Ego sum vitis (Wortlaut)
Ego sum vitis |
---|
von Papst
Johannes Paul II.
an alle Priester der Kirche
indem er das Apostolische Schreiben über die Priesterausbildung Pastores dabo vobis erläutert
19. März 1992
(Offizieller lateinischer Text: AAS 84 [1992] 572-573)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Frucht des Gebets und des Nachdenkens
„Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer" (Joh 15,1).
1. Gestattet mir dass ich euch heute diese Worte des Johannesevangeliums in Erinnerung rufe. Sie sind mit der Liturgie des Gründonnerstags verbunden: „Es war vor dem Paschafest. Jesus wußte, dass seine Stunde gekommen war" (Joh 13,1); er wusch seinen Jüngern die Füße und sprach dann in besonders vertraulicher und herzlicher Weise mit ihnen wie der johanneische Text berichtet. In dieser Abschiedsrede finden wir auch das Gleichnis vom Weinstock und den Reben: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht" (Joh 15,5).
Auf eben diese Worte Christi möchte ich mich an diesem Gründonnerstag im Jahr des Herrn 1992 beziehen und der Kirche das Apostolische Schreiben über die Priesterausbildung anempfehlen. Es ist Frucht der kollegialen Arbeit der Bischofssynode vom Jahre 1990, die gänzlich diesem Thema gewidmet war. Wir haben gemeinsam ein gleichermaßen erwünschtes und notwendiges Dokument des kirchlichen Lehramtes erarbeitet und darin die Lehre des II. Vatikanischen Konzils wie auch die Rückbesinnung auf die Erfahrungen von fünfundzwanzig Jahren seit dessen Abschluß aufgenommen.
2. Ich möchte heute diese Frucht des Gebetes und des Nachdenkens der Synodenväter Christus zu Füßen legen, dem Priester und Hirten unserer Seelen (vgl. 1 Petr 2,25). Gemeinsam mit euch möchte ich diesen Text vom Altar des einzigen und ewigen Priestertums des Erlösers entgegennehmen, das beim Letzten Abendmahl auf sakramentale Weise unser Anteil geworden ist.
Christus ist der wahre Weinstock. Wenn der Ewige Vater auf dieser Welt seinen Weinberg bestellt, so tut er es in der Kraft der Wahrheit und des Lebens die im Sohn ist. Darin liegen der nie endende Beginn und der unerschöpfliche Quell der Formung eines jeden Christen und in besonderer Weise jeden Priesters. Versuchen wir, uns dessen vor allem am Gründonnerstag neu bewußt zu werden, zusammen mit der unabdingbaren Bereitschaft, unter dem Wirken des Geistes der Wahrheit in Christus bleiben zu können und so reiche Frucht zu bringen vermögen im Weinberg des Herrn.
3. Vereinigen wir uns in der Gründonnerstagsliturgie mit allen Hirten der Kirche, und danken wir für das Priestertum, an dem wir Anteil haben. Beten wir gleichzeitig dafür dass die Vielen, die die Gnade der Berufung erreicht, in aller Welt diesem Geschenk entsprechen mögen, so dass es der großen Ernte nicht an Arbeitern fehle! (vgl. Mt 9,37).
Aus diesem Wunsch heraus richte ich an alle einen herzlichen Gruß mit meinem Apostolischen Segen.
dem vierzehnten meines Pontifikates..