DBK: Rahmenordnung des kirchlichen Angebots von Exerzitien 2024

Aus kathPedia
Zur Navigation springenZur Suche springen
Rahmenordnung
"Suchet mein Angesicht" (Ps 27,8)

Deutsche Bischofskonferenz, Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste
im Pontifikat von Papst
Franziskus
des kirchlichen Angebots von Exerzitien
1. März 2024

(Quelle: hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz: Die deutschen Bischöfe, Nr. 54)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Vorwort

Viele Menschen unserer schnell- und kurzlebigen Zeit suchen nach Sinn und Entschleunigung. Sie nehmen unterschiedliche Angebote der Beratung, des Methodentrainings und der Auszeit wahr, um zu sich selbst zu finden. Was im Christentum in Sinne einer inneren Einkehr eine jahrhundertelange Tradition hat, nutzt der moderne Mensch in vielfältigen, auch säkularen Formen, um Entfremdungserfahrungen entgegenzuwirken.

Für Christinnen und Christen erwächst ein sinnerfülltes und ausgewogenes Leben aus der Beziehung zu Gott. Jesus Christus hat durch seinen Tod und seine Auferstehung eine neue Dimension von Sinn eröffnet und ruft in seine Nachfolge. Um sich vom christlichen Glauben inspirieren zu lassen, bedarf es auch Zeiten, um zur Ruhe zu kommen, innezuhalten und auf Gottes Stimme zu hören. Solche Zeiten, die für die Begegnung mit Gott und die Reflexion des eigenen Lebens bestimmt sind, kennt die Kirche seit Langem als Exerzitien. Sie sind bis heute bei Gläubigen wie Suchenden ein geschätztes Angebot der Seelsorge.

Exerzitien bieten günstige Rahmenbedingungen, um den Glauben zu vertiefen und in der Kraft des Heiligen Geistes zu einer Erneuerung des Lebens zu finden. Ihr Ziel ist es, geistlich zu reifen und in die Vertrautheit mit Jesus Christus hineinzuwachsen. Sie stellen aber auch eine Intensivzeit dar, die Gefährdungen ausgesetzt sein kann. Für die Begleitung von Exerzitien sind deshalb eine geeignete Ausbildung, ein verbindliches Ethos und fachliche Professionalität seitens der Seelsorgerinnen und Seelsorger notwendig. Die Erkenntnisse der letzten Jahre zu missbräuchlichem Verhalten in Seelsorgebeziehungen unterstreichen dieses Erfordernis.

Die Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste der Deutschen Bischofskonferenz legt mit dieser Erklärung erstmals eine Rahmenordnung für öffentlich angebotene Exerzitien vor. Mit diesem Dokument sollen Exerzitien als Übung geistlichen Lebens und Ort der Seelsorge in angemessener Weise gefördert werden.

Im Namen der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste danke ich der „Arbeitsgemeinschaft der deutschen Diözesen für Exerzitien und Spiritualität“ (ADDES), mit deren Unterstützung diese Rahmenordnung erstellt wurde. Ich wünsche allen Menschen, die in diözesanen Einrichtungen, Orden oder geistlichen Gemeinschaften Exerzitien machen, eine sie stärkende und ermutigende Zeit. Allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die Exerzitien anbieten, danke ich herzlich für ihren wertvollen Dienst.

Bischof Dr. Michael Gerber
Vorsitzender der Kommission
für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste der Deutschen Bischofskonferenz

1. Einleitung

Exerzitien haben sich seit Jahrhunderten als Möglichkeit der geistlichen Vertiefung in der Christusnachfolge bewährt. Sie sind eine bevorzugte Übung, um die persönliche Gottesbeziehung zu stärken und zu entfalten. Als solche werden sie von vielen Menschen nachgefragt, die ihr geistliches Leben erneuern, verlebendigen, reflektieren und aktiv gestalten wollen – weit über den Kreis der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ordensleute und Amtsträger hinaus. Sie sind ein besonderes Mittel, mit dem die Kirche ihrem Sendungsauftrag nachkommt.

In diesem sensiblen Feld seelsorgerlichen Handelns bedarf es verbindlicher Standards für die Durchführung von Exerzitien sowie für die Ausbildung von Exerzitienbegleiterinnen und -begleitern. Sie sollen denjenigen, die Exerzitien anbieten, einen Orientierungsrahmen bieten, anhand dessen sie sich ihrer Tätigkeit, Verantwortung und Kompetenz vergewissern können. Der zuständigen kirchlichen Aufsicht sollen sie eine Beurteilung der inhaltlichen Qualität und der fachlichen Zuverlässigkeit von öffentlich ausgeschriebenen Exerzitien erlauben. Schließlich stellen sie auch für diejenigen, die sich auf einen Exerzitienprozess einlassen, Qualitätskriterien dar, anhand derer sie geeignete Angebote auswählen können. In dieser dreifachen Perspektive sollen sie nicht zuletzt dem Missbrauch geistlicher Autorität, der in jüngster Zeit verstärkt ins Bewusstsein tritt, vorbeugen.

Öffentlich ausgeschriebene Exerzitien sind ein wichtiges Instrument der Seelsorge und unterliegen damit der Verantwortung der Diözesanbischöfe (Vgl. can. 678 CIC). Diözesane Dienststellen für die Exerzitienarbeit üben die entsprechende Fachaufsicht aus und treten gegebenenfalls missbräuchlichem Verhalten entgegen. Sie üben ihre Aufsichtsrechte und -pflichten in einem wohlmeinenden Kontakt zu den Trägern von Exerzitien aus, der nicht einer Hermeneutik des Verdachts folgt. Für sie ist eine überdiözesane Rahmenordnung für Exerzitien ein wichtiges Element abgestimmten Handelns. Diese wird nun von den deutschen Bischöfen erstmals vorgelegt.

