A segunda (Wortlaut)

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Schreiben
A segunda

der Kongregation für das katholische Bildungswesen
im Pontifikat von Papst
Johannes Paul II.
An die Hochwürdigen Herren Ortsordinarien, An die Direktoren der Seminare, An die Dekane der Theologischen Fakultäten
Maria in der intellektuellen und geistlichen Ausbildung
2. Juni 1988

(Quelle: Datum des 25. März 1988: Libreria Editrice Vaticana, Vatikanstadt 1989;
Datum des 2. Juni 1988 in: Der Apostolische Stuhl 1988, S. 1788-1801)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Maria, die Mutter Jesu

EINLEITUNG

1 Die Zweite Außerordentliche Bischofssynode, die 1985 zur »Feier, Prüfung und Förderung des Zweiten Vatikanischen Konzils« <ref> Schlussdokument der Außerordentlichen Bischofssynode 1985: Kirche unter dem Wort Gottes feiert die Geheimnisse Christi zum Heil der Welt, 1,2 (zitiert nach: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 68, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz).</ref> gehalten wurde, unterstrich die Notwendigkeit, »besonders die vier großen Konzils-Konstitutionen zu beachten« <ref> Schlussdokument der Außerordentlichen Bischofssynode 1985: 1, 5.</ref> und einen »Plan« durchzuführen, »der einer neuen, erweiterten und tieferen Kenntnis und Annahme des Konzils dient«. <ref>Schlussdokument der Außerordentlichen Bischofssynode 1985: 1, 6.</ref>

Der Heilige Vater Johannes Paul II. hat seinerseits versichert, dass das Marianische Jahr »eine neue und vertiefte Lektüre von dem fördern soll, was das Konzil über die selige Jungfrau und Gottesmutter Maria im Geheimnis Christi und der Kirche gesagt hat«. <ref>Papst Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris mater (25. März 1987), 48: AAS 79 (1987) 427 (zitiert nach: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 75).</ref>

Diese bei den lehramtlichen Hinweise nimmt die Kongregation für das katholische Bildungswesen besonders aufmerksam auf. Mit dem vorliegenden Rundschreiben, das an die Theologischen Fakultäten, an die Priesterseminare und an die anderen Zentren kirchlicher Studien gerichtet ist, beabsichtigt sie, einige Überlegungen über die selige Jungfrau Maria vorzulegen und vor allem hervorzuheben, dass die Bemühung um Kenntnis und Forschung sowie die Frömmigkeit im Blick auf Maria von Nazaret nicht auf die zeitlichen Grenzen des Marianischen Jahres eingeschränkt sein dürfen, sondern dass sie eine bleibende Aufgabe darstellen müssen: denn bleibend sind der beispielhafte Wert und die Sendung der Jungfrau Maria. Die Mutter des Herrn ist ja ein "Element der göttlichen Offenbarung" und begründet eine stets wirksame "mütterliche Gegenwart" im Leben der Kirche. <ref>Vgl. Redemptoris mater, 1.25.</ref>


MARIA: EIN WESENTLICHES ELEMENT DES GLAUBENS UND DES LEBENS DER KIRCHE

DER REICHTUM DER MARIOLOGIE

2 Die Dogmen- und die Theologiegeschichte bestätigen den Glauben und die beständige Aufmerksamkeit der Kirche in bezug auf die Jungfrau Maria und ihre Sendung in der Heilsgeschichte. Diese Aufmerksamkeit ist schon in einigen neutestamentlichen Schriften und in vielen Werken der Autoren in nachapostolischer Zeit offenkundig.

Die ersten Glaubensbekenntnisse und die folgenden dogmatischen Formeln der Konzilien von Konstantinopel (381), Ephesus (431) und Chalkedon (451) bezeugen die fortschreitende Vertiefung des Geheimnisses Christi als wahrer Gott und wahrer Mensch und parallel hierzu die fortschreitende Entdeckung der Bedeutung Mariens im Geheimnis der Menschwerdung: eine Entdeckung, die zur dogmatischen Definition der jungfräulichen Gottesmutterschaft Mariens führte.

Die Aufmerksamkeit der Kirche bezüglich Maria von Nazaret erfolgte in allen Jahrhunderten durch viele Verlautbarungen. Es werden lediglich die jüngsten von ihnen in Erinnerung gerufen, ohne damit den Reichtum unterzubewerten, den die mariologische Reflexion in anderen geschichtlichen Epochen gekannt hat.

3 Aufgrund ihres lehrhaften Wertes kann man unmöglich unerwähnt lassen die Dogmatische Bulle Ineffabilis Deus (8. Dezember 1854) von Pius IX., die Apostolische Konstitution Munificentissimus Deus (1. November 1950) von Pius XII. und die Dogmatische Konstitution Lumen gentium (21. November 1964), deren achtes Kapitel die umfassendste und am meisten maßgebende Synthese der katholischen Lehre über die Mutter des Herrn darstellt, die jemals von einem ökumenischen Konzil verfaßt wurde. Hier ist wegen ihres theologischen und pastoralen Wertes auch zu erinnern an andere Dokumente wie die Professio fidei (30. Juni 1968) und die Apostolischen Schreiben Signum Magnum (13. Mai 1967) und Marialis cultus (2. Februar 1974) von Paul VI. sowie die Enzyklika Redemptoris Mater (25. März 1987) von Johannes Paul II.

