Schreiben an DBK vom 15. Mai 1980: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Juni 2019, 20:10 Uhr
von Papst
Johannes Paul II.
An die verehrten Mitbrüder der Deutschen Bischofskonferenz
in Bezug zu Prof. Hans Küng
15. Mai 1980
(Offizieller lateinischer Text: AAS 72 [1980] 90-92)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
1. Die umfangreiche Dokumentation, die Ihr in bezug auf gewisse theologische Aussagen von Professor Hans Küng veröffentlicht habt, bezeugt, mit wie viel Sorgfalt und gutem Willen Ihr Euch darum bemüht habt, dieses wichtige und schwierige Problem einer Klärung zuzuführen. Auch die jüngsten Verlautbarungen, sei es das Kanzelwort, das am 13. Januar 1980 in den Kirchen verlesen worden ist, sei es die ausführliche ”Erklärung“, die gleichzeitig herausgegeben wurde, sind Ausdruck Eurer Verantwortung als Hirten und Lehrer, wie es der Natur Eures Amtes und Eurer bischöflichen Sendung entspricht.
Es ist mir ein Anliegen, Euch in der Erwartung des nahen Pfingstfestes im Geist der göttlichen Liebe und Wahrheit in Eurem Hirtenauftrag zu bestärken und auch für alle Bemühungen zu danken, mit denen Ihr Euch seit Jahren dieses Problems in Zusammenarbeit mit dem Heiligen Stuhl, besonders mit der Kongregation für die Glaubenslehre, angenommen habt. Die Aufgaben dieser Behörde, die für das Leben der Kirche von wesentlicher Bedeutung sind, scheinen in unseren Tagen besonders veratwortungsvoll und schwierig. Das Motu proprio”Integrae Servandae“, mit dem schon während des Zweiten Vatikanischen Konzils der Aufgabenbereich und die Verfahrensweise der Glaubenskongregation genauer bestimmt worden sind, unterstreicht die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit dem Episkopat, und das ganz im Einklang mit dem Prinzip der Kollegialität, das dasselbe Konzil erneut bekräftigt hat Eine solche Zusammenarbeit ist im vorliegenden Fall auf besonders intensive Weise verwirklicht worden. Es gibt viele Gründe dafür, warum gerade die Kirche unserer Zeit sich mehr denn je als Kirche einer bewußten und wirksamen Kollegialität unter den Bischöfen und Hirten erweisen muss. In solch einer Kirche kann sich auch vollkommener verwirklichen, was der hl. Irenäus über den römischen Bischofssitz des hl. Petrus gesagt hat, als er ihn als Zentrum der kirchlichen Gemeinschaft bezeichnet hat, das die einzelnen Ortskirchen und alle Gläubigen versammeln und einen soll.
In gleicher Weise muss die heutige Kirche - mehr als je zuvor - Kirche eines echten Dialoges sein, den Paul VI. in seiner grundlegenden Enzyklika zu Beginn seines Pontifikates ”Ecclesiam Suam“ aufgezeigt hat. Der Austausch, den dieser bedeutet, soll zur Begegnung in der Wahrheit und in der Gerechtigkeit führen. Im Dialog sucht die Kirche den Menschen und damit auch ihren eigenen Auftrag besser zu verstehen. Sie bringt in ihn die Erkenntnis und die Wahrheit ein, die ihr im Glauben eröffnet sind. Es widerspricht daher nicht dem Wesen dieses Dialoges, dass die Kirche darin nicht nur Suchende und Empfangende, sondern auch Gebende ist aus einer Gewissheit heraus, die in einem solchen Gespräch noch wächst und sich vertieft, jedoch niemals aufgehoben werden kann. Im Gegenteil: Es wäre dem Wesen des Dialoges zuwider, wollte die Kirche darin ihre Überzeugung suspendieren und hinter die Erkenntnis zurückgehen, die ihr schon geschenkt worden sind. Darüber hinaus hat jener Dialog, den die Bischöfe mit einem Theologen führen, der im Namen der Kirche und in ihrem Auftrag den Glauben der Kirche lehrt, noch einen besonderen Charakter.
Er steht unter anderen Voraussetzungen als jener, der mit Menschen verschiedener Überzeugungen in der gemeinsamen Suche nach einem Raum des Verstehens erfolgt. Hier gilt es vor allem zu klären, ob derjenige, der im Auftrag der Kirche lehrt, diesem Auftrag auch tatsächlich entspricht und entsprechen will.
