Lumen gentium (Wortlaut)
Lumen gentium |
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des Zweiten Vatikanisches Konzils
unter unserem Heiligen Vater
Paul VI.
16. November 1964
über die Kirche
(Offizieller lateinischer Text AAS 57 [1965] 5-75)
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Inhaltsverzeichnis
KAPITEL I: DAS MYSTERIUM DER KIRCHE
1. Christus ist das Licht der Völker. Darum ist es der dringende Wunsch dieser im Heiligen Geist versammelten Heiligen Synode, alle Menschen durch seine Herrlichkeit, die auf dem Antlitz der Kirche widerscheint, zu erleuchten, indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet (vgl. Mk 16,15). Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit. Deshalb möchte sie das Thema der vorausgehenden Konzilien fortführen, ihr Wesen und ihre universale Sendung ihren Gläubigen und aller Welt eingehender erklären. Die gegenwärtigen Zeitverhältnisse geben dieser Aufgabe der Kirche eine besondere Dringlichkeit, dass nämlich alle Menschen, die heute durch vielfältige soziale, technische und kulturelle Bande enger miteinander verbunden sind, auch die volle Einheit in Christus erlangen.
2. Der ewige Vater hat die ganze Welt nach dem völlig freien, verborgenen Ratschluß seiner Weisheit und Güte erschaffen. Er hat auch beschlossen, die Menschen zur Teilhabe an dem göttlichen Leben zu erheben. Und als sie in Adam gefallen waren, verließ er sie nicht, sondern gewährte ihnen jederzeit Hilfen zum Heil um Christi, des Erlösers, willen, "der das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung" (Kol 1,15). Alle Erwählten aber hat der Vater vor aller Zeit "vorhergekannt und vorherbestimmt, gleichförmig zu werden dem Bild seines Sohnes, auf dass dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern" (Röm 8,29). Die aber an Christus glauben, beschloß er in der heiligen Kirche zusammenzurufen. Sie war schon seit dem Anfang der Welt vorausbedeutet; in der Geschichte des Volkes Israel und im Alten Bund wurde sie auf wunderbare Weise vorbereitet<ref>Vgl. Cyprian, Epist. 64, 4: PL 3, 1017; CSEL (Hartel), III B, 720. Hilarius v. Poitiers, In Mt. 23,6: PL 9, 1047. Augustinus, passim. Cyrill von Alexandrien, Glaph. in Gen. 2,10: PG 69, 110 A.</ref>, in den letzten Zeiten gestiftet, durch die Ausgießung des Heiligen Geistes offenbart, und am Ende der Weltzeiten wird sie in Herrlichkeit vollendet werden. Dann werden, wie bei den heiligen Vätern zu lesen ist, alle Gerechten von Adam an, "von dem gerechten Abel bis zum letzten Erwählten"<ref>Vgl. Gregor der Große, Hom. in Evang. 19, 1: PL 76, 1154 B. Augustinus, Serm. 341, 9, 11: PL 39, 1499f. Johannes von Damaskus, Adv. Iconocl. 11: PG 96, 1357.</ref>, in der allumfassenden Kirche beim Vater versammelt werden.
3. Es kam also der Sohn, gesandt vom Vater, der uns in ihm vor Grundlegung der Welt erwählt und zur Sohnesannahme vorherbestimmt hat, weil es ihm gefallen hat, in Christus alles zu erneuern (vgl. Eph 1,4-5.10). Um den Willen des Vaters zu erfüllen, hat Christus das Reich der Himmel auf Erden begründet, uns sein Geheimnis offenbart und durch seinen Gehorsam die Erlösung gewirkt. Die Kirche, das heißt das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Christi, wächst durch die Kraft Gottes sichtbar in der Welt. Dieser Anfang und dieses Wachstum werden zeichenhaft angedeutet durch Blut und Wasser, die der geöffneten Seite des gekreuzigten Jesus entströmten (vgl. Joh 19,34), und vorherverkündet durch die Worte des Herrn über seinen Tod am Kreuz: "Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle an mich ziehen" (Joh 12,32). Sooft das Kreuzesopfer, in dem Christus, unser Osterlamm, dahingegeben wurde (1 Kor 5,7), auf dem Altar gefeiert wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung. Zugleich wird durch das Sakrament des eucharistischen Brotes die Einheit der Gläubigen, die einen Leib in Christus bilden, dargestellt und verwirklicht (1 Kor 10,17). Alle Menschen werden zu dieser Einheit mit Christus gerufen, der das Licht der Welt ist: Von ihm kommen wir, durch ihn leben wir, zu ihm streben wir hin.
4. Als das Werk vollendet war, das der Vater dem Sohn auf Erden zu tun aufgetragen hatte (vgl. Joh 17,4), wurde am Pfingsttag der Heilige Geist gesandt, auf dass er die Kirche immerfort heilige und die Gläubigen so durch Christus in einem Geiste Zugang hätten zum Vater (vgl. Eph 2,18). Er ist der Geist des Lebens, die Quelle des Wassers, das zu ewigem Leben aufsprudelt (vgl. Joh 4,14; 7,38-39); durch ihn macht der Vater die in der Sünde erstorbenen Menschen lebendig, um endlich ihre sterblichen Leiber in Christus aufzuerwecken (vgl. Röm 8,10-11). Der Geist wohnt in der Kirche und in den Herzen der Gläubigen wie in einem Tempel (vgl. 1 Kor 3,16; 6,19), in ihnen betet er und bezeugt ihre Annahme an Sohnes Statt (vgl. Gal 4,6; Röm 8,15-16.26). Er führt die Kirche in alle Wahrheit ein (vgl. Joh 16,13), eint sie in Gemeinschaft und Dienstleistung, bereitet und lenkt sie durch die verschiedenen hierarchischen und charismatischen Gaben und schmückt sie mit seinen Früchten (vgl. Eph 4,11-12; 1 Kor 12,4; Gal 5,22). Durch die Kraft des Evangeliums läßt er die Kirche allezeit sich verjüngen, erneut sie immerfort und geleitet sie zur vollkommenen Vereinigung mit ihrem Bräutigam<ref>Vgl. Irenäus, Adv. Hær. III., 24, 1: PG 7, 966B; Harvey 2, 131; ed. Sagnard, Sources Chr., 398.</ref>. Denn der Geist und die Braut sagen zum Herrn Jesus: "Komm" (vgl. Offb 22,17).
So erscheint die ganze Kirche als "das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk"<ref>Cyprian, De Orat. Dom. 23: PL 4, 553; Hartel, IIIA, 285. Augustinus, serm. 71, 20, 33: PL 38, 463f. Johannes von Damaskus, Adv. Iconocl. 12: PG 96, 1358D.</ref>.
5. Das Geheimnis der heiligen Kirche wird in ihrer Gründung offenbar. Denn der Herr Jesus machte den Anfang seiner Kirche, indem er frohe Botschaft verkündigte, die Ankunft nämlich des Reiches Gottes, das von alters her in den Schriften verheißen war: "Erfüllt ist die Zeit, und genaht hat sich das Reich Gottes" (Mk 1,15; vgl. Mt 4,17). Dieses Reich aber leuchtet im Wort, im Werk und in der Gegenwart Christi den Menschen auf. Denn das Wort des Herrn ist gleich einem Samen, der auf dem Acker gesät wird (Mk 4,14): die es im Glauben hören und der kleinen Herde Christi (Lk 12,32) beigezählt werden, haben das Reich selbst angenommen; aus eigener Kraft sproßt dann der Same und wächst bis zur Zeit der Ernte (vgl. Mk 4,26-29). Auch die Wunder Jesu erweisen, dass das Reich schon auf Erden angekommen ist: "Wenn ich im Finger Gottes die Dämonen austreibe, ist wahrlich das Reich Gottes zu euch gekommen" (Lk 11,20; vgl. Mt 12,28). Vor allem aber wird dieses Reich offenbar in der Person Christi selbst, des Sohnes Gottes und des Menschensohnes, der gekommen ist, "um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für die Vielen" (Mk 10,45). Als aber Jesus nach seinem für die Menschen erlittenen Kreuzestod auferstanden war, ist er als der Herr, der Gesalbte und als der zum Priester auf immerdar Bestellte erschienen (vgl. Apg 2,36; Hebr 5,6; 7,17-21) und hat den vom Vater verheißenen Geist auf die Jünger ausgegossen (vgl. Apg 2,33). Von daher empfängt die Kirche, die mit den Gaben ihres Stifters ausgestattet ist und seine Gebote der Liebe, der Demut und der Selbstverleugnung treulich hält, die Sendung, das Reich Christi und Gottes anzukündigen und in allen Völkern zu begründen. So stellt sie Keim und Anfang dieses Reiches auf Erden dar. Während sie allmählich wächst, streckt sie sich verlangend aus nach dem vollendeten Reich; mit allen Kräften hofft und sehnt sie sich danach, mit ihrem König in Herrlichkeit vereint zu werden.
6. Wie im Alten Testament die Offenbarung des Reiches häufig in Vorbildern geschieht, so erschließt sich auch uns jetzt das innerste Wesen der Kirche in verschiedenen Bildern, die vom Hirten- und Bauernleben, vom Hausbau oder auch von der Familie und der Brautschaft genommen sind und schon in den Büchern der Propheten vorbereitet werden.
So ist die Kirche der Schafstall, dessen einzige und notwendige Tür Christus ist (Joh 10,1-10). Sie ist auch die Herde, als deren künftigen Hirten Gott selbst sich vorherverkündigt hat (vgl. Jes 40,11; Ez 34,11 ff). Wenngleich ihre Schafe von menschlichen Hirten geleitet werden, so werden sie dennoch immerfort von Christus, dem guten Hirten und dem Ersten der Hirten, geführt und genährt (vgl. Joh 10,11; 1 Petr 5,4), der sein Leben hingegeben hat für die Schafe (vgl. Joh 10,11-15).
Die Kirche ist die Pflanzung, der Acker Gottes (1 Kor 3,9). Auf jenem Acker wächst der alte Ölbaum, dessen heilige Wurzel die Patriarchen waren und in dem die Versöhnung von Juden und Heiden geschehen ist und geschehen wird (Röm 11,13-26). Sie ist vom himmlischen Ackerherrn als auserlesener Weingarten gepflanzt (Mt 21,33-43 par.; vgl. Jes 5,1ff). Der wahre Weinstock aber ist Christus, der den Rebzweigen Leben und Fruchtbarkeit gibt, uns nämlich, die wir durch die Kirche in ihm bleiben, und ohne den wir nichts tun können (Joh 15,1-5).
Des öftern wird die Kirche auch Gottes Bauwerk genannt (1 Kor 3,9). Der Herr selbst hat sich mit dem Stein verglichen, den die Bauleute verworfen haben, der aber zum Eckstein geworden ist (Mt 21,42 par.; vgl. Apg 4,11; 1 Petr 2,7; Ps 117 (118),22). Auf diesem Fundament wird die Kirche von den Aposteln erbaut (vgl. 1 Kor 3,11), von ihm empfängt sie Festigkeit und Zusammenhalt. Dieser Bau trägt verschiedene Benennungen: Haus Gottes (1 Tim 3,15), in dem nämlich die Familie Gottes wohnt, Wohnstatt Gottes im Geiste (Eph 2,19-22), Zelt Gottes unter den Menschen (Offb 21,3), vor allem aber heiliger Tempel, den die heiligen Väter in den steinernen Heiligtümern dargestellt sehen und preisen und der in der Liturgie mit Recht verglichen wird mit der heiligen Stadt, dem neuen Jerusalem<ref>Vgl. Origenes, In Mt. 16, 21: PG13, 1443C. Tertullian, Adv. Marc.3, 7: PL2, 357C; CSEL 47, 3, 386. Für die liturgischen Dokumente vgl. Sacramentarium Gregorianum: PL 78, 160B; oder C. Mohlberg, Liber Sacramentorum Romanæ Ecclesiæ (Rom 1960) 111, XC: "Gott, der du dir aus der ganzen Versammlung der Heiligen eine ewige Wohnstatt gründest ..." Hymnus "Urbs Ierusalem beata" im monastischen Brevier und "Cœlestis urbs Ierusalem" im Römischen Brevier.</ref>. In diesen Bau werden wir schon auf Erden als lebendige Steine eingefügt (1 Petr 2,5). Diese heilige Stadt sieht Johannes bei der Erneuerung der Welt aus dem Himmel von Gott herabsteigen, bereitet wie eine Braut, die geschmückt ist für ihren Mann (Offb 21,1 f).
Die Kirche wird auch bezeichnet als "das Jerusalem droben" und als "unsere Mutter" (Gal 4,26; vgl. Offb 12,17); sie wird beschrieben als die makellose Braut des makellosen Lammes (Offb 19,7; 21,2.9; 22,17); Christus hat sie "geliebt und sich für sie hingegeben, um sie zu heiligen" (Eph 5,26). In unauflöslichem Bund hat er sie zu sich genommen, immerfort "nährt und hegt er" sie (Eph 5,29). Nach seinem Willen soll sie als die von ihm Gereinigte ihm zugehören und in Liebe und Treue ihm untertan sein (vgl. Eph 5,24). Er hat sie schließlich auf ewig mit himmlischen Gütern überreich beschenkt, damit wir Gottes und Christi Liebe zu uns begreifen, die alles Einsehen übersteigt (vgl. Eph 3,19). Solange aber die Kirche hier auf Erden in Pilgerschaft fern vom Herrn lebt (vgl. 2 Kor 5,6), weiß sie sich in der Fremde, so dass sie sucht und sinnt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten des Vaters sitzt, wo das Leben der Kirche mit Christus in Gott verborgen ist, bis sie mit ihrem Bräutigam vereint in Herrlichkeit erscheint (vgl. Kol 3,1-4).
7. Gottes Sohn hat in der mit sich geeinten menschlichen Natur durch seinen Tod und seine Auferstehung den Tod besiegt und so den Menschen erlöst und ihn umgestaltet zu einem neuen Geschöpf (vgl. Gal 6,15; 2 Kor 5,17). Indem er nämlich seinen Geist mitteilte, hat er seine Brüder, die er aus allen Völkern zusammenrief, in geheimnisvoller Weise gleichsam zu seinem Leib gemacht.
In jenem Leibe strömt Christi Leben auf die Gläubigen über, die durch die Sakramente auf geheimnisvolle und doch wirkliche Weise mit Christus, der gelitten hat und verherrlicht ist, vereint werden<ref>Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theol. III., q. 62, a. 5, ad 1.</ref>. Durch die Taufe werden wir ja Christus gleichgestaltet: "Denn in einem Geiste sind wir alle getauft in einen Leib hinein" (1 Kor 12,13). Durch diesen heiligen Ritus wird die Vereinigung mit Tod und Auferstehung Christi dargestellt und bewirkt: "Wir sind nämlich mit ihm durch die Taufe hineinbegraben in den Tod"; wenn wir aber "eingepflanzt worden sind dem Gleichbild seines Todes, so werden wir es zugleich auch dem seiner Auferstehung sein" (Röm 6,4-5). Beim Brechen des eucharistischen Brotes erhalten wir wirklich Anteil am Leib des Herrn und werden zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander erhoben. "Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, alle, die an dem einen Brote teilhaben" (1 Kor 10,17). So werden wir alle zu Gliedern jenes Leibes (vgl. 1 Kor 12,27), "die Einzelnen aber untereinander Glieder" (Röm 12,5).
Wie aber alle Glieder des menschlichen Leibes, obschon sie viele sind, dennoch den einen Leib ausmachen, so auch die Gläubigen in Christus (vgl. 1 Kor 12,12). Auch bei der Auferbauung des Leibes Christi waltet die Verschiedenheit der Glieder und der Aufgaben. Der eine Geist ist es, der seine vielfältigen Gaben gemäß seinem Reichtum und den Erfordernissen der Dienste zum Nutzen der Kirche austeilt (vgl. 1 Kor 12,1-11). Unter diesen Gaben ragt die Gnade der Apostel heraus, deren Autorität der Geist selbst auch die Charismatiker unterstellt (vgl. 1 Kor 14). Derselbe Geist eint durch sich und durch seine Kraft wie durch die innere Verbindung der Glieder den Leib; er bringt die Liebe der Gläubigen untereinander hervor und treibt sie an. Folglich leiden, wenn ein Glied leidet, alle Glieder mit, und wenn ein Glied Ehre empfängt, freuen sich alle Glieder mit (vgl. 1 Kor 12,26).
Das Haupt dieses Leibes ist Christus. Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, und in ihm ist alles geschaffen. Er ist vor allem, und alles hat in ihm seinen Bestand. Er ist das Haupt des Leibes, welcher die Kirche ist. Er ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten, auf dass er in allem den Vorrang innehabe (vgl. Kol 1,15-18). Durch die Größe seiner Macht herrscht er über Himmlisches und Irdisches, und durch seine alles überragende Vollkommenheit und Wirksamkeit erfüllt er den ganzen Leib mit dem Reichtum seiner Herrlichkeit (vgl. Eph 1,18-23)<ref>Vgl. Pius XII., Enz. Mystici corporis, 29. Juni 1943: AAS 35 (1943) 208.</ref>.
Alle Glieder müssen ihm gleichgestaltet werden, bis Christus Gestalt gewinnt in ihnen (vgl. Gal 4,19). Deshalb werden wir aufgenommen in die Mysterien seines Erdenlebens, sind ihm gleichgestaltet, mit ihm gestorben und mit ihm auferweckt, bis wir mit ihm herrschen werden (vgl. Phil 3,21; 2 Tim 2,11; Eph 2,6; Kol 2,12 usw.). Solange wir auf Erden in Pilgerschaft sind und in Bedrängnis und Verfolgung ihm auf seinem Weg nachgehen, werden wir - gleichwie der Leib zum Haupt gehört - in sein Leiden hineingenommen; wir leiden mit ihm, um so mit ihm verherrlicht zu werden (vgl. Röm 8,17). Von ihm her "entfaltet sich der ganze Leib, durch Gelenke und Bänder getragen und zusammengehalten, im Wachstum Gottes" (Kol 2,19). Er selbst verfügt in seinem Leib, der Kirche, die Dienstgaben immerfort, vermöge deren wir durch seine Kraft uns gegenseitig Dienste leisten zum Heil, so dass wir, die Wahrheit in Liebe vollbringend, in allem auf ihn hin wachsen, der unser Haupt ist (vgl. Eph 4,11-16).
Damit wir aber in ihm unablässig erneuert werden (vgl. Eph 4,23), gab er uns von seinem Geist, der als der eine und gleiche im Haupt und in den Gliedern wohnt und den ganzen Leib so lebendig macht, eint und bewegt, dass die heiligen Väter sein Wirken vergleichen konnten mit der Aufgabe, die das Lebensprinzip - die Seele - im menschlichen Leibe erfüllt<ref>Vgl. Leo XlII., Enz. Divinum illud, 9. Mai 1897: ASS 29(1896-97) 650. Pius XII., Enz. Mystici corporis, a. a. O. 219 f; Denz. 2288 (3808). Augustinus, Serm. 268, 2: PL 38, 1232 u. ö. Johannes Chrysostomus, In Eph. Hom. 9, 3: PG 62, 72. Didymus v. Alex., Trin. 2,1: PG 39, 449f. Thomas von Aquin, In Col. 1, 18, lect. 5; ed. Marietti, II, n. 46: "Wie der eine Leib von der Einheit der Seele her konstituiert wird, so die Kirche von der Einheit des Geistes her ..."</ref>. Christus aber liebt die Kirche als seine Braut; er ist zum Urbild des Mannes geworden, der seine Gattin liebt wie seinen eigenen Leib (vgl. Eph 5,25-28); die Kirche ihrerseits ist ihrem Haupte untertan (ebd. 23-24). "Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig" (Kol 2,9). Die Kirche, die sein Leib und seine Fülle ist, erfüllt er mit seinen göttlichen Gaben (vgl. Eph 1,22-23), damit sie sich ausweite und gelange zu der ganzen Fülle Gottes (vgl. Eph 3,19).