4 Ferner gilt es, an die Tätigkeit einiger kirchlicher Bewegungen zu erinnern, die dadurch, dass sie in verschiedener Weise und von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus der Gestalt der seligen Jungfrau Maria breites Interesse entgegenbrachten, beträchtlichen Einfluss auf die Abfassung der Konstitution Lumen gentium hatten: die biblische Bewegung, die die erstrangige Bedeutung der Heiligen Schrift für eine Darstellung der Stellung der Mutter des Herrn unterstrich, die sich wirklich in Einklang mit dem geoffenbarten Wort befindet; die patristische Bewegung, die es der Mariologie ermöglichte, ihre Wurzeln in der Überlieferung zu vertiefen, indem sie sie mit dem Denken der Kirchenväter zusammenführte; die ekklesiologische Bewegung, die weitgehend zur vertiefenden Neubesinnung auf das Verhältnis zwischen Maria und der Kirche beitrug; die missionarische Bewegung: sie entdeckte fortschreitend den Wert Mariens von Nazaret, der ersten, der die frohe Botschaft verkündet wurde (vgl. Lk 1,26-38) und die sie als erste weiterverkündigte (vgl. Lk 1, 39-45), als eine inspirierende Quelle für ihren Einsatz zur Verbreitung des Evangeliums; die liturgische Bewegung, die dadurch, dass sie einen fruchtbaren und strengen Vergleich der verschiedenen Liturgien anstellte, dokumentieren konnte, wie die Riten der Kirche eine herzliche Verehrung der »glorreichen, allzeit jungfräulichen Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus« <ref>Römisches Messbuch, Erstes Hochgebet. Abschnitt »In Gemeinschaft mit der ganzen Kirche«.</ref> bezeugen; die ökumenische Bewegung, welche Anstrengungen für ein exaktes Verständnis der Gestalt der Jungfrau Maria im Bereich der Quellen der Offenbarung und zur Präzisierung der theologischen Grundlage der marianischen Frömmigkeit erforderte.

DIE MARIOLOGISCHE LEHRE DES II. VATIKANUMS

5 Die Bedeutung des achten Kapitels von Lumen gentium besteht im Wert der lehrmässigen Synthese sowie darin, dass die Behandlung der Lehre über Maria dargelegt ist, indem es in den Bereich des Mysteriums Christi und der Kirche eingefügt wird. Auf diese Weise hat das Konzil:

- an die patristische Überlieferung angeknüpft, die die Heilsgeschichte als eigenen Rahmen jedes theologischen Traktates bevorzugt;

- deutlich herausgestellt, dass die Mutter des Herrn keine Randgestalt im Bereich des Glaubens und in der Gesamtschau der Theologie ist, denn aufgrund ihrer innersten Teilnahme an der Heilsgeschichte, »vereinigt sie gewissermaßen die größten Glaubensgeheimnisse in sich und strahlt sie wider«; <ref>Lumen gentium, 65.</ref>

- unterschiedliche Positionen mariologischer Ansätze zu einer gemeinsamen Sichtweise zusammengebracht.

Im Blick auf Christus

6 Gemäß der Lehre des Konzils bestimmt sich das Verhältnis Mariens zu Gott dem Vater im Blick auf Christus. Denn Gott »sandte..., als die Fülle der Zeit gekommen war, seinen Sohn, von der Frau geboren..., damit wir die Annahme zu Söhnen empfingen« (GaI 4, 4-5). <ref>Lumen gentium, 52.</ref> Maria, die Magd des Herrn (vgl. Lk 1, 38.48), wurde also, indem sie »Gottes Wort in ihrem Herzen und in ihrem Leib« empfangen und »der Welt das Leben« gebracht hatte, durch Gnade »Mutter Gottes«. <ref>Vgl. Lumen gentium, 53.</ref> Im Blick auf diese einzigartige Sendung bewahrte Gott der Vater sie vor der Erbsünde, erfüllte sie mit dem Reichtum der himmlischen Gaben und wollte in seinem weisen Ratschluss, »dass vor der Menschwerdung die vorherbestimmte Mutter ihr empfangendes Ja sagte«. <ref>Lumen gentium, 56.</ref> 7 Das Konzil erläutert die Teilnahme Mariens an der Heilsgeschichte und führt vor allem die vielfältigen Beziehungen zwischen ihr und Christus aus:

- als »erhabenste Frucht der Erlösung«, <ref>Sacrosanctum concilium, 103.</ref> da sie »im Hinblick auf die Verdienste ihres Sohnes auf erhabenere Weise erlöst« <ref>Lumen gentium, 53.</ref> ward; darum zögerten die Kirchenväter, die Liturgie und das Lehramt nicht, die Jungfrau Maria »Tochter ihres Sohnes« <ref>Vgl. 11. Konzil von Toledo, 48: DS 536.</ref> in der Gnadenordnung zu nennen;

- als Mutter nahm sie glaubend die Verkündigung des Engels auf und empfing in ihrem jungfräulichen Schoß durch das Wirken des Geistes und ohne Zutun eines Mannes den Sohn Gottes der menschlichen Natur nach; sie gebar ihn, nährte, beschützte und erzog ihn; <ref>Vgl. Lumen gentium, 57. 61.</ref>

- als treue Magd gab sie sich »ganz der Person und dem Werk ihres Sohnes hin und diente so unter ihm und mit ihm in der Gnade des allmächtigen Gottes dem Geheimnis der Erlösung«; <ref>Lumen gentium, 56.</ref>

- als Gefährtin des Erlösers: »Indem sie Christus empfing, gebar und nährte, im Tempel dem Vater darstellte und mit ihrem am Kreuz sterbenden Sohn litt, hat sie beim Werk der Erlösung in durchaus einzigartiger Weise in Gehorsam, Glaube, Hoffnung und brennender Liebe mitgewirkt«; <ref>Lumen gentium, 61. Vgl. Lumen gentium, 56.58.</ref>

