Action francaise: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Action française''' (Abk.: A.F.) war eine antidemokratische politische Bewegung in Frankreich, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Unruhe auslöste, während des I. Weltkriegs aber mit der republikanischen Regierung kooperierte (''union sacrée'', dt. in etwa: Burgfrieden). Nach dem I. Weltkrieg gefährdete diese Bewegung zwar den Bestand der Demokratie, jedoch erstarkte sie strukturell nie so sehr, dass eine [[Macht]]ergreifung möglich wurde.
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'''Action française''' (Abk.: A.F.) war eine antidemokratische politische Bewegung in Frankreich, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Unruhe auslöste, während des I. Weltkriegs aber mit der republikanischen Regierung kooperierte (''Union sacrée'', dt. in etwa: Burgfrieden). Nach dem I. Weltkrieg gefährdete diese Bewegung zwar den Bestand der Demokratie, jedoch erstarkte sie strukturell nie so sehr, dass eine [[Macht]]ergreifung möglich wurde.
  
 
== Weltbild ==
 
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Zentrale Gestalten der Bewegung waren die royalistischen Journalisten und Schriftsteller [[Charles Maurras]] (''Politique d'abord!'') und [[Leon Daudet]], die eine gleichnamige Zeitung gegründet hatten, ''L'action francaise''. Prägend für die A.F. wurde insbesondere das Gedankengut von Maurras. Dieser wendete eine Art agnostischen Neo-[[Thomismus]] (zweifelhaften Charakters) auf das politische Leben an. Ausgehend von "naturgegebenen" Ordnungsvorstellungen bewertete er ''Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit'' (wiewohl nach Papst [[Leo XIII.]] ursprünglich christliche Werte) als Betrug an der Tradition und dem Gemeinwohl. Maurras, der sich erst gegen Ende seines Lebens eigentlich religiösen Positionen annäherte, achtete den [[Katholizismus]] als einen unabdingbaren Ordnungsfaktor für das Zusammenleben, die ''Romanité'', ausgedrückt im [[Papst]]tum, begriff er also als die spirituelle Wurzel der Sendung der frz. Nation.
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Zentrale Gestalten der Bewegung waren die royalistischen Journalisten und Schriftsteller [[Charles Maurras]] (''Politique d'abord!'') und [[Leon Daudet]], die eine gleichnamige Zeitung gegründet hatten, ''L'action française''. Prägend für die A.F. wurde insbesondere das Gedankengut von Maurras. Dieser wendete eine Art agnostischen Neo-[[Thomismus]] auf das politische Leben an. Ausgehend von naturgegebenen Ordnungsvorstellungen bewertete er ''Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit'' als Betrug an der Tradition und dem Gemeinwohl. Maurras, der sich erst gegen Ende seines Lebens eigentlich religiösen Positionen annäherte, achtete den [[Katholizismus]] als einen unabdingbaren Ordnungsfaktor für das Zusammenleben, die ''Romanité'', ausgedrückt im [[Papst]]tum, begriff er also als die spirituelle Wurzel der Sendung der frz. Nation.
  
