Ansprache vom 12. Mai 1989
von Papst
Johannes Paul II.
an die Mitglieder des Aufsichtsrates der Päpstlichen Missionswerke
Geistliche Berufe wachsen in der Hauskirche
12. Mai 1989
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
1. Gern empfange und begrüße ich die Mitglieder des Aufsichtsrates der Päpstlichen Missionswerke, die sich zu ihrer Jahresversammlung in Rom getroffen haben, und spreche ihnen ein Wort der Ermutigung zu.
Namentlich und mit besonderer Zuneigung grüße ich Erzbischof Jose Sanchez, der euch zu mir geführt hat und dem ich für die schönen Worte danke, mit denen er diese Begegnung eingeleitet hat. Sie bestätigten mir den unermüdlichen Eifer, mit dem ihr als Verantwortliche für die missionarische Zusammenarbeit in euren Ortskirchen unter Leitung des jeweiligen Bischofs euren Aufgaben nachkommt. Ich weiß, dass ihr zu Beginn eurer Jahresversammlung über den einheimischen Klerus nachgedacht habt; den Anlass bot die Hundertjahrfeier des Werkes vom hl. Apostel Petrus, das für die Heranbildung des einheimischen Klerus in den Missionsländern sorgt. Ein Thema, das ihr auf nationaler und kontinentaler Ebene vertiefen wollt.
Die Berufe zum Priestertum, zum Ordens- und Missionsleben, ihre solide Ausbildung, ihr ständiges Streben nach Heiligkeit und ihre großherzige Hingabe an den Seelsorgedienst der christlichen Gemeinschaften bilden die Hoffnung der Kirche, die den Sendungsauftrag ihres auferstandenen Herrn erfüllt: "Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen" (Mk 16,15).
2. Das Nachdenken über den Klerus in den jungen Kirchen verpflichtet zunächst zum Dank an Gott, der so viele Arbeiter für seine Ernte aussendet (vgl. Mt 9,38). Doch spornt es auch zu intensivem Gebet und zur Werbung für geistliche Berufe in den christlichen Gemeinden an. In den Familien, unter den Jugendlichen, den Heranwachsenden. Damit der Herr weiterhin Diener in seiner Kirche beruft. Damit er den Erwählten die Kraft gibt, großherzig "Ja" zu sagen.
Geistliche Berufe wachsen in der " Hauskirche", in der Familie. In meinem Apostolischen Schreiben Familiaris consortio (Nr. 54) habe ich darauf hingewiesen: "Im Missionsanliegen der Kirche leisten die christlichen Familien einen besonderen Beitrag, indem sie unter ihren Söhnen und Töchtern missionarische Berufungen fördern, und überhaupt durch eine Erziehung, in der sie ihre Kinder von klein an dazu befähigen, dass sie die Liebe Gottes gegenüber allen Menschen immer mehr erkennen."
Die Priester, die Hirten der christlichen Gemeinden, sollten mit ihrer Katechese und mit dem Zeugnis ihres eigenen Lebens auf die Familien einwirken, ihnen helfen, dankbar und liebevoll den göttlichen Anruf aufzunehmen und ihn zu fördern. Das Zweite Vatikanische Konzil hat allen Priestern empfohlen, ihren Eifer vornehmlich in der Weckung neuer Berufungen zu verwirklichen. Und das mit dem Beispiel eines demütigen, arbeitsamen Lebens, das seine innere Freude aus der brüderlichen Zusammenarbeit erhält. Ich habe das kürzlich den Priestern in Madagaskar während meines dortigen Pastoralbesuches mit diesen Worten gesagt: "Ihr müßt dem Herrn und seiner Kirche in Freude dienen, dann schenkt der Heilige Geist den Jugendlichen, denen ihr begegnet, den gleichen Wunsch nach Freude".