2. Geistliches Leben

Exerzitien sind eine Übungsweise, um das geistliche Leben von Christinnen und Christen aufzubauen. Sie bestimmen sich inhaltlich vom Ziel des geistlichen Lebens her und nicht aus sich selbst.

Als Ziel des geistlichen Lebens formuliert das vierte Kapitel des Epheserbriefes: „Und er setzte die einen als Apostel ein, andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zuzurüsten, für den Aufbau des Leibes Christi, bis wir alle zur Einheit im Glauben und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zum vollkommenen Menschen, zur vollen Größe, die der Fülle Christi entspricht. Wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein, ein Spiel der Wellen, geschaukelt und getrieben von jedem Widerstreit der Lehrmeinungen, im Würfelspiel der Menschen, in Verschlagenheit, die in die Irre führt.“ (Eph 4,11–14)

Das geistliche Leben richtet sich auf den trinitarischen Gott aus und vollzieht sich im Raum der Kirche. Es hat das Ziel, Christus kennenzulernen, ihm immer ähnlicher zu werden, ihm nachzufolgen und in seine Gegenwart tiefer hineinzuwachsen. Diese Umsetzung wird von der Heiligen Schrift und der geistlichen Tradition zugleich als das eigentliche, gelingende Leben gedeutet. Glückendes Leben und geistliche Umwandlung in Christus sind eine Einheit. Jesus selbst ist der Weg zu dieser Einheit: indem sich die Gläubigen an ihm orientieren, sich von ihm formen und von ihm in der Vollmacht seines Geistes senden lassen.

Der Umwandlung in Christus entspricht es, eine umfassende Mündigkeit im Glauben und Leben anzustreben. „Zum vollkommenen Menschen (gelangen), zur vollen Größe, die der Fülle Christi entspricht“ könnte auch mit „sich an der Mündigkeit Christi ausrichten und darin in der Teilhabe an Kreuz und Auferstehung wachsen“ übersetzt werden. Jedes geistliche Leben soll ein mündiges Leben sein und jede geistliche Übung ist darauf ausgerichtet, in dieser Mündigkeit zu wachsen. Diese Mündigkeit ist zweifach zu verstehen: Sie ist Freiheit und Selbstverantwortung der Kinder Gottes sowie Ausrichtung auf Gottes Wort und Sendung. In dieser freien Teilhabe (Partizipation) an der Sendung Jesu wirken Christinnen und Christen mit am Aufbau des Reiches Gottes. Freiheit und Partizipation gehören zusammen und müssen miteinander wachsen. Die in der Taufe empfangene Gnade, in der Kraft des Heiligen Geistes bereits jetzt am göttlichen Leben teilzuhaben und Jesus Christus zu erkennen, bedarf eines lebenslangen Wachstums. Die Gotteskindschaft – wir sind Miterben Christi (vgl. Röm 8,17) – ist in einem reifen und verantwortlichen Leben als „Mensch für andere“ bzw. in einer (kirchlichen) Sendung einzuholen und umzusetzen. Die Gotteskindschaft ist Gabe und Aufgabe zugleich und Christusnachfolge bedeutet Teilhabe an seinem Kreuz und seiner Auferstehung.

Möglich wird diese Mündigkeit durch den Heiligen Geist, der allen Getauften gegeben ist und der ihnen einen Selbststand in Dingen des Glaubens gibt. Das Hören auf den Geist Gottes, der im Inneren eines Menschen, aber auch in der äußeren Wirklichkeit, durch die Offenbarung, ihre Überlieferung und ihre Auslegung durch das kirchliche Lehramt sowie durch die Glaubensgeschwister aller Zeiten zu den Christinnen und Christen immer neu spricht, ist deshalb neben der Ausrichtung an Jesus fundamental für das geistliche Leben.

Geistliches Leben kann auf vielfältige Weise gefördert werden, etwa durch die Teilnahme an Gottesdiensten und den Sakramenten, durch Schriftlesung, Gebet und Glaubensgespräch, durch praktizierte Nächstenliebe sowie durch die Anwaltschaft für die Armen. Die Teilnahme an Exerzitien ist eine besondere, weil in der Landschaft der geistlichen Angebote intensive und bewährte Weise, das geistliche Leben zu fördern und sich vom Heiligen Geist formen zu lassen.

3. Exerzitien

Eingangsbedingung für Exerzitien können immer nur die geistliche Suche oder biografische Herausforderungen eines Menschen sein. Exerzitien unterstützen das geistliche Leben der Suchenden durch diejenigen Methoden des Gebets und der Betrachtung, die für deren augenblickliche Lebens- und Glaubenssituation hilfreich sind. Zugleich öffnen sie sich auf den größeren Horizont hin, den Gott für jeden Menschen anbietet: ein Leben, das Maß nimmt an Jesus Christus, eine umfassende, vom Heiligen Geist getragene Mündigkeit im Glauben, die Umwandlung in Christus.

