Apostolische Reise von Papst Johannes Paul II. nach Portugal 1991

Aus kathPedia
Version vom 15. August 2019, 13:52 Uhr von Oswald (Diskussion | Beiträge) (link)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Worte bei der
Apostolischen Reise nach Portugal

von Papst
Johannes Paul II.
10. bis 13. Mai 1991

(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1991, S. 329-367)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Freitag, den 10. Mai 1991

Ansprache bei der Ankunft auf dem Flughafen in Lissabon

Überschrieben: Ein neues Morgenrot zieht herauf

Herr Präsident der Republik,
Herr Premierminister,

Herr Kardinal-Patriarch von Lissabon,
meine Herren Bischöfe, liebe Brüder und Schwestern!

1. Mit großer Freude kehre ich in das geliebte Portugal zurück und nehme von Herzen die Einladung der Zivilbehörden, des Herrn Präsidenten der Republik und des Herrn Kardinal-Patriarchen - im Namen der portugiesischen Bischöfe - an, einige Gegenden dieses Landes zu besuchen, insbesondere die Diözesen Angra do Heroismo auf den Azoren und Funchal auf Madeira, die ich 1982 nicht kennenlernen konnte.

Ich begrüße Sie alle mit Verehrung und Freundschaft. Im Geist besuche ich alle Orte und alle Söhne und Töchter dieser marianischen Erde: alle sollen fühlen, dass ich ihnen nahe bin, ihrer Person und ihrem Leben, und dass ich als Bote des Heils und der Liebe Gottes zu ihnen komme. Vor allem den Armen, den Kranken, den Betagten und den Verlassensten mögen meine herzlichen Wünsche und mein Gebet Trost schenken. Sie alle umarme ich von hier aus.

Der Aufforderung gehorchend, die Jesus Christus an den Apostel Petrus richtete _ nämlich seine Herde zu weiden (vgl. Joh 21,16) -, komme ich, um in erster Linie den geistlichen und religiösen Anliegen der Menschen - aller Männer und Frauen zu dienen, die hier unter der Vatersorge Gottes ihre Berufung in der Geschichte verwirklichen. Ich komme, um der Kirche zu dienen, die in dieser Nation die katholische Einheit des Volkes Gottes aufbaut und festigt durch die Verkündigung und Verwirklichung der transzendenten Würde und der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Ich komme, um meine Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32); um sie im festen Glauben zu bewahren, sie in der Hoffnung zu ermutigen und ihre Bande der Liebe zu kräftigen.

2. Besonders freut es mich, dass ich mit den erwähnten autonomen Regionen Portugals direkten Kontakt aufuehmen kann. Sie wurden von den genialen portugiesischen Seefahrern entdeckt, die das Licht des Evangeliums mit sich trugen, ein Licht, das die Träume, die Erfahrungen und Initiativen früherer Generationen erleuchtete. Es stärkte die Wurzeln des Glaubens und der vor Jahrhunderten von der gemeinsamen Heimat ererbten Kultur, wie es sich weiterhin in den großen Mühen des Alltags bei der heutigen Generation bestätigt.

Ja, die Völker machen Fortschritte dank der Arbeit, der Solidarität, der Treue zu den Gesetzen des Blutes und durch die Gnade, und je mehr sie die großen Werte achten, in denen sie erzogen wurden, desto harmonischer und friedlicher wird ihre Entwicklung sein.

3. Portugal wurde christlich geboren! Die Generationen eurer Vorfahren haben ihr Leben vom Evangelium durchdringen lassen. Sie haben euch eine Kultur überliefert, die bereichert wurde durch die ständige Begegnung des christlichen Glaubens mit den verschiedenen Völkern, welche die Geschichte Europas und der Welt gestalteten. Möge mit Gottes Hilfe der Besuch, den ich nun beginne, euch Gelegenheit geben, die christliche Botschaft mit besonderer Aufmerksarnkeit zu vernehmen und euer persönliches, familiäres und gesellschaftliches Leben durch die Kraft der Wahrheit und die erhabenen Ideale, die eine Nation adeln, zu erneuern.

Portugal war einst die Kanzel der Frohbotschaft Jesu Christi für die Welt. Aufunsicheren Schiffen trugen geisterfüllte Herolde diese Botschaft in die Ferne. Heute bin ich gekommen, um von der gleichen Kanzel aus das ganze Volk Gottes zur Evangeüsierung aufzufordern, sei es, um jene, die den Herrn bereits kennen, ihm immer ähnlicher zu machen, sei es als Erstverkündigung an die zahllosen Männer und Frauen, die das Heil in Christus noch nicht kennen.

Liebe Brüder und Schwestern, könntet ihr, deren Leben seit Jahrhunderten vom Christentum erhellt wird, heute zögern, euch mit Christus für eine neue ruhmreiche Seite eurer Geschichte zu engagieren? Wenn ihr fern von Gott nicht glücklich sein könnt, dann könnt ihr es auch fern von den Menschen nicht sein. Möge heute jeder von euch in der Begegnung mit den vielen nach Gott hungernden Menschen zum mutigen Zeugen des Evangeliums Jesu Christi werden! Portugal, ich rufe dich zur Mission auf]

4. Angesichts der Umwälzungen, die vielerorts die einzelnen Kontinente erschüttern, und des beschleunigten Rhythmus der Umwertung aller Dinge, wodurch die Sicherheit und sogar das Leben der Nationen bedroht werden, mache ich mir die Hoffnung zu eigen, die den hl. Augustinus beim Angriff der Vandalen auf die Stadt Hippo erfüllte: "Habt keine Angst, liebe Söhne und Töchter [versicherte ihnen der heilige Bischof], das ist nicht der Untergang einer alten Welt, sondern der Beginn einer neuen Welt!"

Am Himmel der Geschichte scheint ein neues Morgenrot heraufzuziehen, das die Christen einlädt, in einer Welt, die ein ungeheures Bedürfnis nach Christus, dem Erlöser, hat, Licht und Salz zu sein.

5. Ich bin auch nach Portugal gekommen, um zum zweiten Mal Fatima zu besuchen und der Muttergottes für den Schutz zu danken, den sie während dieser Jahre, in denen sich rasche und tiefgreifende gesellschaftliche Umgestaltungen vollzogen, der Kirche gewährte, so dass sich jetzt für viele von atheistischen Ideologien unterdrückte Völker, denen die Ausübung ihres Glaubens verwehrt war, neue Hoffnungen auftun.

Zu diesem Heiligtum drängt mich darüber hinaus das Verlangen, der Jungfrau-Mutter nochmals für den besonderen Schutz zu danken, der mir beim Attentat auf dem Petersplatz vor gen au zehn Jahren, am 13. Mai 1981, das Leben rettete.

Mit Freude werde ich gemeinsam mit Maria mein Magnifikat zum Herrn der Geschichte aufsteigen lassen, der sich "von Geschlecht zu Geschlecht über alle [erbarmt], die ihn furchten" (Lk 1,50).

Schon jetzt danke ich aus ganzem Herzen allen, die mich - in der Nähe oder in der Ferne - zu den Füßen der Muttergottes begleiten werden, um über die Botschaft von Fatima nachzusinnen: sie ist eine Einladung zur Bekehrung der Herzen, zur Reinigung von der Sünde, zum Gebet und zur Heiligkeit des Lebens.

Der Herrin und Mutter aller Generationen vertraue ich die guten Vorsätze und den Lebensweg unserer Generation - der des 20. und 21. Jahrhunderts - an, damit sie sich entschieden für die Erneuerung ihres Glaubens einsetze. Ich segne euch alle und bitte meinerseits jene, die dazu in der Lage sind, sich meinen Gebeten anzuschließen, damit die Welt erneut dem Evangelium begegnen und Gott über allen Völkern das klare Licht Jesu Christi aufleuchten lasse.

Ansprache an das Diplomatische Korps in der Nuntiatur in Lissabon

Überschrieben: Die Achtung des Gewissens ist ein absolutes Prinzip

Exzellenzen,
meine Damen und Herren!

1. Der Wunsch, die oft wiederholte Einladung der christlichen Gemeinden der Azoren und Madeiras anzunehmen, hat mich erneut in dieses Land geführt, das uns heute seine Gastfreundschaft beweist. Im Rahmen der Fünfhundertjahrfeier der Evangelisierung und der Begegnung der Kulturen besuche ich freudig und bewegt diese westlichsten Gebiete Europas, von denen in den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts die Seefahrten in den Südatlantik und nach Amerika ausgingen.

Besondere Bedeutung messe ich dieser Begegnung mit Ihnen, den akkreditierten Gestaltern der guten Beziehungen zwischen den Völkern bei. Der Heilige stuhl betrachtet Ihre vornehmen und vielschichtigen Aufgaben - die Förderung immer menschlicherer internationaler Beziehungen - mit Sympathie und fühlt sich verpflichtet, an Ihrer diplomatischen Sendung Anteil zu nehmen und sie zu unterstützen. Ich danke Ihrem Dekan, ErzbischofLuciano Angeloni, für den herzlichen Willkommensgruss und für die höflichen Wünsche, die er an mich gerichtet hat. Mein respektvoller und solidarischer Gruß gilt den Staaten, deren würdige Vertreter im Ausland Sie sind; außerdem grüße ich alle hier anwesenden Damen und Herren.

2. Ich danke Ihnen für die Aufmerksarnkeit und das freundschaftliche Verständnis, das Sie dem Wirken des RI. Stuhles zur Förderung der internationalen Beziehungen, wie auch den grundlegenden Prinzipien geschenkt haben, die es leiten. Diese Grundsätze fugen sich in den umfassenderen Rahmen der Soziallehre der Kirche ein. Das Jahr 1991, in dem wir das hundertste Jubiläum der Enzyklika Rerum novarum unseres verehrten Vorgängers Leo XIII. feiern, ist dieser Soziallehre ganz besonders gewidmet. Die Enzyklika Rernm novarnm war das grundlegende Dokument für die Entwickiung der Soziallehre und der sozialen Pastoral der Kirche in unserer Zeit. Der jüngste Ausdruck dafur ist die kürzlich veröffentlichte Enzyklika Centesimus annus.

Unser Lehramt gründet sich in sozialen Belangen auf den Menschen, inspiriert sich an ihm und betrachtet ihn als Protagonisten für den Aufbau der Gesellschaft. Es handelt sich also um den nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffenen Menschen, der dazu berufen ist, im persönlichen und gesellschaftlichen Leben dieses Bild wiederzugeben. So betrachtet, stellt die Kirche ein Ideal der auf den Menschen hingeordneten, solidarischen Gesellschaft dar, für die Transzendenz geöffnet, so dass ihm geholfen wird, die Wahrheit zu entdecken, die ihn inmitten der verschiedenen Programme der vorherrschenden Ideologien glücklich macht.

3. Der Einsatz und die Sendung der Kirche im Interesse einer ausgeprägteren politischen Ethik - heute umso notwendiger, als man über die verschiedensten technischen Mittel verfugt - veranlaßt mich, Ihnen die persönlichen und gesellschaftlichen Rechte des Menschen in Erinnerung zu rufen. Die Respektierung dieser Rechte muss immer restlos gewährleistet sein, nicht nur aus politischen Gründen, sondern aufgrund der hohen Achtung, die jedem gebührt, weil er Geschöpf Gottes ist, mit einzigartiger Würde ausgestattet und für eine transzendente Bestimmung ausersehen! Jede Beleidigung eines Menschen ist gleichzeitig eine Beleidigung Gottes, für die man vor ihm, dem gerechten Richter aller Handlungen und Absichten, Rechenschaft ablegen muss.

Was die Rechte des Menschen betriffi:, so möchte ich das Recht der Gewissensfreiheit hervorheben. Es ist einzig an die Wahrheit gebunden, die natürliche und die geoffenbarte Wahrheit. In einigen Ländern nämlich treten neue Formen von Fundamentalismus und Intoleranz in Erscheinung. Im Namen pseudoreligiöser, rassischer und auch staatlich bedingter Beweggründe verletzen sie die Würde der Person, die Glaubensfreiheit und die kulturelle Identität und beeinträchtigen somit das gegenseitige menschliche Verstehen. "In einer Welt wie der unseren, in der die Bevölkerung eines Landes selten nur einem Volk oder nur einer Religion angehört, ist es für den inneren und internationalen Frieden äußerst wichtig, dass die Achtung vor dem Gewissen eines jeden als absolutes Prinzip gilt". (Neujahrsansprache an das Diplomatische Korps beim Hf. Stuhl 1991, o.R., dt., 18.1.1991,8). Ihre Länder werden erstarken, wenn sie die Achtung anderer, sowie die Kenntnis anderer Kulturen und Religionen und ein ausgewogenes Verständnis für die bestehenden Verschiedenheiten durch eine sorgsame Erziehung fördern.

4. Exzellenzen, meine Damen und Herren!

Meine herzlichsten Wünsche gelten den Völkern, die Sie vertreten, den Autoritäten, von denen Sie ernannt wurden, Ihnen selbst, Ihren Mitarbeitern und Ihren Familien. Ic\l versichere Sie meines Gebetes zu Gott, dem Vater aller Menschen, damit das Licht und die Kraft des Allerhöchsten die großmütige Zusammenarbeit der Kräfte des Geistes, des Willens und der Kreativität möglich machen; die das heutige Zusammenspiel der Nationen erfordert.


Predigt im Restelo-Stadion in Lissabon

Überschrieben: Die Gesellschaft muss erneut verchristlicht werden

1. "Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde" (Mt 28,18).

Christus sprach diese Worte am Ende seiner messianischen Sendung auf Erden, im Augenblick seiner Rückkehr zum Vater. Er ist der Menschensohn, der Sieger über den Tod, der ihm von den Menschen am Holz des Kreuzes auferlegt worden war. Wir sehen ihn jetzt auf dem Berg der Himmelfahrt als Auferstandenen. An der durchbohrten Seite, an Händen und Füßen trägt er noch die Zeichen seiner Kreuzigung. Gerade sie sind Zeichen seiner Macht.

Diese seine Macht läßt sich nicht mit den Maßstäben irdischer Macht messen. "Mein Königtum ist nicht von dieser Welt" (Joh 18,36), sagte er zu Pilatus. Damit bejahte er gleichzeitig, dass er König war, seine Untertanen jedoch die Jünger der Wahrheit waren: "Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme" (Joh 18,37).

In dem Augenblick, in dem er die Welt verließ, um zum Vater zurückzukehren, offenbarte er den Jüngern die Ausschließlichkeit seines Reiches, das keine Grenzen kennt: die "Macht im Himmel und auf der Erde" gehört restlos und ausschließlich ihm! Als Gott besitzt er sie seit ewig; als Mensch, als Menschensohn und Erlöser der Welt hat er sie erworben.

2. Liebe Brüder und Schwestern, in der Ausübung und kraft dieser seiner Macht sendet der Herr die Apostel in alle Welt hinaus: "Geht zu allen Völkern, .. , tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe." Und er fugt hinzu: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28,19-20).

Die Eucharistie - Gedächtnis und Vergegenwärtigung der Anwesenheit Christi inmitten der Seinen bis zu seiner glorreichen Wiederkunft -, die hier, in der Hauptstadt Portugals, gefeiert wird, bietet uns heute eine gute Gelegenheit, um dem Vater dafur zu danken, dass er uns seinen Sohn geschenkt und dass er in dieser Nation - die vor allem in missionarischer Hinsicht wirklich ruhmreich ist - seine Macht so wunderbar entfaltet hat. Große Freude und Hoffnung erfüllen meine Seele, wenn ich euch, die Erben der ersten Aussaat des Evangeliums, betrachte, die in allen fünf Erdteilen reiche Frucht getragen hat, weshalb man von den portugiesischen Christen sagen kann: "Ihre Botschaft geht in die ganze Welt hinaus" (Ps 19,5).