- als Jüngerin, die im Verlauf der Verkündigung Christi »die Worte« aufnahm, »in denen der Sohn das die Ansprüche und Bande von Fleisch und Blut übersteigende Reich predigte und die seligpries, die das Wort Gottes hören und bewahren (vgl. Mk 3, 35; Lk 11,27-28), wie sie selbst es getreulich tat (vgl. Lk 2, 19 und 51)«. <ref>Lumen gentium, 58.</ref>

8 Im Licht der Christologie sind auch die Beziehungen zwischen dem Heiligen Geist und Maria zu lesen: sie, die »gewissermaßen vom Heiligen Geist gebildet und zu einer neuen Kreatur gemacht« <ref>Lumen gentium, 56.</ref> ward, in besonderer Weise sein Heiligtum wurde, <ref>Vgl. Lumen gentium, 53. </ref> empfing durch die Kraft des Geistes (vgl. Lk 1,35) in ihrem jungfräulichen Schoß und schenkte der Welt Jesus Christus! <ref>Vgl. Lumen gentium, 52.63.65.</ref> In der Erzählung von der Heimsuchung ergießen sich mittels ihrer die Gaben des Messias und Heilandes: die Ausgießung des Geistes über Elisabeth, die Freude des kommenden Vorläufers (vgl. Lk 1, 41).

Voll des Glaubens an die Verheißung des Sohnes (Lk 24,49) bildet die selige Jungfrau Maria eine betende Gegenwart inmitten der Jüngergemeinschaft: sie verharrt einmütig mit ihnen im Gebet (vgl. Apg 1, 14) und erfleht »mit ihren Gebeten die Gabe des Geistes..., der sie schon bei der Verkündigung überschattet hatte«. <ref>Lumen gentium, 59. </ref>

Im Blick auf die Kirche

9 Im Hinblick auf Christus und somit auch im Blick auf die Kirche wollte und vorherbestimmte Gott Maria von Ewigkeit her. Denn Maria von Nazaret:

- wird »als überragendes und völlig einzigartiges Glied der Kirche« <ref>Lumen gentium, 53.</ref> erkannt aufgrund der ihr verliehenen Gnadengaben und ihrer Stellung im mystischen Leib;

- ist Mutter der Kirche, weil sie »die Mutter dessen ist, der vom ersten Augenblick der Menschwerdung in ihrem jungfräulichen Schoß an seinen mystischen Leib, der die Kirche ist, mit sich als Haupt vereinigt hat«; <ref> Paul PP. VI., Alloclllio tertia SS. Concilii periodo exacla (21 Novembris 1964): AAS 56 (1964) 1014-1018.</ref>

- ist wegen ihrer Eigenschaft als Jungfrau, Braut und Mutter Bild der Kirche, die selbst auch aufgrund der Unversehrtheit des Glaubens Jungfrau ist, Braut wegen ihrer Vereinigung mit Christus, Mutter durch die Geburt unzähliger Kinder; <ref>Vgl. ebd., 64.</ref>

- ist wegen ihrer Tugenden Vorbild der Kirche, die sich im Vollzug des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe <ref> Vgl. ebd., 53.63.65.</ref> und im apostolischen Wirken <ref>Vgl. Ebd., 65,</ref> von ihr inspiriert;

- fährt durch ihre vielfältige Fürbitte fort, der Kirche die Gaben des ewigen Heils zu erwirken. In ihrer mütterlichen Liebe trägt sie Sorge für die Brüder ihres Sohnes, die noch auf der Pilgerschaft sind. Deshalb wird die selige Jungfrau in der Kirche unter dem Titel der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen; <ref>Vgl. Lumen gentium, 62.</ref>

- ist durch ihre Aufnahme mit Leib und Seele in den Himmel das eschatologische »Bild« und der »Anfang« der Kirche, <ref>Vgl. Lumen gentium, 68.</ref> die in ihr »mit Freude anschaut..., was sie ganz zu sein wünscht und hofft« <ref>Sacrosanctum concilium, 103.</ref> und die in ihr ein »Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes« <ref>Vgl. Lumen gentium, 68.</ref> findet.

MARIOLOGISCHE ENTWICKLUNGEN NACH DEM KONZIL

10 In den unmittelbar auf das Konzil folgenden Jahren gaben der Apostolische Stuhl, viele Bischofskonferenzen und hervorragende Gelehrte, die die Lehre des Konzils verdeutlichten und auf die Probleme, die nach und nach auftauchten, antworteten, der Reflexion über die Mutter des Herrn neue Aktualität und Kraft.

Einen besonderen Beitrag zu diesem Wiederaufleben der Mariologie leisteten das Apostolische Schreiben Marialis cultus und die Enzyklika Redemptoris Mater.

Hier ist nicht der Ort für einen ins einzelne gehenden Überblick über die verschiedenen Sektoren der nachkonziliaren Forschung über Maria; dennoch erscheint es als nützlich, auf einige Beispiele als Anregung für weitere Studien hinzuweisen.

11 Die Bibelexegese hat der Mariologie neue Felder erschlossen, indem sie den Schriften des Alten und Neuen Testaments immer mehr Raum widmete. Nicht wenige Texte des Alten Testaments und vor allem die neutestamentlichen Abschnitte bei Lukas und Matthäus über die Kindheit Jesu sowie die johanneischen Perikopen waren Objekt ständigen und vertieften Studiums, welches mit den erzielten Ergebnissen die biblische Grundlage der Mariologie verstärkt und sie vom thematischen Gesichtspunkt her beträchtlich bereichert hat.