8. Der einzige Mittler Christus hat seine heilige Kirche, die Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, hier auf Erden als sichtbares Gefüge verfaßt und trägt sie als solches unablässig<ref>Leo XIII., Enz. Sapientiae christianae, 10. Jan. 1890: ASS 22 (1889-90) 392. Ders., Enz. Satis cognitum, 29. Juni 1896: ASS 28 (1895-96) 710 u. 724ff. Pius XII., Enz. Mystici corporis, a. a. O. 199f.</ref>; so gießt er durch sie Wahrheit und Gnade auf alle aus. Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Größen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst<ref>Vgl. Pius XII., Enz. Mystici corporis, a. a. O. 221ff. Ders., Enz. Humani generis, 12. Aug. 1950: AAS 42 (1950) 571.</ref>. Deshalb ist sie in einer nicht unbedeutenden Analogie dem Mysterium des fleischgewordenen Wortes ähnlich. Wie nämlich die angenommene Natur dem göttlichen Wort als lebendiges, ihm unlöslich geeintes Heilsorgan dient, so dient auf eine ganz ähnliche Weise das gesellschaftliche Gefüge der Kirche dem Geist Christi, der es belebt, zum Wachstum seines Leibes (vgl. Eph 4,16)<ref>Leo XIII., Enz. Satis cognitum, a. a. O. 713.</ref>.
Dies ist die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen<ref>Vgl. Symbolum Apostolicum: Denz. 6-9 (10-13); Symbolum Nicæno- Constantinopolitanum: Denz. 86 (150); aufgenommen in Professio fidei Tridentina: Denz. 994 u. 999 (1862 u. 1868).</ref>. Sie zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen (Joh 21,17), ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und Leitung anvertraut (vgl. Mt 28,18 ff), für immer hat er sie als "Säule und Feste der Wahrheit" errichtet (1 Tim 3,15). Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und geordnet, ist verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird<ref>Die Formel "Sancta (catholica apostolica) Romana Ecclesia" findet sich in Professio fidei Tridentina, a. a. O. und in Conc. Vat. I, Sess. III., Const. dogm. de fide cath.: Denz. 1782 (3001).</ref>. Das schließt nicht aus, dass außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen. Wie aber Christus das Werk der Erlösung in Armut und Verfolgung vollbrachte, so ist auch die Kirche berufen, den gleichen Weg einzuschlagen, um die Heilsfrucht den Menschen mitzuteilen. Christus Jesus hat, "obwohl er doch in Gottesgestalt war, ... sich selbst entäußert und Knechtsgestalt angenommen" (Phil 2,6); um unseretwillen "ist er arm geworden, obgleich er doch reich war" (2 Kor 8,9). So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten. Christus wurde vom Vater gesandt, "den Armen frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind" (Lk 4,18), "zu suchen und zu retten, was verloren war" (Lk 19,10). In ähnlicher Weise umgibt die Kirche alle mit ihrer Liebe, die von menschlicher Schwachheit angefochten sind, ja in den Armen und Leidenden erkennt sie das Bild dessen, der sie gegründet hat und selbst ein Armer und Leidender war. Sie müht sich, deren Not zu erleichtern, und sucht Christus in ihnen zu dienen. Während aber Christus heilig, schuldlos, unbefleckt war (Hebr 7,26) und Sünde nicht kannte (2 Kor 5,21), sondern allein die Sünden des Volkes zu sühnen gekommen ist (vgl. Hebr 2,17), umfaßt die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung. Die Kirche "schreitet zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes auf ihrem Pilgerweg dahin"<ref>Augustinus, Civ. Dei, XVIIl, 51, 2: PL 41, 614.</ref> und verkündet das Kreuz und den Tod des Herrn, bis er wiederkommt (vgl. 1 Kor 11,26). Von der Kraft des auferstandenen Herrn aber wird sie gestärkt, um ihre Trübsale und Mühen, innere gleichermaßen wie äußere, durch Geduld und Liebe zu besiegen und sein Mysterium, wenn auch schattenhaft, so doch getreu in der Welt zu enthüllen, bis es am Ende im vollen Lichte offenbar werden wird.
KAPITEL II:DAS VOLK GOTTES
9. Zu aller Zeit und in jedem Volk ruht Gottes Wohlgefallen auf jedem, der ihn fürchtet und gerecht handelt (vgl. Apg 10,35). Gott hat es aber gefallen, die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll.
So hat er sich das Volk Israel zum Eigenvolk erwählt und hat mit ihm einen Bund geschlossen und es Stufe für Stufe unterwiesen. Dies tat er, indem er sich und seinen Heilsratschluß in dessen Geschichte offenbarte und sich dieses Volk heiligte. Dies alles aber wurde zur Vorbereitung und zum Vorausbild jenes neuen und vollkommenen Bundes, der in Christus geschlossen, und der volleren Offenbarung, die durch das Wort Gottes selbst in seiner Fleischwerdung übermittelt werden sollte. "Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da schließe ich mit dem Hause Israel und dem Hause Juda einen neuen Bund ... Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres geben, und ihrem Herzen will ich es einschreiben, und ich werde ihnen Gott sein, und sie werden mir zum Volke sein ... Alle nämlich werden mich kennen, vom Kleinsten bis zum Größten, spricht der Herr" (Jer 31,31-34). Diesen neuen Bund hat Christus gestiftet, das Neue Testament nämlich in seinem Blute (vgl. 1 Kor 11,25). So hat er sich aus Juden und Heiden ein Volk berufen, das nicht dem Fleische nach, sondern im Geiste zur Einheit zusammenwachsen und das neue Gottesvolk bilden sollte. Die an Christus glauben, werden nämlich, durch das Wort des lebendigen Gottes (vgl. 1 Petr 1,23) wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nicht aus dem Fleische, sondern aus dem Wasser und dem Heiligen Geist (vgl. Joh 3,5-6), schließlich gemacht zu "einem auserwählten Geschlecht, einem königlichen Priestertum ..., einem heiligen Stamm, einem Volk der Erwerbung ... Die einst ein Nicht-Volk waren, sind jetzt Gottes Volk" (1 Petr 2,9-10).
Dieses messianische Volk hat zum Haupte Christus, "der hingegeben worden ist wegen unserer Sünden und auferstanden ist um unserer Rechtfertigung willen" (Röm 4,25) und jetzt voll Herrlichkeit im Himmel herrscht, da er den Namen über allen Namen erlangt hat. Seinem Stande eignet die Würde und die Freiheit der Kinder Gottes, in deren Herzen der Heilige Geist wie in einem Tempel wohnt. Sein Gesetz ist das neue Gebot (vgl. Joh 13,34), zu lieben, wie Christus uns geliebt hat. Seine Bestimmung endlich ist das Reich Gottes, das von Gott selbst auf Erden grundgelegt wurde, das sich weiter entfalten muss, bis es am Ende der Zeiten von ihm auch vollendet werde, wenn Christus, unser Leben (vgl. Kol 3,4), erscheinen wird und "die Schöpfung selbst von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes befreit wird" (Röm 8,21). So ist denn dieses messianische Volk, obwohl es tatsächlich nicht alle Menschen umfaßt und gar oft als kleine Herde erscheint, für das ganze Menschengeschlecht die unzerstörbare Keimzelle der Einheit, der Hoffnung und des Heils. Von Christus als Gemeinschaft des Lebens, der Liebe und der Wahrheit gestiftet, wird es von ihm auch als Werkzeug der Erlösung angenommen und als Licht der Welt und Salz der Erde (vgl. Mt 5,13-16) in alle Welt gesandt.
Wie aber schon das Israel dem Fleische nach auf seiner Wüstenwanderung Kirche Gottes genannt wird (2 Esr 13,1; vgl. Num 20,4; Dtn 23,1ff), so wird auch das neue Israel, das auf der Suche nach der kommenden und bleibenden Stadt (vgl. Hebr 13,14) in der gegenwärtigen Weltzeit einherzieht, Kirche Christi genannt (vgl. Mt 16,18). Er selbst hat sie ja mit seinem Blut erworben (vgl. Apg 20,28), mit seinem Geiste erfüllt und mit geeigneten Mitteln sichtbarer und gesellschaftlicher Einheit ausgerüstet. Gott hat die Versammlung derer, die zu Christus als dem Urheber des Heils und dem Ursprung der Einheit und des Friedens glaubend aufschauen, als seine Kirche zusammengerufen und gestiftet, damit sie allen und jedem das sichtbare Sakrament dieser heilbringenden Einheit sei<ref>Vgl. Cyprian, Epist. 69, 6: PL 3, 1142 B; Hartel 3 B, 754: "Das unauflösliche Sakrament der Einheit".</ref>. Bestimmt zur Verbreitung über alle Länder, tritt sie in die menschliche Geschichte ein und übersteigt doch zugleich Zeiten und Grenzen der Völker. Auf ihrem Weg durch Prüfungen und Trübsal wird die Kirche durch die Kraft der ihr vom Herrn verheißenen Gnade Gottes gestärkt, damit sie in der Schwachheit des Fleisches nicht abfalle von der vollkommenen Treue, sondern die würdige Braut ihres Herrn verbleibe und unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes nicht aufhöre, sich selbst zu erneuern, bis sie durch das Kreuz zum Lichte gelangt, das keinen Untergang kennt.
10. Christus der Herr, als Hoherpriester aus den Menschen genommen (vgl. Hebr 5,1-5), hat das neue Volk "zum Königreich und zu Priestern für Gott und seinen Vater gemacht" (vgl. Offb 1,6; 5,9-10). Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu einem geistigen Bau und einem heiligen Priestertum geweiht, damit sie in allen Werken eines christlichen Menschen geistige Opfer darbringen und die Machttaten dessen verkünden, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat (vgl. 1 Petr 2,4-10). So sollen alle Jünger Christi ausharren im Gebet und gemeinsam Gott loben (vgl. Apg 2,42-47) und sich als lebendige, heilige, Gott wohlgefällige Opfergabe darbringen (vgl. Röm 12,1); überall auf Erden sollen sie für Christus Zeugnis geben und allen, die es fordern, Rechenschaft ablegen von der Hoffnung auf das ewige Leben, die in ihnen ist (vgl. 1 Petr 3,15). Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen aber und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach. Dennoch sind sie einander zugeordnet: das eine wie das andere nämlich nimmt je auf besondere Weise am Priestertum Christi teil<ref>Vgl. Pius XII., Anspr. Magnificate Dominum, 2. Nov. 1954: AAS 46 (1954) 669. Ders., Enz. Mediator Dei, 20. Nov. 1947: AAS 39 (1947) 555.</ref>. Der Amtspriester nämlich bildet kraft seiner heiligen Gewalt, die er innehat, das priesterliche Volk heran und leitet es; er vollzieht in der Person Christi das eucharistische Opfer und bringt es im Namen des ganzen Volkes Gott dar; die Gläubigen hingegen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit<ref>Vgl. Pius XI., Enz. Miserentissimus redemptor, 8. Mai 1928: AAS 20 (1928) 171f. Pius XII., Anspr. Vous nous avez, 22. Sept. 1956: AAS 48 (1956) 714.</ref> und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe.
11. Das heilige und organisch verfaßte Wesen dieser priesterlichen Gemeinschaft vollzieht sich sowohl durch die Sakramente wie durch ein tugendhaftes Leben. Durch die Taufe der Kirche eingegliedert, werden die Gläubigen durch das Prägemal zur christlichen Gottesverehrung bestellt, und, wiedergeboren zu Söhnen Gottes, sind sie gehalten, den von Gott durch die Kirche empfangenen Glauben vor den Menschen zu bekennen<ref>Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theol. III., q. 63, a. 2.</ref>. Durch das Sakrament der Firmung werden sie vollkommener der Kirche verbunden und mit einer besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet. So sind sie in strengerer Weise verpflichtet, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zugleich zu verbreiten und zu verteidigen<ref>Vgl. Cyrill von Jerusalem, Catech. 17, de Spiritu Sancto, II, 35-37: PG 33, 1009-1012. Nik. Kabasilas, De vita in Christo, lib. III., de utilitate chrismatis: PG 150, 569-580. Thomas von Aquin, Summa Theol. III., q. 65, a.3 u. q. 72, a. 1 u. 5.</ref>. In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie das göttliche Opferlamm Gott dar und sich selbst mit ihm<ref>Vgl. Pius XII., Enz. Mediator dei, 20. Nov. 1947: AAS 39 (1947) bes. s. 552f.</ref>; so übernehmen alle bei der liturgischen Handlung ihren je eigenen Teil, sowohl in der Darbringung wie in der heiligen Kommunion, nicht unterschiedslos, sondern jeder auf seine Art. Durch den Leib Christi in der heiligen Eucharistiefeier gestärkt, stellen sie sodann die Einheit des Volkes Gottes, die durch dieses hocherhabene Sakrament sinnvoll bezeichnet und wunderbar bewirkt wird, auf anschauliche Weise dar.
Die aber zum Sakrament der Buße hinzutreten, erhalten für ihre Gott zugefügten Beleidigungen von seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit der Kirche versöhnt, die sie durch die Sünde verwundet haben und die zu ihrer Bekehrung durch Liebe, Beispiel und Gebet mitwirkt. Durch die heilige Krankensalbung und das Gebet der Priester empfiehlt die ganze Kirche die Kranken dem leidenden und verherrlichten Herrn, dass er sie aufrichte und rette (vgl. Jak 5,14-16), ja sie ermahnt sie, sich bewußt dem Leiden und dem Tode Christi zu vereinigen (vgl. Röm 8,17; Kol 1,24; 2 Tim 2,11-12; 1 Petr 4,13) und so zum Wohle des Gottesvolkes beizutragen. Wer sodann unter den Gläubigen die heilige Weihe empfängt, wird im Namen Christi dazu bestellt, die Kirche durch das Wort und die Gnade Gottes zu weiden. Die christlichen Gatten endlich bezeichnen das Geheimnis der Einheit und der fruchtbaren Liebe zwischen Christus und der Kirche und bekommen daran Anteil (vgl. Eph 5,32). Sie fördern sich kraft des Sakramentes der Ehe gegenseitig zur Heiligung durch das eheliche Leben sowie in der Annahme und Erziehung der Kinder und haben so in ihrem Lebensstand und in ihrer Ordnung ihre eigene Gabe im Gottesvolk (vgl. 1 Kor 7,7)<ref> 1 Kor 7,7: "Jeder hat seine eigene Gnadengabe (idion charisma) von Gott: der eine so, der andere aber so." Vgl. Augustinus, De Dono Persev. 14, 37: PL 45, 1015 f: "Nicht nur die Enthaltsamkeit ist eine Gabe Gottes, sondern auch die Keuschheit der Verheirateten."</ref>. Aus diesem Ehebund nämlich geht die Familie hervor, in der die neuen Bürger der menschlichen Gesellschaft geboren werden, die durch die Gnade des Heiligen Geistes in der Taufe zu Söhnen Gottes gemacht werden, um dem Volke Gottes im Fluß der Zeiten Dauer zu verleihen. In solch einer Art Hauskirche sollen die Eltern durch Wort und Beispiel für ihre Kinder die ersten Glaubensboten sein und die einem jeden eigene Berufung fördern, die geistliche aber mit besonderer Sorgfalt.
Mit so reichen Mitteln zum Heile ausgerüstet, sind alle Christgläubigen in allen Verhältnissen und in jedem Stand je auf ihrem Wege vom Herrn berufen zu der Vollkommenheit in Heiligkeit, in der der Vater selbst vollkommen ist.
12. Das heilige Gottesvolk nimmt auch teil an dem prophetischen Amt Christi, in der Verbreitung seines lebendigen Zeugnisses vor allem durch ein Leben in Glauben und Liebe, in der Darbringung des Lobesopfers an Gott als Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen (vgl. Hebr 13,15). Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie "von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien"<ref>Vgl. Augustinus, De Præd. Sanct. 14, 27: PL 44, 980.</ref> ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert. Durch jenen Glaubenssinn nämlich, der vom Geist der Wahrheit geweckt und genährt wird, hält das Gottesvolk unter der Leitung des heiligen Lehramtes, in dessen treuer Gefolgschaft es nicht mehr das Wort von Menschen, sondern wirklich das Wort Gottes empfängt (vgl. 1 Thess 2,13), den einmal den Heiligen übergebenen Glauben (vgl. Jud 3) unverlierbar fest. Durch ihn dringt es mit rechtem Urteil immer tiefer in den Glauben ein und wendet ihn im Leben voller an.
Derselbe Heilige Geist heiligt außerdem nicht nur das Gottesvolk durch die Sakramente und die Dienstleistungen, er führt es nicht nur und bereichert es mit Tugenden, sondern "teilt den Einzelnen, wie er will" (1 Kor 12,11), seine Gaben aus und verteilt unter den Gläubigen jeglichen Standes auch besondere Gnaden. Durch diese macht er sie geeignet und bereit, für die Erneuerung und den vollen Aufbau der Kirche verschiedene Werke und Dienste zu übernehmen gemäß dem Wort: "Jedem wird der Erweis des Geistes zum Nutzen gegeben" (1 Kor 12,7). Solche Gnadengaben, ob sie nun von besonderer Leuchtkraft oder aber schlichter und allgemeiner verbreitet sind, müssen mit Dank und Trost angenommen werden, da sie den Nöten der Kirche besonders angepaßt und nützlich sind. Außerordentliche Gaben soll man aber nicht leichthin erstreben. Man darf auch nicht vermessentlich Früchte für die apostolische Tätigkeit von ihnen erwarten. Das Urteil über ihre Echtheit und ihren geordneten Gebrauch steht bei jenen, die in der Kirche die Leitung haben und denen es in besonderer Weise zukommt, den Geist nicht auszulöschen, sondern alles zu prüfen und das Gute zu behalten (vgl. 1 Thess 5,12.19-21).
13. Zum neuen Gottesvolk werden alle Menschen gerufen. Darum muss dieses Volk eines und ein einziges bleiben und sich über die ganze Welt und durch alle Zeiten hin ausbreiten. So soll sich das Ziel des Willens Gottes erfüllen, der das Menschengeschlecht am Anfang als eines gegründet und beschlossen hat, seine Kinder aus der Zerstreuung wieder zur Einheit zu versammeln (vgl. Joh 11,52). Dazu sandte nämlich Gott seinen Sohn, den er zum Erben des Alls gemacht hat (vgl. Hebr 1,2), dass er Lehrer, König und Priester aller sei, das Haupt des neuen und allumfassenden Volkes der Söhne Gottes. Dazu sandte Gott schließlich den Geist seines Sohnes, den Herrn und Lebensspender, der für die ganze Kirche und die Gläubigen einzeln und insgesamt der Urgrund der Vereinigung und Einheit in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet ist (vgl. Apg 2,42).
In allen Völkern der Erde wohnt also dieses eine Gottesvolk, da es aus ihnen allen seine Bürger nimmt, Bürger eines Reiches freilich nicht irdischer, sondern himmlischer Natur. Alle über den Erdkreis hin verstreuten Gläubigen stehen mit den übrigen im Heiligen Geiste in Gemeinschaft, und so weiß "der, welcher zu Rom wohnt, dass die Inder seine Glieder sind"<ref>Vgl. Johannes Chrysostomus, In Io. Hom. 65, 1: PG 59, 361.</ref>. Da aber das Reich Christi nicht von dieser Welt ist (vgl. Joh 18,36), so entzieht die Kirche oder das Gottesvolk mit der Verwirklichung dieses Reiches nichts dem zeitlichen Wohl irgendeines Volkes. Vielmehr fördert und übernimmt es Anlagen, Fähigkeiten und Sitten der Völker, soweit sie gut sind. Bei dieser Übernahme reinigt, kräftigt und hebt es sie aber auch. Sie ist dessen eingedenk, dass sie mit jenem König sammeln muss, dem die Völker zum Erbe gegeben sind (vgl. Ps 2,) und in dessen Stadt sie Gaben und Geschenke herbeibringen (vgl. Ps 71 (72),10; Jes 60,4-7; Offb 21,24). Diese Eigenschaft der Weltweite, die das Gottesvolk auszeichnet, ist Gabe des Herrn selbst. In ihr strebt die katholische Kirche mit Tatkraft und Stetigkeit danach, die ganze Menschheit mit all ihren Gütern unter dem einen Haupt Christus zusammenzufassen in der Einheit seines Geistes<ref>Vgl. Irenäus, Adv. Hær. III., 16, 6; III., 22, 1-3: PG 7, 925 C - 926 A u. 955 C bis 958 A; Harvey 2, 87 f u. 120-123; ed. Sagnard, Sources Chrét., 290-292 u. 372ff.</ref>.