Mein achtungsvoller Gruß gilt dem Herrn Präsidenten der Republik und den anwesenden Autoritäten. Ich danke dem Herrn Kardinal-Patriarchen für die Worte des Willkommens, die eure Gefühle und Absichten zum Ausdruck bringen. Ihn und die anderen Mitbrüder im Bischofsamt, die an dieser Konzelebration teilnehmen, umarme ich in Liebe und Freude. Auch begrüße ich sehr herzlich jeden und jede einzelne von euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr im Restelo-Stadion anwesend seid: die Priester, Ordensleute, Diakone und Laien sowie alle, die sich uns über Radio und Fernsehen anschließen. Schließlich möchte ich allen Portugiesen, die fern ihrer Heimat und ihrer Familie leben, Hochachtung und Solidarität aussprechen: den Emigranten, den Missionaren und ihren Mitarbeitern in den verschiedenen, von Portugal getragenen Diensten: Der Papst wünscht euch in Christus das größtmögliche Glück.

3. Liebe Brüder und Schwestern! Beim auferstandenen Herrn waren die elf Apostel auf dem Berg in Galiläa. Er hatte ihnen im Abendmahlssaal mit folgenden Worten das Kommen des Heiligen Geistes versprochen: "J ohannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft" (Apg 1,5). Die Apostel bewahrten die Taufe des Johannes und die von ihm im Volk wachgerufenen Erwartungen in Erinnerung. Als Kinder ihrer Nation verläßt sie der Gedanke an die Wiedererrichtung des Reiches Israel nicht. In jenem Augenblick, in dem sie den Herrn vom Reiche Gottes sprechen hören (vgl. Apg 1,3), fragen sie nach dessen Beginn: Wann wird dieses Reich kommen? Jesus lenkt jedoch ihre Gedanken auf ein anderes Reich. Es ist das ewige Reich Gottes, das mit dem Kommen des Messias in die Geschichte der Menschheit eingetreten ist und mit seinem Kreuz und seiner Auferstehung seine Gegenwart in dieser Geschichte bekräftigt.

Dieses Reich "im Himmel und auf Erden" erwartet die neue Taufe - die Taufe im Heiligen Geist: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa ... und bis an die Grenzen der Erde" (Apg 1,8).

4. Ihr werdet meine Zeugen sein ... Das Reich Gottes, in Christus geoffenbart und durch sein Kreuz in der Geschichte der Menschheit verwurzelt, bedarf der Zeugen. Die ersten Zeugen sind die Apostel. Nach ihnen kommen andere, so dass das apostolische Zeugnis für Christus, aus der Kraft des Geistes der Wahrheit gegeben, immer weitere Kreise zieht.

Eines Tages wurden auch eure Vorfahren in den Kreis der Evangelisierung mit einbezogen. Tatsächlich war die Kirche anscheinend schon um die Mitte des dritten Jahrhunderts hier regulär aufgebaut, was darauf schließen läßt, dass die Verkünder der Frohbotschaft sehr bald euer Land erreichten und seine Bewohner im christlichen Glauben unterrichteten; sie wurden nach der Taufe durch die Kraft des Heiligen Geistes - d. h. durch die Kraft jener Macht, die Christus, der Erlöser des Menschen, im Himmel und auf Erden hat - in das trinitarische Leben Gottes eingeführt.

Die Familien nahmen den christlichen Glauben an, und durch sie wurde die ganze Gesellschaft christlich.

Dann kam der Augenblick, in welchem die Söhne und Töchter eures Landes dank des empfangenen Glaubens zu Verkündern der Frohbotschaft an andere Völker wurden. "In vorher nie befahrenen Meeren" (Luis de Camöes Os Lusiadas, I,I) zeichneten sie neue Routen in westlicher und südlicher Richtung vor, umsegelten das Kap der Guten Hoffnung und landeten im Orient, wo sie Völkern und Kulturen begegneten, denen sie ihre christliche Seele mitteilten: auf den Kapverdischen Inseln, in Guinea, Angola, Säo Tome und Principe, Mosambik, Indien, Brasilien, China, Japan, Malaysien und Indonesien.

Trotz der Verschiedenheit der Berufung, welche die Kirche und die zeitliche Gesellschaft voneinander unterscheidet (vgl. Gaudium et spes, Nr. 39), können wir sagen, dass damals die Geschichte der Nation zugleich Geschichte des Heils war. Dank der Macht des auferstandenen Herrn "fehlte es in diesem kleinen lusitanischen Haus nicht an mutigen Gesten" (Os Lusiadas, Vü,14). Sie wurden von den neuen Jüngern des Herrn vollzogen: vom hl. Johannes de Brito, dem hl. Franz Xaver, dem seI. Ignaz de Azevedo und seinen Schülern, dem seI. Josef von Anchieta, dem ehrhl. Gonyalo da Silveria, den Priestern Manuel da N6brega und Anton Vieira und vielen anderen, insbesondere von Mitgliedern der verschiedenen Ordensfamilien, die sich der Evangelisierung widmeten. Von der Kraft des Heiligen Geistes angespornt, wurden sie zu Zeugen des Heilsgeschehens. Sie gingen hinaus und verkündeten fernen Völkern und Ländern: "Jauchzt vor Gott, alle Länder der Erde! Spielt zum Ruhm seines Namens" (Ps 66,1-2). Diese unsere Konzelebration fugt sich gut in das Gedenken der fünfhundertjährigen Evangelisierung und Begegnung der Kulturen ein, die zur Bildung der großen, weltumspannenden Familie beitrugen, einer Familie, die in unseren Tagen eine immer greifbarere Wirklichkeit wird.

Der Same des Evangeliums hat tatsächlich in der Erde Portugals tiefe Wurzeln geschlagen und reiche Früchte getragen. Den Blick auf die ",äußersten Enden der Erde' [gerichtet, die] ... sich immer mehr entfernen" (Redemptoris missio, Nr. 40), möchte der Nachfolger Petri in dieser Stadt - die fünfhundert Jahre lang so viele Missionare und Missionarinnen abreisen sah - seine geliebten portugiesischen Brüder und Schwestern teilnehmen lassen an seiner Sorge und seinem Mitleid mit den nach Christus hungernden Menschenmengen.

Heute seid ihr die Zeugen des auferstandenen Christus: ihr, die ihr, jeder seiner Berufung gemäß, das Wort Gottes vernehmt und aufuehmt, die ihr so oft schweigend für die Frohbotschaft Jesu, unseres Herrn, Zeugnis ablegt, für Christus den König, der mit seinen ausgebreiteten Armen die müden Schritte der Menschen unseres Jahrhunderts auf sein gütiges und demütiges Herz (vgl. Mt 11,29) hinweisen will; haben doch diese Menschen sehr oft, um alles zu haben, Gott vergessen! Der Weg, der zum Geist und zum Herzen der Menschen führt, unterliegt der Macht Jesu Christi, ihm, der an der Seite, an den Händen und Füßen die Zeichen seines Erlösertodes am Kreuz trägt.

5. Das Evangelium ist in euer Land gekommen und hat es nie mehr verlassen. In alle Welt und zu anderen Völkern hinausgetragen, ist es dennoch bei euch geblieben. Wir nehmen jedoch heute, nach so vielen Jahrhunderten, überall und besonders in Europa die Notwendigkeit einer Rückkehr des Evangeliums wahr. Das Gesellschaftsgefuge muss erneut verchristlicht werden. Wir sind überzeugt, dass das tiefste Sehnen des Menschen in Christus - und nur in ihm - eine entsprechende und volle Erfüllung finden kann.

Die katholische Kirche kann sich dem ausdrücklichen Auftrag Christi, die Liebe Gottes zu den Menschen und ihr Heil in Jesus Christus, seinem Sohn, zu verkünden, nicht entziehen. Sie erfüllt diesen Auftrag, indem sie sich "an den Menschen im vollen Respekt vor seiner Freiheit [wendet]. Die Mission bezwingt die Freiheit nicht, sondern begünstigt sie. Die Kirche schlägt vor, sie drängt nichts auf. Sie respektiert die Menschen und Kulturen, sie macht Halt vor dem Heiligtum des Gewissens. Vor denen, die sich unter den verschiedensten Vorwänden der Missionstätigkeit widersetzen, wiederholt die Kirche: Öffnet Christus die Türen!" (Redemptoris missio, Nr. 39). Er verkündete ohne Zaudern, dass er die Wahrheit war (vgl. Joh 14,6) und gab die Gewähr, dass diese Wahrheit uns befreien würde (vgl. Joh 8,32). Wir wissen, dass durch Jesus, der gekreuzigt wurde, gestorben und auferstanden ist, die vollständige und echte Befreiung vom Bösen, von Sünde und Tod Wirklichkeit wird. In ihm schenkt Gott das "neue", göttliche und ewige Leben. Das ist die "Frohe Botschaft", die den Menschen und die Geschichte der Menschheit umgestaltet und die zu kennen ein Recht aller Völker ist.

6. Einst konnte es den Anschein haben, als ob die Evangelisierung eine irgendwie den Missionaren vorbehaltene Aufgabe sei. Das ü. Vatikanische Konzil, das die Evangelisierung als das Herzstück des kirchlichen Lebens betrachtete, wollte alle Gemeinden und alle Christen für die verantwortlich machen: "Die ... Kirche ist ihrem Wesen nach ,missionarisch'" (Ad gentes, Nr. 2), und deshalb sollen "alle, die an Christus glauben, ... die apostolische Verantwortung als einen integrierenden Teil ihres Glaubens spüren, [um] anderen die Freude und das Licht zu vermitteln. Diese Verantwortung muss gewissermaßen zum Hunger und Durst werden, den Herrn bekanntzumachen, sobald sich der Blickwinkel auf die weiten Teile der nichtchristlichen Welt ausweitet" (Redemptoris missio, Nr. 40).

Ich fordere die christlichen Gemeinden - die Pfarreien, Gruppen und apostolischen Bewegungen - und alle ihre Mitglieder auf, die Dynamik der Evangelisierung zu intensivieren und nicht ihre Pflicht zu vernachlässigen, das Evangelium Christi den Personen und Milieus zu bringen, die es noch entbehren. Ihr müßt mutige Gläubige werden, von einem unzerstörbaren Glauben beseelt, den ein tiefes Innenleben ständig bereichert und der das Licht Christi mit immer größerer Intensität vor den Menschen aufleuchten läßt.

7. Ich bitte euch, ebenso kühn zu sein wie die Missionare der Vergangenheit und mit der gleichen Aufgeschlossenheit auf die Stimme des Geistes zu hören.

In diesen Tagen kehrt die Kirche in den Abendmahlssaal zurück. Dort, wo die Apostel gemeinsam mit Maria, der Mutter des Herrn, im Gebet versammelt waren (vgl. Apg 1,14), findet sich die ganze Kirche ein, die sich auf die Taufe vorbereitet: "In wenigen Tagen werdet ihr im Heiligen Geist getauft werden." Diese Taufe wird am Pfingstfest in Erinnerung gerufen und gelebt. "Auch wir, mehr noch als die Apostel, müssen vom Geist verwandelt und geführt werden" (Redemptoris missio, Nr. 92). Wir müssen erneut diese ,,Macht" erfahren, die Christus "im Himmel und auf der Erde" hat: die Macht, die in seinem Kreuz und seiner Auferstehung offenbar wurde. Wir müssen nochmals dieser heilbringenden ,,Macht" begegnen, damit sie vor unseren Augen die göttliche und menschliche Größe des Ostergeheimnisses des Erlösers offenbare.

Während das Jubiläum des Jahres 2000 näherrückt, müssen wir uns in den Dienst einer neuen Missionierung stellen in einer Welt, die den verschiedensten und oft tragischen historischen Ereignissen ausgesetzt ist. Christus lebt bei den Menschen; jenseits der Zeit und der Vergänglichkeit unserer menschlichen Welt, hat er uns doch versichert: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."

Er ist bei uns. Amen.

Samstag, den 11. Mai 1991

Predigt beim Wortgottesdienst in Ponta Delgada, Insel Sankt Michael (Azoren)

Überschrieben: Stark sein im Kampf gegen den Urheber des Bösen

1. "Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden" (Lk 10,42).

Seit vielen Generationen ist das erwähnte "Bessere" auch euer Anteil geworden, und ihr nennt es begeistert und vertrauensvoll "den Herrn Christus, den Heiligen, den Herrn der Wunder" (Ecce Homo). Die Liebe und Anbetung, die ihr unserem Erlöser unter dem Bild des Ecce Homo entgegenbringt, hat sich immer mehr in eurem Leben verwurzelt - und es sind bereits fünfeinhalb Jahrhunderte, dass ihr mit dem Herrn Christus, dem Heiligen, zusammenlebt, der bei euch eine anziehende Bleibe findet ähnlich der im Haus des Lazarus und der beiden Schwestern Martha und Maria.

Von hier und diesem "Campo di San Francesco" aus richte ich mit dem Blick auf das Heiligtum des Herrn Christus, des Heiligen, meinen freundschaftlichen Gruß an alle Bewohner von San Micheie und der übrigen Azoreninseln. Ich begrüße bei diesem Wortgottesdienst alle Anwesenden und wende mich vor allem ergeben an den Herrn Präsidenten der Republik und die örtlichen Autoritäten; brüderlich umarme ich auch euren Bischof Don Aurelio, dem ich von Herzen für seine Worte voll Zuneigung und Hoffnung für die Herde danke, die er in eurem Namen eben an mich gerichtet hat. Herzlich begrüße ich die Priester und die Ordensmänner und Ordensfrauen, sowohl jene, die ihre hochherzige Hingabe an Gott in eurer Mitte leben, als auch jene, die von hier aufgebrochen sind, um dem Gottesreich bei anderen zu dienen, die noch auf dieses Reich warten. Gestattet mir ein besonderes Wort des Segens und der Ermunterung an die Hospitalorden der Brüder vom heiligen Johannes von Gott und der Schwestern vom heiligsten Herzen Jesu in den fünf Jahren des Jubiläums, das sie bejahen, damit sie nie müde werden in der Verwirklichung und Verkündigung des Aufrufs zur Liebe, den der heilige Johannes von Gott, euer Mitbürger aus dem 16. Jahrhundert, ihnen hinterlassen hat: "Tut Gutes, Brüder!".

Doch wenn ich auf die zahlreichen Jugendlichen schaue, die hergekommen sind, um den Papst zu sehen und zu hören, so umfangen mein Herz und mein Wort sie in besonderer Weise: liebe Jugendliche, die ihr die Jünger Jesu des dritten Jahrtausends seid, ich umarme euch alle und einen jeden von euch und versichere euch gleich jetzt, dass die Botschaft, die ich euch bringe, mir vom Geist des Herrn eingegeben worden ist angesichts der Erwartungen und Bestrebungen zahlloser Jugendlichen aus aller Welt, die nach dem Glück suchen.

2. "Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu" (Lk 10,39). Das Evangelium bezeugt, dass große Massen zusammenströmten, um das Wort des "großen Propheten, den Gott seinem Volk gesandt hatte" (vgl. Lk 7,16) zu hören, so dass der Herr sogar die Notwendigkeit spürte, der offensichtlichen Not dieser Massen entgegenzukommen: "Sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Wenn ich sie hungrig nach Hause schicke, werden sie unterwegs zusammenbrechen; denn einige von ihnen sind von weither gekommen" (Mk 8,2-3).

Die Lesung des heutigen Evangeliums bietet uns eine andere Szene: der Meister betritt ein Haus, wo er sich von Freunden aufgenommen weiß, um auszuruhen. Maria ist von seinen Worten beeindruckt, setzt sich zu seinen Füßen und hört ihn an und scheint dabei die häuslichen Aufgaben zu vergessen, in denen sie sicher tüchtig war, denn Martha zögert nicht, sich über diese Unterlassung zu beklagen. Jesus von Nazaret fühlte sich bei bei den Schwestern woW, und er spricht in seiner Antwort an Martha von einem "besseren Teil", von Werten und Gedanken, die besser sind, weil niemand sie rauben kann: "Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden" (Lk 10,42).

Liebe Jugendliche, im Licht dieser Werte skala Jesu fordere ich euch auf, mit mir eure Bestrebungen zu prüfen, weil euch "großartige Vorschläge" gemacht werden, die sich in nichts auflösen und euch enttäuscht zurücklassen; auf der anderen Seite sind aber Aufgaben da, für die man gewiß schwierige Wege beschreiten muss, aber in der Gewißheit, dort etwas mehr Personalität zu gewinnen, die niemand euch rauben kann! Die Jugend ist eine Zeit des Sammelns für das Leben, eine Zeit der Ausbildung für die großen verantwortlichen Aufgaben von morgen. Hütet euch vor den Aufrufen einer Welt, die euer aufrichtiges und hochherziges Suchen nach Glück und Ausrichtung ausnützen und manipulieren möchte!

