Pfarrei St. Peter Petersberg bei Fulda
Die historische Entwicklung der Kath. Kirchengemeinde St. Peter
Die erste Kirche und ein Benediktinerkloster auf dem Petersberg errichtete der Fuldaer Abt Raban (822-842). Am 28. September 836 ließ Raban die Gebeine der Hl. Lioba von der Stiftskirche auf den Petersberg übertragen und in einem Steinsarg in der Mittelnische der Krypta beisetzen.
Im Jahre 915 streiften die Ungarn auf ihrem Raubzug von Schwaben nach Sachsen den Fuldaer Raum und zerstörten unter anderem auch Kirche und Kloster auf dem Petersberg. Unter dem Fuldaer Abt Heicho (917-923) wurden die ausgebrannten Gebäude wiederhergestellt.
Abt Heinrich J. von Kemnaten (1127-1133) errichtete wieder ein Benediktinerkloster auf dem Petersberg, das er mit Mönchen aus dem Fuldaer Kloster besetzte. Der Mönch Wigger wurde der erste Propst. Einer der markantesten Pröpste im 13. Jahrhundert war der Propst Bertho von Leibolz, den man z. Z. des Interregnums, als das Raubritterwesen unerträgliche Ausmaße angenommen hatte, zum Abt von Fulda wählte. Während der hl. Messe wurde er in der Jakobskapelle zu Fulda im Jahre 1271 von den Rittern ermordet.
Seit 1298 war mit dem Petersberger Kloster eine eigene Pfarrei verbunden.
Im Jahre 1327 erlebte die Abtei Fulda einen Überfall durch Anhänger Ludwigs des Bayern. Bei diesen Kämpfen wurde auch die Propstei Petersberg verwüstet. Nur vier Jahre später (1331) erlebte das Kloster unter Propst Godefried noch einmal das gleiche Schicksal, als unter den Bürgern Fuldas die offene Revolution gegen den Fürstabt ausgebrach. Abt Heinrich VI. ließ die zweimal verwüstete Propstei wiederherstellen. Unter Apollo von Vilbel wurden am Osterfest 1525 Kirche und Kloster im Bauernkrieg von aufrührerischen Haufen erneut verwüstet und geplündert. Die Reliquien der Hl. Lioba waren schon vorher in Anbetracht der allgemeinen Unsicherheit in die Stiftskirche zu Fulda zurückgebracht worden. Der Konvent ging zuletzt vollständig ein. Auf dem Petersberg wohnte nunmehr nur ein Mönch oder Weltgeistlicher als Seelsorger.
Erst 1619 konnte das Kloster wieder mit Benediktinermönchen besetzt werden, als schon der Dreißigjährige Krieg im Gange war. 1633 wurde das Kloster erneut durch die Schweden und Hessen geplündert, und auch der Siebenjährige Krieg (1756-1763) ging an dem Petersberg nicht spurlos vorüber. Der letzte Propst des Petersberges war Sigismund Freiherr von Bibra (1794-1802).
Das die Propstei Petersberg umgebende Dorf, im Mittelalter Bru-bus, später Brauhaus genannt, erhielt 1837 durch kurfürstlich-hessische Verordnung den Namen Petersberg.
St. Peter - Die Grabeskirche der Hl. Lioba
Die Grabeskirche der Hl. Lioba auf dem Petersberg gehört ohne Zweifel zu einem der herausragendsten Kirchenbauwerke des Bistums Fulda. Vergleichbar an Alter und Ehrwürdigkeit sind allenfalls die ehemalige Fuldaer Stiftskirche - der heutige Dom - und die Kolsterkirche auf dem Frauenberg. Die Tatsache, dass diese Kirche die ältesten erhaltenen Wandmalereien auf deutschem Boden und somit ein kunsthistorisches Denkmal von unschätzbarem Wert birgt, begründet ihre Einmaligkeit. Jene Kunstwerke befinden sich in der Krypta, welche zugleich Grabesstätte der Hl. Lioba ist, seit im Jahre 836 Rabanus Maurus den Leib der Heiligen feierlich auf den Petersberg übertragen ließ. Der Steinsarg im tonnengewölbten Quergang der Krypta barg die Gebeine der Heiligen von 836 bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Der Rabanbau war eine dreischiffige Basilika, daher die Rundbogen und Durchgänge zu beiden Seiten des Triumphbogens.