Diese naturalistisch-antimoderne Variante katholischer Lebensauffassung war auch für fromme Katholiken in Frankreich attraktiv, die der Republik traditionell feindselig gegenübertraten (vgl. [[Integralismus]]). Jedoch mutete Papst [[Pius XI.]], dessen Amtsantritt von der A.F. bereits kritisch kommentiert wurde, der frz. Kirche ab Ende 1926 eine Zerreißprobe zu, indem er wesentliche Aussagen der A.F. verurteilte; und zwar solche, die über bloß politische Überzeugungen hinausgingen. Pius XI. agierte unerbittlich, auch in Rom. Der [[Jesuiten]]-Kardinal [[Louis Billot]] musste sogar die Kardinalswürde niederlegen, der Direktor des frz. Seminars in Rom, [[Henri Le Floch]], die Leitung abgeben. Fast sämtliche Theologen und Bischöfe unterwarfen sich. Zu neuen Bischöfen wurden in der Zeit des Nunitius [[Luigi Maglione]] (1926-36) nur Priester ernannt, die auf der Linie des Papstes lagen. Anhand dieses Konflikts stellte sich das kirchliche Lehramt erstmals eindeutig gegen moderne, autoritäre oder totalitäre Ideologien des 20. Jahrhunderts. (Es folgten Verurteilungen des Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus.) Mithin bereitete der Streit um die A.F. auch eine Klärung des Verhältnisses der kirchlichen Soziallehre zur demokratischen Regierungsform im Staat vor (vgl. [[Pius XII.]], 1944).
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Diese naturalistisch-antimoderne Variante katholischer Lebensauffassung war auch für fromme Katholiken in Frankreich attraktiv, die der Republik traditionell feindselig gegenübertraten (vgl. [[Integralismus]]). Jedoch mutete Papst [[Pius XI.]], dessen Amtsantritt von der A.F. bereits kritisch kommentiert wurde, der frz. Kirche ab Ende 1926 eine Zerreißprobe zu, indem er wesentliche Aussagen der A.F. verurteilte; und zwar solche, die über bloß politische Überzeugungen hinausgingen. Pius XI. agierte unerbittlich, auch in Rom. Der [[Jesuiten]]-Kardinal [[Louis Billot]] musste sogar die Kardinalswürde niederlegen, der Direktor des frz. Seminars in Rom, [[Henri Le Floch]], die Leitung abgeben. Fast sämtliche Theologen und Bischöfe unterwarfen sich. Zu neuen Bischöfen wurden in der Zeit des Nunitius [[Luigi Maglione]] (1926-36) nur Priester ernannt, die auf der Linie des Papstes lagen. Anhand dieses Konflikts stellte sich das kirchliche Lehramt erstmals eindeutig gegen moderne, autoritäre oder totalitäre Ideologien des 20. Jahrhunderts. (Es folgten Verurteilungen des Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus.) Mithin bereitete der Streit um die A.F. auch eine Klärung des Verhältnisses der kirchlichen [[Soziallehre]] zur demokratischen Regierungsform im Staat vor (vgl. [[Pius XII.]], 1944).
  
 
== Rückblick ==
 
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Im Jahr 1939 hat Papst Pius XII. die Lehrverurteilungen gegen die inzwischen geschwächte A.F. wieder aufgehoben, da er diese Doktrin nurmehr dem politischen Meinungskampf zuordnete und keine akute Gefährdung der eigentlich katholischen Lehre mehr sah. Seit 1940 wurden in Frankreich durchweg [[Bischof]]sernennungen bevorzugt, die keine Nähe zur A.F. mehr erkennen ließen. In dieser Auseinandersetzung wurzeln aber teilweise die Konflikte um den ''nachkonziliaren'' (Neo-) [[Traditionalismus]], obzwar Erzbischof [[Marcel Lefebvre]] persönlich jede Verbindung zur A.F. selbst in Abrede gestellt hat. (Er war in der fraglichen Zeit eindeutig zu jung, später in Afrika tätig; seine Familie stand aber der Republik durchaus ablehnend gegenüber.) Der Royalismus ist in Frankreich heute, wie überall in Europa, nur noch ein Phänomen extrem kleiner Minderheiten und wird in traditioneller, autoritärer Form auch von den Fürstenhäusern (z.B. [[Spanien]]) nicht mehr in Anspruch genommen.
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Im Jahr 1939 hat Papst [[Pius XII.]] die [[Exkommunikation]]en gegen die Unterstützer der inzwischen geschwächten A.F., insbesondere der Leser der Zeitung, wieder aufgehoben ([[AAS]] XXXI (1939), S. 303 f.; 317; ohne Widerruf der Lehrverurteilungen), da er diese Doktrin nurmehr dem politischen Meinungskampf zuordnete und keine akute Gefährdung der eigentlich katholischen Lehre mehr sah. Seit 1940 wurden in Frankreich durchweg [[Bischof]]sernennungen bevorzugt, die keine Nähe zur A.F. mehr erkennen ließen. In dieser Auseinandersetzung wurzeln aber teilweise die Konflikte um den ''nachkonziliaren'' (Neo-) [[Traditionalismus]]. (Siehe: [[Marcel Lefebvre]]; er war in der fraglichen Zeit eindeutig zu jung, später in Afrika tätig, sodass keine persönliche Verbindung zur A.F. nachgewiesen werden kann.) Der Royalismus ist in Frankreich heute nur noch ein Phänomen extrem kleiner Minderheiten.
  
