Die katholische Schule
Kongregation für das katholische Bildungswesen
im Pontifikat von Papst
Paul VI.
über die katholische Schule
19. März 1977
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 2 I. DIE KATHOLISCHE SCHULE UND DIE HEILSSENDUNG DER KIRCHE
- 2.1 Heilssendung der Kirche
- 2.2 Hilfsmittel in der Ausübung des kirchlichen Dienstes
- 2.3 Beitrag der Katholischen Schule zur Erfüllung der kirchlichen Heilssendung
- 2.4 Erziehungsaufgabe der Kirche und pluralistische Kultur
- 2.5 Einwände gegen die Katholische Schule
- 2.6 Einige Überlegungen zur heutigen Schulsituation
- 3 III. DIE SCHULE ALS STÄTTE DER MENSCHENBILDUNG MITTELS ANEIGNUNG KULTURELLER WERTE
- 4 IV. DER BILDUNGSPLAN DER KATHOLISCHEN SCHULE
- 4.1 Wesensmerkmal der Katholischen Schule
- 4.2 Synthese zwischen Glauben und Kultur
- 4.3 Synthese zwischen Glauben und Leben
- 4.4 Der Religionsunterricht
- 4.5 Die Katholische Schule als Treffpunkt der christlichen Erziehungsgemeinschaft
- 4.6 Andere Fragen im Bildungsplan der Katholischen Schule
- 4.7 Teilnahme der Christengemeinde an der Bildungsarbeit der Katholischen Schule
- 4.8 Die Katholische Schule im Dienst der Kirche und der Gesellschaft
- 5 V. VERANTWORTLICHKEIT DER KATHOLISCHEN SCHULE IN UNSERER ZEIT
- 6 VI. BESONDERE PROBLEME DER GEGENWART
- 7 SCHLUSSWORT
- 8 Anmerkungen
- 9 Weblinks
EINLEITUNG
Die Katholische Schule nach dem Konzil
1. Die Katholische Schule gewinnt in der Kirche, wie sie sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil darstellt, immer größere Bedeutung, besonders nach den Konstitutionen Lumen Gentium und Gaudium et Spes. Sie bildet einen Teil des umfassenderen Gebietes der christlichen Erziehung, die eigens in der Konzilserklärung Gravissimum Educationis behandelt wird. Deren Richtlinien sind maßgeblich für das vorliegende Dokument, das die Ausführungen über die Katholische Schule vertiefen soll.
Inhalt und Bedeutung des Dokumentes
2. Im Bewusstsein der schwerwiegenden Probleme, die der christlichen Erziehung in der pluralistischen Gesellschaft unserer Zeit innewohnen, fühlt sich die Kongregation für das Katholische Bildungswesen verpflichtet, besondere Aufmerksamkeit dem Wesen und den unterscheidenden Merkmalen einer Schule zuzuwenden, die sich als katholisch bezeichnet und empfiehlt. Die Bedingungen, unter denen die Katholische Schule in den verschiedenen Ländern mit christlicher oder nichtchristlicher Überlieferung arbeiten muss, sind sehr vielgestaltig, und diese Vielfalt trifft auch für die Schulgesetze zu. Deshalb ist es notwendig, dass die Probleme der Katholischen Schule von den kirchlichen Behörden der einzelnen Länder aufgegriffen und im gegebenen sozialen und kulturellen Zusammenhang gelöst werden.
Daseinsberechtigung der Katholischen Schule
3. Der Kongregation für das Katholische Bildungswesen erscheint es angebracht, zur Lösung dieser Probleme einige Überlegungen vorzulegen, die dazu dienen, den erziehlichen Wert der Katholischen Schule ins rechte Licht zu rücken. In diesem Wert besteht ihre wesentliche Daseinsberechtigung und die Grundlage ihres Apostolates. Diese Überlegungen erheben nicht den Anspruch, den Gegenstand erschöpfend zu behandeln. Sie sollen vielmehr die Voraussetzung für eine vertiefte Schau der Probleme bilden und zu einer wirksameren Anwendung des Erkannten führen.
Der angesprochene Personenkreis
4. Die Bischofskonferenzen sind sich sicher der Pflicht bewusst, ihre Hirtensorge der gesamten katholischen Jugend in den verschiedenen Schulen des Landes zuzuwenden.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 7.</ref> Die Kongregation für das Katholische Bildungswesen möchte sie aber mit diesem Dokument einladen, einen Bildungsplan für die verschiedenen Stufen der erziehlichen Betreuung ausarbeiten zu lassen, der den Forderungen nach einer Gesamtbildung der jungen Menschen von heute in den katholischen Schulen entspricht, und darüber zu wachen, dass er verwirklicht wird. Die Kongregation wendet sich überdies an alle, die für die Erziehung verantwortlich sind - Eltern, Lehrer, Schulbehörden und die Jugend selbst - damit sie alle verfügbaren Mittel einsetzen, die es der Katholischen Schule ermöglichen, einen echten staatsbürgerlichen und apostolischen Dienst zu leisten.
I. DIE KATHOLISCHE SCHULE UND DIE HEILSSENDUNG DER KIRCHE
Heilssendung der Kirche
Der Heilsplan Gottes...
5. In seinem geheimnisvollen Heilsplan der Liebe hat Gott der Vater, als die Fülle der Zeiten gekommen war, seinen eingeborenen Sohn gesandt, damit er auf Erden das Reich Gottes gründe und die Wiederherstellung des Menschengeschlechts bewirke. Um sein Heilswerk fortzusetzen, hat Jesus Christus die Kirche als sichtbare Gemeinschaft eingesetzt, die vom Heiligen Geist belebt wird.
… verwirklicht sich in der Kirche
6. Unter der Führung dieses Geistes vertieft die Kirche unaufhörlich ihr Selbstverständnis und sucht das Geheimnis ihres Wesens und ihrer Sendung zu ergründen.<ref> Vgl. Paul VI., Enzyklika «Ecclesiam suam», 7.</ref> So entdeckt sie aufs neue ihren lebensnotwendigen Bezug zu Christus und «findet immer mehr Licht, neue Kraft und größere Freude in der Erfüllung ihrer eigenen Sendung und in dem Bemühen, die besten Mittel und Wege zu finden, um ihre Beziehungen zur Gemeinschaft der Menschen lebensnaher, wirkungsvoller und heilsamer zu gestalten; gehört sie doch selbst, wenn auch durch unverwechselbare Wesenszüge unterschieden, dieser menschlichen Gemeinschaft an, zu deren Dienst sie bestellt ist, damit alle Menschen ihre Seinsfülle in Christus erreichen».<ref> Paul VI., Enzyklika «Ecclesiam suam», 13.</ref>
Sendung der Kirche
7. Die Sendung der Kirche ist es also, das Evangelium zu verkünden, das heißt, allen die frohe Botschaft des Heiles kundzutun, in der Taufe die Menschen neu zu schaffen und sie heranzubilden, bewusst als Kinder Gottes zu leben.
Hilfsmittel in der Ausübung des kirchlichen Dienstes
Die Schule im Dienst der kirchlichen Sendung
8. Um ihrem Heilsauftrag nachzukommen, bedient sich die Kirche hauptsächlich der Mittel, die ihr Jesus Christus selbst anvertraut hat, ohne die anderen zu vernachlässigen, die es ihr in den verschiedenen Zeiten und Kulturen ermöglichen, ihr übernatürliches Ziel zu erreichen und die Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit zu fördern. Indem sie ihrer Sendung nachkommt, paßt sie die Mittel den veränderten Verhältnissen der Zeiten und den neuen Bedürfnissen der Menschen an.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute «Gaudium et spes», 4.</ref> In der Begegnung mit den verschiedenen Kulturen und dem unablässigen Fortschritt der menschlichen Lebensformen offenbart die Kirche durch ihre Glaubensverkündigung «den Menschen aller Zeiten und Zonen das transzendente Ziel, das allein dem Leben seinen vollen Sinn gibt».<ref> Paul VI., Ansprache an S. Em. Kard. Gabriel Marie Garrone, 27. November 1972</ref> In Erfüllung dieser Heilsaufgabe gründet die Kirche ihre eigenen Schulen, denn sie sieht in ihnen ein vorzügliches Mittel zur ganzheitlichen Ausbildung des Menschen, insofern sie tatsächlich eine Stätte sind, an der eine spezifische Auffassung von der Welt, dem Menschen und der Geschichte erarbeitet und übermittelt wird.
Beitrag der Katholischen Schule zur Erfüllung der kirchlichen Heilssendung
Bezug zum Evangelium
9. Die Katholische Schule trägt zur Heilsvermittlung der Kirche bei, besonders in der Glaubenserziehung. Dabei ist sie der Tatsache eingedenk, dass «das psychologische Bewusstsein und das sittliche Gewissen von Christus zur gleichzeitigen vollen Entfaltung berufen sind und dass ohne diese Vorbedingung der Mensch kaum die göttlichen Gaben der Wahrheit und der Gnade in dem Maß erhalten kann, wie sie ihm zukommen».<ref> Paul VI., Enzyklika «Ecclesiam suam», 15.</ref> Deshalb fühlt sich die Kirche verpflichtet, in ihren Kindern das volle Bewusstsein ihrer Wiedergeburt zu einem neuen Leben zu fördern.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 3.</ref> In der ausdrücklichen Berufung auf das Evangelium Jesu Christi, das im Gewissen und Leben der Gläubigen zu verwurzeln ist, liegt das Kennzeichnende des Erziehungszieles der Katholischen Schule, die bei seiner Verwirklichung natürlich den bestehenden kulturellen Verhältnissen Rechnung tragen muss.
Erziehungsaufgabe der Kirche und pluralistische Kultur
Begegnung der Kirche mit der Kultur...
10. Im Lauf der Jahrhunderte hat die Kirche «in ihrem unaufhörlichen Streben nach der Fülle der göttlichen Wahrheit»<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung «Dei verbum», 8.</ref> immer mehr aus den Quellen der Kultur geschöpft und sich ihrer Errungenschaften bedient, um die Offenbarung zu vertiefen und den fruchtbaren Gedankenaustausch mit der Welt zu fördern. Im Licht des Glaubens, bei dessen Auslegung sie sich vom Geist des Herrn geführt weiß, bemüht sich die Kirche, in den Ereignissen, den Forderungen und den Bestrebungen unserer Zeit<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute «Gaudium et spes», II.</ref> die dringendsten Aufgaben zu erkennen, die am besten den Absichten Gottes entsprechen.
