Congregavit nos in unum Christi amor
Congregavit nos in unum christi amor |
---|
Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens
im Pontifikat von Papst
Johannes Paul II.
über das brüderliche Leben in Gemeinschaft
(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite; Die Verwendung der Begriffe "Bruder, brüderlich" folgt dem italienischen Text und meint, wo und wie dieser, beide Geschlechter; Inhaltsübersichtseinteilung nach: VAS 116; auch in: DAS 1994, S. 1118-1173 abgedruckt)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 2 I. DAS GESCHENK DER COMMUNIO UND DER GEMEINSCHAFT
- 3 II. DIE ORDENSGEMEINSCHAFT ALS ORT, WO MAN BRUDER UND SCHWESTER WIRD
- 3.1 Spiritualität und gemeinsames Beten
- 3.2 Persönliche Freiheit und Verwirklichung der Brüderlichkeit
- 3.3 Miteinander Wachsen durch gegenseitigen Austausch
- 3.4 Ordensgemeinschaft und Reifung der Person
- 3.5 Vom Ich zum Wir
- 3.6 Die Ordensgemeinschaft in beständiger Weiterbildung
- 3.7 Die Autorität im Dienste der Brüderlichkeit
- 3.8 Die Brüderlichkeit als Zeichen
- 4 III. DIE ORDENSGEMEINSCHAFT ALS ORT UND TRÄGERIN DER SENDUNG
- 5 SchlussBEMERKUNG
- 6 ABKÜRZUNGEN
- 7 Anmerkungen
- 8 Weblinks
EINLEITUNG
1. Die Liebe Christi hat eine große Zahl von Jüngern zusammengeführt, damit sie untereinander eins seien, und damit sie, wie Er und durch Ihn, im Geist, über die Jahrhunderte hin eine Antwort auf die Liebe des Vaters geben, indem sie "aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und mit allen ihren Kräften" (vgl. Dt 6,5) Ihn lieben, und den Nächsten "wie sich selbst" (vgl. Mt 22,39).
Unter diesen Jüngern stellen jene, die in den Ordensgemeinschaften zusammenleben, Männer und Frauen "aus allen Sprachen, Rassen, Völkern und Stämmen" (vgl. Offb. 7,9), bis heute einen besonders aussagekräftigen Ausdruck dieser großen, grenzenlosen Liebe dar. Nicht "aus dem Willen des Fleisches oder Blutes", nicht aus persönlicher Sympathie oder aus menschlichen Motiven, sondern "von Gott" (vgl. Joh 1,13), von einer göttlichen Berufung angezogen, sind die Ordensgemeinschaften ein lebendiges Zeichen für den Vorrang der Liebe Gottes, der Wunderbares wirkt, und für die Liebe zu Gott und den Brüdern und Schwestern, so wie Christus sie aufgezeigt und vorgelebt hat.
Angesichts ihrer Bedeutung für das Leben und für die Heiligkeit der Kirche ist es wichtig, das Leben der konkreten Ordensgemeinschaften zu überprüfen, seien sie monastisch und kontemplativ oder apostolisch tätig, und zwar unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Eigenart. Was hier über die Ordensgemeinschaften gesagt wird, gilt gleicherweise auch für die Gemeinschaften der Gesellschaften des apostolischen Lebens, immer unter Berücksichtigung ihrer Eigenart und Rechtsordnung.
a) Das Thema dieses Dokumentes geht von einer Tatsache aus: In vielen Ländern hat sich das Erscheinungsbild des "brüderlichen, gemeinsamen Lebens", im Vergleich zur Vergangenheit, in vielem verändert. Diese Veränderungen wie auch die Hoffnungen und Enttäuschungen, die bis heute diesen Wandlungsprozess begleiten, rufen nach einer Neubesinnung im Lichte des II. Vatikanischen Konzils. Sie haben zu positiven, aber auch zu umstrittenen Ergebnissen geführt. Sie haben nicht wenige Werte des Evangeliums neu ins Licht gerückt und den Ordensgemeinschaften neue Vitalität geschenkt. Sie haben jedoch auch Fragen geweckt, weil sie einige der typischen Elemente des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft verdunkelt haben. In einigen Gegenden scheint die Ordensgemeinschaft sogar in den Augen der Ordensmänner und Ordensfrauen an Bedeutung verloren zu haben und womöglich nicht mehr ein erstrebenswertes Ideal zu sein.
Mit der Gelassenheit und Unruhe dessen, der den Willen Gottes sucht, wollten viele Ordensgemeinschaften diesen Wandlungsprozess auswerten, um der eigenen Berufung im Gottesvolk besser zu entsprechen.
b) Viele Faktoren haben diese Veränderungen mitbestimmt, und dies vor unseren Augen: - Die "ständige Rückkehr zu den Quellen jedes christlichen Lebens und zum
Geist des Ursprungs der einzelnen Institute",<ref> PC 2 </ref> oder anders gesagt, die tiefere und umfassendere Begegnung mit dem Evangelium und mit dem ersten Aufbrechen des Gründungscharismas war ein kraftvoller Anstoß zur Aneignung des wahren Geistes der Brüderlichkeit, und zu jenen Strukturen und Verhaltensweisen, die ihn überzeugend ausdrücken sollen. Dort, wo die Begegnung mit diesen Quellen und mit der ursprünglichen Inspiration nur unvollständig oder mit halbem Herzen geschah, war das brüderliche Leben vielfach gefährdet und verblaßte.
- Dieser Prozess hat sich jedoch auch innerhalb allgemeinerer Entwicklungen abgespielt, die den größeren Rahmen dazu bilden, und deren Einflüssen sich das Ordensleben nicht entziehen konnte.<ref> vgl. PC 2-4 </ref>
Das Ordensleben ist ein lebendiger Teil der Kirche, und es lebt in der Welt. Die Werte und Gegenwerte, die in einer Epoche oder in einem Kulturkreis gären, und die gesellschaftlichen Strukturen, die sie offenlegen, bedrängen das Leben aller, einschließlich das der Kirche und ihrer Ordensgemeinschaften. Letztere werden entweder ein evangelischer Sauerteig in der Gesellschaft sein, Verkündigung der Frohen Botschaft inmitten der Welt, Ankündigung des himmlischen Jerusalems in der Zeit, oder sie werden in einer längeren oder kürzeren Agonie erliegen, einfach deshalb, weil sie sich der Welt angeglichen haben. Darum müssen das Nachdenken und die neuen Vorschläge bezüglich des "brüderlichen Lebens in Gemeinschaft" diese äußeren Rahmenbedingungen berücksichtigen.
- Aber auch die eigene Entwicklung der Kirche hat tief auf die Ordensgemeinschaften eingewirkt. Das II. Vatikanische Konzil, das ein Ereignis der Gnade und einen höchsten Ausdruck der pastoralen Führung der Kirche in diesem Jahrhundert darstellt, hatte einen entscheidenden Einfluß auf das Ordensleben; nicht nur durch das Dekret Perfectae Caritatis, das ihm gewidmet ist, sondern auch durch die konziliare Ekklesiologie und durch ein jedes seiner Dokumente.
Aus den genannten Gründen beginnt das vorliegende Dokument, bevor es zur Sache kommt, mit einem kurzen Blick auf die Veränderungen in jenen Bereichen, die unmittelbarer die Qualität des brüderlichen Lebens und der Formen seiner Verwirklichung in den verschiedenen Ordensgemeinschaften beeinflusst haben.
DIE THEOLOGISCHE ENTWICKLUNG
2. Das II. Vatikanische Konzil hat einen grundlegenden Beitrag für die Neubewertung des "brüderlichen Lebens in Gemeinschaft" und für ein neues Verständnis der Ordensgemeinschaften geleistet.
Es war die Entwicklung der Ekklesiologie, die mehr als andere Faktoren die Entfaltung des Verständnisses der Ordensgemeinschaften beeinflußt hat. Das II. Vatikanum betonte, dass das Ordensleben "unerschütterlich" (inconcusse) zum Leben und zur Heiligkeit der Kirche gehört, und hat es im Herzen ihres Geheimnisses der communio und der Heiligkeit beheimatet.<ref> vgl. LG 44d </ref>
Die Ordensgemeinschaft hat also Anteil an einem erneuerten und vertieften Verständnis der Kirche. Daraus folgert:
a) Von der Kirche als Geheimnis zur geheimnisbezogenen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Die Ordensgemeinschaft ist nicht einfachhin ein Zusammenschluss von Christen, die ihre persönliche Vollkommenheit suchen. Sie ist in ihrer Tiefe vielmehr Teilhabe und qualifiziertes Zeugnis für die Kirche als einem Geheimnis, denn sie ist lebendiger Ausdruck und wesensgemäße Verwirklichung ihrer besonderen "communio", der großen trinitarischen "koinonia", an welcher der Vater den Menschen Teilhabe gewähren wollte durch den Sohn im Heiligen Geist.
b) Von der Kirche als Geheimnis zur brüderlichen und gemeinschaftsbezogenen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Die Ordensgemeinschaft macht durch ihre Struktur, durch ihre Motivationen, durch ihre charakteristischen Werte jene Gabe der Brüderlichkeit öffentlich sichtbar und fortwährend erfahrbar, die Christus der ganzen Kirche geschenkt hat. Eben deshalb ist es ihre unverzichtbare Aufgabe und ihre Sendung, eine Zelle intensiv gelebter gemeinschaftlicher Brüderlichkeit zu sein, die Zeichen und Ansporn ist für alle Getauften.<ref> vgl. PC 15a; LG 44c </ref>
c) Von der Kirche, die von den Charismen beseelt ist, zur charismatischen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Die Ordensgemeinschaft ist eine Zelle brüderlicher Gemeinschaft, die ihr Leben von ihrem Gründungscharisma her empfängt; sie ist Teil der organischen communio der ganzen Kirche, die der Geist fortwährend mit den verschiedensten Diensten und Charismen erfüllt.
Um einer solchen Gemeinschaft anzugehören ist die besondere Gnade einer Berufung erforderlich. Konkret heißt dies, dass die Mitglieder einer Ordensgemeinschaft untereinander durch einen gemeinsamen Ruf Gottes im Sinne des Charismas der Gründung verbunden sind, durch eine typische kirchliche Lebensweihe und durch eine gemeinschaftliche Antwort, die in der Teilhabe an "der Erfahrung des Geistes" besteht, die vom Gründer gelebt und an seine Sendung in der Kirche weitergegeben wurde.<ref> vgl. MR 11 </ref>
Sie will auch die "schlichteren und allgemeineren"<ref> LG 12 </ref> Gnadengaben dankbar annehmen, die Gott in ihren Mitgliedern zum Wohle des ganzen Leibes erweckt. Die Ordensgemeinschaft existiert für die Kirche, um sie darzustellen, sie zu bereichern<ref> vgl. MR 14 </ref> und sie für ihre Sendung fähiger zu machen.
d) Von der Kirche als Sakrament der Einheit zur apostolischen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Der Sinn des Apostolates liegt darin, die Menschheit zur Vereinigung mit Gott und zu ihrer Einheit zu führen, und dies durch die göttliche Liebe. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft als ein Ausdruck der durch Gottes Liebe bewirkten Einheit ist, neben seinem wesentlichen Zeugnischarakter im Dienste der Evangelisierung, auch für das apostolische Wirken und für dessen letzte Zielsetzung von großer Bedeutung. Von hier empfängt die Ordensgemeinschaft die Kraft eines Zeichens und eines Instruments der Brüderlichkeit. Die brüderliche Gemeinschaft steht in der Tat am Anfang und am Ende des Apostolates.
Das Lehramt hat seit dem Konzil dieses neue Verständnis der Ordensgemeinschaft vertieft und durch neue Beiträge bereichert.<ref> vgl. ET 30-39; MR 2,3,10,14; EE 18-22; PI 25-28; vgl. auch can. 602 </ref>
DIE KIRCHENRECHTLICHE ENTWICKLUNG
3. Das Kirchenrecht (1983) konkretisiert und verdeutlicht jene Weisungen des Konzils, die das Gemeinschaftsleben betreffen.
Wenn von "gemeinsamem Leben" gesprochen wird, sind zwei Gesichtspunkte zu unterscheiden. Während der Kodex von 1917<ref> vgl. can. 594 § 1 </ref> den Eindruck erweckt, sich auf äußerliche Elemente und auf die Einheitlichkeit des Lebensstiles zu konzentrieren, bestehen das II. Vatikanum<ref> vgl. PC 15 </ref> und der neue Kodex<ref> vgl. can. 602, 619 </ref> ausdrücklich auf der spirituellen Dimension und auf dem Band der Brüderlichkeit, das alle Mitglieder untereinander in Liebe verbinden muss. Der neue Kodex hat beide Gesichtspunkte zusammengefasst, wenn er von einem "brüderlichen Leben" spricht, das "in Gemeinschaft" zu führen ist.<ref> can. 607 § 2 </ref>
Man kann somit im Gemeinschaftsleben zwei Elemente der Gemeinschaft und der Einheit unter den Mitgliedern unterscheiden:
ein mehr spirituelles: es ist die "Brüderlichkeit", oder "brüderliche Gemeinschaft", die vom Herzen ausgeht und von der Liebe beseelt wird. Es betont eher die "Lebensgemeinschaft" und die Beziehung unter den Personen.<ref> vgl. can 602 </ref>
ein mehr äußerliches: es ist das "Leben in Gemeinschaft" oder das "Leben als Gemeinschaft", das sich verwirklicht "im Wohnen im eigenen, rechtmäßig errichteten Ordenshaus" und in "gemeinsamer Lebensführung" durch Treue zu denselben Regeln, durch Teilnahme an den gemeinsamen Übungen und durch Mitarbeit in den gemeinsamen Diensten.<ref> vgl. can. 608; 665 </ref>
Dies alles wird in den verschiedenen Gemeinschaften jeweils "gemäß der eigenen Lebensordnung"<ref> can. 731 § 1 </ref> verwirklicht, also auf eine dem Charisma und dem Eigenrecht des Instituts entsprechende Weise.<ref> vgl. can. 607 § 2; auch can. 602 </ref> Hierin liegt die Bedeutung des Eigenrechtes, das das Erbgut eines jeden Institutes auf das Gemeinschaftsleben wie auch auf die Mittel zu dessen Verwirklichung anwenden muss.<ref> vgl. can. 587 </ref>
Es versteht sich, dass das "brüderliche Leben" nicht automatisch schon mit der Einhaltung jener Normen gegeben ist, die das Leben in Gemeinschaft regeln; doch ist es ebenso einleuchtend, dass es Ziel des Lebens in Gemeinschaft ist, das Leben in Brüderlichkeit intensiv zu fördern.
DIE GESELLSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG
4. Die Gesellschaft befindet sich in ständiger Entwicklung, und die Ordensleute, die nicht von der Welt sind, aber dennoch in ihr leben, werden davon beeinflusst.
Wir erinnern hier lediglich an einige Aspekte, die einen unmittelbareren Einfluß auf das Ordensleben ganz allgemein, in besonderer Weise jedoch auf die Ordensgemeinschaften ausgeübt haben.
a) Die politischen und sozialen Emanzipationsbewegungen in der Dritten Welt und das Anwachsen der Industrialisierung führten in den letzten Jahrzehnten zu großen sozialen Veränderungen, zu einer besonderen Sensibilisierung für die "Entwicklung der Völker" und für die Situationen der Armut und des Elends. Angesichts dieser Entwicklung haben die Ortskirchen mit großer Lebhaftigkeit reagiert.
Besonders in Lateinamerika wurde durch die Generalversammlungen der dortigen Bischöfe in Medellin, Puebla und Santo Domingo, die "evangeliumsgemäßen und vorrangigen Option für die Armen"<ref> SD 178 und 180 </ref> in den Vordergrund gerückt, mit einer nachträglichen Verschiebung des Akzentes auf den sozialen Einsatz.
Die Ordensgemeinschaften wurden davon sehr stark betroffen, und viele von ihnen begannen, die Bedingungen für ihre Präsenz in der Gesellschaft in Richtung auf einen unmittelbareren Dienst an den Armen neu zu überdenken, bis hin zur Eingliederung (inserimento) unter ihnen.
Das beeindruckende Anwachsen des Elends am Rande der Großstädte und die Verarmung der Landbevölkerung beschleunigten in nicht wenigen Ordensgesellschaften den Prozess des "Umzugs" in solche Gebiete des armen Volkes.
Überall stellt sich das Problem der Inkulturation. Die Kulturen, die Traditionen, die Mentalität eines Landes, sie alle prägen die Gestalt des brüderlichen Lebens in den Ordensgemeinschaften.
Dazu kommt, dass die jüngsten, weiträumigen Wanderungsbewegungen das Problem des Zusammenlebens verschiedener Kulturen stellen, sowie jenes der rassenfeindlichen Reaktionen. Dies alles ist auch in den immer zahlreicher werdenden, kulturell und rassisch gemischten Ordensgemeinschaften spürbar.
b) Die Forderung nach persönlicher Freiheit und nach den Menschenrechten stand am Anfang eines umfassenden Demokratisierungsprozesses, der die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum der zivilen Gesellschaft gefördert hat.
Unmittelbar nach dem Konzil hat dieser Prozess - vor allem im Westen - eine Beschleunigung erfahren, die zuweilen von Versammlungssucht und von antiautoritären Verhaltensmustern geprägt war.
Vor der Infragestellung der Autorität blieben auch die Kirche und das Ordensleben nicht verschont, was deutliche Auswirkungen auch auf das gemeinsame Leben hatte.
Die einseitige und überzogene Betonung der Freiheit hat im Westen zur Verbreitung einer Kultur des Individualismus beigetragen und die Ideale des Gemeinschaftslebens und des Einsatzes für gemeinschaftliche Vorhaben geschwächt.
Auch andere, ebenso einseitige Reaktionen sind hier zu nennen, wie z.B. die auf blindes Vertrauen in eine beruhigende Führung gründende Flucht in sichere Autoritäts-Strukturen.
c) Die Stärkung der Rolle der Frau - nach Papst Johannes XXIII. eines der Zeichen der Zeit - hat im Leben der christlichen Gemeinschaften in verschiedenen Ländern kein geringes Echo gefunden.<ref> vgl. Mulieris Dignitatem; vgl.GS 9, 60 </ref> Selbst wenn in einigen Gegenden der Einfluß extremistischer Strömungen des Feminismus das Ordensleben tief berührt, so sind die weiblichen Ordensgemeinschaften doch fast überall auf der positiven Suche nach Formen des Gemeinschaftslebens, von denen man annimmt, dass sie einem erneuerten Bewußtsein von der Identität, der Würde und der Rolle der Frau in Gesellschaft, Kirche und Ordensleben mehr entsprechen.
d) Die Explosion der Kommunikationsmittel hat seit den 60er-Jahren beachtlich, zuweilen geradezu dramatisch, den allgemeinen Informationsstand, das soziale und apostolische Verantwortungsbewußtsein, die apostolische Beweglichkeit und die Qualität der Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft beeinflußt, ganz zu schweigen vom konkreten Lebensstil und vom Klima der Sammlung, die eine Ordensgemeinschaft kennzeichnen sollten.
e) Der Konsumismus und Hedonismus, verbunden mit einer Schwächung des Glaubens, die dem Säkularismus eigen ist, blieb in vielen Gegenden nicht ohne Einfluß auf die Ordensgemeinschaften und hat bei einzelnen von ihnen die Fähigkeit, "dem Bösen zu widerstehen", auf eine harte Probe gestellt, andererseits aber doch auch zu neuen, persönlichen und gemeinschaftlichen Lebensstilen geführt, die ein unverfälschtes evangelisches Zeugnis für unsere Welt darstellen.
Dies alles ist eine Herausforderung und ein Anruf, mit verstärkter Willenskraft die evangelischen Räte zu leben, und dies auch, um die gesamte christliche Gemeinschaft in ihrem Zeugnis zu bestärken.
ÄNDERUNGEN IM ORDENSLEBEN
5. In diesen Jahren haben sich Wandlungen vollzogen, die auf die Ordensgemeinschaften einen einschneidenden Einfluß ausgeübt haben.
a) Neue Lebensgestaltung in den Ordensgemeinschaften. Gleichzeitig mit dem Rückgang der Berufe haben in vielen Ländern die zunehmenden Aktivitäten des Staates in Bereichen, in denen die Ordensgemeinschaften tätig waren, wie z.B. in Fürsorge, Schule und Gesundheitswesen, zu einer Verminderung der Präsenz der Ordensleute in den für apostolisch tätige Institute typischen Werken geführt.
So werden jene großen Ordensgemeinschaften weniger, die in solchen äußeren Apostolatswerken eingebunden waren, die lange Zeit das Erscheinungsbild der verschiedenen Institute geprägt haben.
Gleichzeitig werden in einigen Gegenden die kleineren Gemeinschaften bevorzugt, die von Ordensleuten gebildet werden, die sich in nicht institutseigene, jedoch oft auf der Linie des Charismas des Instituts liegende Werke einbringen. Dies hat beachtliche Folgen für die Form des Gemeinschaftslebens und verlangt Änderungen im traditionellen Lebensrhythmus.