12 Auf dem Feld der dogmatischen Theologie trug die Mariologie in der nachkonziliaren Diskussion zu einer geeigneteren Verdeutlichung der Dogmen bei: so im Fall der Diskussionen über die Erbsünde (Dogma von der unbefleckten Empfängnis), über die Menschwerdung des Wortes (Dogma von der jungfräulichen Empfängnis Christi, Dogma von der Gottesmutterschaft), über Gnade und Freiheit (Lehre vom Mitwirken Mariens am Heilswerk), über die letzte Bestimmung des Menschen (Dogma von der Aufnahme Mariens in den Himmel); in all diesen Fällen musste sie die Sprechweise, in der sie formuliert wurden, kritisch untersuchen, sie im Licht der Errungenschaften der Bibelexegese einer genaueren Kenntnis der Überlieferung und der Anfragen der Humanwissenschaften verstehen und schließlich unbegründete Bestreitungen zurückweisen.

13 Das Interesse der Mariologie an den mit der Verehrung Mariens verbundenen Problemen war sehr lebendig: es drückte sich aus in der Erforschung ihrer geschichtlichen Wurzeln, <ref>Zwischen 1967 und 1987 haben sechs von der Internationalen Päpstlichen Marianischen Akademie organisierte Internationale Marianische Kongresse die Erscheinungsformen der Marienfrömmigkeit von den Ursprüngen bis zum 20. Jahrhundert systematisch untersucht.</ref> in der Bemühung um die von der Lehre ausgehenden Motivationen und um die Achtsamkeit für ihre organische Einfügung in den »einen christlichen Kult«, <ref>Vgl. Papst Paul VI., Apostolisches Schreiben Marialis cuItus (2. Februar 1974) AAS 66 (1974) 114.</ref> in der Bewertung ihrer verschiedenen liturgischen Ausdrucksformen und der vielfältigen Erscheinungen der Volksfrömmigkeit und nicht zuletzt in der Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen.

14 Auch auf ökumenischem Gebiet war die Mariologie Gegenstand besonderer Betrachtung. In bezug auf die Ostkirchen unterstrich Johannes Paul ll., »wie tief sich die katholische Kirche, die orthodoxe Kirche und die altorientalischen Kirchen in der Liebe und Verehrung für die Gottesgebärerin ...verbunden wissen«; <ref>Redemptoris mater, 31.</ref> seinerseits hat der ökumenische Patriarch Dimitrios I. hervorgehoben, wie die »zwei Schwesterkirchen die Jahrhunderte hindurch die Flamme der Andacht zur verehrungswürdigsten Person der hochheiligen Gottesgebärerin aufrechterhalten haben« <ref>DIMITRIOS I., Homilie in der Vesper am 7. Dezember 1987 in Sanla Maria Maggiore (Rom): L´ Osservatore Romano (7-8 Dicembre 1987) 6.</ref> und wünschte, dass »das Thema der Mariologie einen zentralen Platz im theologischen Dialog zwischen unseren Kirchen einnehme (...) auf die volle Wiederherstellung unserer kirchlichen Gemeinschaft hin«. <ref>Ebd., 6.</ref>

Bezüglich der Kirchen der Reformation ist die nachkonziliare Epoche durch den Dialog und die Anstrengung für ein gegenseitiges Verständnis gekennzeichnet. Dies ließ die Überwindung jahrhundertelangen Misstrauens zu, bessere Kenntnis der betreffenden Lehrauffassungen und die Aufnahme gemeinsamer Forschungsinitiativen. Zumindest in einigen Fällen konnten so auf der einen Seite die Gefahren einer »Verdunkelung« der Gestalt Mariens im kirchlichen Leben, auf der andern Seite die Notwendigkeit eingesehen werden, sich an den Offenbarungsbefund zu halten. <ref> Für eine Mariologie, die der Ökumene verpflichtet ist, sind wertvolle Hinweise im Ökumenischen Direktorium enthalten: SECRETARIATUS AD CHRlSTIANORUM UNITATEM FOVENDAM, Spiritus Domini (16 Aprilis 1970): AAS 62 (1970) 705-724.</ref>

Im Bereich des Gesprächs zwischen den Religionen wandte sich das Interesse der Mariologie an das Judentum, dem die »Tochter Sion« entstammt. Außerdem wandte es sich an den Islam, in dem Maria als heilige Mutter Christi verehrt wird.

15 Die nachkonziliare Mariologie widmete der Anthropologie neue Aufmerksamkeit. Die Päpste stellen Maria von Nazaret wiederholt als den höchsten Ausdruck menschlicher Freiheit im Mitwirken des Menschen mit Gott dar, der sich »im erhabenen Geschehen der Menschwerdung seines Sohnes dem freien und tätigen Dienst einer Frau anvertraut hat«. <ref>Redemptoris mater, 46.</ref>

Aus der Konvergenz der Inhalte des Glaubens und der Humanwissenschaften, insofern diese ihre Aufmerksamkeit auf Maria von Nazaret richteten, wurde mit größerer Klarheit verstanden, dass Maria die höchste geschichtliche Verwirklichung des Evangeliums <ref>Vgl. III CONFERENCIA GENERAL DEL EPlSCOPADO LATINO-AMERICANO (Puebla 1979), La evangelizacilón en el presente y en el fuIturo de Amirica Latina (Bogota 1979) 282.</ref> und zugleich die Frau ist, die sich auf menschlicher Ebene durch ihre Selbstbeherrschung, ihren Verantwortungssinn, die Öffnung auf andere hin und den Geist des Dienens, durch ihre Festigkeit und ihre Liebe auf höchste Weise selbst verwirklicht hat.

Zum Beispiel wurde die Notwendigkeit bemerkt,

- die Gestalt der Jungfrau Maria den Menschen unserer Zeit »anzunähern« und ihr »historisches Bild« als demütige jüdische Frau hervorzuheben;

- die dauerhaften und universalen menschlichen Werte Mariens in der Weise zu zeigen, dass die Rede über sie die Rede über den Menschen erhellt.

