Ben a ragione
Ben a ragione |
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von Papst
Pius XII.
an Neuvermählte
über eine trügerische Treue in der Ehe
(Quelle: Ansprachen Pius XII. an Neuvermählte, Josef Habbel Verlag Regensburg 1950, S. 182-188, Übersetzt und eingeleitet von DDr. Friedrich Zimmermann. Imprimatur Regensburg, den 11. Juli 1949 J. Franz, Generalvikar; Download).
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Mit vollem Rechte kommt ihr, geliebte Neuvermählte, nach der Feier eurer Hochzeit, um für euch, eure Liebe und eure Treue den Segen des Stellvertreters Christi zu erbitten. Das Gebot des göttlichen Erlösers, das ein Gebot der Liebe ist, schützt und bewahrt auch die wahre Liebe und die wahre Treue. Es ist ein Gebot der Liebe, das sich nicht begnügt und beschränkt auf die kleinlichen und äußeren Vorschriften eines Rechtsbuches, sondern so Geist und Herz durchdringt, dass es auch die Sünde des bloßen Begehrens ausschließt (vgl. Mt 5, 27-28).
Könnte es denn unter Wahrung des äußeren Scheins eine geheime Untreue geben, die in den geheimsten Falten des Herzens verborgen ist? Ohne Zweifel; denn aus dem Herzen, sagte unser Herr, kommen die schlechten Gedanken und die andern Ungerechtigkeiten (vgl. Mt 15, 19); ja, diese Sünde geheimer Untreue ist leider so häufig, dass die Welt kein Aufhebens davon macht und das eingeschläferte Gewissen sich damit abfindet wie mit dem Zauber eines Blendwerks.
Immer aber richtet sich gebieterisch gegen jeden betörenden Reiz die wahre Treue, die, wie Wir in Unserer letzten Ansprache sagten, als Gegenstand und Grundlage hat das gegenseitige Geschenk nicht nur des Leibes der beiden Ehegatten, sondern auch das ihres Geistes und Herzens. Ist es denn nicht so, dass die geringste Verlegung dieser köstlichen und herzlichen Treue früher oder später zu großen Enttäuschungen im Leben und ehelichen Glück führt?
1. Versinnbildet durch den Trauring ist die Treue eine sehr empfindsame Tugend! Bevor sie von Unserem Herrn ausgesprochen und verkündet wurde, war sie vom Schöpfer den Gerechten tief ins Herz gegraben worden. Daher ist berühmt geworden das Wort des Job vom Bund, den er mit seinen Augen geschlossen habe, sich von jedem unlauteren Blicke frei zu halten (vgl. Job. 31, 1).
Mit dieser strengen Zurückhaltung, die ein Vorzug eines selbstbeherrschten Geistes ist, vergleicht nun das Betragen so vieler Christen, die seit ihrer Geburt in den Wassern der Wiedergeburt gereinigt und in das glänzende Licht des Evangeliums erhoben worden sind! Ähnlich wie Kinder, die immer geneigt sind, die Sorgen der mütterlichen Liebe als übertrieben anzusehen, seht ihr sie lächeln über die moralischen Sorgen ihrer Mutter, der Kirche. Und doch ist sie nicht die einzige, die sich darüber Gedanken macht; alle rechtlich denkenden Menschen, auch die, welche christlichem Denken fern stehen, erheben laut ihre warnende Stimme. Auf den öffentlichen Straßen, am Strande, in den Theatern stellen Frauen und Mädchen sich zur Schau und bieten sich ohne Erröten zudringlichen und sinnlichen Blicken, unanständigen Annäherungen und ungeziemendem Verkehr dar. Wie müssen bei diesen Verhältnissen und Gelegenheiten die Leidenschaften zu gären beginnen! Abgesehen vom letzten Schritt, dem Fall in die ausgesprochene Untreue - in der Voraussetzung, dass es wie durch ein Wunder nicht so weit kommt -, welcher Unterschied könnte da noch bestehen zwischen derartigen Sitten und dem Betragen jener Unglücklichen, die offen jede Scham mit Füßen treten?
Man begreift nicht, wenn man nicht die Erschlaffung des sittlichen Gefühls dafür verantwortlich macht, wie Männer von Ehre dulden können, dass ihre Frauen oder Bräute andern so verwegene Blicke und Vertraulichkeiten gestatten, noch versteht man, wie eine Verlobte oder eine junge Frau, die tief ihre hehre Würde empfinden, dulden können, dass der Mann oder der Verlobte mit andern solche Freiheiten und Vertraulichkeiten sich herausnehmen. Muss nicht gegen so schwere Angriffe auf die heilige Treue einer rechtmäßigen und keuschen Liebe auch der leiseste Funke einer ehrbaren Gesinnung sich empören und erheben?