Der ehrliche Wille, der Kirche zu dienen, das Festhalten an Werken des Instituts, sowie die drängenden Anfragen der Ortskirche können manchmal die Ordensleute leicht dazu veranlassen, sich mit Arbeit zu überladen, was dann zu einer zeitlichen Verringerung ihrer Verfügbarkeit für das Gemeinschaftsleben führt.
b) Auf die zunehmenden Anfragen um Hilfe in den drängendsten Nöte unserer Zeit (Arme, Drogenabhängige, Flüchtlinge, Randgruppen, Behinderte, Kranke), antworteten die Orden mit einem bewundernswerten und auch anerkannten Engagement.
Dies machte jedoch auch Änderungen im traditionellen Erscheinungsbild der Ordensgemeinschaften notwendig, die von einigen für ungeeignet gehalten wurden, um solchen neuen Umständen zu begegnen.
c) Das Verständnis und die Realisierung der eigenen Arbeit, die - besonders in einem säkularisierten Umfeld - eher als schlichte Ausübung eines bestimmten Berufes, und nicht als die Entfaltung einer Sendung im Dienste des Evangeliums angesehen wird, hat zuweilen die Wirklichkeit der Weihe an Gott und die geistliche Dimension des Ordenslebens derart in den Schatten gestellt, dass das Gemeinschaftsleben als ein Hindernis für dieses Apostolat angesehen wurde, oder als ein rein funktionales Mittel zum Zweck.
d) Im unmittelbaren Gefolge des Konzils entwickelte sich ein neues Verständnis der Person, verbunden mit einer starken Betonung der Einzelperson und ihrer Initiativen. Im Anschluss daran erwachte ein feineres Gespür für Gemeinschaft im Sinne eines brüderlichens Lebens, das mehr auf der Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen als auf den formalen Aspekten einer satzungsmäßigen Observanz gründet.
Diese Akzentuierung wurde hier und da radikalisiert (daher rühren die einander entgegengesetzten Tendenzen des Individualismus und des Kommunitarismus), ohne bislang zu einer befriedigenden Synthese gefunden zu haben.
e) Die neuen Leitungsstrukturen, die aus den erneuerten Konstitutionen hervorgegangen sind, verlangen nach einer erheblich stärkeren Einbeziehung der Ordensmitglieder. Das führte zu einer anderen Weise, den Problemen durch gemeinschaftliches Gespräch, durch Mitverantwortung und durch Subsidiarität zu begegnen. Sämtliche Mitglieder werden in die Fragen der Gemeinschaft miteinbezogen. Dies ändert nicht unerheblich die zwischenmenschlichen Beziehungen und hat Folgen auch für das Verständnis der Autorität. Nicht selten tut sich diese im praktischen Alltag schwer, im neuen Gefüge ihren eigenen Ort wiederzufinden.
Alle die oben angeführten Veränderungen und Tendenzen haben auf das Erscheinungsbild der Ordensgemeinschaften einen tiefgehenden, wenngleich differenzierten Einfluß ausgeübt.
Die oft beachtlichen Differenzierungen sind - wie leicht zu verstehen ist - bedingt durch die Verschiedenheit der Kulturen und der Kontinente, durch die Geschlechterverschiedenheit der Gemeinschaften, durch die Eigenart des Ordenslebens und des Instituts, durch die unterschiedlichen Werke und das entsprechende neue Verständnis und die neue Aktualisierung des Gründercharismas, durch die unterschiedliche Art, der Gesellschaft und der Kirche zu begegnen, durch die unterschiedliche Aufnahme der vom Konzil formulierten Werte, durch die verschiedenen Traditionen und Formen im Gemeinschaftsleben, durch die Unterschiede in der Ausübung der Autorität und in dem Bemühen um die Erneuerung der beständigen Weiterbildung. Diese Probleme sind in Wirklichkeit nur zum Teil gemeinsame Probleme, und sie differenzieren sich immer mehr.
ZIELE DES DOKUMENTS
6. Angesichts dieser neuen Situation will das vorliegende Dokument vor allem die Anstrengungen unterstützen, die von vielen männlichen und weiblichen Ordensgemeinschaften zur Verbesserung ihres brüderlichen und schwesterlichen Lebens gemacht werden. Dazu möchte es einige Unterscheidungs-Kriterien anbieten, die für eine authentische Erneuerung aus dem Geist des Evangelium hilfreich sein können.
Vorliegendes Dokument will außerdem all jenen einige Anregungen zum Nachdenken anbieten, die sich vom Ideal des Gemeinschaftslebens entfernt haben, damit sie bei ihrer Selbstbesinnung auch ernsthaft bedenken, wie unverzichtbar das brüderliche Leben in Gemeinschaft für alle jene ist, die sich in einem Ordensinstitut dem Herrn geweiht oder einer Gesellschaft des apostolischen Lebens angeschlossen haben.
7. Dazu wird im folgenden dargelegt:
a) Die Ordensgemeinschaft als Geschenk: noch bevor es menschlicher Plan zu sein beginnt, ist das brüderliche Leben in Gemeinschaft Teil des Planes Gottes, der sein Leben mitteilen will.
b) Die Ordensgemeinschaft als Ort, wo man Bruder und Schwester wird: die angemessendsten Wege für die Ordensgemeinschaft, zur christlichen Brüderlichkeit zu gelangen.
c) Die Ordensgemeinschaft als Ort und Trägerin der Sendung: die konkreten Entscheidungen, die eine Ordensgemeinschaft in den unterschiedlichen Gegebenheiten zu treffen hat, und die wichtigsten Kriterien für die Entscheidungsfindung.
Um in das Geheimnis der communio und der Brüderlichkeit einzutreten, und bevor wir die nicht einfachen Unterscheidungen anstellen, die für eine Erneuerung unserer Gemeinschaften im Lichte des Evangeliums notwendig sind, wollen wir in Bescheidenheit den Heiligen Geist anrufen, damit er bewirke, was ihm allein möglich ist: "Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz aus Fleisch... Dann werdet ihr Mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein" (Ez 36,26-28).
I. DAS GESCHENK DER COMMUNIO UND DER GEMEINSCHAFT
8. Noch bevor die Ordensgemeinschaft ein Gebilde des Menschen ist, ist sie eine Gabe des Geistes. Aus der Liebe Gottes, die durch den Geist in die Herzen eingegossen ist, nimmt die Ordensgemeinschaft ihren Ursprung, und aus ihr wird sie auferbaut zu einer wahren Familie, die im Namen des Herrn versammelt ist.<ref> vgl. PC 15a; can. 602 </ref>
Die Ordensgemeinschaft kann also nicht verstanden werden, wenn man sie nicht als ein Geschenk von Oben betrachtet und von ihrem innersten Geheimnis ausgeht: von ihrer Verwurzelung im Herzen der heiligen und heiligmachenden Dreifaltigkeit, die sie teilhaben läßt am Geheimnis der Kirche, für das Leben der Welt.
Die Kirche als communio
9. Indem Gott den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis erschuf, hat er ihn auf Gemeinschaft hin erschaffen. Der Schöpfer, der sich als Liebe, Dreifaltigkeit, Gemeinschaft geoffenbart hat, hat den Menschen dazu berufen, in engste Beziehung zu Ihm und zur Gemeinschaft zwischen den Menschen einzutreten, d.h. zur allumfassenden Liebe.<ref> vgl. GS 3 </ref>
Die höchste Berufung des Menschen besteht darin, mit Gott und mit den Mitmenschen, seinen Brüdern und Schwestern, in eine persönliche Beziehung zu treten.
Dieser Plan Gottes wurde durch die Sünde belastet, die jede Form von Beziehung zerstört hat: die Beziehung zwischen Mensch und Gott, zwischen Mann und Frau, zwischen Geschwistern, zwischen den Völkern, zwischen der Menschheit und der Schöpfung.
In seiner großen Liebe sandte der Vater seinen Sohn, damit Er, der neue Adam, die gesamte Schöpfung wiederherstelle und zu ihrer vollen Einheit zurückführe. Er, der in unsere Mitte kam, hat den Anfang des neuen Gottesvolkes gebildet, indem er Apostel und Jünger, Männer und Frauen, um sich sammelte als ein lebendiges Abbild der in sich geeinten Menschheitsfamilie. Ihnen hat er die universale Brüderlichkeit im Vater verkündet, der uns zu seiner Familie gemacht hat, zu seinen Kindern und zu Geschwistern untereinander. So hat er die Gleichheit durch Brüderlichkeit gelehrt, und Versöhnung durch gegenseitige Vergebung. Er hat die Strukturen der Macht und der Herrschaft auf den Kopf gestellt, indem er selbst das Beispiel gab, wie man dienen und sich an den letzten Platz stellen soll. Beim letzten Abendmahl hat er seinen Jüngern das neue Gebot der gegenseitigen Liebe anvertraut: "Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt; wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben" (Joh 13,34; 15,12); er hat die Eucharistie eingesetzt, die uns zur gegenseitigen Liebe befähigt, indem sie uns durch das eine Brot und den einen Kelch nährt. Dann hat er sich an den Vater gewandt und von ihm, als Summe seines Wollens, die Einheit aller nach dem Vorbild der dreifaltigen Einheit erbeten: "...dass alle eins seien, wie Du, Vater, in mir und ich in dir" (Joh 17,21).
Indem er sich dem Willen des Vaters anheimgab, hat er im Ostergeheimnis jene Einheit vollendet, die er vom Vater erbeten und die zu leben er seine Jünger angewiesen hatte. Mit seinem Kreuzestod hat er die Mauer niedergerissen, die Völker trennt, und hat alle in der Einheit versöhnt (vgl. Eph 2,14-16); so hat er uns gezeigt, dass Gemeinschaft und Einheit Früchte aus der Teilhabe am Geheimnis seines Todes sind.
Die Herabkunft des Heiligen Geistes, der ersten Gabe an jene, die glauben, hat die von Christus gewollte Einheit verwirklicht. Ausgegossen über die im Abendmahlsaal mit Maria versammelten Jünger, machte der Geist die Kirche sichtbar, die sich von ihrem ersten Augenblick an darstellt als brüderliche Gemeinschaft in der Einheit des Herzens und der Seele (vgl. Apg 4,32).
Diese Gemeinschaft ist das Band der Liebe, das alle Glieder des Leibes Christi untereinander verbindet, und den Leib mit seinem Haupt. Die lebenspendende Gegenwart des Heiligen Geistes<ref> vgl. LG 7 </ref> selbst schafft in Christus die organische Einheit: Er eint die Kirche in der communio und im Geheimnis, er ordnet und leitet sie durch verschiedene, sich gegenseitig ergänzende hierarchische und charismatische Gaben, er schmückt sie mit seinen Früchten.<ref> vgl. LG 4; MR 2 </ref>
Auf ihrem Weg durch die Zeit ist die eine und heilige Kirche ständig geprägt von jenem oft leidvollen Ringen um tatsächliche Einheit. Auf ihrem geschichtlichen Weg wurde sie sich immer stärker bewußt, dass sie Volk und Familie Gottes ist, Leib Christi, Tempel des Geistes, Sakrament der tiefsten Einheit des Menschengeschlechtes, Gemeinschaft, Abbild der Dreifaltigkeit. Das II. Vatikanische Konzil hat diese geheimnishafte und gemeinschaftsbezogene Dimension der Kirche betont.
Die Ordensgemeinschaft als Ausdruck der kirchlichen communio
10. Das Ordensleben hat von seinem Anbeginn an dieses innerste Wesen des Christentums aufgegriffen. So fühlte sich die Ordensgemeinschaft in Kontinuität mit jener Schar, die dem Herrn folgte. Er hatte sie einzeln beim Namen gerufen, damit sie in Gemeinschaft mit ihm und den anderen Jüngern lebten, damit sie sein Leben und sein Schicksal teilten (vgl. Mk 3,13-15), um dadurch Zeichen für jenes Leben und jene Gemeinschaft zu werden, die er begründet hat. Die ersten Mönchsgemeinschaften betrachteten die Gemeinschaft der Jünger, die Jesus folgten, und die Gemeinschaft von Jerusalem als ein Idealbild des Lebens. Dem Beispiel der jungen Kirche folgend, haben die Mönche sich in der Einheit des Herzens und des Geistes um einen geistlichen Führer, den Abt, geschart, um eine radikale Gemeinschaft der materiellen und geistlichen Güter und die von Christus gegründete Einheit zu verwirklichen. Sie findet ihr Urbild und ihre einheitstiftende Kraft im Leben der Einheit unter den Personen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Im Laufe der Jahrhunderte entstanden unter dem charismatischen Wirken des Geistes vielfältige Formen von Gemeinschaften. Er, der das menschliche Herz erforscht, geht ihm entgegen und antwortet auf seine Bedürfnisse. Er bringt Männer und Frauen hervor, die vom Evangelium erleuchtet und sensibel für die Zeichen der Zeit, neue Ordensfamilien ins Leben rufen, und dadurch auch neue Formen der Verwirklichung der einzigen communio in der Verschiedenheit der Dienste und der Gemeinschaften.<ref> vgl. PC 1; EE 18-22 </ref>
Es ist nicht möglich, den Begriff "Ordensgemeinschaft" in einer einzigen Bedeutung anzuwenden. Die Geschichte des Ordenslebens bezeugt unterschiedliche Formen, wie die eine communio entsprechend der Eigenart der einzelnen Institute gelebt werden kann. So können wir heute die "wunderbare Vielfalt" der Ordensfamilien bewundern, die die Kirche bereichern und sie für jegliches gute Werk ausrüsten.<ref> vgl. PC 1 </ref>
Dennoch erschien das brüderliche Leben in Gemeinschaft in seinem Formenreichtum immer als eine konsequente Verwirklichung jener gemeinsamen brüderlichen Gesinnung, die alle Christen untereinander verbindet. Die Ordensgemeinschaft ist Gestaltwerdung jener communio, auf der die Kirche gründet, und gleichzeitig Prophetie jener Einheit, die sie als ihr Ziel erstrebt. "Als 'Experten des gemeinschaftlichen Lebens' sind die Ordensleute dazu berufen, in der Kirche, der kirchlichen Gemeinschaft und in der Welt Zeugen und Baumeister im Sinne jenes göttlichen Planes für Gemeinschaft zu sein, der die Geschichte der Menschen krönen soll. Vor allem werden sie durch das Leben nach den evangelischen Räten, das die Liebe von jedem Hindernis befreit, gemeinsam zu einem prophetischen Zeichen der innigsten Vereinigung mit dem über alles geliebten Gott. Durch die tägliche Erfahrung eines Lebens in Gemeinschaft, des Gebets und Apostolates als eines wesentlichen und unterscheidenden Elements ihrer Form gottgeweihten Lebens werden sie ferner zum 'Zeichen brüderlicher Gemeinschaft', denn sie bezeugen in einer oft so tief entzweiten Welt und vor all ihren Glaubensbrüdern die Fähigkeit zur Gütergemeinschaft, zu brüderlicher Zuneigung sowie zu einem Plan ihres Lebens und Tuns. Dies wird ihnen dadurch möglich, dass sie den Anruf zu freierer und engerer Nachfolge Christi angenommen haben, der vom Vater gesandt wurde, um als Erstgeborener unter vielen Brüdern eine neue Gemeinschaft aufzubauen durch das Geschenk seines Geistes".<ref> RPU 24 </ref>
Dies wird um so sichtbarer sein, je mehr sie nicht nur mit und in der Kirche fühlen, sondern auch, die Kirche selbst erfühlen und sich mit ihr identifizieren in vollständiger Übereinstimmung mit ihrer Lehre, ihrem Leben, ihren Hirten, ihren Gläubigen und mit ihrer Sendung in der Welt.<ref> vgl. PI 21-22 </ref>
Besonders bedeutsam ist das Zeugnis der kontemplativen Ordensleute. Für sie bezeichnet das brüderliche Leben viel weitere und tiefere Dimensionen, die von den Grundbedürfnissen einer solchen speziellen Berufung herrühen, d.h. von der ausschließlichen Suche nach Gott in Schweigen und Gebet.
Ihre beständige Bereitschaft für Gott macht ihre Bereitschaft für die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft empfindsamer und feinfühliger, und die Kontemplation wird zu einer Kraft, die von jeder Form des Egoismus frei macht.
Das brüderliche Leben in Gemeinschaft muss in einem Kloster lebendiges Zeichen des Geheimnisses der Kirche sein: je größer das Geheimnis der Gnade, um so reicher die Früchte des Heiles.
Der Geist des Herrn, der die ersten Gläubigen versammelt hat und die Kirche beständig zu einer einzigen Familie zusammenruft, ruft und nährt so auch die Ordensfamilien, die die Aufgabe haben, durch ihre über die Erde zerstreuten Gemeinschaften besonders verständliche Zeichen für die tiefe Einheit zu sein, die die Kirche beseelt und erbaut, und Stütze zu sein für die Verwirklichung des Planes Gottes.
II. DIE ORDENSGEMEINSCHAFT ALS ORT, WO MAN BRUDER UND SCHWESTER WIRD
11. Aus dem Geschenk der communio entspringt die Aufgabe der Verwirklichung der Gemeinschaft, d.h. Bruder und Schwester zu werden in der konkreten Gemeinschaft, mit der zu leben man berufen ist. Aus der hochherzigen und dankbaren Annahme der Gemeinschaft mit Gott, die armen Geschöpfen zuteil wird, erwächst die Überzeugung, dazu verpflichtet zu sein, diese göttliche Gemeinschaft durch den Aufbau von Gemeinschaften, die "von Freude und vom Heiligen Geist" (Apg 13,52) erfüllt sind, sichtbar zu machen.
Auch in unserer Zeit, und für sie, ist es notwendig, dieses zugleich "göttliche und menschliche" Werk der Bildung von brüderlichen und schwesterlichen Gemeinschaften anzugehen, im klaren Wissen um die Besonderheiten unserer Zeit, in der eine theologische, canonistische, soziale und strukturelle Erneuerung das Erscheinungsbild der Ordensgemeinschaft einschneidend beeinflußt hat.
Von einigen konkreten Gegebenheiten ausgehend wollen wir nützliche Hinweise anbieten, mit dem Ziel, die Bemühungen um eine beständige Erneuerung der Gemeinschaften aus dem Geist des Evangeliums zu unterstützen.
Spiritualität und gemeinsames Beten
12. Ihrem vornehmsten, mystischen Sein nach ist jede Ordensgemeinschaft tatsächlich "in sich selbst eine übernatürliche Wirklichkeit, und als solche Gegenstand der Kontemplation".<ref> DC 15 </ref> Daraus folgt, dass die Ordensgemeinschaft in erster Linie ein Geheimnis ist, das mit dankbarem Herzen in einer lauteren Haltung des Glaubens betrachtet und angenommen wird.
Wenn diese mystische und theologale Dimension vergessen wird, die sie zum Kontakt mit dem Geheimnis der in der Gemeinschaft anwesenden und ihr mitgeteilten göttlichen communio hinführt, dann vergißt man zwangsläufig auch die tiefen Gründe für das "gemeinsame Tun" und für das geduldige Auferbauen des brüderlichen Lebens. Dieses scheint zuweilen menschliche Kräfte zu übersteigen, ganz abgesehen davon, dass es manchmal, besonders von sehr aktiven und individualistisch geprägten Menschen, als unnütze Vergeudung von Energien angesehen wird.
Derselbe Christus, der sie berufen hat, ruft täglich seine Brüder und Schwestern zusammen, um mit ihnen zu sprechen und sie durch die Eucharistie mit sich und untereinander zu verbinden, damit sie immer mehr zu seinem lebendigen und sichtbaren Leib werden, der vom Geist beseelt ist und unterwegs ist zum Vater.
Das gemeinsame Beten, das stets als das Fundament jedes Gemeinschaftslebens betrachtet wurde, beginnt mit der Betrachtung des großen und erhabenen Geheimnisses Gottes, mit dem Staunen vor seiner Gegenwart, die in den großen Augenblicken unserer Ordensfamilien ebenso wirkt wie im gewöhnlichen Alltag unserer Gemeinschaften.
13. Als Antwort auf die Aufforderung des Herrn: "Wachet und Betet" (Lk 21,36) hat die Ordensgemeinschaft wachsam zu sein und muss sich für die Gestaltung ihre Lebens die nötige Zeit nehmen. Zuweilen haben die Ordensleute "keine Zeit", und ihr Alltag läuft Gefahr, zu umtriebig und sorgenvoll zu sein und so in Müdigkeit und Leere zu enden. Eine Ordensgemeinschaft wird richtigerweise von einem Tagesplan geführt, der dem Gebet seine bestimmten Zeiten zuweist, und es so leichter ermöglicht, für Gott Zeit zu haben (vacare Deo).
Das Gebet ist auch zu verstehen als eine Zeit des Verweilens beim Herrn, damit er in uns wirke und bei allen Ablenkungen und Mühen dennoch unser Leben durchdringe, es stärke und es leite. So kann schließlich unsere ganze Existenz tatsächlich Ihm angehören.
14. Eine der kostbarsten, und von allen geschätzten Errungenschaften der letzten Jahrzehnte liegt in der Wiederentdeckung des liturgischen Gebetes durch die Ordensfamilien.
Die gemeinsame Feier des Stundengebets, oder wenigstens seiner Teile, hat in nicht wenigen Gemeinschaften das Beten neu verlebendigt, und sie dadurch zu einem lebendigeren Kontakt zum Wort Gottes und zum Gebet der Kirche hingeführt.<ref> vgl. can. 663 § 3 und 608 </ref>
Niemand darf also in seiner Überzeugung nachlassen, dass die Gemeinschaft sich von der Liturgie her aufbaut, besonders von der Feier der Eucharistie<ref> vgl. PO 6,; PC 6 </ref> und von den anderen Sakramenten. Unter diesen verdient das Bußsakrament, durch das der Herr uns wieder mit sich und unserern Brüdern und Schwestern verbindet, eine neue Aufmerksamkeit.
