Sodomie: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Januar 2008, 20:14 Uhr
Sodomie ist der Beischlaf mit einer Person dessselben oder des anderen Geschlechts, jedoch nicht in einem gebührenden Gefäß (in vase indebito). Seit dem zweiten Weltkrieg wird dieser Begriff auch im katholischen Bereich immer seltener verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
- Als vollkommene Sodomie (sodomia perfecta) bezeichnet man homosexuelle Betätigung. Das ist in diesem Fall mit dem Gebrauch der Geschlechtsorgane am Körper einer Person desselben Geschlechts definiert.
- Als Sodomie im strengen Sinn (sodomia stricte dicta) bezeichnet man den Beischlaf zwischen Männern mit Penetrierung des falschen Gefäß (vasis praeposteri) und darin vollzogenen Samenerguss.
- Als unvollkommene Sodomie (sodomia imperfecta) bezeichnet man den Gebrauch des männlichen Gliedes an einem verkehrten Gefäß der Frau. (in vase indebito; Anus oder Mund)
Nach dem Katechismus zählt die Sodomie in KKK 1867 zu den himmelschreienden Sünden.
Seit etwa dem 2. Weltkrieg wird für die vollkommene Sodomie immer mehr die Formulierung "homosexuelle Handlungen" verwendet.
Nach Karl Hörmann (Lexikon der christlichen Moral, 1969) verletzt die unvollkommene Sodomie die geschlechtliche Ordnung, welche als Zielsetzung die Zeugung von Kindern hat. Weiters deutet es für ihn auf ein verzerrtes Streben nach körperlichen sexuellen Lustelementen und ist kaum gegeignet eine achtungsvolle Liebe zwischen Mann und Frau auszudrücken.
Begriffsgeschichte
Im Laufe der Zeit bezeichnete man mit Sodomie unterschiedliche Vergehen, von der rein männlichen gleichgeschlechtlichen Unzucht bis zum Synonym für alle Unzucht contra naturam, warunter zum Beispiel auch Selbstbefriedigung und Reiterstellung fielen.
Wurde es früher nach weltlichem Recht gerichtet und die kirche vergab nur Bußen, so wurde es ab dem Niedergang des fränkischen Reichs (ca. 850) bis ins ins späte Mittelalter allein als religiöses Vergehen betrachtet fielen unter die kirchliche Strafgewalt. Zeitweilig war die kirchliche und weltliche Gerichtsbarkeit sehr gemischt und auch bei weltlicher Gerichtsbarkeit war oft ein religiöser Glaubenshintergrund deutlich zu merken. Im Zuge der Reformation (ab 1517) und Gegenreformation (ab 1563) erfuhr das Sexualstrafrecht grundlegende Veränderungen und ging wieder an die weltliche Gerichtsbarkeit. (Haeberle 1985)
Ursprünglich war Sodomie ein religiöses Verbrechen, welches nur Männer verüben konnten. Der Name kommt von der Stadt Sodom, die zerstört worden sein soll, weil ihre männlichen Einwohner gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr hatten. Die moderne Bibelforschung stellt dies als alleinigen Grund in Frage, aber es beeinflusst bis heute die christliche Einstellung. Die ersten Gesetze gegen Sodomie wurden von christlichen römischen Kaisern erlassen um die Zerstörung ihrer Städte durch Gott abzuwenden. Verstöße wurden mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen bestraft. Der oströmische Kaiser Justinian I. (482-565) schrieb die Todesstrafe für Sodomie in seinem Corpus iuris civilis mit den Novellen Nr. 77 und 141 in den Jahren 538 bzw. 559 offiziell fest, was die ganze nachfolgende westliche Rechtssprechung beeinflusste. Als Folgen von Sodomie einzelner führte er Hungersnot, Erdbeben und Pest als göttliche Strafen für die Gesamtheit aus. (Spindelböck 2004, Haeberle 1985) Solche Einstellungen existieren bis heute, auch in der aufgeklärten westlichen Welt und bei hohen geistlichen Würdenträgern verschiedener christlicher Religionen.