Exerzitien eröffnen Räume und Zeiten für das geistliche Wachsen eines Menschen zu einer immer tieferen persönlichen Gottverbundenheit. Exerzitien orientieren sich an der Heiligen Schrift und der geistlichen Tradition der Kirche. Im Zentrum steht die Betrachtung des Lebens und der Botschaft Jesu, durch die den Teilnehmenden in der Begegnung mit Gott das Geheimnis des eigenen Daseins und Gottes größere und befreiende Möglichkeiten in den jeweiligen Lebenssituationen heilsam aufgeschlossen werden können.

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Formen von geistlichen Übungen, die diesen Zielen dienen. Je nach Lebenssituation und Bedürfnis können mehrtägige Kursexerzitien, einfache Stille Tage, Einkehrtage, Exerzitien im Alltag, Straßenexerzitien mitten in der Großstadt, Sport- und Wanderexerzitien oder Online-Exerzitien eine sinnvolle Möglichkeit der Besinnung sein.

Die vorliegende Rahmenordnung bezieht sich nicht auf all diese Formen gleichermaßen. Sie versteht unter Exerzitien alle öffentlichen Angebote, bei denen einzelne oder mehrere Gläubige zielgerichtet von anderen Gläubigen angeleitet werden und sich innerhalb eines definierten Zeitraums (mindestens drei Übernachtungen) in einem dafür vorgesehenen Haus aufhalten. Solche Exerzitien sind eine Intensivzeit. Sie setzen eine persönliche Begleitung voraus und können inhaltlich auch durch Vorträge und geistliche Impulse gestaltet sein. In diesem geschützten Raum laufen geistliche Reifungsprozesse rascher, reflektierter und ganzheitlicher ab. Die jeweiligen Übungen werden nicht nur vollzogen, sondern auch reflektiert, mit der eigenen Biografie und den praktischen Lebensvollzügen in Resonanz gebracht und in einen ganzheitlichen personalisierten Lern- und Reifungsprozess integriert. Der Prozess geistlicher Reifung ist nie abgeschlossen, weshalb Exerzitien auch wiederholt in Anspruch genommen werden können, um den Glauben immer weiter zu vertiefen.

Exerzitien werden für Einzelne oder für Gruppen, Gremien und Teams angeboten. Auch Gruppenangebote berücksichtigen die Möglichkeiten der einzelnen Teilnehmenden, denn sie dienen dem persönlichen geistlichen Leben der Übenden. In allen Formen von Exerzitien finden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Unterstützung für ihren je eigenen Glaubensweg. Manche Exerzitienformen zielen jedoch auch darauf, dass eine ganze Gruppe als „korporative Person“ in eine geistliche Reifungsdynamik gelangt, z. B. Ordensgemeinschaften in ihrer Neuausrichtung. Der persönliche Prozess der Einzelnen und das gemeinschaftliche Geschehen durchdringen sich gegenseitig.

Exerzitien haben das Ziel, das geistliche Leben zu fördern. Sie sind auf den trinitarischen Gott ausgerichtet und fördern das unmittelbare Hören auf ihn sowie den „sensus ecclesiae“, den gemeinsamen Glaubenssinn der Kirche. Exerzitien sind deshalb immer biblisch fundiert und führen hin zu Stille, Meditation bzw. Kontemplation und innerem Gebet.

Grundelemente von Exerzitien sind persönliches Beten und die geistliche Betrachtung der Heiligen Schrift sowie Zeiten der Stille zur persönlichen Vertiefung. Die jeweiligen Übungen werden in der Regel in Begleitgesprächen reflektiert, damit sie mit der eigenen Biografie und den praktischen Lebensvollzügen in Resonanz gebracht werden können. Auch Vortragsexerzitien können wertvolle geistliche Impulse vermitteln. Sie sollten so gegeben werden, dass sie den Übenden in die eigene Betrachtung und in das persönliche Gebet führen. Das bloße Hören geistlicher Vorträge lässt den für Exerzitien essenziellen Übungscharakter und das prägende Element der persönlichen, ausdrücklichen Zwiesprache mit Gott (Gebet) und den Menschen (stellvertretend der Begleitperson) leicht zu kurz kommen. Gleichwohl ist es den Exerzitienteilnehmerinnen und -teilnehmern freigestellt, ob sie sich begleiten lassen oder einen anderen Zugang wählen. Ziel der Exerzitien ist jedenfalls die Integration der geistlichen Erfahrungen in einen ganzheitlichen Lern- und Reifungsprozess.

Exerzitien eröffnen Christen einen Weg, wie sie im unmittelbaren Hören auf Gott ihr mündiges Christsein fördern, ihre Urteilsfähigkeit stärken und ihr Gewissen bilden können. Exerzitien zu geben bedeutet somit auch, Entscheidungsprozesse eines Menschen zu begleiten. Es ist ein Dienst am persönlichen Berufungsweg von Menschen, die ihre Beziehung zu Gott vertiefen und die mannigfaltigen Situationen ihres Lebens von dieser Beziehung her deuten wollen. Ein solcher Berufungsweg führt nicht nur zum eigenen Ich, sondern öffnet sich immer auf Gemeinschaft hin und stellt sich der Verantwortung in Kirche und Gesellschaft.

Dieser Integrationsprozess ist eine lebenslange Aufgabe. Insofern ist Exerzitienbegleitung auch Berufungsbegleitung. Die Begleitung von Berufungsfragen ist nicht auf kirchliche Berufe, eine bestimmte Zielgruppe, Lebensphase oder Lebensform zu beschränken. Lebens- und Berufsentscheidungen sind zentrale Themen der Exerzitienbegleitung und somit ist jene mit der Berufungspastoral eng verknüpft.