Grundlegend verändert wurde das Gesamtbild der Kirche jedoch durch den spätgotischen Umbau von 1479. Damals wurde das Langhaus der romanischen Basilika niedergerissen und eine einschiffige gotische Halle mit Fenstern ohne Maßwerk zwischen Turm und Vierung erbaut. Der Fußboden wurde wesentlich höher gelegt und der Raum unter ihm zur Begräbnisstätte der Mönche eingerichtet. In der Zeit des Barock entstanden die die Kirche umgebenden Wehrmauern und die in den Berg hineinragenden Wagenhallen, in welchen sich heute u.a. eine Marienkapelle befindet. In den folgenden Jahrhunderten wurde der Bau noch mehrmals umgestaltet und mit zahlreichen Kunstwerken versehen. Eine Beschreibung derselben würde den hier vorgesehenen Rahmen bei weitem sprengen und verbietet sich geradezu. Es sei daher auf die Möglichkeit einer Führung durch das Gotteshaus verwiesen, ein Dienst, der seit jüngster Zeit von den Liobaschwestern ausgefüllt wird (s.u.). Zudem sei der von Anton Schmitt verfasste Kirchenführer " Der Petersberg bei Fulda - Grabeskirche der Heiligen Lioba" empfohlen, welcher im Ver-lag Parzeller, Fulda erschienen ist.
Wie erwähnt wird die Grabeskirche seit jüngster Zeit von den Liobaschwestern betreut, deren "Cella St. Lioba" nach über vierjähriger Vorbereitung am 08.04. in Petersberg, Stettiner- Str. 3, als klösterliche Niederlassung benediktinischer Liobaschwestern aus Freiburg gegründet wurde. Die Schwestern leisten u.a. Sakristeidienst in der Grabeskirche der Heiligen und begleiten die Gemeinde als Ansprechpartnerinnen und im Gebet. Ehrendomkapitular Msgr. Ludwig Vogel hatte 1992 erstmals den Kontakt zu den Schwestern geknüpft. Durch die Anwesenheit der Liobaschwestern wird die Botschaft Liobas für die ganze Gemeinde erfahrbar. Der Petersberg gilt als wichtigste Verehrungsstätte des Ordens, der bisher das Wirken der Heiligen im Sinne ihrer Lebens- und Glaubensgeschichte weit über die Grenzen Europas bis nach Asien hinein fortzuführen bemüht war. Mit der Eröffnung der "Cella St. Lioba" verbindet sich nun jene ortsunabhängige Wirkkraft der Heiligen auch mit dem Ort ihrer Ruhestätte, was schon vor 60 Jahren der Wunsch der Ordensgründerin Maria Benedikta Föhrenbach war. Doch in erster Linie geht es den Schwestern darum, mit den anderen Christen als Getaufte unterwegs auf dem Weg in die Zukunft zu sein. Mit dem Bestreben, die benediktinische Ordensregel "Ora et labora" durch ein klösterliches Leben und den sozialen Dienst am Nächsten zu verwirklichen stellt sich eine große Aufgabe; Im Laufe der Jahrhunderte hat das Kloster immer wieder schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen und wurde in der Säkularisation aufgehoben. Aus Sicherheitsgründen wurden die Gebeine der Heiligen bereits in den Wirren der Bauernkriege in die Stiftskirche nach Fulda gebracht. Im Jahr 1995 wurde auf Wunsch vieler Gläubiger die Hauptreliquie der Ordenspatronin in ihre jahrhunderte alte Grabesstätte zurückgebracht. Damit schließt sich der vor fast 1200 Jahren gesteckte Rahmen der Petersberger Geschichte.
