Sacerdotium ministeriale
Sacerdotium ministeriale ist der lateinische Titel des Schreibens der Kongregation für die Glaubenslehre an die Bischöfe der Katholischen Kirche im Pontifikat Papst Johannes Paul II. vom 6. August 1983 über einige Fragen bezüglich des Dieners der Eucharistie.
Der Text des Schreibens
Sacerdotium ministeriale (Wortlaut)
Kardinal Joseph Ratzinger zum Dokument der Glaubenskongregation
(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1983, S. 1592-1594)
Zweck dieses Schreibens ist, die Hirten des Gottesvolkes zu unterstützen, wenn sie sich mit Meinungen auseinandersetzen müssen, die wesentliche Gesichtspunkte der Lehre der Kirche über den Diener der Eucharistie betreffen. Diese Meinungen laufen unter verschiedenen Formen und mit unterschiedlichen Begründungen alle auf die gleiche Schlußfolgerung hinaus: die Vollmacht, das Sakrament der Eucharistie zu vollziehen, sei nicht notwendigerweise mit dem Weihesakrament verbunden, das durch Handauflegung des Bischofs übertragen wird. Auf dieser Meinung fußend, gibt man vor, den mancherorts bestehenden Mangel an geweihten Priestern zu beheben, so dass eine Gemeinde, die längere Zeit die Eucharistiefeier entbehrt, aus ihrer Mitte einen Vorsteher bestellen könnte, der kraft dieser Bestellung alle Fähigkeiten besitzen würde, die er zur Gemeindeleitung braucht, einschließlich jener, die Eucharistie zu feiern. Das Schreiben hebt nun den Schweregrad einer solchen Auffassung hervor, wenn es sagt, dass "eine solche Schlussfolgerung in keiner Weise mit dem überlieferten Glauben in Einklang gebracht werden kann, denn auf diese Weise wird nicht nur die den Priestern anvertraute Amtsvollmacht verworfen, sondern die gesamte apostolische Struktur der Kirche verletzt und die Heilsökonomie der Sakramente zerstört" (Ill, 1). Und da solche Ansichten bereits bei den Gläubigen Anklang finden und mitunter auch schon in der Praxis übertragen werden, mahnt das Schreiben: "Die Gläubigen, die den Versuch unternehmen, die Eucharistie außerhalb des geheiligten Bandes der apostolischen Nachfolge, die durch das Weihesakrament begründet ist, zu feiern, schließen sich damit von der Teilhabe an dem einen Leib des Herrn aus und tragen daher nicht zur Stärkung und zum Aufbau der Gemeinde, sondern zu deren Zerstörung bei" (IV).
Es war also notwendig, die falschen ekklesiologischen Grundsätze, auf die sich diese Meinung und diese Praxis zu stützen vorgeben, aufzuzeigen und mit Nachdruck und Klarheit die geoffenbarte Lehre über die apostolische Struktur der Kirche und die unersetzliche Rolle des durch das Weihesakrament bestellten Dieners der Eucharistiefeier zu bekräftigen.
Genau diese Absicht bestimmt den Aufbau und die Grenzen dieses Schreibens. Es handelt sich nicht um eine vollständige Abhandlung über das Priesteramt, und auch Fragen zum priesterlichen Zölibat und zur Nichtzulassung von Frauen zum Priesteramt, die bereits in früheren Dokumenten behandelt wurden, werden hier nicht wieder aufgegriffen. Es geht darum, den oben erwähnten Meinungen gegenüber die Lehre der. katholischen Kioche in Erinnerung zu rufen.
Im ersten der beiden Hauptteile des Schreibens (ll, Ill) werden - in einer Ordnung, die ihre innere Logik herauszustellen beabsichtigt - gewisse Behauptungen über die Vollmachten zusammengefaßt, die den christlichen Gemeinden schon aufgrund der Tatsache zugehörten, dass sie im Glauben der Apostel und der von all ihren Mitgliedern empfangenen Taufe vereint seien. Infolgedessen sei der Dienst der Priester und Bischöfe für eine geregelte Ordnung der Kirche zwar normalerweise notwendig, doch unterscheide er sich nicht wesentlich vom gemeinsamen Priestertum der Gläubigen, und die Beauftragung mit diesem Dienst sei nichts anderes, als vor der Gemeinde die von Anfang an im Sakrament der Taufe grundgelegte Fähigkeit zur Geltung zu bringen, ohne jedoch eine neue und im eigentlichen Sinn "priesterliche" Fähigkeit hinzuzufügen. Deshalb könne jede Gemeinde in außergewöhnlichen Fällen - zum Beispiel, wenn ihr für längere Zeit ein geweihter Priester fehlt - die "ihr ursprünglich übertragene Vollmacht" in Anspruch nehmen und selbst ihren Vorsteher bestellen, dem damit auch die Fähigkeit zum Vorsitz bei der Eucharistiefeier übertragen werde.