3. "Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden" (Lk 10,42).

Wieviel unnütze Anstrengungen, wieviel Enttäuschungen und Niederlagen sind zu beklagen, weil man sein Vertrauen und den Mittelpunkt seines Lebens außerhalb Gottes verlegt hat! Er ist das Bessere. Wieviele Jugendliche suchen verzweifelt nach Glück, ohne sich bewusst zu werden, dass Gott allein das menschliche Herz wahrhaft sättigen kann. "Du hast uns für dich geschaffen, Herr - ruft der heilige Augustinus aus - und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir" (Bekenntnisse I, 1). Dies ist die große Wahrheit, die dem Leben Sinn gibt, denn wir entstammen den Händen Gottes, und daher kann unsere Seele nur in Gott Ruhe und Glück finden.

Liebe Jugendliche, verlaßt auf eurem Lebensweg nicht den Herrn, der euch begleitet! Mein größter Wunsch für einen jeden von euch besteht darin, die Wege eurer Jugend mögen auf Christus treffen, "den wahren ebenso demütigen wie weisen Helden, den Propheten der Wahrheit und der Liebe, den Gefährten und Freund der Jugendlichen" (Botschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils an die Jugend), den einzigen, der euch glücklich machen kann. Verlaßt ihn nicht, um falsche Götter anzubeten, die ohnmächtig sind und von euren Sorgen und Unruhen nichts wissen. Jesus von Nazaret, und nur er kann diesen Hunger nach dem Absoluten, der in euren Herzen lebt, sättigen. Wenn ihr unbefangen an seiner Seite geht, wird sein Blick voll Liebe (vgl. Mk 10,21) auf euch ruhen. Und ihr braucht diesen seinen liebevollen Blick: er ist das schönste Fenster, das sich auf das Paradies hin öffnet. Ihr werdet dann die Erfahrung machen, dass ihr von Ewigkeit her geliebt seid, und euer Leben beginnt gleichsam neu: ihr werdet im Kontakt mit Gott wachsen. Der Weg dahin aber ist das Gebet. Lernt das Beten und betet; öffnet euer Herz und euer Bewusstsein für ihn, der euch noch besser kennt als ihr selbst. Sprecht mit ihm. Vertieft euch in das Wort Gottes, lest und meditiert die Heilige Schrift. So wie Maria, die "sich dem Herrn zu Füßen setzte und seinen Worten zuhörte" (vgl. Lk 10,39).

4. Durch euren Dialog mit Jesus, der "weiß, was im Menschen ist" (vgl. Joh 2,25), könnt ihr ebenso unbeschwert wie tief euren konkreten Lebensplan verstehen: "Was muss ich tun, damit mein Leben seinen vollen Wert und seine Bedeutung gewinnt?" Das ist eine grundlegende Frage, die sich allmählich einem jeden für sein Leben gerade in der Jugend stellt. Diese Frage solltet ihr euch selbst sowie euren Eltern und Erziehern stellen. "Ihr stellt euch solche Fragen manchmal ungeduldig und versteht gleichzeitig selbst, dass die Antwort darauf nicht übereilt oder oberflächlich sein darf ... Es geht hier um eine Antwort, die das ganze Leben betriffi:" (Apostolisches Schreiben zum internationalen Jahr der Jugend, Nr. 3). Entzieht euch nicht dieser Frage, und unterdrückt sie nicht in eurem Leben, denn in ihr erfahrt ihr euch als Herren und Gestalter eures Schicksals. Sie ist Ausdruck eurer Entwicklung.

In der Botschaft, die ich in diesem Jahr an euch gerichtet habe, habe ich euch aufgefordert, eure Würde und Größe als Kinder Gottes zu betrachten: "Ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater (Röm 8,15). Wie sollte man nicht angesichts dieser atemberaubenden Berufung staunen! Der Mensch - ein geschaffenes und begrenztes Wesen, ja ein Sünder - ist dazu bestimmt, Kind Gottes zu sein! ... Laßt euch von diesem heiligen Staunen durchdringen, und ein jeder von euch soll immer kindlicher Gott, unserem Vater anhangen" (Botschaft an die Jugendlichen zum 6. Welttag der Jugend, 1991, Nr. 1). Im Bewusstsein der Tatsache, dass Gott euer Schöpfer und Vater ist, müßt ihr ihn nach eurem Lebensplan fragen: "Was muss ich tun? Welches ist dein Plan für mein Leben, dein Entwurf als Schöpfer und Vater? Welches ist dein Wille für mich? Ich möchte ihn erfüllen". So wird die Lebensentscheidung, die ihr vorbereitet und überlegt, aus eurem tiefsten Inneren hervorgehen und der Berufung entsprechen, die Gott euch geschenkt hat, denn da das Leben ein Geschenk des Allerhöchsten ist, kann es sich nur in der Alltwort auf einen Ruf von oben, der sich im Geheimnis eures jugendlichen Herzens vernehmen läßt, ganz verwirklichen.

5. Welches kann nun die Botschaft sein, die Gott eurem Herzen zuspricht?

Hört den Liebesjünger Christi, den Apostel Johannes, der in den eben vernommenen Worten seines Briefes sagt: "Ich schreibe euch, ihr Kinder, dass ihr den Vater erkannt habt ... Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, dass ihr stark seid, dass das Wort Gottes in euch bleibt und dass ihr den Bösen besiegt habt" (1 Joh 2,14). Diese fast zweitausend Jahre alten Worte sind kräftig; sie wollen euch ermuntern und gleichzeitig herausfordern.

Tatsächlich lebt in euren Herzen das Verlangen nach echter Brüderlichkeit unter den Menschen: der Mensch ist der Nächste des anderen; er ist Bruder und Schwester für den Mitmenschen! Dieses euer Verlangen nach Brüderlichkeit bezeugt aber nun die Tatsache, dass ihr "den Vater erkannt habt", denn nur dann sind die Menschen Brüder, wenn es einen Vater gibt; dies aber hat uns Jesus Christus kundgemacht, als er uns aufforderte zu beten: "Vater unser im Himmel" (vgl. Mt 6,9). Das Gebet des Vaterunsers faßt die Frohbotschaft Jesu von Nazaret zusammen, die wundersamer Weise in den tiefsten und umfassendsten Bestrebungen der heutigen Menschheit Leben gewinnt. Der Apostel schreibt, dass ihr jungen Männer stark seid, weil das Wort Gottes in euch bleibt und in eure Herzen Liebe eingießt, WoWwollen, Achtung vor dem Mitmenschen, seinem Leben, seiner Würde und seinem Gewissen. Wenn "ihr den Vater kennt", seid ihr stark, denn ihr vermögt unter den Menschen Brüderlichkeit aufzubauen.

Ihr seid stark auch für den Kampf: nicht für den Kampf gegen den Menschen, woW aber gegen das Böse, oder besser, um ihn beim Namen zu nennen, gegen den ersten Urheber des Bösen: ihr seid stark für den Kampf gegen den Bösen. Seine Taktik besteht darin, dass er sich nicht offen zeigt, damit "das von ihm von Anfang an eingepflanzte Böse sich durch den Menschen selbst entwickelt, durch seine Systeme und die zwischenmenschlichen Beziehungen unter den Klassen und Nationen ... um immer mehr auch zur strukturellen Sünde zu werden. Damit sich der Mensch also in einem gewissen Sinn von der Sünde ,befreit' fühlt und zugleich immer mehr in ihr versinkt" (Apostolisches Schreiben zum Internationalen Jahr der Jugend, Nr. 15). Wir müssen notwendig ohne Unterlaß zu den Wurzeln des Bösen und der Sünde hinabsteigen und ihre verborgenen Mechanismen aufdecken. Jugendliche, ihr seid stark, und ihr werdet den Bösen besiegen, wenn "das Wort Gottes in euch bleibt". Auf diese Weise wird es euch schrittweise gelingen, die Welt zu ändern und umzuwandeln, so dass sie menschlicher und brüderlicher wird und auf eine Kultur der Liebe hinsteuert.

6. Liebe Jugendliche, meine Freunde, wenn ihr zwischen Liebe und Egoismus zu wählen habt, erinnert euch an das Beispiel Christi und entscheidet euch mutig für die Liebe. So wird eure Lebensentscheidung nach dem Willen Gottes eure Berufung zur Liebe verwirklichen ... Die Liebe ist die einzige Berufung des Menschen, und sie kann entweder in der Ehe oder in der gänzlichen Hingabe seiner selbst für das Himmelreich verwirklicht werden. Ich wiederhole heute erneut, was ich in Santiago de Compostela gesagt habe: "Jugendliche, furchtet euch nicht, Heilige zu sein! Wagt den Höhenflug und gehört zu denen, die für Kinder Gottes würdige Ziele anstreben" (Botschaft an die Jugendlichen zum 6. Welttag der Jugend, 1991, Nr. 3). Im Mittelpunkt eures Tuns soll Christus stehen! Folgt ihm und ahmt ihn nach!

Mit ihrem in den Herrn verliebten und von ihm angezogenen Herzen spüren einige von euch, dass Jesus sie zu seiner engeren Nachfolge einlädt und alles von ihnen fordert. Habt keine Angst, und wenn er es von euch will, schenkt ihm euer Herz und euer ganzes Leben. Kirche und Welt von heute haben einen enormen Bedarf an der Zeugniskraft einer bräutlichen Liebe zu Christus. Dem entsprechen die Berufungen zu einer besonderen Weihe an Gott, zum Priestertum und zum Leben nach dem Evangelium mit seiner Radikalität der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams, sowie zur Weihe für das missionarische Leben. In diesen Berufungen übernehmen Mann oder Frau aus Liebe zum Reiche Gottes als ihr persönliches Lebensprogramm das Programm, das Christus selbst auf Erden verwirklicht hat.

Euch allen und einem jeden von euch Jugendlichen möchte ich sagen: Sollte ein solcher Ruf dein Herz treffen, unterdrücke ihn nicht, höre auf den Meister, der sagt: "Folge mir nach!" Du hast dann ein begeisterndes Leben, reich an Früchten, vor dir, eben das "Bessere, das niemand dir nehmen kann"!

7. Christus - Ecce Homo: ,,Der Herr Christus, der Heilige, der Wunder tut", hat "Worte ewigen Lebens" (Joh 6,68). Sie bekräftigen die von jedem Menschen erfahrene Wahrheit: die Wahrheit von der Hinfälligkeit der Welt. Zugleich aber zeigen diese Worte und vor allem sein Kreuz und seine Auferstehung die Wahrheit vom ewigen Leben: "Wer ... den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit" (1 Joh 2,17). Liebe Brüder und Schwestern, wenn ich euch für die heutige Begegnung danke, ist es mein tiefer Wunsch, dass ihr nicht taub bleibt für den Anruf, der euch vom Wort Gottes her erreicht. Mögen eure Herzen für das Leben in Gott reif werden, dieses ,,Bessere", das euch niemand nehmen kann. Amen.

Predigt bei der heiligen Messe in Angra auf der Azoreninsel Terceira

Überschrieben: Die Kirche lebt von der Eucharistie

1. "Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn" (Lk 24,31).

In der Osterzeit kommt die Kirche häufig auf den Weg nach Emmaus zurück. Heute führt uns auch hier auf den Azoren die Liturgie dorthin, und die Worte des Evangeliums lassen uns an die Stunde denken, da sich auch unsere Augen geöffnet und Jesus Christus erkannt haben. Liebe Brüder und Schwestern, es sind bereits fünf Jahrhunderte vergangen, seit eure Vorfahren als Jünger Jesu diese Inseln erreicht und bevölkert und damit den Weg nach Emmaus mit dem auferstandenen Herrn bis hierher verlängert haben, denn Er war der Führer, die Wahrheit und der Lehrmeister ihres Abenteuers, hinter dem das Drama und die Herrlichkeit des Kreuzes standen. Auch hier erkannten sie Jesus beim Brotbrechen und gaben diese Erkenntnis dann von Geschlecht zu Geschlecht weiter durch die christlichen Familien und Gemeinschaften, die hier Wurzel faßten.

So erhebt sich in meinem Herzen ein lebhafter Dank gegen Gott, weil es mir endlich möglich wurde, euch zu sehen und mit euch diesen Emmausweg zu gehen, der in der Eucharistiefeier seinen Höhepunkt findet. Einen dankbaren Gruß richte ich an die anwesenden Autoritäten, zumal an den Herrn Präsidenten der Republik und die Organe der regionalen Verwaltung, sowie an alle Menschen, die in dieser autonomen Region der Azoren mitten im atlantischen Ozean wohnen. Ich umarme besonders herzlich den Bischof Don Aurelio, dem ich meinen lebhaften Dank ausspreche, weil er mich zu einem Besuch bei euch eingeladen, aber auch weil er so herzliche Worte gefunden hat, als er eben eure Empfindungen und Wünsche aussprach. Ein herzlicher und brüderlicher Gruß gilt dann euch allen, liebe Bewohner der Azoren, die ihr gekommen seid, um mich zu empfangen und allen, die uns von nah und fern über die Medien der sozialen Kommunikation folgen. In euch grüße ich die Erben des geistigen und kulturellen Reichtums, den der Glaube an den auferstandenen Christus von Geschlecht zu Geschlecht immer mehr mit der Gnade des Evangeliums geprägt hat, und heute ermuntere ich euch, dieses Erbe zu bewahren und es als Sauerteig des Reiches Gottes in die Stadt der Menschen einzubringen.

2. Die Emmausgeschichte zeigt, wie die Wahrheit von der Auferstehung sich nur unter Schwierigkeiten ihren Weg bahnte auch in der Mentalität derer, die Jünger Christi waren. Sie verließen Jerusalem und "sprachen ... über all das, was sich ereignet hatte" (Lk 24,14); all das aber, was geschehen war, erfüllte sie mit Trauer und tiefer Enttäuschung. "Wir ... hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde" (Lk 24,21). Ihre Hoffnungen auf Jesus von Nazaret waren auf diese Erde beschränkt. Das gleiche Empfinden hatten auch all jene, die in seiner Nähe lebten. Die Lage ihres damals von den Römern beherrschten Vaterlandes ließ sie die Sendung des Messias in dieser Perspektive sehen: Er werde Israel von der fremden Besatzungsmacht befreien. Das war es, was sie von Jesus erwarteten, hatten sie doch die göttliche Kraft kennengelernt, die sich in seinen Werken und Worten machtvoll kundtat.

Dachten etwa die Autoritäten der Nation anders? Es genügt, an die Versammlung des Hohen Rates zu denken, in der das Todesurteil über Jesus gefällt wurde: Er schien ihnen gefährlich, weil er ein hartes Eingreifen der römischen Macht hätte verursachen können. "Ihr bedenkt nicht, dass es besser für euch ist, wenn ein einziger Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht" (Joh 11,50).

3. Bei den Jüngern, die ihn nicht erkannt hatten, als er auf dem Weg zu ihnen kam, versucht Jesus im Gespräch vor allem, ihre rein menschliche Denkweise zu ändern. Dazu greift er auf das "Wort der Propheten" zurück (vgl. Lk 24,25), angefangen mit Mose. Das Alte Testament zeigt, dass der Messias notwendig "all das erleiden musste, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen" (vgl. Lk 24,26). Die Heiligen Schriften enthalten das Wort Gottes: versucht daher, die Ereignisse der letzten Tage im Licht dieses Wortes zu verstehen, und deutet sie nicht mehr bloß menschlich.

Das Wort Gottes kündigte den Messias im voraus als den leidenden Knecht an, auf dem die Sünden aller Menschen lasteten. Dieses sühnende Leiden, das am Kreuz von Golgota seinen Höhepunkt erreichte, ist die volle Erfüllung des Wortes Gottes, wie es im Alten Testament geschrieben steht: es war notwendig, dass er all diese Leiden ertrug, um in seine Herrlichkeit einzugehen. Welches ist aber die Herrlichkeit des gekreuzigten Messias? Es ist die Herrlichkeit der Auferstehung von den Toten am dritten Tage, die Herrlichkeit des Triumphes über Sünde und Tod. Christus lebt bereits in der Herrlichkeit, auch wenn die Augen der Jünger noch unfähig waren, ihn zu erkennen.

