Klugheit
Kardinaltugenden |
Die Klugheit (lat.: prudentia) ist eine der vier Kardinaltugenden.
Die Klugheit gibt der menschlichen Vernunft die rechte Ausrichtung. Sie befähigt den Menschen, das Gute zu erkennen, und die rechten Mittel zur Verwirklichung des Guten zu ergreifen. Sie wird dadurch zur Lenkerin aller Tugenden, denn die Erkenntnis des Guten ist Grundvoraussetzung jedes richtigen Handelns.
Die Klugheit verhilft zum richtigen Gewissensurteil. Der kluge Mensch ordnet sein Verhalten gemäß diesem Urteil.
Durch die Klugheit wendet der Mensch die sittlichen Grundsätze richtig auf die konkrete Situation an und überwindet die Zweifel hinsichtlich des Guten, das zu tun, und des Bösen, das zu unterlassen ist.
Inhaltsverzeichnis
Voraussetzungen
Voraussetzung für die Klugheit ist die rechte Bildung, und der möglichst objektive, sachgerechte und vorurteilsfreie Einsatz der Vernunft.
Klugheit ist nicht mit "Intelligenz" zu verwechseln. Gerade bei besonders intelligenten Menschen besteht auch die Gefahr, dass die Intelligenz dazu benutzt wird, möglichst gute Ausreden für das eigene falsche Verhalten zu finden, und somit im hohen Maße unklug zu handeln. besondere Intelligenz ist also keine Voraussetzung für die Klugheit.
Schwierigkeiten
Als eine Folge des Sündenfalls ist die menschliche Erkenntnisfähigkeit stark eingeschränkt, vor allem, was die Erkenntnis Gottes und die Erkenntnis des sittlich Guten betrifft. Dadurch hat natürlich auch die Tugend der Klugheit zu leiden.
Beim Erlangen der rechten Bildung sind wir im hohen Maße auf die Menschen unserer Umgebung angewiesen. Durch falsche Ratgeber kann der Mensch sehr leicht und u.U. auch völlig unschuldig der Möglichkeit zur rechten Bildung beraubt werden.
Die größten Feinde der Klugheit sind aber in der Regel die eigenen ungeordneten Leidenschaften, die unseren Willen zur objektiven Selbsterkenntnis stark einschränken können, da ja sonst schmerzhafte Verhaltensänderungen notwendig wären.
Klugheit und Relativismus
In der momentanen Zeit des ethischen Relativismus ist die Klugheit eine besonders unpopuläre Tugend. Klugheit bedeutet ja auch, dass man schon bevor man in eine bestimmte Situation kommt, sich grundsätzliche Gedanken darüber macht, wie man in so einer Situation zu handeln hätte. Grundsätzliche Gedanken setzen aber voraus, dass es auch grundsätzliche ethische Normen gibt, an denen man sich orientieren soll, und genau das wird vom Relativismus bestritten. Eine auf die Klugheit aufbauende "Tugendethik" wird also im Relativismus verworfen. Übrig bleibt eine so genannte "Situationsethik", in der der Mensch, in eine Situation unvorbereitet hineingeworfen, spontan "aus dem Bauch heraus" entscheiden muss, was zu tun sei. Dies führt zu hochgradig unklugem Verhalten, vor allem im sittlichen Bereich, und verdient eigentlich die Bezeichnung "Ethik" nicht.
Literatur
- Thomas von Aquin: Summa theologica. Die deutsche Thomas-Ausgabe, lateinisch-deutsch, St II-II 34 - 56, Band 17B: Die Liebe (2. Teil) Klugheit, Gemeinschaftsverlag Kerle Heidelberg und Styria Graz-Wien-Köln 1966 (Imprimatur Bischöfliches Ordinariat Graz-Seckau am 12. Mai 1966, Zl.14, Ap. 188-66).
- Katechismus der Katholischen Kirche, Abschnitt 1806.
- Josef Pieper: Traktat über die Klugheit, Hegner, Leipzig 1937; neueste Ausgabe: Sammelband "Über die Tugenden", 2. Auflage, Kösel, München 2008. ISBN 9783466401727