Nach dem Beispiel der ersten Gemeinde von Jerusalem (vgl. Apg 2,42) sind es das Wort, die Eucharistie, das gemeinsame Beten sowie die Treue zur Lehre der Apostel und deren Nachfolger, die den Kontakt zu den großen Werken Gottes herstellen, die in diesem Zusammenhang aufleuchten und Lob, Dank und Freude, Einheit der Herzen, Beistand in den allgemeinen Nöten des täglichen Zusammenlebens und gegenseitige Bestärkung im Glauben hervorbringen.
Leider kann mancherorts der Mangel an Priestern die tägliche Teilnahme an der hl. Messe unmöglich machen. Dies führt zwangsläufig zu einem tieferen Verständnis des großen Geschenkes der Eucharistie und dazu, das Geheimnis des Leibes und Blutes Christi, das in der Gemeinschaft lebendig und gegenwärtig ist, um sie auf dem Weg zum Vater zu kräftigen und zu beleben, zur Mitte des Lebens zu machen. Von hierher rührt auch die Notwendigkeit, dass jedes Ordenshaus seinen Gebetsraum habe,<ref> vgl. can. 608 </ref> in dem es möglich ist, die eigene eucharistische Spiritualität durch Gebet und Anbetung zu nähren.
Um die gefeierte oder angebetete Eucharistie, "Höhepunkt und Quelle" jeglichen Wirkens der Kirche, erbaut sich jene Einheit des Geistes, die Voraussetzung ist für alles Wachsen in der Brüderlichkeit. "Von ihr muss darum alle Erziehung zum Geist der Gemeinschaft ihren Anfang nehmen".<ref> PO 6 </ref>
15. Das gemeinschaftliche Gebet erreicht seine ganze Wirkkraft, wenn es zutiefst mit dem persönlichen Gebet verbunden ist.
Das gemeinschaftliche Gebet und das persönliche Gebet stehen in einer engen Beziehung zueinander und ergänzen sich gegenseitig. Überall, besonders aber in bestimmten Gegenden und Kulturen, muss die Betonung vermehrt auf die Bedeutung der Innerlichkeit gelegt werden, auf das kindliche Verhältnis zum Vater, auf den innerlichen, bräutlichen Dialog mit Christus, auf die persönlichen Vertiefung dessen, was im gemeinsamen Gebet gefeiert und erlebt wurde, und auch auf das innere und äußere Schweigen, das dem Wort und dem Geist Raum gewährt, damit sie in die verborgensten Tiefen mit Leben erfüllen können. Die gottgeweihte Person, die in einer Gemeinschaft lebt, nährt ihre Lebensweihe durch die beständige persönliche Zwiesprache mit Gott und durch das gemeinsame Lobpreisen und Bitten.
16. Das gemeinsame Gebet wurde in den letzten Jahren durch verschiedene Formen des Ausdrucks und der Beteiligung bereichert.
Besonders fruchtbar waren für viele Gemeinschaften die gemeinsame Schriftlesung und der gemeinsame Austausch über das Wort Gottes und über die apostolischen Anliegen. Verschiedenheiten in Alter, Bildungsstand und Charakter raten zur Klugheit, falls man sie unterschiedslos von der ganzen Gemeinschaft erwartet: Es sei daran erinnert, dass deren Einführung nicht überstürzt werden darf.
Dort, wo sie in Spontaneität und mit gemeinsamer Zustimmung durchgeführt wird, dort stärkt sie Glauben und Hoffnung ebenso wie das gegenseitige Vertrauen, sie fördert die Versöhnung und nährt die brüderliche Verbundenheit im Gebet.
17. Die Worte des Herrn: "Betet ohne Unterlaß!" (Lk 18,1; vgl. 1 Thes 5,17) gelten in gleicher Weise für das persönliche wie auch für das gemeinsame Beten. Die Ordensgemeinschaft lebt in der Tat vor dem Angesicht ihres Herrn, dessen Gegenwart ihr stets vor Augen stehen muss. Dennoch hat das Beten in Gemeinschaft seinen (täglichen, wöchentlichen, monatlichen oder jährlichen) Rhythmus, der im Eigenrecht eines jeden Institutes festgelegt ist.
Das Beten in Gemeinschaft, das die treue Einhaltung einer Zeitordnung voraussetzt, verlangt vor allem auch Beharrlichkeit: "Damit wir durch Geduld und durch den Trost der Schrift Hoffnung haben (...) und Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, einträchtig und mit einem Munde preisen" (Röm 15, 4-6).
Treue und Beharrlichkeit werden auch dazu beitragen, kreativ und klug die für einige Institute typischen Schwierigkeiten zu überwinden, wie z.B. unterschiedliche Aufgaben und Arbeitszeiten, Streß und verschiedene Formen der Ermüdung.
18. Das Gebet zur Jungfrau Maria, das von der Liebe zu ihr, unserem Vorbild, beseelt ist, wird erreichen, dass ihre beispielhafte und mütterliche Gegenwart für die tägliche Gebetstreue eine große Hilfe (vgl. Apg 1,14) und für die Ordensgemeinschaft ein einigendes Band sein wird.<ref> vgl. can. 663 § 4 </ref>
Die Mutter des Herrn wird mithelfen, die Ordensgemeinschaften nach dem Beispiel "ihrer" Familie, der Familie von Nazareth, zu gestalten, jenem Ort, wohin sich die Ordensgemeinschaften geistig oft hinbegeben sollten, weil dort das Evangelium der Gemeinschaft und der Brüderlichkeit auf wunderbare Weise vorgelebt wurde.
19. Auch der apostolische Eifer wird vom gemeinschaftlichen Gebet gefördert und gekräftigt. Einerseits ist das Gebet eine geheimnisvolle Kraft, die sämtliche Wirklichkeiten berührt, um die Welt zu erlösen und ihr eine Ordnung zu geben. Andererseits wird es durch den apostolischen Dienst angeregt: durch dessen Freuden wie auch durch dessen alltägliche Schwierigkeiten. Diese werden so zu einer Gelegenheit, die Gegenwart und das Wirken des Herrn zu suchen und zu finden.
20. Die apostolisch am meisten tätigen und vom Evangelium am tiefsten beseelten Ordensgemeinschaften - seien sie nun kontemplativ oder aktiv - sind jene, die in ihrem Gebetsleben eine reiche Erfahrung aufweisen. In einer Zeit wie der unsrigen, in der die Suche nach dem Transzendenten gewissermaßen neu erwacht ist, können die Ordensgemeinschaften bevorzugte Orte sein, an denen die Wege zu Gott erfahrbar werden.
"Als im Namen des Hern vereinte Familie ist die Ordensgemeinschaft ihrer Natur nach der Ort, wo es in besonderer Weise möglich sein muss, zur Gotteserfahrung in ihrer ganzen Fülle zu gelangen und sie den anderen mitzuteilen":<ref> DC 15 </ref> vor allen andern den Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft.
Die Ordensleute, Männer wie Frauen, verfehlen diesen historischen Augenblick, wenn sie dem heutigen Menschen auf seine "Frage nach Gott" keine Antwort geben, sondern ihn bei seiner Suche, den Hunger nach dem Absoluten zu stillen, anderswohin verweisen, womöglich sogar auf Abwege.
Persönliche Freiheit und Verwirklichung der Brüderlichkeit
21. "Einer trage des andern Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen" (Gal 6,2).
In dieser ganzen, gemeinschaftlichen Dynamik bleibt Christus in seinem österlichen Geheimnis das Vorbild, wie die Einheit zu schaffen ist. Das Gebot der gegenseitigen Liebe hat in ihm seinen Ursprung, sein Vorbild und sein Maß: wir müssen einander lieben, wie er uns geliebt hat. Und er hat uns geliebt bis zur Hingabe seines Lebens. Unser Leben ist Teilnahme an der Liebe Christ, an seiner Liebe zum Vater und zu den Brüdern und Schwestern, die eine ganz und gar selbstlose Liebe ist.
Doch entspricht dies alles nicht der Natur des "alten Menschen", der zwar sehr wohl Gemeinschaft und Einheit wünscht, sich jedoch nicht müßig fühlt, den Preis dafür durch seinen persönlichen Einsatz zu bezahlen. Der Weg vom alten Menschen, der gerne auf sich selbst bezogen ist, zum neuen Menschen, der sich den anderen schenkt, ist lang und beschwerlich. Die heiligen Gründer haben ohne Illusionen auf die Schwierigkeiten und auf die Klippen dieses Weges hingewiesen, wohl wissend, dass man eine Gemeinschaft nicht improvisieren kann. Sie ist keine spontane Wirklichkeit und kann nicht in kurzer Zeit bewerkstelligt werden.
Ein Leben als Brüder und Schwestern verlangt einen echten Weg innerer Befreiung. Wie das aus Ägypten befreite Israel nach seinem langen Zug durch die Wüste unter der Führung des Moses zum Volk Gottes wurde, so wird die in die Kirche, in das Volk Gottes eingegliederte Gemeinschaft durch Menschen erbaut, die von Christus freigemacht wurden und die er befähigt hat, durch das Geschenk seiner befreienden Liebe sowie durch die aufrichtige Annahme der von ihm eingesetzten Führer, so zu lieben, wie er selbst geliebt hat.
Die in unsere Herzen eingesenkte Liebe Christi drängt dazu, die Brüder und Schwestern zu lieben bis zur Annahme auch ihrer Schwächen, Probleme und Schwierigkeiten. Mit einem Wort: bis zur Hingabe unser selbst.
22. Christus schenkt den Menschen zwei grundlegende Gewißheiten: Die Gewißheit, grenzenlos geliebt zu sein, und die Gewißheit, selbst zur grenzenlosen Liebe fähig zu sein.
Nur das Kreuz vermag so umfassend und endgültig diese Gewißheit zu schenken und die Freiheit, die aus dieser Gewißheit folgt. Durch sie befreit sich der gottgeweihte Mensch schrittweise vom Bedürfnis, sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken und den anderen zu besitzen, und von der Furcht vor der Selbsthingabe für die Brüder; er lernt vielmehr, zu lieben, wie Christus ihn geliebt hat, mit jener Liebe, die jetzt in seinem Herzen wohnt und ihn fähig macht, sich selbst zu vergessen und sich so zu verschenken, wie sein Herr es getan hat.
Aus der Kraft dieser Liebe wächst die Gemeinschaft als ein Zusammenschluss von freien und durch das Kreuz Christi befreiten Menschen.
23. Ein derartiger Weg der Befreiung, der zur vollen communio und zur Freiheit der Kinder Gottes führt, verlangt jedoch den Mut zum Verzicht seiner selbst durch die Annahme und Bejahung des anderen samt seiner Begrenztheit, angefangen mit den Trägern von Autorität.
Wiederholt wurde bemerkt, dass hier eine der Schwachstellen in der Erneuerungsperiode der vergangenen Jahre liegt. Man hat sich Wissen angeeignet, man hat die unterschiedlichen Aspekte des Gemeinschaftslebens erforscht, aber man hat weniger auf jenes asketische Bemühen gebaut, das für jede Form von Befreiung notwendig und unverzichtbar ist, und das fähig ist, aus einer Gruppe von Menschen eine christliche Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern zu machen.
Die Gemeinschaft ist eine Gabe, die zur Antwort herausfordert, zu einem geduldigen Streben und Kämpfen, um die Launen und Schwankungen der Wünsche zu überwinden. Das so hohe Ideal der Gemeinschaft verlangt notwendigerweise eine Abkehr von jeglichem Verhalten, das eine wahre communio behindert.
Wenn die Gemeinschaft nicht mystisch ist, fehlt ihr die Seele; ist sie nicht aszetisch, fehlt ihr der Leib. Es ist ein "Zusammenwirken" (synergia) der Gabe Gottes und der persönlichen Anstrengung erforderlich, um die konkrete Gemeinschaft zu schaffen und dadurch der Gnade und dem Geschenk der brüderlichen Gemeinschaft Fleisch und greifbare Gestalt zu geben.
24. Man muss zugeben, dass ein solches Denken heutzutage bei Jung und Alt Schwierigkeiten hervorruft. Oft entstammen die Jungen einer Kultur, die die Subjektivität und Selbstverwirklichung zu hoch einschätzt, während manchmal die Erwachsenen entweder an Strukturen der Vergangenheit kleben oder ein gewisses Mißbehagen gegenüber der "Versammlungssucht" der zurückliegenden Jahre empfinden, die Unsicherheit und viele Worte gezeitigt hat.
Wenn es zutrifft, dass die communio nicht ohne den Beitrag jedes einzelnen entsteht, dann muss man von Anfang an jene Illusionen ausräumen, die davon ausgehen, alles müsse von den andern kommen, und man muss wieder dankbar erkennen, was man alles schon von den anderen empfangen hat und noch empfängt. Es ist gut, die einzelnen von Anfang an darauf vorzubereiten, dass sie Miterbauer und nicht nur Konsumenten der Gemeinschaft sind, mitverantwortlich für das gegenseitige Wachstum, sowie dass sie lernen, in offener Bereitschaft den anderen und das Geschenk seiner Person anzunehmen und fähig werden, zu helfen und sich helfen zu lassen, zu stützen und gestützt zu werden.
Das Ideal eines echten, brüderlichem Gemeinschaftslebens übt auf junge Leute zunächst eine natürliche Faszination aus, aber das Durchhalten in den realen Lebensumständen kann dann als eine schwere Last erscheinen. Die Anfangsausbildung muss also stets sowohl zu einem Bewußtsein der vom Gemeinschaftsleben geforderten Opfer hinführen und zu deren Annahme im Blick auf eine frohe und echte brüderliche Beziehung, als auch zu allen anderen, einen innerlich freien Menschen auszeichnenden Verhaltensweisen.<ref> vgl. PI 32-34; 87 </ref> Denn wer sich für die Brüder verliert, findet sich selbst.
25. Zudem bedarf es einer beständigen Erinnerung daran, dass die Selbstverwirklichung einer gottgeweihten Person auf dem Weg der Gemeinschaft geschieht. Wer ein von der Gemeinschaft unabhängiges Leben sucht, befindet sich gewiß nicht auf dem sicheren Weg zu Heiligkeit seines Standes.
Während die westliche Gesellschaft die unabhängige Person feiert, die sich selbst verwirklicht, also den selbstsicheren Individualisten, ruft das Evangelium nach Menschen, die, wie das Weizenkorn, sich selbst sterben, damit brüderliches Leben entstehe.<ref> vgl. LG 46b </ref>
So wird die Gemeinschaft zu einer "Schola Amoris" für Jung und Alt. In dieser Schule lernt man Gott zu lieben, lernt man die Brüder und Schwestern zu lieben, mit denen man lebt, lernt die Menschheit zu lieben, die des Erbarmens Gottes und der brüderlichen Solidarität bedarf.
26. Das Ideal der Gemeinschaft darf jedoch nicht vergessen machen, dass jede christliche Wirklichkeit auf der menschlichen Schwachheit aufbaut. Die vollkommene "ideale Gemeinschaft" gibt es noch nicht: die vollkommene Gemeinschaft der Heiligen ist unser Ziel im Himmel.
Wir leben in der Zeit des beständigen Aufbaus und Wachsens: immer ist es möglich, besser zu werden und gemeinsam auf jene Gemeinschaft zuzugehen, die Vergebung und Liebe in die Praxis umsetzt. In der Tat können die Gemeinschaften nicht alle Konflikte vermeiden. Die Einheit, zu deren Verwirklichung sie gerufen sind, ist eine Einheit, die auf Vergebung und Versöhnung aufbaut.<ref> vgl. can. 602; PC 15a </ref> Der Zustand der Unvollkommenheit der Gemeinschaften darf jedoch nicht entmutigen.
Tatsächlich machen sich die Gemeinschaften Tag für Tag neu auf den Weg, getragen von der Lehre der Apostel: "Seid herzlich zueinander in brüderlicher Liebe, mit Achtung einander zuvorkommend" (Röm 12,10); "Seid eines Sinnes untereinander" (Röm 12,16); "Darum nehme einer den anderen an, wie auch Christus euch angenommen hat" (Röm 15,7); "Ihr seid fähig, euch selbst gegenseitig zurechtzuweisen" (Röm 15,14); "Wartet aufeinander" (1 Kor 11,33); "Dient einander in Liebe" (Gal 5,13); "Erbaut einander" (1 Thess 5,11); "Ertragt einander in Liebe" (Eph 4,2); "Seid gütig zueinander, barmherzig, einander verzeihend" (Eph 4,32); "... einander sich unterordnend in der Furcht Christi" (Eph 5,21); "Betet füreinander" (Jak 5,16); "Tretet einander in Demut gegenüber" (1 Petr 5,5); "Wir haben Gemeinschaft miteinander" (1 Joh 1,7); "Laßt uns also nicht müde werden, Gutes zu tun an allen, vorzüglich aber an den Glaubensgenossen" (Gal 6,9-10).
27. Um die Gemeinschaft des Geistes und der Herzen jener zu fördern, die zum Zusammenleben in einer Gemeinschaft gerufen sind, scheint es auch angebracht, an die Notwendigkeit jener Eigenschaften zu erinnern, die in allen menschlichen Beziehungen gefordert sind: Höflichkeit, Anstand, Aufrichtigkeit, Selbstbeherrschung, Humor, Bereitschaft zum Teilen.
Die Dokumente des Lehramtes dieser Jahre bieten eine Fülle von Anregungen und verweisen auf gemeinschaftsfördernde Verhaltensweisen wie: frohe Bescheidenheit,<ref> vgl. ET 39 </ref> Offenheit und Vertrauen zueinander,<ref> vgl. PC 14 </ref> Dialogfähigkeit,<ref> vgl. can. 619 </ref> aufrichtige Bejahung einer wohltuenden Gemeinschaftsdisziplin.<ref> vgl. ET 39; EE 19 </ref>
28. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass der Friede und die Freude am Gemeinschaftsleben eines der Zeichen des Gottesreiches sind. Inmitten der Schwierigkeiten des menschlichen und geistlichen Lebensweges und der täglichen Eintönigkeit gehört zu jenem Reich auch eine gewisse Lebensfreude. Diese Freude ist eine Frucht des Geistes und erhellt die Schlichtheit des Lebens wie die Eintönigkeit des Alltags. Eine Brüderlichkeit ohne Freude ist eine Brüderlichkeit, die am Erlöschen ist. Bald werden die Mitglieder das, was sie in ihrer Gemeinschaft nicht finden, anderswo suchen. Eine frohe Gemeinschaft dagegen stellt ein wirkliches Geschenk von Oben dar für jene Brüder und Schwestern, die es zu erbitten verstehen, und die sich in vollem Vertrauen in das Wirken des Geistes für ihre Gemeinschaft einsetzen. So werden die Psalmworte Wirklichkeit: "Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen. Denn dort spendet der Herr Segen und Leben in Ewigkeit" (Ps 133,1.3), "denn wenn sie brüderlich zusammenleben, vereinigen sie sich in der Versammlung der Kirche und wissen sich eins in der Liebe und im gemeinsamen Wollen".<ref> Hl. Hilarius, Tract. in Ps. 132, PL (Supl.) 1,244 </ref>
Ein solches Zeugnis der Freude schenkt dem Ordensleben eine starke Anziehungskraft, es ist eine Quelle neuer Berufe und eine Hilfe zur Beharrlichkeit. Es ist sehr wichtig, diese Freude in der Ordensgemeinschaft zu pflegen: Überarbeitung kann sie auslöschen, Übereifer für bestimmte Dinge kann sie in Vergessenheit geraten lassen, das unaufhörliche Infragestellen der eigenen Identität und der eigenen Zukunftsperspektiven können sie verdunkeln.
Doch richtig miteinander feiern, sich Zeiten persönlicher und gemeinsamer Entspannung gönnen, gelegentlich Abstand nehmen von der eigenen Arbeit, teilnehmen an der Freude des andern, lächeln über eigene und fremde Fehler, aufmerksam sein für die Bedürfnisse des Bruders und der Schwester, im Apostolat ernsthaft und vertrauensvoll miteinander arbeiten, den Umständen mit Barmherzigkeit begegnen, dem Morgen entgegengehen in der Hoffnung, immer und überall dem Herrn zu begegnen: dies alles stärkt die Gelassenheit, den Frieden und die Freude. Und es wird zu einer Kraft in der Arbeit des Apostolates.
Die Freude ist ein strahlendes Zeugnis dafür, dass eine Ordensgemeinschaft dem Evangelium entspricht; die Freude ist ja das Ziel eines nicht unbeschwerlichen, jedoch dann immer möglichen Weges, wenn er vom Gebet begleitet wird: "Froh in der Hoffnung, in Drangsal geduldig, im Beten beharrlich" (Röm 12,12).
Miteinander Wachsen durch gegenseitigen Austausch
29. In der Erneuerung dieser Jahre wird deutlich, wie der gemeinsame Austausch einer jener menschlichen Faktoren zu sein scheint, dem wachsende Bedeutung für das Leben der Ordensgemeinschaft zukommt. Aus der tief empfundenen Notwendigkeit einer stärkeren Pflege des gemeinschaftlichen Lebens folgert auch das entsprechende Bedürfnis nach einem umfassenderen und intensiveren gemeinsamen Austausch.
