UNO-Ansprachen des Papstes
Bislang haben Päpste vier Mal vor der UNO, den Vereinten Nationen, in New York gesprochen. Hier die Querverweise zu den UNO-Ansprachen:
- Paul VI. am 4. Oktober 1965, siehe Originaltext Au moment de prendre (frz.)
- Diese erste Reise eines Papstes zu den Vereinten Nationen, die weltweit Aufsehen erregte, erfolgte auf Einladung des UNO-Generalsekretärs U Thant und des Präsidenten der Vollversammlung, des ital. Christdemokraten Amintore Fanfani.
- Johannes Paul II. am 2. Oktober 1979 Volltext (dt.)
- Schon anlässlich seiner ersten USA-Reise besuchte der Papst auf Einladung des UNO-Generalsekretärs Kurt Waldheim die Vereinten Nationen, um die Wertschätzung zu unterstreichen, die sein Vorgänger 1965 dieser Organisation aussprach.
- Aus der deutschen Übersetzung der frz. gehaltenen Ansprache: Vor 14 Jahren sprach von dieser Tribüne mein großer Vorgänger Papst Paul VI. Er hat damals einige unvergessene Worte ausgesprochen, die ich heute wiederholen möchte: »Niemals wieder Krieg, niemals! Niemals wieder die einen gegen die anderen« und auch nicht »der eine über den anderen«, sondern immer und in jedem Fall »die einen mit den anderen«. Paul VI. hat der Sache des Friedens unermüdlich gedient. Auch ich will mit all meinen Kräften ihm darin nachfolgen und diesen seinen Dienst fortsetzen. Die katholische Kirche verkündet an allen Orten der Erde eine Botschaft des Friedens, sie betet für den Frieden und erzieht den Menschen zum Frieden. An dieser Zielsetzung nehmen in engagierter Weise auch die Vertreter und Anhänger anderer Kirchen und Gemeinschaften sowie anderer Religionen der Welt teil. Und diese Arbeit, verbunden mit den Anstrengungen aller Menschen guten Willens, bringt sicher ihre Früchte (ebd. Nr. 10).
- Johannes Paul II. am 5. Oktober 1995 Originaltext (frz.) C'est pour moi
- Bewusst zum 50. Jubiläum der UNO besuchte der Papst die Vereinten Nationen abermals. Er sagte unter anderem: En notre siècle, comment ne pas faire mémoire de la parole prophétique de mon prédécesseur Benoît XV qui, au cours de la première guerre mondiale, rappelait à tous que "les nations ne meurent pas" et qui invitait "à examiner avec une conscience sereine les droits et les justes aspirations des peuples"? (Cfr.: Ders., 28. Juli 1915.) [Wie nur könnten wir in unserem Jahrhundert nicht an das prophetische Wort meines Vorgängers Benedikt XV. erinnern, der im Verlauf des I. Weltkriegs an alle mahnte, dass "die Nationen nicht sterben" mögen und dazu einlud, "mit ernsthaftem Bewusstsein die Rechte und berechtigten Interessen der Völker zu prüfen"?]
Der Papst antwortete u.a. (ebd. Nr. 17 f.): Mesdames, Messieurs, je suis devant vous, comme mon prédécesseur le Pape Paul VI voici juste trente ans, non comme quelqu'un qui a une puissance temporelle, ce sont ses propres termes , ni comme un chef religieux qui demande des privilèges particuliers pour sa communauté. Je suis ici devant vous en témoin, témoin de la dignité de l'homme, témoin de l'espérance, témoin de la conviction que le destin de toutes les nations se trouve dans les mains d'une Providence miséricordieuse. Nous devons vaincre notre peur de l'avenir. Mais nous ne pourrons la vaincre entièrement qu'ensemble. La "réponse" à cette peur, ce n'est pas la coercition ni la répression, ni un "modèle" social unique imposé au monde entier. La réponse à la peur qui obscurcit l'existence humaine au terme du vingtième siècle, c'est l'effort commun pour édifier la civilisation de l'amour, fondée sur les valeurs universelles de la paix, de la solidarité, de la justice et de la liberté. Et l' "âme" de la civilisation de l'amour, c'est la culture de la liberté: la liberté des individus et des nations, vécue dans un esprit oblatif de solidarité et de responsabilité.
[Meine Damen und Herren, hier vor Ihnen bin ich wie mein Vorgänger, der Papst Paul VI., vor genau 30 Jahren, nicht als irgendjemand, der eine zeitliche Macht hat, das waren seine Worte, auch nicht wie ein religiöses Haupt, das spezielle Vergünstigungen für seine Gemeinschaft wünscht. Ich bin hier vor Ihnen als ein Zeuge, als Zeuge der Überzeugung, dass die Bestimmung aller Völker in den Händen einer barmherzigen Vorsehung zu finden ist. Wir müssen unsere Angst vor der Zukunft überwinden. Aber wir können sie nicht gänzlich überwinden außer zusammen. Die Antwort auf diese Angst ist weder Zwang noch die Unterdrückung, auch nicht ein einziges soziales Modell, das der ganzen Welt auferlegt wird. Die Antwort auf die Angst, wie sie die menschliche Existenz am Ende des 20. Jahrhunderts verdunkelt, das ist die gemeinsame Anstrengung dafür, die Zivilisation der Liebe aufzubauen, gegründet auf den universellen Werten des Friedens, der Solidarität, der Gerechtigkeit und der Freiheit. Die Seele der Zivilisation der Liebe, das ist die Kultur der Freiheit: die Freiheit der Einzelnen und der Nationen, gelebt in einem hingebungsvollen Geist der Solidaität und Verantwortung.]
- Benedikt XVI. am 18. April 2008 Originaltext (frz.) En m'adressant
- Die Ansprache wurde auf Französisch und Englisch gehalten. Anlass des Besuchs war der 60. Jahrestag der Verkündung Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die UNO im Jahr 1948.
Der Papst ging in einiger Hinsicht über die von den Vorgängern ausgesprochenen Grundsätze hinaus, u.a. erinnerte er dabei an Franz von Vitoria:
Le principe de la « responsabilité de protéger » était considéré par l’antique ius gentium comme le fondement de toute action entreprise par l’autorité envers ceux qui sont gouvernés par elle : à l’époque où le concept d’État national souverain commençait à se développer, le religieux dominicain Francisco De Vitoria, considéré à juste titre comme un précurseur de l’idée des Nations unies, décrivait cette responsabilité comme un aspect de la raison naturelle partagé par toutes les nations, et le fruit d’un droit international dont la tâche était de réguler les relations entre les peuples. Aujourd’hui comme alors, un tel principe doit faire apparaître l’idée de personne comme image du Créateur, ainsi que le désir d’absolu et l’essence de la liberté.
Vorläufige Übersetzung: Das Prinzip der "Verantwortung zu schützen" wurde vom alten Völkerrecht als Grundlage jeder unternommenen Handlung der Autorität gegenüber jenen erwogen, die von ihr regiert werden: Zu der Epoche, als das Konzept des souveränen Nationalstaats sich zu entwickeln begann, beschrieb der Dominikanermönch Franz von Vitoria, der mit Recht ein Vorläufer der Idee vereinter Nationen genannt werden kann, jene Verantwortung als einen Aspekt der natürlichen Vernunft, an der alle Nationen teilhaben, und als Frucht eines zwischenstaatlichen Rechts, dessen Aufgabe es sei, die Beziehungen zwischen den Völkern zu regeln. Heute wie damals muss so ein Prinzip die Idee der Person als Bild des Schöpfers aufscheinen lassen, und auch den Wunsch nach dem Absoluten und das Wesen der Freiheit.