Kraft dieser Katholizität bringen die einzelnen Teile ihre eigenen Gaben den übrigen Teilen und der ganzen Kirche hinzu, so dass das Ganze und die einzelnen Teile zunehmen aus allen, die Gemeinschaft miteinander halten und zur Fülle in Einheit zusammenwirken. So kommt es, dass das Gottesvolk nicht nur aus den verschiedenen Völkern sich sammelt, sondern auch in sich selbst aus verschiedenen Ordnungen gebildet wird. Unter seinen Gliedern herrscht eine Verschiedenheit, sei es in den Ämtern, da manche im heiligen Dienst zum Nutzen ihrer Brüder wirken, sei es in Stand und Lebensordnung, da viele im Ordensstand auf einem engeren Weg nach Heiligkeit trachten und die Brüder durch ihr Beispiel anspornen. Darum gibt es auch in der kirchlichen Gemeinschaft zu Recht Teilkirchen, die sich eigener Überlieferungen erfreuen, unbeschadet des Primats des Stuhles Petri, welcher der gesamten Liebesgemeinschaft vorsteht<ref>Vgl. Ignatius v. A., Ad Rom., Vorrede: ed. Funk I, 252.</ref>, die rechtmäßigen Verschiedenheiten schützt und zugleich darüber wacht, dass die Besonderheiten der Einheit nicht nur nicht schaden, sondern ihr vielmehr dienen. Daher bestehen schließlich zwischen den verschiedenen Teilen der Kirche die Bande einer innigen Gemeinschaft der geistigen Güter, der apostolischen Arbeiter und der zeitlichen Hilfsmittel. Zu dieser Gütergemeinschaft nämlich sind die Glieder des Gottesvolkes berufen, und auch von den Einzelkirchen gelten die Worte des Apostels: "Dienet einander, jeder mit der Gnadengabe, wie er sie empfangen hat, als gute Verwalter der vielfältigen Gnadengaben Gottes" (1 Petr 4,10).
Zu dieser katholischen Einheit des Gottesvolkes, die den allumfassenden Frieden bezeichnet und fördert, sind alle Menschen berufen. Auf verschiedene Weise gehören ihr zu oder sind ihr zugeordnet die katholischen Gläubigen, die anderen an Christus Glaubenden und schließlich alle Menschen überhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heile berufen sind.
14. Den katholischen Gläubigen wendet die Heilige Synode besonders ihre Aufmerksamkeit zu. Gestützt auf die Heilige Schrift und die Tradition, lehrt sie, dass diese pilgernde Kirche zum Heile notwendig sei. Christus allein ist Mittler und Weg zum Heil, der in seinem Leib, der Kirche, uns gegenwärtig wird; indem er aber selbst mit ausdrücklichen Worten die Notwendigkeit des Glaubens und der Taufe betont hat (vgl. Mk 16,16; Joh 3,5), hat er zugleich die Notwendigkeit der Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Türe eintreten, bekräftigt. Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten. Jene werden der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft. Nicht gerettet wird aber, wer, obwohl der Kirche eingegliedert, in der Liebe nicht verharrt und im Schoße der Kirche zwar "dem Leibe", aber nicht "dem Herzen" nach verbleibt<ref>Vgl. Augustinus, Bapt. c. Donat. V, 28, 39: PL 43, 197: "Ganz offenbar ist die Redeweise:,in der Kirche drinnen oder draußen' vom Herzen, nicht vom Leibe zu verstehen " Vgl. ebd. III., 19, 26: Sp. 152; V, 18, 24: Sp. 189; In Io. Tr. 61, 2: PL 35, 1800; und anderwärts oft.</ref>. Alle Söhne der Kirche sollen aber dessen eingedenk sein, dass ihre ausgezeichnete Stellung nicht den eigenen Verdiensten, sondern der besonderen Gnade Christi zuzuschreiben ist; wenn sie ihr im Denken, Reden und Handeln nicht entsprechen, wird ihnen statt Heil strengeres Gericht zuteil<ref>Vgl. Lk 12,48: "Von dem aber, dem viel gegeben ist, wird viel verlangt werden " Vgl. auch Mt 5,19-20; 7,21-22; 25,41-46; Jak 2,14.</ref>.
Die Katechumenen, die, getrieben vom Heiligen Geist, mit ausdrücklicher Willensäußerung um Aufnahme in die Kirche bitten, werden durch eben dieses Begehren mit ihr verbunden. Die Mutter Kirche umfaßt sie schon in liebender Sorge als die Ihrigen.
15. Mit jenen, die durch die Taufe der Ehre des Christennamens teilhaft sind, den vollen Glauben aber nicht bekennen oder die Einheit der Gemeinschaft unter dem Nachfolger Petri nicht wahren, weiß sich die Kirche aus mehrfachem Grunde verbunden<ref>Vgl. Leo XIII., Apost. Schreiben Præclara gratulationis, 20. Juni 1894: ASS 26 (1893-94) 707.</ref>. Viele nämlich halten die Schrift als Glaubens- und Lebensnorm in Ehren, zeigen einen aufrichtigen religiösen Eifer, glauben in Liebe an Gott, den allmächtigen Vater, und an Christus, den Sohn Gottes und Erlöser<ref>Vgl. Leo XIII., Enz. Satis cognitum, 29. Juni 1896: ASS 28 (1895-96) 738. Ders., Enz. Caritatis studium, 25. Juli 1898: ASS 31 (1898-99) 11. Pius XII., Radiobotschaft Nell'alba, 24. Dez. 1941: AAS 34 (1942) 21.</ref>, empfangen das Zeichen der Taufe, wodurch sie mit Christus verbunden werden; ja sie anerkennen und empfangen auch andere Sakramente in ihren eigenen Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften. Mehrere unter ihnen besitzen auch einen Episkopat, feiern die heilige Eucharistie und pflegen die Verehrung der jungfräulichen Gottesmutter<ref>Vgl. Pius XI., Enz. Rerum orientalium, 8. Sept. 1928: AAS 20 (1928) 287. Pius XII., Enz. Orientalis ecclesiae, 9. April 1944: AAS 36 (1944) 137.</ref>. Dazu kommt die Gemeinschaft im Gebet und in anderen geistlichen Gütern; ja sogar eine wahre Verbindung im Heiligen Geiste, der in Gaben und Gnaden auch in ihnen mit seiner heiligenden Kraft wirksam ist und manche von ihnen bis zur Vergießung des Blutes gestärkt hat. So erweckt der Geist in allen Jüngern Christi Sehnsucht und Tat, dass alle in der von Christus angeordneten Weise in der einen Herde unter dem einen Hirten in Frieden geeint werden mögen<ref>Vgl. Instruktion des Heiligen Offiziums vom 20. Dez. 1949: AAS 42 (1950) 142.</ref>. Um dies zu erlangen, betet, hofft und wirkt die Mutter Kirche unaufhörlich, ermahnt sie ihre Söhne zur Läuterung und Erneuerung, damit das Zeichen Christi auf dem Antlitz der Kirche klarer erstrahle.
16. Diejenigen endlich, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, sind auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet<ref>Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theol. III., q. 8, a. 3, ad 1.</ref>. In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die Verheißungen gegeben worden sind und aus dem Christus dem Fleische nach geboren ist (vgl. Röm 9,4-5), dieses seiner Erwählung nach um der Väter willen so teure Volk: die Gaben und Berufung Gottes nämlich sind ohne Reue (vgl. Röm 11,28-29). Der Heilswille umfaßt aber auch die, welche den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslim, die sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird. Aber auch den anderen, die in Schatten und Bildern den unbekannten Gott suchen, auch solchen ist Gott nicht ferne, da er allen Leben und Atem und alles gibt (vgl. Apg 17,25-28) und als Erlöser will, dass alle Menschen gerettet werden (vgl. 1 Tim 2,4). Wer nämlich das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott aber aus ehrlichem Herzen sucht, seinen im Anruf des Gewissens erkannten Willen unter dem Einfluß der Gnade in der Tat zu erfüllen trachtet, kann das ewige Heil erlangen<ref>Vgl. Brief des Heiligen Offiziums an den Erzbischof von Boston: Denz. 3869 bis 3872.</ref>. Die göttliche Vorsehung verweigert auch denen das zum Heil Notwendige nicht, die ohne Schuld noch nicht zur ausdrücklichen Anerkennung Gottes gekommen sind, jedoch, nicht ohne die göttliche Gnade, ein rechtes Leben zu führen sich bemühen. Was sich nämlich an Gutem und Wahrem bei ihnen findet, wird von der Kirche als Vorbereitung für die Frohbotschaft<ref>Vgl. Eusebius von Cäsarea, Præparatio Evangelica 1, 1: PG 21, 28 AB.</ref> und als Gabe dessen geschätzt, der jeden Menschen erleuchtet, damit er schließlich das Leben habe. Vom Bösen getäuscht, wurden freilich die Menschen oft eitel in ihren Gedanken, vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge und dienten der Schöpfung mehr als dem Schöpfer (vgl. Röm 1,21.25) oder sind, ohne Gott in dieser Welt lebend und sterbend, der äußersten Verzweiflung ausgesetzt. Daher ist die Kirche eifrig bestrebt, zur Ehre Gottes und zum Nutzen des Heils all dieser Menschen die Missionen zu fördern, eingedenk des Befehls des Herrn, der gesagt hat: "Predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung" (Mk 16,15).
17. Wie nämlich der Sohn vom Vater gesandt ist, so hat er selbst die Apostel gesandt (vgl. Joh 20,21) mit den Worten: "Gehet hin und lehret alle Völker, taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt" (Mt 28,18-20). Diesen feierlichen Auftrag Christi zur Verkündigung der Heilswahrheit hat die Kirche von den Aposteln erhalten und muss ihn erfüllen bis zu den Grenzen der Erde (vgl. Apg 1,8). Daher macht sie sich die Worte des Apostels zu eigen: "Weh ... mir, wenn ich die Frohbotschaft nicht verkünde!" (1 Kor 9,16.) Unablässig fährt sie darum fort, Verkünder auszusenden, bis die neuen Kirchen voll errichtet sind und auch selbst das Werk der Verkündigung fortsetzen können. Sie wird nämlich vom Heiligen Geiste angetrieben, mitzuwirken, dass der Ratschluß Gottes, der Christus zum Ursprung des Heils für die ganze Welt bestellt hat, tatsächlich ausgeführt werde. In der Verkündigung der Frohbotschaft sucht die Kirche die Hörer zum Glauben und zum Bekenntnis des Glaubens zu bringen, bereitet sie für die Taufe vor, befreit sie aus der Knechtschaft des Irrtums und gliedert sie Christus ein, damit sie durch die Liebe bis zur Fülle in ihn hineinwachsen. Ihre Mühe aber bewirkt, dass aller Same des Guten, der sich in Herz und Geist der Menschen oder in den eigenen Riten und Kulturen der Völker findet, nicht nur nicht untergehe, sondern geheilt, erhoben und vollendet werde zur Ehre Gottes, zur Beschämung des Teufels und zur Seligkeit des Menschen. Jedem Jünger Christi obliegt die Pflicht, nach seinem Teil den Glauben auszusäen<ref>Vgl. Benedikt XV., Apost. Schreiben Maximum illud: AAS 11 (1919) 440, bes. S. 451ff. Pius XI., Enz. Rerum Ecclesiæ: AAS 18 (1926) 68-69. Pius XII., Enz. Fidei donum, 21. April 1957: AAS 49 (1957) 236-237.</ref>. Wenn auch jeder die Glaubenden taufen kann, so ist es doch Sache des Priesters, die Auferbauung des Leibes durch das eucharistische Opfer zu vollenden und so die Worte Gottes, die er durch den Propheten gesprochen hat, zu erfüllen: "Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang ist mein Name groß unter den Völkern, und an jedem Ort wird geopfert und meinem Namen eine reine Opfergabe dargebracht" (Mal 1,11) <ref>Vgl. Didache, 14: ed. Funk I, 32. Justin, Dial. 41: PG 6, 564. Irenäus, Adv. Hær. IV, 17, 5: PG 7, 1023; Harvey 2, 199f. Konzil von Trient, sess. 22, cap. 1: Denz. 939 (1742).</ref>. So aber betet und arbeitet die Kirche zugleich, dass die Fülle der ganzen Welt in das Volk Gottes eingehe, in den Leib des Herrn und den Tempel des Heiligen Geistes, und dass in Christus, dem Haupte aller, jegliche Ehre und Herrlichkeit dem Schöpfer und Vater des Alls gegeben werde.
KAPITEL III: DIE HIERARCHISCHE VERFASSUNG DER KIRCHE, INSBESONDERE DAS BISCHOFSAMT
18. Um Gottes Volk zu weiden und immerfort zu mehren, hat Christus der Herr in seiner Kirche verschiedene Dienstämter eingesetzt, die auf das Wohl des ganzen Leibes ausgerichtet sind. Denn die Amtsträger, die mit heiliger Vollmacht ausgestattet sind, stehen im Dienste ihrer Brüder, damit alle, die zum Volke Gottes gehören und sich daher der wahren Würde eines Christen erfreuen, in freier und geordneter Weise sich auf das nämliche Ziel hin ausstrecken und so zum Heile gelangen. Diese Heilige Synode setzt den Weg des ersten Vatikanischen Konzils fort und lehrt und erklärt feierlich mit ihm, dass der ewige Hirt Jesus Christus die heilige Kirche gebaut hat, indem er die Apostel sandte wie er selbst gesandt war vom Vater (vgl. Joh 20,21). Er wollte, dass deren Nachfolger, das heißt die Bischöfe, in seiner Kirche bis zur Vollendung der Weltzeit Hirten sein sollten. Damit aber der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, hat er den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft eingesetzt<ref>Vgl. I. Vat. Konzil, Sess. IV, Const. Dogm. Pastor æternus: Denz. 1821 (3050f).</ref>. Diese Lehre über Einrichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden heiligen Primates sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor. Das damals Begonnene fortführend, hat sie sich entschlossen, nun die Lehre von den Bischöfen, den Nachfolgern der Apostel, die mit dem Nachfolger Petri, dem Stellvertreter Christi<ref>Vgl. Konzil v. Florenz, Decretum pro Græcis: Denz. 694 (1307) u. I. Vat. Konzil: ebd. Denz. 1826 (3059).</ref> und sichtbaren Haupt der ganzen Kirche, zusammen das Haus des lebendigen Gottes leiten, vor allen zu bekennen und zu erklären.
19. Der Herr Jesus rief, nachdem er sich betend an den Vater gewandt hatte, die zu sich, die er selbst wollte, und bestimmte zwölf, dass sie mit ihm seien und er sie sende, das Reich Gottes zu verkündigen (vgl. Mk 3,13-19; Mt 10,1-42). Diese Apostel (vgl. Lk 6,13) setzte er nach Art eines Kollegiums oder eines festen Kreises ein, an dessen Spitze er den aus ihrer Mitte erwählten Petrus stellte (vgl. Joh 21,15-17). Er sandte sie zuerst zu den Kindern Israels und dann zu allen Völkern (vgl. Röm 1,16), damit sie in Teilhabe an seiner Gewalt alle Völker zu seinen Jüngern machten und sie heiligten und leiteten (vgl. Mt 28,16 bis 20; Mk 16,15; Lk 24,45-48; Joh 20,21-23). So sollten sie die Kirche ausbreiten und unter der Leitung des Herrn durch ihren Dienst weiden alle Tage bis zum Ende der Welt (vgl. Mt 28,20). In dieser Sendung wurden sie am Pfingsttag voll bekräftigt (vgl. Apg 2,1-26) gemäß der Verheißung des Herrn: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der über euch kommen wird, und werdet mir Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis ans Ende der Erde" (Apg 1,8). Die Apostel aber verkündigten allenthalben die frohe Botschaft (vgl. Mk 16,20), die von den Hörenden kraft des Heiligen Geistes angenommen wurde, und versammelten so die universale Kirche, die der Herr in den Aposteln gegründet und auf den heiligen Petrus, ihren Vorsteher, gebaut hat, wobei Christus Jesus selbst der Eckstein ist (vgl. Offb 21,14; Mt 16,18; Eph 2,20)<ref>Vgl. Liber sacramentorum S. Gregorii, Präfationen zu den Festen St. Matthias u. St. Thomas: PL 78, 51 u. 152; vgl. Cod. Vat. lat. 3548,f. 18. Hilarius v. Poitiers, In Ps. 67, 10: PL 9, 450; CSEL 22, 286. Hieronymus, Adv. Jovin. 1, 26: PL 23, 247A. Augustinus, In Ps. 86, 4: PL 37, 1103. Gregor der Große, Mor. in Iob, XXVIIl, V: PL 76, 455-456. Primasius, Comm. in Apoc. V: PL 68, 924BC. Paschasius Radb., In Mt. L. VIII., Kap. 16: PL 120, 561 C. Vgl. Leo XIII., Epist. Et sane, 17. Dez. 1888: ASS 21 (1888) 321.</ref>.
20. Jene göttliche Sendung, die Christus den Aposteln anvertraut hat, wird bis zum Ende der Welt dauern (vgl. Mt 28,20). Denn das Evangelium, das sie zu überliefern haben, ist für alle Zeiten der Ursprung jedweden Lebens für die Kirche. Aus diesem Grunde trugen die Apostel in dieser hierarchisch geordneten Gesellschaft für die Bestellung von Nachfolgern Sorge.
Sie hatten nämlich nicht bloß verschiedene Helfer im Dienstamt<ref>Vgl. Apg 6,2-6; 11,30; 13,1; 14,23; 20,17; 1 Thess 5,12-13; Phil 1,1; Kol 4,1.1 u. ö.</ref>, sondern übertrugen, damit die ihnen anvertraute Sendung nach ihrem Tod weitergehe, gleichsam nach Art eines Testaments ihren unmittelbaren Mitarbeitern die Aufgabe, das von ihnen begonnene Werk zu vollenden und zu kräftigen<ref>Vgl. Apg 20,25-27; 2 Tim 4,6f vgl. mit 1 Tim 5,22; 2 Tim 2,2; Tit 1,5; Clemens v. Rom, Ad Cor. 44, 3: ed. Funk I, 156.</ref>. Sie legten ihnen ans Herz, achtzuhaben auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist sie gesetzt habe, die Kirche Gottes zu weiden (vgl. Apg 20,28). Deshalb bestellten sie solche Männer und gaben dann Anordnung, dass nach ihrem Hingang andere bewährte Männer ihr Dienstamt übernähmen<ref>Clemens v. Rom, Ad Cor. 44, 2: ed. Funk I, 154f.</ref>. Unter den verschiedenen Dienstämtern, die so von den ersten Zeiten her in der Kirche ausgeübt werden, nimmt nach dem Zeugnis der Überlieferung das Amt derer einen hervorragenden Platz ein, die zum Bischofsamt bestellt sind und kraft der auf den Ursprung zurückreichenden Nachfolge<ref>Vgl. Tertullian, Præscr. Hær. 32: PL 2, 52f. Ignatius v. A., öfters.</ref> Ableger apostolischer Pflanzung besitzen<ref>Vgl. Tertullian, Præscr. Hær. 32: PL 2, 53.</ref>. So wird nach dem Zeugnis des heiligen Irenäus durch die von den Aposteln eingesetzten Bischöfe und deren Nachfolger bis zu uns hin die apostolische Überlieferung in der ganzen Welt kundgemacht<ref>Vgl. Irenäus, Adv. Hær. III., 3, 1: PG 7, 848A; Harvey 2, 8; sagnard 100f: "manifestatam".</ref> und bewahrt<ref>Vgl. Irenäus, Adv. Hær. III., 2, 2: PG 7, 847; Harvey 2, 7; Sagnard 100: "custoditur", vgl. ebd. IV, 26, 2: Sp. 1053; Harvey 2, 236, u. IV, 33, 8: Sp. 1077; Harvey 2, 262.</ref>.