... und mit dem Kulturpluralismus
11. In der Gesellschaft unserer Tage, die, neben anderen Merkmalen, durch den kulturellen Pluralismus gekennzeichnet ist, erkennt die Kirche das dringende Bedürfnis nach der Gegenwart des christlichen Gedankengutes, insoweit es einen gültigen Prüfstein für die wirren Begriffe und Verhaltensweisen unserer Zeit darstellt. «Die Bezugnahme auf Jesus Christus lehrt tatsächlich die echten Werte erkennen, die den Menschen formen, und die falschen Werte, die ihn entwürdigen».<ref> Paul VI., Ansprache an den IX. Kongress des Internationalen Katholischen Büro für Unterricht und Erziehung (O.I.E.C.), in «L'Osservatore Romano», 9. Juni 1974.</ref>
Bedeutung der Erziehung in der pluralistischen Gesellschaft
12. Der kulturelle Pluralismus drängt deshalb die Kirche, ihre erzieherischen Anstrengungen zu steigern, um selbständige und verantwortungsbewusste Persönlichkeiten heranzubilden, die dem lähmenden Relativismus widerstehen und gemäß den Anforderungen ihres Taufgelöbnisses leben können. Er veranlaßt sie außerdem, echte christliche Gemeinschaften zu fördern, die gerade aus der Kraft ihres lebendigen und tätigen Christseins heraus einen eigenständigen und wertvollen Beitrag zum Fortschritt der weltlichen Gesellschaft im Geist des Dialogs und der Zusammenarbeit leisten können. Die gleichen vorrangigen Aufgaben drängen sich der Kirche auch in der Begegnung mit anderen kennzeichnenden Wesenszügen unserer zeitgenössischen Kultur auf, wie dem Materialismus, dem Pragmatismus und der Verfallenheit an die Technik.
Pluralismus im Schulbereich
13. Um in der Auseinandersetzung mit dem Kulturpluralismus die Erreichung ihrer Ziele zu gewährleisten, setzt sich die Kirche für den Grundsatz des Schulpluralismus ein, nämlich für das Nebeneinander und, wenn möglich, die Zusammenarbeit der verschiedenen Schulsysteme, die den jungen Menschen die Möglichkeit geben, auf eigenständiger Weltanschauung ruhende Wertmaßstäbe auszubilden sowie ihre rege Mitarbeit am Aufbau einer Gemeinschaft und damit am Fortschritt der menschlichen Gesellschaft vorzubereiten.
Platz der Katholischen Schule im Schulpluralismus
14. Aus dieser Sicht kommt der Katholischen Schule nach Art und Möglichkeit der Umstände ein eigener Platz im Schulsystem der verschiedenen Länder zu. Wenn die Kirche diese zusätzliche Möglichkeit für die Wahl einer Schule anbietet, tut sie es mit der Absicht, der Einladung zur Zusammenarbeit nachzukommen, die heute in einer vom Kulturpluralismus geprägten Welt auch an sie ergeht. Zugleich will sie ihren Beitrag zur Förderung der Lehrfreiheit leisten und dadurch die Gewissensfreiheit und das Recht der Eltern auf die Wahl einer Schule, die ihren Erziehungsabsichten am besten entspricht, unterstützen und verteidigen.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 8.</ref>
Beitrag der Katholischen Schule zur Auseinandersetzung der Kirche mit der Umwelt
15. Die Kirche ist schließlich fest überzeugt, dass die Katholische Schule mit ihrem Bildungsplan, den sie den Menschen unserer Zeit anbietet, eine ihr eigene kirchliche Aufgabe, die dringend und unersetzlich ist, erfüllt. Durch die Katholische Schule nimmt die Kirche tatsächlich am kulturellen Gedankenaustausch mit einem Beitrag teil, der eigenständig und wirksam den wahren Fortschritt auf eine ganzheitliche Ausbildung des Menschen hin fördert. Das Verschwinden der Katholischen Schule würde daher einen unermesslichen Verlust<ref> Vgl. Paul VI., Ansprache an den IX. Kongress der O.I.E.C., in «L'Osservatore Romano», 9. Juni 1974.</ref> für die Kultur, für den Menschen und für seine natürliche und übernatürliche Bestimmung darstellen.
== II. DER GEGENWÄRTIGE PROBLEMKREIS UM DIE KATHOLISCHE SCHULE ==
Die Katholische Schule wird in Frage gestellt
16. In der Erwägung ihrer Heilsaufgabe betrachtet die Kirche die Katholische Schule als eine Stätte, die für die ganzheitliche Heranbildung ihrer Gläubigen vorzüglich geeignet ist, und als einen Dienst von höchster Wichtigkeit, den sie allen Menschen leistet. Dabei übersieht sie aber nicht die vielfältigen Zweifel und Einwände, die von verschiedenen Seiten gegen die Katholische Schule erhoben und sogar gegen ihre Existenzberechtigung und ihren Leistungswert gerichtet werden. Man muss allerdings die Frage in einem größeren Problemkreis sehen, der alle gesellschaftlichen Einrichtungen als solche umfaßt, da sich die heutige Gesellschaft, der sie dienen, immer rascher und tiefgreifender wandelt.
Einwände gegen die Katholische Schule
Einladung zur Erneuerung
17. In der Auseinandersetzung um die Katholische Schule kann man einige häufig wiederkehrende Einwände, Schwierigkeiten und Gegenvorschläge feststellen. Man muss diese im Auge behalten, um die nachfolgenden Ausführungen in ihrem konkreten Zusammenhang zu sehen und die Blickpunkte zu gewinnen, die sowohl Lehrer wie Erzieher zu entschiedenen Anstrengungen anspornen sollen, um den Anforderungen ihrer Sendung in der heutigen Welt zu entsprechen.
Ablehnung der Institutionen
18. Es gibt zuerst innerhalb und außerhalb der Kirche Kreise, die, von einer laizistischen Haltung bewogen, die Katholische Schule als gesellschaftliche Einrichtung bekämpfen. Sie geben nicht zu, dass die Kirche über das persönliche Zeugnis ihrer Mitglieder hinaus auch durch besondere Einrichtungen, die sich z.B. der Wahrheitsforschung oder den Werken der Nächstenliebe widmen, ihre Heilslehre verkünden kann.
Gefahr der Proselytenmacherei
19. Eine andere Gruppe von Einwänden wirft der Katholischen Schule vor, dass sie eine allgemein zugängliche gesellschaftliche Einrichtung für religiöse und konfessionelle Zwecke einsetze. Zweifellos schließt eine falschverstandene christliche Erziehung die Gefahr eines übertriebenen Bekehrungseifers nicht aus und kann zu einem einseitigen Kulturbegriff verleiten. Aber bloße Möglichkeiten, die richtigzustellen sind, dürfen doch die Tatsache nicht verdecken, dass eine ganzheitliche Erziehung den religiösen Bereich nicht außer acht lassen kann, und dass dieser Bereich wirksam zur Entwicklung der anderen Fähigkeiten einer Persönlichkeit beiträgt, und zwar in dem Maße, als er in die Gesamtbildung einbezogen wird.
Überlebte Einrichtung
20. Anderen erscheint die Katholische Schule als überlebte Einrichtung, die zwar in der Vergangenheit eine notwendige Ersatzrolle gespielt hat, zu einer Zeit aber, in der die staatlichen Behörden selbst die Verwaltung des Schulwesens übernehmen, keine Daseinsberechtigung mehr hat. Tatsächlich dringt der Staat immer mehr in das schulische Erziehungswesen ein und bedroht die naturgegebenen Gemeinschaften, die auf einer gemeinsamen Lebensauffassung gründen, in ihrem Bestand, indem er im ganzen Staatsgebiet einheitlich ausgerichtete Erziehungseinrichtungen, die angeblich neutral sind, oft auf einseitige Weise begünstigt.
Schule für die Reichen
21. Gerade weil die Schulgesetzgebung in manchen Ländern den Wert solcher Möglichkeiten der freien Schulwahl nicht in Betracht zieht, sehen sich dort die katholischen Schulen mit Bedauern gezwungen, ihre Tätigkeit auf die Jugend der wohlhabenden Gesellschaftsschichten zu beschränken, und müssen den Vorwurf hinnehmen, im Bildungswesen zur Aufrechterhaltung der Klassenunterschiede beizutragen.
Geringe Erziehungserfolge
22. Der Katholischen Schule wird oft auch ihr scheinbarer Mangel an Erfolg vorgeworfen: es gelinge ihr nicht, überzeugte Christen heranzubilden, die aus ihrem Glauben leben und für ihre politischen und geseilschaftlichen Aufgaben vorbereitet sind. Das ist ohne Zweifel eine Gefahr, der man durch fortgesetzte erzieherische Anstrengungen begegnen muss, ohne sich von wirklichen oder vermeintlichen Mißerfolgen entmutigen zu lassen; denn die Einflüsse, die im Erziehungsbereich wirken, sind mannigfaltig, und die Früchte reifen meistens erst auf lange Sicht.
Verschiedene Lösungsvorschläge
23. Schließlich muss man sich vor Augen halten, in welchem Gesamtbereich sich die schulischen Bemühungen der Kirche abspielen: in einer Gesellschaft, die sich mit großer Beschleunigung fortentwickelt und in der die Schule überall ein brennendes Problem darstellt; in einer Atmosphäre geistiger Aufgeschlossenheit, die jedoch häufig über die Absicht des letzten Konzils hinaus ungebührlich übertrieben wird; unter großen Schwierigkeiten, Lehrkörper und Geldmittel zu sichern. Soll die Kirche in dieser Lage ihre Schulen aufgeben, wie manche vorschlagen, und fortan ihre Kräfte für eine unmittelbare Heilsverkündigung auf Gebieten einsetzen, die als vorrangig und ihrer eigentlichen Sendung gemäßer erscheinen, im besonderen aber ihre Hirtensorge und ihren Dienst den staatlichen Schuleinrichtungen zuwenden? Eine solche Lösung stünde nicht nur im Gegensatz zu den Weisungen des Konzils, sondern wäre auch vom Verständnis der eigentlichen Sendung der Kirche her keineswegs gerechtferigt, wie die folgenden Ausführungen zeigen sollen.