2. Doch es möge genügen, was Wir über so ungeziemende und erniedrigende Dinge gesagt haben. In der Ordnung des Geistes und Herzens ist die Unterscheidung zwischen Gut und Bös noch feiner. Allerdings gibt es natürliche Zuneigungen, die in sich nicht tadelnswert sind und die in den gegenwärtigen Lebensverhältnissen leichter und häufiger sich bilden. Obwohl sie bisweilen nicht ohne Gefahr sind, so verstoßen sie an sich nicht gegen die Treue. Trotzdem müssen Wir euch zur Vorsicht mahnen gegenüber manchen Vertraulichkeiten, hinter denen verborgen die Sinnlichkeit lauert, gegenüber einer Liebe, die platonisch sich nennen will, die aber oft genug nichts anders ist als das Vorspiel, das eine weniger erlaubte und reine Liebe anfängt, oder der dünne Schleier, der sie verdeckt. Solange die geistige Zuneigung stehen bleibt bei der Übereinstimmung in den ehrlichen und spontanen geistigen Äußerungen, bei der freudigen Bewunderung der Tiefe und Würde einer Seele, ist dabei an sich noch nichts Tadelnswertes. Doch warnt der heilige Johannes vom Kreuz selbst geistliche Personen vor den Verirrungen, die daraus folgen können (vgl. San Juan de la Cruz, Noche oscura, Buch I, cap. IV n. 7). Unmerklich wird dabei die rechte Ordnung oft umgekehrt, in der Weise, dass man von einer durchaus ehrbaren Zuneigung zu einer Person, die ihren Grund hat in der Harmonie des Denkens, Empfindens und Strebens, unbewusst dazu übergeht, die eignen Gedanken und die eignen Meinungen den Gedanken und Ansichten der bewunderten Person völlig anzupassen. Anfangs spürt man das Übergewicht nur in unbedeutenden Fragen; dann in ernsteren Dingen, in Sachen praktischer Art, in Fragen der Kunst und des Geschmacks, die schon mehr Persönliches haben, endlich auf dem eigentlich geistigen und weltanschaulichen Gebiet und am Ende in den religiösen und sittlichen Anschauungen, so dass man schließlich auf eine eigne persönliche Meinung verzichtet, um nur zu denken und zu urteilen unter jenem empfangenen Einfluss. Während sonst der menschliche Geist natürlicherweise, oft bis zum Übermaß, stolz ist auf das Festhalten an dem eigenen Urteil, wie ist dann eine so hörige Unterwürfigkeit und gänzliche Unterwerfung unter die Denkweise eines andern zu erklären?
Aber in demselben Maße, wie auf diese Weise der eigne Geist sich nach und nach dem Geiste eines Fremden oder einer Fremden anpasst, entfernt er sich auf der anderen Seite täglich mehr von dem Geist des rechtmäßigen Gatten oder der angetrauten Gattin. Schließlich zeigt er in allem, was diese denken oder sagen, eine unwiderstehliche Neigung zum Widerspruch, zur Gereiztheit und Missachtung. Diese Gesinnung, die vielleicht unbewusst, aber drum nicht weniger gefährlich ist, zeigt, dass der Verstand erobert, gedungen worden ist, dass einem andern der Geist geschenkt worden ist als dem, dessen unwiderrufliches Geschenk er am Tage der Hochzeit geworden war. Ist das Treue?
Durchsichtige und doch schwer erfasste Täuschung! Es konnte wohl vorkommen, dass dank dem Einfluss edler, glühender, von reinstem Eifer getriebener Seelen eine geistige Zuneigung die Morgenröte einer Bekehrung wurde; aber meist war es nur eine Morgenröte, selten stieg das Licht des Morgens bis zur Mittagshöhe. Wie viele hingegen verloren in dieser Weise den christlichen Glauben und die christliche Gesinnung! Hervorragende, aber sehr seltene Beispiele genügen, manche zu beruhigen, die sich einbilden, in sich selbst eine Beatrice oder einen Dante zu sehen. In vielen Fällen dagegen kommt es vor, dass sie in ihrer doppelten Blindheit längs eines schlüpfrigen Abgrundes wandeln und beide in die Grube fallen (vgl. Mt. 15, 14).
3. Immerhin vorausgesetzt, dass der Geist nicht, wie gesagt, "la dupe du cceur" (La Rochefoucauld, Reflexion ou Sentences et Maximes morales, n. CIl), das Opfer einer Täuschung des Herzens geworden ist, das Herz, selbst blind, ist mit dem Geist verbunden und zieht in seiner Begeisterung ihn bald mit in sein Schicksal herein. Nächst dem Geist verschenkt man das Herz, aber das geschieht nur, indem man dem die Treue bricht, dem es von Anfang an mit unauflöslicher Bindung geschenkt worden war.
Die Welt hat gut die Frau rühmen, die keinen tatsächlichen Fall getan hat, hat gut ihre ausgezeichnete Treue preisen, weil sie vielleicht mit heldenhaftem Opfersinn, aber mit rein menschlichem Heldentum ohne Liebe weiterlebt an der Seite des Gatten, mit dem sie ihr Leben verbunden hatte, während ihr Herz, ihr ganzes Herz endgültig, leidenschaftlich einem andern gehört. Sehr streng und heilig ist das Sittengesetz Christi! Man hat gut rühmen den Adel einer behaupteten Verbindung der Herzen, die keusch verbunden seien "wie die Sterne und die Palmen"; man hat gut diese Leidenschaft mit dem Heiligenschein einer unklaren Religiösität umgeben, was nichts anderes ist als dichterisches und romanhaftes Gerede, aber kein Wort von christlichem Evangelium und heiligem Bund; man mag sich damit schmeicheln, diese Liebe in heiteren Höhen zu erhalten; die Natur ist nach der Erbsünde nicht bis zu diesem Punkte den harmlos selbstgefälligen Aphorismen getäuschter Geister gefügig, und die Treue ist schon gebrochen durch die unerlaubte Leidenschaft des Herzens.
Junge Eheleute! Hütet euch vor solchen Vorspiegelungen! Vom göttlichen Lichte erleuchtet und unter dem Schutze der reinsten Mutter Maria liebt euch einander mit heiliger Liebe, indem ihr immer fester knüpft das Band eures Lebens, eures Geistes und eures Herzens! Auf diese Vereinigung rufen Wir mit aller Liebe Unseres Vaterherzens die reichsten göttlichen Gnaden herab, indem Wir euch den Apostolischen Segen erteilen.