Die Bischöfe haben also das Dienstamt in der Gemeinschaft zusammen mit ihren Helfern, den Priestern und den Diakonen, übernommen<ref>Ignatius v. A., Philad., Vorrede: ed. Funk I, 264.</ref>. An Gottes Stelle stehen sie der Herde vor<ref>Ignatius v. A., Philad., 1, 1; Magn. 6, 1: ed. Funk I, 264 u. 234.</ref>, deren Hirten sie sind, als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult, als Diener in der Leitung<ref>Clemens von Rom, a. a. O., 42, 3-4; 44, 3-4; 57, 1-2: ed. Funk I, 152, 156, 171f. Ignatius v. A., philad. 2; smyrn. 8, Magn. 3; Trall. 7: ed. Funk I, 265 f; 282; 232; 246fu. a.; Justin, Apol., 1, 65: PG 6, 428; Cyprian, Epist. passim.</ref>. Wie aber das Amt fortdauern sollte, das vom Herrn ausschließlich dem Petrus, dem ersten der Apostel, übertragen wurde und auf seinen Nachfolger übergehen sollte, so dauert auch das Amt der Apostel, die Kirche zu weiden, fort und muss von der heiligen Ordnung der Bischöfe immerdar ausgeübt werden<ref>Vgl. Leo XIII., Enz. Satis cognitum, 29. Juni 1896: ASS 28 (1895-96) 732.</ref>. Aus diesem Grunde lehrt die Heilige Synode, dass die Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel als Hirten der Kirche getreten sind<ref>Vgl. Conc. Trid., sess. 23, Decr. de sacr. Ordinis, Kap. 4: Denz. 960 (1768); Conc. Vat. I, Sess. 4, Const. Dogm. 1 De Ecclesia Christi, Kap. 3: Denz. 1828 (3061). Pius XII., Enz. Mystici corporis, 29. Juni 1943: AAS 35 (1943) 209 u. 212. CIC, can. 329 § 1.</ref>. Wer sie hört, hört Christus, und wer sie verachtet, verachtet Christus und ihn, der Christus gesandt hat (vgl. Lk 10,16)<ref>Vgl. Leo XIII., Brief Et sane, 17. Dez. 1888: ASS 21 (1888) 321f.</ref>.
21. In den Bischöfen, denen die Priester zur Seite stehen, ist also inmitten der Gläubigen der Herr Jesus Christus, der Hohepriester, anwesend. Zur Rechten des Vaters sitzend, ist er nicht fern von der Versammlung seiner Bischöfe<ref> Leo der Große, serm. 5, 3: PL 54, 154.</ref>, sondern vorzüglich durch ihren erhabenen Dienst verkündet er allen Völkern Gottes Wort und spendet den Glaubenden immerfort die Sakramente des Glaubens. Durch ihr väterliches Amt (vgl. 1 Kor 4,15) fügt er seinem Leib kraft der Wiedergeburt von oben neue Glieder ein. Durch ihre Weisheit und Umsicht endlich lenkt und ordnet er das Volk des Neuen Bundes auf seiner Pilgerschaft zur ewigen Seligkeit. Diese Hirten, die ausgewählt sind, die Herde des Herrn zu weiden, sind Diener Christi und Ausspender der Geheimnisse Gottes (vgl. 1 Kor 4,1). Ihnen ist das Zeugnis für die frohe Botschaft von der Gnade Gottes anvertraut (vgl. Röm 15,16; Apg 20,24) und der Dienst des Geistes und der Gerechtigkeit in Herrlichkeit (vgl. 2 Kor 3,8-9).
Um solche Aufgaben zu erfüllen, sind die Apostel mit einer besonderen Ausgießung des herabkommenden Heiligen Geistes von Christus beschenkt worden (vgl. Apg 1,8; 2,4; Joh 20,22-23). Sie hinwiederum übertrugen ihren Helfern durch die Auflegung der Hände die geistliche Gabe (vgl. 1 Tim 4,14; 2 Tim 1,6-7), die in der Bischofsweihe bis auf uns gekommen ist<ref>Das Konzil von Trient (Sess. 23, Kap. 3) zitiert 2 Tim 1,6-7, um zu beweisen, dass der Ordo (= das Weihesakrament) ein wirkliches Sakrament ist: Denz. 959 (1766).</ref>. Die Heilige Synode lehrt aber, dass durch die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakramentes übertragen wird. Sie heißt ja auch im liturgischen Brauch der Kirche wie in den Worten der heiligen Väter das Hohepriestertum, die Ganzheit des heiligen Dienstamtes<ref> In Trad. Apost. 3: ed. Botte, Sources Chr. 27-30: Dem Bischof wird "der erste Rang des Priestertums" zugeteilt. Vgl. Sacramentarium Leonianum: ed. C. Mohlberg, Sacramentarium Veronense (Rom 1955) 119: "zum Dienstamt des Hohenpriestertums ... Vollende in Deinen Priestern die Ganzheit des Mysteriums" ... Ders., Liber Sacramentorum Romanæ Ecclesiæ (Rom 1960) 121-122: "Übergib ihnen, Herr, den bischöflichen Stuhl zur Leitung deiner Kirche und des gesamten Volkes." Vgl. PL 78, 224.</ref>. Die Bischofsweihe überträgt mit dem Amt der Heiligung auch die Ämter der Lehre und der Leitung, die jedoch ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden können. Aufgrund der Überlieferung nämlich, die vorzüglich in den liturgischen Riten und in der Übung der Kirche des Ostens wie des Westens deutlich wird, ist es klar, dass durch die Handauflegung und die Worte der Weihe die Gnade des Heiligen Geistes so übertragen<ref>Trad. Apost. 2: ed. Botte, 27.</ref> und das heilige Prägemal so verliehen wird<ref>Das Konzil von Trient, Sess. 23, Kap. 4 lehrt, dass das Weihesakrament ein unauslöschliches Prägemal verleiht: Denz. 960 (1767). Vgl. Johannes XXIII., Anspr. Iubilate Deo, 8. Mai 1960: AAS 52 (1960) 466. Paul VI., Homilie in der Vatikanbasilika, 20. Okt. 1963: AAS 55 (1963) 1014.</ref>, dass die Bischöfe in hervorragender und sichtbarer Weise die Aufgabe Christi selbst, des Lehrers, Hirten und Priesters, innehaben und in seiner Person handeln<ref>Cyprian, Epist. 63, 14: PL 4, 386; Hartel III B, 713: "Der Priester waltet an Christi Statt." Johannes Chrysostomus, In 2 Tim. Hom. 2, 4: PG 62, 612: Der Priester ist "symbolon" Christi. Ambrosius, In Ps. 38, 25-26: PL 14, 1051-1052; CSEL 64, 203-204. Ambrosiaster, In 1 Tim. 5,19: PL17, 479 C u. In Eph.4,11-12: PL 17, 387C. Theodor v. Mopsuestia, Hom. Catech. XV, 21 u. 24: ed. Tonneau, 497 u. 503. Hesychius v. Jerusalem, In Lev. L. 2, 9, 23: PG 93, 894B.</ref>. Sache der Bischöfe ist es, durch das Weihesakrament neue Erwählte in die Körperschaft der Bischöfe aufzunehmen.
22. Wie nach der Verfügung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges apostolisches Kollegium bilden, so sind in entsprechender Weise der Bischof von Rom, der Nachfolger Petri, und die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel, untereinander verbunden. Schon die uralte Disziplin, dass die auf dem ganzen Erdkreis bestellten Bischöfe untereinander und mit dem Bischof von Rom im Bande der Einheit, der Liebe und des Friedens Gemeinschaft hielten<ref>Vgl. Eusebius, Hist. Eccl. V, 24, 10: GCS II, 1, 495; ed. Bardy, Sources Chr. II, 69. Dionysius, bei Eusebius, ebd. VII., 5, 2: GCS II, 2, 638 f; Bardy II, 168f.</ref>, desgleichen das Zusammentreten von Konzilien<ref>Vgl. über die alten Konzilien Eusebius, Hist. Eccl. V, 23-24: GCS II, 1, 488 ff; Bardy II, 66 ff, und oft. Konzil v. Nicæa, Can. 5: Conc. Œc. Decr. 7.</ref> zur gemeinsamen Regelung gerade der wichtigeren Angelegenheiten<ref> Tertullian, De Ieiunio, 13: PL 2, 972B; CSEL 20, 292 Z. 13-16.</ref> in einem durch die Überlegung vieler abgewogenen Spruch<ref>Cyprian, Epist. 56, 3: Hartel IIIB, 650; Bayard 154.</ref> weisen auf die kollegiale Natur und Beschaffenheit des Episkopates hin. Diese beweisen die im Lauf der Jahrhunderte gefeierten ökumenischen Konzilien. Darauf deutet aber auch schon der früh eingeführte Brauch hin, mehrere Bischöfe zur Teilnahme an der Erhebung eines Neuerwählten zum hohenpriesterlichen Dienstamt beizuziehen. Glied der Körperschaft der Bischöfe wird man durch die sakramentale Weihe und die hierarchische Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums.
Das Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur Autorität, wenn das Kollegium verstanden wird in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen. Der Bischof von Rom hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche und kann sie immer frei ausüben. Die Ordnung der Bischöfe aber, die dem Kollegium der Apostel im Lehr- und Hirtenamt nachfolgt, ja, in welcher die Körperschaft der Apostel immerfort weiter besteht, ist gemeinsam mit ihrem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne dieses Haupt, gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche<ref>Vgl. die amtliche Relation von Zinelli, in Conc. Vat. I: Mansi 52, 1109 C.</ref>. Diese Gewalt kann nur unter Zustimmung des Bischofs von Rom ausgeübt werden. Der Herr hat allein Simon zum Fels und Schlüsselträger der Kirche bestellt (vgl. Mt 16,18-19) und ihn als Hirten seiner ganzen Herde eingesetzt (vgl. Joh 21,15 ff). Es steht aber fest, dass jenes Binde- und Löseamt, welches dem Petrus verliehen wurde (Mt 16,19), auch dem mit seinem Haupt verbundenen Apostelkollegium zugeteilt worden ist (Mt 18,18; 28,16-20)<ref>Vgl. I. Vat. Konzil, Schema Const. Dogm. II, De Ecclesia Christi, c. 4: Mansi 53, 310. Vgl. die Relation von Kleutgen über das umgearbeitete Schema: Mansi 53, 321 B - 322B, und die Erklärung von Zinelli: Mansi 52, 1110A. siehe auch Leo der Große, serm. 4, 3: PL 54, 151 A.</ref>. Insofern dieses Kollegium aus vielen zusammengesetzt ist, stellt es die Vielfalt und Universalität des Gottesvolkes, insofern es unter einem Haupt versammelt ist, die Einheit der Herde Christi dar. In diesem Kollegium wirken die Bischöfe, unter treuer Wahrung des primatialen Vorrangs ihres Hauptes, in eigener Vollmacht zum Besten ihrer Gläubigen, ja der ganzen Kirche, deren organische Struktur und Eintracht der Heilige Geist immerfort stärkt. Die höchste Gewalt über die ganze Kirche, die dieses Kollegium besitzt, wird in feierlicher Weise im ökumenischen Konzil ausgeübt. Ein ökumenisches Konzil gibt es nur, wenn es vom Nachfolger Petri als solches bestätigt oder wenigstens angenommen wird; der Bischof von Rom hat das Vorrecht, diese Konzilien zu berufen, auf ihnen den Vorsitz zu führen und sie zu bestätigen<ref>Vgl. CIC, can. 227.</ref>. Die gleiche kollegiale Gewalt kann gemeinsam mit dem Papst von den in aller Welt lebenden Bischöfen ausgeübt werden, wofern nur das Haupt des Kollegiums sie zu einer kollegialen Handlung ruft oder wenigstens die gemeinsame Handlung der räumlich getrennten Bischöfe billigt oder frei annimmt, so dass ein eigentlich kollegialer Akt zustande kommt.
23. Die kollegiale Einheit tritt auch in den wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Bischöfe zu den Teilkirchen wie zur Gesamtkirche in Erscheinung. Der Bischof von Rom ist als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen<ref>Vgl. I. Vat. Konzil, Const. Dogm. Pastor æternus: Denz. 1821 (3050f).</ref>. Die Einzelbischöfe hinwiederum sind sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in ihren Teilkirchen<ref>Vgl. Cyprian, Epist. 66, 8: Hartel III., 2, 733: "Der Bischof ist in der Kirche und die Kirche im Bischof."</ref>, die nach dem Bild der Gesamtkirche gestaltet sind. In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche<ref>Vgl. Cyprian, Epist. 55, 24: Hartel 642, Z. 13: "Die eine Kirche ist über die ganze Welt hin in vielen Gliedern verteilt", Ders., Epist. 36, 4: Hartel 575, Z. 20 bis 21.</ref>. Daher stellen die Einzelbischöfe je ihre Kirche, alle zusammen aber in Einheit mit dem Papst die ganze Kirche im Band des Friedens, der Liebe und der Einheit dar. Die Bischöfe, die den Teilkirchen vorstehen, üben als einzelne ihr Hirtenamt über den ihnen anvertrauten Anteil des Gottesvolkes, nicht über andere Kirchen und nicht über die Gesamtkirche aus. Aber als Glieder des Bischofskollegiums und rechtmäßige Nachfolger der Apostel sind sie aufgrund von Christi Stiftung und Vorschrift zur Sorge für die Gesamtkirche gehalten<ref>Vgl. Pius XII., Enz. Fidei Donum, 21. April 1957: AAS 49 (1957) 237.</ref>. Diese wird zwar nicht durch einen hoheitlichen Akt wahrgenommen, trägt aber doch im höchsten Maße zum Wohl der Gesamtkirche bei. Alle Bischöfe müssen nämlich die Glaubenseinheit und die der ganzen Kirche gemeinsame Disziplin fördern und schützen sowie die Gläubigen anleiten zur Liebe zum ganzen mystischen Leibe Christi, besonders zu den armen und leidenden Gliedern und zu jenen, die Verfolgung erdulden um der Gerechtigkeit willen (vgl. Mt 5,10). Endlich müssen sie alle Bestrebungen fördern, die der ganzen Kirche gemeinsam sind, vor allem dazu, dass der Glaube wachse und das Licht der vollen Wahrheit allen Menschen aufgehe. Im übrigen aber gilt unverbrüchlich: Indem sie ihre eigene Kirche als Teil der Gesamtkirche recht leiten, tragen sie wirksam bei zum Wohl des ganzen mystischen Leibes, der ja auch der Leib der Kirchen ist<ref>Vgl. Hilarius v. Poitiers, In Ps. 14, 3: PL 9, 206; CSEL 22, 86. Gregor der Große, Moral. IV, 7, 12: PL 75, 643 C. Ps.-Basilius, In Jes. 15, 296: PG 30, 637 C.</ref>.
Die Sorge, das Evangelium überall auf Erden zu verkündigen, geht die ganze Körperschaft der Hirten an. Ihnen allen zusammen hat Christus den Auftrag gegeben und die gemeinsame Pflicht auferlegt, wie schon Papst Cœlestin den Vätern des Konzils von Ephesus ins Bewußtsein rief<ref>Papst Cœlestin, Epist. 18, 1-2, an das Konzil von Ephesus: PL 50, 505 AB; Schwartz, Acta Conc. Œc. I, 1, 1, S. 22. Vgl. Benedikt XV., Apost. Brief Maximum illud: AAS 11 (1919) 440. Pius XI., Enz. Rerum Ecclesiæ, 28. Febr. 1926: AAS 18 (1926) 69. Pius XII., Enz. Fidei Donum, a.a.O.</ref>. Deshalb sind die einzelnen Bischöfe gehalten, soweit die Verwaltung ihres eigenen Amtes es zuläßt, in Arbeitsgemeinschaft zu treten untereinander und mit dem Nachfolger Petri, dem das hohe Amt, den christlichen Namen auszubreiten, in besonderer Weise übertragen ist<ref>Leo XIII., Enz. Grande munus, 30. Sept. 1880: ASS 13 (1880) 145. Vgl. CIC, can. 1327; can. 1350 § 2.</ref>. Daher müssen sie mit allen Kräften den Missionen Arbeiter für die Ernte wie auch geistliche und materielle Hilfen vermitteln, sowohl unmittelbar durch sich selbst wie durch Weckung der eifrigen Mitarbeit ihrer Gläubigen. Schließlich sollen die Bischöfe nach dem ehrwürdigen Beispiel der Vorzeit in umfassender Liebesgemeinschaft den anderen Kirchen, besonders den benachbarten und bedürftigeren, gern brüderliche Hilfe gewähren.
Dank der göttlichen Vorsehung aber sind die verschiedenen Kirchen, die an verschiedenen Orten von den Aposteln und ihren Nachfolgern eingerichtet worden sind, im Lauf der Zeit zu einer Anzahl von organisch verbundenen Gemeinschaften zusammengewachsen. Sie erfreuen sich unbeschadet der Einheit des Glaubens und der einen göttlichen Verfassung der Gesamtkirche ihrer eigenen Disziplin, eines eigenen liturgischen Brauches und eines eigenen theologischen und geistlichen Erbes. Darunter haben vorzüglich gewisse alte Patriarchatskirchen wie Stammütter des Glaubens andere Kirchen sozusagen als Töchter geboren, mit denen sie durch ein engeres Liebesband im sakramentalen Leben und in der gegenseitigen Achtung von Rechten und Pflichten bis auf unsere Zeiten verbunden sind<ref>Über die Rechte der Patriarchatssitze vgl. Konzil v. Nicæa, can. 6 bezüglich Alexandrien und Antiochien sowie can. 7 bezüglich Jerusalem: Conc. Œc. Decr. s. 8. IV. Laterankonzil (1215) Const. V: de dignitate Patriarcharum: ebd. 212. Konzil v. Ferrara-Florenz: ebd. 504.</ref>. Diese einträchtige Vielfalt der Ortskirchen zeigt in besonders hellem Licht die Katholizität der ungeteilten Kirche. In ähnlicher Weise können in unserer Zeit die Bischofskonferenzen vielfältige und fruchtbare Hilfe leisten, um die kollegiale Gesinnung zu konkreter Verwirklichung zu führen.
24. Die Bischöfe empfangen als Nachfolger der Apostel vom Herrn, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist, die Sendung, alle Völker zu lehren und das Evangelium jedwedem Geschöpf zu verkündigen. So sollen alle Menschen durch Glaube, Taufe und Erfüllung der Gebote das Heil erlangen (vgl. Mt 28,18; Mk 16,15-16; Apg 26,17f). Zur Erfüllung dieser Sendung verhieß Christus der Herr den Aposteln den Heiligen Geist und sandte ihn am Pfingsttag vom Himmel her. Durch dessen Kraft sollten sie ihm Zeugen sein bis ans Ende der Erde, vor Stämmen, Völkern und Königen (vgl. Apg 1,8; 2,1 ff; 9,15). Jenes Amt aber, das der Herr den Hirten seines Volkes übertragen hat, ist ein wahres Dienen, weshalb es in der Heiligen Schrift bezeichnenderweise mit dem Wort "Diakonia", d. h. Dienst, benannt wird (vgl. Apg 1,17.25; 21,19; Röm 11,13; 1 Tim 1,12).
