Centesimus annus
Die Enzyklika "Centesimus annus" wurde am 1. Mai 1991 von Papst Johannes Paul II. veröffentlicht. Der Anlass für die Sozialenzyklika war 100 Jahre "Rerum Novarum". Centesimus Annus war nach Laborem exercens und Sollicitudo rei socialis bereits die dritte Sozialenzyklika von Johannes Paul II.
Inhalt
In der Enzyklika erinnert der Papst am Beginn an die große Enzyklika Rerum Novarum von Papst Leo XIII. und betont die Aktualität der Enzyklika. "Das Wiederlesen der Enzyklika in der Wirklichkeit unserer Zeit erlaubt uns, die stete Sorge und das ständige Bemühen der Kirche jenen Menschen gegenüber richtig einzuschätzen, denen die besondere Vorliebe Jesu galt. Der Inhalt der Enzyklika ist ein sprechendes Zeugnis für die Kontinuität dessen in der Kirche, was man heute »die vorrangige Option für die Armen« nennt; eine Option, die ich als einen »besonderen Vorrang in der Weise, wie die christliche Liebe ausgeübt wird«, definiert habe. Die Enzyklika über die »Arbeiterfrage« ist also eine Enzyklika über die Armen und über das schreckliche Los, in das der neue und nicht selten gewaltsame Prozeß der Industrialisierung riesige Menschenmassen gestoßen hatte. Auch heute noch rufen in weiten Teilen der Welt ähnliche wirtschaftliche, soziale und politische Umwälzungen dieselben Ubel hervor." (Vgl. Kapitel 11)
Dann verweist der Papst im Kapitel 12 auf die aktuellen Zusammenbrüche des Sozialismus im Jahre 1989 "Diese und die radikalen Umgestaltungen lassen sich nur auf Grund der unmittelbar vorhergehenden Situationen erklären. Sie haben das, was Leo XIII. voraussah und was die immer besorgteren Warnungen seiner Nachfolger ankündigten, gleichsam festgeschrieben und institutionalisiert. Papst Leo sah in der Tat unter allen Aspekten, politisch, sozial und wirtschaftlich, die negativen Folgen einer Gesellschaftsordnung voraus, wie sie der Sozialismus vorlegte, der sich freilich damals noch im Stadium der Sozialphilosophie und einer mehr oder weniger strukturierten Bewegung befand."
Der Papst schreibt, daß der Grundirrtum des Sozialismus "anthropologischer Natur" sei. "Er betrachtet den einzelnen Menschen lediglich als ein Instrument und Molekül des gesellschaftlichen Organismus, so daß das Wohl des einzelnen dem Ablauf des wirtschaftlich-gesellschaftlichen Mechanismus völlig untergeordnet wird; gleichzeitig ist man der Meinung, daß eben dieses Wohl unabhängig von freier Entscheidung und ohne eine ganz persönliche und unübertragbare Verantwortung gegenüber dem Guten verwirklicht werden könne. Der Mensch wird auf diese Weise zu einem Bündel gesellschaftlicher Beziehungen verkürzt, es verschwindet der Begriff der Person als autonomes Subjekt moralischer Entscheidung, das gerade dadurch die gesellschaftliche Ordnung aufbaut. Aus dieser verfehlten Sicht der Person folgen die Verkehrung des Rechtes, das den Raum für die Ausübung der Freiheit bestimmt, und ebenso die Ablehnung des Privateigentums. Der Mensch, der gar nichts hat, was er »sein eigen« nennen kann, und jeder Möglichkeit entbehrt, sich durch eigene Initiative seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wird völlig abhängig von den gesellschaftlichen Mechanismen und von denen, die sie kontrollieren. Es wird dem Menschen äußerst schwer, seine Würde als Person zu erkennen. Damit aber wird der Weg zur Errichtung einer echten menschlichen Gemeinschaft verbaut." (Vgl. Kapitel 13)
Die Hauptursache für den Sozialismus wird im Atheismus gesehen. "Aus derselben atheistischen Wurzel stammt auch die Wahl der Methode des Sozialismus, die in Rerum novarum verurteilt wird. Es handelt sich um den Klassenkampf." (Vgl. Kapitel 14)