Diese Situation der Blindheit bleibt bei den Jüngern von Emmaus bestehen bis zu dem Augenblick, da er auf ihre inständigen Bitten einging, mit ihnen ins Haus trat, sich zu Tisch setzte und das Brot mit ihnen brach. "Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn" (Lk 24,31). Nun wurde es ihnen klar, dass sie mit dem auferstandenen Jesus gesprochen hatten, und sie sprachen zueinander: "Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloß" (Lk 24,32)?

4. In der Geschichte der Emmausjünger zeigt sich das Wesentliche im Leben der Kirche: sie lebt von der Eucharistie und vom Wort Gottes. Das Wort Gottes ist Vorbereitung, um die Eucharistie tiefer zu leben, die Eucharistie aber bildet das "Sakrament der vom Glauben geöffneten Augen", das Sakrament des Glaubens an das Geheimnis Gottes, wie es in Christus geoffenbart ist. Diese "offenen Augen" für den Glauben an die Horizonte und Pläne Gottes fuhren auch euch zum Verständnis und zur vollen Erfüllung eurer Berufung und Sendung zum Dienste Christi in der Welt. Sie offenbaren euch eure Aufgabe und den Platz, der euch als Baumeister und Mitarbeiter Gottes beim Aufbau seines Reiches auf Erden zukommt.

Liebe Brüder und Schwestern, ich ermuntere euch, immer aktivere Mitglieder eurer kirchlchlichen Gemeinschaft zu werden. So entsprecht ihr eurer Berufung als Christen, die die Grundlagen ihres Glaubens bedenken und vertiefen. Die Aufgaben, die den Christen heute obliegen, sind zahlreich: wir alle müssen uns zusammentun, um der Welt ein glaubwürdiges Zeugnis vom Evangelium zu geben, um sichtbar die Gemeinschaft zu zeigen, zu der Christus die Glieder seines Leibes beruft.

Die Emmauserzählung endet mit der Rückkehr der beiden Jünger in den Abendmahlssaal. Enttäuscht hatten sie die Gemeinschaft verlassen, nun aber brachen sie "noch in derselben Stunde ... auf und kehrten nach Jerusalem zurück, und sie fanden die Elf und die anderen Jünger versammelt ... Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt ... hatten" (Lk 24,33-35). Wieviel haben diese brennenden Herzen nun zu erzählen, wieviel können sie anbieten! Von den Christen von heute ist die gleiche Umwandlung des Lebens verlangt. Und für diese Region hier wünsche ich mir brennend, dass euer Diözesankongress der Laien Mitte nächsten Jahres auch ein "Weg nach Emmaus" wird, um mit neuen Kräften und Mitteln gemeinsam die eine und gemeinsame Sendung aufzugreifen, nämlich das Evangelium zu verkünden und zu leben.

5. Liebe gläubige Laien, ihr besitzt eine besondere Berufung, die sich nicht in der Erfüllung der unerläßlichen Mindestforderungen an getaufte Christen erschöpft. Als gläubige Laien seid ihr berufen, Salz, Licht und Seele der Welt zu sein, ob ihr nun Familienväter und -mütter seid, Arbeiter, Professoren oder Studenten, Bauern, Fischer oder in irgendeinem anderen Beruf beschäftigt. So leben und arbeiten alle übrigen Männer und Frauen, nur dass ihr in der Erfüllung eurer Sendung bemüht seid, dabei für die Ewigkeit offen zu sein, darin den Willen Gottes zu erfüllen, eure Arbeit auf das Himmelreich auszurichten und sie in den Dienst des Menschen zu stellen, um endlich zu jener Fülle zu gelangen, die von Christus kommt, und den Bruch zwischen Evangelium und Leben zu überwinden. "Den Laien ist es aufgegeben, eine lebensmäßige Synthese zwischen dem Evangelium und den täglichen Pflichten ihres Lebens zu schaffen. Diese wird zum leuchtendsten und überzeugendsten Zeugnis dafur, dass nicht die Angst, sondern die Suche nach Christus und der Anschluss an ihn entscheidend sind für das Leben und Wachsen des Menschen sowie für das Entstehen neuer Lebensmodelle, die seiner Würde entsprechen" (Christifideles laici, Nr. 34).

Angesichts des materiellen Fortschritts, der die Stimme und den Anruf des Geistes auszulöschen droht, sollt ihr eure reiche Überlieferung an menschlicher Erfahrung und christlicher Weisheit bekräftigen. Ich denke an die grundlegende Rolle der Familie, an die Achtung vor den Alten, an die Sorge für die Kranken, an die Annahme anderer und die gegenseitige Solidarität, ich denke vor allem an die christliche Erziehung, an das Gebet in der Familie, an das tägliche Gebet des Rosenkranzes in euren Häusern ... Dieses menschliche und christliche Erbe hat bereits ganze Generationen geprägt und Heilige hervorgebracht. Denken wir an den Patron eurer Diözese, den seligen Giovanni Battista Machado. In der Bischofsstadt Angra getauft, verkündete er das Evangelium in Japan und bezeugte es dort durch sein Martyrium im Jahre 1617. Wie sollten wir ferner nicht an Bruder Bento de Gois denken, auch er ein Einwohner der Azoren, und an seine Reisen als echter Pionier in die geheimnisvollen Gegenden Tibets?

6. Was auf dem Weg nach Emmaus geschehen ist, kann auch als Einleitung zu dem gesehen werden, was die erste Lesung der heutigen Liturgiefeier aus der Apostelgeschichte uns über das Leben der christlichen Urgemeinde in Jerusalem sagt: "Sie hielten an der Lehre der Apostel fest ... , am Brechen des Brotes und an den Gebeten" (Apg 2,42).

Diese Gemeinde hatte sich nach dem Pfingsttag gebildet, als der Heilige Geist Augen und Herz öffnete, zuerst den Aposteln und dann durch ihr Zeugnis den neuen Jüngern Christi. Von ihnen heißt es: Sie "bildeten eine Gemeinschaft ... Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte" (Apg 2,44-45). Von der sozialen Botschaft des Evangeliums angetrieben, verteilten sie ihre Güter unter die Armen in der Überzeugung, dass die Worte des Herrn: "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan" (vgl. Mt 25,40), nicht bloß ein frommer Wunsch bleiben dürfen, vielmehr zu einer konkreten Tat des Lebens werden müssen. Der Sohn Gottes wählte den Tod und rettete alle Menschen; zugleich vereinte er sie untereinander und machte sie fureinander verantwortlich, denn keiner darf sich gegenüber dem Schicksal eines jeden anderen Gliedes der Menschheitsfamilie fremd oder gleichgültig fühlen.

Der heute verbreiteten individualistischen Mentalität müssen wir unsere konkrete Solidarität und Liebe entgegensetzen, die im Schoß der Familie mit der gegenseitigen Unterstützung der Eheleute beginnt und sich fortsetzt in der Aufmerksamkeit der einen Generation für die andere. Die Familie ist als Solidaritätsgemeinschaft gekennzeichnet. Oft kommt es freilich vor, dass ihr dann, wenn sie sich zum vollen Ja zur eigenen Berufung entscheidet, die ausreichenden Mittel und die wirksame Unterstützung für die Erziehung ihrer Kinder fehlen, oder dass sie das Notwendige für die Betreuung der Alten entbehrt, die sie, um die Bande zwischen den Generationen zu verstärken, im Schoß der Familie behalten möchte (vgl. Centesimus annus, Nr. 49).

Außer der Familie erfüllen zahlreiche Zwischeninstanzen erstrangige Aufgaben und bilden spezifische Netze der Solidarität, die das soziale Geflecht dynamischer machen und verhindern, dass jemand ins Anonyme fallt oder ein Opfer des Massenbetriebs wird, wie er in der modernen Gesellschaft leider häufig anzutreffen ist. Bei der Verteilung der Güter wird besonders der "Letzten" gedacht, derer, die Jesus, der Herr, besonders liebte und die auch die Kirche mit Vorzug betreut.

7. "Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig" (Ps 118,1). Heute singen wir gemeinsam hier auf den Azoren diesen österlichen Psalm der Kirche. Ihn haben schon die Jünger von Emmaus in ihren Herzen auf dem Rückweg nach Jerusalem gesungen, nachdem sie den auferstandenen Herrn beim Brotbrechen erkannt hatten. Später sangen ihn die Christen der Urgemeinde von Jerusalem um die Apostel geschart und nach ihnen die folgenden Gemeinschaften, die in der ganzen damals bekannten Welt entstanden. Von Geschlecht zu Geschlecht wurde dieser Kreis weiter. Das Christentum erreichte die iberische Halbinsel schon zur Zeit der Apostel, und viele Jahrhunderte später brachen von dort die Missionare zur neuen Welt auf. Dabei entfalteten sie zunächst auf diesen Inseln hier, die den äußersten Punkt Europas bilden, ein fruchtbares Wirken.

An zahlreichen Orten und in vielen Gemeinschaften findet immer wieder die Begegnung des Herrn mit den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus statt. Die Kirche lebt vom Wort Gottes und der Eucharistie: die Augen des Herzens öffnen sich und erkennen den Herrn. Und wenn sie sich so für den Herrn öffnen, dann singen die Menschen einmütig das Osterlied der ganzen Kirche: "Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig."

Sonntag, den 12. Mai 1991

Predigt bei der Eucharistiefeier in Funchal (Madeira)

Überschrieben: Christus befreit die Menschen aus ihren Grenzen

1. "Vom Vater bin ich ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater" (Joh 16,28). Dies sind Worte, die Christus am Tag vor seinem Leiden und Sterben am Kreuz gesprochen hat, als er sich im Abendmahlssaal von den Aposteln verabschiedete. "Ihnen hat er nach seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, dass er lebt" (Apg 1,3). Heute begeht die Kirche feierlich das Andenken an den vierzigsten Tag, der in dieser Liturgiefeier von Christi Himmelfahrt aktuell wird, wie wir im Antwortpsalm rufen: "Gott stieg empor unter Jubel" (Ps 47,6).

Die Rückkehr Christi zum Vater wird von den heiligen Schriftstellern zusammenfassend beschrieben. Nach dem hl. Markus wurde "Jesus, der Herr, ... in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes" (Mk 16,19). In der Apostelgeschichte schreibt der Evangelist Lukas: Er wurde "vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken" (Apg 1,9). Im Alten Testament war die Wolke ein Zeichen der Präsenz Gottes (vgl. Ex 13,21-22; 40, 34-35), nun aber, da Jesus die sichtbare Welt verläßt, wird er von dieser Präsenz Gottes eingehüllt. Sein sichtbares Leben auf Erden ist zu Ende, und der menschgewordene eingeborene Sohn lebt nun im Schoß der heiligen Dreifaltigkeit mit dem Vater und dem Heiligen Geist.

Der hl. Paulus erläutert seinerseits im Epheserbrief das Geheimnis der Himmelfahrt wie folgt: "Wenn er aber hinaufstieg, was bedeutet das anderes, als dass er auch zur Erde herabstieg? Derselbe, der herabstieg, ist auch hinaufgestiegen bis zum höchsten Himmel, um das All zu beherrschen" (Eph 4,9-10). So erfüllten sich die Worte des Herrn: "Vom Vater bin ich ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater."

2. In der Himmelfahrt steigt Jesus hinauf, um alle Dinge zu erfüllen: die ganze Welt, und alle Geschöpfe, auch die Geschichte des Menschen.

So erklärt sich der letzte Auftrag, den Christus vor seiner Rückkehr zum Vater den Aposteln gab: "Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen" (Mk 16,15). So schreibt der heilige Evangelist Markus, während der hl. Lukas in der Apostelgeschichte berichtet: "Wir sind Zeugen für alles, was er im Land der Juden und in Jerusalem getan hat" (Apg 10,39). Das Evangelium predigen bedeutet von Christus Zeugnis geben: von Ihm, der "umherzog, Gutes tat und alle heilte" (Apg 10,38), von Ihm, der für die Sünden der Welt gekreuzigt wurde, von Ihm, der auferstanden ist und für immer lebt.

Die Predigt des Evangeliums oder das Zeugnis geben für Christus ist eine Verpflichtung aller im Heiligen Geist Getauften. Vor seinem Abschied betont der Herr Jesus ausdrücklich diese Tatsache, wenn er den Aposteln aufträgt, die Erfüllung der Verheißung des Vaters abzuwarten: "Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft ... Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein" (Apg 1,5.8).

Die Kirche kann nur in der Kraft des Heiligen Geistes von Christus Zeugnis geben. Nur dank seiner Kraft kann sie wirksam das Evangelium allen Geschöpfen verkünden.

Die Himmelfahrt des Herrn ist innerlich mit Pfingsten verknüpft, und die Kirche widmet jedes Jahr die Tage zwischen den beiden Ereignissen der Novene zum Heiligen Geist, die im Abendmahlssaal zu Jerusalem begonnen hat. Dort haben die Apostel als Erste vereint mit der Mutter des Herrn diese Novene gehalten.

3. Jesus Christus ist in den Himmel aufgefahren, damit alle Dinge von ihm erfüllt würden. Diese Fülle der geschaffenen Welt kommt durch die Macht des Heiligen Geistes zustande, sie geschieht aber innerhalb der irdischen Geschichte der Menschen und Nationen: der Heilige Geist gestaltet in unsichtbarer, aber realer Weise das, was der hl. Apostel Paulus den Leib Christi nennt, von dem er folgendes sagt: "Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist" (Eph 4,4-6).

Auf diese Weise ist die Himmelfahrt des Herrn kein bloßer Abschied, sie ist vor allem der Beginn einer neuen Präsenz und eines neuen Heilshandelns: "Mein Vater ist noch immer am Werk, und auch ich bin am Werk" (vgl. Joh 14,10). Dieses Wirken in der Kraft des Heiligen Geistes, des Tröstergeistes, der am Pfingstfest herabkam, verleiht dem irdischen Leben der Menschheit in der sichtbaren Kirche göttliche Kraft. In der Kraft des Heiligen Geistes bestellt der zur Rechten des Vaters erhöhte Christus als Herr der Kirche die einen zu Aposteln, "andere setzt er als Propheten ein, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi" (Eph 4,11-12).

4. Dies sind die wesentlichen Zeichen für die ständige Lebenskraft der Kirche. In den Worten des Paulusbriefes muss die Kirche aller Zeiten und überall ihre tiefste Identität finden.

In diesen Worten spiegelt sich die ehrwürdige Kirche von Funchal wider, die viele Jahre hindurch Mutter der christlichen Gemeinden gewesen ist, die in den Gebieten entstanden, wohin die portugiesischen Missionare kamen: in Afrika, im Orient und in Brasilien. Aus der Kathedralkirche von Funchal sind in diesen Jahren zahlreiche Ortskirehen hervorgegangen, die im Verlauf der Jahrhunderte und bis heute die Verkündigung des Evangeliums weiterführen und Christus in der Welt anwesend machen.

Der Papst umarmt heute herzlich diese liebe Diözese Funchal, die seit vielen Jahren - wie eben bemerkt wurde - mit allen Anwesenden darauf gewartet hat. Ich richte meinen ergebenen und dankbaren Gruß an die anwesenden Autoritäten, in besonderer Weise an den Präsidenten der Republik und die Organe der regionalen Verwaltung. Ich grüße euren Hirten, Don Teodoro, in ehrwürdiger Freundschaft und tiefer Dankbarkeit für seine Einladung und die ausdrucksvollen Begrüßungsworte, die er zu Beginn dieser Feier an mich gerichtet hat. Herzlich grüße ich die Priester, die männlichen und weiblichen Ordensleute, die gläubigen Laien sowie alle Söhne und Töchter des Archipels von Madeira, die hier leben oder in die Fremde ausgewandert sind.