Die kanonische Sendung der Bischöfe kann geschehen durch rechtmäßige, von der höchsten und universalen Kirchengewalt nicht widerrufene Gewohnheiten, durch von der nämlichen Autorität erlassene oder anerkannte Gesetze oder unmittelbar durch den Nachfolger Petri selbst. Falls er Einspruch erhebt oder die apostolische Gemeinschaft verweigert, können die Bischöfe nicht zur Amtsausübung zugelassen werden<ref>Vgl. den Codex für die Ostkirchen, can. 216-314: über die Patriarchen; can. 324-339: über die Großerzbischöfe; can. 362-391: über die anderen Würdenträger; bes. can. 238 § 3; 216; 240; 251; 255: über die Ernennung der Bischöfe von seiten des Patriarchen.</ref>.
25. Unter den hauptsächlichsten Ämtern der Bischöfe hat die Verkündigung des Evangeliums einen hervorragenden Platz<ref>Vgl. Konzil von Trient, Decr. de reform., sess. V, c. 2, n. 9, u. Sess. XXIV, can. 4: Conc. Œc. Decr. 645 u. 739.</ref>. Denn die Bischöfe sind Glaubensboten, die Christus neue Jünger zuführen; sie sind authentische, das heißt mit der Autorität Christi ausgerüstete Lehrer. Sie verkündigen dem ihnen anvertrauten Volk die Botschaft zum Glauben und zur Anwendung auf das sittliche Leben und erklären sie im Licht des Heiligen Geistes, indem sie aus dem Schatz der Offenbarung Neues und Altes vorbringen (vgl. Mt 13,52). So lassen sie den Glauben fruchtbar werden und halten die ihrer Herde drohenden Irrtümer wachsam fern (vgl. 2 Tim 4,1-4). Die Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof lehren, sind von allen als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit zu verehren. Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen. Dieser religiöse Gehorsam des Willens und Verstandes ist in besonderer Weise dem authentischen Lehramt des Bischofs von Rom, auch wenn er nicht kraft höchster Lehrautorität spricht, zu leisten; nämlich so, dass sein oberstes Lehramt ehrfürchtig anerkannt und den von ihm vorgetragenen Urteilen aufrichtige Anhänglichkeit gezollt wird, entsprechend der von ihm kundgetanen Auffassung und Absicht. Diese läßt sich vornehmlich erkennen aus der Art der Dokumente, der Häufigkeit der Vorlage ein und derselben Lehre, und der Sprechweise.
Die einzelnen Bischöfe besitzen zwar nicht den Vorzug der Unfehlbarkeit; wenn sie aber, in der Welt räumlich getrennt, jedoch in Wahrung des Gemeinschaftsbandes untereinander und mit dem Nachfolger Petri, authentisch in Glaubens- und Sittensachen lehren und eine bestimmte Lehre übereinstimmend als endgültig verpflichtend vortragen, so verkündigen sie auf unfehlbare Weise die Lehre Christi<ref>Vgl. I. Vat. Konzil, Const. Dogm. Dei Filius, 3: Denz. 1712 (3011). Vgl. die dem Schema I über die Kirche beigefügte Anmerkung (entnommen aus Rob. Bellarmin): Mansi 51, 579 C; sowie das umgearbeitete Schema Const. II De Ecclesia Christi mit dem Kommentar von Kleutgen: Mansi 53, 313AB. Pius IX., Brief Tuas libenter: Denz. 1683 (2879).</ref>. Dies ist noch offenkundiger der Fall, wenn sie auf einem Ökumenischen Konzil vereint für die ganze Kirche Lehrer und Richter des Glaubens und der Sitten sind. Dann ist ihren Definitionen mit Glaubensgehorsam anzuhangen<ref>Vgl. CIC, can. 1322-1323.</ref>. Diese Unfehlbarkeit, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definierung einer Glaubens- und Sittenlehre ausgestattet sehen wollte, reicht so weit wie die Hinterlage der göttlichen Offenbarung, welche rein bewahrt und getreulich ausgelegt werden muss, es erfordert.
Dieser Unfehlbarkeit erfreut sich der Bischof von Rom, das Haupt des Bischofskollegiums, kraft seines Amtes, wenn er als oberster Hirt und Lehrer aller Christgläubigen, der seine Brüder im Glauben stärkt (vgl. Lk 22,32), eine Glaubens- oder Sittenlehre in einem endgültigen Akt verkündet <ref>Vgl. I. Vat. Konzil, Const. Dogm. Pastor Æternus: Denz. 1839 (3074).</ref>. Daher heißen seine Definitionen mit Recht aus sich und nicht erst aufgrund der Zustimmung der Kirche unanfechtbar, da sie ja unter dem Beistand des Heiligen Geistes vorgebracht sind, der ihm im heiligen Petrus verheißen wurde. Sie bedürfen daher keiner Bestätigung durch andere und dulden keine Berufung an ein anderes Urteil. In diesem Falle trägt nämlich der Bischof von Rom seine Entscheidung nicht als Privatperson vor, sondern legt die katholische Glaubenslehre aus und schützt sie in seiner Eigenschaft als oberster Lehrer der Gesamtkirche, in dem als einzelnem das Charisma der Unfehlbarkeit der Kirche selbst gegeben ist<ref>Vgl. die Erläuterungen von Gasser auf dem I. Vat. Konzil: Mansi 52, 1213 AC.</ref>. Die der Kirche verheißene Unfehlbarkeit ist auch in der Körperschaft der Bischöfe gegeben, wenn sie das oberste Lehramt zusammen mit dem Nachfolger Petri ausübt. Diesen Definitionen kann aber die Beistimmung der Kirche niemals fehlen vermöge der Wirksamkeit desselben Heiligen Geistes, kraft deren die gesamte Herde Christi in der Einheit des Glaubens bewahrt wird und voranschreitet<ref>Gasser, ebd.: Mansi 1214 A.</ref>.
Wenn aber der Bischof von Rom oder die Körperschaft der Bischöfe mit ihm einen Satz definieren, legen sie ihn vor gemäß der Offenbarung selbst, zu der zu stehen und nach der sich zu richten alle gehalten sind. In Schrift oder Überlieferung wird sie durch die rechtmäßige Nachfolge der Bischöfe und insbesondere auch durch die Sorge des Bischofs von Rom unversehrt weitergegeben und im Licht des Geistes der Wahrheit in der Kirche rein bewahrt und getreu ausgelegt<ref>Gasser, ebd.: Mansi 1215 CD, 1216-1217 A.</ref>. Um ihre rechte Erhellung und angemessene Darstellung mühen sich eifrig mit geeigneten Mitteln der Bischof von Rom und die Bischöfe, entsprechend ihrer Pflicht und dem Gewicht der Sache<ref>Gasser, ebd.: Mansi 1213.</ref>. Eine neue öffentliche Offenbarung als Teil der göttlichen Glaubenshinterlage empfangen sie jedoch nicht<ref>I. Vat. Konzil, Const. dogm. Pastor Æternus, 4: Denz. 1836 (3070).</ref>.
26. Der Bischof ist, mit der Fülle des Weihesakramentes ausgezeichnet, "Verwalter der Gnade des höchsten Priestertums"<ref>Gebet zur Bischofsweihe im byzantinischen Ritus: Euchulogion to mega (Rom 1873) 139.</ref>, vorzüglich in der Eucharistie, die er selbst darbringt oder darbringen läßt <ref>Vgl. Ignatius v. A., Smyrn. 8, 1: ed. Funk I, 282.</ref> und aus der die Kirche immerfort lebt und wächst. Diese Kirche Christi ist wahrhaft in allen rechtmäßigen Ortsgemeinschaften der Gläubigen anwesend, die in der Verbundenheit mit ihren Hirten im Neuen Testament auch selbst Kirchen heißen<ref>Vgl. Apg 8,1; 14,22-23; 20,17 u. ö.</ref>. Sie sind nämlich je an ihrem Ort, im Heiligen Geist und mit großer Zuversicht (vgl. 1 Thess 1,5), das von Gott gerufene neue Volk. In ihnen werden durch die Verkündigung der Frohbotschaft Christi die Gläubigen versammelt, in ihnen wird das Mysterium des Herrenmahls begangen, "auf dass durch Speise und Blut des Herrn die ganze Bruderschaft verbunden werde"<ref>Mozarabische Oration: PL 96, 759 B.</ref>. In jedweder Altargemeinschaft erscheint unter dem heiligen Dienstamt des Bischofs<ref>Vgl. Ignatius v. A., Smyrn. 8, 1: ed. Funk I, 282.</ref> das Symbol jener Liebe und jener "Einheit des mystischen Leibes, ohne die es kein Heil geben kann"<ref>Thomas von Aquin, Summa Theol. III., q. 73, a. 3.</ref>. In diesen Gemeinden, auch wenn sie oft klein und arm sind oder in der Diaspora leben, ist Christus gegenwärtig, durch dessen Kraft die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche geeint wird<ref>Vgl. Augustinus, C. Faustum, 12, 20: PL 42, 265; Serm. 57, 7: PL 38, 389 u. a.</ref>. Denn "nichts anderes wirkt die Teilhabe an Leib und Blut Christi, als dass wir in das übergehen, was wir empfangen<ref>Leo der Große, Serm. 63, 7: PL 54, 357 C.</ref>.
Jede rechtmäßige Eucharistiefeier steht unter der Leitung des Bischofs, dem die Pflicht übertragen ist, den christlichen Gottesdienst der göttlichen Majestät darzubringen und zu betreuen gemäß den Geboten des Herrn und den Gesetzen der Kirche, die durch seine besondere Verfügung für die Diözese näher bestimmt werden. So spenden die Bischöfe durch Gebet und Arbeit für das Volk vielfältige und reiche Gaben von der Fülle der Heiligkeit Christi aus. Durch den Dienst des Wortes teilen sie die Kraft Gottes den Glaubenden zum Heil mit (vgl. Röm 1,16), und durch die Sakramente, deren geregelte und fruchtbare Verwaltung sie mit ihrer Autorität ordnen<ref>Traditio Apostolica des Hippolyt, 2-3: ed. Botte, 26-30.</ref>, heiligen sie die Gläubigen. Sie leiten die Taufspendung, die Anteil am königlichen Priestertum Christi gewährt. Sie sind die erstberufenen Firmspender, sie erteilen die heiligen Weihen und regeln die Bußdisziplin. Ferner ermahnen und unterweisen sie sorgsam ihr Volk, dass es in der Liturgie und vorzüglich im Meßopfer seinen Anteil gläubig und ehrfürchtig erfülle. Schließlich müssen sie ihre Anbefohlenen mit dem Beispiel ihres Lebenswandels voranbringen, ihr eigenes sittliches Verhalten vor allem Bösen bewahren und nach Kräften mit der Hilfe des Herrn zum Guten hin wandeln, damit sie zusammen mit der ihnen anvertrauten Herde zum ewigen Leben gelangen<ref>Vgl. den Text des sog. Examens am Anfang der Bischofsweihe und die Oration am Schluß der Weihemesse nach dem Te Deum.</ref>.
27. Die Bischöfe leiten die ihnen zugewiesenen Teilkirchen als Stellvertreter und Gesandte Christi<ref>Benedikt XIV., Br. Romana Ecclesia, 5. Okt. 1755, § 1: Bullarium Benedicti XIV, t. IV (Rom 1758) 21: "Der Bischof stellt den Typus Christi dar und waltet Seines Amtes" Pius XIl, Enz. Mystici corporis, a. a. O. 211: "Die einzelnen (Bischöfe) weiden und leiten die jeweils ihnen zugewiesene Herde im Namen Christi"</ref> durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht, die sie indes allein zum Aufbau ihrer Herde in Wahrheit und Heiligkeit gebrauchen, eingedenk, dass der Größere werden soll wie der Geringere und der Vorsteher wie der Diener (vgl. Lk 22,26-27). Diese Gewalt, die sie im Namen Christi persönlich ausüben, kommt ihnen als eigene, ordentliche und unmittelbare Gewalt zu, auch wenn ihr Vollzug letztlich von der höchsten kirchlichen Autorität geregelt wird und im Hinblick auf den Nutzen der Kirche oder der Gläubigen mit bestimmten Grenzen umschrieben werden kann. Kraft dieser Gewalt haben die Bischöfe das heilige Recht und vor dem Herrn die Pflicht, Gesetze für ihre Untergebenen zu erlassen, Urteile zu fällen und alles, was zur Ordnung des Gottesdienstes und des Apostolats gehört, zu regeln.
Ihnen ist das Hirtenamt, das heißt die beständige tägliche Sorge für ihre Schafe, im vollen Umfang anvertraut. Sie sind nicht als Stellvertreter der Bischöfe von Rom zu verstehen, denn sie haben eine ihnen eigene Gewalt inne und heißen in voller Wahrheit Vorsteher des Volkes, das sie leiten<ref>Leo XIII., Enz. Satis cognitum, 29. Juni 1896: ASS 28 (1895-96) 732. Ders., Epist. Officio sanctissimo, 22. Dez. 1887: ASS 20 (1887) 264. Pius IX., Apost. Brief an die deutschen Bischöfe, 12. März1875, u. Konsist.-Anspr., 15. März1875: Denz. 3112-3117 (nur in der Neuauflage enthalten).</ref>. Folglich wird ihre Gewalt von der obersten und allgemeinen Gewalt nicht ausgeschaltet, sondern im Gegenteil bestätigt, gestärkt und in Schutz genommen<ref>I. Vat. Konzil, Dogm. Konst. Pastor æternus, 3: Denz. 1828 (3061). Vgl. die Relation von Zinelli: Mansi 52, 1114D.</ref>. Dabei bewahrt der Heilige Geist die von Christus dem Herrn in seiner Kirche gesetzte Form der Leitung ohne Minderung.
Der Bischof, der vom Hausvater gesandt ist, seine Familie zu lenken, soll sich das Beispiel des guten Hirten vor Augen halten, der nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen (vgl. Mt 20,28; Mk 10,45) und sein Leben für seine Schafe hinzugeben (vgl. Joh 10,11). Aus den Menschen genommen und mit Schwachheit behaftet, kann er mitleiden mit denen, die in Unwissenheit und Irrtum sind (vgl. Hebr 5,1-2). Er soll sich nicht weigern, seine Untergebenen zu hören, die er wie wirkliche Söhne umsorgt und zu eifriger Mitarbeit mahnt. Da er für ihre Seelen Gott wird Rechenschaft ablegen müssen (vgl. Hebr 13,17), soll er für sie durch Gebet, Predigt und jederlei Liebeswerk Sorge tragen, desgleichen für jene, die noch nicht von der einen Herde sind und die er doch im Herrn als ihm anempfohlen betrachten soll. Da er wie der Apostel Paulus allen Schuldner ist, sei er bereit, allen das Evangelium zu predigen (vgl. Röm 1,14-15) und seine Gläubigen zu apostolischem und missionarischem Tatwillen zu ermuntern. Die Gläubigen aber müssen dem Bischof anhangen wie die Kirche Jesus Christus und wie Jesus Christus dem Vater, damit alles in Einigkeit übereinstimme<ref>Vgl. Ignatius v. A., Ad Ephes. 5, 1: ed. Funk I, 216.</ref> und überströme zur Verherrlichung Gottes (vgl. 2 Kor 4,15).
28. Christus, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat (Joh 10,36), hat durch seine Apostel deren Nachfolger, die Bischöfe, seiner eigenen Weihe und Sendung teilhaftig gemacht. Diese wiederum haben die Aufgabe ihres Dienstamtes in mehrfacher Abstufung verschiedenen Trägern in der Kirche rechtmäßig weitergegeben<ref>Vgl. Ignatius v. A., Ad Ephes. 6, 1: ed. Funk I, 218.</ref>. So wird das aus göttlicher Einsetzung kommende kirchliche Dienstamt in verschiedenen Ordnungen ausgeübt von jenen, die schon seit alters Bischöfe, Priester, Diakone heißen<ref>Vgl. Konzil von Trient, Sess. 23, De sacr. Ordinis, Kap. 2: Denz. 958 (1765), u. can. 6: Denz. 966 (1776).</ref>. Die Priester haben zwar nicht die höchste Stufe der priesterlichen Weihe und hängen in der Ausübung ihrer Gewalt von den Bischöfen ab; dennoch sind sie mit ihnen in der priesterlichen Würde verbunden<ref>Vgl. Innozenz I, Brief an Decentius: PL 20, 554 A; Mansi 3, 1029; Denz. 98 (215): "Die Presbyter haben als Priester zweiter Ordnung nicht die volle Höhe des geistlichen Amtes inne" Cyprian, Epist. 61, 3: ed. Hartel 696.</ref> und kraft des Weihesakramentes<ref>Vgl. Konzil von Trient, a. a. O.: Denz. 956a-968 (1763-1778), u. bes. can. 7: Denz. 967 (1777). Pius XII., Apost. Konst. Sacramentum Ordinis: Denz. 2301 (3857-3861).</ref> nach dem Bilde Christi, des höchsten und ewigen Priesters (Hebr 5,1-10; 7,24; 9,11-28), zur Verkündigung der Frohbotschaft, zum Hirtendienst an den Gläubigen und zur Feier des Gottesdienstes geweiht und so wirkliche Priester des Neuen Bundes<ref>Vgl. Innozenz I, a. a. O. Gregor v. Naz., Apol. II, 22: PG 35, 432 B. Ps-Dionysius, Eccl. Hier., 1, 2: PG 3, 372D.</ref>. Auf der Stufe ihres Dienstamtes haben sie Anteil am Amt des einzigen Mittlers Christus (1 Tim 2,5) und verkünden allen das Wort Gottes. Am meisten üben sie ihr heiliges Amt in der eucharistischen Feier oder Versammlung aus, wobei sie in der Person Christi handeln<ref>Vgl. Konzil von Trient, sess. 22: Denz.940 (1743). Pius XII., Enz. Mediator Dei, 20. Nov. 1947: AAS 39 (1947) 553; Denz. 2300 (3850).</ref> und sein Mysterium verkünden, die Gebete der Gläubigen mit dem Opfer ihres Hauptes vereinigen und das einzige Opfer des Neuen Bundes, das Opfer Christi nämlich, der sich ein für allemal dem Vater als unbefleckte Gabe dargebracht hat (vgl. Hebr 9,11-28), im Meßopfer bis zur Wiederkunft des Herrn (vgl. 1 Kor 11,26) vergegenwärtigen und zuwenden<ref>Vgl. Konzil von Trient, Sess. 22: Denz. 938 (1739-1740). II. Vat. Konzil, Konst. über die heilige Liturgie, n. 7 u. n. 47.</ref>. Für die büßenden oder von Krankheit heimgesuchten Gläubigen walten sie vollmächtig des Amtes der Versöhnung und der Wiederaufrichtung; die Nöte und Bitten der Gläubigen tragen sie zu Gott dem Vater hin (vgl. Hebr 5,1-4). Das Amt Christi des Hirten und Hauptes üben sie entsprechend dem Anteil ihrer Vollmacht aus<ref>Vgl. Pius XII., Enz. Mediator Dei, a. a. O. unter Nr. 67.</ref>, sie sammeln die Familie Gottes als von einem Geist durchdrungene Gemeinde von Brüdern<ref>Vgl. Cyprian, Epist. 11, 3: PL 4, 242 B; Hartel III., 2, 497.</ref> und führen sie durch Christus im Geist zu Gott dem Vater. Inmitten der Herde beten sie ihn im Geist und in der Wahrheit an (vgl. Joh 4,24). Endlich mühen sie sich im Wort und in der Lehre (vgl. 1 Tim 5,17), sie glauben, was sie im Gesetz des Herrn meditierend gelesen haben, lehren, was sie glauben, verwirklichen, was sie lehren<ref>Liturgie der Priesterweihe, beim Anlegen der Gewänder.</ref>.
