In missa in cena Domini
Prot. N. 320/17 |
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Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung
im Pontifikat von Papst
Franziskus
6. Januar 2016
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Die Erneuerung der Heiligen Woche räumte mit dem Dekret Maxima redemptionis nostrae mysteria (vom 30. November 1955) die Möglichkeit ein, in der Messe vom Letzten Abendmahl nach der Lesung aus dem Johannesevangelium, wenn seelsorgliche Gründe dies nahelegen, an zwölf Männern die Fußwaschung vorzunehmen, um die Demut und Liebe Christi zu seinen Jüngern gleichsam szenisch vor Augen zu führen.
Dieser Ritus ist aufgrund der Worte Jesu (vgl. Joh 13,34), die als Antiphon während der Feier erklingen, in der römischen Liturgie mit der Bezeichnung Mandatum überliefert worden, das heißt als das ‚neue Gebot‘ des Herrn zur geschwisterlichen Liebe.
Die Bischöfe und Priester, die diesen Ritus vollziehen, sind eingeladen, sich innerlich Christus gleichförmig zu werden, der „nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mt 20,28) und der, gedrängt von der Liebe „bis zur Vollendung“ (Joh 13,1), sein Leben gibt für das Heil des ganzen Menschengeschlechts.
Damit die volle Bedeutung dieses Ritus den Mitfeiernden erschlossen wird, hält es Papst Franziskus für gut, die Norm zu verändern, die in den Rubriken des Römischen Messbuchs (S. 300 n.11) steht: „Die Altardiener geleiten die Männer…“. Sie soll deshalb in folgender Weise verbessert werden: „Die Altardiener geleiten diejenigen, die aus dem Volk Gottes dazu ausgewählt wurden…“ (und entsprechend im Caeremoniale Episcoporum n. 301 und n. 299b: „die Sitze für diejenigen, die [zur Fußwaschung] bestimmt wurden“), damit so die Hirten eine kleine Gruppe von Gläubigen auswählen können, die die Verschiedenheit und Einheit eines jeden Teiles des Gottesvolkes repräsentieren. Diese Gruppe kann aus Männern und Frauen bestehen und angemessener Weise aus Jungen und Alten, Gesunden und Kranken, Klerikern, Ordensleuten und Laien.
Kraft der ihr vom Papst verliehenen Vollmacht führt die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung diese Erneuerung in den liturgischen Büchern des römischen Ritus ein und fordert die Hirten auf, ihre ureigene Aufgabe wahrzunehmen und sowohl die Gläubigen, die zur Feier der Fußwaschung ausgewählt werden, als auch alle anderen Gläubigen mit einer geeigneten Hinführung zu befähigen, bewusst, tätig und mit geistlichem Gewinn diesen Ritus mitzufeiern.
Ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen
Sekretär
Begleitbrief von Erzbischof Arthur Roche
ICH HABE EUCH EIN BEISPIEL GEGEBEN
Mit dem Dekret In Missa in cena Domini hat die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordung auf Anordnung des Papstes die Rubrik des Missale Romanum über die Fußwaschung (S. 300, Nr. 11) überarbeitet, die seit Jahrhunderten auf verschiedene Weise mit dem Gründonnerstag verbunden ist und seit der Reform der Heiligen Woche 1955 in der Messe vom Letzten Abendmahl, die das österliche Triduum eröffnet, vollzogen werden kann.
Vor dem Hintergrund des Johannesevangeliums wird deutlich, dass der Ritus traditionell eine zweifache Bedeutung hat: Er ist Nachahmung dessen, was Jesus beim Letzten Abendmahl getan hat, indem er die Füße seiner Apostel wusch, und er ist Ausdruck der Selbsthingabe, die mit diesem dienenden Gestus bezeichnet wird. Nicht ohne Grund wird diese Fußwaschung Mandatum genannt, und zwar nach dem Beginn der ersten Antiphon, die sie begleitet: „Mandatum novum do vobis, ut diligatis invicem, sicut dilexi vos, dicit Dominus“ (Joh 13,14). Das Gebot der geschwisterlichen Liebe verpflichtet ja alle Jünger Jesu, ohne Unterschied und ohne Ausnahme.