Einige Überlegungen zur heutigen Schulsituation
Wichtigkeit der Schule in unserer Zeit
24. Die tatsächliche Lage der Katholischen Schule kann übrigens in ihrer Gesamtheit nur erfaßt werden, wenn man sie im weiteren Bereich der gegenwärtigen allgemeinen Schulproblematik betrachtet. Abgesehen von den Forderungen der Vertreter der Entschulungstheorie, die an Bedeutung zu verlieren scheint, ist die Schule im Begriff, in unserer gegenwärtigen Welt eine hervorragende Stellung einzunehmen. Dieser Rang kommt ihr schon auf Grund der ihr eigenen Tätigkeit und Geltung zu, sei es in ihrer sozialen Bedeutung (Mitbestimmung der Eltern, Demokratisierung, Chancengleichheit), sei es, dass sie mehr und mehr die Erziehungsaufgaben anderer Einrichtungen übernimmt, sei es, dass die Pflichtschulzeit immer länger wird.
III. DIE SCHULE ALS STÄTTE DER MENSCHENBILDUNG MITTELS ANEIGNUNG KULTURELLER WERTE
Die Katholische Schule soll Schule sein
25. Wer die besondere Sendung der Katholischen Schule tiefer erfassen will, muss vom Begriff der «Schule» ausgehen und sodann feststellen, dass es keine Katholische Schule gibt, wenn sie nicht zuerst Schule ist und die kennzeichnenden Merkmale einer Schule aufweist.
Aufgaben und Ziele der Schule im allgemeinen
Was ist Schule?
26. Wenn man die verschiedenen Definitionen der Schule und die heutigen Erneuerungsbestrebungen im Bereich des Schulwesens auf den verschiedenen Ebenen aufmerksam prüft, ist man geneigt, die Schule als eine Stätte zu bezeichnen, die mit Hilfe der systematischen und kritischen Aneignung der Kulturwerte auf eine ganzheitliche Erziehung der Schüler zielt. Indem sie eine lebendige und lebensnahe Begegnung mit dem Kulturgut bewirkt, kann die Schule tatsächlich die jungen Menschen in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit fördern.
Persönliche Verarbeitung des Kulturguts
27. Diese Erkenntnis schließt die Forderung ein, dass eine solche in der Schule vollzogene Begegnung in der Form selbsttätiger Erarbeitung geschieht, das heißt, dass die allgemeingültigen Werte aller Zeiten der heutigen Umwelt gegenübergestellt und in sie eingebaut werden. Die Kultur kann nämlich nur dann Erziehungswert gewinnen, wenn sie in den Problembereich der Zeit eingepflanzt wird, in der die jungen Menschen leben. Die Schule muss den Schüler zum geistigen Einsatz anregen, indem sie seinen Erkenntnis und Entdeckerdrang anreizt und das Bewusstsein der erlebten Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnisse weckt. Eine Schule, die diese Aufgabe nicht erfüllt und im Gegensatz dazu geistige Fertigware anbietet, wird gerade dadurch ein Hindernis für die Entfaltung der Schülerpersönlichkeit.
Schule und Weltanschauung
28. Aus dem bisher Dargelegten geht hervor, dass die Schule ihr Bildungsprogramm mit seinen Inhalten und Methoden auf die Wirklichkeitsschau, aus der sie Anregung schöpft und von der alles abhängt, abstimmen muss.
Notwendigkeit einer einheitlichen Weltanschauung...
29. Da die Erziehung Werturteile voraussetzt, kann sie eine ausdrückliche oder doch wenigstens unausgesprochene Bezugnahme auf eine bestimmte Weltanschauung nicht vermeiden. Es ist deshalb von Bedeutung, dass die Mitglieder einer Schulgemeinschaft eine gewisse Schau der Wirklichkeit, wenn auch nur mehr oder weniger bewusst, teilen, schon um dem Unterricht eine einheitliche Ausrichtung zu geben. Jede Weltanschauung gründet sich auf eine bestimmte Wertordnung, an die man glaubt und die den Lehrern und Erwachsenen Erzieherautorität verleiht. Man darf nicht vergessen, dass die Schule unterrichtet, um zu erziehen, das heißt, den Menschen von innen her aufzubauen und ihn von den Zwängen zu befreien, die ihn hindern könnten, als wahrer Mensch zu leben. Deswegen muss die Schule von einem Bildungsplan ausgehen, der bewusst auf die ganzheitliche Entfaltung der menschlichen Person ausgerichtet ist.
... die auf absoluten Werten beruht
30. Es gehört zur Bildungsaufgabe der Schule als Erziehungseinrichtung, den sittlich-religiösen Bereich der Kultur hervorzuheben, und zwar zu dem ausdrücklichen Zweck, die geistige Schwungkraft des jungen Menschen zu wecken und ihm zu helfen, die sittliche Freiheit zu erlangen, die die psychologische voraussetzt und vervollkommnet. Aber niemand erwirbt sittliche Freiheit, der sich nicht an die absoluten Werte hält, von denen Sinn und Wert des Menschenlebens abhängen. Diese Tatsache wird deshalb erwähnt, weil auch im Erziehungsbereich der Hang sichtbar wird, die Tagesmeinungen als Wertmesser zu übernehmen. Auf diese Weise läuft man Gefahr, flüchtigen und oberflächlichen Bestrebungen zu dienen und die tiefgreifenderen Strömungen zu übersehen.
Die Schule in der heutigen Gesellschaft
Persönlichkeitsbildung zur Bewältigung der Zeitprobleme
31. Zu den tiefgreifenden Strömungen unserer Gesellschaft gehört ihr Interesse am wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, der aber leicht zur Entpersönlichung und Vermassung führt. Wer hier eine entsprechende Gegenmaßnahme ergreifen will, wird leicht die Notwendigkeit einsehen, dass die Schule eine echte Erziehungsaufgabe erfüllen muss, um eigenständige und verantwortungsbewusste Persönlichkeiten heranzubilden, die imstande sind, eine freie und richtige Wahl zu treffen. Dieses Wesensmerkmal tritt noch deutlicher hervor, wenn man die Schule als eine gesellschaftliche Einrichtung betrachtet, in der junge Menschen befähigt werden, sich schrittweise der Wirklichkeit zu öffnen und sich eine eigene Lebensanschauung zu bilden.
Erziehung durch echte Gesinnungsgemeinschaft
32. So aufgefaßt bedeutet die Schule nicht nur eine Möglichkeit, zwischen kulturellen Werten, sondern sogar zwischen lebensbestimmenden Werten zu wählen, die auf wirksame Weise in den Schulbetrieb einbezogen werden müssen. Um das zu erreichen, muss sich die Schule als eine Gemeinschaft darstellen, in der die Werte durch echte persönliche Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern und durch eine nicht nur von einzelnen, sondern von allen Mitgliedern getragene Weltanschauung, die den Geist der Schule prägt, vermittelt werden.
IV. DER BILDUNGSPLAN DER KATHOLISCHEN SCHULE
Wesensmerkmal der Katholischen Schule
Jesus Christus, Mittelpunkt der Katholischen Schule
33. Nachdem wir die Merkmale der Katholischen Schule als Schule festgestellt haben, können wir uns jetzt mit ihrer katholischen Eigenart befassen. Was sie kennzeichnet, ist ihr Bezug auf eine echt christliche Weltanschauung, deren Mittelpunkt Jesus Christus ist.
Erziehungsplan im Geiste des Evangeliums
34. Im Erziehungsplan der Katholischen Schule ist Christus der Grundstein: Er offenbart und entfaltet den neuen Sinn des Daseins und wandelt das Leben um, indem er den Menschen fähig macht, auf göttliche Weise zu leben, das heißt, im Geist des Evangeliums zu denken, zu wollen und zu handeln und die Seligpreisungen zur Richtschnur seines Lebens zu machen. Die Schule ist gerade dadurch katholisch, dass alle Mitglieder der Schulgemeinschaft - wenn auch in verschiedenen Ausmaßen - ausdrücklich und gemeinsam an der christlichen Schauweise teilhaben, so dass die Grundsätze des Evangeliums zu ihren Erziehungsregeln, ihrem inneren Handlungsantrieb und zu ihrem Endzweck werden.
Christliche Erziehung und Gesamterziehung
35. Die Katholische Schule unternimmt es daher bewusst, den ganzen Menschen auszubilden, da in Christus, dem vollkommenen Menschen, alle menschlichen Werte ihre volle Verwirklichung finden und daher ihre harmonische Einheit. Hier liegt der ihr eigene katholische Wesenszug und wurzelt ihre Verpflichtung, die menschlichen Werte in ihrer berechtigten Eigenständigkeit zu pflegen, um ihrer besonderen Sendung, sich in den Dienst aller Menschen zu stellen, getreu nachzukommen. Denn Jesus Christus erhöht und adelt den Menschen, wertet sein Dasein auf und bildet Muster und Vorbild für das Leben, das die Katholische Schule den jungen Menschen empfiehlt.
Aneignung der Kultur in christlicher Sicht
36. Wenn sie also, wie jede Schule, die kritische und systematische Vermittlung der Kultur anstrebt, um die ganzheitliche Ausbildung der Person zu erreichen, verfolgt sie dieses Ziel aus der christlichen Schau der Wirklichkeit, mit deren Hilfe «die menschliche Kulturbemühung in der Gesamtberufung des Menschen einen hervorragenden Platz erhält».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute «Gaudium et spes», 57.</ref> Berücksichtigt man ferner, dass der geschichtliche Mensch der von Christus erlöste Mensch ist, so strebt die Katholische Schule danach, im Christen die Tugenden zu entwickeln, die ihn als solchen kennzeichnen und ihm ermöglichen, das neue Leben in Christus zu führen und dadurch in Treue am Aufbau des Reiches Gottes mitzuarbeiten.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 2.</ref>
Aufgaben der Katholischen Schule
37. Aus diesen Voraussetzungen kann man die Aufgaben der Katholischen Schule herleiten und ihr Bildungsgut darlegen. Die Aufgaben bestehen darin, eine harmonische Zusammenschau zwischen Kultur und Glauben sowie zwischen Glauben und Leben herzustellen, eine Synthese also, die sich im Lichte des Glaubens durch die Aneignung der Bildungsgüter auf den verschiedenen Gebieten des weltlichen Wissens vollzieht, und durch die Entfaltung der Tugenden, die den Christen kennzeichnen.