Je nach Lebenssituation der Übenden haben Exerzitien verschiedene Funktionen. Entwicklungsorientierte Exerzitien stoßen Reifungsschritte an und beschleunigen sie, Entscheidungsexerzitien helfen, Lebensentscheidungen vorzubereiten und zu treffen. Stabilisierende Exerzitien sichern und vertiefen erreichte Reifungsschritte.

Die Übenden benennen im Vorgespräch, welche Ziele oder Hoffnungen sie mit den Exerzitien verbinden, ausgehend von der aktuellen Lebenssituation. Es ist Aufgabe der Begleitung, die Interventionen und Übungen diesem Ziel entsprechend zu wählen. Die Anforderungen an die Begleitenden sind demzufolge unterschiedlich.

Exerzitien sind immer geprägt von bestimmten geistlichen Traditionen und Schulen. Es gibt z. B. ignatianische, karmelitanische, benediktinische, franziskanische, charismatische, kontemplative Exerzitien. Die Art und Weise der Begleitung wird geformt durch die geistliche Heimat, die konfessionelle Zugehörigkeit und die jeweilige Ausbildung der Begleitpersonen. Diese müssen selbst mit jener Tradition verbunden sein, über ausreichende Kenntnisse der Hintergründe und Übungsformen verfügen und die jeweiligen geistlichen Reifungsmodelle reflektiert haben.

Es ist bedeutsam, die jeweilige Prägung und ihre Implikationen bereits in der Ausschreibung transparent zu machen und ggf. zu erläutern. Verschiedene Exerzitientraditionen führen auf unterschiedlichen Wegen zum Ziel der Vertiefung des Glaubens und zu einem immer mehr gelingenden Menschsein in einer „Umwandlung in Christus“. Während die geistliche Prägung der Exerzitienbegleitenden für die Gestalt der Exerzitien entscheidend wichtig ist, ist es aufseiten der Teilnehmenden nicht erforderlich, dass sie in der gleichen Tradition verankert sind.

Meistens geschehen Exerzitien im Rahmen der eigenen Konfession mit ihren je eigenen Traditionen, ihrem Recht und ihren Werten. Zugleich ist eine konfessionsüberschreitende Teilnahme möglich und willkommen. Begleitende und Übende entscheiden gemeinsam, ob ein überkonfessionelles und/oder die spirituellen Traditionen kreuzendes Zusammenwirken in der aktuellen Situation des/der Übenden sinnvoll und förderlich ist.

Geistliche Übungen sprechen den ganzen Menschen an. Daher sind manchmal körperliche Übungen wie z. B. Wandern, Klettern, Ausdauersport, Surfen, Eutonie oder Tanz in die Exerzitienarbeit eingebunden. Desgleichen können weitere Anregungen für das geistliche Üben neben der Heiligen Schrift und der Lebensbetrachtung integriert werden: Filme, literarische Texte, Texte der geistlichen Tradition, darstellende Kunst oder Musik. Möglich und förderlich sind auch verschiedene Ausdrucksformen wie Malen, darstellendes Spiel, Biblio- oder Psychodrama, Bibliolog, Singen, Tanzen und Musizieren. Leitend aber bleiben die Heilige Schrift und das Gebet. Der Einsatz aller Methoden und Arbeitsweisen muss immer von der Frage geleitet sein: Helfen sie mehr zum Ziel der geistlichen Übungen hin und vertiefen sie diese oder sind sie eher Beschäftigung und Ablenkung?

Ebenso wichtig wie die eigentlichen Übungen ist die Reflexion des Erlebten. Dafür muss ausreichend Zeit eingeräumt werden. Für alle Exerzitienformen ist es sinnvoll, dass die Begleiteten über ihre Erlebnisse und Fragen in einem vertraulichen Rahmen mit einer geschulten Begleitperson sprechen können. Die verschiedenen spirituellen Traditionen geben diesem Gespräch unterschiedliches Gewicht – bis hin zum verpflichtenden täglichen Begleitgespräch der ignatianischen Exerzitien. Ohne wenigstens der Möglichkeit zum Gespräch sollten Exerzitien nicht stattfinden. Wenn Exerzitien ihren Schwerpunkt auf geistliche Vorträge legen und es der vortragenden Person nicht möglich sein sollte, die Teilnehmenden persönlich zu begleiten, können weitere qualifizierte Seelsorgerinnen und Seelsorger für Begleitgespräche zur Verfügung stehen. Wie auf allen Wegen des geistlichen Lebens ist Freiwilligkeit unabdingbar (Dieser allgemeinen Regel unterliegen nicht die Weihe-, Profess- und Sendungsexerzitien, wie sie vom Kirchenrecht vorgeschrieben sind.). Die Teilnahme an Exerzitien selbst wie auch die einzelnen Übungsschritte setzen bei der Freiheit der übenden Person an und ermutigen sie zu mehr Freiheit im Glauben und im geistlichen Leben. Geistliches Leben kann nicht anders als in der Freiheit der Kinder Gottes wachsen und reifen.

Für manche Ausbildungswege kirchlicher Berufe werden Exerzitienerfahrungen verpflichtend gefordert. Diese Verpflichtung muss so gestaltet sein, dass die Kandidatinnen und Kandidaten ihre Begleitperson und zwischen alternativen Formen von Exerzitien in Absprache mit dem/der Verantwortlichen für das Forum internum frei wählen können (Die Erstexerzitien sollten beim zuständigen Spiritual in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus kann es durchaus Vorgaben geben, was/wen jemand wählen kann.). Zwang darf nicht ausgeübt werden. Auch in Ordensgemeinschaften einschließlich der klausurierten Orden sollte die Wahl der Exerzitienform und vor allem auch der Begleitung freigestellt werden. Die Regeln des Ordensrechts über die freie Wahl des Beichtvaters sind hier sinngemäß auch für Exerzitien anzuwenden. Sie entsprechen dem Gebot der geistlichen Selbstbestimmung.