Als Touristenzentrum überall als "Perle des Atlantiks" bekannt wegen der großen Schönheit, mit der der Schöpfer die Landschaft dieser Inseln ausgestattet hat, aber auch wegen der gastfreundlichen Herzen ihrer Einwohner und des Geschenks von Ruhe und Gesundung, die man hier finden kann, ist euer Land für zahlreiche Männer und Frauen verschiedener Herkunft, Überlieferungen und Glaubensauffassungen ein begehrtes Ziel. Das bietet euch die Möglichkeit, das Leben dieser Menschen in ihrer Freizeit auf das Absolute Gottes auszurichten, auf das, "was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt" (KoI 3,1). Die Christen haben nämlich eine grundlegende Rolle zu spielen, wo es darum geht, die Freizeit in den rechten und geistigen Rahmen zu stellen, so dass sie der Entfaltung der menschlichen Werte und dem Suchen nach Gott und der Betrachtung Gottes dient.

5. Es ist gewiß nicht ohne Bedeutung, dass der Herr der Geschichte der Menschheit unseres Jahrhunderts den Eintritt in die "Freizeitkultur" gestattet hat, die vielen die Möglichkeit neuer Lebensperioden neben der Zeit der Arbeit bietet, nämlich die Freizeit, die in vielen Ländern dank des Zeitalters der Technik an Dauer und Bedeutung bereits die Arbeitszeit übertrifft.

Der nach dem Bild Gottes geschaffene Mensch ist berufen, in seinem Leben sowohl die aktive Dimension des Schöpfers zu verwirklichen als auch die der ruhigen, fröhlichen und festlichen Begegnung mit seinen Werken: "Gott sah alles, was er gemacht hatte: Es war sehr gut ... Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag" (Gen 1,31; 2,2). Wir können feststellen, dass unser Jahrhundert sich in der ersten Dimension als gewaltig erwiesen hat, in der zweiten aber viel zu wünschen übrig läßt. Daher hat sich der von der Technik geschaffene Fortschritt fast ausschließlich auf die "Beherrschung" der Natur und ihrer Schätze beschränkt, aber nicht in gleicher Weise die ,,Beherrschung" erreicht, zu welcher der Mensch im Hinblick auf sein eigenes Schicksal berufen ist. Wir stellen im Gegenteil einen ausgeprägten Verlust des Bewusstseins für das eigene Ich und seine Würde fest.

Leider tendieren gewisse Formen der produktiven Arbeit dahin, der Arbeit zugunsten ihrer technischen Effizienz ihre menschliche Dimension zu nehmen. Sie wird zu einer leblosen Praxis, beschränkt auf automatische Gesten und mechanische Bewegungen, die in einem verpflichtenden Rhythmus erfolgen müssen. Es fehlen die menschlichen Beziehungen, und in einer solchen Welt wird es schwierig, seine eigene Identität auszudrücken. So wird es unerläßlich, dass die Freizeit die Dimensionen des Menschlichen zurückgewinnt, die bei der Arbeit verloren gingen.

6. Die Freizeit muss dem Menschen vor allem die Möglichkeit bieten, echtes Menschsein auszuprägen, jenes des österlichen Menschen, den die Kirche verkündet und bezeugt. In ihm leuchtet das neue Leben auf, das ihn von der Sünde befreit und ihm die Horizonte der Ewigkeit eröffnet, und er findet in Gott Ruhe nach dem Maß seines eigenen unruhigen Herzens (vgl. Augustinus, Bekenntnisse I, 1). Der Herr ruht ja als absolut gutes Sein in sich selbst, in seiner Fülle; der Mensch aber kann als Bild Gottes nur in Gott zur Ruhe kommen, in ihm findet er seinen Sinn und seine Heiligkeit.

Der österliche Mensch braucht keine falschen unendlichen Dinge oder Superlative des Allerschönsten, des Größten und des Aufregendsten, denn er weiß, dass seine unbegrenzte Freiheit in der Feier des Osterereignisses beschlossen und enthalten ist: Ostern enthält und schenkt jene Freiheit, die als innerstes Prinzip die Freizeit trägt. Aus solch österlichen Freiheit entsteht die Überlegenheit christlichen Lebens, die Ruhe verbreitet und schenkt bzw. zur Ruhe hinführt und sie anregt. ,,Als von Christus erlöst und im Heiligen Geist zu einem neuen Geschöpf gemacht, kann und muss der Mensch die von Gott geschaffenen Dinge lieben. Von Gott empfängt er sie, er betrachtet und schätzt sie als Gaben aus Gottes Hand. Er dankt seinem WoWtäter für die Gaben; in Armut und Freiheit des Geistes gebraucht und genießt er das Geschaffene; so kommt er in den wahren Besitz der Welt als einer, der nichts hat und doch alles besitzt. ,Alles gehört euch, ihr aber gehört Christus und Christus Gott' (l Kor 3, 22-23)" (Gaudium et spes, Nr. 37).

So überläßt sich der neue Mensch in Würde, Kontemplation und Anbetung vertrauensvoll Gott in einem großen Fest der ganzen erneuerten Schöpfung. Er feiert den erneuerten Glanz und das volle Gutsein der Welt in Gott: der auferstandene Christus befreit in seiner unendlichen Gnade die Menschen aus ihren Grenzen. Ostern ist die Neuschöpfung der Welt und des Menschen. Das alles aber feiern wir sonntags in der Eucharistie: das Neue, das Schöpferische und das Ruhe Schenkende, bis zum ,,Kommen unseres Erlösers Jesus Christus" (Ordinarium der hl. Messe, nach dem Vaterunser).

7. "Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen" (Apg 1,11).

Mit diesen Worten endet der Bericht über die Himmelfahrt des Herrn. Erst hatte Christus gesagt: "Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch" (Joh 14,18), was man einzig auf die Erscheinungen während der vierzig Tage nach der Auferstehung beziehen könnte. Doch nein! Denn als er endgültig zum Vater aufstieg, sagte er: "Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28,20).

Dieses "Ich bin bei euch" hat die Kraft des Namens Gottes. "Ich bin bei euch" als der Sohn des Vaters (oder zur Rechten des Vaters), und "Ich bin bei euch (das heißt bei der Kirche und der Welt) in der Kraft des Heiligen Geistes. Dank dieser Kraft hat unser Verbleiben im christlichen Glauben den Charakter des Wartens auf seine Wiederkunft: auf die zweite und endgültige Ankunft Christi, des Erlösers.

Dieses Warten ist aber nicht passiv zu verstehen: es bedeutet den Aufbau des Leibes Christi. Die Menschheit muss diesen endgültigen und eschatologischen "Leib" jenem geben, cfer Leibesgestalt annahm als er im Schoß der Jungfrau Maria Mensch wurde. Wir warten daher nicht passiv auf seine Wiederkunft. In jedem Augenblick, ob du arbeitest oder Freizeit hast, daheim bist oder nach irgendwohin unterwegs, wenn du andere aufnimmst oder ihre Gastfreundschaft annimmst, immer bist du als Herold Christi unterwegs. Wir müssen "alle zur Einheit im Glauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, damit wir zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen" (Eph 4,13).

Die Himmelfahrt des Herrn ist im Licht der heutigen Liturgie das Hochfest der Reifung im Heiligen Geist zur Fülle Christi. Jesus fuhrt uns zum Vater: Er selbst bleibt der Ewige Hirte unserer Seelen (vgl. 1 Petr 2,25). Er sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.

Regina Caeli in Funchal (Madeira)

Überschrieben: Der Mutter des Herrn vertrauen

Liebe Schwestern und Brüder!

1. Zum Abschluss unserer Eucharistiefeier am Fest Christi Himmelfahrt richten sich unsere Gedanken auf die Jungfrau Maria, als kehrten wir gemeinsam zurück auf den Weg des Abendmahlssaals. Es ist das traditionelle Gebet zu Maria in der österlichen Form des Regina Caeli.

Ihr wurden von fernster Zeit an die Söhne und Töchter der Diözese Funchal anvertraut, wie eure Kathedrale Mariä Himmelfahrt bezeugt, indem sie eure wertvollsten Schätze sicherstellt: den Glauben und die Christengemeinde, wo ihr die Heilsquellen gefunden habt. Das bezeugen Nischen und Kapellen an den Kreuzungen. Aber in besonderer Weise ist es Unsere Liebe Frau vom Berg, die von der Höhe aus über die Herzen der Bewohner von Madeira wacht und sie aufnimmt. Die Menschen brauchen Maria! In ihr finden wir in der Tat Zutritt zum Herzen ihres Sohnes, dem einzigen Ort, wo unsere Unruhe Frieden finden kann, wo unser Leid und Schmerz Trost sowie unsere Vorsätze für ein kohärentes Leben nach den Werten des Evangeliums Kraft und Beständigkeit finden werden.

Bittet innig die seligste Jungfrau Maria! Spürt sie an eurer Seite und weiht euch ihr, indem ihr während des Tages euer Vertrauen und eure Liebe ihr gegenüber erneuert, damit sie euch in den täglichen Angelegenheiten begleite. Ihr Bild sei lebendig in den Familien, besonders beim täglichen Rosenkranzgebet. Es ist eine tägliche Begegnung, die sie und ich nicht verfehlen: Wenn ihr dem Herzen des Papstes für einige Augenblicke nahe sein wollt, schlage ich euch die Stunde des Rosenkranzes vor, in der ich euch alle der Jungfrau Maria anvertraue; und ich wäre euch dankbar, wenn ihr mich Maria in der gleichen Weise empfehlen würdet.

2. Von diesem "Stadion dos Barreiros" aus vervielfacht und dehnt sich auf die ganze Welt der Akt der Gemeinschaft und Solidarität aus, den wir in Gottes Gegenwart hier zugunsten der Menschen verwirklichen. Es ist das tägliche Wunder, hervorgerufen durch die sozialen Kommunikationsmittel, das "die Menschheit immer mehr eint und - wie man zu sagen pflegt - zu einem 'Weltdorf macht" (Redemptoris missio, Nr. 37).

Gerade heute feiert die Kirche den 25. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel und hebt in diesem Jahr besonders hervor, dass sie der wahren Einheit und dem Fortschritt der Menschheitsfamilie dienen sollen. Aber das verpflichtet nicht nur jene, die in diesem Bereich arbeiten, sondern auch die Empfänger der Botschaft zu einer klaren Unterscheidung und zu moralischem Verantwortungsbewusstsein.

Ich rufe vor allem die in diesem Bereich Tätigen auf, das ethische Gebot zu achten, das ihn zum Dienst an den Menschen legitimiert: Uns zu einer größeren Brüderlichkeit und zu gegenseitigem Verständnis zu fuhren und uns zu helfen, in der Suche nach unserer menschlichen Bestimmung als von Gott geliebte Töchter und Söhne fortzuschreiten.

3. Wir empfehlen alle, die im Gebrauch der Massenmedien engagiert oder miteinbezogen sind, der Jungfrau Maria, der Mutter Gottes und Mutter der Menschen, die vom christlichen Volk als "Pforte des Himmels" gegrüßt wird, weil sie würdig war, in ihrem Schoß denjenigen zu tragen, der den Tod besiegt und durch die "Hülle" seines Fleisches einen neuen und lebendigen Weg geöffnet hat, damit die Menschen mit begründeter Hoffnung zum Vater hinzutreten können (vgl. Hehr 10,19-20). Ihr widmen wir unseren frohen Osterhymnus, den wir an allen Enden der Erde widerhallen lassen wollen.

Ansprache bei der Marienvigil in Fatima

Überschrieben: Fatima bedeutet: Bekehrung zu Gott

Herr Bischof von Leiria-Fatima, Dom Alberto,
meine Herren Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe,
liebe Brüder und Schwestern, Pilger
zu Unserer Lieben Frau von Fatima!

Hier im Haus Marias fühlen wir uns woW ... Diese unermeßliche Menge von Pilgern mit den angezündeten Kerzen des Glaubens und dem Rosenkranz in der Hand macht mir klar, dass ich nach Fatima, zum Heiligtum der Mutter Gottes und der Menschen gekommen bin. Dom Alberto steht als dem Leiter dieser gesegneten Diözese die Rolle des Hausherrn zu. Ich bin ihm sehr dankbar für den herzlichen Willkommensgruss.

Ich komme her, um noch einmal zu Füßen Unserer Lieben Frau von Fatima niederzuknien und ihr Dank zu sagen für ihre Sorge, mit der sie über den Weg der Menschen und Nationen wacht, sowie für die Wundertaten und Segnungen, die der Allmächtige durch sie, die fürbittende Allmacht vollbracht hat. Immer soll in euren Herzen Jesus Christus leben als das große Licht, das den Weg zum verheißenen Land weist.

1. "Gruß dir, heilige Mutter, du hast den König geboren, der Himmel und Erde regiert in Ewigkeit" (Hochfest der Mutter Gottes, Eingangslied).

An jenem denkwürdigen Tag, dem 25. März 1984, hast du, heilige Mutter, uns die Gnade deines Besuches in unserem Haus, der Peterskirche, geschenkt, damit wir unseren Akt der Weihe der Welt, der großen Menschheitsfamilie und aller Völker deinem Herzen anvertrauen konnten.

Heute bin ich mit diesen zahlreichen Brüdern und Schwestern zu deinem Thron gekommen, um dir zuzurufen: Sei gegrüßt, heilige Mutter! Sei gegrüßt, du sichere Hoffnung, die nie enttäuscht! Ich bin ganz dein, o Mutter! Dank dir, himmlische Mutter, dass du mit mütterlicher Zuneigung die Völker zur Freiheit gefuhrt hast! Dich, Maria, ganz von Gott abhängig und an der Seite seines und deines Sohnes ganz auf ihn ausgerichtet, dich grüßen wir als "das vollkommenste Bild der Freiheit und der Befreiung der Menschheit und des Kosmos" (Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über die christliche Freiheit und die Befreiung, Nr. 97)!

2. Liebe Brüder und Schwestern!

Auf dem Weg zum Jenseits, unaufhörlich vom Druck der Zeit getrieben, müssen wir unsere Orientierung überprüfen, um zu erkennen, was Gott uns bedeutet, damit unsere Pilgerschritte nicht aufgehalten werden oder vom Weg abirren, und damit unsere Schultern keine andere Last als die Jesu Christi tragen. Wir brauchen eine Pause, einen Augenblick der Sammlung, der persönlichen Umwandlung und inneren Erneuerung. Fatima, seine Botschaft und seine Segnungen bedeuten Bekehrung zu Gott. Hier spürt und bezeugt man die Erlösung des Menschen auf die Fürbitte und mit der Hilfe jener Frau, die mit ihrem jungfräulichen Fuß von jeher den Kopf der alten Schlange zertreten hat und das weiterhin tun wird.

Hier läßt sich der Bezugspunkt für das Zeugnis vieler Männer und Frauen finden, die in schwierigen Verhältnissen und oft sogar unter Verfolgung und Schmerzen Gott treu geblieben sind, weil sie Augen und Herz auf die Jungfrau Maria gerichtet, auf jene, welche hervorragt "unter den Demütigen und Armen des Herrn ... , die das Heil mit Vertrauen von ihm erhoffen und empfangen" (Lumen Gentium, Nr. 55). Unsere Liebe Frau war ja wegen ihrer Treue für die Menge der so hart im Elend geprüften Gläubigen stets das Unterpfand und das Zeichen für die Gewißheit des Heiles, denn ,,Evas wegen war die Tür des Himmels den Menschen verschlossen, doch um Marias willen wurde sie erneut für alle geöffnet" (Laudes des Offiziums von der Muttergottes, Antiphon zum Benedictus).

Tatsächlich "wurde der Knoten des Ungehorsams Evas durch den Gehorsam Marias aufgelöst, und was Eva durch ihren Unglauben gebunden hatte, hat die Jungfrau Maria durch ihren Glauben befreit" (Irenäus, Adversus haereses, üI,22,4). Ja, durch ihren Glauben an das Wort Gottes, einen bedingungslosen, bereitwilligen und freudigen Glauben, den die Verkündigungsszene besonders beredt sichtbar macht: "Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast" (Lk 1,38). Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. Die Jungfrau Maria gebar einen Sohn, den die Heiligen Schriften als Emmanuel, das heißt Gott mit uns, grüten (vgl. Jes 7,14; Mt 1,21-23).