Synthese zwischen Glauben und Kultur
Echtes Wissen im Licht des Glaubens
38. Wenn die Katholische Schule in ihrer Unterrichtsarbeit den Schülern helfen will, die Synthese zwischen Glauben und Kultur zu vollziehen, geht sie von einer tiefen Auffassung vom menschlichen Wissen aus und sucht auf keine Weise diesen Unterricht dem Zweck zu entfremden, der ihm in der Schulbildung zukommt.
Eigengesetzlichkeit der Fachgebiete
39. Sie ist im Gegenteil der Ansicht, dass die verschiedenen Fachgebiete des menschlichen Wissens die ganzheitliche Ausbildung des jungen Menschen nur in dem Maße fördern und ihren Beitrag zur Entfaltung und Vertiefung des Glaubens leisten können, als man ihre Eigengesetzlichkeit und ihre Methoden achtet. Es wäre daher falsch, diese Fachgebiete als bloße Stützen des Glaubens oder untergeordnete Hilfsmittel zu seiner Verteidigung anzusehen. Die Unterrichtsarbeit muss den Schüler anregen, Fertigkeiten, Kenntnisse, geistige Arbeitsmethoden und Fähigkeiten sowie sittliche und gesellschaftliche Einstellungen zu erwerben, die ihm die Entfaltung seiner Persönlichkeit und den Eintritt in die menschliche Gesellschaft als ein wertvolles Mitglied ermöglichen. Aber die wissenschaftlichen Fachbereiche bieten nicht nur Wissensstoff, den man sich aneignen, sondern auch Werte, die man übernehmen, und vor allem Wahrheiten, die man entdecken soll.
Die Unterweisung als Wahrheitsforschung...
40. Im Licht einer solchen Vorstellung von umfassender Erziehertätigkeit erkennt der christliche Lehrer in der Unterrichtstätigkeit einen ausgezeichneten Weg, den Schüler in die Glaubenswelt einzuführen und ihn dort heimisch zu machen, während ihm anderseits der Glaube die Möglichkeit bietet, das erworbene menschliche Wissen zu erhellen und zu bereichern. Zweifellos gibt der Unterricht zahlreiche Gelegenheiten, den Geist des Schülers zum Standpunkt des Glaubens zu erheben, und solche Gelegenheiten sind sicher nicht zu verschmähen. Aber darüber hinaus muss der christliche Lehrer in der Behandlung der Stoffgebiete wesentlichere und tiefgreifendere Möglichkeiten für die Entfaltung der christlichen Persönlichkeit suchen. An Hand des Unterrichts kann er Geist und Herz der Schüler bilden und sie auf diese Art bereitmachen, sich Christus auf eine persönliche Weise anzuschließen mit der ganzen Tiefe einer Menschennatur, die von der Kultur bereichert ist.
... auf der Suche nach der vollen Wahrheit
41. Darüber hinaus betrachtet die Schule das menschliche Wissen als eine Wahrheit, die man entdecken soll, und in dem Maße als die verschiedenen Wissensstoffe als Ausdruck des menschlichen Geistes, der in voller Freiheit und Verantwortlichkeit das Wahre sucht, behandelt und dargeboten werden, sind sie schon auf irgendeine Weise christlich, weil die Entdeckung und Anerkennung der Wahrheit den Menschen auf die Forschung nach der vollen Wahrheit ausrichtet. Der Lehrer, der auf seinem Fachgebiet ausgebildet ist und zugleich die christliche Weisheit innehat, vermittelt dem Schüler den tieferen Sinn dessen, was er lehrt, und führt ihn über die Worte hinaus zum Kern der vollen Wahrheit.
Vermittlung anderer menschlicher Werte
42. Außer dem besonderen Bereich des Wahren umfaßt das Kulturerbe der Menschheit noch andere Werte. Wenn der christliche Lehrer dem Schüler hilft, solche Werte zu erfassen, hochzuschätzen und zu erwerben, lenkt er ihn schrittweise zur ewigen Wirklichkeit hin. Eine solch wesentliche Ausrichtung der menschlichen Kenntnisse und Werte auf ihre unerschaffene Quelle hin erklärt die Wichtigkeit der Unterweisung für das Wachstum des Glaubens.
Erzieherpersönlichkeit
43. Die Verwirklichung dieser besonderen Absicht der Katholischen Schule hängt weniger vom Lehrgut und den Lehrplänen als von den Personen ab, die dort wirken. Es wird weitgehend auf die Fähigkeit der Lehrer ankommen, ob der Unterricht zu einer Unterweisung im Glauben wird, zu einer Mitteilung der christlichen Botschaft. Die Synthese zwischen Kultur und Glauben wird durch die andere Synthese zwischen Glauben und Leben in der Person der Erzieher weitergegeben. Die vornehme Aufgabe, zu der sie berufen sind, verlangt, dass sie in Nachahmung des einzigen Meisters, Jesus Christus, die christlichen Geheimnisse nicht nur durch das Wort, sondern auch mit jeder Geste und in ihrem ganzen Benehmen verkünden. Das erklärt den grundlegenden Unterschied zwischen einer Schule, deren Unterricht vom christlichen Geist durchdrungen ist, und einer Schule, die sich darauf beschränkt, den Religionsunterricht zu den anderen Fächern hinzuzufügen.
Synthese zwischen Glauben und Leben
44. Der Unterricht, der sich auf die Aneignung objektiver Werte gründet, beschränkt sich in seiner apostolischen Aufgabe nicht auf die Synthese zwischen Glauben und Kultur, sondern sucht im Schüler eine persönliche Synthese zwischen Glauben und Leben zu bewirken.
Ausbildung einer christlichen Persönlichkeit
45. Die Katholische Schule erachtet es als ihre besondere Aufgabe den Schüler zu einer ganzheitlichen christlichen Persönlichkeit zu formen; da auf diesem Gebiet Familie und Gesellschaft oft versagen, ist das heute dringlicher denn je zuvor. In ihrem Bemühen um eine Synthese zwischen Glauben und Leben in der Person des Schülers ist ihr aber bewusst, dass der Mensch einen beständigen Bekehrungsablauf durchleben muss, um das werden zu können, was er nach Gottes Willen sein soll. Sie lehrt die jungen Menschen, sich in allen Lebenslagen mit Gott auf persönliche Weise auszusprechen. Überdies leitet sie die Schüler an, den Individualismus zu überwinden und im Licht des Glaubens zu entdecken, dass sie berufen sind, auf verantwortliche Weise sich vom Zusammengehörigkeitsgefühl mit den anderen Menschen leiten zu lassen. Der verwickelte Ablauf des menschlichen Daseins schon lädt sie als Christen ein, sich im Dienst Gottes zum Nutzen der Menschenbrüder einzusetzen und die Welt in eine menschenwürdige Stätte zu verwandeln.
Die Berufung zur christlichen Persönlichkeit
46. Die Katholische Schule lehrt die jungen Menschen, auf die Stimme des Universums zu hören und in den Errungenschaften der Wissenschaft und Technik ein Mittel zu sehen, Gott und den Menschen besser kennenzulernen. Im Schulalltag erfährt der Schüler, dass er dazu berufen ist, durch sein Leben und Wirken in der Welt ein lebendiges Zeugnis der Liebe Gottes unter den Menschen zu geben, weil er an einer Heilsgeschichte Anteil hat, die ihren letzten Sinn in Christus, dem Erlöser aller Menschen, gewinnt.
Die Katholische Schule als Stätte christlichen Lebens
47. Im Bewusstsein, dass die Wiedergeburt in der Taufe nicht genügt, um ein wahrer Christ zu sein, sondern dass es dazu nötig ist, im Einklang mit dem Geist des Evangeliums zu leben, bemüht sich die Katholische Schule, im Bereich der Schulgemeinschaft ein Klima<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 8.</ref> zu schaffen, das dem Schüler hilft, seinen Glauben mit immer tieferem Verständnis zu leben und allmählich eine Gesinnung zu erwerben, die ihn befähigt, die Verpflichtungen seiner Taufe auf sich zu nehmen. Bei ihrer Erziehungsarbeit vergißt sie die Rolle nicht, die nach der christlichen Lehre den Tugenden zukommt, die sich nach und nach als ständige und tief begründete Einstellungen im Gewissen verwurzeln müssen. Die theologischen Tugenden erfassen und veredeln sie in der Liebe, die sozusagen ihre Seele wird und den tugendhaften Menschen in einen Christen verwandelt. Der Mittelpunkt der Erziehungsarbeit ist darum Christus, das Vorbild, nach dem der Christ sein eigenes Leben ausrichten muss. In diesem Punkt unterscheidet sich die Katholische Schule von jeder anderen, die sich damit begnügt, den Menschen zu bilden, während sich die Katholische Schule zum Ziel setzt, den Christen zu gestalten und durch ihre Unterweisung sowie ihr lebendiges Zeugnis den Ungetauften das Geheimnis Christi zu offenbaren, das jede Erkenntnis übertrifft.<ref> Vgl. {{#ifeq: Brief des Apostels Paulus an die Epheser | Die katholische Schule |{{#if: Eph|Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}|{{#if: Eph |Eph|Brief des Apostels Paulus an die Epheser}}}} 3{{#if:18-19|,18-19}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}.</ref>
Miterzieher
48. Die eigentliche Erziehungsarbeit der Katholischen Schule verläuft in Verbindung mit verschiedenen anderen Erziehungseinrichtungen, wie Familie, kirchliche Gemeinschaften, Pfarrgemeinden, Jugendverbänden, kulturellen und sportlichen Vereinen, usw. Daneben darf aber nicht vergessen werden, dass zahlreiche andere Lebenskreise der Gesellschaft Informationen vermitteln und kulturelle Angebote machen. Diese Miterzieher lassen die Schule noch wichtiger erscheinen, deren planmäßige und kritische Erziehungsarbeit die jungen Menschen Urteilsfähigkeit und Selbstbeherrschung lehren soll,<ref> Vgl. Pastoralinstruktion «Communio et progressio», 67. </ref> so dass sie imstande sind, aus dem Angebot der modernen Massenmedien frei und bewusst zu wählen. Man muss sie anhalten, Aussagen und Mitteilungen dieser Art dem persönlichen kritischen Urteil zu unterwerfen,<ref> Vgl. ebd. 68.</ref> sie in einer guten Zusammenschau zu sichten und ihrem Bildungsgut als Menschen und Christen einzuverleiben.
