Horst Seehofer
Horst Seehofer (* 4. Juli 1949 in Ingolstadt) ist ein katholischer deutscher Politiker der Christlich-Sozialen Union in Bayern. Von Oktober 2008 bis März 2018 war er Ministerpräsident des Freistaates Bayern, seit 2008 ist er Vorsitzender der CSU.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Horst Seehofer wuchs gemeinsam mit seinen drei Geschwistern in Ingolstadt auf. Sein Vater war Lastwagenfahrer und Bauarbeiter. Von 1961 bis 1965 besuchte er die Schule in Ingolstadt, die er mit der mittleren Reife abschloss. Anschließend absolvierte er eine zweijährige Beamtenausbildung zum Sekretär in der Kommunalverwaltung von Ingolstadt. 1970 stieg er als Kommunalbeamter in den gehobenen Dienst als Amtsinspektor auf.
Bis 1980 war er bei den Landratsämtern in Ingolstadt und Eichstätt tätig. Von 1974 bis 1980 war er zudem Geschäftsführer der Planungsregion Ingolstadt und des Rettungszweckverbandes Ingolstadt. 1979 schloss er die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in München als Jahrgangsbester ab.
Seehofer war von 1974 bis 1982 in erster Ehe verheiratet. Aus einer 1985 eingegangenen zweiten Ehe hat er drei erwachsene Kinder, eine weitere, 2007 geborene Tochter aus einer außerehelichen Beziehung.
Politische Ämter
Seehofer war von 1992 bis 1998 als Bundesminister für Gesundheit und von 2005 bis 2008 als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Mitglied der deutschen Bundesregierung. 2008 wurde Seehofer zum Ministerpräsidenten des Bayerischen Landtages gewählt. Im selben Jahr übernahm er den Vorsitz der CSU; für dieses Amt wurde er seitdem fünfmal wiedergewählt, zuletzt im Dezember 2017 mit 83,7 Prozent der Stimmen.<ref>Parteitag: CSU wählt Seehofer mit nur 83,7 Prozent erneut zum Chef. In: Spiegel Online, 16. Dezember 2017</ref>
Am 1. November 2011 übernahm Seehofer turnusgemäß das Amt des Präsidenten des deutschen Bundesrates. Als solcher übernahm er am 17. Februar 2012 nach dem Rücktritt von Christian Wulff vorübergehend, bis zur Wahl des neuen Bundespräsidenten im März 2012, die Amtsgeschäfte des Staatsoberhauptes der Bundesrepublik Deutschland.
Nach einem Machtkampf zwischen dem CSU-Politiker Markus Söder und Ministerpräsident Seehofer trat Seehofer zum 13. März 2018 als bayerischer Ministerpräsident zurück, behielt das Amt des CSU-Vorsitzenden jedoch bei.<ref>donaukurier.de: Seehofer: Es war mir eine Ehre (8. März 2018).</ref><ref>faz.net: Söder kommt, Seehofer bleibt (6. Juli 2018).</ref> Seit dem 14. März 2018 ist Horst Seehofer Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat.<ref>handelsblatt.com: Neuer Innenminister Seehiofer will Masterplan für Abschiebungen</ref>
Ehrungen und Auszeichnungen
- 1989: Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste.
- 1996: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.
- Bayerischer Verdienstorden.
- 2008 wurde Seehofer anlässlich seines Besuches auf der AGRO in Kiew die Ehrendoktorwürde der Nationalen Agraruniversität der Ukraine verliehen.
- 2009: Großkreuz des portugiesischen Verdienstordens.
- 2010: Bayerische Verfassungsmedaille in Gold.
- 2010: Ehrenprofessur der Universität von Qingdao.
- 2013: Europäischer Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft
- 2014: Karl-Valentin-Orden
Kritik an verbalen Entgleisungen
Auf starke Kritik stieß die Aussage Horst Seehofers bei einer Rede am 9. März 2011 in Passau. Zur Einreise von Geflüchteten nach Deutschland erklärte er, die Berliner Koalition werde sich „bis zur letzten Patrone“ dagegen sträuben, dass „wir eine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme bekommen“. Er griff damit eine Wortwahl der NS-Regierung vom 9. März 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Phase des "totalen Kriegs", auf, als befohlen wurde, die Reichshauptstadt Berlin "bis zur letzten Patrone" zu verteidigen.<ref>Der Tagesspiegel, 10. März 2011</ref>
Am 11. November 2015 kritisierten 45 höhere Ordensobere aus Bayern - Benediktineräbte und Zisterzienser-Äbtissinnen, Provinzobere franziskanischer Orden und viele andere - in einem Offenen Brief die Flüchtlingspoltik von Ministerpräsident Horst Seehofer. Sie appellierten an den CSU-Politiker, Seehofer solle "dringend von einer Rhetorik Abstand [...] nehmen, die Geflüchtete in ein zwielichtiges Licht stellt". Die Unterzeichner plädierten vielmehr dafür, "in den politischen Debatten und Entscheidungen die Geflüchteten zuerst als Mitmenschen zu sehen, die als Schwestern und Brüder zu uns kommen und unsere Solidarität brauchen", und schlossen mit der eindringlichen Bitte um "eine Mentalität, die dem Teilen mehr zutraut als der Sorge nur für das eigene Wohlergehen".<ref>Franziskaner. Magazin für franziskanische Kultur und Lebensart, Winter 2015, S. 30f.; domradio.de, bayerische-ordensobere-kritisieren-seehofer, 11.11.2015</ref>
Seehofer sagte am 5. Juli 2018 in Berlin in heiterer Stimmung, dass am Vortag, dem 4. Juli und am Tag seines 69. Geburtstages, 69 Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben worden seien; das sei von ihm so nicht bestellt worden, liege aber "weit über dem, was bisher üblich war". Vertreter der christlichen Kirchen stellten fest, dass solche Äußerungen ein Hinweis darauf seien, dass, so der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, eine Atmosphäre entstanden sei, "in der nicht die Rettung des Lebens von Menschen als Erfolg gesehen wird, sondern ihre Abschiebung in möglichst großer Zahl". Jeder Mensch sei als Bild Gottes geschaffen, und wer den christlichen Glauben ernst nehme, der müsse in seinem öffentlichen Reden und in seinem politischen Handeln die damit verbundene Achtung vor jedem Menschen zum Ausdruck bringen.<ref>domradio.de: Diskussion zu Seehofers Äußerungen zu Abschiebungen, 12. Juli 2018.</ref> Die katholische Münsteraner Sozialethikerin Professorin Marianne Heimbach-Steins erklärte: „Abschiebungen wie ein Geburtstagsgeschenk zu verkaufen, ist gefühllos und makaber... Diese Tonlage ist der Situation völlig unangemessen und verfehlt auch den Anspruch an Politik einer Partei, die sich christlich nennt.“<ref>fr.de: „Der menschliche Grundton fehlt.“ Die christlichen Kirchen reagieren auf die Politik und die Wortwahl des Innenministers Horst Seehofer. (12. Juli 2018)</ref> Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte am 8. Juli unter dem Eindruck des Auftritts Seehofers in einer Predigt: "Zur Kultur der Nächstenliebe passen keine populistischen Parolen und auch keine Flüchtlinge, die in Europa nirgends aufgenommen werden, keine feigen Fakenews auf den Kanälen oder böse, herabwürdigende Worte über Menschen anderer Religionen, Hautfarbe und Rasse."<ref>erzbischof.kirche-bamberg.de: Ansprache von Erzbischof Ludwig Schick zum Heinrichsfest in Bamberg auf dem Domplatz am 8. Juli 2018</ref>
Anmerkungen
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