Verpflichtende geistliche Vorbereitungszeiten im Hinblick auf Beauftragungen oder Weihen stehen oft unter besonderen Anspannungen und Erwartungen. Diese Zeiten unmittelbar vor der jeweiligen Feier sind daher sensibel zu gestalten. Sie sollten nicht als Exerzitien im engeren Sinne bezeichnet werden, sondern als Stille Tage oder geistliche Vorbereitungstage, weil erhoffte Exerzitiendynamiken keine günstigen Rahmenbedingungen finden. Solche Vorbereitungszeiten sollen seitens der Begleitenden mit den Kandidatinnen und Kandidaten inhaltlich, methodisch und zeitlich abgesprochen werden.

Werden Exerzitien von Priestern begleitet, sind sie mit der Eucharistiefeier und dem Beichtsakrament verbunden. Wo die Möglichkeit zur Teilnahme an den Sakramenten vorgesehen ist, sollte sie in der Ausschreibung ersichtlich sein. Werden die Exerzitien von anderen qualifizierten Personen begleitet, wird empfohlen, zur Feier der Sakramente einen Priester hinzuzuziehen, der mit der geistlichen Tradition der Exerzitien vertraut ist. Ist kein Priester verfügbar, sind Wort-Gottes-Feiern anzubieten. Auch das gemeinsame Gebet der Kirche zur Heiligung des Tages kann vorgesehen werden, vor allem wenn Personen an den Exerzitien teilnehmen, die sich dazu verpflichtet haben.

Die verschiedenen Exerzitientraditionen räumen dem Schweigen und der Stille unterschiedliche Bedeutung ein. Konkrete Erwartungen müssen in der Ausschreibung benannt werden. In allen Formen – auch in alltagsnahen Angeboten – sind ausreichend persönliche Zeiten für stilles Gebet, persönliche Schriftbetrachtung oder Meditation einzuräumen. In Kursexerzitien wird dies durch Zeiten des Stillschweigens – bis hin zu durchgehendem Schweigen – gewährleistet. Bei allen anderen Exerzitienformen ist der Aspekt, wie die Übenden in Zeiten der inneren Stille hineinfinden können und wie viel äußere Stille möglich ist, eigens zu bedenken und zu gestalten.

4. Begleiten

Exerzitien zu begleiten ist professionelles seelsorgerliches Handeln und erfordert sorgfältige Vorbereitung, Schulung und gründliche (Selbst-)Reflexion. Exerzitien sind kein Mittel der allgemeinen Pastoral. Das Begleiten von Einzelexerzitien wird deshalb nicht in der pastoralen Grundausbildung erlernt. Weihe, Gelübde, Beauftragung oder eine andere Form kirchlicher Indienstnahme stellen somit keine ausreichende Befähigung zur Begleitung von Exerzitien dar. Vielmehr sind dafür der Erwerb zusätzlicher Kompetenzen sowie gegebenenfalls eine Beauftragung erforderlich. Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter müssen ausgebildet und/oder entsprechend ausgewiesen sein. Diese Kompetenzen können unabhängig von einem kirchlichen Amt, einem Stand oder einer Anstellung erworben werden. Exerzitien können von Frauen und Männern, Laien, Ordensleuten, Diakonen und Priestern begleitet werden, sofern diese entsprechend qualifiziert bzw. bewährt sind.

Die notwendigen Kenntnisse sind vielfältig. Grundlage bilden ein lebendiges, reflektiertes eigenes geistliches Leben und die eigene Teilnahme an Exerzitien und geistlicher Begleitung. Begleitende sollten die ganze Dynamik der Exerzitien ihrer jeweiligen Tradition selbst durchlaufen haben, bevor sie andere Übende begleiten.

Erforderlich sind eine grundsätzliche Beheimatung im Glauben der Kirche, gute Kenntnis der jeweiligen spirituellen Tradition und ihrer Übungsformen. In einigen Exerzitientraditionen sind ausdrückliche Übungsschritte vorgegeben. Die Begleitperson muss diese umfassend studiert und sich angeeignet haben. Begleitende müssen über ausreichend Referenzwissen verfügen, um ihre jeweiligen Übungen und Interventionen den Übenden begründen sowie einer Fachaufsicht gegenüber erläutern zu können.

Da sich geistliche Übungen auch auf die psychischen Gegebenheiten auswirken, sind gute Grundkenntnisse psychischer Dynamiken unerlässlich. Die üblichen mehrtägigen Exerzitien mit ihrem Rahmen aus Schweigen, fremder Umgebung und ausschließlicher Beschäftigung mit sich selbst und mit Gott stellen eine besondere Herausforderung dar. In einem solchen Umfeld können sich psychische Dynamiken für die Übenden rasch zum Guten wie zum Schlechten verstärken. Als Mindeststandard muss die Begleitperson deshalb in der Lage sein, psychische Belastungen zu erkennen, um entsprechend reagieren zu können. Gegebenenfalls muss das geistliche Üben unterbrochen oder die vorgesehene Form verändert werden. Beim geistlichen Üben können psychisch belastende Situationen und Erlebnisse wie das Bewusstwerden biografischer Belastung oder Traumata, Anpassungskrisen, aber auch plötzliche Schübe psychischer Erkrankungen nie ganz ausgeschlossen werden. Daher muss die Begleitperson in der Lage sein, mindestens unmittelbare Ersthilfe zu leisten und den Übergang zu medizinischer oder psychologischer Fachbetreuung in die Wege zu leiten bzw. zu empfehlen.