In der Neuzeit entwickelte sich die Pfarrei im Gleichschritt mit der politischen Gemeinde, welche aufgrund ihrer Stadtrandlage zu einem begehrten Wohn- und Arbeitsort wurde. Äußeres Zeichen der modernen Zeit ist die dem Hl. Rabanus-Maurus geweihte Pfarrkirche.
Rabanuns Maurus Kirche
Das stetige Ansteigen der Einwohnerzahl der Gemeinde machte den Neubau der Rabanus- Maurus- Kirche mit einem großräumigen Kirchenschiff erforderlich. Der 35m hohe, von Betonstützen getragene, freistehende Glockentrum enthält ein Viergeläut mit den Schlagtönen cis, e, fis und a. Ferner befindet sich im Turm eine alte Glocke aus dem Vierungsturm der ehemaligen Propsteikirche mit der Umschrift "Mein Anfang vnt Ent set in Gotes Hend 1579". Die Kapelle im Erdgeschoss des Turmes enthält eine von dem Petersberger Künstler Johannes Kirsch angefertigte Pieta.Die Kirche selbst wurde 1957 nach den Plänen der Stuttgarter Architekten W. Reinhard und Otto Rug errichtet. Der Eingangsbereich wurde erst 1996 durch Johannes Kirsch neu gestaltet. Im Innenraum der Kirche fällt der Blick sogleich auf das Altarmosaik an der Nordwand. Die Wiener Künstlerin Clarisse Schrack-Praun hat dieses Werk 1964, wie auch die beiden Kreuzwegbilder im Langschiff (1980) entworfen und gefertigt. Die Gesamtfläche des Mosaiks von etwa 190m² besteht aus ca. 1100 Teilstücken. Dargestellt ist die Anbetung des Lammes nach der Geheimen Offenbarung des Johannes. Im Eingangsbereich fasziniert eine große Glaswand; Entworfen von N.G. Hartmann (Stuttgart) und ausgeführt von R. Süssmuth (Immenhausen, 1957), hat das Fenster die erste und zweite Schöpfung (Erlösung) zum Inhalt. Der Sakramentsaltar aus schwarzem Marmor trägt den in einer Zeltform gehaltenen Tabernakel. Darüber ist das in Senkemailtechnik ausgeführte mit Bergkristallen versehene alte Vortragskreuz angebracht, eine Arbeit von Lioba Munz, OSB, Fulda. Der Zelebrationsaltar ist aus rotem Verona-Marmor gefertigt. Der Ambo aus hellem Juramarmor mit einge-hauenen Darstellungen (Rabanus- Maurus mit Kreuz und Buch; Petrus und Paulus mit Schlüssel und Schwert, Nikolaus von Flüe) ist ein Werk von Erich Glauer, Stuttgartt, von dem auch das Weihwasser-becken (Taufstein) im Eingangsbereich stammt, welches den Hl. Jo-hannes den Täufer darstellt. Die 1964 von den Gebr. Späth aus Ennetach-Mengen eingebaute Orgel verfügt über 33 Register, ein großes Pedalfeld und ein Oberwerkfeld. Die holzgeschnitzte Barockmadonna mit Jesuskind stammt noch aus der Grabeskirche St. Peter. Die moderne Holzfigur des Josef mit Winkelmaß ist ebenfalls eine Arbeit des Petersberger Künstlers Johannes Kirsch. Der Innenraum der Kirche ist ca. 55 m lang, 15 m breit bzw. 38 m im Querschiff. Er ist 13 bzw. 15 m hoch im Längsschiff und bietet ca. 600 Sitzplätze.
