Antwort vom 11. August 1936
Heiliges Offizium
im Pontifikat von Papst
Pius XI.
über die Sterilisierung
Die Antwort nimmt Bezug auf das von der nationalsozialistischen Regierung
erlassene "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14. Juli 1933.
11. August 1936
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
3760 Darlegung: ... Eine chirurgische Operation, durch die eine Sterilisierung erreicht wird, ist zwar keine "innerlich böse Handlung, was das Wesen des Aktes angeht", und kann deswegen erlaubt sein, wenn sie irgendwann zur Herstellung von Wohlbefinden und Gesundheit notwendig ist. Wenn sie aber deshalb vollzogen wird, damit die Zeugung von Nachkommenschaft verhindert werde, ist sie eine "aufgrund des Fehlens der Rechtsbefugnis im Handelnden innerlich böse Handlung", da weder ein privater Mensch noch die öffentliche Autorität eine direkte Verfügungsgewalt über die Glieder des Leibes hat, die sich bis dahin erstreckt.
3761 Diese vom Papst mit ausdrücklichen Worten vorgelegte Lehre ist vollständig auf das Sterilisierungsgesetz, um das es hier geht, anzuwenden. Dass aber durch dieses Gesetz wegen eines rein eugenischen Zweckes die Verhütung behinderter Nachkommenschaft vorgeschrieben wird, oder vielmehr, um ökonomischen Schäden oder solchen andersartigen Übeln vorzubeugen, das tut nichts zur Sache und ersetzt nicht das Fehlen der Rechtsbefugnis im Handelnden; deswegen muß die vorgeschriebene Operation zur Sterilisierung als in sich ungerecht bezeichnet werden und ist es.
3762 Wenn also auch der Zweck des Gesetzes, der da ist: für Gesundheit und Stärke der künftigen Nachkommenschaft zu sorgen und behinderte Nachkommenschaft zu verhindern, nicht zu verwerfen ist, so muß (doch) der Gegenstand des Gesetzes, das heißt das Millel, das zur Erlangung des Zwecks vorgeschrieben wird, völlig mißbilligt werden.
[Unter Berücksichtigung dieser (Ausführungen) gab das Hf. Offizium am 15. Juli 1936 die Antwort:]
3763 1) Eine Sterilisierung, die zu dem Zweck vollzogen wurde, daß Nachkommenschaft verhütet werde, ist eine aufgrund des Fehlens der Rechtsbefugnis im Handelnden in sich böse Handlung; deswegen wird sie durch das Naturgesetz selbst verboten, ob sie nun kraft privater Autorität oder kraft öffentlicher Autorität vollzogen werden soll.
3764 2) ... Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" ist, soweit es vorschreibt, eine solche Sterilisierung entweder zu verlangen oder auszuführen, dem wahren Gemeinwohl entgegengesetzt, ungerecht und kann keine Verpflichtung im Gewissen erzeugen.
3765 3) Dieses Gesetz zu billigen, zu empfehlen oder autoritativ durch richterliches Urteil zum Zwecke der Ausführung der Sterilisierung auf den speziellen Fall anzuwenden, desgleichen die Sterilisierung selbst zum Zwecke der Verhütung von Nachkommenschaft zu billigen ... , heißt, eine in sich böse Sache billigen ... , und ist deshalb unsittlich und unerlaubt.