Begleitpersonen mit einer eigenen psychischen Belastung müssen unabdingbar vorab therapeutisch und gegebenenfalls auch durch einen von der zuständigen Autorität beauftragten Arzt oder Psychologen klären, ob sie aufgrund ihrer eigenen Belastung verantwortlich Exerzitien begleiten können. Insbesondere Persönlichkeitsstörungen, welche die Empathiefähigkeit stark einschränken, verunmöglichen in der Regel eine solche Begleitung anderer Menschen.

Exerzitien sollten auch die Möglichkeit zum begleitenden Gespräch anbieten. Eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung für geistliche Begleitung oder eine gleichwertige andere seelsorgerliche oder (gesprächs-)therapeutische Qualifikation ist daher eine notwendige Voraussetzung für die Einzelexerzitienbegleitung. Um besondere Formen wie z. B. ignatianische Exerzitien anbieten zu können, sind spezifische Ausbildungen unverzichtbar. Die (Erz-)Diözesen und Institute des geweihten Lebens können darüber hinaus weitergehende Ausbildungsvoraussetzungen für ihren Zuständigkeitsbereich festlegen. Sie sollten jedoch auch Regelungen für bewährte langjährige Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter einführen, die eine entsprechende Ausbildung nicht absolviert haben, deren Erfahrung und Integrität aber als äquivalent eingestuft werden kann.

Die Übenden vertrauen sich während ihrer Exerzitien der Begleitperson an und verlassen sich auf deren Führung bzw. Empfehlungen. Hier handelt es sich um eine asymmetrische Beziehung. Die Begleitperson hat daher eine hohe Verantwortung für ihr Einwirken auf die übende Person. Die Möglichkeit zur Einwirkung geht über das alltägliche Maß zwischenmenschlicher Beziehungen hinaus und kann missbräuchlich genutzt werden. Von der Begleitperson muss deshalb persönliche Integrität erwartet werden. Dauerhaft ungeeignet zum Begleiten von Exerzitien sind Personen, die bereits in anderen Kontexten übergriffig geworden sind. Ebenso untragbar sind grenzverletzendes Verhalten von Begleitpersonen, Mobbing, sexualisierte Gewalt oder Missbrauch geistlicher Autorität, emotionale oder finanzielle Ausbeutung, strafbare Handlungen usw. Dies gilt auch dann, wenn solche Handlungen länger zurückliegen.

Aktuelle arbeitsrechtliche, dienstliche oder hierarchische Abhängigkeiten, enge verwandtschaftliche oder intensive freundschaftliche Verbundenheit und (frühere) partnerschaftliche Bindung schließen eine angemessene Exerzitienbegleitung in der Regel aus. Sinngemäß sind hier die Bestimmungen anzuwenden, die die Beichte bei einem Vorgesetzten einschränken (Vgl. can. 630 und can. 985 CIC.).

Verantwortliche Einzelexerzitienbegleitung braucht aufgrund der hohen Anforderung kontinuierliche Weiterbildung, Supervision oder Intervision, außerdem regelmäßige Selbstreflexion. Periodisch kann ein qualifiziertes Feedback durch eine Aufsicht führende Fachstelle etabliert werden, wie es in anderen persönlichkeitsunterstützenden Professionen (Psychotherapie, Beratung) selbstverständlich ist.

5. Ethos

Den Rahmen für die Begleitung von Exerzitien bilden die ethischen Festlegungen für kirchliches Handeln, Seelsorge und für den Fachdienst Geistliche Begleitung.

Ergänzend ist zu beachten: Im Mittelpunkt der Exerzitien stehen der übende Mensch und dessen Gottsuche. Daher darf die Exerzitienbegleitung nie mit sachfremden Interessen (finanzieller, sexueller und anderer Art) verbunden werden. Die Freiheit der übenden Person, ihre spirituelle, psychische und sexuelle Selbstbestimmung sowie ihre Entscheidungen sind immer zu respektieren.

Das Seelsorgegeheimnis gilt für alle Begebenheiten, die mit den Exerzitien verbunden sind: Gespräche, Reaktionen in einer Gruppe, Vorkommnisse während des Tagesverlaufs, die im Begleitgespräch mitgeteilt worden sind usw. Auch die Teilnehmenden sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass alles, was sie von anderen aus ihrem Leben erfahren, ebenfalls vertraulich zu behandeln ist.

Die Begleitperson darf die übende Person niemals zu einem Verhalten oder zu einer Entscheidung drängen. Insbesondere darf in keiner Weise Druck ausgeübt werden, ein Gelübde abzulegen, eine bestimmte Lebensform zu übernehmen, einen kirchlichen Stand oder Beruf anzustreben. Das Gleiche gilt auch für das Gegenteil: Niemand darf gedrängt werden, einen kirchlichen Stand, eine Ehe oder die Einhaltung von Gelübden und Versprechen aufzugeben (Vgl. IIgnatius von Loyola: Geistliche Übungen, Anmerkung 15.).