Um Bruder und Schwester zu werden ist es notwendig, sich zu kennen. Um sich kennen zu lernen ist jedoch ein umfassenderer und tieferer Austausch untereinander erforderlich. Man schenkt heute den verschiedenen Aspekten des gegenseitigen Austauschs größere Aufmerksamkeit, auch wenn sie in den einzelnen Instituten und Gegenden der Welt hinsichtlich Stärke und Form verschieden ist.
30. Der Austausch innerhalb der Institute erfuhr eine starke Entwicklung. Regelmäßige Treffen der Mitglieder auf zentraler, regionaler und provinzieller Ebene haben zugenommen; die Obern verschicken gewöhnlich Rundbriefe und Anregungen; sie besuchen häufiger die Gemeinschaften; der Versand von Informationen und internen Zeitschriften hat zugenommen.
Ein derart umfassender und angeregter Austausch auf den verschiedenen Ebenen und unter Berücksichtung der Eigenheiten des Instituts schafft gewöhnlich engere Beziehungen, nährt den Familiengeist und die Teilnahme an den Vorgängen innerhalb des Institutes, macht sensibel für allgemeine Probleme und bindet die Ordensleute an die gemeinsame Sendung.
31. Auch auf Gemeinschaftsebene erweisen sich die regelmäßigen, oft wöchentlichen Treffen, auf denen die Ordensleute die Probleme der Gemeinschaft, des Instituts, der Kirche und deren wichtigste Verlautbarungen bespechen, als äußerst positiv. Diese Momente sind nützlich, auch um die anderen anzuhören, eigene Gedanken mitzuteilen, den zurückgelegten Weg zu überprüfen und auszuwerten, gemeinsam zu planen.
Das brüderliche Leben braucht diese Zeiten für sein Wachstum, besonders in größeren Gemeinschaften. Es sind Zeiten, die von allen anderen Verpflichtungen freigehalten werden müssen; es sind wichtige Momente der Kommunikation untereinander auch in Bezug auf eine Einbeziehung in die Mitverantwortung sowie für die Einordnung der eigenen Arbeit in den größeren Zusammenhang des Ordenslebens und des Lebens der Kirche und der Welt, in die wir gesandt sind, ganz abgesehen einmal vom Gemeinschaftsleben selbst. Dieser Weg wird von allen Gemeinschaften beschritten, wobei Häufigkeit und Gestaltung den Gemeinschaften und ihren Aufgaben angepaßt sind. Unter den kontemplativen Gemeinschaften erfordert dies besondere Rücksichtnahme auf den je eigenen Lebensstil.
32. Dies ist jedoch noch nicht alles. Vielerorts spürt man die Notwendigkeit eines vertiefteren Austausches unter den Mitgliedern derselben Gemeinschaft. Das Fehlen und die Armseligkeit des gegenseitigen Austausches verursachen für gewöhnlich eine Schwächung der Brüderlichkeit, weil man die Lebenserfahrung des Mitbruders nicht kennt, was diesen Mitbruder fremd und die Beziehung zu ihm anonym macht und zudem echte Zustände der Isolation und Einsamkeit schafft.
In einigen Gemeinschaften beklagt man die Unzulänglichkeit des elementaren geistlichen Austauschs: man redet über Nebensächliches, und nur selten teilt man sich das mit, was auf dem Weg der Lebensweihe lebensnotwendig und von erstrangiger Bedeutung ist.
Die Folgen daraus können schmerzvoll sein, da die geistliche Erfahrung dann ganz unbemerkt individualistische Züge annimmt. Auch eine Haltung der Verselbständigung wird dadurch gefördert, verbunden mit einem mangelnden Gespür für den anderen, während die wichtigen Beziehungen nach und nach außerhalb der Gemeinschaft gesucht werden.
Dieses Problem soll ganz offen angegangen werden: einerseits mit Takt und Aufmerksamkeit, und ohne etwas zu erzwingen; andererseits jedoch, indem mit Mut und Kreativität nach Formen und Mitteln gesucht wird, die es allen erlauben, schrittweise und in brüderlicher Einfachheit den gegenseitigen Austausch der Gaben des Geistes zu erlernen, damit diese wirklich allen gehören und der Erbauung aller dienen (vgl. 1 Kor 12,7).
Gemeinschaft entsteht gerade durch die Mitteilung der Gaben des Geistes, durch ein Mitteilen des Glaubens und im Glauben, wobei das Band der Brüderlichkeit um so stärker ist, je zentraler und vitaler das ist, was man miteinander teilt.
Eine derartiger Austausch hilft auch einen Kommunikationsstil zu erlernen, der es einem später im Apostolat ermöglicht, in schlichten und verständlichen Worten "seinen Glauben zu bekennen", damit alle ihn verstehen und sich an ihm erbauen.
Die Formen für den Austausch der Gaben des Geistes können unterschiedlich sein. Neben den bereits angeführten - Miteinander Teilen des Wortes Gottes und der Gotteserfahrung, gemeinschaftliche Beratung, gemeinsames Planen -<ref> s.o. Nr. 14, 16, 28, 31 </ref> darf auch an die brüderliche Zurechtweisung erinnert werden, an die Revision des Lebens und an andere typische Formen der Tradition. Es handelt sich hier um konkrete Wege, den anderen zu dienen und in der Gemeinschaft jene überreichen Gaben zu verbreiten, die der Geist für deren Auferbauung und für deren Sendung in der Welt spendet.
Dies alles erhält noch größere Bedeutung im gegenwärtigen Augenblick, da in ein und derselben Gemeinschaft Ordensleute beieinander wohnen, die sich nicht nur durch Alter, sondern auch durch Rasse, sowie durch kulturelle und theologische Bildung unterscheiden; Ordensleute, die in den vergangenen, bewegten und vom Pluralismus gezeichneten Jahren ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben.
Wo Austausch und Zuhören vernachlässigt werden, dort besteht die Gefahr, aneinander vorbei zu leben, was wirklich weit entfernt wäre vom Ideal echter Brüderlichkeit.
33. Eine jede Form des Sich-Mitteilens birgt Verwicklungen und besondere psychologische Schwierigkeiten in sich, denen auch mit Hilfe der Humanwissenschaften positiv begegnet werden kann. Einige Gemeinschaften haben z.B. mit Nutzen die Hilfe von Kommunikationsexperten und von Fachleuten in Psychologie oder Soziologie Anspruch genommen.
Es handelt sich um außergewöhnliche Mittel, die klug ausgewählt werden müssen und maßvoll von Gemeinschaften eingesetzt werden können, die jene Mauern der Trennung niederreißen möchten, die zuweilen in ihrem Innern bestehen. Die rein menschlichen Techniken erweisen sich als hilfreich, aber sie sind nicht ausreichend. Es ist vielmehr notwendig, dass allen das Wohl des Mitbruders am Herzen liegt, und sie vom Evangelium her jene Fähigkeit entwickeln, von den anderen all das anzunehmen, was diese schenken und mitteilen wollen und auch tatsächlich allein schon durch ihr Dasein mitteilen.
"Habt untereinander dasselbe Empfinden und dasselbe Herz. Seid herzlich und menschlich. Haltet in großer Demut die anderen für besser als euch selbst. Verfolgt die Interessen der anderen, nicht nur die eurigen. Eure Beziehungen zueinander seien darauf gegründet, dass ihr an Jesus Christus gebunden seid" (Phil 2,2-5).
In einem solchen Klima bringen die mit dem Ordensleben vereinbaren Kommunikationsmethoden und -techniken jene Früchte, die einem Wachsen in der Brüderlichkeit förderlich sind.
34. Der beachtliche Einfluß der Massenmedien auf das Leben und die Mentalität unserer Zeitgenossen berührt auch die Ordensgemeinschaften und bestimmt nicht selten ihren internen Gedankenaustausch.
Angesichts deren Einflusses erzieht sich eine Gemeinschaft dahin, mit der evangeliumsgemäßen Klarheit und inneren Freiheit dessen, der gelernt hat, Christus zu kennen (vgl. Gal 4,17-23), diese Mittel zum persönlichen und gemeinschaftlichen Wachstum zu nutzen. Tatsächlich setzen diese Medien eine bestimmte Mentalität und eine Einstellung zum Leben voraus - und drängen sie oftmals geradezu auf - die ständig mit dem Evangelium konfrontiert werden müssen. Von vielen Seiten wird hier nach einer eingehenderen Schulung zur kritischen und nützlichen Rezeption und Anwendung solcher Mittel gerufen. Warum könnten diese Fragen nicht auch bei den regelmäßigen Gemeinschaftstreffen zum Gegenstand der Bewertung, Überprüfung und Planung gemacht werden?
Besonders wenn das Fernsehen zur einzigen Form der Freizeitgestaltung wird, behindert, und manchmal verhindert, es den Kontakt zwischen den Personen, reduziert das brüderliche Gespräch und kann sogar dem geweihten Leben selbst Schaden zufügen.
Ein ausgewogenes Gleichgewicht ist gefordert: der mäßige und weise Gebrauch der Kommunikationsmittel,<ref> vgl. DC 14 und PI 13; can. 666 </ref> begleitet von einer gemeinsamen Überprüfung, kann für die Gemeinschaft von Nutzen sein, um die Komplexität der Welt der Kultur besser zu verstehen; er kann eine überprüfte und kritische Rezeption ermöglichen und schließlich ihren wirkungsvolleren Einsatz im Blick auf die verschiedenen Dienste für das Evangelium erleichtern.
In Übereinstimmung mit dem von ihnen gewählten, besonderen und sich durch eine deutlichere Trennung von der Welt auszeichnenden Lebensstand sollten sich die kontemplativen Ordensgemeinschaften stärker zur Bewahrung einer Atmosphäre der Sammlung verpflichtet fühlen und jene Normen ihrer Konstitutionen einhalten, die den Gebrauch der sozialen Kommunikationsmittel regeln.
Ordensgemeinschaft und Reifung der Person
35. Weil sie eine "Schola Amoris" ist, die hilft, in der Liebe zu Gott und den Brüdern zu wachsen, wird die Ordensgemeinschaft auch zu einem Ort des menschlichen Reifens. Der Weg dahin ist anspruchsvoll, beinhaltet er doch den Verzicht auf unbestreitbar hohe Güter; <ref> vgl. LG 46 </ref> er ist jedoch nicht unmöglich, wie es die große Schar der Heiligen und jener wunderbaren Gestalten von Ordensleuten beweist, die deutlich machten, wie die Lebensweihe an Christus "nicht dem wahren Fortschritt der menschlichen Person widerspricht, sondern in sich selbst eine große Hilfe dazu darstellt".<ref> ebd. </ref>
Der Weg zur menschlichen Reife, die ja Bedingung ist für ein Leben mit evangelischer Ausstrahlung, ist ein Prozess ohne Ende, da er eine ständige "Bereicherung" nicht nur mit den geistlichen Werten bedeutet, sondern auch mit jenen des psychologischen, kulturellen und sozialen Bereiches.<ref> vgl. EE 45 </ref>
Die starken Veränderungen in Kultur und Verhalten, die im Grunde eher auf materielle Dinge ausgerichtet sind als auf geistige, verlangen besondere Aufmerksamkeit in einigen Bereichen, in denen die Ordensleute heute besonders verwundbar zu sein scheinen.
Die Identität
36. Der Reifungprozess des Menschen vollzieht sich in der eigenen Identifikation mit dem Berufensein von Gott. Eine unsichere Identität kann besonders in schwierigeren Situationen zu einer falsch verstandenen Selbstverwirklichung führen, verbunden mit einem extremen Bedürfnis nach Erfolg und nach Anerkennung und mit einer übertriebenen Angst vor dem Scheitern, sowie mit Depressionen im Gefolge von Mißerfolgen.
Die Identität des Gottgeweihten hängt von einem geistigen Reifungsprozess ab: sie ist ein Werk des Geistes, der den Betreffenden dazu drängt, Christus gleichförmig zu werden, entsprechend jener besonderen Weise, wie sie dem Institut durch das "Ursprungscharisma" geschenkt ist, das eine "Vermittlung des Evangeliums an die Mitglieder eines Institutes" darstellt.<ref> ebd. </ref> Der Beistand eines geistlichen Führers, der die Spiritualität und die Sendung eines Institutes gut kennt und sie achtet, ist also von großer Bedeutung, um "das Wirken Gottes zu erkennen, den Mitbruder auf den Wegen des Herrn zu begleiten und das Leben durch eine solide Lehre und lebendiges Gebet zu nähren".<ref> EE 47 </ref> Eine solche Begleitung, die besonders notwendig ist in der Phase der ersten Ausbildung, ist auch im weiteren Leben für das "Wachsen in Christus hilfreich".
Auch der kulturelle Reifungsprozess hilft mit, sich den Herausforderungen der Sendung zu stellen und die dazu erforderlichen Hilfsmittel anzuwenden, um den Weg in die Zukunft zu erkennen und um die richtigen Antworten zu entwickeln, durch die das Evangelium ständig eine Alternative zu den Angeboten der Welt wird, indem es die positiven Kräfte einbindet und sie von den Keimen des Bösen reinigt.
In dieser Dynamik werden die gottgeweihte Person und die Ordensgemeinschaft zu einer dem Evangelium entsprechenden Einladung, die die Gegenwart Christi in der Welt offenbar macht.<ref> vgl. LG 44 </ref>
Die Affektivität
37. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft verlangt von allen ein stabiles seelisches Gleichgewicht, innerhalb dessen das affektive Leben des einzelnen reifen kann. Wesentlicher Bestandteil dieses Reifungsprozesses ist die oben erwähnte affektive Freiheit, aufgrund derer der gottgeweihte Mensch seine Berufung liebt, und nach ihren Maßstäben liebt. Gerade diese Freiheit und Reife ermöglichen es, innerhalb wie außerhalb der Gemeinschaft eine gesunde Affektivität zu leben.
Seine eigene Berufung zu lieben, sie als gültigen Lebensbasis zu erfahren, seine Lebensweihe als eine wahre, schöne und gute Wirklichkeit zu verstehen, die auch die eigene Existenz wahr, schön und gut macht: dies alles macht einen Menschen stark, autonom und selbstsicher; es bedarf keiner anderen, auch keiner affektiven Stütze. Eine solche Haltung festigt zugleich das Band, das den Gottgeweihten an jene bindet, die mit ihm dieselbe Berufung teilen. Vor allem mit ihnen fühlt er sich zu lebendigen Beziehungen der Brüderlichkeit und Freundschaft berufen.
Die Berufung lieben, das heißt, die Kirche lieben, das heißt, das eigene Institut lieben und die Gemeinschaft wirklich als die eigene Familie zu betrachten.
Der eigenen Berufung entsprechend zu lieben bedeutet, zu lieben im Stil eines Menschen, der in jeder zwischenmenschlichen Beziehung ein reines Zeichen der Liebe Gottes sein möchte, der niemanden überrumpelt und nicht in Besitz nimmt, sondern es gut meint und das Beste des anderen sucht mit jenem Wohlwollen, das Gott uns entgegenbringt.
Es bedarf also einer besonderen Erziehung der Affektivität, die den menschlichen Aspekt mit dem mehr geistigen in Einklang bringt. Hier scheinen besonders jene Hinweise von Potissimum Institutioni angebracht, die die Prüfung "der Ausgeglichenheit der Affektivität, besonders auch im geschlechtlichen Bereich", sowie die Prüfung der "Fähigkeit zum Gemeinschaftsleben" betreffen.<ref> PI 43 </ref>
Trotzdem sind die Schwierigkeiten in diesem Bereich oft nur ein Echo von Problemen, die anderswo ihren Ursprung haben: eine Affektivität-Sexualität, die mit narzistisch-jugendlichem oder stark verdrängendem Verhalten gelebt wird, kann eine Folge von negativen Erfahrungen sein, die dem Ordenseintritt vorausgingen, aber auch ein Folge von Ungereimtheiten in der Gemeinschaft oder im Apostolat. Wichtig ist hier also ein reiches und herzliches brüderliches Leben, das die "Last" des verwundeten und hilfsbedürftigen Bruders mitträgt.
Wenn also für ein Leben in Gemeinschaft eine gewisse Reife vorausgesetzt werden muss, so ist ein herzliches, brüderliches Miteinander für die Reifung des Ordensmitgliedes nicht minder gefordert. Wo im Mitbruder oder in der Mitschwester eine verminderte affektive Selbständigkeit festgestellt wird, sollte die Antwort der Gemeinschaft in Form einer reichen, menschlichen Liebe nach dem Beispiel Jesu und vieler heiliger Ordensleute nicht ausbleiben, einer Liebe, die Ängste und Freuden, Schwierigkeiten und Hoffnungen mit jener Wärme teilt, die das neue Herz auszeichnet, das den ganzen Menschen anzunehmen vermag. Eine solche besorgte, taktvolle, nicht Besitz ergreifende, selbstlose Liebe wird dem einzelnen die Liebe des Herrn nahebringen, jene Liebe, die den Sohn Gottes dazu führte, uns durch sein Kreuz zu sagen, dass man nicht daran zweifeln kann, von der Ewigen Liebe geliebt zu sein.
Unstimmigkeiten
38. Das Zusammenleben mit leidenden Menschen, mit solchen, die sich in der Gemeinschaft nicht wohlfühlen und die deshalb Ursache von Leid für die Mitbrüder sind und das Gemeinschaftsleben stören, stellen eine besondere Gelegenheit für das menschliche Wachsen und das christliche Reifen dar.
Vor allem ist hier zu fragen, woher solche Leiden rührt: von charakterlichen Mängeln, von Verpflichtungen, die als zu beschwerlich empfunden werden, von großen Lücken in der Ausbildung, von den zu raschen und zu zahlreichen Veränderungen dieser Jahre, von zu autoritärem Leitungstil, von Schwierigkeiten im geistlichen Leben.
Es kann gibt auch verschiedene Situationen, in denen die Autorität daran erinnern muss, dass das Gemeinschaftsleben manchmal Opfer abverlangt und zu einer Form von "maxima poenitentia" werden kann.
Dennoch gibt es Situationen und Fälle, in denen ein Rückgriff auf die Humanwissenschaften erforderlich ist, besonders dann, wenn einzelne eindeutig zu einem Leben in Gemeinschaft unfähig sind, sei es aufgrund mangelnder Reife, psychologischer Labilität oder anderer Faktoren vorwiegend pathologischer Art.
Der Rückgriff auf solche Maßnahmen erwies sich nicht nur in der Therapie schwererer oder leichterer psychopatischer Fälle als nützlich, sondern auch zu deren Vorbeugung, um eine angemessene Auslese der Kandidaten zu erleichtern und um in einigen Fällen die Ausbildungsverantwortlichen in ihrem Verhalten bei speziellen pädagogisch-formativen Problemen zu beraten.<ref> vgl. PI 43, 51, 63 </ref>
In jedem Falle ist bei der Auswahl dieser Spezialisten ein gläubiger Mensch und ein Kenner des Ordenslebens vorzuziehen. Noch besser ist es, wenn er selbst ein gottgeweihter Mensch ist.
Der Gebrauch dieser Hilfsmittel wird schließlich dann wirklich hilfreich sein, wenn sie mit einer gewissen Zurückhaltung und auf den jeweiligen Fall bezogen angewandt werden; dies allein schon deshalb, weil sie nicht alle Probleme lösen können und demzufolge "nicht an die Stelle einer echten geistlichen Begleitung treten können".<ref> PI 52 </ref>
Vom Ich zum Wir
39. Die Achtung der Person, vom Konzil und in den nachfolgenden Dokumenten<ref> vgl. PC 14c; can. 618; EE 49 </ref> empfohlen, hat einen positiven Einfluß auf das konkrete Gemeinschaftsleben ausgeübt.
Gleichzeitig hat sich jedoch mit geringerer oder stärkerer Intensität, je nach den verschiedenen Erdteilen, auch der Individualismus ausgebreitet unter den vielfältigsten Formen, wie Profiliersucht, Überbetonung des physischen, psychischen und beruflichen Wohlbefindens, Bevorzugung einer eigenständigen Arbeit oder einer renomierten und profilierten Tätigkeit, absoluter Vorrang der persönlichen Interessen und des individuellen Lebensweges ohne Rücksicht auf die anderen und ohne Beziehung zur Gemeinschaft.
Dagegen ist es jedoch dringend erforderlich, jenes rechte und nicht immer leicht zu erzielende Gleichgewicht zu suchen zwischen der Achtung der Person und dem Gemeinwohl, zwischen den Ansprüchen und Bedürfnissen der einzelnen und jenen der Gemeinschaft, zwischen dem persönlichen Charisma und dem apostolischen Entwurf der Gemeinschaft. Dies sollte fern von jedem zerstörenden Individualismus sowie von jedem nivellierenden Kommunitarismus geschehen. Die Ordensgemeinschaft ist der Ort, wo sich der tägliche und geduldige Übergang vom "Ich" zum "Du", von meiner Aufgabe zur Aufgabe der Gemeinschaft, von der Suche dessen, "was mein ist", zur Suche dessen, "was Christi ist", vollzieht.
Dann wird die Ordensgemeinschaft der Ort, wo man täglich lernt, sich jenes neue Denken anzueignen, das es ermöglicht, brüderliche Gemeinschaft in der Vielfalt der unterschiedlichen Gaben zu leben, und das gleichzeitig eben diese Gaben auf die Brüderlichkeit und die Mitverantwortung im apostolischen Ziel hin ausrichtet.
