Communium interpretes (Wortlaut)

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Enzyklika
Communium interpretes

von Papst
Pius XII.
Aufforderung zum Gebet an die Maienkönigin um einen Frieden in Gerechtigkeit und Liebe
15. April 1945

(Offizieller lateinischer Text: AAS 37 [1945] 97-100)

(Quelle: Graber/Ziegenaus: Die marianischen Weltrundschreiben der Päpste von Pius IX. bis Johannes Paul II. Die Rechtschreibung wurde der gegenwärtigen Form angeglichen. Die Anmerkungen sind im Text wiedergegeben.)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Maria, die Mutter Jesu

Menschliches Unvermögen in den Friedensbemühungen

Als Dolmetsch der uns allen gemeinsamen Schmerzen, von denen nun schon so lang fast alle Völker in so schrecklicher Weise heimgesucht werden, ist Unser einziges Bemühen darauf gerichtet, das unsagbare Leid nach Kräften zu lindern und zu stillen und alles zu tun, um das Ende eines so furchtbaren Krieges rasch herbeizuführen. Wir wissen aber auch zur Genüge, dass menschliche Kräfte allein hier versagen müssen, wo es sich darum handelt, für ein Unglück von solchem Ausmaß eine Heilung zu finden. Wir wissen ebenso, dass menschliche Überlegung und Planung, zumal wenn Hass und Feindschaft sie trübt, niemals eine gerechte Beilegung und einen zufrieden stellenden Ausgleich, geschweige denn eine brüderliche Versöhnung herbeiführen können. Vielmehr muss unser Flehen unaufhörlich den Vater der Lichter und der Erbarmungen (Jak 1,17; 2 Kor 1,3) bestürmen; er allein vermag bei dieser furchtbaren Verwirrung und Aufhetzung der Geister allen die Überzeugung beizubringen, dass die Zerstörungen und Verwüstungen nun einen nicht mehr zu Überbietenden Grad an Furchtbarkeit erreicht haben und dass es bereits übergenug sei an vergossenen Tränen und Blut. Göttliches und menschliches Recht verlangt denn auch gebieterisch, dass dieses schreckliche Morden ein rasches Ende nehme.

Es naht nun der Monat Mai, der in besonderer Weise der jungfräulichen Gottesmutter geweiht ist. Wie in den früheren Jahren, so richten Wir auch diesmal wieder an alle, vor allem an die zarten und unschuldigen Kinder eine mahnende Bitte; in ihren Gebeten mögen sie vom göttlichen Heiland auf die Fürbitte seiner heiligsten Mutter hin erflehen, dass die Völker, die ein entzweiender Krieg in einen Abgrund des Elends gestürzt hat, aus all dieser nun so lang schon währenden neiderfüllten Bedrängnis endlich wieder aufatmen dürfen.

Notwendigkeit einer Lebensänderung

Im Grunde aber sind es unsere vor Gott begangenen Sünden ( Bar 6,1), die uns von ihm abwenden und uns in diese Tiefe kläglicher Not sinken ließen. Aber, ehrwürdige Brüder, ihr wisst selber, dass es nicht damit getan ist, unsere innigen Gebete zum Himmel emporzusenden; es genügt auch nicht, so oft man kann vor die Altäre der seligsten Jungfrau zu treten und ihr Blumen, Gebete und sonstige Spenden darzubringen. Was vor allem nottut, ist eine gänzliche Erneuerung des privaten und öffentlichen Lebens im christlichen Geiste; denn nur auf diese Weise kann jener tragende Grund gelegt werden, auf dem allein das Gebäude einer häuslichen und staatlichen Gemeinschaft sich erheben und stützen kann, die nicht uneins ist und schwankt, sondern stark ist durch ihre Einheit. So mögen sich denn alle an das mahnende Wort des Propheten erinnern und ihre Lebensführung darnach gestalten:

"Bekehret euch zu mir, spricht der Herr der Heerscharen, und ich werde mich euch zuwenden!" (Sach 1,3) Man möge auch einmal das Wort des weisen Bischofs von Hippo überdenken: "Ändere dein Herz, und auch dein Tun wird sich ändern; rotte die Begierlichkeit aus und pflanze die Liebe ein! " (S. Aug., Serm. de Script., 72,4: PL 38, 468) "Du willst den Frieden? Handle gerecht und du wirst Frieden haben: denn Gerechtigkeit und Friede haben sich umarmt (Ps 84,11)! Wenn du die Gerechtigkeit nicht liebst, wirst du keinen Frieden haben; denn diese beiden lieben sich, die Gerechtigkeit und die Liebe, so dass du, wenn du Gerechtes tust, jenen Frieden findest, der die Gerechtigkeit küsst. Wenn du also zum Frieden kommen willst, so tu Gerechtigkeit: Meide das Böse und tue Gutes, das heißt die Gerechtigkeit lieben; und wenn du dich vom Bösen abgewandt und Gutes getan hast, so suche den Frieden und du wirst ihn ereilen!" (S. Aug., In Ps 84,12: PL 37, 1078)

Wenn das die innere Einstellung aller Christusgläubigen ist, so werden zweifellos alle unsere verrichteten Gebete zum Thron des Allerhöchsten aufsteigen; Gott wird sie annehmen und sich versöhnen lassen, und wir werden jene tröstenden Gaben empfangen, deren wir gegenwärtig so sehr bedürfen.