Die Begleitperson achtet darauf, dass die Exerzitien auf Jesus Christus hin ausgerichtet bleiben und sich nicht in Richtung Therapie, Beratung oder Supervision entwickeln – auch wenn Begleitpersonen, die dazu ausgebildet sind, diese Kenntnisse in die Exerzitiengespräche durchaus einbringen sollten, da diese mit zur Entwicklung einer reifen und im Glauben mündigen Persönlichkeit beitragen können.

Die Begleitperson ist bemüht, zu jedem Zeitpunkt geduldig, wohlwollend und freilassend zu agieren und die Grenzen der begleiteten Person zu respektieren. Exerzitien geschehen in einer freien Arbeitsbeziehung zweier für sich selbst verantwortlicher Erwachsener.

Die Begleitperson beendet die Exerzitienbegleitung dann, wenn deutlich erkennbar wird, dass die Situation der übenden Person ihre Qualifikation überschreitet. Die Begleitung soll auch dann enden, wenn Beziehungen oder Abhängigkeiten bekannt werden, die einer Begleitung im Wege stehen, oder wenn sich zeigt, dass die Teilnahme an den Exerzitien erzwungen wurde. Die Begleitperson bricht die Exerzitien ebenfalls ab, wenn die übende Person aktuell nicht in der Lage ist, in erwachsener Weise die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.

Die Begleitperson muss die Übungen für die Exerzitien und alle damit verbundenen Impulse immer der Situation der übenden Person anpassen und auf deren geistliche Erfahrung, Fähigkeiten und die jeweilige Belastbarkeit Rücksicht nehmen. Ein eigenes Programm oder Vorgehen darf nicht über die begleitete Person und deren Gottesbeziehung gestellt werden.

Alle Aussagen und Handlungen der Begleitperson müssen so geartet sein, dass sie grundsätzlich auch öffentlich wiederholt werden könnten. Jede Intervention muss begründet werden können.

Die Begleitperson handelt in kirchlichem Auftrag und stellt sich unter eine entsprechende Aufsicht.

Die Begleitperson ist auf alle Maßnahmen verpflichtet, die in den einschlägigen kirchlichen und staatlichen Gesetzen zum Schutz vor jeglicher Form von Missbrauch beschrieben sind. Sie ist zudem an die Bestimmungen des kirchlichen Datenschutzgesetzes gebunden.

6. Verantwortung der Diözesen

Für die öffentlich ausgeschriebenen Exerzitienangebote sind die Diözesanbischöfe verantwortlich. In jeder (Erz-)Diözese sind eigene Verfahren zu entwickeln, mit denen eine angemessene Fachaufsicht über diese Exerzitien im bischöflichen Jurisdiktionsbereich – nicht nur über Exerzitien in unmittelbarer Trägerschaft der (Erz-)Diözese – sichergestellt werden kann. Ausnahmen bilden lediglich Exerzitien, die von Instituten des geweihten Lebens, Gesellschaften des apostolischen Lebens oder geistlichen Gemeinschaften päpstlichen oder diözesanen Rechts in eigenen Räumlichkeiten ausschließlich für eigene Mitglieder durchgeführt werden.

In allen anderen Fällen gilt das Territorialprinzip: Die Exerzitien werden unter der Letztverantwortung des Diözesanbischofs gehalten. Wer Kursexerzitien in einer (Erz-)Diözese anbietet, ist deshalb gehalten, die Namen der Begleitpersonen der (Erz-)Diözese bekannt zu geben. Der Diözesanbischof hat das Recht zu prüfen, ob die Begleitpersonen hinreichend qualifiziert und/oder ausgewiesen sind. Er kann notfalls bestimmte Begleitpersonen für seinen Zuständigkeitsbereich begründet ausschließen – auch wenn sie einem Institut des geweihten Lebens angehören, das päpstlichen Rechtes ist.

Um die Fachaufsicht verantwortlich zu organisieren und auszuüben, müssen die (Erz-)Diözesen ihre Fachstellen für Exerzitienarbeit mit den entsprechenden Kompetenzen ausstatten. Zur Fachaufsicht gehören: die Herstellung von Materialien zur Information und Unterscheidung für die Teilnehmenden, eine Beschwerdestelle, Reflexionsgespräche mit den Begleitpersonen, die häufiger Exerzitien auf dem Gebiet der (Erz-)Diözese anbieten. Die Fachstellen sollen zudem sicherstellen, dass die Begleitpersonen für Einzelexerzitien ausreichend qualifiziert oder ausgewiesen sind, sich weiterbilden und Supervision für sich nutzen. Gegebenenfalls müssen Aus- und Weiterbildungen geschaffen und Supervisionsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

Jede (Erz-)Diözese und jede (Ordens-)Gemeinschaft muss gemäß der jeweils geltenden Ordnungen sicherstellen, dass alle haupt- und ehrenamtlichen Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter, für die sie Verantwortung tragen, an umfassenden und spezialisierten Präventionsschulungen teilgenommen, ein Erweitertes Führungszeugnis vorgelegt sowie eine Selbstverpflichtung abgegeben haben. Die (Erz-)Diözese lässt sich von den Begleitpersonen deren Teilnahme an Präventionsmaßnahmen bestätigen. Zusätzlich erbringen die Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter eine Unbedenklichkeitsbescheinigung – im Sinne eines „Nihil obstat“ – von ihrem Ordinarius oder Höheren Oberen, dass keine begründeten Beschwerden über Missbrauch geistlicher Autorität und/oder übergriffiges Verhalten vorliegen und es folglich keine Bedenken gibt, dass der- oder diejenige Exerzitien begleitet. Diese Unbedenklichkeitsbescheinigung wird grundsätzlich und verdachtsunabhängig eingeholt und muss aktuell sein. Es ist jedoch ausreichend, dass Personen, die an mehreren Orten tätig sind, die genannten Unterlagen nur in der (Erz-)Diözese ihres Wohnortes vorlegen.