In diesem Bereich wurde das Thema »Maria und die Frau« mehrmals behandelt; es lässt offen viele Zugangsweisen, doch kann man längst noch nicht sagen, es sei ausgeschöpft und erheische nicht weitere Entwicklungen.

16 In der nachkonziliaren Mariologie gab es des weiteren neue Themen beziehungsweise Themen, die von einer neuen Sichtweise her behandelt wurden: der Bezug zwischen dem Heiligen Geist und Maria; das Problem der Inkulturation der Lehre über Maria und der Ausdrucksweisen marianischer Frömmigkeit; der Wert der via pulchritudinis, um in der Kenntnis Mariens voranzukommen, und die Fähigkeit Mariens, die höchsten Ausdrucksweisen im Bereich der Literatur und Kunst hervorzurufen; die Entdeckung der Bedeutung Mariens in bezug auf einige pastorale Erfordernisse unserer Zeit (die Lebenskultur, die Option für die Armen, die Verkündigung des Wortes…); die Aufwertung der »marianischen Dimension im Leben der Jünger Christi«. <ref>Redemptoris mater, 45.</ref>

DIE ENZYKLIKA »REDEMPTORIS MATER« JOHANNES PAULS II.

17 In die Linie von Lumen Gentium und der lehramtlichen Dokumente nach dem Konzil stellt sich die Enzyklika Redemptoris Mater Johannes Pauls II., die die christologische und ekklesiologische Einbettung der Mariologie bestätigt, die nötig ist, damit sie die ganze Spanne ihrer Inhalte offenbare.

Zunächst vertieft der Heilige Vater durch eine längere Erwägung des Ausrufes der Elisabeth: »Selig ist" die geglaubt hat« (Lk 1, 45) die vielfältigen Aspekte des heldenhaften Glaubens Mariens, den er betrachtet als »gleichsam einen Schlüssel..., der uns die innerste Wirklichkeit Marias erschließt«. <ref>Redemptoris mater, 19.</ref> Sodann beleuchtet der Heilige Vater die »mütterliche Gegenwart« Mariens auf dem Weg des Glaubens unter zwei gedanklichen Linien, einer theologischen sowie einer pastoralen und geistlichen:

- Maria, die im Leben der Kirche tätig gegenwärtig war - an ihrem Anfang (das Geheimnis der Menschwerdung), bei ihrem Auftreten (das Geheimnis von Kana und das des Kreuzes) und bei ihrem Offenbarwerden (das Mysterium von Pfingsten) - ist eine »wirkende Gegenwart« in ihrer ganzen Geschichte, ja sie ist »inmitten der pilgernden Kirche«, <ref>Titel des Zweiten Teils der Enzyklika Redemptoris mater.</ref> der gegenüber sie eine vielfältige Funktion ausübt: sie wirkt mit bei der Geburt der Gläubigen zum Leben der Gnade, sie ist ein Vorbild der Nachfolge Christi und übt eine »mütterliche Vermittlung«  <ref>Titel des Dritten Teils der Enzyklika Redemptoris mater.</ref> aus;

- die Gebärde, mit der Christus den Jünger der Mutter und die Mutter dem Jünger anvertraute (vgl. Joh 19,25-27), bestimmte ein sehr enges Verhältnis zwischen Maria und der Kirche. Durch den Willen des Herrn kennzeichnet eine »marianische Note« das Aussehen der Kirche, ihren Pilgerweg, ihre pastorale Tätigkeit; und im geistlichen Leben eines jedes Jüngers findet sich - wie der Heilige Vater hervorhebt - eine »marianische Dimension«. <ref>Vgl. Redemptoris mater, 45-46.</ref> Insgesamt kann Redemptoris Mater als die Enzyklika über die »mütterliche und wirkende Gegenwart« Mariens im Leben der Kirche betrachtet werden: <ref>Vgl. Redemptoris mater, 1.25.</ref> auf ihrem Pilgerweg des Glaubens, im Gottesdienst, den sie ihrem Herrn darbringt, in ihrem Werk der Evangelisierung, in ihrer fortschreitenden Verähnlichung mit Christus, in ihrem ökumenischen Einsatz.

DER BEITRAG DER MARIOLOGIE ZUR THEOLOGISCHEN FORSCHUNG

18 Die Theologiegeschichte bestätigt, dass die Kenntnis des Geheimnisses Mariens zu einer tieferen Kenntnis des Geheimnisses Christi, der Kirche und der Berufung des Menschen beiträgt. <ref> Vgl. Lumen gentium, 65.</ref> Andererseits hilft das enge Band der seligen Jungfrau zu Christus, zur Kirche und zur Menschheit dazu, dass die Wahrheit über die Kirche und über den Menschen die Wahrheit über Maria von Nazaret erhellt.

19 Tatsächlich ist in Maria »alles auf Christus bezogen«. <ref>Marialis cultus, 25.</ref> Daraus folgt: »Allein im Geheimnis Christi klärt sich voll und ganz ihr eigenes Geheimnis«, <ref>Redemptoris mater, 41; vgl. ebd., 19.</ref> ferner, dass die Kirche, je mehr sie das Geheimnis Christi vertieft, umso mehr die besondere Würde der Mutter des Herrn und ihre Stellung in der Heilsgeschichte versteht. In gewissem Maße ist aber auch das Umgekehrte wahr: denn die Kirche hat durch Maria, die »außerordentliche Zeugin des Geheimnisses Christi«, <ref>Redemptoris mater, 27.</ref> das Geheimnis der Kenosis des »Sohnes Gottes« (Lk 3, 38; vgl. Phil2, 5-8), der in Maria »Sohn Adams« wurde (Lk 3, 38), vertieft, sie hat mit größerer Klarheit die geschichtlichen Wurzeln des »Sohnes Davids« (vgl. Lk 1, 32), sein Eingefügtsein in das jüdische Volk, seine Zugehörigkeit zu den »Armen des Herrn« erkannt.