3. O Mutter des Emmanuel, "zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes!"

Das ganze Leben Marias, aus deren Schoß "das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet" (Joh 1,9) hervorbrach und leuchtete, entfaltet sich in inniger Gemeinschaft mit Jesus. "Während sie auf Erden ein Leben wie jeder andere verbrachte, voll von Sorge um die Familie und von Arbeit, war sie doch immer innigst mit ihrem Sohn verbunden" (Apostolicam actuositatem, Nr.4), innigst verbunden mit dem Geheimnis des Erlösers. Auf diesem Weg der Mitarbeit am Werk der Erlösung "erfuhr die Mutterschaft Marias ihrerseits eine einzigartige Umwandlung, indem sie sich immer mehr mit einer ,brennenden Liebe' zu all denjenigen anfüllte, denen die Sendung Christi galt" (Redemptoris Mater, Nr. 39), und für die und von dem sie unter dem Kreuz zur Mutter geweiht wird: "Siehe deinen Sohn!" Da sie nämlich Christus, das Haupt des mystischen Leibes, geboren hatte, musste sie auch die Glieder dieses Leibes gebären. "Deshalb umfängt Maria mit ihrer neuen Mutterschaft im Geiste alle und jeden ... durch die Kirche" (Redemptoris Mater, Nr. 47), und die Kirche hört ihrerseits nicht auf, sie ihr alle zu weihen.

Ich ermuntere euch, liebe Brüder und Schwestern, bei dieser Marienverehrung zu bleiben. Je mehr wir leben und wachsen in der Bereitschaft, uns ihr anzuvertrauen, desto mehr bringt uns Maria den "unerforschlichen Reichtümern Christi" (vgl. Eph 3,8) nahe und macht uns damit fähig, immer mehr in ihrer ganzen Fülle unsere Würde und den letzten Sinn unserer Berufung zu erkennen, denn nur Christus "macht ... dem Menschen den Menschen selbst voll kund" (Gaudium et spes, Nr. 22). In der geistlichen Mutterschaft Marias werden wir als Söhne im Sohn angenommen, im Erstgeborenen unter vielen Brüdern. Wachsen wir also über uns selbst hinaus und befreien wir uns, um eine Familie zu bilden, eine echt menschliche Familie, die auf ihr letztes Ziel ausgerichtet ist - wo Gott "alles in allen" (vgl. 1 Kor 15,28) sein wird.

Maria, hilf deinen Kindern in diesen Jahren des Advents des dritten Jahrtausends, damit sie in Christus den Weg zur Rückkehr in das Haus des gemeinsamen Vaters finden!

4. "Sei gegrüßt, heilige Mutter: Du hast den König geboren, der Himmel und Erde regiert in Ewigkeit."

In dieser Vigilfeier erhebt die Kirche, die brennenden Kerzen des Glaubens in Händen, zu dir ein inniges Gebet für die Menschen, damit sie in demütiger Bereitschaft und mutigem Vertrauen sich auf dem Weg des Heiles orientieren können. Liebe Mutter, hilf uns in dieser Wüste ohne Gott, in der sich unsere Generation und die Generation ihrer Kinder scheinbar verloren hat, damit sie am Ende die göttlichen Quellen ihres Lebens wiederfinden und dort ausruhen.

In Achtung vor unseren christlichen Wurzeln und im tiefen Verlangen nach Jesus Christus, das sich aus den Herzen der Menschen erhebt, möchten wir nun die Wege finden, den die Völker des ganzen europäischen Kontinents gehen müssen. Mutter der Kirche und Liebe Frau von Fatima, segne die kommende Sonderversammlung der Bischofssynode für Europa.

Die Tatsache, dass Unsere Liebe Frau dieses Land gewählt hat, um ihren mütterlichen Schutz für die Menschheit zu zeigen, ist ein Unterpfand dafür, dass Portugal immer sein kostbarstes Erbe, den Glauben, bewahren wird. Er ist das größte Licht der Menschheit. Möge dieses Licht immer stärker leuchten und in die Tiefen der Herzen dieses geliebten Volkes sowie in seine verschiedenen sozio-kulturellen Lebensbereiche eindringen! Mögen alle - Erwachsene und Alte, Jugendliche und Kinder - sich dafür einsetzen, sich ein reines und gutes Herz wie dein unbeflecktes Herz im Dienst für das Evangelium zu bewahren!

Nimm an, Mutter Gottes und Mutter aller Kinder Evas, diese Gebetsvigil zu deiner Ehre und zum Ruhm der heiligsten Dreifaltigkeit! Sie ist das Licht, das keinen Untergang kennt, und das unsere angstvollen und oft unsicheren Schritte suchen. Jungfrau von Fatima, geh mit uns! Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Montag, den 13. Mai 1991

Ansprache an die Portugiesische Bischofskonferenz

Überschrieben: Die Kirche - Expertin der Menschlichkeit

Liebe verehrte Mitbrüder, ihr Bischöfe von Portugal!

1. In eurer Gegenwart möchte ich von Herzen Jesus Christus, dem Guten Hirten (vgl. Joh 10,11) danken für euer beständiges Wirken im Dienst der Gemeinschaften, denen ihr in apostolischer Liebe zur Verfügung steht. Ich danke dem Herrn Kardinal-Patriarchen, der in seinen Worten an mich die ganze Fülle der Liebe, die kollegiale Einheit und den Dienst gänzlicher Hingabe an das Reich Gottes anklingen ließ. Einem jeden einzelnen von euch, liebe Brüder, und der Ortskirche, die ihr betreut, gilt mein dankbarer und brüderlicher Gruß: auch ihre Priester, die Ordensleute und die gläubigen Laien grüße ich von ganzem Herzen und segne sie im Herrn.

Voll Vertrauen bitte ich den Herrn, dass uns diese Begegnung die Fülle des pastoralen Eifers und der Hoffnung im Herrn Jesus schenkt, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben wurde (vgl. Mt 28,18), damit alle verstreuten Kinder Gottes zur Einheit versammelt werden (vgl. Joh 11,52) und in Ihm ein einziger neuer Mensch entsteht (vgl. Eph 2,15).

Deutliche Zeichen dieses Weges der Zusammenfassung, die durch Christus und in Christus erfolgt ist, waren eure diözesanen und nationalen Kongresse für die Laien; ebenso die Bischofssynode über die Laien mit dem Apostolischen Schreiben Christifideles laici, das deren Ergebnisse bestätigte. Von diesen kirchlichen Erfahrungen ausgehend habt ihr die ganze darin enthaltene apostolische Dynamik für die Zukunft zusammengefaßt und in eurem Hirtenbrief über Die christlichen Laien in der Gemeinschaft und Sendung der Kirche in Portugal dargelegt. Dieser stellt wirklich einen Akt des Glaubens dar und bildet ein kostbares Ergebnis des Hörens auf den Heiligen Geist, den ihr gemeinsam angerufen habt. Ihr stellt darin die Kirche, die ihr seid und sein wollt, dar mit den Worten: "Unsere grundlegende pastorale Option ist der Aufbau von Gemeinschaften, die lebendig im Glauben, in der Liebe und im missionarischen Eifer sind" (Nr. 6).

2. Solche Gemeinschaften werden die reife Frucht der pastoralen Ausrichtung sein, der ihr folgen wolltet, wie ihr nach meinem Besuch im Jahre 1982 erklärt habt, und ich ermuntere euch dringend, ihr weiter zu folgen: ,,Evangelisieren und den Glauben des christlichen Volkes erneuern in Treue zu den Weisungen des Konzils und den Bedürfnissen unserer Zeit" (Hirtenbrief über die Erneuerung der Kirche in Portugal, Nr. 7), damit die ganze Kirche mit neuer Kraft das dritte Jahrtausend der christlichen Ära beginnen kann.

Die jüngste Enzyklika Redemptoris missio entwirft das Bild dieser Kirche, wie es der Heilige Geist mit seinem fruchtbaren und mächtigen Wirken heute immer intensiver in unseren kirchlichen Gemeinschaften entstehen läßt und das man wie folgt kennzeichnen kann:

- eine Kirche, gesegnet und überfließend von Gnade aus dem Geheimnis der Gemeinschaft der Heiligsten Dreifaltigkeit;

- eine Kirche, die die Jahrhunderte durchschreitet, nicht als historisches Relikt, sondern als lebendige Person, die in ihr inkarniert ist, Gestalt annimmt und ihr immerwährende Jugend sichert;

- eine menschlich begrenzte Kirche, arm und aus Sündern bestehend, die sich aber mit all ihren Kräften dem Wirken des Heiligen Geistes überläßt, der sie im Sakrament der Versöhnung erneuert und heiligt, in der Eucharistiefeier zu ihr spricht und sie nährt;

- eine Kirche, die in jedem ihrer Kinder wachsen möchte und welche die Einheit, Gemeinschaft und Solidarität des einen Leibes Christi, den sie weiht, vermittelt und verkündet, zur Norm ihres inneren Lebens und zur sichtbaren Gestalt macht, in der sie der Welt erscheint;

- eine Kirche mit der Verschiedenheit der Dienste und Charismen als Gaben des einen Schöpfers und Vaters, vom einen Geist ausgeteilt, wie es ihm gefällt, um mitten in der Zeit den einen Leib Christi aufzubauen, wobei es den Hirten der Herde zusteht, die Unterscheidung zu treffen und die Sendung zu erteilen;

- eine Kirche, die nicht von dieser Welt ist, weil sie Jesus Christus, der sie sich zu eigen erworben, Liebe und Treue geschworen hat, die aber in dieser Welt lebt als Seele und Gewissen der Völker, um sie mit Achtung vor der transzendenten Würde der menschlichen Person und der Rechte Gottes zu erfüllen;

- eine Kirche, die sich bewusst ist, Trägerin der absolut notwendigen Frohbotschaft zu sein: der Frohbotschaft vom Erlöser Jesus Christus; die keine anderen Bedingungen stellt als die, die notwendig sind, um diese Frohbotschaft von den Dächern der Stadt der Menschen aus verkünden zu können;

- eine Kirche, die ihre Freiheit im Dienst an ihren Brüdern und Schwestern lebt und die umso mehr frei ist, je mehr sie dient und desto mehr dient, je mehr man ihr dazu die Freiheit läßt;

- eine Kirche die "Expertin in Menschlichkeit" ist und die Stimme der Menschen zu Gehör bringen möchte, wo immer deren Rechte mißachtet oder verletzt werden, zumal die Rechte derer, die keine Stimme haben;

- eine Kirche, die dem Menschen den Vorrang vor den Dingen gibt, und welche die Dinge unterordnet und verfügbar macht für das Überleben, die Festigung und das Wachstum des Menschen auf die Vollgestalt Christi hin;

- eine Kirche endlich, die täglich ihrem Bräutigam in den Armen, den Randexistenzen, den Traurigen und vom Wege Abgekommenen entgegenzugehen weiß (vgl. Mt 25,40) in der Gewißheit, dass der Heilige Geist die Welt vom ersten Kommen Christi überzeugen wird, und die daher in jubelnder Hoffnung nach der Wiederkunft Christi, des Erlösers, ausschauen kann, der wie der Blitz von Osten nach Westen über der ganzen Schöpfung aufleuchten wird.

3. Diese Kirche des dritten Jahrtausends wird aus der neuen Evangelisierung, die ihr durchfuhren wollt, entstehen. Doch damit dieser neue Abschnitt kirchlichen Einsatzes bei euch wahrhaft wirksam wird, müßt ihr vor allem echte christliche Gemeinschaften formen nach dem Bild der apostolischen Urgemeinde (vgl. Apg 2,42-47; 4,32-36). Ich bitte euch daher, eine tiefreichende Erneuerung aller Gemeinschaften und zumal der Pfarrgemeinschaften zu fördern, wie ihr es euch im übrigen ja auch vorgenommen habt. "Es ist mit Sicherheit notwendig, überall die christliche Substanz der menschlichen Gesellschaft zu erneuern. Voraussetzung dafür ist aber die Erneuerung der christlichen Substanz der Gemeinden, die in diesen Ländern und Nationen leben" (Christifideles laici, Nr. 34).

Mit Geduld und als väterliche Erzieher müßt ihr auf dem Weg einer ständigen Katechese und in voller Bereitschaft, auf die Zeichen der Zeit zu achten, diese Massen von Getauften betreuen, die die religiöse Praxis aufgegeben haben oder gar ohne jede christliche Initiation und Katechese geblieben sind: helft ihnen, sich in ihrem Bewusstsein wieder als Glieder der Kirche zu erkennen und die Kirche als ihre Familie, ihre Heimat und den besonderen Ort für ihre Begegnung mit Gott zu betrachten, um sich in ihre eigene christliche Gemeinde wieder voll einzufUgen. Das Mitleid mit ihrem Schicksal soll euch rühren, denn diese Massen mit ihrem durch Unwissenheit und kirchliches Randdasein geschwächten Glauben sind leichter vom Angriff des Säkularismus und vom Proselytentum der Sekten zu verwunden, die sich vor allem jenen Getauften zuwenden, die ungenügend evangelisiert oder der sakramentalen Praxis entfremdet sind, doch weiter religiös interessiert bleiben. Tatsächlich zeigen uns die Überlieferung und die Jahrtausende alte Erfahrung der Kirche, dass der in der Liturgie und in der Liebestätigkeit aktiv gefeierte und angewandte Glaube die Gemeinschaft der Jünger des Herrn nährt und stark macht. Daher müssen der Dienst des Wortes, die Eucharistie und die Buße wieder zum dynamischen Zentrum des Gemeinschaftslebens der Kirche werden, die hier ihre Eigensendung nach dem Vorbild Christi, des Guten Hirten, erkennt. Keine andere pastorale Aufgabe, wie dringend oder wichtig sie auch immer erscheinen mag, darf die Liturgie aus ihrer zentralen Stellung entfernen: "Wir ... wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben" (Apg 6,4). Laßt nicht ab, euren Priestern dringend nahezulegen, dass sie mit allem Eifer die Praxis des Bußsakramentes fördern, denn dies ist eine pastorale Aufgabe von größter Wichtigkeit für das ganze Leben der Kirche.

4. Ihr, liebe Brüder, müßt unter Mitwirkung eurer Priester, der wichtigsten Mitarbeiter bei der Ausübung eures pastoralen Dienstes, die euch anvertrauten Gemeinden zu neuen und anspruchsvollen apostolischen Zielen hinfuhren und anleiten, zu denen die heutige Zeit die Gläubigen aufruft. Vor unseren Augen eröffnet sich hier ein weites Arbeitsfeld und grenzenlose missionarische Arbeit, zumal nach den raschen sozialen Wandlungen in Europa und in der Welt, deren Zeugen wir alle gewesen sind.

So wird die Aufforderung Christi, des Guten Hirten, seine Herde zu weiden, immer dringender in unserer Gesellschaft, die durch Ängste und Hoffnungen, Wirren und Schwierigkeiten gekennzeichnet ist. Europa sehnt sich als altes und neues Gebiet für die Evangelisierung, zuweilen ohne es zu wissen, nach mehr Spiritualität; es ruft nach Christus, dem einzigen Erlöser des Menschen.

5. Hat nicht Fatima als Ort, der so tiefgreifende Aufrufe übernatürlicher Art empfangen hat, vielleicht bei der Durchfuhrung dieser neuen und notwendigen Evangelisierung eine Rolle zu spielen? Und seid ihr, die Bischöfe von Portugal, vielleicht nicht berufen, einen besonderen Beitrag für diese missionarische Aufgabe zu leisten?

Im Jahre 1917 empfahl Unsere Liebe Frau hier in Fatima mit mütterlichem Nachdruck der ganzen Menschheit Bekehrung und Gebet. Nach 75 Jahren haben sich seitdem zahlreiche Elemente auf europäischer und Weltebene gewandelt, und es hat sich im Verlauf dieses Jahrhunderts, zumal in den letzten bei den Jahren, viel ereignet. Fatima, in seinem es kennzeichnenden schweigenden Hören auf Gott verharrend, bleibt weiterhin ein Bezugspunkt für den Aufruf, nach dem Evangelium zu leben. Auf dieses Heiligtum und die Jungfrau von Fatima haben meine Vorgänger und ich selbst ständig den Blick gerichtet. Wie sollten wir uns nicht an den feierlichen Akt der Weihe der Welt an Maria während des Heiligen Jahres der Erlösung auf dem Petersplatz vor dem Bild unserer Herrin erinnern, das gerade aus diesem Anlaß von Fatima hergebracht worden war?