Die Heiligen der Pfarrei
Hl. Petrus
Simon Petrus (* in Galiläa, Datum unbekannt; † vermutlich in Rom um 65) war einer der ersten jüdischen Apostel, die Jesus von Nazaret in seine Nachfolge rief. Informationen über sein Leben überliefert hauptsächlich das Neue Testament. Dort ist Petrus erster Bekenner, aber auch Verleugner Jesu Christi, dann, nach den ältesten NT-Texten, der erste männliche Augenzeuge des Auferstandenen sowie Sprecher der Apostel und Leiter der Jerusalemer Urgemeinde.
Hinzu kommen spätantike Schriften von Kirchenvätern, wonach Petrus erster Bischof von Antiochia sowie Gründer und Haupt der Gemeinde von Rom gewesen und dort als Märtyrer hingerichtet worden sein soll. Ihre Historizität ist umstritten. Der Katholizismus führt den Primatsanspruch des römischen Bischofs und damit das Papsttum auf Petrus zurück („petrinisches Prinzip“). Innerhalb der katholischen und orthodoxen Tradition wird Petrus als Heiliger verehrt.
Hl. Lioba
Als „Lehrerin Germaniens“ ging die aus England stammende heilige Lioba (um 710–782), die eigentlich Truthgeba hieß, in die Geschichte der katholischen Kirche ein. Sie war eine Verwandte des heiligen Bonifatius (um 672–754), mit dem sie ihr Leben lang eine zarte Freundschaft verband. Ihr Verdienst ist es, im achten Jahrhundert in Deutschland zahlreiche neue Nonnenklöster erbaut und hierfür viele Lehrerinnen ausgebildet zu haben.
Laut einer Legende träumte Liobas Mutter Ebba eines Nachts vor der Schwangerschaft, sie gebäre eine Glocke, deren Schall über die ganze Erde tönte. Mit diesem schönen Gleichnis zeigte Gott ihr im voraus, welche Aufgaben ihrer Tochter bestimmt seien und wie voll und ganz sie diese ausführen werde.
Truthgeba kam um 710 als Tochter edler Angelsachsen im Königreich Wessex zur Welt. Der Name „Truthgeba“ – deutsch: „Gottesgabe“ – beruht darauf, dass ihre Eltern Dynne und Aebbe (Ebba) lange auf sie warten mussten. Die Mutter Aebbe gab dem Mädchen den Beinamen Lioba – althochdeutsch: „die Liebe Gebende“ –, weil sie ihr besonders lieb war.
Die Eltern schickten Lioba um 720 zur Erziehung in das berühmte Benediktinerinnenkloster Wimborne in Dorset, das unter der Leitung der tüchtigen Äbtissin Tetta stand. Dort ist auch die heilige Walburga (um 710–um 779) erzogen worden, die wie Lioba ebenfalls später in Süddeutschland wirkte.
Wie sehr Lioba den heiligen Bonifatius mochte, dokumentiert ein erhaltener Brief an ihn: „Ich bin die einzige Tochter meiner Eltern, und wenn ich dich, so unwürdig ich dessen bin, an Bruder Statt erhalten könnte, wäre ich sehr glücklich, weil ich zu keinem andern Menschen aus meinem Geschlecht ein solches Zutrauen habe wie zu dir“.
Nach ihrer Ausbildung als Lehrerin in Wimborne wurde Lioba um 735 von Bonifatius ins Frankenreich geholt, um den Aufbau eines Netzes von Nonnenklöstern voranzutreiben. Sie richtete in Tauberbischofsheim (heute Baden-Württemberg) eine Klosterschule ein, in welcher der Lehrerinnennachwuchs für viele neu gegründete weitere Klöster eine Ausbildung erhielt.
Zahlreiche Töchter aus vornehmen Familien und angesehene Witwen nahmen den Schleier und traten in die von Lioba geleiteten Klöster ein. Dort galt die Regel des Ordensgründers Benedikt von Nursia (um 480–547): „Ora et labora“ („Bete und arbeite“). Lioba regierte bescheiden und freundlich und hielt ihre Nonnen zur Handarbeit und zum Studium an.