== Literatur: ==
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=== Dokumente ===
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*''Pius XI.'', Epistola vom 5. Sept. 1926 an Kardinal Andrieu: AAS XVIII (1926), S. 382-86.
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*''SC S. Officii'', Decretum damnatur quaedam opera Caroli Maurras et ephemerides ''L'action française'': AAS XVIII (1926), 529 f.
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*Chirograph Pius XI. ''C'est de tout coeur'' an Kardinal Paulin Pierre Andrieu, Erzbischof von Bordeaux (cum Decreto): AAS XIX  (1927), 5-8.
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*''Pius XI.'', Konsistorialansprache vom 20. Juni 1927: AAS XIX (1927), S. 233-40.
  
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Pius XI. hat noch des öfteren bei Audienzen zum Thema gesprochen, zitiert bei ''Prévotat'' (s.u.)
  
*Charles Maurras, ''Le pape, la guerre et la paix'', Paris 1917.
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== Literatur: ==
*Jacques Prévotat, ''La condamnation de l'Action francaise par Pie XI, in: [[Achille Ratti]] - Pape Pie XI (Collection de l'école francaise de Rome, Bd. 223), Rom 1996, S. 359-395.
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*[[Charles Maurras]], ''Le pape, la guerre et la paix'', Paris 1917.
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*[[Jacques Maritain]], ''Une opinion sur Charles Maurras et le devoir des catholiques'', Paris 1926.
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* ''Non possumus'': La crise religieuse de l'Action française : actes du Cinquieme Colloque Maurras, Palais des Congres, Institut d'etudes politiques, ... 1976 (Etudes maurrassiennes).
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*[[Jacques Prévotat]], ''La condamnation de l'Action française par Pie XI, in: [[Achille Ratti]] - Pape Pie XI (Collection de l'école française de Rome, Bd. 223), Rom 1996, S. 359-395.
  
 
[[Kategorie: Gesellschaft]]
 
[[Kategorie: Gesellschaft]]

Aktuelle Version vom 7. Februar 2017, 12:08 Uhr

Action française (Abk.: A.F.) war eine antidemokratische politische Bewegung in Frankreich, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Unruhe auslöste, während des I. Weltkriegs aber mit der republikanischen Regierung kooperierte (Union sacrée, dt. in etwa: Burgfrieden). Nach dem I. Weltkrieg gefährdete diese Bewegung zwar den Bestand der Demokratie, jedoch erstarkte sie strukturell nie so sehr, dass eine Machtergreifung möglich wurde.

Weltbild

Zentrale Gestalten der Bewegung waren die royalistischen Journalisten und Schriftsteller Charles Maurras (Politique d'abord!) und Leon Daudet, die eine gleichnamige Zeitung gegründet hatten, L'action française. Prägend für die A.F. wurde insbesondere das Gedankengut von Maurras. Dieser wendete eine Art agnostischen Neo-Thomismus auf das politische Leben an. Ausgehend von naturgegebenen Ordnungsvorstellungen bewertete er Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als Betrug an der Tradition und dem Gemeinwohl. Maurras, der sich erst gegen Ende seines Lebens eigentlich religiösen Positionen annäherte, achtete den Katholizismus als einen unabdingbaren Ordnungsfaktor für das Zusammenleben, die Romanité, ausgedrückt im Papsttum, begriff er also als die spirituelle Wurzel der Sendung der frz. Nation.