20 Außerdem kann in Maria alles - die Vorzüge, die Sendung, die Bestimmung - innerlich auf das Geheimnis der Kirche bezogen werden. Davon leitet sich ab, dass das Geheimnis Mariens in dem Maße klarer aufleuchtet, in dem man das Geheimnis der Kirche vertieft. Ihrerseits erkennt die Kirche, wenn sie Maria betrachtet, die eigenen Ursprünge, ihr innerstes Wesen, ihre Sendung als Gnade, die Bestimmung zur Herrlichkeit, den Weg des Glaubens, den sie durchlaufen muss. <ref>Vgl. Redemptoris mater, 2.</ref>

21 Schließlich kann in Maria alles auf den Menschen aller Orte und aller Zeiten bezogen werden. Sie hat universalen und andauernden Wert. Als »unsere wahre Schwester«  <ref>Marialis cultus, 56.</ref> und verbunden »mit allen erlösungsbedürftigen Menschen in der Nachkommenschaft Adams«, <ref>Lumen gentium, 53.</ref> enttäuscht Maria die Erwartungen des heutigen Menschen nicht. Weil sie eine »vollkommene Jüngerin Christi«  <ref>Marialis cultus, 35.</ref> und eine Frau ist, die sich als Person vollständig verwirklicht hat, ist sie eine ewige Quelle fruchtbarer Anregungen zum Leben.

Für die Jünger des Herrn ist Maria das große Symbol des Menschen, der die innersten Bestrebungen seiner Einsicht, seines Wollens und seines Herzens erreicht, indem er sich durch Christus und im Heiligen Geist auf die Transzendenz Gottes hin in kindlicher Hingabe der Liebe öffnet, und sich in der Geschichte im tätigen Dienst an den Brüdern verwurzelt.

Außerdem »bietet - wie Paul VI. schrieb - die selige Jungfrau Maria, wenn sie in ihrer evangelischen Lebensweise und in ihrer Wirklichkeit, die sie in der Stadt Gottes bereits besitzt, betrachtet wird, dem Menschen von heute, der nicht selten zwischen Angst und Hoffnung hin- und hergerissen wird, niedergeworfen vom Sinn für seine Grenzen und emporgerissen von grenzenlosen Wünschen, verwirrt in der Seele und im Herzen gespalten, ungewissen Geistes vor dem Rätsel des Todes, bedrückt von der Einsamkeit, der Sehnsucht nach Gemeinschaft, erfüllt von Ekel und Langeweile, den Sieg der Hoffnung über die Angst, der Gemeinschaft über die Einsamkeit, des Friedens über die Verwirrung, der Freude und der Schönheit über den Überdruss und den Ekel, der ewigen Perspektiven über die zeitlichen, des Lebens über den Tod«. <ref>Marialis cultus, 57.</ref>

22 »Vor allen Gläubigen ist sie wie ein "Spiegel", in dem sich "die Großtaten Gottes" (Apg 2, 11) in tiefster und reinster Weise widerspiegeln«, <ref>Redemptoris mater, 25.</ref> weshalb die Theologie die Aufgabe hat, dies zu verdeutlichen. Die Würde und die Bedeutung der Mariologie leiten sich darum von der Würde und der Wichtigkeit der Christologie ab, vom Wert der Ekklesiologie und der Pneumatologie, von der Bedeutung der übernatürlichen Anthropologie und der Eschatologie: mit diesen Traktaten ist die Mariologie eng verbunden.

MARIA IN DER INTELLEKTUELLEN UND GEISTLICHEN AUSBILDUNG

DIE MARIOLOGISCHE FORSCHUNG

23 Aus den Daten des eisten Teils dieses Schreibens ergibt sich, dass die Mariologie heute lebendig und in gewichtigen Fragen der Lehre und der Pastoral engagiert ist. Deswegen ist es notwendig, dass sie zusammen mit der Aufmerksamkeit für nach und nach auftauchende pastorale Probleme besonders für die Strenge der Forschung sorgt, die von wissenschaftlichen Kriterien geleitet ist.

24 Auch für die Mariologie gilt das Wort des Konzils: »Die heilige Theologie ruht auf dem geschriebenen Wort Gottes, zusammen mit der Heiligen Überlieferung, wie auf einem bleibenden Fundament. In ihm gewinnt sie sichere Kraft und verjüngt sich ständig, wenn sie alle im Geheimnis Christi beschlossene Wahrheit im Lichte des Glaubens durchforscht«. <ref>Dei verbum, 24.</ref> Das Studium der Heiligen Schrift muss also die Seele der Mariologie sein. <ref>Vgl. ebd. 24; Optatam totius, 16.</ref>

25 Außerdem ist für die mariologische Forschung das Studium der Überlieferung unverzichtbar, da, wie das Vatikanum II. lehrt, die »Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift (...) den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes Gottes«  <ref>Dei verbum, 10.</ref> bilden. Das Studium der Überlieferung offenbart sich darüber hinaus als besonders fruchtbar für die Qualität und Quantität des marianischen Erbes der Kirchenväter und der verschiedenen Liturgien.