Bevor Bonifatius zu seiner letzten Missionsreise nach Friesland aufbrach, rief er Lioba nach Mainz und stellte sie unter den Schutz des heiligen Lullus (um 710–786), weil er sein eigenes baldiges Ende ahnte. Nach dem Märtyrertod von Bonifatius am 5. Juni 754 bei Dokkum in Friesland wirkte die Äbtissin noch lange segensreich. Über Lioba berichtete ihr Chronist: „Fürsten liebten sie, Bischöfe nahmen sie freudig auf und beredeten sich mit ihr über das Wort des Lebens“.
Als 70-Jährige zog sich Lioba auf Anraten von Bischof Lullus nach Schornsheim zurück, um dort unweit von Mainz und der Königspfalz von Karl dem Großen (747–814) in Ingelheim den Lebensabend zu verbringen. Der Frankenherrscher übereignete der von ihm sehr geschätzten Äbtissin das Königsgut Schornsheim. Die Schenkungsurkunde vom 28. Juli 782 enthält die erste Erwähnung von Schornsheim.
Bald nach einem letzten Besuch bei der seit 771 mit Kaiser Karl verheirateten Fränkin Hildegard (gest. 783) in Aachen starb Lioba am 28. September 782 in Schornsheim. Man setzte sie neben Bonifatius in Fulda bei. Damit war sie auch im Tod ihrem Lehrer und väterlichen Freund nahe.
Lioba ist 836 heilig gesprochen und ihre Reliquien sind auf den Petersberg überführt worden. Ihre Base, die ebenfalls aus England gekommene Thekla (gest. um 790), bekleidete ab 750 das Amt der Äbtissin der Klöster Kitzingen und Ochsenfurt.
Mehr als tausend Jahre später haben neu entstandene klösterliche Gemeinschaften Lioba zu ihrer Patronin gewählt. Dazu gehören seit 1920 die Benediktinerinnen von Freiburg-Günterstal, die mit insgesamt fast 250 Schwestern an verschiedenen Orten tätig sind. Zum Freiburger Mutterhaus zählt auch das Lioba-Kloster in Tauberbischofsheim.
Kirchen und Kapellen in Mannheim, Heidelberg, Wertheim, Walldürn, Leingarten bei Heilbronn, Freiburg im Breisgau und Konstanz wurden Lioba geweiht, Schulen und Altersheime tragen ihren Namen. Ihr Gedenktag fällt auf den 28. September.
Hl. Rabanus Maurus
Rabanus Maurus (auch Hrabanus, Rhabanus; * um 780 in Mainz; † 4. Februar 856 in Winkel im Rheingau) war Abt des Klosters Fulda und Mainzer Erzbischof. Er gehört zu den großen Gestalten der Umbruchzeit des 9. Jahrhunderts und war mit Kaiser Lothar I. und dessen Gattin Irmingard von Tours befreundet.
Rabanus wurde um 780 als Sohn adeliger Eltern in Mainz geboren. Schon als Kind besuchte er ab 788 zur religiösen und wissenschaftlichen Erziehung die Schule des damals berühmten Benediktinerklosters Fulda. Nach erfolgter Ausbildung konnte er bereits am Hof Karls des Großen als Gelehrter glänzen. Später wurde er von Alkuin, dem Leiter der kaiserlichen Hofschule zu Aachen, gefördert. Alkuin nannte ihn „Maurus“, wie auch der Ordensgründer Benedikt seinen Lieblingsschüler genannt hatte. Als Alkuin sich in die Benediktinerabtei St. Martin zu Tours begab, folgte ihm Rabanus, um dort Bibel-, Liturgie- und Rechtsstudien zu betreiben. 801 kehrte er nach Fulda zurück, erhielt dort die Diakonatsweihe und wurde Leiter der dortigen Klosterschule. Unter seinen Schülern waren Walahfrid Strabo und Otfried von Weißenburg.