40. Ein derartiger gemeinschaftlicher und apostolischer "Einklang" erfordert:
a) Miteinander das gemeinsame Geschenk der Berufung und Sendung dankbar zu feiern, ein Geschenk, das hoch über jedweden individuellen und kulturellen Unterschieden steht. Eine kontemplative Haltung gegenüber der Weisheit Gottes zu fördern, der gerade diese Brüder oder Schwestern in einer Gemeinschaft zusammengeführt hat, damit sie sich gegenseitig als Geschenk geben und annehmen. Gott zu loben für das, was jeder Bruder oder jede Schwester von der Gegenwart und vom Wort Christi mitteilt.
b) Die Pflege jener gegenseitigen Achtung, mit der man den langsameren Weg der Schwächeren annimmt und gleichzeitig das Wachstum reicherer Persönlichkeiten nicht erstickt. Eine Achtung, die einerseits Kreativität fördert, andererseits jedoch an die Mitverantwortung und Solidarität anderen gegenüber appelliert.
c) Eine Ausrichtung auf die gemeinsame Sendung hin: ein jedes Institut hat seine eigene Sendung, an der jeder seinen Gaben entsprechend mitarbeiten muss. Der Weg einer gottgeweihten Person besteht gerade darin, dem Herrn zunehmend all das darzubringen, was sie ist und was sie hat, zum Wohl der Sendung ihrer Ordensfamilie.
d) Eine Erinnerung daran, dass die apostolische Sendung in erster Linie der Gemeinschaft anvertraut ist, und dass sie deshalb oft den Unterhalt gemeinschaftseigener Werke mit sich bringt. Die Hingabe an ein solches gemeinschaftliches Apostolat läßt die gottgeweihte Person reifen und auf ihrem besonderen Weg zur Heiligkeit wachsen.
e) Eine innere Einstellung, aus der heraus die einzelnen Ordensleute, die im Gehorsam persönliche Aufgaben übertragen bekommen haben, sich selbst als von der Gemeinschaft Beauftragte verstehen. Diese trage ihrerseits Sorge für deren satzungsmäßige Erneuerung und beziehe sie in die Überprüfung der apostolischen Verpflichtungen der Gemeinschaft mit ein.
Während der Ausbildungszeit kann es vorkommen, dass es trotz allen guten Willens unmöglich ist, die besonderen Gaben einer gottgeweihten Person mit dem brüderlichen Leben in Gemeinschaft und der gemeinsamen Sendung in Einklang zu bringen. Dann ist die Frage zu stellen: "Tragen die Gaben Gottes in dieser Person (...) zur Einheit und Vertiefung der Gemeinschaft bei? Wenn ja, dann können sie gerne angenommen werden. Im gegenteiligen Falle sind sie nicht für dieses bestimmte Institut geeignet, so wertvoll diese Gaben auch in sich selbst sein und so erstrebenswert sie einigen Mitbrüdern erscheinen mögen. Es ist wirklich nicht vernünftig, stark abweichende Entwicklungen zu dulden, die für die Einheit im Institut kein gediegenes Fundament bieten".<ref> EE 22; vgl. auch MR 12 </ref>
41. In den vergangenen Jahren wuchs die Zahl der Gemeinschaften mit nur wenigen Mitgliedern, vor allem aus Gründen des Apostolates. Diese Gemeinschaften können auch förderlich sein für die Entwicklung engerer Beziehungen unter den Ordensleuten, für ein intensiveres Gebetsleben und für eine gegenseitige und noch brüderlichere Übernahme von Verantwortung.<ref> vgl. ET 40 </ref>
Keinesfalls jedoch fehlen auch fragwürdige Gründe, wie z.B. die Übereinstimmung von Interessen und Mentalitäten. In einem solchen Falle mag es leicht geschehen, dass eine Gemeinschaft sich abkapselt und so weit kommen kann, ihre Mitglieder selbst auszuwählen und einen vom Obern versetzten Mitbruder anzunehmen oder abzulehnen. Solches widerspricht der Natur der Ordensgemeinschaft und ihrer Zeichenhaftigkeit. Eine selektive Homogenität hindert die apostolische Beweglichkeit und schwächt außerdem die pneumatische Wirklichkeit der Gemeinschaft, sie entzieht der sie bestimmenden geistigen Wirklichkeit ihre Zeugniskraft.
Jenes, für heterogene Gemeinschaften so charakteristische Bemühen, sich gegenseitig anzunehmen, wie auch die Anstrengungen zur Überwindung diesbezüglicher Schwierigkeiten, sind ein Beweis für die Transzendenz ihres Seinsgrundes, nämlich für "die Kraft Gottes, die sich in der Schwachheit des Menschen offenbart" (vgl. 2 Kor 12,9-10).
In einer Gemeinschaft lebt man zusammen, nicht weil man sich gegenseitig ausgesucht hat, sondern weil der Herr einen dazu erwählt hat.
42. Wenn die westlich geprägte Kultur zum Individualismus neigt, der ein brüderliches Leben in Gemeinschaft erschwert, so können andere Kulturen ihrerseits zum Kommunitarismus führen, der die Wertschätzung der menschlichen Person schwieriger macht. Jede dieser kulturellen Formen muss evangelisiert werden.
Die Präsenz von Ordensgemeinschaften, die auf dem Weg hin zu einem brüderlichen Leben sind, in dem der Einzelne für die Mitbrüder verfügbar ist oder in dem die "Gruppe" den Einzelnen fördert, ist ein Zeichen der verändernden Kraft des Evangeliums und der Ankunft des Gottesreiches.
Die internationalen Institute, in denen Miglieder aus verschiedenen Kulturen zusammenleben, können zu einem Austausch der Gaben beitragen, durch die sie sich gegenseitig bereichern und korrigieren im gemeinsamen Bestreben, immer intensiver das Evangelium der Freiheit der Person und der brüderlichen Gemeinschaft zu leben.
Die Ordensgemeinschaft in beständiger Weiterbildung
43. Die gemeinschaftliche Erneuerung hat aus der beständigen Weiterbildung großen Nutzen gezogen. Sie wird in ihren Grundzügen vom Dokument Potissimum Institutioni empfohlen und umrissen,<ref> vgl. PI 66-69 </ref> und wird von allen Verantwortlichen der Ordensinstitute als bedeutungsvoll für das Überleben betrachtet.
Trotz einiger Unsicherheiten (z.B. die Schwierigkeit einer Synthese ihrer unterschiedlichen Aspekte; die Schwierigkeit, alle Mitglieder einer Gemeinschaft für die Weiterbildung zu interessieren; die Ansprüche des Apostolates; das rechte Gleichgewicht von Aktivität und Ausbildung) hat die Mehrzahl der Ordensinstitute diesbezügliche Initiativen auf zentraler und lokaler Ebene ins Leben gerufen.
Ein Ziel dieser Initiativen besteht darin, reife, evangeliumsgemäße und brüderliche Gemeinschaften zu bilden, die fähig sind, die beständige Weiterbildung im Alltag fortzusetzen. Die Ordensgemeinschaft ist tatsächlich der Ort, wo die großen Orientierungen dank einer geduldigen und beharrlichen, täglichen Vermittlung wirksam werden. Die Ordensgemeinschaft ist der Ort und das natürliche Umfeld des Wachstumsprozesses aller, wo ein jeder für das Wachstum des anderen mitverantwortlich wird.
Die Ordensgemeinschaft ist außerdem der Ort, wo man sich Tag für Tag gegenseitig hilft, als gottgeweihter Mensch und als Träger desselben Charismas auf die Bedürfnisse der Ärmsten und Letzten ebenso wie auf die Herausforderungen der neuen Gesellschaft zu antworten. Nicht selten mögen die Antworten auf diese Probleme unterschiedlich sein, mit deutlichen Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Leben. Dies führt zu der Feststellung, dass ein besonders vordringliches Bedürfnis heute darin besteht, Menschen unterschiedlicher Bildung und unterschiedlicher apostolischer Ausrichtung in ein und dasselbe gemeinschaftliche Leben zu integrieren, in dem die Unterschiede nicht mehr Anlaß zu Gegensätzen bieten, sondern Gelegenheit zur gegenseitigen Bereicherung. In diesen veränderten und sich verändernden Umständen wird die einigende Rolle der für die Gemeinschaft Verantwortlichen immer wichtiger; angesichts deren Aufgabe, das brüderliche und apostolische Leben einer Gemeinschaft zu animieren, sollte die beständige Weiterbildung für sie besondere Hilfen vorsehen.
Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre verdienen hier zwei Gesichtspunkte besondere Beachtung: Die gemeinschaftsbezogene Dimension der evangelischen Räte, und das Charisma.
Die gemeinschaftsbezogene Dimension der evangelischen Räte
44. Die Ordensprofeß stellt einen Ausdruck der Selbsthingabe an Gott und die Kirche dar, eine Hingabe jedoch, die innerhalb der Gemeinschaft einer Ordensfamilie gelebt wird. Die Ordensperson ist nicht nur durch ihre individuelle Berufung "gerufen", sondern sie ist "zusammengerufen", ist in eine Gemeinschaft mit anderen gerufen, wo sie ihre tägliche Existenz "mit anderen teilt".
In diesem "Ja" zu Gott liegt jene Übereinstimmung, die die verschiedenen Ordensleute untereinander zu ein und derselben Lebensgemeinschaft verbindet. Als gemeinsam Geweihte, als in demselben "Ja" Geeinte, als im Heiligen Geist untereinander Verbundene entdecken die Ordensleute täglich, dass ihre Nachfolge des "gehorsamen, armen und keuschen" Christus in der Brüderlichkeit gelebt wird, wie es die Jünger taten, die Jesus in seinem Wirken nachfolgten. Sie sind mit Christus verbunden, und deshalb sind sie berufen, auch untereinander verbunden zu sein. Sie sind untereinander verbunden durch die Sendung, sich in prophetischer Weise dem Götzenkult der Macht, des Besitzes und des Vergnügens zu widersetzen.<ref> vgl. RPU 25 </ref>
Auf diese Weise bindet und eint der Gehorsam das unterschiedlich ausgerichtete Wollen innerhalb ein und derselben brüderlichen Gemeinschaft, die in der Kirche eine besondere Sendung zu erfüllen hat.
Der Gehorsam stellt ein "Ja" zum Plan Gottes dar, der einer Personengruppe eine besondere Aufgabe anvertraut hat. Der Gehorsam steht in Verbindung mit der Sendung, aber auch mit der Gemeinschaft, die hier und jetzt gemeinschaftlich ihre Sendung zu verwirklichen hat; der Gehorsam verlangt außerdem eine durch den Glauben erleuchtete Sicht der Rolle der Obern, die "ihre Aufgabe des Dienstes und der Führung"<ref> MR 13 </ref> wahrnehmen und die Übereinstimmung von apostolischer Arbeit und Sendung zu schützen haben. Der allein heilsstiftende Wille Gottes muss so in Gemeinschaft mit den Obern verwirklicht werden.
Die Armut: Das Teilen des Besitzes - auch des geistlichen - bildet von Anbeginn an das Fundament der brüderlichen Gemeinschaft. Die Armut des einzelnen, die einen schlichten und fast herben Lebensstil mit sich bringt, macht nicht nur von jenen Sorgen frei, die mit persönlichem Besitz verbunden sind, sondern sie hat stets auch die Gemeinschaft bereichert, die sich dadurch wirksamer dem Dienst an Gott und den Armen widmen konnte.
Die Armut beinhaltet auch einen wirtschaftlichen Aspekt: es verletzt und schwächt das brüderliche Leben, wer für sich selbst oder für die eigenen Angehörigen über Geld verfügt, als ob es das eigene wäre, und wer einen Lebensstil pflegt, der sich zu stark von jenem der Mitbrüder und von der Armut seines sozialen Umfeldes abhebt.
Auch die "Armut des Geistes", die Demut, die Einfachheit, das Anerkennen der Gaben der anderen, die Hochachtung der Vorgaben des Evangeliums, wie z.B. "ein mit Christus in Gott verborgenes Leben", die Liebe zum Opfer im Verborgenen, die Wertschätzung der Letzten, das Aufgehen in Dingen, die nicht belohnt oder nicht anerkannt werden ...; dies alles sind Faktoren, die einigend auf das brüderliche Leben wirken und aus der gelobten Armut hervorgehen.
Weil eine Gemeinschaft von "Armen" auf ganz konkrete Weise die verändernde Kraft der Seligpreisungen vergegenwärtigt, ist sie auch imstande, mit den Armen solidarisch zu sein und deutlich zu machen, worin das Wesen der Evangelisierung besteht.
Die gottgeweihte Keuschheit, die auch eine hohe Reinheit des Geistes, des Herzens und des Leibes einschließt, bringt im Hinblick auf die Gemeinschaft eine große Freiheit zum Ausdruck, die Freiheit nämlich, Gott und alles, was sein ist, mit ungeteilter Liebe zu lieben. Sie stellt deshalb eine vorbehaltlose Bereitschaft dar, alle Menschen zu lieben und für sie da zu sein, und so die Liebe Christi zu vergegenwärtigen. Eine solche Liebe, die nicht egoistisch ist, niemanden ausschließt, niemanden in Besitz nimmt und von der Leidenschaft nicht beherrscht wird, sondern allumfassend ist und selbstlos, selbst frei und befreiend, und die so wesentlich ist für die Sendung, eine solche Liebe wird durch ein brüderliches Leben in ihrem Wachsen gefördert. So rufen alle, die in gottgeweihter Ehelosigkeit leben, "jenen wunderbaren Ehebund in Erinnerung, den Gott begründet hat und der erst in der kommenden Welt ganz offenbar wird, den Ehebund der Kirche mit Christus, ihrem einzigen Bräutigam".<ref> PC 12; vgl. can. 607 </ref>
Diese gemeinschaftsbezogene Dimension der Gelübde bedarf jener beständigen Pflege und Vertiefung, die charakteristische Ziele der beständigen Weiterbildung darstellen.
Das Charisma
45. Es ist das zweite Element, das im Rahmen der beständigen Weiterbildung hinsichtlich des Wachsens des brüderlichen Lebens hervorgehoben werden muss.
"Die Ordensweihe stiftet eine besondere Gemeinschaft zwischen Gott und der Ordensperson und, in Ihm, zwischen den Mitgliedern ein und desselben Instituts (...). Ihr Fundament ist jene Gemeinschaft in Christus, die im einmaligen Ursprungs-Charisma festgelegt ist".<ref> EE 18; vgl. MR 11-12 </ref>
Der Hinweis auf die eigene Gründergestalt und auf das von ihr gelebte und weitergegebene Charisma, das durch die ganze Lebensspanne des Instituts bewahrt und entfaltet wurde,<ref> vgl. MR 11 </ref> ist demnach ein grundlegendes Element für die Einheit der Gemeinschaft.
In Gemeinschaft leben heißt also, miteinander den Willen Gottes zu leben, gemäß jener Orientierung durch das Geschenk des Charismas, das der Gründer von Gott empfing, und das er auf seine Schüler und Nachfahren übertragen hat.
Indem die Erneuerung dieser Jahre die Bedeutung des Ursprungs-Charismas auch durch eine reiche theologische Reflexion hervorgehoben hat,<ref> vgl. MR 11-12; EE 11; 41 </ref> hat sie die Einheit der Gemeinschaft gefestigt, die als Trägerin derselben Gabe des Geistes verstanden wurde, die sie mit den Brüdern teilen soll, und mit der sie die Kirche beschenken kann "für das Leben der Welt". Darum sind jene Bildungs-Programme so hilfreich, die regelmäßige Kurse für Studium und betendes Überdenken der Gründergestalt, des Charismas und der Konstitutionen beinhalten.
Das vertiefte Verständnis des Charismas führt zu einer klaren Sicht der eigenen Identität, um die herum sich Einheit und Gemeinschaft leichter verwirklichen lassen. Es ermöglicht außerdem eine kreative Anpassung an die neuen Situationen, was einem Institut wiederum positive Zukunftsperspektiven bietet.
Das Fehlen einer solchen Klarheit kann auch leicht Unsicherheit bezüglich der Ziele hervorrufen sowie Verwundungen durch die Bedingungen des Umfeldes, die kulturellen Strömungen, ja selbst die verschiedenen apostolischen Erfordernisse, und zudem jede Anpassung und jede Erneuerung vereiteln.
46. Die charismatische Identität ist also zu fördern, und dies nicht zuletzt, weil eine Verallgemeinerung für die Vitalität der Ordensgemeinschaft eine echte Gefahr darstellt.
In diesem Zusammenhang wurde auch auf einige Situationen hingewiesen, die in diesen Jahren die Ordensgemeinschaften verwundet haben und noch immer verwunden:
die "verallgemeinernde" Betrachtungsweise - d.h. ohne Einbeziehung des eigenen Charismas - gewisser Richtlinien der Teilkirche oder gewisser Anregungen, die aus anderen Spiritualitäten stammen;
eine Form von Einbindung in kirchliche Bewegungen, die das einzelne Ordensmitglied dem fragwürdigen Phänomen einer "doppelten Zugehörigkeit" aussetzt;
eine gewisse Anpassung an die Lebensweise der Laien in den sicherlich notwendigen und oft fruchtbaren Beziehungen zu ihnen, besonders zu Mitarbeitern. Und so "tarnt" man sich als Laie, indem man ihre Urteils- und Handlungsweise annimmt und den Beitrag der eigenen Weihe an Gott herabsetzt, anstatt das eigene religiöse Zeugnis als ein brüderliches Geschenk anzubieten, das die Echtheit ihres christlichen Lebens durchdringen sollte;
ein übermäßiges Nachgeben gegenüber den Ansprüchen der Familie, den Idealen der Nation, der Rasse, des Stammes oder der sozialen Gruppe, was das Charisma auf einseitige Positionen und Interessen hin umzubiegen droht; Die Verallgemeinerung, die das Ordensleben auf einen farblosen, kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert, führt zur Zerstörung von Schönheit und Fruchtbarkeit jener Vielfalt von Charismen, die vom Geist ins Leben gerufen sind.
Die Autorität im Dienste der Brüderlichkeit
47. Allgemein besteht der Eindruck, die Entwicklung dieser Jahre habe das brüderliche Leben in den Gemeinschaften reifer gemacht. In vielen Gemeinschaften ist das Klima des Zusammenlebens besser geworden: man gab mehr Raum für die aktive Beteiligung aller, man ging von einem zu stark auf Observanz gründenden Gemeinschaftsleben über zu einem Leben, das die Bedürfnisse des einzelnen besser berücksichtigt und aufmerksamer ist in menschlichen Belangen. Das Bemühen, Gemeinschaften zu schaffen, die leichter lebbar sind, weniger formalistisch, weniger autoritär, die brüderlicher und verinnerlichter sind, wird allgemein als eine der auffallendsten Früchte der Erneuerung der letzten Jahre angesehen.
48. Diese positive Entwicklung war manchmal in Gefahr, durch ein Gefühl des Mißtrauens gegenüber der Autorität verfälscht zu werden.
Das Verlangen nach einer tieferen communio unter den Mitgliedern und die verständliche Reaktion gegen Strukturen, die als zu autoritär und zu starr empfunden wurden, führte dazu, die Rolle der Autorität in ihrer ganzen Tragweite zu verkennen, die von einigen als schlechthin überflüssig für das Gemeinschaftsleben bezeichnet, von anderen dagegen lediglich auf die Aufgabe der Koordinierung der Initiativen der Mitglieder eingeschränkt wurde. Auf diese Weise gelangten einige Gemeinschaften dahin, ohne verantwortlichen Leiter zu leben, während andere sämtliche Entscheidungen gemeinschaftlich trafen. Dies alles birgt die nicht nur hypothetische Gefahr eines Auseinanderbrechens des Gemeinschaftslebens in sich, was dann unausweichlich dazu führt, Einzelgängertum zu fördern und gleichzeitig die Rolle der Autorität zu verdunkeln, eine Rolle, die nicht nur für den geistlichen Weg der gottgeweihten Person notwendig ist, sondern auch für das Wachsen des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft.
Andererseits führen die Ergebnisse dieser Experimente schrittweise hin zur Wiederentdeckung der Notwendigkeit und der Bedeutung einer persönlichen Autorität, was in Kontinuität mit der ganzen Tradition des Ordenslebens steht.
Wenn das verbreitete Klima der Demokratisierung auch das Wachsen der Mitverantwortlichkeit und der Teilnahme aller an Entscheidungsprozessen innerhalb der Ordensgemeinschaft gefördert haben mag, so darf man doch nicht vergessen, dass Brüderlichkeit nicht nur ein Ergebnis menschlichen Bemühens ist, sondern auch, und ganz besonders, ein Geschenk Gottes. Sie ist ein Geschenk, das dem Gehorsam gegenüber Gottes Wort entspringt, und im Ordensleben auch dem Gehorsam gegenüber der Autorität, die an dieses Wort erinnert und es mit den konkreten Situationen verbindet, ganz gemäß dem Geist des Instituts.