26 Die Erforschung der Schrift und der Überlieferung, die geleitet sein soll von den fruchtbarsten Methoden und den gültigsten Mitteln der Kritik, muss vom Lehramt geführt sein, da ihm der Schatz des Wortes Gottes anvertraut ist zur Bewahrung und verbindlichen Auslegung; <ref>Vgl. Dei verbum, 10.</ref> und sie muss, wo es erforderlich ist, von den sichersten Errungenschaften der Anthropologie und der Humanwissenschaften bekräftigt und integriert werden.

DIE MARIOLOGISCHE UNTERWEISUNG

27 Hat man die Wichtigkeit der Gestalt Mariens in der Heilsgeschichte und im Leben des Volkes Gottes nach den Hinweisen des Vatikanums II. und der Päpste betrachtet, wäre es undenkbar, die mariologische Unterweisung zu übergehen: deswegen muss ihr in den Seminaren und theologischen Fakultäten der rechte Platz geräumt werden.

28 Solches Lehren, das aus einer »systematischen Behandlung« bestehen soll, wird

a) organisch sein, d.h. angemessen in den Studienplan des theologischen Curriculums eingefügt;

b) vollständig in der Weise, dass die Person Mariens in der ganzen Heilsgeschichte betrachtet wird, d.h. in ihrem Bezug zu Gott; zu Christus, dem menschgewordenen Wort, dem Erlöser und Mittler; zum Heiligen Geist, dem Heiligmacher und dem Spender des Lebens; zur Kirche, dem Sakrament des Heils; zum Menschen - zu seinen Ursprüngen und seiner Entwicklung im Leben der Gnade, seiner Bestimmung zur Herrlichkeit;

c) eingehend auf die verschiedenen Arten von Einrichtungen (Zentren religiöser Bildung, Seminare, Theologische Fakultäten ...) und auf die Ebene der Studenten: zukünftige Priester und Dozenten der Mariologie, Mitarbeiter bei der Verbreitung marianischer Frömmigkeit in den Diözesen, Lehrer des geweihten Lebens, Katecheten, Konferenzleiter und alle, die ihre marianischen Kenntnisse vertiefen wünschen.

29 Ein so erteilter Unterricht wird einseitige Darstellungen der Gestalt und Sendung Mariens zum Schaden der Gesamtschau des Geheimnisses vermeiden und eine Anregung zu vertieften Forschungen in Seminaren und Erarbeitungen von Lizentiats- und Doktorarbeiten über die Quellen der Offenbarung und über die Dokumente des Lehramtes darstellen. Außerdem können die Dozenten unter der Voraussetzung einer korrekten und fruchtbaren interdisziplinären Sichtweise im Verlauf ihres Unterrichts die eventuellen Bezüge zur seligen Jungfrau herausstellen.

30 Darum ist es notwendig, dass jedes Zentrum theologischer Studien - der jeweiligen Eigenart entsprechend - in der Ratio studiorum das Lehren der Mariologie deutlich umschrieben und mit den oben genannten Eigenschaften vorsieht, und dass die Dozenten der Mariologie dementsprechend eine angemessene Vorbereitung dafür haben.

31 In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Durchführungsverordnungen der Apostolischen Konstitution Sapientia Christiana den Lizentiats- und Doktorgrad in Theologie mit der Spezialisierung in Mariologie vorsehen. <ref>Die Kongregation für das katholische Bildungswesen stellte mit Genugtuung fest, dass Dissertationen für das Lizentiat und das Doktorat in Theologie nicht selten sind, die ein mariologisches Thema erforschen. Weil sie von der Wichtigkeit solcher Studien überzeugt ist und sie fördern will, hat die Kongregation 1979 »das Lizentiat und das Doktorat in Theologie mit Spezialisierung in Mariologie« eingerichtet [vgl. JOANNES PAULUS PP. II, Const. Ap. Sapientia Christiana (15 Aprilis 1979) Appendix II ad art. 64 »Ordinationum«, n. 12: AAS 71 (1979) 520 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 9)], die derzeit an der Päpstlichen Theologischen Fakultät »Marianum« in Rom und am International Maria Research Institut - University of Dayton - Ohio, USA, dem »Marianum« eingegliedert, durchführbar sind.</ref>

DER DIENST DER MARIOLOGIE AN DER PASTORAL UND DER MARIANISCHEN FRÖMMIGKEIT

32 Wie jede theologische Disziplin bietet auch die Mariologie der Pastoral einen wertvollen Beitrag. Diesbezüglich unterstreicht Marialis cultus, dass »die Frömmigkeit gegenüber der seligen Jungfrau der Frömmigkeit dem göttlichen Heiland gegenüber untergeordnet und in Verbindung mit ihr großen pastoralen Wert hat und eine erneuernde Kraft für das christliche Leben darstellt«. <ref>Marialis cultus, 57.</ref> Außerdem ist sie dazu berufen, ihren Beitrag im weiten Feld der Evangelisierung zu leisten. <ref>Vgl. Sapientia christiana, 3.</ref>

33 Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Mariologie und ihr Dienst an der Pastoral streben die Förderung einer echten marianischen Frömmigkeit an, die das Leben jedes Christen und besonders jener charakterisieren muss, die sich den theologischen Studien widmen und sich auf das Priestertum vorbereiten. Die Kongregation für das katholische Bildungswesen beabsichtigt, in besonderer Weise die Aufmerksamkeit der Ausbilder in den Seminaren auf die Notwendigkeit zu lenken, eine echte marianische Frömmigkeit in den Seminaristen zu wecken, in jenen also, die eines Tages die Haupttätigen der Pastoral der Kirche sein werden.

