Dekret vom 11. Januar 1951 zum Rotary-Club

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Pyramide der Neognosis; Geistige Verwandschaften
Dekret

des Heiligen Offizium
im Pontifikat von Papst
Pius XII.
Antwort auf die Anfrage vom 20. Dezember 1950, ob Katholiken Mitglieder des sogenannten "Rotary-Club" sein können
20. Dezember 1950
(Offizieller lateinischer Text: AAS 43 [1950] 91)

(Quelle: Herder-Korrespondenz Herder Verlag Freiburg im Breisgau, 5. Jahrgang, Heft 6, März 1951, S. 240-242)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


"Es ist den Priestern verboten, der Vereinigung ,Rotary-Club' anzugehören oder an ihren Versammlungen teilzunehmen. Was die Laien angeht, so haben sie sich an die Vorschriften des Canon 684 des CIC zu halten." Der Canon 684 des CIC schreibt vor, "sich zu hüten vor geheimen, verurteilten, revolutionären, verdächtigen Vereinen und vor solchen, welche sich der allgemeinen kirchlichen Aufsicht zu entziehen suchen".

Erklärend

Dies Dekret verschärft die bisher geübte Praxis der Kirche gegenüber Rotary mindestens, was die Zugehörigkeit von Priestern betrifft. Bisher war ihnen nur "abgeraten", Mitglied zu werden. "Non expedit" hieß es im Dekret der Konsistorialkongregation (Act. Ap. Sed. 6. 2. 1929 S. 42). Jedoch sind wiederholt Ausnahmen zugestanden worden.

Die neue Verschärfung hat vor allen Dingen in angelsächsischen Ländern einiges Aufsehen und einige Diskussionen hervorgerufen, so dass sich der Osservatore Romano veranlaßt sah, einen gewissermaßen offiziösen Kommentar dazu zu geben. Es wird darin zunächst darauf hingewiesen, dass das Verbot der Zugehörigkeit zum Rotary-Club für die Geistlichen nur eine Wiederholung einer schon am 4. Februar 1929 ergangenen Weisung der Konsistorialkongregation sei, und zwar beziehe sich dieses Verbot auf die Mitgliederversammlungen des Rotary-Clubs, in denen die wirtschaftlichen und beruflichen Geschäfte ihrer Mitglieder erörtert würden. Es erstrecke sich nicht auf solche Versammlungen, die zwar vom Rotary-Club einberufen seien, aber zu Zwecken, die der priesterlichen Tätigkeit nicht entgegenstehen und auch für Außenstehende zugänglich seien, etwa, um caritative Initiativen zu verwirklichen.

Was die Laien angehe, so spreche das Dekret kein direktes Verbot aus, sondern habe den Charakter einer Warnung. Man wolle keineswegs dem Rotary-Club alle die einzelnen Eigenschaften zusprechen, die im Canon genannt seien. Es genüge jedoch, wenn eine Vereinigung auch nur eine dieser Eigenschaften habe, um sie vom katholischen Standpunkt aus als verdächtig zu betrachten. Im Falle des Rotary-Clubs erscheinen die Weisungen des Heiligen Offiziums schon durch den laizistischen und areligiösen Geist gerechtfertigt, der die Haltung des Clubs bezüglich vieler Probleme charakterisiere, in denen der Katholik durch die Lehre der Kirche gebunden sei, so z. B. auf moralischem Gebiet und in Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Dieser Charakter werde ganz offenbar durch Artikel 3 des Statutes und durch die Gesamtheit der 11 Artikel des sogenannten "ethischen Kodex" des Rotary-Clubs, wie auch durch verschiedene von Leitern des Rotary-Clubs früher gemachte Erklärungen dargetan. Dieser Geist des Laizismus und der religiösen Indifferenz öffne der Infiltration von freimaurerischen und antiklerikalen Elementen in den Rotary-Club Tür und Tor. Tatsächlich sei in vielen Ländern ein maßgebender Einfluss der Freimaurerei im Rotary-Club deutlich. Als solche Länder werden in dem Kommentar des "Osservatore Romano" Spanien, Holland und einige Länder Südamerikas genannt, deren Bischöfe schon strenge Weisungen gegen den Rotary-Club erlassen hätten. Eine römische Meldung des NCWC fügt weiter die Namen Italien, Schweiz und Belgien hinzu und weist namentlich darauf hin, dass der Rotary-Club in Mexiko z. B. die Kirchenverfolgung unter Präsident Calles sehr aktiv unterstützt habe. Der Osservatore Romano weist dann weiter darauf hin, dass in anderen Ländern die Lage durchaus anders sei, wo sich der Club durch den Einfluss von der Kirche gegenüber freundlich eingestellten Leitern und Mitgliedern sehr tolerant und wohlwollend gegenüber religiösen Interessen verhalten habe. Es müsse also den Bischöfen überlassen bleiben, zu bestimmen, ob in ihrem Jurisdiktionsbereich der Rotary-Club die in Canon 684 genannten Kennzeichen habe oder nicht und ob die Zugehörigkeit von Katholiken zu ihm geduldet werden könne. Die Bischöfe hätten allerdings die Pflicht, bei einer solchen Entscheidung nicht nur von der Lage ihrer eigenen Diözese auszugehen, sondern immer die religiösen Interessen ihres ganzen Landes zu berücksichtigen.