Der Religionsunterricht
Wichtigkeit des Religionsunterrichtes
49. Indem die Katholische Schule ihre eigenständige Sendung erfüllt, nämlich auf systematische und kritische Weise das Kulturgut im Licht des Glaubens zu vermitteln und die Triebkräfte der christlichen Tugenden auszubilden, um so die zweifache Synthese zwischen Kultur und Glauben sowie zwischen Glauben und Leben zu fördern, übersieht sie keineswegs die Wichtigkeit der Unterweisung in der Lehre des Evangeliums, wie sie in der katholischen Kirche überliefert ist. Dieser Unterricht ist tatsächlich ein grundlegender Bestandteil der Erziehungsarbeit, die den Schüler auf die bewusste Wahl eines einsatzbereiten und konsequenten Lebens hin ausrichten will.
Fachgemäße Erteilung des Religionsunterrichtes
50. Wir können hier nicht näher auf die Problematik des Religionsunterrichtes eingehen. Es ist aber hervorzuheben, dass ein solcher Unterricht, auch wenn er sich nicht in den vom Lehrplan vorgesehenen Religionsstunden erschöpft, fachgemäß und geordnet erteilt werden muss, damit nicht bei den Schülern ein Mißverhältnis zwischen dem allgemeinen und dem religiösen Wissensbereich entsteht. Dieser Unterricht unterscheidet sich wesentlich von den anderen Lehrweisen, weil sein Ziel nicht die bloße Bejahung der religiösen Wahrheiten, sondern die Hingabe des ganzen Menschen an die Person Christi ist.
Seine Wichtigkeit für die religiöse Reife
51. Wenn man auch anerkennt, dass die eigentliche Stätte der religiösen Unterweisung die Familie ist, die von anderen christlichen Gemeinschaften, besonders der Pfarrgemeinde, unterstützt wird, kann man doch die Notwendigkeit und Wichtigkeit des Religionsunterrichtes in der Katholischen Schule nie genug betonen, wenn es darum geht, den Glauben in den jungen Menschen zur Entfaltung und Reife zu bringen.
Zeitaufgeschlossene Religionslehrer und Unterrichtsmethoden
52. Die Katholische Schule wird deshalb aufmerksam die Forderungen vermerken, die sich aus der psychologisch-pädagogischen Forschung und den neuen Erkenntnissen der Katechetik ergeben, vor allem aber bereitwillig die Anregungen und Weisungen aufnehmen, die von den zuständigen kirchlichen Behörden ausgehen. Sie wird sich überdies verpflichtet fühlen, die Religionslehrer in den Schulen immer besser ausbilden zu lassen, um so mitzuhelfen, den Lehrauftrag der Kirche wirksamer zu erfüllen.
Die Katholische Schule als Treffpunkt der christlichen Erziehungsgemeinschaft
Die Katholische Schule als Glaubensgemeinde...
53. Alle bisher genannten Gründe verpflichten die Katholische Schule, Sammelpunkt für alle jene zu sein, die in der gesamten Erziehungsarbeit von den christlichen Werten Zeugnis geben wollen.<ref> Paul VI., Ansprache an den IX. Kongress der O.I.E.C., in «L'Osservatore Romano», 9. Juni 1974.</ref> Die Katholische Schule, mehr als jede andere, muss sich als eine Gemeinschaft darstellen, die auf die Weitergabe von Lebenswerten ausgerichtet ist. Ihr Bildungsplan hat, wie erwähnt, eine Entscheidung im Glauben für die Person Christi zum Ziel, und Christus stellt für sie den Maßstab aller Werte dar. Aber der Glaube wird hauptsächlich im Umgang mit Menschen gewonnen, die ihn täglich in seiner vollen Wirklichkeit leben: der christliche Glaube entsteht und wächst im Schoß einer Gemeinschaft.
... die vom Wort Gottes getragen wird
54. Die Gemeinschaftsform der Katholischen Schule liegt daher nicht nur in der Natur des Menschen und des Erziehungsablaufs begründet wie in jeder anderen Schule, sondern im Wesen des Glaubens selbst. Die Katholische Schule weiß, dass sie den Aufgaben, die sich aus ihrem eigenen Erziehungsplan ergeben, nicht gewachsen ist und dass sich deshalb die Gemeinde, die sie bildet, unaufhörlich an den Quellen, aus denen ihre Daseinsberechtigung entspringt, prüfend erforschen und aus ihnen neue Kraft schöpfen muss: aus der Heilsbotschaft Christi, wie sie in der Heiligen Schrift, in der Überlieferung, besonders in der Liturgie und in den Sakramenten erscheint, aber auch im Zeugnis der Menschen, die danach gelebt haben und danach leben.
Eine Stätte der Begegnung mit Christus...
55. Ohne den dauernden Bezug auf das Wort und die häufige Begegnung mit der Person Christi verliert die Katholische Schule ihren Brennpunkt. Aus dem Umgang mit Ihm schöpft sie die ganze Kraft, die sie für die Verwirklichung ihres Bildungsplanes braucht, und erfüllt den von der Gemeinschaft getragenen Schulbereich mit Leben, wenn er «vom Geist des Evangeliums in Freiheit und Liebe durchdrungen ist».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 8.</ref> In dieser Umwelt kann der Schüler seine eigene Würde erfahren, bevor er ihrer bewusst wird. Überzeugt von dieser Würde des einzelnen Menschen, an den sich Gott in einem persönlichen Anruf wendet, trägt die Katholische Schule dazu bei, den Menschen zu befreien und zu dem zu machen, was seine Bestimmung ist, nämlich bewusster Gesprächspartner Gottes zu werden und für seine Liebe verfügbar zu sein.
... und des liebevollen Umgangs mit den Menschen
56. «Diese grundlegende religiöse Lehre, die als Achse der existenziellen christlichen Metaphysik bezeichnet werden kann»,<ref> Paul VI., Wert der Hingabe im Leben, in «Insegnamenti di Paolo VI», vol. 8 (1970) 97.</ref> betrachtet die Katholische Schule als den Musterentwurf ihrer Erziehertätigkeit. Sie vermittelt daher das kulturelle Bildungsgut nicht als Mittel zu Macht und Herrschaft, sondern sie will damit den Schüler zum verständnisvollen Umgang mit den Menschen und zur aufmerksamen Beobachtung der Ereignisse und Dinge befähigen. Sie sieht das Wissen nicht als Mittel zur Selbstbehauptung oder -bereicherung an, sondern als eine Verpflichtung, den anderen verantwortungsbewusst zu dienen.
Andere Fragen im Bildungsplan der Katholischen Schule
Aufgeschlossenheit
57. Wenn die Katholiken einen eigenen Weg gehen, um ihren Kindern in der Katholischen Schule eine eigenständige Ausbildung im christlichen Glauben zu geben, wollen sie keineswegs ein Wissen vermitteln, das eine Scheidewand zu den anderen Menschen aufrichtet, das Anmaßung nährt und Zwiespalt verursacht. Sie möchten vielmehr auf ihre Weise die zwischenmenschliche Begegnung und die Zusammenarbeit fördern. Man öffnet sich den andern, wenn man ihre Denk- und Lebensart achtet, ihre Sorgen und Hoffnung teilt, an ihren Lebensbedingungen und Zukunftsplänen Anteil nimmt.
Gerechtigkeit
58. Von den Idealen des Christentums durchdrungen, ist die Katholische Schule besonders hellhörig für den Ruf nach einer gerechten Gesellschaftsordnung, der in allen Teilen der Welt ertönt, und strengt sich an, ihm durch ihren Beitrag zum Sieg der Gerechtigkeit Folge zu leisten. Sie begnügt sich nicht damit, unerschrocken die Forderungen der Gerechtigkeit zu lehren, auch im Gegensatz zur Geisteshaltung ihrer Umwelt, sondern sucht diese Forderungen im eigenen Lebensbereich zu erfüllen, besonders im Alltag der Schule. In manchen Ländern bringt die rechtliche und wirtschaftliche Lage die Katholische Schule in Gefahr, ein gegenteiliges Zeugnis abzulegen, weil sie gezwungen ist, für ihre eigenen Geldmittel aufzukommen, und deshalb hauptsächlich die Kinder wohlhabender Familien betreut. Diese Sachlage ist für die Verantwortlichen der Katholischen Schule ein Gegenstand ernster Sorge, weil die Kirche ihre Erziehungshilfe in erster Linie denen angedeihen lassen will, «die arm sind an zeitlichen Gütern, den Schutz und die Liebe der Familie entbehren müssen oder der Gnade des Glaubens fernstehen».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 9.</ref> Die Bildung ist ein wirksames Mittel zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufstieg des einzelnen Menschen und der Völker: wenn also die Katholische Schule ihre Dienste ausschließlich oder vorwiegend wohlhabenden Gesellschaftskreisen zuwenden wollte, würde sie dazu beitragen, die Vorzugsstellung dieser sozialen Klassen zu festigen und eine ungerechte Gesellschaftsordnung zu begünstigen.
Zusammenarbeit aus frei übernommenem Auftrag
59. Ein Bildungsplan, der den persönlichen Einsatz in solch hohem Maße verlangt kann selbstverständlich nur von Menschen ins Werk gesetzt werden, die sich frei dafür entscheiden: man kann ihn nicht aufzwingen; er wird vielmehr als Möglichkeit, als eine frohe Botschaft angeboten, die auch abgelehnt werden kann. Eine Schule aber, die ihn auftragsgemäß verwirklichen will, muss auf den Einklang der Absichten und Einstellungen aller ihrer Mitglieder zählen können.
Teilnahme der Christengemeinde an der Bildungsarbeit der Katholischen Schule
Eine echte Gemeinschaft mit christlichem Lebensstil...
60. Da die Katholische Schule auf einem klar entworfenen Bildungsplan gründet und sich bemüht, ihn sinngetreu auszuführen, stellt sie eine echte und wahre Gemeinschaft dar, die in Erfüllung ihrer eigenständigen Aufgabe der Kulturvermittlung allen ihren Mitgliedern hilft, den für Christen kennzeichnenden Lebensstil zu entwickeln: in ihr wird die Achtung vor dem Mitmenschen ein echter Dienst an der Person Christi, entspringt die Zusammenarbeit dem Geist der Brüderlichkeit und wird der politische Einsatz zur Förderung des Gemeinwohls verantwortungsbewusst als Auftrag übernommen, das Gottesreich aufzubauen.