Als sorgsame Mitarbeiter<ref>Liturgie der Priesterweihe, Präfation.</ref>, als Hilfe und Organ der Ordnung der Bischöfe bilden die Priester, die zum Dienst am Volke Gottes gerufen sind, in Einheit mit ihrem Bischof ein einziges Presbyterium<ref>Vgl. Ignatius v. A., Philad. 4: ed. Funk I, 266. Cornelius I, bei Cyprian, Epist. 48, 2: Hartel III., 2, 610.</ref>, das freilich mit unterschiedlichen Aufgaben betraut ist. In den einzelnen örtlichen Gemeinden der Gläubigen machen sie den Bischof, mit dem sie in vertrauensvoller und großzügiger Gesinnung verbunden sind, gewissermaßen gegenwärtig; sie übernehmen zu ihrem Teil seine Amtsaufgaben und seine Sorge und stellen sich täglich in ihren Dienst. Unter der Autorität des Bischofs heiligen und leiten sie den ihnen zugewiesenen Anteil der Herde des Herrn, machen die Gesamtkirche an ihrem Orte sichtbar und leisten einen wirksamen Beitrag zur Erbauung des gesamten Leibes Christi (vgl. Eph 4,12). Auf das Wohl der Kinder Gottes allzeit bedacht, sollen sie darüber hinaus bestrebt sein, ihren Anteil beizutragen zur Hirtenarbeit an der ganzen Diözese, ja an der ganzen Kirche. Um dieser Teilhabe an Priestertum und Sendung willen sollen die Priester den Bischof wahrhaft als ihren Vater anerkennen und ihm ehrfürchtig gehorchen. Der Bischof hinwiederum soll seine priesterlichen Mitarbeiter als Söhne und Freunde ansehen, gleichwie Christus seine Jünger nicht mehr Knechte, sondern Freunde nennt (vgl. Joh 15,15). Diözesan- wie Ordenspriester sind also alle zusammen aufgrund ihrer Weihe und ihres Dienstamtes dem Kollegium der Bischöfe zugeordnet und wirken vermöge ihrer Berufung und der ihnen verliehenen Gnade zum Wohl der gesamten Kirche.
Kraft der Gemeinsamkeit der heiligen Weihe und Sendung sind die Priester alle einander in ganz enger Brüderlichkeit verbunden. Diese soll sich spontan und freudig äußern in gegenseitiger Hilfe, geistiger wie materieller, pastoraler wie persönlicher Art, in Zusammenkünften, in der Gemeinschaft des Lebens, der Arbeit und der Liebe.
Die Fürsorge für die Gläubigen, die sie geistlich in Taufe und Lehre gezeugt haben (vgl. 1 Kor 4,15; 1 Petr 1,23), sollen sie wie Väter in Christus wahrnehmen. Als Vorbilder der Herde aus Überzeugung (1 Petr 5,3) sollen sie ihrer Ortsgemeinde so vorstehen und dienen, dass diese zu Recht mit jenem Namen benannt werden kann, der die Auszeichnung des einen und ganzen Gottesvolkes ist: Kirche Gottes (vgl. 1 Kor 1,2; 2 Kor 1,1 u. öfter). Sie seien eingedenk, dass sie in ihrem täglichen Wandel und ihrer Obsorge für Gläubige und Ungläubige, Katholiken und Nichtkatholiken, das Antlitz des wahren Priester- und Hirtendienstes zeigen und allen das Zeugnis der Wahrheit und des Lebens geben müssen. Als gute Hirten haben sie die Pflicht, auch jenen nachzugehen (vgl. Lk 15,4-7), die zwar in der katholischen Kirche getauft, aber sich von der Übung des sakramentalen Lebens oder gar vom Glauben entfernt haben.
Weil die Menschheit heute mehr und mehr zur Einheit im bürgerlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich zusammenwächst, sollen die Priester um so mehr in vereinter Sorge und Arbeit unter Leitung der Bischöfe und des Papstes jede Art von Spaltung beseitigen, damit die ganze Menschheit der Einheit der Familie Gottes zugeführt werde.
29. In der Hierarchie eine Stufe tiefer stehen die Diakone, welche die Handauflegung "nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung empfangen"<ref>Constitutiones Ecclesiæ ægypticæ, III., 2: ed. Funk, Didascalia, II, 103. Statuta Eccl. Ant. 37-41: Mansi 3, 954.</ref>. Mit sakramentaler Gnade gestärkt, dienen sie dem Volke Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium. Sache des Diakons ist es, je nach Weisung der zuständigen Autorität, feierlich die Taufe zu spenden, die Eucharistie zu verwahren und auszuteilen, der Eheschließung im Namen der Kirche zu assistieren und sie zu segnen, die Wegzehrung den Sterbenden zu überbringen, vor den Gläubigen die Heilige Schrift zu lesen, das Volk zu lehren und zu ermahnen, dem Gottesdienst und dem Gebet der Gläubigen vorzustehen, Sakramentalien zu spenden und den Beerdigungsritus zu leiten. Den Pflichten der Liebestätigkeit und der Verwaltung hingegeben, sollen die Diakone eingedenk sein der Mahnung des heiligen Polykarp: "Barmherzig, eifrig, wandelnd nach der Wahrheit des Herrn, der aller Diener geworden ist."<ref>Polykarp, Ad Phil. 5, 2: ed. Funk I, 300: Von Christus wird gesagt, er sei "aller Diener geworden". Vgl. Didache, 15, 1: ebd. 32. Ignatius v. A., Trall. 2, 3: ebd. 242. Constitutiones Apostolorum, 8, 28, 4: ed. Funk, Didascalia, I, 530.</ref>
Weil diese für die Kirche in höchstem Maße lebensnotwendigen Ämter bei der gegenwärtig geltenden Disziplin der lateinischen Kirche in zahlreichen Gebieten nur schwer ausgeübt werden können, kann in Zukunft der Diakonat als eigene und beständige hierarchische Stufe wiederhergestellt werden. Den zuständigen verschiedenartigen territorialen Bischofskonferenzen kommt mit Billigung des Papstes die Entscheidung zu, ob und wo es für die Seelsorge angebracht ist, derartige Diakone zu bestellen. Mit Zustimmung des Bischofs von Rom wird dieser Diakonat auch verheirateten Männern reiferen Alters erteilt werden können, ferner geeigneten jungen Männern, für die jedoch das Gesetz des Zölibats in Kraft bleiben muss.
KAPITEL IV: DIE LAIEN
30. Nachdem die Heilige Synode von den hierarchischen Ämtern gehandelt hat, wendet sie nun bereitwillig ihre Aufmerksamkeit dem Stand jener Christgläubigen zu, die man Laien nennt. Gewiß richtet sich alles, was über das Volk Gottes gesagt wurde, in gleicher Weise an Laien, Ordensleute und Kleriker. Doch einiges gilt in besonderer Weise für die Laien, Männer und Frauen, aufgrund ihrer Stellung und Sendung. Die Grundzüge davon müssen wegen der besonderen Verhältnisse unserer Zeit eingehender erörtert werden. Die geweihten Hirten wissen sehr gut, wieviel die Laien zum Wohl der ganzen Kirche beitragen. Sie wissen ja, dass sie von Christus nicht bestellt sind, um die ganze Heilsmission der Kirche an der Welt allein auf sich zu nehmen, sondern dass es ihre vornehmliche Aufgabe ist, die Gläubigen so als Hirten zu führen und ihre Dienstleistungen und Charismen so zu prüfen, dass alle in ihrer Weise zum gemeinsamen Werk einmütig zusammenarbeiten. Wir alle müssen nämlich, "indem wir die Wahrheit in Liebe tun, in allem auf ihn hin wachsen, der das Haupt ist, Christus: von ihm her besorgt der ganze Leib, durch ein jedes hilfreiche Gelenk zusammengefügt und zusammengehalten, kräftig nach dem Maß eines jeden Teiles, das Wachstum des Leibes zum Aufbau seiner selbst in Liebe" (Eph 4,15-16).
31. Unter der Bezeichnung Laien sind hier alle Christgläubigen verstanden mit Ausnahme der Glieder des Weihestandes und des in der Kirche anerkannten Ordensstandes, das heißt die Christgläubigen, die, durch die Taufe Christus einverleibt, zum Volk Gottes gemacht und des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes Christi auf ihre Weise teilhaftig, zu ihrem Teil die Sendung des ganzen christlichen Volkes in der Kirche und in der Welt ausüben.
Den Laien ist der Weltcharakter in besonderer Weise eigen. Die Glieder des geweihten Standes können zwar bisweilen mit weltlichen Dingen zu tun haben, sogar in Ausübung eines weltlichen Berufes. Aufgrund ihrer besonderen Erwählung aber sind sie vor allem und von Berufs wegen dem heiligen Dienstamt zugeordnet; und die Ordensleute geben durch ihren Stand ein deutliches und hervorragendes Zeugnis dafür, dass die Welt nicht ohne den Geist der Seligpreisungen verwandelt und Gott dargebracht werden kann. Sache der Laien ist es, kraft der ihnen eigenen Berufung in der Verwaltung und gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen. Sie leben in der Welt, das heißt in all den einzelnen irdischen Aufgaben und Werken und den normalen Verhältnissen des Familien- und Gesellschaftslebens, aus denen ihre Existenz gleichsam zusammengewoben ist. Dort sind sie von Gott gerufen, ihre eigentümliche Aufgabe, vom Geist des Evangeliums geleitet, auszuüben und so wie ein Sauerteig zur Heiligung der Welt gewissermaßen von innen her beizutragen und vor allem durch das Zeugnis ihres Lebens, im Glanz von Glaube, Hoffnung und Liebe Christus den anderen kund zu machen. Ihre Aufgabe ist es also in besonderer Weise, alle zeitlichen Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durchleuchten und zu ordnen, dass sie immer Christus entsprechend geschehen und sich entwickeln und zum Lob des Schöpfers und Erlösers gereichen.
32. Die heilige Kirche ist kraft göttlicher Einrichtung in wunderbarer Mannigfaltigkeit geordnet und geleitet. "Wie wir nämlich an dem einen Leibe viele Glieder haben, die Glieder aber nicht alle den gleichen Dienst verrichten, so sind wir als viele ein einziger Leib in Christus, als einzelne aber untereinander Glieder (Röm 12,4-5).
Eines ist also das auserwählte Volk Gottes: "Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe" (Eph 4,5); gemeinsam die Würde der Glieder aus ihrer Wiedergeburt in Christus, gemeinsam die Gnade der Kindschaft, gemeinsam die Berufung zur Vollkommenheit, eines ist das Heil, eine die Hoffnung und ungeteilt die Liebe. Es ist also in Christus und in der Kirche keine Ungleichheit aufgrund von Rasse und Volkszugehörigkeit, sozialer Stellung oder Geschlecht; denn "es gilt nicht mehr Jude und Grieche, nicht Sklave und Freier, nicht Mann und Frau; denn alle seid ihr einer in Christus Jesus" (Gal 3,28 griech.; vgl. Kol 3,11).
Wenn also in der Kirche nicht alle denselben Weg gehen, so sind doch alle zur Heiligkeit berufen und haben den gleichen Glauben erlangt in Gottes Gerechtigkeit (vgl. 2 Petr 1,1). Wenn auch einige nach Gottes Willen als Lehrer, Ausspender der Geheimnisse und Hirten für die anderen bestellt sind, so waltet doch unter allen eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi. Der Unterschied, den der Herr zwischen den geweihten Amtsträgern und dem übrigen Gottesvolk gesetzt hat, schließt eine Verbundenheit ein, da ja die Hirten und die anderen Gläubigen in enger Beziehung miteinander verbunden sind. Die Hirten der Kirche sollen nach dem Beispiel des Herrn einander und den übrigen Gläubigen dienen, diese aber sollen voll Eifer mit den Hirten und Lehrern eng zusammenarbeiten. So geben alle in der Verschiedenheit Zeugnis von der wunderbaren Einheit im Leibe Christi: denn gerade die Vielfalt der Gnadengaben, Dienstleistungen und Tätigkeiten vereint die Kinder Gottes, weil "dies alles der eine und gleiche Geist wirkt" (1 Kor 12,11).
Wie die Laien aus Gottes Herablassung Christus zum Bruder haben, der, obwohl aller Herr, doch gekommen ist, nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen (vgl. Mt 20,28), so haben sie auch die geweihten Amtsträger zu Brüdern, die in Christi Autorität die Familie Gottes durch Lehre, Heiligung und Leitung so weiden, dass das neue Gebot der Liebe von allen erfüllt wird. Daher sagt der heilige Augustinus sehr schön: "Wo mich erschreckt, was ich für euch bin, da tröstet mich, was ich mit euch bin. Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ. Jenes bezeichnet das Amt, dieses die Gnade, jenes die Gefahr, dieses das Heil."<ref>Augustinus, Serm. 340, 1: PL 38, 1483.</ref>
33. Die im Volk Gottes versammelten und dem einen Leibe Christi unter dem einen Haupt eingefügten Laien sind, wer auch immer sie sein mögen, berufen, als lebendige Glieder alle ihre Kräfte, die sie durch das Geschenk des Schöpfers und die Gnade des Erlösers empfangen haben, zum Wachstum und zur ständigen Heiligung der Kirche beizutragen.
Der Apostolat der Laien ist Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst. Zu diesem Apostolat werden alle vom Herrn selbst durch Taufe und Firmung bestellt. Durch die Sakramente, vor allem durch die heilige Eucharistie, wird jene Liebe zu Gott und den Menschen mitgeteilt und genährt, die die Seele des ganzen Apostolates ist. Die Laien sind besonders dazu berufen, die Kirche an jenen Stellen und in den Verhältnissen anwesend und wirksam zu machen, wo die Kirche nur durch sie das Salz der Erde werden kann<ref>Vgl. Pius XI., Enz. Quadragesimo anno, 15. Mai 1931: AAS 23 (1931) 221f. Pius XII., Anspr. De quelle consolation, 14. Okt. 1951: AAS 43 (1951) 790f.</ref>. So ist jeder Laie kraft der ihm geschenkten Gaben zugleich Zeuge und lebendiges Werkzeug der Sendung der Kirche selbst "nach dem Maß der Gabe Christi" (Eph 4,7).
Außer diesem Apostolat, das schlechthin alle Christgläubigen angeht, können die Laien darüber hinaus in verschiedener Weise zu unmittelbarerer Mitarbeit mit dem Apostolat der Hierarchie berufen werden<ref>Vgl. Pius XII., Anspr. Six ans se sont écoulés, 5. Okt. 1957: AAS 49 (1957) 927.</ref>, nach Art jener Männer und Frauen, die den Apostel Paulus in der Verkündigung des Evangeliums unterstützten und sich sehr im Herrn mühten (vgl. Phil 4,3; Röm 16,3ff). Außerdem haben sie die Befähigung dazu, von der Hierarchie zu gewissen kirchlichen Ämtern herangezogen zu werden, die geistlichen Zielen dienen.
So obliegt allen Laien die ehrenvolle Bürde, dafür zu wirken, dass der göttliche Heilsratschluß mehr und mehr alle Menschen aller Zeiten und überall auf der Erde erreiche. Es soll daher auch ihnen in jeder Hinsicht der Weg offenstehen, nach ihren Kräften und entsprechend den Zeitbedürfnissen am Heilswirken der Kirche in tätigem Eifer teilzunehmen.
34. Da der ewige Hohepriester Christus Jesus auch durch die Laien sein Zeugnis und seinen Dienst fortsetzen will, macht er sie durch seinen Geist lebendig und treibt sie unaufhörlich an zu jedem guten und vollkommenen Werk.
Denen nämlich, die er mit seinem Leben und seiner Sendung innigst verbindet, gibt er auch Anteil an seinem Priesteramt zur Ausübung eines geistlichen Kultes zur Verherrlichung Gottes und zum Heil der Menschen. Deshalb sind die Laien Christus geweiht und mit dem Heiligen Geist gesalbt und dadurch wunderbar dazu berufen und ausgerüstet, dass immer reichere Früchte des Geistes in ihnen hervorgebracht werden. Es sind nämlich alle ihre Werke, Gebete und apostolischen Unternehmungen, ihr Ehe- und Familienleben, die tägliche Arbeit, die geistige und körperliche Erholung, wenn sie im Geist getan werden, aber auch die Lasten des Lebens, wenn sie geduldig ertragen werden, "geistige Opfer, wohlgefällig vor Gott durch Jesus Christus" (1 Petr 2,5). Bei der Feier der Eucharistie werden sie mit der Darbringung des Herrenleibes dem Vater in Ehrfurcht dargeboten. So weihen auch die Laien, überall Anbeter in heiligem Tun, die Welt selbst Gott.
35. Christus, der große Prophet, der durch das Zeugnis seines Lebens und in Kraft seines Wortes die Herrschaft des Vaters ausgerufen hat, erfüllt bis zur vollen Offenbarung der Herrlichkeit sein prophetisches Amt nicht nur durch die Hierarchie, die in seinem Namen und in seiner Vollmacht lehrt, sondern auch durch die Laien. Sie bestellt er deshalb zu Zeugen und rüstet sie mit dem Glaubenssinn und der Gnade des Wortes aus (vgl. Apg 2,17-18; Offb 19,10), damit die Kraft des Evangeliums im alltäglichen Familien- und Gesellschaftsleben aufleuchte. Sie zeigen sich als Söhne der Verheißung, wenn sie stark in Glauben und Hoffnung den gegenwärtigen Augenblick auskaufen (vgl. Eph 5,16; Kol 4,5) und die künftige Herrlichkeit in Geduld erwarten (vgl. Röm 8,25). Diese Hoffnung sollen sie aber nicht im Inneren des Herzens verbergen, sondern in ständiger Bekehrung und im Kampf "gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die Geister des Bösen" (Eph 6,12) auch durch die Strukturen des Weltlebens ausdrücken.
Wie die Sakramente des Neuen Bundes, durch die das Leben und der Apostolat der Gläubigen genährt werden, einen neuen Himmel und eine neue Erde (vgl. Offb 21,1) vorbilden, so werden die Laien gültige Verkünder des Glaubens an die zu erhoffenden Dinge (vgl. Hebr 11,1), wenn sie mit dem Leben aus dem Glauben ohne Zögern das Bekenntnis des Glaubens verbinden. Diese Evangelisation, das heißt die Verkündigung der Botschaft Christi durch das Zeugnis des Lebens und das Wort, bekommt eine eigentümliche Prägung und besondere Wirksamkeit von da her, dass sie in den gewöhnlichen Verhältnissen der Welt erfüllt wird.
In dieser Aufgabe erscheint als besonders wertvoll jener Lebensstand, der durch ein besonderes Sakrament geheiligt wird, das Ehe- und Familienleben. Dort gibt es eine hervorragende Übung und Schule des Laienapostolates, wo die christliche Religion die ganze Einrichtung des Lebens durchdringt und von Tag zu Tag mehr umbildet. Dort haben die Eheleute ihre eigene Berufung, sich gegenseitig und den Kindern den Glauben und die Liebe Christi zu bezeugen. Die christliche Familie verkündet mit lauter Stimme die gegenwärtige Wirkkraft des Gottesreiches, besonders aber auch die Hoffnung auf das selige Leben. So überführt sie durch Beispiel und Zeugnis die Welt der Sünde und erleuchtet jene, die die Wahrheit suchen.
Daher können und müssen die Laien, wenn auch den zeitlichen Sorgen verpflichtet, eine wertvolle Wirksamkeit zur Evangelisation der Welt ausüben. Wenn nun einige von ihnen beim Mangel an geweihten Amtsträgern oder bei deren Verhinderung unter einem Verfolgungsregime nach Möglichkeit gewisse heilige Aufgaben stellvertretend erfüllen und viele von ihnen ihre ganzen Kräfte dem apostolischen Werk widmen, so müssen doch alle zur Ausweitung und zum Wachstum des Reiches Christi in der Welt mitarbeiten. Deshalb sollen die Laien sich um eine tiefere Kenntnis der geoffenbarten Wahrheit bemühen und inständig von Gott die Gabe der Weisheit erbitten.