"Wir bitten euch aber, Brüder, anerkennt jene, die unter euch sich mühen, die eure Vorsteher sind im Herrn und euch ermahnen. Schätzt sie besonders hoch in Liebe, wegen ihres Wirkens" (1 Thess 5,12-13). Die christliche Gemeinschaft ist wirklich kein anonymes Kollektiv, sondern ihr sind von Anfang an Vorsteher geschenkt, für die der Apostel um Rücksicht, Achtung und Liebe bittet.
In den Ordensgemeinschaften ist diese Autorität, der Aufmerksamkeit und Respekt auch kraft des gelobten Gehorsams geschuldet wird, auch in den Dienst der zu verwirklichenden Brüderlichkeit sowie der Erreichung ihrer geistlichen und apostolischen Zielsetzungen gestellt.
49. Die Erneuerungsbewegung dieser Jahre hat dazu beigetragen, das Bild der Autorität neu zu zeichnen, in der Absicht, diese enger mit ihren evangelischen Wurzeln zu verbinden und damit mit dem Dienst für den geistlichen Fortschritt des einzelnen und für den Aufbau des brüderlichen Lebens in der Gemeinschaft.
Jede Gemeinschaft hat ihre eigene Sendung. Der Dienst der Autorität richtet sich also auf eine Gemeinschaft, die eine besondere, ihr vom Institut und dessen Charisma übertragene und umschriebene Sendung zu erfüllen hat. Aus der Verschiedenheit der Sendungen ergeben sich unterschiedliche Formen von Gemeinschaften, und demzufolge auch von Diensten der Autorität. Auch dies ist ein Grund dafür, dass es innerhalb des Ordenslebens verschiedene, vom Eigenrecht festgelegte Arten gibt, Autorität zu verstehen und auszuüben.
Immer jedoch stellt die evangeliumsgemäße Autorität einen Dienst dar.
50. Die Erneuerung dieser Jahre betont einige Aspekte der Autorität.
a) Eine geistliche Autorität
Wenn die gottgeweihten Personen sich dem umfassenden Dienste Gottes widmen, dann fördert und stützt die Autorität diese ihre Weihe. In gewisser Weise kann die Autorität verstanden werden als "Dienerin der Diener Gottes". Der Autorität kommt die vornehmliche Aufgabe zu, zusammen mit ihren Brüdern und Schwestern "brüderliche Gemeinschaften aufzubauen, in der Gott vor allem gesucht und geliebt wird".<ref> can. 619 </ref> Es ist also erforderlich, dass sie vor allem anderen eine geistlich geprägte Person sei, überzeugt vom Primat des Geistlichen sowohl im persönlichen Leben wie auch in der Verwirklichung des brüderlichen Lebens, d.h. dass sie sich bewußt sei, dass die Herzen sich desto enger untereinander verbinden, je mehr die Liebe zu Gott in ihnen wächst.
Die vorrangige Aufgabe der Autorität wird also in der geistlichen, gemeinschaftlichen und apostolischen Motivierung ihrer Gemeinschaft liegen.
b) Eine Autorität, die Einheit bewirkt
Eine Autorität, die Einheit bewirkt, ist jene, die sich bemüht, ein günstiges Klima für Austausch und Mitverantwortung zu schaffen; die den Beitrag aller hinsichtlich der gemeinsamen Interessen anregt; die die Mitbrüder zur Übernahme von Verantwortung ermutigt und sie respektiert; die "den Gehorsam der Mitbrüder fördert in Achtung vor der menschlichen Person";<ref> can. 618 </ref> die gerne auf die Mitbrüder hört und deren einträchtiges Wirken zum Wohl des Instituts und der Kirche fördert;<ref> vgl. ebd. </ref> die den Dialog praktiziert und angemessene Gelegenheit zur Begegnung schafft; die in schwierigen Momenten Mut und Hoffnung zu vermitteln versteht; die nach vorne schaut, um der Sendung neue Horizonte zu erschließen. Und weiter: eine Autorität, die die verschiedenen Aspekte des Gemeinschaftslebens im Gleichgewicht zu halten bemüht ist: Gleichgewicht von Gebet und Arbeit, von Apostolat und Ausbildung, von Tätigkeit und Erholung.
Die Autorität des Obern und der Oberin dient also dazu, dass das Ordenshaus nicht einfach ein Aufenthaltsort, ein Agglomerat von Einzelgängern sei, von denen jeder seine eigene Geschichte lebt, sondern eine "brüderliche Gemeinschaft in Christus".<ref> can 619 </ref>
c) Eine Autorität, die die letzte Entscheidung trifft und deren Ausführung sichert.
Die gemeinsame Entscheidungsfindung ist gewiß ein nützliches Verfahren, auch wenn es nicht leicht und nicht selbstverständlich ist, da es menschliche Kompetenz, geistliche Weisheit und Zurücknahme der eigenen Person erfordert. Dort, wo sie ernsthaft und gläubig praktiziert wird, schafft sie der Autorität die besten Bedingungen für die notwendigen Entscheidungen zum Wohl des brüderlichen Lebens und der Sendung.
Wenn dann einmal eine Entscheidung gemäß den Vorschriften des Eigenrechtes getroffen ist, dann sind Beharrlichkeit und Kraft seitens des Obern gefordert, damit die Beschlüsse nicht nur auf dem Papier bleiben.
51. Es ist außerdem unabdingbar, dass das Eigenrecht möglichst präzise die verschiedenen Kompetenzen der Gemeinschaften, der Räte, der Amtsträger und des Obern umschreibt. Unklarheiten in diesem Bereich bieten oft Anlaß zu Konfusion und zu Konflikten.
Auch die "gemeinschaftlichen Projekte", die einer Beteiligung am Gemeinschaftsleben und seiner unterschiedlichen Aufgaben nützen können, sollten sorgsam darauf bedacht sein, die Aufgabe und Kompetenz der Autorität in Übereinstimmung mit den Konstitutionen klar festzulegen.
52. Eine brüderliche und geeinte Gemeinschaft ist immer mehr dazu berufen, ein wichtiges und zeichenhaftes Element der Gegenkultur des Evangeliums zu sein, Salz der Erde und Licht der Welt.
So kann die Ordensgemeinschaft beispielsweise in der westlichen, vom Individualismus beherrschten Gesellschaft, ein prophetisches Zeichen dafür sein, dass es möglich ist, in Christus Brüderlichkeit und Solidarität zu verwirklichen, während sie in den von Autoritarismus oder Kommunitarismus geprägten Kulturen ein Zeichen für die Achtung und Entwicklung der menschlichen Person und für eine, dem Willen Gottes gemäße Ausübung der Autorität sein kann.
In der Tat, während die Ordensgemeinschaft die Kultur des jeweiligen Ortes annehmen soll, ist es gleichzeitig auch ihre Aufgabe, diese durch das Salz und das Licht des Evangeliums zu reinigen und zu erheben, indem sie in ihrer realen Brüdergemeinschaft eine konkrete Synthese dessen aufzeigt, was nicht nur eine Evangelisierung der Kultur, sondern auch eine evangelisierende Inkulturation und eine inkulturierte Evangelisierung ist.
53. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass in dieser ganzen, delikaten, komplexen und oft leidvollen Frage der Glaube eine entscheidende Rolle spielt, der es ermöglicht, das Heilsgeheimnis des Gehorsams zu begreifen.<ref> vgl. PC 14; EE 49 </ref> So, wie durch den Ungehorsam eines Menschen die menschliche Familie auseinanderbrach, und wie durch den Gehorsam des neuen Menschen ihre Zusammenführung begann (vgl. Röm 5,19), ebenso wird die Haltung des Gehorsams für jedes Leben in einer Familie immer eine unverzichtbare Kraft darstellen.
Das Ordensleben hat immer aus dieser Glaubensüberzeugung gelebt, und auch heute noch ist es gerufen, sie mutig zu leben, um in seinem Bemühen um brüderliche Beziehungen nicht ins Leere zu laufen und in der Kirche und der Gesellschaft eine dem Evangelium entsprechende, bedeutsame Wirklichkeit darzustellen.
Die Brüderlichkeit als Zeichen
54. Besonders in den Instituten mit apostolischen Aufgaben waren die Beziehungen zwischen brüderlichem Leben und apostolischer Tätigkeit nicht immer geklärt und haben öfters zu Spannungen im einzelnen wie auch in der Gemeinschaft geführt. Manch einer empfand das "auf Gemeinschaft machen" als ein Hindernis für die Sendung, als eine Zeitverschwendung mit Nebensächlichkeiten. Allen muss ins Gedächtnis gerufen werden, dass die brüderliche Gemeinschaft als solche bereits ein Apostolat ist und unmittelbar zur Evangelisierung beiträgt. Das herausragende Zeichen, das der Herr hinterlassen hat, ist nämlich das der gelebten Brüderlichkeit: "Daran sollen sie erkennen, dass ihr meine Jünger seid, dass ihr einander liebt" (Joh 13,35).
Neben dem Auftrag, das Evangelium aller Kreatur zu verkünden (vgl. Mt 28, 19-20), hat der Herr seine Jünger dazu ausgesandt, als Brüder miteinander zu leben, "damit die Welt glaubt", dass Jesus der Gesandte des Vaters ist, und dass ihm die volle Zustimmung des Glaubens gebührt (vgl. Joh 17, 21). Dem Zeichen der Brüderlichkeit kommt also höchste Bedeutung zu, denn es ist jenes Zeichen, das den göttlichen Ursprung der christlichen Botschaft aufzeigt und die Kraft besitzt, die Herzen für den Glauben zu öffnen. Darum kann auch gesagt werden, dass "die ganze Fruchtbarkeit des Ordenslebens von der Qualität des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft abhängig ist".<ref>Johannes Paul II. vor der Plenaria der CIVCSVA (20.11.1992), nr. 3, OR 21.11.1992 </ref>
55. Je nach dem, wie die Ordensgemeinschaft das brüderliche Leben in ihrer Mitte pflegt, vergegenwärtigt sie fortwährend und erkennbar dieses "Zeichen", dessen die Kirche vor allem in der Aufgabe der Neuevangelisierung bedarf.
Auch aus diesem Grunde liegt der Kirche das brüderliche Leben der Ordensgemeinschaften am Herzen: je stärker die brüderliche Liebe ist, um so größer ist die Glaubwürdigkeit der verkündeten Botschaft, und um so klarer wird die Bedeutung des innersten Geheimnisses der Kirche als Sakrament und der Verbindung der Menschen mit Gott und untereinander.<ref> vgl. LG 1 </ref>
Ohne bereits das "Ganze" der Sendung der Kirche sein zu wollen, ist das brüderliche Leben doch ein wesentlicher Teil davon. Das brüderliche Leben ist genauso wichtig wie die apostolische Tätigkeit.
Man kann sich also nicht auf die Notwendigkeiten des apostolischen Dienstes berufen, um Mängel im Gemeinschaftsleben zuzulassen oder zu rechtfertigen. Die Tätigkeit der Ordensleute muss eine Tätigkeit von Menschen sein, die gemeinsam leben, die ihr Tun durch eine gemeinschaftliche Gesinnung prägen, die den Geist der Gemeinschaft durch Wort, Tat und Beispiel verbreiten.
Besondere Umstände, die im folgenden behandelt werden, können Anpassungen erforderlich machen, die jedoch nicht dazu führen dürfen, die Ordensperson von der communio und dem Geist der eigenen Gemeinschaft zu entfremden.
56. Wenn die Ordensgemeinschaft sich ihrer Verantwortung gegenüber der großen brüderlich-schwesterlichen Gemeinschaft, die die Kirche darstellt, bewußt ist, dann beweist sie auch, dass es möglich ist, die christliche Brüderlichkeit zu leben, und sie zeigt den Preis, den die Verwirklichung einer jeglichen Form von brüderlichem Leben erfordert.
Inmitten der Gesellschaften dieser Erde, die von Leidenschaften und entgegengesetzten Interessen geprägt und zerrissen sind, die sich nach Einheit sehnen, die jedoch unsicher sind bezüglich des Weges, der zu ihr führt, inmitten dieser Gesellschaften stellt die Anwesenheit von Gemeinschaften, in denen sich Menschen unterschiedlichen Alters, Sprache und Kultur als Brüder und Schwestern begegnen und die trotz der unvermeidlichen Konflikte und Schwierigkeiten, die das Gemeinschaftsleben mit sich bringt, untereinander verbunden bleiben, bereits ein Zeichen dar, das auf etwas Höheres hinweist und die Blicke nach oben richtet.
"Die Ordensgemeinschaften, die durch ihr Leben die Freude und den menschlichen und übernatürlichen Wert der christlichen Brüderlichkeit verkünden, bezeugen vor unserer Gesellschaft durch die Sprache der Fakten die verändernde Kraft der Frohen Botschaft".<ref> Johannes Paul II. vor der Plenaria der CIVCSVA (20.11.1992), nr. 4, OR 21.11.1992 </ref>
"Über allem stehe die Liebe; sie ist das Band der Vollkommenheit" (Kol 3,14), jene Liebe, die von Christus gelehrt und gelebt und durch seinen Geist uns mitgeteilt worden ist. Diese Liebe ist es, die einig macht und die dazu drängt, die Erfahrung der Gemeinschaft mit Gott und den Brüdern auch anderen mitzuteilen. Sie macht also zu Aposteln, indem sie die Gemeinschaften zur Sendung hindrängt, ob diese nun in der Kontemplation, in der Verkündigung des Wortes oder in karitativem Dienst bestehe. Die Liebe Gottes möchte in die Welt einbrechen: so wird die brüderliche Gemeinschaft zur Missionarin für diese Liebe und zum konkreten Zeichen ihrer einigenden Kraft.
57. Die Qualität des brüderlichen Lebens hat auch einen bedeutenden Einfluß auf die Beharrlichkeit der einzelnen Ordensperson.
So wie Mängel im brüderlichen Leben häufig als Motiv für Austritte angegeben werden, stellt die gelebte Brüderlichkeit bis heute eine wirksame Stütze dar für die Ausdauer vieler.
In einer wirklich brüderlichen Gemeinschaft fühlt ein jeder sich mitverantwortlich für die Treue des anderen; jeder leistet seinen Beitrag zu einer gelösten Atmosphäre echter Lebensgemeinschaft, die gekennzeichnet ist von Verständnis und gegenseitiger Hilfe; jeder ist sensibel für Müdigkeit, Leid, Einsamkeit und Mutlosigkeit des Mitbruders; jeder hilft dem durch Prüfungen und Schwierigkeiten Bedrängten.
Auf diese Weise wird eine Ordensgemeinschaft, die die Beharrlichkeit ihrer Mitglieder stützt, auch zum Zeichen für die fortwährende Treue Gottes, und somit zu einer Stütze für Glauben und Treue der Christen, die in einer Welt leben müssen, die den Wert der Treue immer weniger zu kennen scheint.
III. DIE ORDENSGEMEINSCHAFT ALS ORT UND TRÄGERIN DER SENDUNG
58. Wie der Heilige Geist die Kirche schon im Abendmahlsaal gesalbt hat, um sie zur Verkündigung der Frohen Botschaft in die Welt zu senden, so ist jede Ordensgemeinschaft, insofern sie echte, geisterfüllte Gemeinschaft des Auferstandenen ist, ihrer Eigenart entsprechend eine apostolische Gemeinschaft.
Es ist wahr: "Die communio schafft communio und stellt sich wesentlich als missionarische communio dar... Communio und Sendung sind zutiefst miteinander verbunden; sie durchdringen und bedingen einander, so dass die communio zugleich Quelle und Frucht der Sendung ist: die communio ist missionarisch und die Sendung gilt der communio".<ref> ChL 32 </ref>
Jede Ordensgemeinschaft, auch die rein kontemplative, ist nicht auf sich selbst bezogen, sondern sie wird Verkündigung, Diakonie und prophetisches Zeugnis. Der Auferstandene, der in ihr lebt und ihr seinen Geist mitteilt, macht sie zum Zeugen seiner Auferstehung.
Ordensgemeinschaft und Sendung
Es ist angebracht, hier über die besondere Beziehung zwischen den verschiedenen Formen von Ordensgemeinschaft und deren Sendung nachzudenken, bevor wir uns einigen speziellen Situationen zuwenden, denen sich die Ordensgemeinschaften heutzutage in den unterschiedlichen Verhältnissen der Welt stellen müssen, um ihrer besonderen Sendung treu zu bleiben.
59. a) Das II. Vatikanische Konzil sagt: "Die Ordensleute sollen sorgfältig darauf achten, dass durch sie die Kirche wirklich von Tag zu Tag mehr den Gläubigen wie den Ungläubigen Christus sichtbar mache, wie er auf dem Berg in der Beschauung weilte oder wie er den Scharen das Reich Gottes verkündigt oder wie er die Kranken und Schwachen heilt oder wie er die Kinder segnet und allen Wohltaten erweist, immer aber dem Willen des Vaters gehorsam ist, der ihn gesandt hat".<ref> LG 46a </ref>
Aus der Teilhabe an den verschiedenen Formen der Sendung Christi läßt der Geist verschiedene Ordensfamilien entstehen, die durch unterschiedliche Sendungen und deshalb auch durch unterschiedliche Gemeinschaftsformen geprägt sind.
b) Die Form der monastisch-kontemplativen Gemeinschaft (die Christus auf dem Berg darstellt) ist auf die Vereinigung mit Gott und auf die Einheit der Mitglieder untereinander ausgerichtet. Sie hat eine höchst wirkungsvolle apostolische Zielsetzung, die jedoch zum guten Teil im Geheimnis verborgen bleibt. Die "apostolische" Gemeinschaft (die Christus unter der Menge darstellt) ist dem aktiven, durch ein besonderes Charisma geprägten Dienst am Nächsten geweiht.
Unter den "apostolischen Gemeinschaften" sind einige mehr auf das gemeinsame Leben ausgerichtet, so dass das Apostolat von der Fähigkeit zum Gemeinschaftsleben abhängt; andere sind entschieden auf die missionarische Tätigkeit hin ausgerichtet, weshalb die Form der Gemeinschaft von der Form der missionarischen Tätigkeit bedingt wird. Die ausgesprochen auf die verschiedenen Arten des apostolischen Dienstes orientierten Institute betonen die Priorität der ganzen Ordensfamilie, die als ein einziger apostolischer Körper und als eine große Gemeinschaft vom Geist eine Sendung in der Kirche empfangen hat. Die communio, die die ganze Familie belebt und eint, wird konkret in den einzelnen Hausgemeinschaften gelebt, denen die Ausführung der Sendung gemäß den unterschiedlichen Erfordernissen anvertaut ist.
Es gibt also unterschiedliche, durch Jahrhunderte überlieferte Formen von Ordensgemeinschaften, wie die monastische Gemeinschaft, die Konventual-Gemeinschaft und die aktive oder "diakonale" Ordensgemeinschaft.
"Das gemeinsame Leben in Gemeinschaft" hat also nicht für alle Ordensleute dieselbe Bedeutung. Mönche, Konventualen und aktiv tätige Ordensleute unterscheiden sich zu Recht dadurch, wie sie die Ordensgemeinschaft verstehen und leben.
Diese Verschiedenheit findet sich in den Konstitutionen, die gleichzeitig mit dem Charakter des Instituts auch jenen der Ordensgemeinschaft beschreiben.
c) Allgemein wird betont, dass es besonders für die in apostolischen Werken tätigen Ordensgemeinschaften ziemlich schwierig sei, im praktischen Alltag das Gleichgewicht von Gemeinschaft und apostolischem Einsatz zu wahren. Wenn es gefährlich ist, diese beiden Aspekte einander entgegenzustellen, so ist es doch schwierig, sie miteinander in Einklang zu bringen. Auch hierin liegt eine der fruchtbaren Spannungen des Ordenslebens, dessen Aufgabe es ist, gleichzeitig sowohl das Wachstum des 'Jüngers' zu fördern, der mit Christus und mit der Schar derer, die ihm nachfolgen, lebt, als auch jenes des 'Apostels', der an der Sendung des Herrn teilnimmt.
d) Die Verschiedenheit der apostolischen Erfordernisse führte in den vergangenen Jahren oft zur Koexistenz sehr unterschiedlicher Gemeinschaften innerhalb ein und desselben Instituts: große, fest strukturierte Gemeinschaften, und kleine, beweglichere Gemeinschaften, ohne deshalb jedoch die charakteristischen Merkmale einer Ordensgemeinschaft zu verlieren.
Dies alles beeinflußt nicht unerheblich das Leben eines Instituts und dessen Charakter, der nicht mehr, wie einst, eng umrissen ist, sondern sich formenreicher zeigt und verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für die Ordensgemeinschaft offenläßt
e) In manchen Instituten hat die Tendenz, die apostolische Tätigkeit stärker als das Gemeinschaftsleben zu betonen, oder die Vielfalt der Einheit vorzuziehen, das gemeinsame brüderliche Leben tief beeinflußt, bis zu dem Punkt, dass es manchmal geradezu zu einer Option wurde anstatt ein integrierender Bestandteil des Ordenslebens zu sein.
Die sicherlich nicht positiven Folgen geben Anlaß, diesen Weg ernsthaft in Frage zu stellen, und legen eher nahe, die enge Verbindung von Gemeinschaft und Sendung neu zu entdecken, um so kreativ jene Einseitigkeiten zu überwinden, die den Reichtum des Ordenslebens immer mehr verarmen lassen.
In der Ortskirche
60. Was ihre missionarische Präsenz anbetrifft, so steht eine Ordensgemeinschaft innerhalb einer bestimmten Ortskirche, der sie den Reichtum ihrer Lebensweihe, ihres brüderlichen Lebens und ihres Charismas schenkt.