„Pontifex suis cubicularibus pedes lavat et unusquisque clericorum in domo sua“, heißt es schon in einem alten Ordo des 7. Jahrhunderts. In verschiedenen Diözesen und Abteien in unterschiedlicher Weise verwirklicht, ist das Mandatum auch im Römischen Pontifikale des 12. Jahrhunderts nach der Vesper des Gründonnerstags sowie in den Gebräuchen der römischen Kurie des 13. Jahrhunderts („fecit mandatum duodecim subdiaconos“) bezeugt. Im Missale Romanum des Hl. Pius V. (1570) ist es folgendermaßen beschrieben: „Post denudationem altarium, hora competenti, facto signo cum tabula, conveniunt clerici ad faciendum mandatum. Maior abluit pedes minoribus: tergit et osculatur“. Die Fußwaschung findet während des Gesangs von Antiphonen, deren letzte Ubi caritas ist, statt und wird vom Pater noster und einem Gebet, das das Gebot des Dienens mit der Reinigung von den Sünden verbindet, beschlossen: „Adesto Domine, quaesumus, officio servitutis nostrae: et quia tu discipulis tuis pedes lavare dignatus es, ne despicias opera manuum tuarum, quae nobis retinenda mandasti: ut sicut hic nobis, et a nobis exteriora abluuntur inquinamenta; sic a te omnium nostrum interiora laventur peccata. Quod ipse praestare digneris, qui vivis et regnas, Deus, per omnia saecula saeculorum“. Die Handlung ist auf den Klerus beschränkt („conveniunt clerici“) und wird erhellt durch das am Morgen gehörte Evangelium; der fehlende Hinweis auf die Zwölfzahl scheint nahezulegen, dass es nicht nur um die Nachahmung dessen geht, was Jesus beim Abendmahl getan hat, sondern darum, den beispielhaften Wert der Handlung, die für seine Jünger immer aktuell ist, in die Praxis umzusetzen.
Die Beschreibung „De Mandato seu lotione pedum“ des Caeremoniale Episcoporum von 1600 ist detaillierter. Sie erwähnt den Brauch, dass der Bischof (nach der Vesper oder zu Mittag, in der Kirche, im Kapitelsaal oder an einem anderen geeigneten Ort) „dreizehn“ Armen die Füße wäscht, abtrocknet und küsst, nachdem er sie bekleidet, ihren Hunger gestillt und ihnen ein Almosen gegeben hat, oder auch dreizehn Kanonikern, je nach den örtlichen Gewohnheiten und dem Willen des Bischofs, der auch dort, wo üblicherweise Kanonikern die Füße gewaschen werden, die Armen, vorziehen kann: „videtur enim eo pacto maiorem humilitatem, et charitatem prae se ferre, quam lavare pedes Canonicis“. Auf den Klerus beschränkt, ohne dass jedoch lokale Gebräuche ausgeschlossen wären, die Arme oder Kinder berücksichtigen (vgl. z.B. das Missale Parisiense), ist die Fußwaschung also ein bedeutungsvoller Gestus, der aber nicht in der Versammlung des ganzen Gottesvolkes vollzogen wird. Das Caeremoniale Episcoporum schreibt ihn ausdrücklich für die Kathedralen und die Kollegiatsstifte vor.
Mit der Reform Pius' XII., der die Missa in cena Domini wieder in die Abendstunden zurückverlegt hat, kann die Fußwaschung aus pastoralen Gründen in ebendieser Messe, und zwar nach der Homilie, an „duodecim viros selectos“, die „in medio presbyterii vel in ipsa aula ecclesiae“ sitzen, vorgenommen werden: Ihnen wäscht und trocknet der Zelebrant die Füße (der Kuss wird nicht mehr erwähnt). Hier ist der klerikale und wenig öffentliche Charakter überwunden, der Vollzug erfolgt in der Versammlung des Gottesvolkes, und der Hinweis auf die „zwölf Männer“ lässt die Fußwaschung ausdrücklicher als ein nachahmendes Zeichen erscheinen, gleichsam als heilige Darstellung, um dem Verstand leichter einzuprägen, was Jesus am ersten Gründonnerstag getan hat.