Diese naturalistisch-antimoderne Variante katholischer Lebensauffassung war auch für fromme Katholiken in Frankreich attraktiv, die der Republik traditionell feindselig gegenübertraten (vgl. Integralismus). Jedoch mutete Papst Pius XI., dessen Amtsantritt von der A.F. bereits kritisch kommentiert wurde, der frz. Kirche ab Ende 1926 eine Zerreißprobe zu, indem er wesentliche Aussagen der A.F. verurteilte; und zwar solche, die über bloß politische Überzeugungen hinausgingen. Pius XI. agierte unerbittlich, auch in Rom. Der Jesuiten-Kardinal Louis Billot musste sogar die Kardinalswürde niederlegen, der Direktor des frz. Seminars in Rom, Henri Le Floch, die Leitung abgeben. Fast sämtliche Theologen und Bischöfe unterwarfen sich. Zu neuen Bischöfen wurden in der Zeit des Nunitius Luigi Maglione (1926-36) nur Priester ernannt, die auf der Linie des Papstes lagen. Anhand dieses Konflikts stellte sich das kirchliche Lehramt erstmals eindeutig gegen moderne, autoritäre oder totalitäre Ideologien des 20. Jahrhunderts. (Es folgten Verurteilungen des Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus.) Mithin bereitete der Streit um die A.F. auch eine Klärung des Verhältnisses der kirchlichen Soziallehre zur demokratischen Regierungsform im Staat vor (vgl. Pius XII., 1944).

Rückblick

Im Jahr 1939 hat Papst Pius XII. die Exkommunikationen gegen die Unterstützer der inzwischen geschwächten A.F., insbesondere der Leser der Zeitung, wieder aufgehoben (AAS XXXI (1939), S. 303 f.; 317; ohne Widerruf der Lehrverurteilungen), da er diese Doktrin nurmehr dem politischen Meinungskampf zuordnete und keine akute Gefährdung der eigentlich katholischen Lehre mehr sah. Seit 1940 wurden in Frankreich durchweg Bischofsernennungen bevorzugt, die keine Nähe zur A.F. mehr erkennen ließen. In dieser Auseinandersetzung wurzeln aber teilweise die Konflikte um den nachkonziliaren (Neo-) Traditionalismus. (Siehe: Marcel Lefebvre; er war in der fraglichen Zeit eindeutig zu jung, später in Afrika tätig, sodass keine persönliche Verbindung zur A.F. nachgewiesen werden kann.) Der Royalismus ist in Frankreich heute nur noch ein Phänomen extrem kleiner Minderheiten.

Dokumente

  • Pius XI., Epistola vom 5. Sept. 1926 an Kardinal Andrieu: AAS XVIII (1926), S. 382-86.
  • SC S. Officii, Decretum damnatur quaedam opera Caroli Maurras et ephemerides L'action française: AAS XVIII (1926), 529 f.
  • Chirograph Pius XI. C'est de tout coeur an Kardinal Paulin Pierre Andrieu, Erzbischof von Bordeaux (cum Decreto): AAS XIX (1927), 5-8.
  • Pius XI., Konsistorialansprache vom 20. Juni 1927: AAS XIX (1927), S. 233-40.

Pius XI. hat noch des öfteren bei Audienzen zum Thema gesprochen, zitiert bei Prévotat (s.u.)

Literatur:

  • Charles Maurras, Le pape, la guerre et la paix, Paris 1917.
  • Jacques Maritain, Une opinion sur Charles Maurras et le devoir des catholiques, Paris 1926.
  • Non possumus: La crise religieuse de l'Action française : actes du Cinquieme Colloque Maurras, Palais des Congres, Institut d'etudes politiques, ... 1976 (Etudes maurrassiennes).
  • Jacques Prévotat, La condamnation de l'Action française par Pie XI, in: Achille Ratti - Pape Pie XI (Collection de l'école française de Rome, Bd. 223), Rom 1996, S. 359-395.