In der Zeit als Leiter der Klosterschule (bis 822) verfasste Rabanus wichtige Schriften, von denen die berühmteste das Figurengedicht De laudibus sanctae crucis ("Vom Lob des Heiligen Kreuzes", erschienen 814) ist. Es ist noch heute in Abschriften erhalten, die direkt unter der Aufsicht Rabanus' angefertigt sein dürften; ein Exemplar wird in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt. Von seiner Tätigkeit als Leiter der Schule zeugt sein 819 erschienenes dreibändiges Werk De institutione clericorum ("Von der Ausbildung der Geistlichen").
Am 15. Juni 822 wurde er für zwanzig Jahre Abt des Klosters Fulda, das damals über 600 Mönche beherbergte. Er vergrößerte die Klosterbibliothek und baute die Klosterschule zu einer der ersten Adressen im Fränkischen Reich aus. Außerdem kümmerte er sich um die seelsorgerliche Versorgung der Bauern und errichtete um die 30 Kirchen und Kapellen, darunter im Jahre 836 auch die Grabeskirche der Lioba auf dem Petersberg bei Fulda. Rabanus war ein Gefolgsmann von Kaiser Lothar I., jedoch nicht von Ludwig dem Deutschen, zu dessen Herrschaftsbereich Fulda gehörte. Als er in die Auseinandersetzungen zwischen Ludwig dem Frommen und dessen Söhnen hineingezogen wurde, trat er 842 von seinem Amt als Abt zurück und zog sich auf den Petersberg als Gelehrter ins Privatleben zurück.
Trotz der Meinungsverschiedenheiten erhob Ludwig ihn 847, bereits 67-jährig, zum Erzbischof von Mainz. Am 16. Juni desselben Jahres trat er sein Amt als Oberhirte der größten Kirchenprovinz im ostfränkischen Reich an. Bereits kurz nach seiner Amtsübernahme berief er eine erste Synode ein, auf der Bischöfe, Chorbischöfe (eine Vorform des heutigen Weihbischofs) und Äbte in der Mainzer Abtei St. Alban über die Stärkung des Glaubens und der Disziplin berieten. Die Prediger wurden dazu angehalten, dem einfachen Volk verständliche Predigten zu halten.
Rabanus Maurus starb am 4. Februar 856 der Überlieferung nach in Winkel im Rheingau und wurde im Stift St. Alban vor Mainz beigesetzt. Schon bald wurde er als Heiliger verehrt. 1515 wurden seine sterblichen Überreste vom Mainzer Erzbischof Albrecht von Brandenburg nach Halle überführt, von dort kamen sie später nach Aschaffenburg. Sein heutiges Grab ist nicht bekannt.
Als durch die Teilungen des Reichs Karls des Großen die so genannte Karolingische Renaissance in den Anfängen stecken blieb und das entstehende Deutschland seine geistigen Grundlagen suchte, wirkte Rabanus Maurus als Sammler und Vermittler des gesamten philosophischen, theologischen und naturwissenschaftlichen Wissens seiner Zeit.
Die Fülle seiner Schriften über alle Wissensgebiete und die große Zahl seiner bedeutenden Schüler brachte ihm im frühen 19. Jahrhundert den Ehrentitel „Erster Lehrer Germaniens“ (primus praeceptor Germaniae) ein, dessen Berechtigung jedoch von der neueren Geschichtsforschung in Frage gestellt wird (vgl. den Artikel von Raymund Kottje im Literaturanhang).
Der Pfingsthymnus Veni Creator Spiritus (Komm Schöpfer Geist) ist, wenn nicht von ihm verfasst (wie früher angenommen), so doch von ihm überliefert und bleibt mit seinem Namen verbunden. Rabanus Maurus ist der Verfasser der aus 22 Büchern bestehenden Enzyklopädie De universo ("Über das Universum“, auch: De rerum naturis - „Die Natur der Dinge“).
Sein wesentliches Verdienst lag in der Vermittlung der christlich-antiken Tradition, indem er herausragende Schriften der Antike dem Wissen des Frühmittelalters entsprechend neu zusammenstellte und enzyklopädisch veröffentlichte.