Eure Hauptaufgabe als Nationaldirektoren der Päpstlichen Missionswerke ist gegenwärtig die Förderung der geistlichen Berufe, Priester und Ordensleute. Ohne sie kann die Kirche nicht den Auftrag erfüllen, der ihr zum Heil der Menschheit anvertraut wurde. Das Werk vom hl. Apostel Petrus, dessen Jahrhundertfeier wir begehen und dessen Anliegen ihr in euren Ländern verbreitet, beschränkt sich ja nicht auf das Sammeln von Geldern für Seminare in den Missionsländern und die jungen Menschen, die sich dort aufs Priestertum vorbereiten. Es setzt sich bestmöglich dafür ein, die Priesterausbildung und die Heranbildung von Ordensleuten mit intensivem missionarischen Geist und Einsatz zu bereichern.
3. Die Sorge um die Formung eines echten und wirksamen Missionsgeistes in den christlichen Gemeinden ist euer erstes und hauptsächliches Anliegen. Zu ihr kommt die andere bedeutsame Aufgabe der Päpstlichen Missionswerke: das Sammeln von Mitteln für die jungen Kirchen und für die Missionare, die sich in ihrem unermüdlichen Einsatz als gute Samariter zahllosen Notwendigkeiten und Leiden der Völker gegenüber sehen.
Ihr selbst wißt um diese drängende Liebes - und Hilfsgemeinschaft zwischen den Ortskirchen, habt dafür konkrete Beispiele. Euer Auftrag ist es, diese Gemeinschaft immer mehr zu fördern und die Hilfstätigkeit zu koordinieren.
Die Erfordernisse und die Armut so vieler Völker, so vieler Missionskirchen, die ich selbst auf meinen Missionsreisen besucht habe, stehen immer vor meinem Auge und ich trage sie im Herzen. Ich habe vor Ort gesehen, in welch mißlichen Umständen Menschen und Familien leben müssen. Ich habe ihren Hilfeschrei gehört. Deswegen habe ich mich - und tue es weiterhin - zur Stimme jener großen Schar unserer Brüder und Schwestern gemacht, die keine Stimme haben.
Euer Dienst in den Päpstlichen Missionswerken verbindet euch sehr eng mit dem weltweiten Dienst- und Liebesamt des Petrusnachfolgers, mit seinem Auftrag der Verkündigung des Evangeliums. Wenn ihr nun in eure Heimatländer, in eure Ortskirchen und christlichen Gemeinschaften zurückkehrt, nach eurer Jahresversammlung in Rom und nach dieser Papstaudienz, dann fühlt euch in eurem Auftrag als Nationaldirektoren bestärkt und vom Papst beauftragt, seine Worte der Ermahnung und der Hoffnung wirksam werden zu lassen. Geht also und wirkt weiter mit ausdauerndem Mut, erfüllt eure wichtige, gewiss nicht leichte Aufgabe!
4. Zweitausend Jahre nach ihrer Gründung und dem damit verbundenen Auftrag der Evangelisierung der Welt schaut die Kirche mit großer missionarischer Sorge in das dritte Jahrtausend. Strengt euch noch mehr an, damit die Hoffnungen der leidenden Völker erfüllt werden; sie erwarten die Heilsbotschaft des Gottessohnes, der in die Welt gesandt wurde, "damit die Welt durch ihn gerettet wird" (Joh 3,17). Ihre Hoffnung darf nicht enttäuscht werden. Schon gar nicht von jenen, die auserwählt und gesandt wurden, die Frohbotschaft zu verkünden. Der Herr gewähre euch den Eifer, den Schwung der Liebe, der die Apostel und alle großen Missionare erfüllt hat!
Die Jungfrau Maria, Mutter der Kirche und aller Völker, begleite euren Missionseinsatz mit mütterlicher Fürbitte. Und mein Apostolischer Segen, den ich euch und allen euren Mitarbeitern, allen Wohltätern der Missionen erteilte, möge euch zu weiterem Einsatz für die Weltmission ermutigen.