Durch ihre schlichte Gegenwart birgt sie in sich nicht nur den Reichtum des christlichen Lebens, sondern stellt gleichzeitig eine besonders wirkungsvolle Verkündigung der christlichen Botschaft dar. Man kann sagen, sie ist eine fortwährende und lebendige Verkündigung. Diese objektive Gegebenheit schärft ganz offenkundig das Verantwortungsbewußtsein der Ordensleute, indem sie sie in die Pflicht nimmt, dieser ihrer erstrangigen Sendung treu zu bleiben und alles zu verbessern oder auszumerzen, was die Attraktivität dieses ihres Erscheinungsbildes schwächt oder verwässert, und sie macht deren Anwesenheit in der Ortskirche sehr erwünscht und wertvoll, unabhängig von jeder anderen Überlegung.
Da die Liebe das höchste aller Charismen darstellt (vgl. 1 Kor 13,13), bereichert eine Ordensgemeinschaft die Kirche, deren lebendiger Teil sie ist, in erster Linie durch ihre Liebe.
Die Ordensgemeinschaft liebt zugleich die universale Kirche und die konkrete Ortskirche, zu der sie gehört, weil sie innerhalb der Kirche steht und als Kirche sich in Beziehung zur Gemeinschaft der heiligsten und heiligmachenden Dreifaltigkeit weiß, der Quelle jeglichen Gutes. So wird sie zu einem hervorragenden Ausdruck des innersten Wesens der Kirche selbst.
Sie liebt ihre Ortskirche, sie bereichert diese mit ihren Charismen und öffnet sie auf eine universalere Dimension hin. Die komplexen Beziehungen zwischen den pastoralen Erfordernissen der Ortskirche und den charismatischen Besonderheiten der Ordensgemeinschaft wurden in dem Dokument Mutuae Relationes behandelt, das mit seinen theologischen und pastoralen Richtlinien einen gewichtigen Beitrag für eine herzlichere und bessere Zusammenarbeit geboten hat. Es ist an der Zeit, dieses Dokument erneut aufzugreifen, um den Geist wahrer Gemeinschaft zwischen Ordensgemeinschaft und Ortskirche neu anzuregen.
Die zunehmenden Schwierigkeiten, die die Verwirklichung der Sendung und der Mangel an Personal mit sich bringen, können für Ordensgemeinschaften und Ortskirche eine Versuchung zur Isolation darstellen, was sicherlich weder dem gegenseitigen Verstehen noch der Zusammenarbeit dienlich ist.
So läuft einerseits die Ordensgemeinschaft Gefahr, in der Ortskirche ohne organischen Bezug zu deren Leben und Pastoral präsent zu sein, während man andererseits dabei ist, die Ordensgemeinschaft auf die Wahrnemnung rein pastoraler Aufgaben zu beschränken. Noch einmal: während das Ordensleben immer stärker die eigene, charismatische Identität betont, fordert die Ortskirche oftmals mit Nachdruck Kräfte für die diözesane oder pfarrliche Pastoral an, die nicht immer ganz angemessen eingesetzt werden. Mutuae Relationes ist weit davon entfernt, die Ordensgemeinschaften in ihrem Verhältnis zur Ortskirche zu isolieren und sie von ihr loszubinden, ist aber ebenso davon entfernt, sie in den Belangen der Ortskirche praktisch aufgehen zu lassen.
Wie die Ordensgemeinschaft weder unabhängig noch alternativ, und schon gar nicht gegen die pastoralen Direktiven der Ortskirche handeln kann, ebenso kann die Ortskirche nicht nach ihrem Gutdünken und nach ihren Bedürfnissen über die Ordensgemeinschaft oder deren Mitglieder verfügen.
Es sei daran erinnert, dass eine zu geringe Berücksichtigung des Charismas einer Ordensgemeinschaft weder für die Ortskirche noch für die Ordensgemeinschaft selbst vorteilhaft ist. Nur eine Ordensgemeinschaft mit klarem Charisma kann sich in die "Gesamtpastoral" einordnen und diese durch ihren Beitrag bereichern, ohne sich selbst zu verfälschen.
Es darf nicht vergessen werden, dass jedes Charisma aus der Kirche und für die Welt heranwächst, dass es beständig auf seine Ursprünge und auf seine Ziele zurückgeführt werden muss und in dem Maße lebt, in welchem es diesen treu bleibt.
Kirche und Welt ermöglichen seine Deutung und spornen es an zu einer wachsenden Aktualität und Vitalität. Charisma und Ortskirche sind nicht geschaffen, sich gegenseitig zu behindern, sondern um sich zu stützen und zu ergänzen, und dies besonders im gegenwärtigen Augenblick, in dem der Verwirklichung des Charismas und seiner Einordnung in veränderte Umstände nicht wenige Probleme entgegenstehen.
Eine unvollständige gegenseitige Kenntnis der Ortskirche und des Ordenslebens sowie der Aufgaben des Bischofs ihnen gegenüber ist oft Ursache für viele Mißverständnisse.
Dringend wird empfohlen, in den theologischen Seminaren der Diözesen einen speziellen Kurs über die Theologie des geweihten Lebens vorzusehen, wo diese besonders in ihren dogmatischen, juridischen und pastoralen Aspekten vertieft werde. Ebenso soll den Ordensleuten eine angemessene theologische Ausbildung über die Ortskirche nicht vorenthalten werden.<ref> vgl. MR 30e, 47 </ref>
Vor allem aber möge eine brüderliche Ordensgemeinschaft dafür sorgen, jenes Klima der Gemeinsamkeit zu verbreiten, das der ganzen christlichen Gemeinde hilft, sich als "Familie der Kinder Gottes" zu fühlen.
Die Pfarrgemeinde
61. In den Pfarrgemeinden ist es manchmal schwer, das Leben der Pfarrei mit jenem der Gemeinschaft zu verbinden.
In einigen Gegenden verursacht die Schwierigkeit, neben dem Dienst in der Pfarrei auch noch ein Gemeinschaftsleben zu führen, bei den Ordenspriestern nicht geringe Spannungen. Der vielfältige Einsatz in der Pfarrpastoral geschieht oft auf Kosten des Charismas des Instituts und des Gemeinschaftslebens. Dies kann dazu führen, dass die Gläubigen, der Diözesanklerus und die Ordensleute selbst das Gespür für die Besonderheit des Ordenslebens verlieren.
Die drängenden pastoralen Erfordernisse dürfen nicht vergessen lassen, dass der beste Dienst, den eine Ordensgemeinschaft der Kirche leisten kann, darin besteht, ihrem Charisma treu zu sein. Dies äußert sich auch in der Übernahme und Leitung von Pfarreien: jene Pfarrgemeinden sind zu bevorzugen, die weiterhin ein Gemeinschaftsleben gestatten und die Verwirklichung des eigenen Charismas ermöglichen.
Auch die weiblichen Ordensgemeinschaften, die oft aufgefordert werden, in der Pfarrseelsorge unmittelbarer präsent zu sein, erfahren ähnliche Schwierigkeiten.
Auch hier - es sei wiederholt - wird deren Einbindung in die Pfarrgemeinde um so fruchtbarer sein, je stärker die Ordensgemeinschaft durch die Eigenart ihres Charismas präsent sein kann.<ref> vgl. MR 49-50 </ref> Dies mag von großem Nutzen sein für die Ordensgemeinschaft wie für die Pastoral selbst, in der die Ordensfrauen für gewöhnlich gut angenommen und geschätzt sind.
Die kirchlichen Bewegungen
62. Die kirchlichen Bewegungen im weitesten Sinne des Wortes, die von einer lebendigen Spiritualität und apostolischen Vitalität gekennzeichnet sind, haben die Aufmerksamkeit einiger Ordensleute auf sich gezogen, die an ihnen teilnahmen, manchmal mit dem Erfolg einer geistlichen Erneuerung, neuen apostolischen Eifers und einer Verlebendigung ihrer Berufung. Zuweilen jedoch haben sie auch Spaltung in die Gemeinschaft hineingetragen. Dazu ist folgendes zu bemerken:
a) Einige dieser Bewegungen dienen schlicht der geistlichen Anregung, andere dagegen unterhalten eigene apostolische Projekte, die unvereinbar sein können mit jenen der eigenen Ordensgemeinschaft.
Ebenso schwankt auch der Grad der Einbeziehung der Ordensleute: einige stehen mehr am Rande, andere sind Gelegenheitsteilnehmer, andere wiederum sind feste Mitglieder, doch in völliger Übereinstimmung mit der eigenen Gemeinschaft und Spiritualität.
Diejenigen jedoch, die eine vorrangige Zugehörigkeit zur Bewegung zu erkennen geben, verbunden mit einer psychologischen Entfremdung vom eigenen Institut, stellen ein Problem dar, da sie in einem inneren Zwiespalt leben: sie wohnen in der Gemeinschaft, leben aber gemäß den pastoralen Absichten und Richtlinien der Bewegung.
Es ist demzufolge scharf zwischen den jeweiligen Bewegungen wie auch zwischen den jeweiligen Formen der Beteiligung eines Ordensmitgliedes zu unterscheiden.
b) Die Bewegungen können eine fruchtbare Herausforderung für die Ordensgemeinschaft darstellen, an ihre geistliche Spannkraft, an die Qualität ihres Betens, an die Prägnanz ihrer apostolischen Initiativen, an ihre Treue zur Kirche, an die Tiefe ihres brüderlichen Lebens. Die Ordensgemeinschaft müßte für die Begegnung mit den Bewegungen offen sein in einer Haltung gegenseitigen Verstehens, des Dialogs und des Austauschs der Gaben.
Die große aszetische und mystische Tradition des Ordenslebens und eines Instituts kann auch für die neuen Bewegungen von Nutzen sein.
c) Das Grundproblem in den Beziehungen zu Bewegungen bleibt die Identität der einzelnen Ordensperson: ist diese stabil, wird die Beziehung beiden Gewinn bringen.
Jene Ordensleute, die mehr in der Bewegung und für sie zu leben scheinen, als in der eigenen Ordensgemeinschaft und für diese, seien daran erinnert, was Potissimum Institutioni sagt: "Ein Institut besitzt eine innere Kohärenz, die ihm aus seiner Natur, seiner Zielsetzung, seinem Geist, seiner Anlage und seinen Überlieferungen erwächst. Dieses ganze Erbgut stellt den Grundpfeiler sowohl für die Identität und die Einheit des Instituts selbst, als auch für die Einheit des Lebens jedes Mitgliedes dar. Es ist ein Geschenk des Geistes an die Kirche, das keinerlei Einmischung, Überlagerung oder Trübung erfahren darf. Der Dialog und die Teilnahme innerhalb der Kirche setzen voraus, dass sich jeder dessen bewußt ist, was er ist.
Ein Kandidat für das Ordensleben (...) kann nicht gleichzeitig von einem Verantwortlichen außerhalb des Instituts abhängig sein (...) und von den Obern des Instituts.
Diese Forderungen bleiben über die Ordensweihe hinaus gültig, um jeder Form von 'Mehrfachzugehörigkeiten' im persönlichen geistlichen Leben wie auch in der Sendung des Ordensangehörigen vorzubeugen".<ref> PI 93 </ref>
Die Teilnahme an einer Bewegung wird für die Ordensperson dann fruchtbar sein, wenn sie deren charakteristische Identität bestärkt.
Einige besondere Fragen
Einbindung in das Leben der Armen
63. Zusammen mit vielen anderen Brüdern und Schwestern im Glauben gehören die Ordensgemeinschaften zu den ersten, die sich auf immer neue Weise der materiellen und geistigen Nöte ihrer Zeit angenommen haben.
Die Armut war in den vergangenen Jahren eines der Themen, die die Herzen der Ordensleute am leidenschaftlichsten bewegt haben. Das Ordensleben hat sich ernsthaft gefragt, wie es sich in den Dienst des "evangelizare pauperibus" (die Armen evangelisieren) stellen könne; es hat jedoch auch nach dem "evangelizari a pauperibus" gefragt, d.h. wie es selbst durch den Kontakt mit der Welt der Armen evangelisiert werden könne.
In diesem großen Aufbruch, in dem die Ordensleute es sich zum Programm gemacht haben, "alle für die Armen", "viele mit den Armen", "einige wie die Armen" zu leben, seien hier einige Unternehmungen angeführt, die jene betreffen, die selbst "wie die Armen" sein wollen.
Angesichts der Verarmung großer Volksschichten, besonders in den verlassenen Randgebieten der Großstädte und in den vergessenen ländlichen Gegenden sind "inserierte Ordensgemeinschaften" entstanden als eine der Ausdrucksformen der evangeliumsgemäßen vorrangigen und solidarischen Option für die Armen mit dem Ziel, diese in ihrem ganzheitlichen Befreiungsprozess zu begleiten. Zugleich sind sie aber auch eine Frucht des Bestrebens, den armen Christus im gesellschaftlich ausgestoßenen Bruder zu entdecken, um Ihm zu dienen und Ihm gleichförmig zu werden.
a) Die "Insertion" als Ideal und Kriterium des Ordenslebens entfaltet sich im Umfeld einer Hinwendung des Glaubens und der Solidarität der Ordensgemeinschaften mit den Ärmsten.
Diese Wirklichkeit muss Bewunderung hervorrufen für die Kraft des persönlichen Einsatzes und für die damit verbundenen großen Opfer; für die Liebe zu den Armen, die dazu drängt, deren tatsächliche, bittere Armut zu teilen; für das Bemühen, das Evangelium unter Menschen ohne Hoffnung anzusiedeln, um sie dem Wort Gottes näher zu bringen, damit sie sich als lebendiger Teil der Kirche fühlen.<ref> vgl. SD 85 </ref> Diese Gemeinschaften finden sich oft an Orten, die stark durch ein Klima der Gewalt geprägt sind, das Unsicherheit mit sich bringt und manchmal auch Verfolgung bis zur Bedrohung des Lebens. Ihr Mut ist groß und stellt ein deutliches Zeugnis dar für die Hoffnung, dass man als Geschwister leben kann, allem Leid und aller Ungerechtigkeit zum Trotz.
Solche Ordensgemeinschaften, die oft an die Frontlinien der Mission entsandt wurden, und die nicht selten Zeugnis ablegen von der apostolischen Kreativität der Gründer, müssen auf das Wohlwollen und das brüderliche Gebet der übrigen Mitglieder des Instituts ebenso vertrauen können, wie auf die besondere Fürsorge seitens der Obern.<ref> vgl. RPU 6; EN 69; SD 92 </ref>
b) Diese Ordensgemeinschaften dürfen nicht sich selbst überlassen bleiben, sondern es muss ihnen geholfen werden, damit ihnen ein Gemeinschaftsleben gelinge, d.h. damit sie Raum finden für Gebet und für das gemeinsame Leben; damit sie nicht verleitet werden, die charismatische Originalität des Instituts zugunsten eines unterschiedslosen Dienstes an den Armen zu relativieren; damit ihr Zeugnis für das Evangelium nicht durch einseitige Ausdeutung oder Vereinnahmung gestört werde.<ref> vgl. PI 28 </ref>
Die Obern werden auch Sorge tragen, geeignete Personen auszuwählen und solche Gemeinschaften gezielt vorzubereiten, damit ihre Verbindung zu den anderen Gemeinschaften des Instituts gewährleistet bleibe und dadurch ihre Kontinuität sichergestellt werde.
c) Anerkennung verdienen auch die anderen Ordensgemeinschaften, die sich tatkräftig der Armen annehmen, sei es auf traditionelle Weise, sei es in neuen, der neuen Armut angemesseneren Formen, sei es schließlich durch eine Sensibilisierung aller für die Probleme der Armut, indem sie bei den Laien Hilfsbereitschaft, Berufe für sozialen und politischen Einsatz, für Hilfsaktionen und Volontariat wecken.
Das alles gibt Zeugnis davon, dass in der Kirche der Glaube lebt, und dass die Liebe zu Christus wirkt, der im Armen gegenwärtig ist: "Was ihr einem der Geringsten von diesen meinen Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40).
Dort, wo die Eingliederung unter die Armen - sowohl für sie wie auch für die Gemeinschaft selbst - zu einer wirklichen Erfahrung Gottes wurde, hat sich die Wahrheit bestätigt, dass die Armen evangelisiert werden und dass die Armen selbst auch evangelisieren.
Kleine Gemeinschaften
64. a) Auch andere soziale Faktoren haben einen Einfluß auf die Gemeinschaften ausgeübt. In einigen wirtschaftlich besser entwickelten Gegenden hat der Staat seine Aktivität im Bereich des Schulwesens, des Gesundheitswesens und der Versorgung oft auf eine solche Weise ausgedehnt, dass für andere Träger, auch für die Ordensgemeinschaften, kein Raum mehr bleibt. Andererseits haben der Rückgang der Zahl der Ordensmitglieder, und mancherorts auch ein unvollständiges Verständnis der Präsenz der Katholiken im sozialen Bereich, die oft eher als eine Zutat, denn als eine wesensgemäße Äußerung der christlichen Liebe betrachtet wird, die Weiterführung großangelegter Apostolatswerke erschwert.
Dies ist ein Grund für die zunehmende Auflösung traditioneller Apostolatswerke, die lange Zeit von großen und homogenen Gemeinschaften getragen wurden, und für die Zunahme von kleinen Gemeinschaften mit einem neuen Angebot von Diensten, die in den meisten Fällen mit dem Charisma des Instituts übereinstimmen.
b) Die kleinen Gemeinschaften haben sich auch ausgebreitet aufgrund der bewußten Entscheidung einiger Institute, in der Absicht, die brüderliche Einheit und Zusammenarbeit durch engere persönliche Beziehungen sowie durch gegenseitige und gemeinsam übernommene Verantwortung zu fördern.
Nach Evangelica Testificatio<ref> vgl. ET 40 </ref> sind solche Gemeinschaften durchaus möglich, selbst wenn sie an ihre Mitglieder höhere Anforderungen stellen.
c) Die kleinen Gemeinschaften, die oft in engem Kontakt mit dem Alltagsleben und den Problemen der Menschen stehen, allerdings aber auch einem säkularisierten Denken stärker ausgesetzt sind, haben die große Aufgabe, deutlich sichtbare Stätten herzlicher Brüderlichkeit, frohen Eifers und übernatürlicher Hoffnung zu sein.
Es ist also erforderlich, dass diese kleinen Gemeinschaften sich ein tragkräftiges Lebensprogramm geben, das gleichzeitig beweglich und verbindlich ist, das von der zuständigen Autorität gutgeheißen ist und dem Apostolat seine gemeinschaftsbezogene Dimension sichert.
Ein derartiges Programm wird den Personen und den Bedingungen der Sendung angepaßt sein, damit es den Ausgleich von Gebet und Arbeit, von gemeinschaftlicher Zurückgezogenheit und apostolischer Tätigkeit gewährleiste. Es wird außerdem regelmäßige Treffen mit den anderen Gemeinschaften desselben Instituts vorsehen, eben um die Gefahr der Isolierung und der Absonderung von der großen Gemeinschaft des Instituts zu vermeiden.
d) Auch wenn die kleinen Gemeinschaften ihre Vorzüge haben können, so ist es in der Regel doch nicht empfehlenswert, dass ein Institut lediglich aus kleinen Gemeinschaften besteht. Die größeren Gemeinschaften sind notwendig. Sie können dem gesamten Institut wie auch den kleinen Gemeinschaften wertvolle Dienste leisten: sie können ein intensiveres und reicheres Gebetsleben pflegen und die Feste entsprechend gestalten, sie können bevorzugte Orte für Studium und Besinnung sein, sie können den Mitgliedern, die an den schwierigeren Fronten der Evangelisierung arbeiten, Möglichkeiten zur Einkehr und Erholung bieten.
Dieser Austausch zwischen den Gemeinschaften wird dann fruchtbar, wenn er in einer Atmosphäre des Wohlwollens und der Offenheit stattfindet.
Alle Gemeinschaften sollen vor allem an ihrer brüderlichen Liebe erkennbar sein, an ihrem einfachen Lebensstil, an der Sendung im Namen des Instituts, an ihrer beharrlichen Treue zum eigenen Charisma und an der beständigen Verbreitung des "Wohlgeruchs Christi" (2 Kor 2,15), und so in den unterschiedlichsten Verhältnissen dem verirrten und von der gegenwärtigen Gesellschaft zerrissenen Menschen die "Wege des Friedens" weisen.
Ordensleute auf Einzelposten
65. Zuweilen begegnet man auch dem Phänomen, dass Ordensleute alleine leben. Das gemeinsame Leben in einem Haus des Instituts gehört wesentlich zum Ordensleben. "Die Ordensleute wohnen im eigenen Ordenshaus und führen ein gemeinsames Leben. Sie dürfen nicht ohne ernsthaften Grund allein leben, besonders dann, wenn sich in der Nähe eine Gemeinschaft ihres Instituts befindet".<ref> EE III,12 </ref>
Es gibt jedoch Ausnahmen, die vom Obern geprüft werden müssen und von ihm erlaubt werden können,<ref> vgl. can. 665 § 1 </ref> und zwar aus Gründen des Apostolats im Namen des Instituts (wie z.B. Aufträge im Namen der Kirche, außergewöhnliche Aufgaben, große Entfernungen in Missionsgebieten, allmähliche Reduzierung einer Gemeinschaft auf ein einzelnes Mitglied in einem institutseigenen Werk), aus Gesundheitsgründen und zum Studium.