Von der Cova da Iria scheint sich ein hoffnungsvolles Licht zu verbreiten, das Achtung vor den Ereignissen weckt, die das Ende dieses zweiten Jahrtausends kennzeichnen. Dieses Licht erfaßt an erster Stelle euch, die Hirten der Kirche in Portugal, einem Land im äußersten Westen Europas, das sich auf den weiten atlantischen Ozean hin öffnet. Es fordert euch auf, euch mutig für die neue Evangelisierung des europäischen Kontinents einzusetzen, der von einer weit verbreiteten Bewegung des theoretischen und praktischen Atheismus versucht wird und scheinbar eine neue materialistische Kultur aufbauen möchte. Es wird also notwendig sein, in all euren Gemeinschaften ein lebendiges missionarisches Bewusstsein zu wecken und zu nähren, damit jedes Mitglied des Volkes Gottes sich der empfangenen Gaben bewusst wird und Jesus Christus eine umfassende Antwort gibt nach dem Beispiel Marias, der Patronin eures Landes.

6. So bereitet ihr eure Einzelkirchen zugleich vor, auf bestmögliche Weise die kommende Sonderversammlung der Bischofssynode für Europa mitzuleben, die vom 28. November bis zum 14. Dezember dieses Jahres in Rom stattfindet.

Niemandem entgeht, liebe Brüder, dass es sich um eine wahrhaft historische kirchliche Initiative handelt, sowohl vom Standpunkt der Menschheitsgeschichte aus, als auch in der Perspektive des göttlichen "Kairos", der bereits jetzt in unser irdisches Leben eingeschrieben ist. Die europäische Versammlung der Bischofssynode findet ja im Gefolge der Ereignisse statt, die das Jahr 1989 und die ersten Monate des Jahres 1990 gekennzeichnet haben. Sie fuhrten eine echte historische Wende im schwierigen 20. Jahrhundert herbei, und nun eröffnet sich eine unerhörte Perspektive für den Weg der Nationen, nachdem die Spaltung in zwei soziale, auf gegenteilige ideologische und sozio-ökonomische Prinzipien gegründete Blöcke überwunden ist.

Der europäische Osten wie der Westen sind vom Lebenssaft des Christentums geprägt und brauchen die gegenseitige geistige Bereicherung, auch damit sich in allen Teilen des Kontinents die Verkündigung Christi entfalten kann. Sie können dann auch der Einheit näherkommen im Gedanken an das Gebet des Herrn: Sie sollen "vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast" (Joh 17,23). In diesem Zusammenhang bilden die Arbeiten der kommenden Synodenversammlung einen wichtigen Schritt für die Entfaltung der Evangelisierung in Europa.

Euer Beitrag zu dieser so dringenden missionarischen Aufgabe wird in dem Maße nützlich sein, wie ihr, im Gedanken an eure bereits über tausend Jahre alte katholische Tradition und erfüllt von den Gaben, die ihr im Lauf der Jahrhunderte vom Herrn erhalten habt, mit neuem Eifer das Begeisternde des Glaubens entdeckt, der durch das Leben verkündet wird, und wie ihr in eurer Gemeinschaft den Aufruf zur Treue gegenüber der göttlichen Heilsbotschaft lebendig haltet. All das wird euch umso leichter, wenn ihr die Gläubigen auffordert, das Gleiche zu tun, und wenn ihr die Botschaft von Fatima in eurem Leben Gestalt gewinnen laßt, die ja nur ein Echo des Aufrufs aus dem Evangelium ist: "Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium" (Mk 1,15).

Wachen und beten, Gebet und Buße. Dies ist zusammengefaßt die Botschaft, die die heilige Jungfrau uns von Fatima aus unablässig vorträgt. Gebet und Buße sind nach dem Apostel Paulus zugleich die Waffen des Christen in seinem geistigen Kampf "gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs" (Eph 6,12).

7. Liebe Brüder, möge euer Eifer auch eure Priester, die Ordensmänner und Ordensfrauen sowie die Mitglieder der Verbände und Bewegungen des Laienapostolates erfassen. Wir müssen in uns selbst das Bild des Guten Hirten ausprägen, der seinen Schafen vorangeht und sie auf sicheren Wegen fuhrt, zu den Quellen lebendigen Wassers, wobei er alle mit der Liebe eines Vaters umfängt. Die Erfahrung lehrt uns unzählige Male, dass nichts das Lebenszeugnis des Hirten ersetzen kann; heute vielleicht weniger denn je, da die Menschen heute für Echtheit und Konsequenz ein besonderes Empfinden haben.

Zum Ende unserer Begegnung soll uns eine Szene aus dem Leben Jesu mit den Aposteln Mut machen, als er "sah, wie sie sich beim Rudern abmühten und auf dem See zu ihnen ging" (vgl. Mk 6,48-51). Er ist bei uns, er erfüllt uns mit Vertrauen und Dankbarkeit, wenn er sagt: "Ich bin es, furchtet euch nicht!" Es sind Worte, die uns der Herr heute weiter zuspricht; er wiederholt sie unablässig, wenn unsere Kräfte erlahmen. Er befindet sich mit uns im Schiff, und wenn er uns zum Rudern auffordert, gibt er uns die Sicherheit, dass das Schiff nicht untergeht, weil er mit seiner ganzen Macht da ist. Auf ihn und nur auf ihn müssen wir unseren Glauben gründen und unsere Hoffnung setzen nach dem Beispiel der Jungfrau, der Mutter Gottes und Mutter des Menschen, der ich eure Arbeiten und eure Gläubigen anvertraue, damit durch euren Dienst der Tröstergeist die Kirche leite und sie zu jener Gemeinschaft zusarnmenfuhre, die von der Einheit der heiligsten Dreifaltigkeit selbst stammt.

Predigt bei der heiligen Messe in Fatima

Überschrieben: Mutter des Erläsers, Mutter unseres Jahrhunderts!

1. "Siehe, deine Mutter!" (Joh 19,27).

Liebe Brüder und Schwestern, die Liturgie stellt uns heute einen großen Überblick über die Geschichte des Menschen und der Welt vor Augen. Die Worte aus dem Buch Genesis fuhren unser Denken zum Ursprung des Weltalls und zum Schöpfungswerk zurück; vom ersten Buch gehen wir dann zum letzten, der Apokalypse, um mit den Augen des Glaubens "einen neuen Himmel und eine neue Erde [zu betrachten], denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen" (Offb 21,1). Wir erblicken den Anfang und das Ende; das Alpha und das Omega (vgl. Offb 21,6). Doch dieses Ende ist ein neuer Beginn, weil es die Vollendung des Ganzen in Gott ist: "Die Wohnung Gottes unter den Menschen" (Offb 21,3).

Damit verläuft die Geschichte des Menschen, der von Gott ,,nach seinem Bild" geschaffen wurde, zwischen dem ersten Anfang und diesem neuen und endgültigen Beginn. Das Wort des Herrn sagt: "Gott schuf den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie" (Gen 1 ,27).

2. Im Mittelpunkt der Geschichte des Menschen und der Welt erhebt sich das Kreuz Christi auf Golgota. Der Mensch, als Mann und Frau geschaffen, findet in diesem Kreuz die wahre Tiefe seines eigenen Geheimnisses, das sich in den Worten des Mannes der Schmerzen an seine Mutter, die unter dem Kreuz stand, offenbart: "Frau, siehe, dein Sohn!" Und dann sprach er zum Jünger, den er liebte: "Siehe, deine Mutter!" (Joh 19,26-27).

Der als Bild,Gottes geschaffene Mensch ist die Krone der ganzen Schöpfung. Von seiner Größe erschüttert, rief der Psalmist aus: "Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt: ... Herr, unser Herrscher, '" Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?" (Ps 8,6.7.2.5).

Was ist der Mensch?

Die Frage des Psalmisten weckt noch tieferes Staunen angesichts des Geheimnisses, das seinen Höhepunkt auf Golgota findet: Was ist der Mensch, wenn das Wort, der wesensgleiche Sohn des Vaters Mensch wird, ein Menschenkind, geboren aus der Jungfrau Maria durch das Wirken des Heiligen Geistes?

Was ist der Mensch ... , wenn der eigene Sohn Gottes und zugleich wahrer Mensch die Sünden aller Menschen auf sich nimmt und sie als Mann der Schmerzen trägt, als Lamm Gottes, das die Sünden der Welt auf dem Altar des Kreuzes hinwegnimmt?

Was ist der Mensch?

Das Staunen des Psalmisten angesichts der geheimnisvollen Größe des Menschen, wie sie ihm vom Schöpfungswerk her erscheint, wird bei uns noch größer, wenn wir das Werk der Erlösung betrachten.

Was ist der Mensch?

3. Von Anfang an war er zum Herrn der Erde bestellt, zum Herrn der sichtbaren Schöpfung. Doch seine Größe zeigt sich kaum in der Tatsache, dass er die Erde sich unterwerfen und beherrschen kann (vgl. Gen 1,28). Die eigentliche Dimension seiner Größe ist die Verherrlichung Gottes: wie der hl. Irenäus später schreiben sollte:

"Der Ruhm Gottes ist der lebendige Mensch, doch das Leben des Menschen besteht in der Betrachtung Gottes" (Adv. Haer. IV,20,7). Der Mensch steht im Mittelpunkt der Welt der sichtbaren und unsichtbaren Geschöpfe, alle aber sind vom Ruhm des Schöpfers erfüllt und verkünden seine Herrlichkeit.

Und so erhebt sich durch die Geschichte des sichtbaren (und unsichtbaren) Kosmos hindurch wie ein gewaltiger Tempel ein Entwurf des ewigen Reiches Gottes. Der Mensch - Mann und Frau - war von Anfang an in die Mitte dieses Tempels gestellt. Gerade er wurde in seiner zentralen und eigentlichen Dimension zur "Wohnung Gottes unter den Menschen", denn aus Liebe zum Menschen trat Gott selbst in die geschaffene Welt ein.

Liebe Brüder, die "Wohnung Gottes unter den Menschen" fand ihren Gipfel in Christus. Er ist "das neue Jerusalem" (vgl. Offb 21,2) für alle Menschen und Völker, da ja alle in ihm zur ewigen Gemeinschaft mit Gott auserwählt wurden. Er ist zugleich der Beginn des ewigen Reiches Gottes in der Geschichte des Menschen, und dieses Reich ist in Ihm und durch Ihn die endgültige Wirklichkeit von Himmel und Erde. Er ist "der neue Himmel und die neue Erde", in welchem "der erste Himmel und die erste Erde" ihre volle Erfüllung finden werden.

4. Dies bezeugt das Kreuz von Golgota, das das Kreuz unserer Erlösung ist. Am Kreuz liegt die ganze Geschichte des Menschen offen, die zugleich eine Geschichte der Sünde und des Leidens ist. Sie ist gekennzeichnet durch Tränen und Tod, wie das Buch der Geheimen Offenbarung berichtet: wieviel Tränen füllen die Augen der Menschen, wieviel Trauer und Klage, wieviel muss sich der Mensch mühen (vgl. Offb 21,4)! Am Ende des irdischen Lebens aber steht der Tod. Damit verschwanden zunehmend "der erste Himmel und die erste Erde", die ja unter dem Erbe der Sünde standen.

Ist nicht gerade dies die Wahrheit der ganzen Geschichte? Und wird diese Wahrheit nicht in besonderer Weise in unserem Jahrhundert bestätigt, das bereits, wie auch das zweite Jahrtausend der Geschichte nach Christus, seinem Ende zugeht?

5. Das Kreuz Christi hört nicht auf, dies zu bezeugen! Allein dieses Kreuz Christi aber hat - die Geschichte des Menschen hindurch als Zeichen der Gewissheit unserer Erlösung - Bestand.

Durch das Kreuz seines Sohnes wiederholt Gott von Geschlecht zu Geschlecht seine Wahrheit über die Schöpfung: "Seht, ich mache alles neu" (Offb 21,5). Der erste Himmel und die erste Erde vergehen weiter ... Vor ihnen bleibt der schutzlose Christus, in Todesqualen von allem entblößt, der gekreuzigte Menschensohn! Und dennoch hört er nicht auf, das Zeichen der sieghaften Gewissheit des Lebens zu sein. Durch seinen Tod wurde die unbesiegliche Kraft des neuen Lebens in den Schoß der Erde gesät; sein Tod ist der Beginn der Auferstehung: "Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?" (1 Kor 15,55).

Durch das Kreuz auf Golgota steigt von Gott her in die Geschichte der Menschheit, in die Geschichte eines jeden Jahrhunderts, "die heilige Stadt, das neue Jerusalem ... [herab] wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat" (Offb 21,2).

6. Als Pilger, liebe Brüder und Schwestern, der mit euch unterwegs ist zum neuen Jerusalem, staune ich tief bewegten Herzens über den Schöpfungs- und Heilsplan Gottes und seine volle Durchführung, zu der er uns berufen hat, und ich ermahne euch, die Gnade anzunehmen und den Aufruf zu hören, die an diesem Ort greifbarer und eindringlicher werden, und eure Wege den Wegen Gottes anzupassen. Ich grüße euch alle, liebe Pilger Unserer Herrin von Fatima, die ihr physisch oder geistig hier anwesend seid. Doch in besonderer Weise gilt mein herzlicher und ergebener Gruß dem Herrn Präsidenten der Republik, des Landes der hl. Maria. Herzlich grüße ich sodann den Herrn Bischof von Leiria-Fatima, Dom Albert - dem ich für die liebenswürdigen Willkommenswünsche danke - sowie die übrigen hier anwesenden Brüder im Bischofsamt. Ein brüderlicher Gruß voll Hoffnung und Ermunterung gilt auch der Kirche in Angola, die hier in der Person ihrer Hirten und einer beachtlichen Zahl ihrer Diözesanen vertreten ist, um ihrer Patronin im Jubiläumsjahr ihrer Evangelisierung Dank zu sagen, die ja in Soyo begann, dem Ort, wo im 15. Jahrhundert die Portugiesen zum ersten Mal die heilige Messe feierten und die ersten Eingeborenen des Landes tauften.

Schließlich möchte ich im Anschluss an das Wort Gottes in dieser Eucharistiefeier - "als Mann und Frau schuf er sie" (Gen 1,27) - gern den Familien meinen Gruß aussprechen als Unterpfand für alle Segnungen Gottes für euer Heim, eure Kinder und euer Zusammenleben. Eure Grundaufgabe besteht die Geschichte hindurch in der Verwirklichung des ursprünglichen Segens des Schöpfers: "Wachset und mehret euch" (vgl. Gen 1,28), - indem ihr das Bild-Gottes-Sein an die kommende Generation weitergebt.

Liebe Familien, euer hochherziger und das Leben achtender Dienst ist heute wie immer nur mögliCh, wenn ihr euch in die Betrachtung der menschlichen und übernatürlichen Würde der Kinder, die ihr hervorbringt, vertieft. Jeder Mensch ist Objekt der unendlichen Liebe Gottes, die ihn sich erkauft hat. Familien, die sich ihren mit der Fortpflanzung verbundenen Pflichten nicht entziehen - innerhalb eines entsprechenden Empfindens für verantwortliche Elternschaft und eines großen Vertrauens auf die göttliche Vorsehung -, geben der Welt ein unersetzliches Zeugnis von höchstem Wert. Dies bildet eine Herausforderung für die herrschende geburtenfeindliche Mentalität und bedeutet ihre gerechte Verurteilung, weil sie auf ihre Weise das Leben ablehnt und es in vielen Fällen schon im Mutterschoß durch Abtreibung opfert, was nach der Erklärung des Konzils (vgl. Gaudium et spes, Nr.27) ein schlimmes Verbrechen ist. Ich bitte euch, liebe Familien, also um diesen hochherzigen Dienst, der das Leben achtet. "Gegen Pessimismus und Egoismus, die die Welt verdunkeln, steht die Kirche auf der Seite des Lebens; in jedem menschlichen Leben weiß sie den Glanz jenes ,Ja', jenes ,Amen' zu entdecken, das Christus selbst ist (vgl. 2 Kor 1,19; Offb 3,14). Dem ,Nein', das in die Welt einbricht und einwirkt, setzt sie dieses lebendige ,Ja' entgegen und verteidigt so den Menschen und die Welt vor denen, die das Leben bekämpfen und ersticken" (Familiaris consortio, Nr.30).