Gegebenenfalls ist es auch Aufgabe der Fachaufsicht für Exerzitien, umfassende und spezialisierte Präventionsschulungen für Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter zu organisieren sowie die Exerzitienhäuser bei der Erstellung eines Schutzkonzeptes zu unterstützen. Auch hier ist besonders auf die Verhinderung des Missbrauchs geistlicher Autorität zu achten.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Situation der ausländischen Ordensleute und der Gläubigen aus Gemeinden anderer Sprachen und Riten. Es ist darauf zu achten, dass auch Ihnen Exerzitienmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die den deutschen Standards entsprechen. Wenn Priester aus dem Ausland in Deutschland Exerzitien für Gläubige ihrer Muttersprache begleiten, erfüllen sie meist nicht die gleichen Ausbildungsvoraussetzungen wie die deutschen Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter. Sie sollten seitens der (Erz-)Diözese jedoch zu einer ihnen entsprechenden Fortbildung angehalten werden.

Es ist einerseits gut und angemessen, wenn jede (Erz-)Diözese ein Haus vorhält, das für Exerzitien geeignet ist (In Exerzitienhäusern soll eine ruhige Atmosphäre herrschen. Daher sollten die Räumlichkeiten, in denen sich Teilnehmende von Exerzitien aufhalten, getrennt von anderen Tagungsräumen (inklusive dem Speisesaal) liegen. Allgemeines Schweigen sollte zu jeder Zeit möglich sein. Eine Kapelle und/oder ein Meditationsraum sollte überwiegend für persönliches Gebet zur Verfügung stehen. Außerdem bedarf es unterschiedlicher Räume für Vortrags- und Gruppenelemente sowie für Begleitgespräche. Ein einfacher Stil fördert die innere Einkehr meist mehr als ein Hotelstandard.), um dieser intensiven Förderung des geistlichen Lebens der Glaubenden einen angemessenen räumlichen Rahmen zu bieten. Die zunehmend schwierige Lage bei den finanziellen und personellen Ressourcen legt es andererseits jedoch nahe, dass die (Erz-)Diözesen sich regional absprechen und gemeinsam die Verantwortung für ein solches Haus tragen. Auch der Einbezug von ortsansässigen Orden und deren Häuser bietet sich an, da dort bereits eine Gebetsgemeinschaft besteht.

Gleiches gilt auch für den Bereich der Aus- und Weiterbildung. Auch hierfür kann es sinnvoll sein, wenn mehrere (Erz-)Diözesen – und eventuell Ordensgemeinschaften – ihre Kräfte bündeln und zusammenarbeiten.

Für Exerzitien entstehen häufig für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hohe Kosten. Die (Erz-)Diözesen sollten sicherstellen, dass Exerzitien für alle Gläubigen zugänglich und erschwinglich bleiben. Es sind entsprechende Fördermöglichkeiten zu schaffen und bekannt zu geben.

Sind die Aufgaben gelöst, geeignete Häuser in ihrem Bestand zu sichern bzw. neu einzurichten, eine Fachaufsicht zu etablieren, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Exerzitienbegleiterinnen und -begleiter vorzuhalten und potenzielle Teilnehmerinnen und Teilnehmer finanziell zu unterstützen, sind wesentliche Voraussetzungen geschaffen, dass das Instrument der Exerzitien reiche Frucht für das kirchliche Leben trägt. Zu ergänzen sind diese Anstrengungen durch geeignete Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, um so mittelfristig eine Kultur zu schaffen, die Exerzitien unter Haupt- und Ehrenamtlichen stützt und fördert.

7. Literaturauswahl

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): „... und Jesus ging mit ihnen“ (Lk 24,15). Der kirchliche Dienst der Geistlichen Begleitung. Die deutschen Bischöfe Nr. 39 (2. Aufl. Bonn 2019).

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): In der Seelsorge schlägt das Herz der Kirche. Wort der deutschen Bischöfe zur Seelsorge. Die deutschen Bischöfe Nr. 110 (Bonn 2022).

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Missbrauch geistlicher Autorität. Zum Umgang mit Geistlichem Missbrauch. Arbeitshilfen Nr. 338 (Bonn 2023).

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz: Regelwerke zum Umgang mit sexuellem Missbrauch und zur Prävention im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz: https://dbk.de/themen/ sexueller-missbrauch/normen-und-leitlinien/.

Fachdienst Geistliche Begleitung, 1/2016.

Ignatius von Loyola: Geistliche Übungen. Nach dem spanischen Autograph übersetzt von Peter Knauer SJ (5. Aufl., Würzburg 2021).

Köster, Peter: Zur Freiheit befähigen. Die Geistlichen Übungen des hl. Ignatius von Loyola. Ein Kommentar mit Hinweisen für die Praxis des Begleitens (Würzburg 2017).

Lambert, Willi: Das siebenfache Ja. Exerzitien – Ein Weg zum Leben (Würzburg 2004).

Timmerevers, Heinrich/Arnold, Thomas (Hgg.), Gefährliche Seelenführer? Geistiger und geistlicher Missbrauch. Herder Thema (Freiburg 2020).

Weblinks