Während es Pflicht der Obern ist, häufige Kontakte mit den Mitgliedern auf Einzelposten zu pflegen, ist es gleichzeitig Pflicht dieser Mitglieder, in sich selbst das Bewußtsein der Zugehörigkeit zum Institut und der Gemeinschaft mit deren Mitgliedern lebendig zu erhalten und kein Mittel ungenützt zu lassen, das die Festigung der brüderlichen Bande fördern kann. Man schaffe deshalb "Zeiten starker Gemeinschaftserfahrung", man plane regelmäßige Zusammenkünfte mit den andern zur Weiterbildung, zu mitbrüderlichem Austausch, zu Neuorientierung und Gebet, zum Durchatmen in einem Klima familiärer Geborgenheit. Wo immer sich das Mitglied eines Institutes jedoch befindet, muss es Träger des Charismas seiner Ordensfamilie sein.
Eine "alleinlebende" Ordensperson stellt niemals ein Ideal dar. In der Regel ist sie eingebunden in eine brüderliche Gemeinschaft: in diesem gemeinsamen Leben hat sie sich Gott geweiht, innerhalb dieser Lebensform übt sie für gewöhnlich ihr Apostolat aus, zu diesem Leben kehrt sie mit Leib und Seele jedesmal wieder zurück, wenn die Umstände sie für kürzere oder längere Zeit zu einem Leben fern der Gemeinschaft gezwungen haben.
a) Die Erfordernisse eines bestimmten Apostolatswerkes, z.B. eines Diözesanwerkes, veranlaßten verschiedene Institute, eines ihrer Mitglieder in die Zusammenarbeit mit Mitgliedern aus verschiedenen Instituten zu entsenden.
Man hat gute Erfahrungen damit gemacht, dass Ordensfrauen, die in einem Werk an einem Ort zusammenarbeiten, an dem keine Gemeinschaften des eigenen Instituts bestehen, anstatt allein zu wohnen, gemeinsam in einem Haus zusammenleben, miteinander beten, das Wort Gottes bedenken und Mahlzeiten und Hausarbeiten miteinander teilen usw. Immer vorausgesetzt, dass dies keinen Ersatz für eine lebendige Verbindung mit dem eigenen Institut darstellt, kann auch diese Form von "gemeinsamem Leben" zum Nutzen für ein Werk und für die Ordensfrauen selbst sein.
Die Ordensleute seien klug bei der Übernahme von Arbeiten, die im Regelfall ein Leben außerhalb einer Gemeinschaft erfordern; ebenso klug seien auch die Obern, wenn sie ihnen eine solche Arbeit übertragen.
b) Auch die Bitte, den alten und kranken Eltern beizustehen, was oft lange Abwesenheiten von der Gemeinschaft bedingt, erfordert aufmerksames Prüfen, und möglicherweise kann ihr durch andere Lösungen entsprochen werden, um zu lange Abwesenheiten des Sohnes oder der Tochter zu verhindern.
c) Es ist festzuhalten, dass ein Ordensmitglied, das ohne Auftrag oder Erlaubnis seines Obern allein lebt, sich der Verpflichtung zum gemeinsamen Leben entzieht. Es genügt auch nicht, an gelegentlichen Treffen oder Feiern teilzunehmen, um wirklich Ordensmitglied zu sein. Solche Zustände, die für Ordensleute rechtswidrig und unzulässig sind, müssen schrittweise beseitigt werden.
d) Jedenfalls ist die Erinnerung daran nützlich, dass ein Ordensmann oder eine Ordensfrau - selbst wenn sie außerhalb ihrer Gemeinschaft leben - in allem, was ihr Apostolat betrifft,<ref> vgl. can. 678 § 1 </ref> der Autorität des Bischofs unterstellt sind, der von ihrem Aufenthalt in seiner Diözese unterrichtet werden muss.
e) Sollte es jedoch bedauerlicherweise Institute geben, in denen die Mehrzahl der Mitglieder nicht mehr in Gemeinschaften leben, dann dürften solche Institute nicht mehr als wirkliche Ordensinstitute angesehen werden. Obere und Mitglieder sind aufgefordert, ernsthaft über diese schmerzliche Möglichkeit sowie über die Wichtigkeit einer energischen Wiederaufnahme des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft nachzudenken.
In den Missionsgebieten
66. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft ist von besonderem Wert in den Missionen ad gentes, weil es dort einer vor allem nicht-christlichen Welt das "Neue" des Christentums zeigt, das heißt jene Liebe, die fähig ist, durch Rasse, Farbe oder Stammeszugehörigkeit bedingte Trennungen zu überwinden. In einigen Gegenden, in denen eine Verkündigung des Evangeliums unmöglich ist, bleiben die Ordensgemeinschaften fast das einzige Zeichen und das stille und wirksame Zeugnis für Christus und die Kirche.
Doch nicht selten sind es gerade die Missionsländer, wo beachtliche Schwierigkeiten für die Errichtung von stabilen und lebensfähigen Ordensgemeinschaften bestehen: die Entfernungen, die eine große Mobilität und weitzerstreute Niederlassungen erfordern, die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Rassen, Stämmen und Kulturen, die Notwendigkeit der Ausbildung in von mehreren Instituten getragenen Gemeinschaftszentren. Diese und weitere Ursachen können dem Gemeinschaftsideal hinderlich sein.
Wichtig ist, dass die Mitglieder der Institute sich des Außergewöhnlichen einer solchen Situation bewußt sind, einen häufigen Austausch untereinander pflegen, sich regelmäßig treffen und dass sie, so bald wie nur möglich, brüderliche und missionarisch geprägte Gemeinschaften bilden, damit das hervorstechendste aller missionarischen Zeichen errichtet werden kann: "dass (...) alle eins seien, damit die Welt glaubt" (Joh 17,21).
Die Neuordnung der Apostolatswerke
67. Die Veränderungen der kulturellen und kirchlichen Gegebenheiten, die inneren Faktoren in der Entwicklung der Institute sowie deren schwankende Einkommen können - besonders in einigen Regionen des Westens - eine Neuorganisierung der Werke und der Präsenz der Ordensgemeinschaften erforderlich machen.
Diese nicht einfache Aufgabe bringt konkrete Auswirkungen auf das Gemeinschaftsleben mit sich. Es handelt sich dabei im allgemeinen um Werke, für welche viele Mitbrüder und Mitschwestern ihre besten apostolischen Kräfte eingesetzt haben, und mit denen sie durch besondere psychische und geistliche Beziehungen verbunden sind.
Die Zukunft dieser Werke, ihre apostolische Zeichenhaftigkeit und ihre Neustrukturierung verlangen Studium, Auseinandersetzung und kritisches Abwägen. Dies alles kann zu einer Schule werden, in der gemeinsam der Wille Gottes gesucht und angenommen wird, es kann gleichzeitig aber auch Anlaß zu schmerzhaften und nur schwer zu überwindenden Konflikten sein.
Folgende Kriterien dürfen dabei nicht vergessen werden, die die Gemeinschaften im Moment der manchmal kühnen und schmerzhaften Entscheidungen leiten können: das Bemühen, die Zeichenhaftigkeit des eigenen Charismas in einem bestimmten Umfeld zu wahren; die Sorge um die Erhaltung eines lebendigen und echt brüderlichen Lebens; die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Ortskirche. Es ist also ein vertrauensvoller und beständiger Dialog mit der Ortskirche zu führen und eine wirksame Verbindung mit den entsprechenden Institutionen der Orden zu unterhalten.
Neben der Rücksicht auf die Bedürfnisse der Ortskirche muss die Ordensgemeinschaft sich auch mitbetroffen fühlen von all dem, was die Welt vernachlässigt, d.h. von der neuen Armut und dem neuen Elend, die in vielerlei Formen in verschiedenen Teilen der Erde bestehen.
Diese Umstrukturierung wird kreativ sein und prophetisch wirken, wenn sie bemüht ist, Signale einer neuen Präsenz zu setzen - sei es auch in bescheidener Anzahl - um durch sie auf die neuen Bedürfnisse zu antworten, besonders auf jene der am meisten verlassenen und vergessenen Gegenden.
Die alten Ordensleute
68. Das Gemeinschaftsleben sieht sich heute immer häufiger dem Faktum des steigenden Alters seiner Mitglieder gegenüber. Der Prozess der Überalterung hat durch die Abnahme neuer Berufe und durch die Fortschritte der Medizin besondere Bedeutung erhalten.
Für die Gemeinschaft beinhaltet diese Tatsache einerseits das Bemühen, die alten Mitbrüder und Mitschwestern und die Dienste, die sie noch anzubieten vermögen, in ihrer Mitte als wertvoll anzunehmen, und andererseits die Aufmerksamkeit, brüderlich und dem Stil des Ordenslebens entsprechend jene geistlichen und materiellen Hilfen zu gewährleisten, auf die alte Leute angewiesen sind.
Die Anwesenheit von alten Menschen in den Gemeinschaften kann sehr positiv sein. Ein altes Ordensmitglied, das sich nicht von den Unpäßlichkeiten und Beschränkungen seines Alters unterkriegen läßt, sondern die Freude, die Liebe und die Hoffnung in sich wachhält, bedeutet für die jungen Leute eine unschätzbare Hilfe. Sein Zeugnis, seine Weisheit und sein Beten stellen eine ständige Ermutigung dar auf ihrem geistlichen und apostolischen Weg. Andererseits trägt ein Ordensmitglied, das sich um seine alten Mitbrüder oder Mitschwestern sorgt, zur evangelischen Glaubwürdigkeit seines Instituts bei als einer "wahren Familie, die im Namen des Herrn beisammen ist".<ref> PC 15a </ref>
Es ist angebracht, dass auch die Ordensleute sich frühzeitig auf das Alter vorbereiten und ihre "aktive" Zeit verlängern, indem sie lernen, wie sie auf die ihnen eigene Weise Gemeinschaft bilden und an der gemeinsamen Sendung teilnehmen können, und indem sie durch eine positive Annahme der Herausforderungen des Alters, in geistiger und kultureller Lebendigkeit, durch ihr Gebet und durch ihr Aushalten im Arbeitsbereich solange es nur geht, ihre - wenngleich beschränkten - Dienste leisten. Die Obern mögen Kurse und Treffen veranlassen, die einer persönlichen Vorbereitung dienen und ein möglichst langes Verbleiben im gewohnten Arbeitsbereich wertvoll machen.
Wenn sie dann tatsächlich ihre Selbständigkeit verlieren oder besonderer Pflege bedürfen, muss das Institut, selbst wenn diese Pflege durch Laien geschieht, mit großer Sorgfalt sich um ihre geistige Betreuung kümmern, damit die alten Menschen spüren, dass sie ins Leben des Instituts eingebunden, an dessen Sendung beteiligt, in seine apostolische Dynamik einbezogen, in der Einsamkeit gestützt und im Leiden ermutigt sind. Denn tatsächlich stehen sie nicht außerhalb der Sendung, sondern sind in deren Mitte hineingenommen und haben an ihr auf eine neue und wirksame Weise Anteil.
Ihre obgleich unsichtbare Fruchtbarkeit steht jener der aktiveren Gemeinschaften nicht nach. Denn diese schöpfen Kraft und Fruchtbarkeit aus dem Gebet, dem Leiden und der scheinbaren Unwirksamkeit der ersteren. Die Sendung bedarf beider: die Früchte werden offenbar, wenn der Herr mit seinen Engeln in Herrlichkeit kommt.
69. Die Probleme der zunehmenden Zahl der alten Ordensleute werden noch drängender in einigen Klöstern, die schon durch das Ausbleiben neuer Berufe geschwächt sind. Da ein Kloster gewöhnlich eine autonome Gemeinschaft darstellt, tut es sich schwer damit, diesen Problemen allein zu begegnen. Deshalb sei an die Wichtigkeit gemeinsamer Strukturen erinnert, wie z.B. der Föderationen, die bei der Bewältigung solcher Zustände personellen Rückgangs helfen können.
Die Treue zum kontemplativen Leben der Mitglieder eines Klosters verlangt die Union mit einem anderen Kloster desselben Ordens immer dann, wenn eine monastische Gemeinschaft aus Gründen der Zahl, des Alters oder des Ausbleibens von Berufen dem eigenen Erlöschen entgegensieht. Auch in den schmerzhaften Fällen jener Gemeinschaften, denen es nicht gelingt, ihrer eigenen Berufung gemäß zu leben, die ausgebrannt sind durch ihre praktische Arbeit, oder sich in der Betreuung ihrer Alten und Kranken erschöpfen, wird es erforderlich sein, innerhalb desselben Ordens Verstärkung für sie zu suchen oder eine Union oder Fusion mit einem anderen Kloster anzustreben.<ref> vgl. PC 21 und 22 </ref>
Ein neues Verhältnis zu den Laien
70. Die Ekklesiologie des Konzils hat die gegenseitige Ergänzung der verschiedenen Berufungen in der Kirche herausgestellt, deren Auftrag es ist, miteinander, überall und auf jede Weise Zeugen des auferstandenen Herrn zu sein. Die Begegnung und Zusammenarbeit von Ordensmännern, Ordensfrauen und besonders auch von gläubigen Laien stellt gleichsam ein Muster kirchlicher Gemeinschaft dar und verstärkt die apostolischen Kräfte für die Evangelisierung der Welt.
Ein angemessener Kontakt zwischen den Werten der Berufung der Laien, zu denen z.B. die realistische Kenntnis des Lebens in der Welt, in Kultur, Politik und Wirtschaft usw. gehört, und den typischen Werten des Ordenslebens, wie der vorbehaltlosen Nachfolge Christi, der kontemplativen und eschatologischen Dimension der christlichen Existenz usw., kann zwischen Laien und Ordensgemeinschaften zu einem fruchtbaren Austausch ihrer Gaben führen.
Die Zusammenarbeit und der Austausch der Gaben wird um so intensiver, wenn die Laiengruppen kraft ihrer Berufung und auf die ihnen eigene Weise inmitten derselben geistlichen Familie am Charisma und an der Sendung des Instituts teilhaben. Dann werden fruchtbare Beziehungen entstehen, die auf einer reifen Mitverantwortung gründen und durch geeignete Einführung in die Spiritualität des Instituts gestärkt werden.
Um zu diesem Ziel zu gelangen, bedarf es jedoch solcher Ordensgemeinschaften, die über eine klare, innerlich angenommene und gelebte charismatische Identität verfügen, d.h. die imstande sind, diese auch an andere weiterzugeben und sie mit anderen zu teilen; Ordensgemeinschaften sind notwendig, die tief ihre Spiritualität leben und Freude an ihrer Sendung ausstrahlen, damit sie dadurch denselben Geist und denselben evangelisierenden Schwung weitergeben können; Ordensgemeinschaften sind nötig, die es verstehen, die Laien zu motivieren und dazu zu ermutigen, das Charisma des Instituts entsprechend ihrem welthaften Charakter und gemäß ihrem eigenen Lebensstil anzunehmen, und die diese einladen, neue Formen der Verwirklichung desselben Charismas und derselben Sendung zu entdecken. Auf diese Weise kann die Ordensgemeinschaft zu einem Zentrum werden, das geistliche Kraft ausstrahlt und motiviert, das eine Brüderlichkeit ausstrahlt, die selbst wieder Brüderlichkeit schafft, zu einem Ort gelebter kirchlicher communio und Zusammenarbeit, in der die verschiedenen Beiträge zur Erbauung des Leibes Christi, der die Kirche ist, zusammengeführt werden.
Es versteht sich, dass diese engere Zusammenarbeit unter Respektierung der verschiedenen Berufungen und der unterschiedlichen Lebensstile der Ordensleute und der Laien geschehen muss. Die Ordensgemeinschaft hat ihre eigenen Bedürfnisse, was geistliche Anregung, Zeitplan, Disziplin und Zurückgezogenheit<ref> vgl. ca. 667, 607 § 3 </ref> betrifft. Diese machen jene Formen der Zusammenarbeit unzumutbar, die eine Wohngemeinschaft und ein Zusammenleben von Ordensleuten und Laien mit sich bringen, denn auch die Laien haben ihre eigenen Bedürfnisse, die zu respektieren sind.
Die Ordensgemeinschaft würde sonst ihren eigenen Charakter verlieren, den sie sich durch die Pflege des eigenen Gemeinschaftslebens bewahren muss.
SchlussBEMERKUNG
71. Als ein Ausdruck von Kirche ist die Ordensgemeinschaft eine Frucht des Geistes und Teilhabe an der trinitarischen Gemeinschaft. Hier gründet für jede einzelne Ordensperson und für alle zusammen die Pflicht, sich mitverantwortlich zu fühlen für das brüderliche Leben in Gemeinschaft, damit es unverkennbar die Zugehörigkeit zu Christus bezeuge, der Brüder und Schwestern zum gemeinsamen Leben 'in seinem Namen' erwählt und beruft.
"Die ganze Fruchtbarkeit des Ordenslebens hängt von der Qualität des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft ab. Mehr noch: die gegenwärtige Erneuerung in der Kirche und im Ordensleben ist geprägt von einer Suche nach communio und Gemeinschaft".<ref> Johannes Paul II, vor der Plenaria der CIVCSVA (20.11.1992), nr. 2, OR 21.11.1992 </ref>
Für einzelne Ordensleute und für manche Gemeinschaft mag es als ein hartes und fast aussichtsloses Unterfangen erscheinen, die Auferbauung eines brüderlichen Lebens in Gemeinschaft neu in Angriff zu nehmen. Angesichts einiger Wunden aus der Vergangenheit, der Schwierigkeiten der Gegenwart und einer Zukunft, die im Dunkeln liegt, kann diese Aufgabe die schwachen, menschlichen Kräfte zu übersteigen scheinen.
Es geht darum, die gläubig gelebte Bedeutung des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft neu zu bedenken und fest davon überzeugt zu sein, dass sich das Zeugnis der Weihe an Gott durch dieses brüderliche Leben verwirklicht.
"Die Antwort auf diese Einladung, gemeinsam mit dem Herrn die Gemeinschaft in täglicher Geduld aufzuerbauen - fährt der hl. Vater fort - führt auf den Weg des Kreuzes, und verlangt häufigen Selbstverzicht..."<ref> ebd. nr. 2 </ref>
Vereint mit Maria, der Mutter Jesu, beten unsere Gemeinschaften zum Heiligen Geist, zu dem, der die Macht hat, Gemeinschaften zu schaffen, die die Freude des Evangeliums auszustrahlen und neue Jünger anzuziehen vermögen, indem sie dem Beispiel der Urgemeinde nachfolgen, die "in der Lehre der Apostel beharrte, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet" (Apg 2,42), und in welcher "mehr und mehr die Zahl derer wuchs, die an den Herrn glaubten" (Apg 5,14).
Möge Maria die Ordensgemeinschaften um sich vereinen und ihnen täglich in der Anrufung des Geistes beistehen, der das einigende Band, die Quelle und die innerste Triebkraft jeder brüderlichen und schwesterlichen Gemeinschaft ist.
Am 15. Januar 1994 hat der Heilige Vater vorstehendes Dokument der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens gutgeheißen und dessen Veröffentlichung zugestimmt.
Eduardo Card. Martínez Somalo
Präfekt
+ Francisco Javier Errázuriz Ossa
Titular-Erzbischof von Hólar
ABKÜRZUNGEN
DOKUMENTE DES II. VATIKANISCHEN KONZILS
DV Dogmatische Konstitution Dei Verbum, 1965
GS Pastoralkonstitution Gaudium et Spes, 1965
LG Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 1964
PC Dekret Perfectae Caritatis, 1965
PO Dekret Presbyterorum Ordinis, 1965
SC Konstitution Sacrosanctum Concilium, 1963
PÄPSTLICHE VERLAUTBARUNGEN
ChL Apostolische Ermahnung Christifideles laici, Johannes Paul II., 1989
EN Apostolische Ermahnung Evangelii nuntiandi, Paul VI., 1975
ET Apostolische Ermahnung Evangelica testificatio, Paul VI, 1971
MD Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem, Johannes Paul II, 1988
MM Enzyklika Mater et magistra, Johannes XXIII., 1961
DOKUMENTE DES HL. STUHLES
can. Kanon des Codex Iuris Canonici 1983
DC La dimensione comtemplativa della vita religiosa (Die kontemplative Dimension des Ordenslebens), Dokument der Kongregation für die Ordens- und Säkularinstitute (CRIS), 1980
EE Elementi essenziali dell'insegnamento della Chiesa sulla vita religiosa (Wesentliche Elemente in der Lehre der Kirche über das Ordensleben), Dokument der CRIS, 1983
MR Mutuae relationes (Leitlinien für die gegenseitigen Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten in der Kirche), Dokument der Kongregation für die Bischöfe und der CRIS, 1978
PI Potissimum institutioni (Richtlinien für die Ausbildung in den Ordensinstituten), Dokument der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens (CIVCSVA), 1990
RPU Religiosi e promozione umana (Das Ordensleben und die Förderung des Menschen), Dokument der CRIS, 1980
WEITERE DOKUMENTE
CIVCSVA Congregazione per gli Istituti di vita religiosa e le Società di vita apostolica
OR L'Osservatore Romano
SD Santo Domingo, Schlussfolgerungen der IV. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, 1992
Anmerkungen
<references />