Wo das II. Vatikanum über die Notwendigkeit handelt, dass Seminaristen ein vertieftes geistliches Leben üben sollen, empfiehlt es, dass sie die »seligste Jungfrau Maria, die von Christus Jesus bei seinem Tod am Kreuz dem Jünger als Mutter gegeben wurde (...), mit kindlichem Vertrauen lieben und verehren«. <ref>Optatam totius, 8.</ref>

Ihrerseits hat die Kongregation in Übereinstimmung mit dem Denken des Konzils mehrere Male den Wert der marianischen Frömmigkeit in der Ausbildung der Alumnen des Seminars unterstrichen:

- in der Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis fordert sie vom Seminaristen, »inbrünstig, dem Geist der Kirche entsprechend, die Jungfrau Maria zu lieben, die Mutter Christi, die ihm im Werk der Erlösung in besonderer Weise zugesellt ist«; <ref>Kongregation für das katholische Bildungswesen: Ratio funmdamentalis institutuionis sacerdotalis (Romae 1985) 54 e.</ref>

- im »Rundschreiben über die Einführung der Priesteramtskandidaten in das geistliche Leben« (6. Januar 1980) macht sie folgende Beobachtung: »Nichts kann mehr als die wahre Andacht zu Maria, verstanden als ein Streben nach immer vollkommenerer Nachahmung, ...zur Freude am Glauben führen«, <ref> Dies., Rundschreiben über die Einführung der Priesteramtskandidaten in das geistliche Leben, II, 4 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 19).</ref> die so wichtig ist für jeden, der aus dem eigenen Leben eine ständige Ausübung des Glaubens machen soll.

Wo der Codex des kanonischen Rechts über die Ausbildung der Priesteramtskandidaten spricht, empfiehlt er die Verehrung der seligen Jungfrau Maria, die von jenen Frömmigkeitsübungen genährt sein soll, mit denen die Alumnen den Geist des Gebetes erlangen und die Berufung festigen. <ref>Vgl. Codex Iuris Canonici, can. 246, § 3. 66 Lumen gentium, 67.</ref>

ZUSAMMENFASSUNG

34 Mit diesem Rundschreiben will die Kongregation für das katholische Bildungswesen die Notwendigkeit unterstreichen, den Studenten aller Zentren kirchlicher Studien und den Seminaristen eine umfassende mariologische Ausbildung zu bieten, die das Studium, den Gottesdienst und das Leben umfasst. Sie sollen

a) eine vollständige und genaue Kenntnis der Lehre der Kirche über die Jungfrau Maria erwerben, die es ihnen erlaubt, die wahre von der falschen Andacht und die wahre Lehre von ihren durch Übertreibungen und Mängel entstehenden Fehlformen zu unterscheiden; vor allem soll sie ihnen den Weg dahin erschließen, die erhabene Schönheit der glorreichen Mutter Christi zu betrachten und zu verstehen;

b) eine echte Liebe zur Mutter des Heilands und Mutter der Menschen nähren, die sich in echten Formen der Verehrung ausdrückt und übersetzt in eine »Nachahmung ihrer Tugenden« <ref>Lumen gentium, 67.</ref> und vor allem in einen entschiedenen Einsatz dafür, den Geboten Gottes gemäß zu leben und seinen Willen zu tun (vgl. Mt 7, 21; Joh 15, 14);

c) die Fähigkeit Zu entwickeln, diese Liebe durch das Wort, die Schriften und das Leben dem christlichen Volk zu verkünden, dessen marianische Frömmigkeit zu fördern und zu pflegen ist.

35 Von einer angemessenen mariologischen Ausbildung, in der der Schwung des Glaubens und der Einsatz im Studium sich harmonisch zusammenfügen, werden sich zahlreiche Vorteile ergeben:

- auf der intellektuellen Ebene, damit die Wahrheit über Gott und über den Menschen, über Christus und über die Kirche vertieft und erhöht wird durch die Kenntnis der »Wahrheit über Maria»;

- auf der geistlichen Ebene, damit diese Ausbildung dem Christen dazu hilft, die Mutter Jesu »in den gesamten Bereich seines inneren Lebens«  <ref>Redemptoris mater, 45.</ref> aufzunehmen und einzuführen;

- auf der pastoralen Ebene, damit die Mutter des Herrn vom christlichen Volk als eine Gegenwart der Gnade erfahren wird.

Das Studium der Mariologie führt - als sein letztes Ziel - zur Aneignung einer gefestigten marianischen Spiritualität, die ein wesentlicher Aspekt der christlichen Spiritualität ist. Auf seinem Pilgerweg hin zur vollen Reife Christi (vgl. Eph 4, 13) ist der Jünger des Herrn sich der Sendung bewusst, die Gott Maria in der Heilsgeschichte und der Geschichte der Kirche anvertraut hat, und nimmt sie an als »Mutter und Lehrerin geistlichen Lebens«: <ref>Vgl. Marialis cultus, 21; Collectio missarum de b. Maria Virgine, form. 32.</ref> mit ihr und wie sie prägt er im Licht der Menschwerdung und des Ostergeheimnisses seiner eigenen Existenz eine entscheidende Ausrichtung auf Gott hin durch Christus im Geist ein, um in der Kirche die radikale Neuheit der frohen Botschaft und besonders das Gebot der Liebe zu leben (vgl. Joh 15, 12).

Eminenzen, Exzellenzen, Hochwürdige Herren Regenten, Hochwürdige Herren Dekane der kirchlichen Fakultäten, wir hoffen, dass die hier kurz zusammengestellten Orientierungen die nötige Aufnahme bei den Dozenten und den Studenten finden, damit die gewünschten Früchte erreicht werden.

Indem wir Ihnen die Fülle des göttlichen Segens wünschen, verbleiben wir ergebenst

William Cardinal Baum
Präfekt
+ANTONIO M. JAVIERRE ORTAS
Titularbischof von Meta
Sekretär

Anmerkungen

<references />

Weblinks