... in der jedes Mitglied einen zeichenhaften Beitrag leistet
61. Die verantwortungsbewusste Zusammenarbeit zur Erfüllung des gemeinsamen Bildungsplans wird von allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft - Lehrern, Eltern, Schülern, Hilfskräften - als Gewissenspflicht empfunden und von jedem, seiner Rolle und seinen Aufgaben gemäß, geleistet. Eine solche Teilnahme, die im Geiste des Evangeliums gelebt wird, ist schon von selbst ein Zeugnis, das nicht nur Christus in der Gemeinschaft «aufbaut», sondern ausstrahlt und zum Zeichen für viele wird.
Die Katholische Schule im Dienst der Kirche und der Gesellschaft
Vorbild für Zusammenarbeit... und Vertreterin der Kirche im Schulbereich
62. Auf diese Weise leistet die Katholische Schule einen unersetzlichen Dienst nicht nur an den Schülern und allen jenen, die ihr in verschiedenen Stellungen angehören, sondern auch der Gesellschaft. Gerade weil sie heute geteilt ist zwischen zahlreichen Bestrebungen zugunsten der Solidarität und immer wieder neu auftretenden individualistischen Lebensformen, kann diese zerrissene Gesellschaft, wenn nichts anderes, so wenigstens zur Kenntnis nehmen, dass es möglich ist, eine echte Gemeinschaft zu bilden, die einer gemeinsamen Zielsetzung zur Förderung des Gemeinwohls entspringt. Wenn die Katholische Schule in institutioneller Weise eine christliche Präsenz auf dem Gebiet der Kultur und des Unterrichtes sichert, macht sie außerdem durch ihre bloße Existenz der pluralistischen Gesellschaft von heute die Glaubenswerte sichtbar und bietet sie zur Lösung der Probleme an, die die Menschheit bedrängen. Die Katholische Schule ist aber auch berufen, der Kirche einen demütigen und liebenden Dienst zu erweisen, indem sie ihre Anwesenheit auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts sicherstellt zum Wohl der menschlichen Gesellschaft.
Echtes Apostolat
63. Durch diese Tätigkeit übt sie ein «echtes Apostolat»<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 8.</ref> aus. Wer daher in diesem Apostolat tätig ist «erfüllt eine unersetzliche und dringend nötige Aufgabe».<ref> Paul VI., An Prof. Giuseppe Lazzati, Rektor der Herz Jesu Universität, in «Insegnamenti di Paolo VI», vol. 9 1082.</ref>
V. VERANTWORTLICHKEIT DER KATHOLISCHEN SCHULE IN UNSERER ZEIT
Überwindung der Schwierigkeiten
64. Den Problemen, mit denen sich die Katholische Schule auseinanderzusetzen hat, kommt man vor allem bei, indem man sich bemüht, die Bedingungen zu entdecken und zu schaffen, die es ihr am besten ermöglichen, ihre Sendung zu erfüllen. Es geht dabei um eine hellsichtige und schöpferische Überprüfung sowie um unbezwinglichen und von der Gemeinschaft getragenen Mut, der sich nicht von der Last der inneren und äußeren Schwierigkeiten oder von den «häufig gebrauchten, übrigens ziemlich abgedroschenen Schlagwörtern»<ref> Paul VI., Ansprache an den IX. Kongress de O.I.E.C., in «L'Osservatore Romano», 9. Juni 1974.</ref> niederdrücken läßt, die letzten Endes die Abschaffung der Katholischen Schule im Auge haben.<ref> Vgl. oben n. 18. 20. 23.</ref> Wer ihnen Raum gibt, verübt Selbstverstümmelung; wer mehr oder weniger radikal ablehnt, dass die Kirche im Schulbereich mit festen Erziehungseinrichtungen vertreten sei, «verrät eine wirklichkeitsfremde und gefährliche Auffassung von ihr».<ref> Paul VI., Ansprache an den IX. Kongress der O.I.E.C., in «L'Osservatore Romano», 9. Juni 1974.</ref>
Rückschau
65. Jahrhundertelang haben sich die Schulen, die sich von der Lehre der Kirche leiten lassen, unter großen Opfern bemüht, diese Lehre in die Tat umzusetzen, und sie haben so die Menschheit mit Erziehungsanstalten bereichert, die den Bedürfnissen von Zeit und Raum entsprachen. Während die Katholische Schule die Verpflichtung fühlt, diesen Dienst weiterhin zu leisten, anerkennt sie auch ihre eigenen Unzulänglichkeiten. Manche Schulen, die sich katholisch nennen, scheinen, heute wie in der Vergangenheit, ihrem Bildungsplan, der ihr unterscheidendes Merkmal sein sollte, nicht voll zu entsprechen; deshalb erfüllen sie die Aufgabe nicht, die Kirche und Gesellschaft mit Recht von ihnen erwarten. Wir wollen hier keine umfassende Überprüfung der Gegebenheiten vornehmen, die die Schwierigkeiten, mit denen die Katholische Schule ringt, erklären könnten; es sollen nur einige von ihnen erwähnt werden, um zu einer prüfenden Untersuchung anzuregen, die eine mutige Erneuerung bewirken möge.
Selbstverständnis mit seinen Folgen und Forderungen
66. Was den Katholiken, die in der Schule arbeiten, oft fehlt, ist im Grunde ein klares Bewusstsein von der Wesensart der Katholischen Schule selbst und auch der Mut, alle Folgerungen auf sich zu nehmen, die sich aus ihrer Verschiedenheit im Vergleich zu den anderen Schulen ergeben. Man muss jedoch anerkennen, dass ihre Aufgaben schwieriger und verwickelter werden, besonders heute, da das Christentum infolge der fortschreitenden Veränderungen in Kirche und Gesellschaft in neuen Lebensformen Gestalt gewinnen soll, vor allem aber infolge des Pluralismus und der Versuche, die christliche Botschaft aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen.
Selbstprüfung und Verbindung mit Erziehern anderer Schulen
67. Die sinngetreue Durchführung des Bildungsplans fordert von der Katholischen Schule auch eine beständige Selbstkritik und eine fortwährende Besinnung auf die ursprünglichen Grundsätze und Beweggründe. Allerdings darf man von diesen keine automatische Lösung der heutigen Probleme erwarten, wohl aber die rechte Gesinnung zu ihrer Bewältigung, die in der Auseinandersetzung mit den neuen pädagogischen Strömungen gefunden werden muss, aber auch in Zusammenarbeit mit allen, die ehrlich für den wahren Fortschritt der Menschheit arbeiten, ohne Unterschied des Religionsbekenntnisses. Eine solche Zusammenarbeit muss vorrangig mit den Schulen der anderen christlichen Gemeinschaften hergestellt werden, mit dem Ziel, auch auf diesem Gebiet die Einheit der Christen zu fördern. Sie soll sich aber auch auf die staatliche Schule erstrecken. Zuerst werden die Lehrer untereinander Verbindung auf nehmen, Zusammenkünfte und gemeinsame Forschung pflegen, dann kann sich diese Zusammenarbeit selbst auf die Schüler und ihre Eltern ausdehnen.
Finanzielle Schwierigkeiten
68. Schließlich sei noch einmal an das erinnert, was bereits über die bemerkenswerten Schwierigkeiten rechtlicher und wirtschaftlicher Art gesagt worden ist.<ref> Vgl. oben n. 58.</ref> Sie erschweren in manchen Ländern die Arbeit der Katholischen Schule und hindern sie daran, ihre Dienste den Jugendlichen aller Gesellschaftsschichten zukommen zu lassen, und geben ihr den falschen Anstrich, eine Schule der Reichen zu sein.
VI. BESONDERE PROBLEME DER GEGENWART
Besondere Bedingungen
69. Nach den Überlegungen, die wir über die verschiedenen, der Katholischen Schule eigenen Schwierigkeiten angestellt haben, beschäftigen wir uns jetzt mit den Umständen, in denen sich diejenigen befinden, die in dieser Schule arbeiten oder die Verantwortung dafür tragen. Es sollen dabei einige ihrer Hauptprobleme hervorgehoben werden: Organisation und Planung, Garantien zur Gewährleistung ihres eigenständigen Charakters, Einsatz der Ordensgemeinschaften im Schulapostolat, Tätigkeit der Katholischen Schulen in den Missionsländern, geistliche Betreuung der Lehrer, Berufsvereinigungen, wirtschaftliche Lage.
