Brief vom 24. April 1959

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Brief Papst Johannes´ XXIII. an den venetianischen Klerus vom 24. April 1959.

In einem Brief vom 24. April 1959 an den venetianischen Klerus, der zur Verehrung der für kurze Zeit nach Venedig übergeführten sterblichen Reste des heiligen Papstes Pius X. nach San Marco in Venedig gekommen war, sprach Papst Johannes wiederum von dem bevorstehenden Ökumenischen Konzil. Sein Brief war eine eindringliche Ermahnung an den venetianischen, zugleich an den italienischen Klerus und an den katholischen Klerus der ganzen Welt zu einem wahrhaft priesterlichen Leben nach dem Vorbild Pius' X. Er hob drei besondere Züge des priesterlichen Charakters Pius' X. hervor: die priesterliche Würde, die Liebe zur heiligen Kirche und die menschliche und christliche Weisheit. Auf diese drei Eigenschaften ging er ausführlich ein. In dem Teil, der die Liebe zur Kirche betraf, kam er auch auf das Ökumenische Konzil zu sprechen. Was er hier schrieb, gehört wohl zu den bisher wichtigsten Äußerungen des Papstes zu diesem Thema.

"Wenn man sich die leuchtendsten Seiten der Geschichte aller Jahrhunderte vor Augen hält, kann man wohl sicher sein, dass das Ökumenische Konzil - das Wir im Gehorsam gegen eine Inspiration ankündigten, deren Unmittelbarkeit Wir in der Demut Unseres Herzens wie eine plötzliche, unerwartete Berührung fühlten - schon jetzt in den Herzen der Bischöfe und Priester den guten Vorsatz und einen dringenderen Wunsch weckt, die Grenzen der christlichen Liebe weiter zu ziehen und am eigenen Platz mit klaren Gedanken und bereitem Herzen zu stehen."

"Bitten und hoffen wir, dass das Konzil vor allem das Schauspiel der nach der Himmelfahrt Christi in Jerusalem vereinigten Apostel erneuert: vereint im Gedanken und Gebet mit Petrus und um Petrus, den Hirten der Lämmer und der Schafe: eine Darbringung von Energien, die neue Kraft gewinnen, sich erneuern in der Suche nach dem, was den heutigen Erfordernissen des Apostolates am besten entspricht."

"Die Gestalt des hl. Pius X., den Wir auch als Schutzherrn des Ökumenischen Konzils anrufen, löst sich von den Umständen, die zu seiner Zeit zu voreiligen und einseitigen Urteilen führten, und macht die Mahnung um so überzeugender, keine fremden Wege zur Errettung des Menschen und zur Verteidigung seiner Rechte zu gehen, keine billigen Abschweifungen als Ersatz für das zu erfinden, was seine Wurzeln im Wesen der beständigsten Einrichtungen selber hat und den Wert jahrhundertealter Erfahrung besitzt. Das soll heißen: für den Osten zunächst die Annäherung (avvicinamento), dann das Zusammengehen (riacco stamento) und schließlich die vollkommene Wiedervereinigung (unitá parfetta) so vieler getrennter Brüder mit der alten gemeinsamen Mutter; und für den Westen die hochherzige seelsorgliche Zusammenarbeit der beiden Klerus (des weltlichen und des Ordensklerus) unter dem Auge und der Leitung des Bischofs, der der Hirte aller Schafe ist."

Quelle

Herder-Korrespondenz, Dreizehnter Jahrgang 1958/59; Neuntes Heft, Juni 1959, S. 413.