7. "Frau, siehe deinen Sohn! - Siehe deine Mutter!" Das Heiligtum von Fatima ist ein bevorzugter Ort von besonderem Wert: es enthält eine wichtige Botschaft für die Zeit, in der wir leben. Es ist, als wenn hier zu Beginn unseres Jahrhunderts wie ein neues Echo die auf Golgota gesprochenen Worte erklungen wären.

Maria, die unter dem Kreuz ihres Sohnes stand, musste einmal mehr den Willen Christi, des Sohnes Gottes, annehmen. Während ihr Sohn aber damals auf Golgota ihr nur einen Menschen, nämlich Johannes, seinen Liebesjünger, bezeichnete, musste sie nun uns alle annehmen. Wir alle, die Menschen dieses Jahrhunderts mit seiner schwierigen und dramatischen Geschichte, sind Maria anvertraut.

Im Menschen des 20. Jahrhunderts offenbart sich in gleicher Größe seine Fähigkeit, sich die Erde untertan zu machen, wie auch seine Freiheit, vor dem Auftrag Gottes zu fliehen oder - infolge des Erbes seiner Sünde - ihn abzulehnen. Das Erbe der Sünde zeigt sich wie ein unsinniges Bestreben, die Welt so aufzubauen - eine für den Menschen geschaffene Welt -, als ob es Gott nicht gäbe. Als ob es ferner das Kreuz von Golgota nicht gäbe, wo "Tod und Leben sich einen einzigartigen Kampf lieferten" (Ostersequenz), um deutlich zu machen, dass die Liebe mächtiger ist als der Tod und der Ruhm Gottes der lebendige Mensch ist.

Mutter des Erlösers, Mutter unseres Jahrhunderts!

Zum zweiten Mal weile ich vor dir in diesem Heiligtum, um deine Hände zu küssen, weil du starkmütig unter dem Kreuz deines Sohnes gestanden hast, dem Kreuz der gesamten Geschichte des Menschen und auch unserer Zeit.

Du standest und stehst weiter dort und richtest dein Auge auf unsere Herzen, die Herzen von Söhnen und Töchtern, die schon dem 3. Jahrtausend angehören. Du standest und stehst weiter dort, um auf tausend mütterlichen Wegen das Licht Christi im Schoß der Völker und Nationen zu enthüllen und es durch deine mächtige Fürbitte vor allem zu schützen, was es bedroht.

Du stehst und bleibst dort, denn der eingeborene Sohn Gottes, dein Sohn, hat dir alle Menschen anvertraut, als er sterbend am Kreuz uns in eine neue Grundlage für alles, was existiert, einfuhrte. Deine universale Mutterschaft, Jungfrau Maria, ist der sichere Anker des Heiles für die ganze Menschheit.

Mutter des Erlösers! Sitz der Gnade! Ich grüße dich, Mutter, auf die alle Menschengeschlechter ihr Vertrauen setzen!

Weiheakt an Unsere Liebe Frau von Fatima

Überschrieben: Heilige Mutter des Erlösers

1. "Heilige Mutter des Erlösers, Du Himmelspforte und Meeresstern, komm zu Hilfe deinem Volk, das wieder auferstehen möchte." Wieder einmal wenden wir uns an dich, Mutter Christi und der Kirche, die wir zu deinen Füßen in der Cova da Iria versammelt sind, um dir für all das zu danken, was du in diesen schwierigen Jahren für die Kirche, für jeden von uns und für die ganze Menschheit getan hast.

2. "Monstra te esse Matrern!" Wie oft haben wir dich angerufen! Und h~ute sind wir hier, um dir zu danken, denn du hast uns stets erhört. Du hast dich als Mutter gezeigt: als Mutter der missionarischen Kirche auf den Wegen der Erde hin zum erwarteten dritten christlichen Jahrtausend; als Mutter der Menschen, durch deinen immerwährenden Schutz, der uns vor Unheil und nicht mehr gutzumachenden Zerstörungen bewahrt und den Fortschritt und die modernen sozialen Errungenschaften begünstigt hat; als Mutter der Nationen, durch die unverhofften Wandlungen, die den zu lange schon unterdrückten und gedemütigten Völkern Vertrauen gegeben haben; als Mutter des Lebens, durch die zahlreichen Zeichen, mit denen du uns begleitet und uns vor dem Bösen und der Macht des Todes verteidigt hast; als meine Mutter von jeher, und besonders an jenem 13. Mai 1981, an dem ich neben mir deine rettende Gegenwart gespürt habe; als Mutter eines jeden Menschen, der um das Leben kämpft, das nicht vergeht; als Mutter der Menschheit, die durch das Blut Christi erlöst wurde, als Mutter der vollkommenen Liebe, der Hoffnung und des Friedens, heilige Mutter des Erlösers.

3. "Monstra te esse Matrem!"

Ja, zeige dich weiterhin als Mutter aller, denn die Welt braucht dich. Die neuen Situationen der Völker und der Kirche sind immer noch heikel und ungefestigt. Es besteht die Gefahr, dass der Marxismus von einer anderen Form des Atheismus abgelöst wird, die der Freiheit schmeichelt und darauf aus ist, die Wurzeln der menschlichen und christlichen Moral zu zerstören. Mutter der Hoffnung, geh mit uns! Geh mit dem Menschen dieses ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, mit dem Menschen jeder Rasse und Kultur, jeden Alters und Milieus. Geh mit den Völkern, der Solidarität und der Liebe entgegen, geh mit der Jugend, den Trägern zukünftiger Tage des Friedens. Die Nationen brauchen dich, die in jüngster Zeit ihren Freiheitsraum wiedererlangt haben und nun daran sind, ihre Zukunft aufzubauen. Europa braucht dich, das vom Osten bis zum Westen sein wahres Wesen nicht wiederfinden kann, ohne die gemeinsamen christlichen Wurzeln neu zu entdecken. Die Welt braucht dich, um die vielen großen Konflikte zu lösen, die sie immer noch bedrohen.

4. "Monstra te esse Matrern!" Zeige dich als Mutter der Armen, derer, die vor Hunger und an Krankheit sterben, derer, die Unrecht und Mißbrauch erleiden, derer, die keine Arbeit, kein Heim und keine Zufluchtsstätte finden, derer, die unterdrückt und ausgenutzt werden, derer, die verzweifeln oder fern von Gott vergeblich nach Ruhe suchen. Hilf uns, das Leben zu verteidigen, den Widerschein der göttlichen Liebe, hilf uns, es immer zu verteidigen, vom Beginn an bis zu seinem natürlichen V erlöschen. Zeig dich als Mutter der Einheit und des Friedens. Mögen überall Gewalt und Ungerechtigkeit aufhören, mögen in den Familien Eintracht und Einheit wachsen, und unter den Völkern Achtung und Verständnis; möge auf der Erde Friede herrschen, wahrer Friede!

Maria, schenke unserer Welt Christus, unseren Frieden!

Mögen die Völker keine neuen Gräben des Hasses und der Rache aufreißen, möge die Welt nicht den Verlockungen eines falschen W oWstandes erliegen, der die Würde des Menschen verletzt und für immer die Reichtümer der Schöpfung aufs Spiel setzt. Zeige dich als Mutter der Hoffnung! Wache über die Straße, die uns noch erwartet. Wache über die Menschen und über die neuen Situationen der Völker, die noch von Kriegsgefahr bedroht sind. Wache über die Verantwortlichen der Nationen und über diejenigen, die das Los der Menschheit in ihren Händen haben. Wache über die Kirche, die stets vom Geist der Welt gefährdet wird. Wache vor allem über die nächste Sonderversammlung der Bischofssynode, eine wichtige Etappe auf dem Weg der neuen Evangelisierung in Europa. Wache über mein Petrusamt im Dienst des Evangeliums und des Menschen, ausgerichtet auf die neuen Ziele der Missionstätigkeit der Kirche. Totus tuus!

5. In kollegialer Einheit mit den Bischöfen, in Gemeinschaft mit dem gesamten Gottesvolk, das über die ganze Erde verstreut ist, erneuere ich dir auch heute den Weiheakt der Söhne und Töchter der Menschheit. Dir überantworten wir uns mit Vertrauen. Mit dir möchten wir Christus folgen, dem Erlöser des Menschen: Müdigkeit soll uns nicht beschweren, Anstrengung uns nicht aufhalten, Schwierigkeiten sollen nicht den Mut auslöschen und Trauer nicht die Freude im Herzen. Du, Maria, Mutter des Erlösers, zeige dich auch weiterhin als Mutter aller, wache über unseren Weg, mach, dass wir voll Freude deinen Sohn im Himmel sehen. Amen!

Abschiedsgruß auf dem Flughafen Lissabon

Überschrieben: Portugal - das Land Mariens

Exzellenz,
Herr Präsident der Republik,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Eminenz, Herr Kardinal-Patriarch von Lissabon,
meine Herren Bischöfe, liebe Brüder und Schwestern!

1. Am Ende meines Aufenthaltes in Portugal möchte ich allen für die Liebe danken, mit der ihr mich aufgenommen habt. In diesen Tagen durfte ich die geistige Dynamik eurer Gemeinschaften kennenlernen, die menschliche und christliche Wärme eures Empfangs empfinden und den Eifer der Autoritäten feststellen, die mit ihrem Volk den Weg des solidarischen und menschlichen Fortschritts beschreiten, und ich habe auch neue Aspekte eurer Geographie und eurer Geschichte kennengelernt. Ich schätze euch sehr und wünsche euch allen alles Gute, die ihr zum Empfang des Papstes eure Herzen geöffnet habt.

Mit meinem Wort, meiner Präsenz und meinem Gebet wollte ich euch im Glauben bestärken und die Lehren erläutern, die uns vom Evangelium her zufließen und die christlichen Weisungen mit all ihren Folgerungen für das Leben jedes einzelnen und der Gesellschaft als ganzer unterstreichen. Ich wollte euch in der Hoffnung befestigen, in der wahren Hoffnung, die uns von Jesus Christus her erreicht. Nichts, was ihr im Leben oder in Projekten unternehmt, darf ihn beiseite lassen, denn sonst trägt es - wie grandios es auch immer erscheinen mag - die Wunde des Todes an sich und erweist sich als Illusion. Glaubt an das Leben! Glaubt an Gott und dient ihm mit allen euren Kräften. Christus, der Erlöser der Menschen, geht mit euch: Bringt eure Schritte mit den seinen in Übereinstimmung, um als seine Mitarbeiter eine Welt nach Menschenmaß, eine auf der Achtung vor Gott und dem Nächsten gegründete Gesellschaft aufzubauen.

2. Das erbitte ich für Portugal und die ganze Welt zu Füßen Unserer Lieben Frau von Fatima auf der unvergesslichen Pilgerreise zu ihrem Heiligtum, von dem aus für alle Kontinente die Strahlen der Gnade, die Aufrufe und prophetischen Hinweise der Mutter Gottes und der Menschen ausgehen.

Das habe ich soeben auch bei meinem Besuch der Azoren und von Madeira empfunden, Teilen von Portugal, in denen die Fatima-Verehrung sich schnell verwurzelt und ausgebreitet hat, weil ja die marianische Umgebung dafür günstig war. Sie hat diese schönen Inseln im Atlantik seit der ersten Berührung mit dem Christentum dafur geneigt gemacht: man denke zum Beispiel an die Azoren, die unter dem Schutz Unserer Lieben Frau in die Geschichte eintraten, wie noch heute der Name der ersten Insel - "Santa Maria" - beweist, die gerade am Fest der "heiligen Maria vom August" entdeckt wurde, wie man damals den 15. August des Monats bezeichnete. Die segensreiche Auswirkung von Fatima erfaßte sämtliche portugiesischen Provinzen des Kontinents, die als erste das Glück hatten, die Wege kennenzulernen, die große Massen zur gesegneten Cova da Iria fuhren.

Fatima ist immer neu für den, der die Serra de Aire hinaufsteigt und der immer tiefer einzudringen sucht in die Geheimnisse der Botschaft Unserer Lieben Frau, "die ganz in Weiß gekleidet" war bei ihren Erscheinungen von 1917 vor den drei Hirtenkindern, den Empfängern und Verkündern ihres mütterlichen WoWwollens. Sagen wir Dank für das Geschenk Jesu Christi, das der Menschheit dieses Jahrhunderts an der Schwelle des dritten Jahrtausends zuteil geworden ist. Geben wir zu, dass die machtvolle Sorge Marias es uns zukommen ließ und sich darin offenbarte. Wie euer verstorbener Kardinal Cerejeira einmal gesagt hat, "war es nicht die Kirche, die Fatima zur Geltung gebracht hat, es war vielmehr Fatima, das sich der Kirche empfahl". Es empfahl sich der Kirche und den Menschen guten Willens, die trotz der erstaunlichen Fortschritte der modernen Wissenschaften weiter den großen Werten des Geistes anhangen, ohne die es keine Erklärung für die wichtigsten Lebensprobleme gibt.

3. Als Papst Pius Xü. glorreichen Andenkens in der Botschaft vom 31. Oktober 1942 die Welt dem Herzen Mariens, der Königin des Friedens weihte, unterließ er nicht den Hinweis auf die heroische Geste Portugals als gläubiges und missionarisches Volk, das mit seinem Wissen über die Schifffahrt und "christlichen Wagemut" neue Wege über das Meer bis zu den Grenzen der Erde fand und damit für immer in die Geschichte der Kultur einging.

Wenn ich nach Rom zurückkehre, trage ich lebendig die Erinnerung an das im Herzen, was Portugal zum Wohl der Christenheit und der Menschheitsfamilie getan hat. Portugal, möge Gott dich glücklich machen, wenn du deine heroischen christlichen Taten weiterfuhrst!

4. Im Augenblick meines Abschieds bewegen mich tiefempfundene Gefühle und ich möchte allen sagen: vielen Dank! Ich spreche meinen herzlichsten Dank denen aus, die die Durchführung dieses Pastoralbesuches durch eine bis in die kleinsten Einzelheiten gehende Organisation möglich gemacht haben. Dankbar rufe ich mir die Herzlichkeit des Empfangs sowie die freundliche Begleitung auf den verschiedenen Abschnitten der Reise in Erinnerung, die mir der verehrte Herr Präsident der Republik zuteil werden ließ. Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten und den übrigen Mitgliedern der Regierung, den zivilen und militärischen Autoritäten, die bei jedem Abschnitt meiner Reise mir Achtung und Höflichkeit zeigten. Meinen brüderlichen Dank richte ich ferner an den verehrten Episkopat, den ich in seiner Treue und seinem pastoralen Eifer sehr bewundere. Endlich danke ich aus vollem Herzen für die Äußerungen des WoWwollens, mit denen mich das gute Volk des Marienlandes, zumal auf den Azoren und auf Madeira erfreuen wollte. Liebe Brüder und Schwestern von Portugal: der Papst geht jetzt weg, er nimmt in seinem Herzen aber euch alle mit!

Auf alle Portugiesen jedes sozialen Standes, von den Vertretern der Kultur bis zu den Arbeitern auf dem Land, in den Fabriken und Dienstleistungen, von den Alten bis zu den Kranken in den Hospitälern oder daheim und den Schulkindern, von den Ehegatten in den verschiedensten Abschnitten ihres Lebens bis zu den Jugendlichen, die von Leben und Liebe träumen, rufe ich den Segen des Himmels herab. Eure Häuser und euer Leben seien in Christus verwurzelt und mit Frieden und Liebe gesegnet! Und so spreche ich meinen Wunsch aus, dass euch alles Gute zuteil werden möge, und als Unterpfand dafür erteile ich euch meinen Apostolischen Segen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Auf Wiedersehen!

Weblinks