichte schrieb und dem Kreis um Mallarmé angehörte, dachte er daran, fernöstliche Sprachen zu studieren. Er bewarb sich dann jedoch für eine Ausbildung als Diplomat im konsularischen Dienst, in dem er bis zu seiner Pensionierung gewissenhaft tätig war. So war er von 1893 bis 1895 als Diplomat in den USA, von 1895 bis 1909 in China (Shanghai, Fuzhou, Peking, Tientsin) und danach in Prag, jeweils kürzere Zeit in Deutschland, Brasilien und Dänemark. 1921–27 arbeitete er in Japan, wo er sich für die Verstärkung der kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern einsetzte. So geht auf ihn die einrichtung des Maison Franco-Japonaise zurück. Seine Vorträge und Schriftenfasste er 1928 zusammen in „L'Oiseau noir dansle soleil levant“ („Ein schwarzer Vogel in der aufgehenden Sonne“). Anschließend war er nochmals in den USA (1927–33) und schließlich in Belgien.

Das trotz seiner bewegten Existenz sehr umfangreiche literarische Schaffen Claudels, für das er jeweils die ersten Stunden seines Arbeitstags reservierte, umfasst Lyrik, Philosophisch-Essayistisches – stark beeinflusst von seinen Fernost-Aufenthalten – und vor allem Theaterstücke. Diese verfasste er in einer pathetisch-lyrischen Sprache und unter Verzicht auf eine spannende Handlung. Im Mittelpunkt steht zumeist das Motiv des Sich-Aufopferns im Sinn einer religiös inspirierten Moral.

Das bekannteste und am häufigsten aufgeführte Stück ist das 1911/12 verfasste, im Mittelalter spielende L’Annonce faite à Marie (Mariä Verkündigung). Einigermaßen bekannt wurde auch die fast sechs Jahrzehnte (von 1812 bis 1869) überspannende Trilogie L’Otage (Die Geisel) 1909, Le Pain dur (Das harte Brot) 1914 und Le Père humilié (Der gedemütigte Vater) 1916. Als sein Hauptwerk gilt jedoch das im spanischen 16. Jahrhundert spielende Stück Le Soulier de satin (Der seidene Schuh) 1925, ein immens langes, die Summe von Claudels Denken präsentierendes Drama, das erst 1943 in einer von ihm selbst und dem Regisseur Jean-Louis Barrault stark gerafften Version zur Aufführung kam. Als Librettist trat Claudel im dramatischen Oratorium Jeanne d’Arc au bûcher von Arthur Honegger und mit mehreren Operntexten für Darius Milhaud hervor.<ref> wörtlich aus der Wikipedia, abgerufen am 6. September 2021</ref>

Seine Poetik (1907) entwickelt die dichtungstheoretischen und philosophisch-theologischen Grundlagen für eine Wahrnehmung des Irdischen als Spiegel und Abbild des Überirdischen. Von der 1. Fassung seines Dramas Goldhaupt (1889) bis zu Mittagswende (1905) und Der seidene Schuh (1924), wird seine symbolistische Dramaturgie immer komplexer.
Die hymnischen Dichtungen Fünf Große Oden (1910) und Singspiel für drei Stimmen (1911) thematisieren den Konflikt zwischen irdischer und religiöser Inspiration. Die sprachlich einfacheren Gedichte wie Die Messe fernab (1917) und Stücke wie Verkündigung (1912) oder Christoph Columbus (1930) sind religiöse Bekenntnisdichtung. Die letzten 30 Jahre seines Lebens schreibt Claudel gegen die kritische Exegese gerichtete Bibelkommentare in der Tradition der Kirchenväter. Das in den fünfziger Jahren entstandene Klischee von konfessionell verhärteten Katholiken Claudels, ist ein Missverständnis.<ref> Volker Kapp in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 2, Artikel: Claudel, Paul, Sp. 1213-1214.</ref>

Seine Werke waren beeinflusst von den Arbeiten des Philosophen und Literaturnobelpreisträgers Henri Bergson.

Claudel wird zum Renouveau catholique gezählt. Er wurde von den 1920er bis 1940er Jahren im katholischen Milieu sehr geschätzt, aber auch von anderen Lesern und von der Literaturkritik hoch bewertet und 1946 mit der Aufnahme in die Académie Française belohnt. Er war auch Träger des Großkreuzes der Ehrenlegion. 1932 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er allmählich in Vergessenheit.<ref> wörtlich aus der Wikipedia, abgerufen am 6. September 2021</ref>

Das Bekehrungserlebnis und die Liturgie der Mutter Kirche

Paul Claudel bekehrte sich am 25. Dezember 1886, als er während der Vesper in der Kathedrale Notre-Dame in Paris das Magnifikat hörte. Claudel selbst beschreibt es wie folgt:

In einem Nu wurde mein Herz ergriffen, ich glaubte. Ich glaubte mit einer so mächtigen inneren Zustimmung, mein ganzes Sein wurde geradezu gewaltsam emporgerissen, ich glaubte mit einer so starken Überzeugung, mit solch unbeschreiblicher Gewissheit, dass keinerlei Platz auch nur für den leisesten Zweifel offenblieb, dass von diesem Tage an alle Bücher, alles Klügeln, alle Zufälle eines bewegten Lebens meinen Glauben nicht zu erschüttern, ja auch nur anzutasten vermochten (Paul Claudel, Gesammelte Werke, Band 6: Religion. Hg. v. Edwin Maria Landau, F. H. Kerle Verlag, Heidelberg 1962, S. 10-11, zitiert in: Athanasius Schneider: Die katholische Messe, S. 215).