Die englische Wochenschrift "Catholic Herald" weist in einem ihrer Artikel darauf hin, dass man die tieferen Hintergründe solcher Bewegungen nicht übersehen dürfe. "In der gegenwärtigen säkularisierten Welt", so heißt es dort, "ist es erschreckend leicht, eine gotterfüllte Religiosität durch ein Ideal rein humanitären guten Willens und Diensteifers zu ersetzen. Vielen erscheint ein solches Ideal reiner und einfacher, und doch ist es im Grunde genommen selbstbezogen, wohingegen die echte Religiosität wesentlich selbstabgewendet und gottbezogen ist. Sie allein ist von Dauer und hält gegenüber den Irrtümern stand, welche die Welt in ihre gegenwärtigen Schwierigkeiten geführt haben. Nicht allein der Rotary-Club, sondern praktisch jede weltliche Vereinigung leidet unter diesem grundsätzlichen Mangel. Dabei liegt die Schwäche bei den Christen selber. Wenn sie ihre religiösen Ideale wirklich lebten, so würden sie die Rotarier und alle Menschen ähnlicher Art zu einem wahren Verständnis des menschlichen Zusammenlebens in Gott bekehren. Das wäre ihre Aufgabe. Es scheint jedoch, dass der Heilige Stuhl Informationen besitzt, dass eher das Gegenteil stattfindet."

Was ist der Rotary-Club

Da das Wesen, der Zweck und die Organisation des Rotary-Clubs in weiteren Kreisen sehr wenig bekannt sind, scheint es zweckmäßig, darüber etwas zu berichten. Wir entnehmen diese Mitteilungen einem längeren Aufsatz der Schweizer "Orientierung" (15.10.1950).

Der Rotary-Club wurde 1905 von dem Rechtsanwalt Paul Harris in Chikago gegründet. In dem Club sollten sich nach der Absicht des Gründers Männer verschiedener Berufe, und zwar möglichst in der lokalen Gruppe aus jedem Beruf nur je einer, vereinigen, um der Entfremdung unter den Gruppen der Gesellschaft entgegenzuwirken und gemeinsam für die Idee des "Dienstes an der Öffentlichkeit" zu wirken. Heute besteht der Club in 82 Ländern mit 7000 einzelnen Clubs und ca. 350 000 Mitgliedern, überwiegend Geschäftsleuten und Angehörigen freier Berufe. Die Ämter werden nach föderalistischem Prinzip durch Wahl vergeben. Die Befugnisse der Gewählten sind bedeutend. Jedes Jahr tagt ein Gesamtkongress. 1946 nahmen 16000 Rotarier daran teil. Die Zentrale ist in Chikago. Unter ihr leiten drei Sekretariate in London, Zürich und Bombay die Weltorganisation. Beherrschender Grundsatz ist das Ideal des Dienstes. Es soll sich in vier konkreten Zielen verwirklichen: 1. Freundschaft, 2. Dienst am Beruf in Redlichkeit und Hebung der Berufsmoral, 3. Dienst an der Gemeinschaft durch Teilnahme an Werken der Nächstenliebe, besonders auch durch Hilfe an der Jugend, 4. gegenseitige Verständigung zwischen den Völkern, Pflege internationaler Beziehungen.

Dies alles sind Grundsätze einer natürlichen Sittlichkeit. Was daraus gemacht wird und welche Haltung von ihnen her gegenüber der Kirche eingenommen wird, das hängt von den Mitgliedern ab. Der Gründer des Clubs war Freimaurer. Jedoch unterscheidet sich Rotary von der Freimaurerei in folgendem:

1. Er ist keine geheime Gesellschaft. Es besteht auch keine Schweigepflicht.

2. Die Rotarier verbergen die Tatsache ihrer Mitgliedschaft nicht.

3. Rotary strebt nicht nach der Menge, sondern nach der Güte. Es werden aus jedem Beruf nur wenige, möglichst die Würdigsten aufgenommen.

4. Rotary befasst sich weder mit Politik noch mit Religion. Er verbietet die Diskussion darüber.

5. Rotary hat nicht das Prinzip unbedingter Kameradschaft, d. h. er deckt kein ehrenrühriges Verhalten seiner Mitglieder.

6. Rotary erstrebt und leistet Dienst an der Allgemeinheit.

7. Rotary hat kein antikatholisches Prinzip. Übrigens ist der gegenwärtige Präsident katholisch. Die Aufnahme von Mitgliedern ist an keine konfessionellen Rücksichten gebunden.

Im ganzen wird die Einstellung von Rotary zur Kirche je nach den Ländern und örtlichen Verhältnissen unterschiedlich sein. In ausgesprochen katholischen Ländern, wie Italien, Spanien und Lateinamerika, vielleicht auch in Holland trägt die betonte Hervorhebung der "natürlichen" Ethik, der Toleranz usw. einen etwas anderen Charakter als in den germanischen und angelsächsischen Ländern. Sie bedeutet dort allzu leicht mindestens eine betonte Distanzierung gegenüber allem, was katholisch oder, wie man in diesem Fall zuweilen gern sagt, was "bigott" ist. Es liegen keine Anzeichen vor, diese gewollte Distanzierung auch den deutschen Rotariern zu unterstellen.