Organisation und Planung der Katholischen Schule
Katholische Schule und Hierarchie
70. Die Grundsätze über die Zusammenarbeit von Hierarchie und Apostolatshelfern, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil verkündet wurden, finden auf die katholische Unterrichtsarbeit Anwendung. Schon durch den Grundsatz der Zusammenarbeit und Mitverantwortung sind die verschiedenen Gruppen der Erziehungsgemeinschaft, je nach ihrer Zuständigkeit, den Bestimmungen über die Katholische Schule und der Durchführung dieser Bestimmungen zu geordnet.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute «Gaudium et spes», 43.</ref> Dieser Grundsatz gilt vornehmlich für die Ausarbeitung eines christlichen Bildungsplans und seine Durchführung. Die Zuteilung der verschiedenen Verantwortungsbereiche wird durch den Grundsatz der Subsidiarität geregelt, auf Grund dessen die Hierarchie insbesondere die fachliche Zuständigkeit auf dem Gebiet von Erziehung und Unterricht anerkennt. «Das Recht und die Pflicht, Apostolat zu üben, steht allen Gläubigen, Klerikern wie Laien, gemeinsam zu, und auch die Laien haben ihre zuständigen Aufgaben beim Aufbau der Kirche».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien «Apostolicam actuositatem», 25.</ref>
Der apostolische «Auftrag»
71. Die vom Zweiten Vatikanischen Konzil ausgesprochenen Grundsätze gelten auf ganz besondere Weise für das Apostolat der Katholischen Schule, die Unterricht und religiöse Erziehung zu einer klar umrissenen Berufsarbeit eng verbindet. Hier verwirklicht sich die Sendung des Laien, dessen «Apostolat umso dringlicher wird, als die Eigenständigkeit vieler Bereiche des menschlichen Lebens - und zwar mit vollem Recht - sehr gewachsen ist, wenngleich dieses Wachstum bisweilen mit einer gewissen Entfremdung von der sittlich-religiösen Ordnung und mit einer schweren Krise des christlichen Lebens verbunden ist».<ref> ebd., 1.</ref> Darüber hinaus sind die in der Katholischen Schule tätigen Laien aufgerufen, unmittelbar am Apostolat der Amtskirche teilzunehmen,<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche «Lumen gentium», 33.</ref> sei es im Religionsunterricht<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien «Apostolicam actuositatem», 10.</ref> oder durch ihren Beitrag zur allgemeinen religiösen Erziehung, wodurch sie den Schülern helfen, eine persönliche Verschmelzung zwischen Glauben und Kultur sowie zwischen Glauben und Leben herzustellen. In diesem Sinne also erhält die Katholische Schule von der Hierarchie einen «Auftrag» als apostolische Einrichtung.<ref> ebd., 24.</ref>
Eingliederung in die Gesamtseelsorge
72. Das wesentliche Merkmal eines solchen Auftrags ist «die enge Verbindung mit denen, die der Heilige Geist bestellt hat, die Kirche Gottes zu leiten».<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien «Apostolicam actuositatem», 23.</ref> Dieses Band findet auch in der Planung der Gesamtseelsorge Ausdruck. «Die verschiedenen Formen des Apostolates sollen gefördert werden, ebenso - unter der Leitung des Bischofs - die Abstimmung aller Apostolatswerke aufeinander und ihre innige Verbindung in der ganzen Diözese oder in ihren besonderen Gebietsteilen. Dadurch werden alle Unternehmungen und Einrichtungen, ob sie nun die Katechese, die Missionen, die Caritas, die sozialen Fragen, die Familien, die Schule oder irgendein anderes pastorales Ziel betreffen, zu einer einheitlichen Aktion zusammengefaßt. So tritt die Einheit der Diözese zugleich auch klarer in Erscheinung».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche «Christus Dominus», 17.</ref> Diese Forderung erscheint für die Katholische Schule noch unerläßlicher, da sie auf «die apostolische Zusammenarbeit von Welt- und Ordensklerus, Ordensleuten und Laien»<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien «Apostolicam actuositatem», 23.</ref> gegründet ist.
Sicherstellung ihrer Eigenart
Verantwortlichkeit der ganzen Erziehungsgemeinschaft
73. In diesem Rahmen sind auch die Voraussetzungen zu suchen, um die Eigenart der Katholischen Schule sicherzustellen und zu fördern. Wenn die Autorität in der Kirche die Pflicht hat, über die Rechtgläubigkeit des Religionsunterrichtes und die Befolgung der katholischen Sittenlehre in der Katholischen Schule zu wachen, so ist es Aufgabe der gesamten Erziehungsgemeinschaft, in der Praxis die unterscheidenden Wesenszüge sicherzustellen, die sie zu einer Pflegestätte christlicher Erziehung machen. Das bedeutet eine besonders schwere Verantwortung für die Eltern, die ihr die Kinder anvertrauen. Die Wahl einer solchen Schule enthebt sie nicht der persönlichen Pflicht, ihre Kinder christlich zu erziehen. Sie sind zu einer tätigen Mitarbeit verpflichtet, und das verlangt, dass sie einerseits die erzieherischen Bemühungen der Katholischen Schule unterstützen und andererseits die verschiedenen Einrichtungen der Mitbestimmung benützen, um über die treue Befolgung der christlichen Erziehungsgrundsätze zu wachen. Keine geringere Rolle fällt den Lehrern selbst in der Erhaltung und Förderung der besonderen Sendung der Katholischen Schule zu, besonders was den christlichen Geist betrifft, der den Unterricht und das ganze Leben der Schule durchdringen soll. Wenn Schwierigkeiten oder Streitfälle in der Auffassung von der echten christlichen Wesensart der Katholischen Schule auftreten, kann und soll die Amtskirche eingreifen.
Die Katholische Schule und die Ordensgemeinschaften
Ursprüngliche Sendung der Orden und Schulapostolat
74. Einige Schwierigkeiten ergeben sich aus der Tatsache, dass manche Ordensgemeinschaften, die für das Schulapostolat gegründet wurden, wegen gesellschaftlicher und politischer Veränderungen die Schulen aufgegeben und sich anderen Betätigungsfeldern zugewandt haben. In anderen Fällen haben die vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregten Bemühungen, das ordenseigene Charisma vom ursprünglichen Geist der Stiftung her zu überprüfen, manche Ordensmänner und -frauen veranlaßt, den Schuldienst zu verlassen.
Einwände gegen das Schulapostolat
75. Hier sind gewisse Gründe, die gegen das Schulapostolat vorgebracht werden, ins rechte Licht zu rücken. Manche wenden sich einem sogenannten «unmittelbaren» Apostolat zu<ref> Vgl. oben n. 23.</ref> und vergessen dabei den hervorragenden apostolischen Wert der Erzieherarbeit in der Schule.<ref> Vgl. oben nn. 38-48.</ref> Andere legen größeren Wert auf ein individuell ausgeübtes Apostolat als auf das apostolische Wirken in einer Gemeinschaft oder in eigens dazu bestellten Einrichtungen. Die Vorteile des Gemeinschaftsapostolates im Bereich der Erziehung sind jedoch offenkundig. Manchmal rechtfertigt man die Preisgabe der katholischen Schulen auch mit dem Hinweis auf den, wenigstens scheinbaren, Mißerfolg in den Bemühungen, gewisse Ziele zu erreichen. Dieser Vorwand sollte eher zu einer umfassenden Überprüfung der Arbeits- und Lebensweise in der Schule Anlaß geben und an die demütige und zuversichtliche Haltung erinnern, die jedem Erzieher eigen ist, der weiß, dass seine Arbeit nicht mit den rationalistischen Maßstäben, die auf anderen Gebieten gelten, erfaßt werden kann.<ref> Vgl. oben n. 22.</ref>
Umgestaltung
76. Wenn besondere Umstände eine Umgestaltung der katholischen Schuleinrichtungen oder deren Umwandlung in andere Apostolatsweisen zu erfordern scheinen, kommt es der zuständigen örtlichen Kirchenbehörde zu, die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer solchen Umstellung abzuwägen und sich dabei von den oben ausgeführten Überlegungen über die Gesamtseelsorge leiten zu lassen.<ref> Vgl. oben nn. 70-72.</ref>
Die Katholische Schule in den Missionsländern
Umorganisation
77. Das Apostolat der Katholischen Schule gewinnt in den Missionsländern noch größere Bedeutung. Wo die jungen Kirchengemeinden noch von ausländischen Missionaren unterstützt werden müssen, hängt der Erfolg der Katholischen Schule viel von ihrer Fähigkeit ab, sich den örtlichen Erfordernissen anzupassen, damit sie der einzelnen Christengemeinde und der Gesamtkirche des Landes Ausdruck verleihen und zur Entwicklung der gesamten Nation durch fachliche Tüchtigkeit und großzügige Zusammenarbeit beitragen kann. In den Ländern, wo sich die Christengemeinde erst bildet und daher noch nicht imstande ist, die unmittelbare Verantwortung für die Bildungseinrichtungen zu übernehmen, wird die Kirchenbehörde zwar zeitweilig diesen Dienst leisten, dann aber trachten, die Ziele zu verwirklichen, die über die Organisation der Katholischen Schule dargelegt worden sind.<ref> ebd.</ref>
Die Lehrer in der Katholischen Schule
Betreuung der Lehrer
78. Die Lehrer tragen durch ihre Handlungsweise und das Zeugnis ihres Lebens wohl am meisten dazu bei, der Katholischen Schule ihre besondere Wesensart zu geben. Es ist daher unerläßlich, ihre zeitgemäße Fortbildung durch eine angemessene Pastoral zu sichern und zu fördern. Sie muss Anregungen zur allgemeinen Erneuerung geben, die in den Lehrern die Bereitschaft zum christlichen Lebenszeugnis stärkt, aber auch die Fragen aufgreifen, die ihr besonderes Apostolat betreffen, vor allem die christliche Sicht von Welt und Kultur, und eine Pädagogik, die sich nach den Grundsätzen des Evangeliums richtet. Hier liegt ein weites Arbeitsfeld für die Länder- und Weltorganisationen, die auf verschiedenen Ebenen die katholischen Lehrer und die Erziehungseinrichtungen vereinigen.
Rechte und Pflichten
79. Die beruflichen Organisationen, deren Zweck es ist, die Interessen der in Erziehung und Unterricht Tätigen zu wahren, müssen auch im Zusammenhang mit der Sendung der Katholischen Schule betrachtet werden. Diese Schule muss die Rechte der von ihr Angestellten mit großem Gerechtigkeitssinn gewährleisten. Ob es sich jedoch um materielle Interessen handelt oder um soziale und moralische Bedingungen, die zur beruflichen Entfaltung der Lehrer beitragen, gilt der vom Zweiten Vatikanischen Konzil verkündete Grundsatz: «Die Gläubigen sollen genau zu unterscheiden lernen zwischen den Rechten und Pflichten, die sie haben, insofern sie zur Kirche gehören, und denen, die sie als Glieder der menschlichen Gesellschaft haben. Beide sollen sie harmonisch miteinander zu verbinden suchen und daran denken, dass sie sich auch in jeder zeitlichen Angelegenheit vom christlichen Gewissen führen lassen müssen».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche «Lumen gentium», 36.</ref> Und darüber hinaus: «Auch wenn die Laien weltlichen Geschäften nachgehen, können und sollen sie einen wertvollen Beitrag zur Evangelisierung der Welt leisten».<ref> ebd., 35.</ref> Wenn sie sich daher in eigenen Vereinigungen zusammenschließen, um die Rechte der Lehrer und Erzieher, der Eltern und der Schüler zu gewährleisten, müssen sie die besondere Sendung der Katholischen Schule im Auge behalten, die im Dienst der christlichen Erziehung der Jugend besteht. « Der Laie, der zugleich Christ ist und Bürger dieser Welt, muss sich unablässig von dem einen christlichen Gewissen leiten lassen ».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien «Apostolicam actuositatem», 5. </ref>
Aufgaben der Berufsvereinigungen
80. Aus dieser Sicht haben solche Berufsverbände nicht nur die Rechte ihrer Mitglieder wahrzunehmen und zu schützen, sondern sollen auch dafür sorgen, dass diese Personen ihren Anteil an der Verantwortung tragen, die sich aus der besonderen Sendung der Katholischen Schule ergibt. Wer sich bewusst und frei zur Ausübung seines Berufes in einer Schule entschließt, die sich zu einer bestimmten Weltanschauung bekennt, ist gehalten diese Eigenart zu achten und unter der Leitung der verantwortlichen Vorgesetzten seinen persönlichen Beitrag zu leisten.