Diesen Meinungen gegenüber bekräftigt das Schreiben in III erneut mit der gesamten Tradition die Struktur der Dienste, mit denen Christus die Kirche in den Aposteln ausgestattet hat, als er ihnen die dreifache Gewalt, nämlich zu heiligen, zu lehren und zu leiten, anvertraute, die durch das Weihesakrament auf deren Nachfolger, die Bischöfe und. Priester, übertragen wird. Sie allein, die geistlich mit einem besonderen Zeichen ("character") besiegelt sind, das sie Christus, dem "ewigen Hohenpriester", gleichförmig macht, haben die Weihevollmacht zum Vollzug der Eucharistie. Nur so wird das apostolische Amt übertragen und dauert fort. Außerhalb der sakramentalen Ordnung hat keine Gemeinde die Vollmacht, es zu verleihen.
Das Schreiben bedenkt auch die Situation der Gemeinden, die durch Verfolgungen oder andere Umstände über keinen geweihten Amtsträger verfügen, um die Eucharistie zu feiern. Eines muß klar sein: Die Kirche kann nicht Lösungen in Erwägung ziehen, die der Lehre und der vom Herrn eingesetzten Ordnung widersprechen. Was solche bedauerlichen Fälle betrifft, so erinnert die Kirche die Gläubigen daran: "Durch ihr Verlangen nach dem Sakrament mit der Kirche vereint, sind sie, wenn auch äußerlich von ihr getrennt, zuinnerst und wirklich ganz mit ihr verbunden und empfangen daher die Früchte des Sakraments" (Ill, 4). Es fordert sie dann auf, darum zu beten, dass Gott, "der Herr der Ernte", je nach den Bedürfnissen Arbeiter sende (vgl. Mt 9, 37 ff.), und sich mit allen Kräften dafür einzusetzen, dass der Ruf des Herrn zum priesterlichen Dienst in Großmut gehört und angenommen werde.
Im übrigen werden die unabdingbare Erfüllung all dessen, was der Herr zum Aufbau seiner Kirche angeordnet hat, und der entschiedene Hinweis auf die geoffenbarte Lehre vom unersetzlichen Platz des Priesters auch dazu beitragen, die Priester im Wissen um ihre "Identität" und ihre hohe Sendung zu bestärken, im christlichen Volk aber Berufungen zu diesem Dienst zu wecken.
Das Schreiben ist aufgrund von Informationen durch Ortsbischöfe sowie aufgrund des Studiums von Schriften zu diesem Thema, die in verschiedenen Ländern veröffentlicht wurden, erarbeitet worden. Man kann hervorheben, dass es sich nur mit gewissen irrigen Meinungen befaßt und keinen besonderen Autor nennt. Es fällt unter die Aufgaben, die der Kongregation für die Glaubenslehre eigen sind (vgl. Integrae servandae, Nr. 4), und ist von dem Verfahren zu unterscheiden, das die Werke betrifft, die irrige und gefährliche Lehren enthalten, und das die Fühlungnahme mit den betroffenen Autoren einschließt (vgl. ebd. Nr. 5).
Die Glaubenskongregation legt mit diesem Schreiben keine Neuerungen vor, sondern ruft die katholische Lehre in Erinnerung, die in früheren Dokumenten des kirchlichen Lehramtes definiert oder gelehrt worden ist. Da es sich sodann um ein von der Kongregation für die Glaubenslehre _ einem Hilfsorgan des höchsten Lehramtes - erlassenes und vom Römischen Papst approbiertes Dokument handelt, soll es von allen Gläubigen mit dem religiösen Gehorsam, den sie dem authentischen Lehramt der Kirche schulden, angenommen und befolgt werden.
Da das Dokument mit aller Klarheit auf die katholische Position in der behandelten Frage hinweist, wird es auch Bedeutung für den ökumenischen Dialog besitzen.
Siehe auch: Liste von Lehramtstexten