Das Missale Romanum von 1970 hat den erst kurz zuvor erneuerten Ritus aufgegriffen und einige Elemente vereinfacht: Die Zahl „zwölf“ entfällt, es wird davon gesprochen, dass die Waschung „in loco apto“ geschehen soll, eine Antiphon wird weggelassen und andere vereinfacht, das Ubi caritas wird der Gabenprozession zugeordnet und der Schlussteil (Pater noster, Versikel und Gebet) wird – als Relikt einer eigenständigen Feier außerhalb der Hl. Messe – gestrichen. Was jedoch aufgrund der nachahmenden Bedeutung bestehen blieb, ist die Beschränkung auf „viri“.
Die aktuelle Änderung sieht vor, dass aus dem ganzen Gottesvolk ausgewählte Personen bestimmt werden. Es geht ja nicht nur um die äußere Nachahmung dessen, was Jesus getan hat, sondern auch um die Bedeutung dessen, was er mit universaler Geltung vollzogen hat, nämlich die Selbsthingabe für das Heil des Menschengeschlechts „bis zur Vollendung“, seine Liebe, die alle umfasst und in der Nachahmung seines Vorbilds alle brüderlich verbindet. In der Tat geht ja das exemplum, das er gegeben hat, damit auch wir so handeln wie er (vgl. Joh 13,14-15), darüber hinaus, dass wir anderen physisch die Füße waschen, und umfasst all das, was dieser Gestus an spürbarem Liebesdienst für den Nächsten ausdrückt. Alle Antiphonen, die das Missale für die Fußwaschung vorschlägt, erinnern an diese Bedeutung der Zeichenhandlung für den, der sie setzt, für den, an dem sie gesetzt wird, und für alle, die sie schauend mitverfolgen und durch den Gesang verinnerlichen, und veranschaulichen diese.
Die Fußwaschung ist für die Missa in cena Domini nicht verpflichtend vorgeschrieben. Gemäß den Umständen und pastoralen Erwägungen entscheiden die Seelsorger über ihre Angemessenheit, so dass der Ritus nicht zu selbstverständlich oder zu künstlich erscheint oder gar seiner Bedeutung beraubt und auf das darstellende Element reduziert wird. Auch darf die Fußwaschung nicht so wichtig werden, dass sie in der der Messe vom Abendmahl – an jenem „hocheiligen Tag, an dem unser Herr Jesus Christus sich für uns hingegeben hat“ (Communicantes des römischen Meßkanon) – die ganze Aufmerksamkeit an sich zieht. In den Hinweisen für die Homilie wird an die dreifache Besonderheit dieser Messfeier erinnert, insofern diese dem Gedächtnis der Einsetzung der Eucharistie, des Priestertums und des Gebotes der geschwisterlichen Liebe als höchstes Gesetz für alle und gegenüber allen in der Kirche gewidmet ist.
Es obliegt den Hirten, eine kleine Gruppe von Personen auszuwählen, die nicht nur eine Kategorie oder Gruppe, sondern das ganze Gottesvolk repräsentieren: Laien, Geweihte Diener, Verheiratete, Zölibatäre, Ordensleute, Gesunde und Kranke, Kinder, Jugendliche und Alte. Jene, die ausgewählt wurden, mögen sich in aller Schlichtheit zur Verfügung stellen. Jenen, die die liturgischen Feiern vorbereiten, obliegt es schließlich, alles so vorzubereiten und zu gestalten, dass allen und jedem geholfen wird, an diesem Ereignis fruchtbar teilzunehmen: Es ist ja das Leben jedes Jüngers des Herrn, das anamnesis (Erinnerung) des „neuen Gebotes“ ist, von dem wir im Evangelium hören.