36. Christus ist gehorsam geworden bis zum Tod. Deshalb wurde er vom Vater erhöht (vgl. Phil 2,8-9) und ging in die Herrlichkeit seines Reiches ein. Ihm ist alles unterworfen, bis er selbst sich und alles Geschaffene dem Vater unterwirft, damit Gott alles in allem sei (vgl. 1 Kor 15,27-28). Diese Gewalt teilte er seinen Jüngern mit, damit auch sie in königlicher Freiheit stehen und durch Selbstverleugnung und ein heiliges Leben das Reich der Sünde in sich selbst besiegen (vgl. Röm 6,12), aber auch Christus in den anderen dienen und ihre Brüder in Demut und Geduld zu dem König hinführen, dem zu dienen herrschen bedeutet. Der Herr will ja sein Reich auch durch die gläubigen Laien ausbreiten, das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens<ref>Aus der Präfation des Christkönigsfestes.</ref>. In diesem Reich wird auch die Schöpfung von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes (vgl. Röm 8,21). Eine wahrlich große Verheißung und ein großer Auftrag ist den Jüngern gegeben: "Alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes" (1 Kor 3,23).
Die Gläubigen müssen also die innerste Natur der ganzen Schöpfung, ihren Wert und ihre Hinordnung auf das Lob Gottes anerkennen. Sie müssen auch durch das weltliche Wirken sich gegenseitig zu einem heiligeren Leben verhelfen. So soll die Welt vom Geist Christi erfüllt werden und in Gerechtigkeit, Liebe und Frieden ihr Ziel wirksamer erreichen. In der Erfüllung dieser allgemeinen Pflicht haben die Laien einen besonderen Platz. Sie sollen also durch ihre Zuständigkeit in den profanen Bereichen und durch ihre innerlich von der Gnade Christi erhöhte Tätigkeit einen gültigen Beitrag leisten, dass die geschaffenen Güter gemäß der Ordnung des Schöpfers und im Lichte seines Wortes durch menschliche Arbeit, Technik und Kultur zum Nutzen wirklich aller Menschen entwickelt und besser unter ihnen verteilt werden und in menschlicher und christlicher Freiheit auf ihre Weise dem allgemeinen Fortschritt dienen. So wird Christus durch die Glieder der Kirche die ganze menschliche Gesellschaft mehr und mehr mit seinem heilsamen Licht erleuchten.
Außerdem sollen die Laien, auch in Zusammenarbeit, die Einrichtungen und Verhältnisse der Welt, da wo Gewohnheiten zur Sünde aufreizen, so zu heilen suchen, dass dies alles nach der Norm der Gerechtigkeit umgestaltet wird und der Ausübung der Tugenden eher förderlich als schädlich ist. Auf diese Weise erfüllen sie die Kultur und die menschlichen Leistungen mit sittlichem Wert. Gleichzeitig wird dadurch das Ackerfeld der Welt besser für den Samen des Gotteswortes bereitet, und es öffnen sich der Kirche weiter die Tore für die Verkündigung des Friedens in der Welt.
Um der Heilsökonomie selbst willen sollen die Gläubigen genau zu unterscheiden lernen zwischen den Rechten und Pflichten, die sie haben, insofern sie zur Kirche gehören, und denen, die sie als Glieder der menschlichen Gesellschaft haben. Beide sollen sie harmonisch miteinander zu verbinden suchen und daran denken, dass sie sich auch in jeder zeitlichen Angelegenheit vom christlichen Gewissen führen lassen müssen; keine menschliche Tätigkeit, auch in weltlichen Dingen nicht, läßt sich ja der Herrschaft Gottes entziehen. Heutzutage ist es aber besonders wichtig, dass diese Unterscheidung und Harmonie zugleich möglichst klar im Handeln der Gläubigen aufleuchten, damit die Sendung der Kirche den besonderen Verhältnissen der heutigen Welt voller entsprechen kann. Man muss gewiß anerkennen, dass die irdische Gesellschaft mit Recht den weltlichen Bestrebungen zugeordnet ist und darin von eigenen Prinzipien geleitet wird. Ebenso aber wird mit Recht jene unselige Lehre verworfen, die eine Gesellschaft ohne Rücksicht auf die Religion zu errichten sucht und die Religionsfreiheit der Bürger bekämpft und austilgt<ref>Vgl. Leo XIII., Enz. Immortale dei, 1. Nov. 1885: ASS 18 (1885) 166ff. Ders., Enz. Sapientiae christianae, 10. Jan. 1890: ASS 22 (1889-90) 397ff. Pius XII., Anspr. Alla vostra filiale, 23. März 1958: AAS 50 (1958) 220: "lalegittima sanalaicità dello stato".</ref>.
37. Die Laien haben wie alle Christgläubigen das Recht, aus den geistlichen Gütern der Kirche, vor allem die Hilfe des Wortes Gottes und der Sakramente, von den geweihten Hirten reichlich zu empfangen<ref>CIC, can. 682.</ref>. Und ihnen sollen sie ihre Bedürfnisse und Wünsche mit der Freiheit und dem Vertrauen, wie es den Kindern Gottes und den Brüdern in Christus ansteht, eröffnen. Entsprechend dem Wissen, der Zuständigkeit und hervorragenden Stellung, die sie einnehmen, haben sie die Möglichkeit, bisweilen auch die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, zu erklären<ref>Vgl. Pius XII., Anspr. De quelle cunsolation, a. a. O. 789: "Dans les batailles décisives, c,est parfois du front que partentles plus heureuses initiatives. " Ders., Anspr. L'importance de la presse catholique, 17. Febr. 1950: AAS 42 (1950) 256.</ref>. Gegebenenfalls soll das durch die dazu von der Kirche festgesetzten Einrichtungen geschehen, immer in Wahrhaftigkeit, Mut und Klugheit, mit Ehrfurcht und Liebe gegenüber denen, die aufgrund ihres geweihten Amtes die Stelle Christi vertreten. Die Laien sollen wie alle Gläubigen das, was die geweihten Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer und Leiter in der Kirche festsetzen, in christlichem Gehorsam bereitwillig aufnehmen nach dem Beispiel Christi, der durch seinen Gehorsam bis zum Tode den seligen Weg der Freiheit der Kinder Gottes für alle Menschen eröffnet hat. Sie sollen auch nicht unterlassen, ihre Vorgesetzten Gott zu empfehlen, die ja wachen, um Rechenschaft für unsere Seelen zu geben, damit sie das mit Freude tun können und nicht mit Seufzen (vgl. Hebr 13,17).
Die geweihten Hirten aber sollen die Würde und Verantwortung der Laien in der Kirche anerkennen und fördern. Sie sollen gern deren klugen Rat benutzen, ihnen vertrauensvoll Aufgaben im Dienst der Kirche übertragen und ihnen Freiheit und Raum im Handeln lassen, ihnen auch Mut machen, aus eigener Initiative Werke in Angriff zu nehmen. Mit väterlicher Liebe sollen sie Vorhaben, Eingaben und Wünsche, die die Laien vorlegen, aufmerksam in Christus in Erwägung ziehen<ref>Vgl. 1 Thess 5,19 und 1 Joh 4,1.</ref>. Die gerechte Freiheit, die allen im irdischen bürgerlichen Bereich zusteht, sollen die Hirten sorgfältig anerkennen.
Aus diesem vertrauten Umgang zwischen Laien und Hirten kann man viel Gutes für die Kirche erwarten. In den Laien wird so der Sinn für eigene Verantwortung gestärkt, die Bereitwilligkeit gefördert. Die Kraft der Laien verbindet sich leichter mit dem Werk der Hirten. Sie können mit Hilfe der Erfahrung der Laien in geistlichen wie in weltlichen Dingen genauer und besser urteilen. So mag die ganze Kirche, durch alle ihre Glieder gestärkt, ihre Sendung für das Leben der Welt wirksamer erfüllen.
38. Jeder Laie muss vor der Welt Zeuge der Auferstehung und des Lebens Jesu, unseres Herrn, und ein Zeichen des lebendigen Gottes sein. Alle zusammen und jeder Einzelne zu seinem Teil müssen die Welt mit den Früchten des Geistes nähren (vgl. Gal 5,22), in sie hinein den Geist ausgießen, der jene Armen, Sanftmütigen und Friedfertigen beseelt, die der Herr im Evangelium seligpries (vgl. Mt 5,3-9). Mit einem Wort: "Was die Seele im Leibe ist, das sollen in der Welt die Christen sein."<ref>Brief an Diognet, 6: ed. Funk I, 400. Vgl. Johannes Chrysostomus, In Mt. Hom. 46 (47), 2: PG 58, 478, über den Sauerteig in der Masse.</ref>
KAPITEL V: DIE ALLGEMEINE BERUFUNG ZUR HEILIGKEIT IN DER KIRCHE
39. Es ist Gegenstand des Glaubens, dass die Kirche, deren Geheimnis die Heilige Synode vorlegt, unzerstörbar heilig ist. Denn Christus, der Sohn Gottes, der mit dem Vater und dem Geist als "allein Heiliger" gepriesen wird<ref> Römisches Messbuch, Gloria in excelsis Deo. Vgl. Lk 1,35; Mk 1,24; Lk 4,34; Joh 6,69 (ho hagios tou Theou); Apg 3,14; 4,27 u. 30; Hebr 7,26; 1 Joh 2,20; Offb 3,7.</ref>, hat die Kirche als seine Braut geliebt und sich für sie hingegeben, um sie zu heiligen (vgl. Eph 5,25-26), er hat sie als seinen Leib mit sich verbunden und mit der Gabe des Heiligen Geistes reich beschenkt zur Ehre Gottes. Daher sind in der Kirche alle, mögen sie zur Hierarchie gehören oder von ihr geleitet werden, zur Heiligkeit berufen gemäß dem Apostelwort: "Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung" (1 Thess 4,3; vgl. Eph 1,4). Diese Heiligkeit der Kirche tut sich aber in den Gnadenfrüchten, die der Heilige Geist in den Gläubigen hervorbringt, unaufhörlich kund und muss das tun. Sie drückt sich vielgestaltig in den Einzelnen aus, die in ihrer Lebensgestaltung zur Vollkommenheit der Liebe in der Erbauung anderer streben. In eigener Weise erscheint sie in der Übung der sogenannten evangelischen Räte. Diese von vielen Christen auf Antrieb des Heiligen Geistes privat oder in einer von der Kirche anerkannten Lebensform, einem Stand, übernommene Übung der Räte gibt in der Welt ein hervorragendes Zeugnis und Beispiel dieser Heiligkeit und muss es geben.
40. Der Herr Jesus, göttlicher Lehrer und Urbild jeder Vollkommenheit, hat die Heiligkeit des Lebens, deren Urheber und Vollender er selbst ist, allen und jedem einzelnen seiner Jünger in jedweden Lebensverhältnissen gepredigt: "Seid ihr also vollkommen, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist" (Mt 5,48)<ref>Vgl. Origenes, Comm.Rom.7, 7: PG14, 1122B. Ps.-Makarios, De Oratione, 11: PG 34, 861 AB. Thomas von Aquin, Summa Theol. II-II., q. 184, a.3.</ref>. Allen hat er den Heiligen Geist gesandt, dass er sie innerlich bewege, Gott aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüt und aus ganzer Kraft zu lieben (vgl. Mk 12,30), und einander zu lieben, wie Christus sie geliebt hat (vgl. Joh 13,34; 15,12). Die Anhänger Christi sind von Gott nicht kraft ihrer Werke, sondern aufgrund seines gnädigen Ratschlusses berufen und in Jesus dem Herrn gerechtfertigt, in der Taufe des Glaubens wahrhaft Kinder Gottes und der göttlichen Natur teilhaftig und so wirklich heilig geworden. Sie müssen daher die Heiligung, die sie empfangen haben, mit Gottes Gnade im Leben bewahren und zur vollen Entfaltung bringen. Vom Apostel werden sie gemahnt, zu leben, "wie es Heiligen geziemt" (Eph 5,3), und "als von Gott erwählte Heilige und Geliebte herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld" anzuziehen (Kol 3,12), und die Früchte des Geistes zur Heiligung zu zeitigen (vgl. Gal 5,22; Röm 6,22). Da wir aber in vielem alle fehlen (vgl. Jak 3,2), bedürfen wir auch ständig der Barmherzigkeit Gottes und müssen täglich beten: "Und vergib uns unsere Schuld" (Mt 6,12)<ref>Vgl. Augustinus, Retract. II, 18: PL 32, 637f. Pius XII., Enz. Mystici corporis, 29. Juni 1943: AAS 35 (1943) 225.</ref>.
Jedem ist also klar, dass alle Christgläubigen jeglichen Standes oder Ranges zur Fülle des christlichen Lebens und zur vollkommenen Liebe berufen sind<ref>Vgl. Pius XI., Enz. Rerum omnium, 26. Jan. 1923: AAS 15 (1923) 50 u. 59-60. Ders., Enz. Casti connubii, 31. Dez. 1930: AAS 22 (1930) 548. Pius XII., Apost. Konst. Provida mater, 2. Febr. 1947: AAS 39 (1947) 117. Ders., Anspr. Annus sacer, 8. Dez. 1950: AAS 43 (1951) 27-28. Ders., Anspr. Nel darvi, 1. Juli 1956: AAS 48 (1956) 574f.</ref>. Durch diese Heiligkeit wird auch in der irdischen Gesellschaft eine menschlichere Weise zu leben gefördert. Zur Erreichung dieser Vollkommenheit sollen die Gläubigen die Kräfte, die sie nach Maß der Gnadengabe Christi empfangen haben, anwenden, um, seinen Spuren folgend und seinem Bild gleichgestaltet, dem Willen des Vaters in allem folgsam, sich mit ganzem Herzen der Ehre Gottes und dem Dienst des Nächsten hinzugeben. So wird die Heiligkeit des Gottesvolkes zu überreicher Frucht anwachsen, wie es die Kirchengeschichte durch das Leben so vieler Heiliger strahlend zeigt.
41. In den verschiedenen Verhältnissen und Aufgaben des Lebens wird die eine Heiligkeit von allen entfaltet, die sich vom Geist Gottes leiten lassen und, der Stimme des Vaters gehorsam, Gott den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten und dem armen, demütigen, das Kreuz tragenden Christus folgen und so der Teilnahme an seiner Herrlichkeit würdig werden. Jeder aber muss nach seinen eigenen Gaben und Gnaden auf dem Weg eines lebendigen Glaubens, der die Hoffnung weckt und durch Liebe wirksam ist, entschlossen vorangehen. Vor allem die Hirten der Herde Christi müssen nach dem Bild des ewigen Hohenpriesters, des Hirten und Bischofs unserer Seelen, heilig und freudig, demütig und kraftvoll ihr Amt ausüben, das auch für sie, wenn sie es so erfüllen, das hervorragende Mittel der Heiligung ist. Sie wurden zur Fülle des Priestertums erwählt und sind mit sakramentaler Gnade beschenkt, damit sie durch Gebet, Opfer und Verkündigung, durch jede Weise ihres bischöflichen Sorgens und Dienens vollkommen das Amt der Hirtenliebe ausüben<ref>Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theol. II-II., q. 184, a. 5 u. 6. Ders., De perf. vitæ spir., Kap. 18. Origenes, In Jes. Hom. 6, 1: PG 13, 239.</ref>, nicht fürchten, ihr Leben für ihre Schafe einzusetzen, und als Vorbild für die Herde (vgl. 1 Petr 5,3) die Kirche auch durch ihr Beispiel zu täglich größerer Heiligkeit voranführen.
Die Priester sollen ähnlich wie die Ordnung der Bischöfe, um die sie einen geistlichen Kranz bilden<ref>Vgl. Ignatius v. A., Magn. 13, 1: ed. Funk I, 241.</ref> , in Teilnahme an deren Amtsgnade durch Christus, den ewigen und einzigen Mittler, in täglicher Ausübung ihrer Pflicht in der Liebe zu Gott und dem Nächsten wachsen. Sie sollen das Band der priesterlichen Gemeinschaft wahren, an jedem geistlichen Gut Überfluß haben und vor allen ein lebendiges Zeugnis für Gott geben<ref>Vgl. Pius X., Exhort. Haerent animo, 4. Aug. 1908: ASS 41 (1908) 560f. CIC, can. 124. Pius XI., Enz. Ad catholici sacerdotii, 20. Dez. 1935: AAS 28 (1936) 22f.</ref>, als eifrige Nachahmer jener Priester, die im Laufe der Jahrhunderte in oft demütigem und verborgenem Dienst ein hervorragendes Beispiel von Heiligkeit hinterließen. Ihr Lob lebt in der Kirche Gottes. Im pflichtmäßigen Gebet und Opfer für ihre Gemeinde und das ganze Volk Gottes sollen sie erkennen, was sie tun, und nachahmen, was sie vollziehen<ref>Liturgie der Priesterweihe, in der Eingangsermahnung.</ref>. Es sollen ihnen die apostolischen Sorgen, Gefahren und Mühsale so wenig ein Hindernis sein, dass sie dadurch vielmehr zu höherer Heiligkeit emporsteigen, indem sie aus der Fülle der Kontemplation ihre Tätigkeit nähren und fördern zur Freude der ganzen Kirche Gottes. Alle Priester, und vor allem die, die auf ihren besonderen Weihetitel hin Diözesanpriester heißen, sollen bedenken, wie sehr die treue Verbundenheit und großmütige Zusammenarbeit mit ihrem Bischof zu ihrer Heiligkeit beiträgt.
An der Sendung und Gnade des Hohenpriesters haben in eigener Weise auch die Amtsträger der niederen Ordnung teil, vor allem die Diakone, die den Geheimnissen Christi und der Kirche dienen<ref>Vgl. Ignatius v. A., Trall. 2, 3: ed. Funk I, 244.</ref> und sich deshalb von jedem Laster rein bewahren, Gott gefallen und für alles Gute vor den Menschen sorgen müssen (vgl. 1 Tim 3,8-10 und 12-13). Die Kleriker, die, vom Herrn gerufen und in seinen Besitz abgesondert, sich unter der Aufsicht der Hirten auf die Aufgaben ihres Amtes vorbereiten, müssen Geist und Herz entsprechend der so erhabenen Erwählung bilden, eifrig im Gebet, glühend in Liebe, denkend, was wahr, gerecht und guten Rufes ist. Alles sollen sie zur Verherrlichung und Ehre Gottes tun. Dazu kommen jene von Gott erwählten Laien, die vom Bischof gerufen sind, sich voll dem apostolischen Wirken hinzugeben, und im Ackerfeld des Herrn mit reicher Frucht arbeiten<ref>Vgl. Pius XII., Anspr. Sous la maternelle protection, 9. Dez. 1957: AAS 50 (1958) 36.</ref>.
Die christlichen Eheleute und Eltern müssen auf ihrem eigenen Weg in treuer Liebe das ganze Leben hindurch einander in der Gnade Halt und Stütze sein und die von Gott gerne empfangenen Kinder mit den christlichen Lehren und den Tugenden des Evangeliums erfüllen. So geben sie allen das Beispiel einer unermüdlichen und großmütigen Liebe, sie bauen die Bruderschaft der Liebe auf, sind Zeugen und Mitarbeiter der fruchtbaren Mutter Kirche, zum Zeichen und in Teilnahme jener Liebe, in der Christus seine Braut geliebt und sich für sie hingegeben hat<ref>Pius XI., Enz. Casti Cunnubii, 31. Dez. 1930: AAS 22 (1930) 548f. Vgl. Johannes Chrysostomus, In Ephes. Hom. 20, 2: PG 62, 136ff.</ref>. Ein ähnliches Beispiel wird auf andere Weise von den Witwen und Unverheirateten gegeben; auch sie können nicht wenig zur Heiligkeit und Wirksamkeit in der Kirche beitragen. Jene aber, die - oft so schwer - arbeiten, müssen durch die menschliche Arbeit sich selbst vollenden, das Wohl der Mitbürger fördern und die ganze Gesellschaft und Schöpfung höherführen. Sie sollen aber auch Christus in tätiger Liebe nachahmen, der handwerklich gearbeitet hat und immer mit dem Vater zum Heil aller wirkt. In freudiger Hoffnung soll einer des anderen Last tragen und gerade durch die tägliche Arbeit zu einer höheren, auch apostolischen Heiligkeit emporsteigen.