Wirtschaftliche Lage der Katholischen Schule
Unterschiedliche Situationen
81. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus hat sich die Lage vieler katholischer Schulen verbessert und in einigen Ländern normalisiert. Das ist dort festzustellen, wo die Regierung Vorteile und Notwendigkeit eines Schulpluralismus erkannt hat, der neben der Staatsschule auch andere Wahlmöglichkeiten bietet. Von oft aus reinem Wohlwollen gewährten Subventionen ausgehend, hat man schließlich Übereinkommen, Abmachungen und Verträge abgeschlossen, die der Katholischen Schule die Möglichkeit geben, ihre Eigenart zu bewahren und ihre Aufgabe entsprechend zu erfüllen, sie aber zugleich mehr oder weniger eng mit dem staatlichen Schulsystem zu verbinden, was wirtschaftliche Sicherstellung und annähernde Rechtsgleichheit mit den staatlichen Schulen bedeutet.
Hoffnungsvolle Lösungen
82. Diese Verträge sind zum Teil dem Wohlwollen der betreffenden Regierungen zu verdanken, die auf diese Weise den von der Katholischen Schule der Öffentlichkeit erwiesenen Dienst anerkannten, zum Teil aber auch dem entschlossenen Vorgehen der kirchlichen Behörden oder der katholischen Verbände des Landes. Eine solche Lösung kann die für die Katholische Schule Verantwortlichen in den Ländern ermutigen, wo die Katholiken noch eine schwere wirtschaftliche Belastung zu tragen haben, um eine oft beträchtliche Zahl katholischer Schulen, die über das ganze Land verstreut sind, zu erhalten. Sie können überzeugt sein, dass ihr Einsatz für die Bereinigung dieses oft ungerechten Zustandes nicht nur dazu beiträgt, jedem Kind eine Erziehung zur vollen Entfaltung seiner Persönlichkeit, die in Ehrfurcht anerkannt wird, zu ermöglichen, sondern auch dazu, die Unterrichtsfreiheit und das Recht der Eltern zu verteidigen «für ihre Kinder die Schule nach ihrem Gewissen wirklich frei wählen zu können».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis», 6.</ref>
== VII. MUTIGER UND GEMEINSAMER EINSATZ FÜR DIE KATHOLISCHE SCHULE ==
Sendungsbewusst sein und Mut zur Anpassung
83. Wenn man den Dienst eines christlichen Erziehers in der Katholischen Schule auf sich nimmt, gibt man damit seinen festen Glauben an die Notwendigkeit und Zeitgemäßheit dieses Apostolates kund. Wer tatsächlich diesen Glauben hat und die Botschaft Christi annimmt, wer die heutige Jugend liebt und versteht, wer die Anliegen und Schwierigkeiten der Umwelt mit Verständnis verfolgt, wird leicht begreifen, dass die Führung der ihrer Sendung getreuen Katholischen Schule den Wagemut verlangt, ihre Entfaltung zu fördern und viele ihrer Betätigungsformen einer gründlichen Erneuerung zu unterwerfen, um sie den tatsächlichen Bedürfnissen der Zeit und ihrer hohen Zielvorstellung anzupassen.
Die Rolle der Gnade
84. Der Erziehungsertrag der Katholischen Schule kann nicht an kurzfristigen Ergebnissen gemessen werden. In der christlichen Erziehung spielt nicht nur die Freiheit des Erziehers und des Zöglings eine wichtige Rolle, sondern auch die Mitwirkung der Gnade. Freiheit und Gnade aber reifen ihre Früchte im Rhythmus des Geistes, der nicht mit zeitlichen Maßstäben erfaßt werden kann. Wenn sich die Gnade mit der menschlichen Freiheit verbindet, kann sie diese zur vollen Entfaltung bringen, die in der Freiheit des Geistes besteht. Durch ihr bewusstes und ausdrückliches Mitwirken mit dieser befreienden Kraft wird die Katholische Schule zum christlichen Sauerteig in der Welt.
Dienst an den Nichtchristen
85. In der Überzeugung, dass der Heilige Geist in jedem Menschen geheimnisvoll wirkt, bietet die Katholische Schule ihren eigenständigen Erziehungsplan und die ihr eigenen Mittel auch den Nichtchristen an, in voller Anerkennung, Wahrung und Förderung der religiösen, sittlichen und kulturellen Werte, die den verschiedenen Kulturkreisen zu eigen sind.<ref> Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen «Nostra aetate», 2.</ref>
Treue zum Bildungsplan
86. So gesehen dürfen die unzulänglichen Hilfsmittel, die ihr zur Verfügung stehen, und die geringe Anzahl der katholischen Schüler, die sie erreicht, die Katholische Schule nicht abhalten, ihren Dienst weiterhin zu leisten, insofern sie die einzige Bedingung, die man ihrer Daseinsberechtigung stellt, erfüllt, nämlich die Treue zu ihrem eigenen Bildungsplan; diese Treue muss auch als wichtigster Prüfstein zur Neuausrichtung des katholischen Schulwesens dienen, wo dies in einzelnen Fällen nötig scheint.
Beweggründe zur Fortsetzung dieser Werke
87. Wenn alle Verantwortlichen der Katholischen Schule weiterhin über ihre Sendung nachdenken, bis sie den Apostolatswert von Unterricht und Erziehung wieder entdecken, sind die Voraussetzungen geschaffen, dass diese Schulen ihren Dienst unter besseren Bedingungen fortsetzen und den kommenden Generationen sinngetreu weitergeben können. Die Verantwortlichen werden dann Überzeugungskraft, Sicherheit, Freude und Opfergeist aus der Gewißheit schöpfen, dass sie vielen jungen Menschen die Möglichkeit bieten, im Glauben zu wachsen und die Schätze der Wahrheit, der Liebe und der Hoffnung in ihrem Leben anzuerkennen und zu verwirklichen.
Ermutigung für die Erzieher...
88. Die Kongregation für das Katholische Bildungswesen ist bemüht, der Katholischen Schule in der Besinnung auf ihre Sendung und Erfüllung ihres Auftrages behilflich zu sein. Sie fühlt sich daher gedrängt, noch einmal alle, die darin arbeiten, aufs herzlichste zu ermutigen : es ist nicht zu bezweifeln, dass Erziehung und Unterricht unter den vielfältigen Werken der Seelsorge, in denen sich die einzigartige und echte Heilssendung der Kirche kundgibt, äußerst wichtig sind.
... besonders für Ordengemeinschaft
89. Vor allem auf die Ordensgemeinschaften, die sich in Ausübung eines besonderen, vom Heiligen Geist in der Kirche erweckten Charismas der Heranbildung der Jugend widmen, blickt die Kirche mit Vertrauen und neuer Hoffnung. Mögen sie, aufgeschlossen und einsatzbereit, dem Charisma ihres Stifters treu bleiben und ihren Beitrag zum Erziehungsapostolat in den katholischen Schulen leisten, ohne sich vom verlockenden Angebot anderer Apostolatsformen, die oft nur scheinbar wirkungsvoller sind, beirren zu lassen.
Die Aufforderung des Zweiten Vatikanums
90. Kaum mehr als ein Jahrzehnt nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils richtet die Kongregation für das Katholische Bildungswesen aufs neue die Schlussaufforderung der Konzilserklärung über die Christliche Erziehung an die Priester, Ordensleute und Laien, die ihrer Sendung in der Katholischen Schule nachgehen, «dass sie in der übernommenen Aufgabe frohen Herzens ausharren und in der Formung ihrer Schüler mit dem Geiste Christi, in der Kunst des rechten Erziehers und in der wissenschaftlichen Arbeit nach so guten Leistungen streben, dass sie nicht nur die innere Erneuerung der Kirche fördern, sondern auch deren segensreiche Präsenz in der heutigen Welt, besonders unter den Gebildeten, erhalten und vertiefen».<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung «Gravissimum educationis». Schlusswort.</ref>
SCHLUSSWORT
Ermutigung an die Erzieher
91. Im Bewusstsein der Aufgabe, die der Katholischen Schule anvertraut ist, will dieses Dokument - ohne den vielen Katholiken, die im staatlichen Schulwesen der verschiedenen Länder tätig sind, den Wert ihres christlichen Lebenszeugnisses abzusprechen oder zu mindern - alle Bemühungen zur Förderung dieser Schule ermutigen. In der heutigen pluralistischen Gesellschaft ist die Katholische Schule tatsächlich imstande, mehr denn je einen unschätzbaren und notwendigen Dienst zu leisten. Während sie unaufhörlich auf die Werte des Evangeliums hinweist, wird sie zur Vorkämpferin einer neuen und besseren Welt, im Gegensatz zu einer Gesellschaft, die der Genußsucht, dem Leistungs- und Konsumdenken verfallen ist.
Einladung an die Bischofskonferenzen
92. Das Dokument richtet an die einzelnen Bischofskonferenzen die ehrerbietige Einladung, ihr Augenmerk den Leitgedanken zuzuwenden, die die Katholische Schule beseelen, sie auszuarbeiten und in bestimmte Bildungspläne einzubauen, die den besonderen Umständen und Anforderungen der verschiedenen Richtungen und Stufen des Schulwesens in den einzelnen Ländern entsprechen.
Aufruf an das ganze Gottesvolk
93. Die Kongregation für das Katholische Bildungswesen weiß, wie verwickelt und heikel das vorliegende Problem ist, und richtet deshalb diese Überlegungen auch an das ganze Volk Gottes. Dabei ist sie überzeugt, dass im göttlichen Heilsplan die schwachen menschlichen Kräfte wohl eine Lösung der drängenden Probleme, die sich stellen, suchen können, dass aber der Enderfolg jeder Anstrengung nicht aus dem Vertrauen in die eigene Kraft stammt, sondern vom göttlichen Meister Jesus Christus kommen muss, der alles, was in seinem Namen unternommen wird, beseelt, leitet, stützt und sicher zum guten Ende führt.
GABRIEL MARIE KARDINAL GARRONE,
Präfekt
Antonio M. Javierre,
Sekretär
Anmerkungen
<references />