Was wir aber in diesem so entscheidenden Augenblick an Gnade, Hilfe und Trost brauchen, wisst ihr selber am besten. An erster Stelle muss unser Gebet darauf gerichtet sein, dass Geist und Herz der Menschen von den Weisungen christlicher Lehre sich erfüllen und umwandeln lassen, denn nur so kann man eine Rettung für den privaten und öffentlichen Bereich erhoffen. Ein zweites Gebetsanliegen würde darin bestehen, dass das Wüten und Töten des Krieges unter den Völkern und Kontinenten ein Ende nehme und dass die Bevölkerungsschichten sich einträchtig zusammenfinden, um auf diesem unübersehbaren Trümmerfeld in Gerechtigkeit und Liebe den Neuaufbau der menschlichen Gesellschaft tatkräftig in Angriff zu nehmen. Und schließlich sollte vom göttlichen Heiland und seiner heiligsten Mutter durch Gebet und Buße noch das eine erfleht werden, dass ein wahrhaft echter Friede dieses entsetzliche und blutige Morden so bald als möglich ablöse.

Die Hindernisse auf dem Weg zum Frieden

Es ist freilich keine leichte Sache, in einer so allgemeinen Katastrophe, wo viele Gemüter noch ganz von grimmigster Feindschaft gegeneinander entbrannt sind, einen derartigen Frieden zustande zu bringen, der auf der Waage der Gerechtigkeit gewogen einen gerechten Ausgleich bringt, der in brüderlicher Liebe alle Völker und Nationen umfängt, und der nicht den Keim neuer feindseliger Verwicklungen in sich trägt. Deshalb bedürfen vor allem jene der himmlischen Erleuchtung, denen die Aufgabe zufällt, die Verhandlungen in dieser so schwierigen und bedeutungsvollen Frage zu führen und festzulegen, und von deren Beratungen nicht bloß das Geschick ihres eigenen Volkes, sondern die Lage der ganzen menschlichen Gesellschaft und die Entwicklung in der Zukunft abhängt. Es ist deshalb Unser Wunsch, dass auch dieses Anliegen in unser Gebet zu Gott hineingenommen wird. Besonders sollen die unschuldigen Kinder den Monat Mai hindurch von der Mutter der göttlichen Weisheit für jene vor allem Erleuchtung erbitten, deren Machtwort die Entscheidung in allen diesen Fragen anheim gegeben ist. Gerade diese sollten sich von der Überlegung leiten lassen und vor Gott bedenken, dass all das, was die Grenzen der Gerechtigkeit und der Billigkeit Überschreitet, früher oder später Siegern und Besiegten zum größten Schaden ausschlägt, weil gerade darin sich die Keime künftiger Kriege verbergen, die dann später zum Ausbruch kommen.

Liebe zu den Opfern des Krieges

Es ist ferner Unser Wunsch, dass alle jene, in denen Unsere Ermahnung ein williges und freudiges Echo findet, in ihren Gebeten auch des Loses derer gedenken, die als Flüchtlinge fern von ihrer Heimat schon lange die schmerzliche Sehnsucht nach ihrem häuslichen Herd in sich tragen, oder die in der Gefangenschaft nun nach beendigtem Krieg auf die Freilassung warten und harren, und endlich auch all derer, die in den unzähligen Krankenhäusern krank darniederliegen. Allen diesen unglücklichen Opfern des Krieges und denen, welchen dieses unmenschliche Völkermorden soviel Ängste und Schmerzen bereitet hat, will die gütigste Gottesmutter himmlische Tröstung spenden und ihnen die Kraft jener christlichen Geduld verleihen, die auch die schmerzlichsten Krankheiten ertragbar macht und als Lohn dafür die ewige Seligkeit in Aussicht stellt.

An euch ist es nun, ehrwürdige Brüder, diese Unsere väterlichen Ermahnungen und Wünsche euren euch anvertrauten Gläubigen zugänglich zu machen; diesen aber und insbesondere euch allen und jedem einzelnen erteilen Wir als Unterpfand der himmlischen Gnaden und als Zeichen Unseres Wohlwollens von ganzem Herzen den Apostolischen Segen im Herrn.

Gegeben zu Rom, bei St. Peter, den 15. April,

dem Sonntag von Christus dem Guten Hirten, 1945,
im 7. Jahre Unseres Pontifikates

Pius XII.

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