Im 12. Jahrhundert begannen Ketzerprozesse gegen die religiösen Sekten der Katharer und Waldenser. Ihnen wurde unter anderem vorgeworfen fürchterliche Unzucht aller erdenklicher Art untereinander getrieben zu haben. Nachdem diese Sekten bis Mitte des 13. Jarhunderts beseitigt waren "entdeckte" man die geheime Hexensekte, welche mit dem Teufel in Verbindung stand. Die Ketzer- und Hexenprozesse hatten den Begriff der Sodomie entscheidend ausgeweitet. Es fielen darunter alle Formen ausserehelicher, nicht der Zeugung dienender sexuelle Handlungen. (Haeberle 1985) Sodomie wurde „als Angriff auf die von Gott geschaffene Naturordnung, auf die Heiligkeit des Ehebandes und auf die Grundlagen von Staat und Gesellschaft unter Androhung der Höchststrafe verfolgt“. Die homosexuelle ‚sodomitischen Sünde’ wurde zur schlimmsten aller Unzuchtssünden aufgewertet, „ja als die größte aller Verfehlungen überhaupt“ betrachtet. (Hergemöller 1999:73) Die Verfolgung durch kirchliche wie weltliche Gerichte erreichte ihren Höhepunkt im 15. Jahrhunderts und dauerte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Sodomie wurde sehr oft mit Ketzerei und Unglauben gleichgesetzt und bis ins 16. Jarhundert bedeute der Vorwurf der Sodomie oft gleichzeitig die Anklage der Hexerei oder umgekehrt. Die Spanische Inquisition verfolgte Juden, Ketzer und Sodomiten mit dem gleichen Nachdruck. 1479 verfügten König Ferdinand und Königin Isabella offiziell, dass Sodomiten öffentlich zu verbrennen und ihre Habe zu beschlagnahmen seien. Durch die beginnende Aufklärung änderte sich die grausame Denkweise ab dem 17. Jahrhundert. (Haeberle 1985)
In einer Zeit aufblühender kasuistischer Moral etablierte Antonio de Escobar y Mendoza (SJ, 1589-1669) im Jahre 1644 als Neuerung die nachhaltig wirkende Unterscheidung zwischen sodomia perfecta und sodomia imperfecta (Jordan 2000:69). 1655 erließ das Heilige Offizium eine Lehrentscheidung nach der es die mollities (lat. Erweichung, gemeint: Selbstbefriedigung), sodomia und die bestialitas zu Sünden derselben untersten Gattung erklärte und es bei der Beichte ausreichte zu sagen man habe sich eine Befleckung (pollutio) verschafft (Lutterbach 1999:260f).
Spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts bezeichnet man mit Sodomie in der sekulären deutschsprachigen Welt die Bestialität. (Meyers 1885:Unzuchtsverbrechen; Dornblüth 1927) In der katholischen Moraltheologie erfolgte die Übernahme des seit 1868 existierenden wissenschaftlichen Begriffs Homosexualität nach dem zweiten Weltkrieg. Im Jahre 1952 etwa definiert Johannes Stelzenberger in seinem Lehrbuch der Moraltheologie unter Hinweis auf den § 175 D-StGB: "Homosexualität ist gleichgeschlechtliche Triebrichtung", während von der Sodomie nur mehr die sodomia imperfecta genannt wird.
Im angloamerikanischen Rechtskreis (England, Commonwealth, ehemalige Kolonien - auch in Afrika und Asien) wurde und wird der Begriff der "sodomy" im Strafrecht für vollkommene Sodomie und meist auch für unvollkommene Sodomie verwandt, auch heute noch.
Lesbische Liebe wurde früher auch sodomia sexus mulierum genannt. (Meyers 1885)
Literatur
Geschichtliche Aufbereitung
- Michael Brinkschröder: Sodom als Symptom: Gleichgeschlechtliche Sexualitat Im Christlichen Imaginaren - Eine Religionsgeschichtliche Anamnese, Gruyter, 2006, ISBN 3-11-018527-X
Quellen
- Mark D. Jordan: The Silence of Sodom: Homosexuality in Modern Catholicism, University of Chicago Press, 2000, ISBN 0-226-41041-2
- Hubertus Lutterbach: Sexualität im Mittelalter, Böhlau, 1999, ISBN 3-412-10396-9
- Bernd-Ulrich Hergemöller: Einführung in die Historiographie der Homosexualitäten (Historische Einführungen, Bd 5), Edition Diskord, Tübingen 1999, ISBN 3-89295-678-2
- Otto Dornblüth: Klinisches Wörterbuch - Eintrag Sodomie, 13/14 Auflage, 1927
- Erwin J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen - Handbuch und Atlas - 10.2.1 Sexualität und Gesetz, 2., erweiterte Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, 1985; Nachdruck: Nikol Verlagsgesellschaft, 2000, ISBN 3-933203-22-8
- Autorenkollektiv: Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892,
S. 1037 - Unzuchtsverbrechen; S. 715 - Lesbische Liebe - Josef Spindelböck: Die sittliche Beurteilung der Homosexualität, 2004, Stand: 23. April 2005