Die Armen, Schwachen, Kranken und von verschiedener Mühseligkeit Bedrückten oder die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten sollen sich in besonderer Weise mit Christus in seinem Leiden für das Heil der Welt zu vereinigen wissen. Sie hat der Herr im Evangelium seliggepriesen, und "der Gott ... aller Gnade, der uns in Christus Jesus zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen hat, wird (sie) nach kurzer Zeit des Leidens selber vollenden, stärken, kräftigen und festigen" (1 Petr 5,10).
Alle Christgläubigen also werden in ihrer Lebenslage, ihren Pflichten und Verhältnissen und durch dies alles von Tag zu Tag mehr geheiligt, wenn sie alles aus der Hand des himmlischen Vaters im Glauben entgegennehmen und mit Gottes Willen zusammenwirken und so die Liebe, mit der Gott die Welt geliebt hat, im zeitlichen Dienst selbst allen kundmachen.
42. "Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm" (1 Joh 4,16). Gott aber gießt seine Liebe in unseren Herzen aus durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist (vgl. Röm 5,5). Daher ist die erste und notwendigste Gabe die Liebe, durch die wir Gott über alles und den Nächsten um Gottes willen lieben. Damit aber die Liebe wie ein guter Same in der Seele wachse und Frucht bringe, muss jeder Gläubige das Wort Gottes bereitwillig hören und seinen Willen mit Hilfe seiner Gnade in der Tat erfüllen, an den Sakramenten, vor allem der Eucharistie, und an den gottesdienstlichen Handlungen häufig teilnehmen und sich standhaft dem Gebet, der Selbstverleugnung, dem tatkräftigen Bruderdienst und der Übung aller Tugenden widmen. Denn die Liebe als Band der Vollkommenheit und Fülle des Gesetzes (vgl. Kol 3,14; Röm 13,10) leitet und beseelt alle Mittel der Heiligung und führt sie zum Ziel<ref>Vgl. Augustinus, Enchir. 121, 32: PL 40, 288. Thomas von Aquin, Summa Theol. II-II., q. 184, a. 1. Pius XII., Adhort. Apost. Menti nostræ, 23. Sept. 1950: AAS 42 (1950) 660.</ref>. Daher ist die Liebe zu Gott wie zum Nächsten das Siegel des wahren Jüngers Christi.
Da Jesus, der Sohn Gottes, seine Liebe durch die Hingabe seines Lebens für uns bekundet hat, hat keiner eine größere Liebe, als wer sein Leben für ihn und die Brüder hingibt (vgl. 1 Joh 3,16; Joh 15,13). Dieses höchste Zeugnis der Liebe vor allen, besonders den Verfolgern, zu geben war die Berufung einiger Christen schon in den ersten Zeiten und wird es immer sein. Das Martyrium, das den Jünger dem Meister in der freien Annahme des Todes für das Heil der Welt ähnlich macht und im Vergießen des Blutes gleichgestaltet, wertet die Kirche als hervorragendes Geschenk und als höchsten Erweis der Liebe. Wenn es auch wenigen gegeben wird, so müssen doch alle bereit sein, Christus vor den Menschen zu bekennen und ihm in den Verfolgungen, die der Kirche nie fehlen, auf dem Weg des Kreuzes zu folgen.
Ferner wird die Heiligkeit der Kirche in besonderer Weise gefördert durch die vielfachen Räte, deren Beobachtung der Herr im Evangelium seinen Jüngern vorlegt<ref>Zu den Räten im allgemeinen vgl. Origenes, Comm. Rom. X, 14: PG 14, 1275 B. Augustinus, De S. Virginitate 15, 15: PL 40, 403. Thomas von Aquin, Summa Theol. I-II., q. 100, a. 2C (am Schluß); II-II., q. 44, a. 4, ad 3.</ref>. Darunter ragt die kostbare göttliche Gnadengabe hervor, die der Vater einigen gibt (vgl. Mt 19,11; 1 Kor 7,7), die Jungfräulichkeit oder der Zölibat, in dem man sich leichter ungeteilten Herzens (vgl. 1 Kor 7,32-34) Gott allein hingibt<ref>Über die Erhabenheit der heiligen Jungfräulichkeit vgl. Tertullian, Exhort. Cast. 10: PL 2, 925 C. Cyprian, Hab. Virg. 3 u. 22: PL 4, 443B und 461 AB. Athanasius (?.), De Virg.: PG 28, 252ff. Johannes Chrysostomus, De Virg.: PG 48, 533ff.</ref>. Diese vollkommene Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen wurde von der Kirche immer besonders in Ehren gehalten als Zeichen und Antrieb für die Liebe und als eine besondere Quelle geistlicher Fruchtbarkeit in der Welt.
Die Kirche bedenkt auch die Mahnung des Apostels, der die Gläubigen zur Liebe aufruft und sie ermahnt, die Gesinnung in sich zu tragen, die auch in Christus Jesus war, der "sich selbst entäußerte und Knechtsgestalt annahm ... und gehorsam wurde bis in den Tod" (Phil 2,7-8) und der um unseretwillen "arm wurde, da er reich war" (2 Kor 8,9). Diese Nachahmung und Bezeugung der Liebe und Demut Christi müssen die Jünger immer leisten. Deshalb freut sich die Mutter Kirche darüber, dass sich in ihrem Schoß viele Männer und Frauen finden, die die Entäußerung des Erlösers nachdrücklicher befolgen und deutlicher erweisen, indem sie die Armut in der Freiheit der Kinder Gottes übernehmen und auf den Eigenwillen verzichten, das heißt, sie unterwerfen sich einem Menschen um Gottes willen hinsichtlich der Vollkommenheit über das Maß des Gebotes hinaus, um sich dem gehorsamen Christus mehr gleichzugestalten<ref>Zur geistlichen Armut, vgl. Mt 5,3 u. 19,21; Mk 10,21; Lk 18,22; zum Gehorsam wird auf das Beispiel Christi hingewiesen: Joh 4,34 u. 6,38; Phil 2,8-10; Hebr 10,5-7. Zahlreiche Belege bei Vätern und Ordensstiftern.</ref>.
Alle Christgläubigen sind also zum Streben nach Heiligkeit und ihrem Stand entsprechender Vollkommenheit eingeladen und verpflichtet. Alle sollen deshalb ihre Willensantriebe richtig leiten, um nicht im Umgang mit Dingen der Welt und durch die Anhänglichkeit an die Reichtümer wider den Geist der evangelischen Armut im Streben nach vollkommener Liebe gehindert zu werden. Mahnt doch der Apostel: Die mit dieser Welt umgehen, sollen sich in ihr nicht festsetzen; denn die Gestalt dieser Welt vergeht (vgl. 1 Kor 7,31 griech.)<ref>Zur Verwirklichung der Räte, die nicht allen auferlegt ist, vgl. Johannes Chrysostomus, In Mt. Hom. 7, 7: PG 57, 81f. Ambrosius, De Viduis 4, 23: PL 16, 241f.</ref>.
KAPITEL VI: DIE ORDENSLEUTE
43. Die evangelischen Räte der Gott geweihten Keuschheit, der Armut und des Gehorsams sind, in Wort und Beispiel des Herrn begründet und von den Aposteln und den Vätern wie auch den Lehrern und Hirten der Kirche empfohlen, eine göttliche Gabe, welche die Kirche von ihrem Herrn empfangen hat und in seiner Gnade immer bewahrt. Die Autorität der Kirche selbst hat unter Leitung des Heiligen Geistes für ihre Auslegung, die Regelung ihrer Übung und die Festsetzung entsprechender dauerhafter Lebensformen gesorgt. So sind wie an einem Baum, der aus einem von Gott gegebenen Keim wunderbar und vielfältig auf dem Ackerfeld des Herrn Zweige treibt, verschiedene Formen des eremitischen und gemeinschaftlichen Lebens und verschiedene Gemeinschaften gewachsen. Sie bieten reichliche Hilfen zum Fortschritt ihrer Mitglieder wie zum Besten des ganzen Leibes Christi<ref>Vgl. Rosweydus, Vitæ Patrum (Antwerpen 1628). Apophthegmata Patrum: PG 65. PalIadius, Historia Lausiaca: PG 34, 995 ff; ed. C. Butler (Cambridge 1898) (1904). Pius XI., Apost. Konst. Umbratilem, 8. Juli 1924: AAS 16 (1924) 386-387. Pius XII., Anspr. Nous sommes heureux, 11. April 1958: AAS 50 (1958) 283.</ref>. Jene Gemeinschaften verhelfen nämlich ihren Mitgliedern zu größerer Beständigkeit in der Lebensweise, zu einer erprobten Lehre über das Streben nach Vollkommenheit, zu einer brüderlichen Gemeinschaft im Kriegsdienst Christi und zu einer durch den Gehorsam gefestigten Freiheit. Dadurch können sie ihr Ordensgelöbnis sicher erfüllen und getreu bewahren und auf dem Weg der Liebe in geistlicher Freude voranschreiten <ref>Paul VI., Anspr. Magno gaudio, 23. Mai 1964: AAS 56 (1964) 566.</ref>.
Ein derartiger Stand ist, in bezug auf die göttliche, hierarchische Verfassung der Kirche, kein Zwischenstand zwischen dem der Kleriker und dem der Laien. Vielmehr werden in beiden Gruppen Christgläubige von Gott gerufen, im Leben der Kirche sich einer besonderen Gabe zu erfreuen und, jeder in seiner Weise, ihrer Heilssendung zu nützen<ref>Vgl. CIC, can. 487 u. 488, 40. Pius XII., Anspr. Annus sacer, 8. Dez. 1950: AAS 43 (1951) 27f. Ders., Apost. Konst. Provida Mater, 2. Febr. 1947: AAS 39 (1947) 120ff.</ref>.
44. Durch die Gelübde oder andere heilige Bindungen, die jeweils in ihrer Eigenart den Gelübden ähnlich sind, verpflichtet sich der Christgläubige zu den drei genannten evangelischen Räten und gibt sich dadurch dem über alles geliebten Gott vollständig zu eigen, so dass er selbst durch einen neuen und besonderen Titel auf Gottes Dienst und Ehre hingeordnet wird. Er ist zwar durch die Taufe der Sünde gestorben und Gott geweiht. Um aber reichere Frucht aus der Taufgnade empfangen zu können, will er durch die Verpflichtung auf die evangelischen Räte in der Kirche von den Hindernissen, die ihn von der Glut der Liebe und der Vollkommenheit der Gottesverehrung zurückhalten könnten, frei werden und wird dem göttlichen Dienst inniger geweiht<ref>Paul VI., a. a. O. 567.</ref>. Die Weihe ist aber um so vollkommener, je mehr sie durch die Festigkeit und Beständigkeit der Bande die unlösliche Verbindung Christi mit seiner Braut, der Kirche, darstellt.
Weil aber die evangelischen Räte ihre Befolger durch die Liebe, zu der sie hinführen<ref>Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theol. II-II., q. 184, a. 3 u. q. 188, a. 2. Bonaventura, Opusc. XI., Apologia Pauperum, 3. Kap., 3: Ausg. der Werke, Quaracchi, Bd. 8 (1898) 245a.</ref>, auch in besonderer Weise mit der Kirche und ihrem Geheimnis verbinden, muss ihr geistliches Leben auch dem Wohl der ganzen Kirche gewidmet sein. Daraus ergibt sich die Pflicht, nach Kräften und entsprechend der Gestalt der eigenen Berufung, durch Gebet oder auch tätiges Wirken sich um die Einwurzelung und Festigung des Reiches Christi in den Seelen und seine weltweite Ausbreitung zu bemühen. Deshalb auch schützt und fördert die Kirche den eigenen Charakter der verschiedenen Ordensinstitute. So erscheint das Bekenntnis zu den evangelischen Räten als ein Zeichen, das alle Glieder der Kirche wirksam zur eifrigen Erfüllung der Pflichten ihrer christlichen Berufung hinziehen kann und soll. Das Volk Gottes hat ja hier keine bleibende Heimstatt, sondern sucht die zukünftige. Deshalb macht der Ordensstand, der seine Glieder von den irdischen Sorgen mehr befreit, mehr die himmlischen Güter, die schon in dieser Zeit gegenwärtig sind, auch allen Gläubigen kund, bezeugt das neue und ewige, in der Erlösung Christi erworbene Leben und kündigt die zukünftige Auferstehung und die Herrlichkeit des Himmelreiches an. Auch die Lebensform, die der Sohn Gottes annahm, als er in die Welt eintrat, um den Willen des Vaters zu tun, und die er den Jüngern, die ihm nachfolgen, vorgelegt hat, ahmt dieser Stand ausdrücklicher nach und bringt sie in der Kirche ständig zur Darstellung. Schließlich macht er die Erhabenheit des Gottesreiches gegenüber allem Irdischen und seine höchsten Ansprüche in besonderer Weise offenkundig. Er zeigt auch allen Menschen die überragende Größe der Herrscherkraft Christi und die wunderbare, unbegrenzte Macht des Heiligen Geistes in der Kirche auf.
Der Stand, der durch das Gelöbnis der evangelischen Räte begründet wird, ist also zwar nicht Teil der hierarchischen Struktur der Kirche, gehört aber unerschütterlich zu ihrem Leben und ihrer Heiligkeit.
45. Da die kirchliche Hierarchie die Aufgabe hat, das Volk Gottes zu leiten und auf reiche Weiden zu führen (vgl. Ez 34,14), ist sie dafür zuständig, die Übung der evangelischen Räte, durch die die vollkommene Liebe zu Gott und dem Nächsten einzigartig gefördert wird, durch ihre Gesetze weise zu lenken<ref>Vgl. Conc. Vatic. I, Schema Über die Kirche Christi, Kap. XV u. Anmerkung 48: Mansi 51, 549fu. 619f. Leo XIII., Brief Au milieu des consolations, 23. Dez. 1900: ASS 33 (1900-01) 361. Pius XII., Apost. Konst. Provida Mater, a. a. O. 114f.</ref>. Sie nimmt auch in gelehriger Gefolgschaft gegenüber den Antrieben des Heiligen Geistes die von vortrefflichen Männern und Frauen vorgelegten Regeln entgegen, läßt sie weiter ordnen und erkennt sie authentisch an. Außerdem wacht sie mit ihrer Autorität schützend über die zum Aufbau des Leibes Christi allenthalben errichteten Institute, damit sie nach dem Geist ihrer Stifter wachsen und gedeihen.
Zur besseren Vorsorge gegenüber den Erfordernissen der ganzen Herde des Herrn können alle Institute des Standes der Vollkommenheit und ihre einzelnen Mitglieder vom Papst aufgrund seines Primats über die ganze Kirche im Hinblick auf den allgemeinen Nutzen der Jurisdiktion der Ortsordinarien entzogen und ihm allein unterstellt werden<ref>Vgl. Leo XIII., Konst. Romanos Pontifices, 8. Mai 1881: ASS 13 (1880-81) 483. Pius XII., Anspr. Annus sacer, 8. Dez. 1950: AAS 43 (1951) 28f.</ref>. In ähnlicher Weise können sie bei den eigenen patriarchalen Autoritäten belassen oder ihnen unterstellt werden. Die Mitglieder selbst müssen die Pflicht gegenüber der Kirche nach ihrer besonderen Lebensform erfüllen und dabei den Bischöfen gemäß den kanonischen Gesetzen Ehrfurcht und Gehorsam leisten wegen ihrer Hirtenautorität in den Teilkirchen und der notwendigen Einheit und Eintracht im apostolischen Wirken<ref>Vgl. Pius XII., Anspr. Annus sacer, a. a. O. 28. Ders., Apost. Konst. Sedes Sapientiæ, 31. Mai 1956: AAS 48 (1956) 355. Paul VI., a. a. O., 570-571.</ref>.
Die Kirche erhebt aber nicht nur den Ordensberuf durch ihre Bestätigung zur Würde eines kanonischen Standes, sondern macht ihn auch durch ihre liturgische Feier zu einem Gott geweihten Stand. Denn die Kirche selbst nimmt kraft der ihr von Gott übertragenen Autorität die Gelübde der Gelobenden entgegen, erbittet ihnen durch ihr öffentliches Gebet Hilfe und Gnade von Gott, empfiehlt sie Gott, erteilt ihnen eine geistliche Segnung und vereint ihre Hingabe mit dem eucharistischen Opfer.
46. Die Ordensleute sollen sorgfältig darauf achten, dass durch sie die Kirche wirklich von Tag zu Tag mehr den Gläubigen wie den Ungläubigen Christus sichtbar mache, wie er auf dem Berg in der Beschauung weilt oder wie er den Scharen das Reich Gottes verkündigt oder wie er die Kranken und Schwachen heilt und die Sünder zum Guten bekehrt oder wie er die Kinder segnet und allen Wohltaten erweist, immer aber dem Willen des Vaters gehorsam ist, der ihn gesandt hat<ref>Vgl. Pius XII., Enz. Mystici corporis, 29. Juni 1943: AAS 35 (1943) 214f.</ref>
Alle sollen schließlich einsehen, dass das Gelöbnis der evangelischen Räte, wenn es auch den Verzicht auf hochzuschätzende Werte mit sich bringt, dennoch der wahren Entfaltung der menschlichen Person nicht entgegensteht, sondern aus ihrem Wesen heraus sie aufs höchste fördert. Die Räte nämlich tragen, wenn sie entsprechend der persönlichen Berufung eines jeden in freiem Entschluß übernommen werden, nicht wenig zur Reinigung des Herzens und zur geistlichen Freiheit bei, fachen ständig die Glut der Liebe an und vermögen den Christen gleichförmiger zu machen vor allem der jungfräulichen und armen Lebensweise, die Christus der Herr gewählt und die seine jungfräuliche Mutter sich zu eigen gemacht hat. Das beweist das Beispiel so vieler heiliger Ordensgründer. Und es darf keiner meinen, die Ordensleute würden durch ihre Weihe den Menschen fremd oder für die irdische Gesellschaft nutzlos. Denn, wenn sie auch zuweilen ihren Zeitgenossen nicht in unmittelbarer Weise hilfreich sind, haben sie diese doch auf tiefere Weise in der Liebe Christi gegenwärtig und wirken geistlich mit ihnen zusammen, dass der Bau der irdischen Gesellschaft immer in Gott gründe und auf ihn ausgerichtet sei und seine Erbauer nicht vergeblich arbeiten<ref>Vgl. Pius XII., Anspr. Annus sacer, a. a. O. 30. Ders., Anspr. Sousla maternelle protection, 9. Dez. 1957: AAS 50 (1958) 39f.</ref>.
Gerade darum bestätigt und lobt die Heilige Synode die Männer und Frauen, Brüder und Schwestern, die in den Klöstern oder in Schulen und Krankenhäusern oder in den Missionen in standhafter und demütiger Treue zu der genannten Weihe die Braut Christi zieren und allen Menschen die verschiedensten großmütigen Dienste leisten.
47. Jeder, der zum Lebensstand der Räte berufen ist, soll eifrig bemüht sein, in der Berufung, zu der er von Gott gerufen wurde, zu bleiben und sich darin mehr auszuzeichnen, zu vollerer Heiligkeit der Kirche, zur größeren Ehre der einen und ungeteilten Dreifaltigkeit, die in Christus und durch Christus Quelle und Ursprung jeder Heiligkeit ist.
[Fortsetzung folgt]
Anmerkungen
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