Im Jahr 1913 schrieb Paul Claudel ein bewegendes persönliches Zeugnis über den Einfluss, den die Liturgie der Kirche und insbesondere die Heilige Messe auf seine Bekehrung, auf seine Wiedergeburt zu einem wahren geistlichen Leben hatte:

Das große Buch aber, das vor mir aufgeschlagen war und in dem ich in die Lehre ging, war die Kirche. Gelobt sei auf ewig die große, majestätische Mutter, auf deren Knien ich alles gelernt habe! Alle meine Sonntage verbrachte ich in Notre-Dame, so oft wie irgend möglich ging ich unter der Woche dorthin. In Fragen des Glaubens war ich damals nicht weniger unwissend als in denen des Buddhismus; hier nun entfaltete sich das heilige Drama vor meinen Augen mit einer Pracht, die alle meine Vorstellungen übertraf. Ach, das war nicht die armselige Sprache der Andachtsbücher! Das war die tiefste, großartigste Dichtung, das waren die erhabensten Gesten, die je menschlichen Wesen anvertraut worden sind. An dem Schauspiel der Messe konnte ich mich nicht genügend sattsehen, jede Bewegung des Priesters schrieb sich mir tief in Geist und Herz ein. Die Lesung des Totenamtes, der Weihnachtsmesse, das Schauspiel der Karwochentage, der erhabene Gesang des Exsultet, neben dem die berauschendsten Klänge eines Sophokles und eines Pindar mir schal vorkamen, das alles warf mich zu Boden vor Ehrfurcht und Freude, vor Dankbarkeit, Reue und tiefster Verehrung! (Gesammelte Werke, Band 6, S. 13-14, zitiert in: Athanasius Schneider: Die katholische Messe, S. 235f).

Übersetzungen der Werke ins Deutsche (Auswahl)

  • Fünf grosse Oden (Cinq grandes Odes), (Reihe: Zeugen des Wortes, Band 16), übertragen von Hans Urs von Balthasar, 1939/1947/1954 (1./2./? Auflage, 123/126/145 Seiten).
  • Paul Claudel: Im Griffe Gottes in: Severin Lamping (gesammelt, Einführung, Schlusswort): Menschen die zur Kirche kamen. Selbstdarstellungen moderner Gottsucher aus einundzwanzig Nationen, Verlag Kösel-Pustet München 1935. S. 222-230 (354 Seiten, Imprimatur Monachii, die 20. Augusti 1935 J. Neuhäusler Vic. gen. abs.).
  • Schrei aus der Tiefe. Eine Auswahl aus den frühen Dichtungen von Paul Claudel. Die Gedichte übertragen von Franz Fassbinder, die Prosastücke von Klara Fassbinder. Textzeichnung von Kurt Pohle, Schöningh Verlag Paderborn 1948.
  • Die Messe des Verbannten, Neu übersetzt von Hans Urs von Balthasar, Johannes Verlag Einsiedeln (CM 13), 1981 (107 Seiten, kartoniert, ISBN 978 3 89411 113 7).
  • Die Messe. Übertragen und eingeleitet von Klara Maria Faßbinder, St. Benno Verlag Leipzig 1956.
  • Die sieben Busspsalmen mit einer Gewissenserforschung. Frei übertragen von Paul Claudel. Ins Deutsche übertragen von Klara Marie Fassbinder und Robert Kohlstadt. Schöningh Verlag Paderborn 1956.
  • Der Kreuzweg, von Paul Claudel. Übers. und Anmerkungen K. M. Faßbinder. Thomas Verlag, Zürich und Schöningh Verlag, Paderborn, 14. Aufl. 1960 (Imprimatur 1938)<ref>weitere Claudel-Übersetzungen durch K. M. F. in diesen Verlagen: Die Messe; Auswahl aus den frühen Dichtungen; Die Sieben Bußpsalmen. Morceaux choisis.</ref>
  • Verse der Verbannung. Singspiel für drei Stimmen., Übertragen von Hans Urs von Balthasar, Johannes Verlag Einsiedeln 1964 (90 Seiten, gebunden, ISBN 978 3 89411 109 0).
  • Corona Benignitatis Anni Dei. Übertragen von Hans Urs von Balthasar, Johannes Verlag Einsiedeln 1964 (186 Seiten, gebunden, ISBN 978 3 89411 110 6).
  • Der seidene Schuh. Aus dem Französischen von Herbert Meier, Johannes Verlag Einsiedeln 2003 (381 Seiten, gebunden, ISBN 978 3 89411 380 3).
  • Die Trilogie. Die Geisel, Das harte Brot, Der Erniedrigte. Aus dem Französischen von Herbert Meier, Johannes Verlag Einsiedeln 2007 (344 Seiten, gebunden, ISBN 978 3 89411 397 1).

Weblinks

Anmerkungen

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