Hinsichtlich der Lehrbefugnis von Professor Küng galt es vor allem die folgenden Fragen zu stellen: Hat ein Theologe, der die Lehre der Kirche nicht mehr vollständig annimmt, noch das Recht, im Namen der Kirche und aufgrund eines von ihr empfangenen besonderen Auftrages zu lehren? Kann er es überhaupt selber noch wollen, wenn einige ihrer Glaubenslehren im Gegensatz zu seinen persönlichen Überzeugungen stehen? Und kann die Kirche - in diesem Fall ihre zuständige Behörde - unter diesen Umständen fortfahren, ihn zu verpflichten, es dennoch zu tun?
Die Entscheidung der Glaubenskongregation, die sie in Übereinstimmung mit der Deutschen Bischofskonferenz getroffen hat, ist das Ergebnis der aufrichtigen und verantwortungsbewußten Antwort auf die genannten Fragen. An der Wurzel dieser Fragen und der Art ihrer Beantwortung liegt ein Grundrecht der menschlichen Person, nämlich das Recht auf Wahrheit, das es zu schützen und zu verteidigen galt. Gewiß hat Professor Küng nachdrücklich erklärt, er wolle katholischer Theologe sein und bleiben. In seinen Werken aber bringt er deutlich zum Ausdruck, dass er authentische Lehren der Kirche als für sich und seine Theologie nicht definitiv entschieden und verbindlich ansieht und insofern von seiner inneren Überzeugung her nicht mehr imstande ist, im Sinne des Auftrags zu wirken, den er vom Bischof namens der Kirche empfangen hatte.
Der katholische Theologe hat wie jeder Wissenschaftler das Recht auf freie Analyse und Forschung in seinem Bereich; natürlich in der Weise, wie es der Wesensart der katholischen Theologie entspricht. Wenn es aber darum geht, die Ergebnisse seiner eigenen Forschungen und Überlegungen mündlich oder schriftlich mitzuteilen, so ist vor allem jenes Prinzip zu beachten, das die erste Bischofssynode im Jahre 1967 mit dem Begriff”paedagogia fidei“beæichnet hat. Es mag angemessen und richtig sein, die Rechte des Theologen herauszustellen, doch muss man gleichzeitig auch seinen speziellen Verpflichtungen gebührend Rechnung tragen. Ebenso darf man weder das Recht noch die Pflich des Lehramtes vergessen, darüber zu entscheiden, ob etwas der kirchlichen Glauben- und Sittenlehre entspricht oder nicht. Die Prüfung, Anerkennung oder Zurückweisung einer Lehre gehören zur prophetischen Sendung der Kirche.
2. Einige Fragen und Aspekte, die mit der Diskussion um Professor Küng verbunden sind, sind von grundsätzlicher Art und mehr allgemeiner Bedeutung für die gegenwärtige Zeit der nachkonziliaren Erneuerung, auf die ich deshalb im folgenden etwas ausführlicher eingehen möchte. In der Generation, der wir angehören, hat die Kirche eine gewaltige Anstrengung unternommen, um ihre Natur und Sendung genauer zu erfassen, die ihr von Christus gegenüber dem Menschen und der Welt, insbesondere in der Welt von heute, anvertraut worden ist. Sie hat dieses durch den geschichtlichen Dienst des Zweiten Vatikanischen Zonzils getan. Wir glauben, dass Christus in der Versammlung der Bischöfe zugegen gewesen ist und in ihnen durch den Heiligen Geist gewirkt hat, den er den Aposteln an der Vigil seines Leidens verheißen hat, als er vom”Geist der Wahrheit“sprach, der sie alle Wahrheiten lehren und an alles erinnern werde, was sie von Christus selbst gehört haben . Aus den Arbeiten des Konzils entstand das Programm der inneren Erneuerung der Kirche, ein umfangreiches und zugleich mutiges Programm, das von einem tiefen Bewußtsein von der wahren Sendung der Kirche getragen ist, die ihrem Wesen nach missinarisch ist.
Wenn auch die nachkonziliare Zeit nicht frei von Schwierigkeiten ist (was es auch in der kirchlichen Vergangenheit mitunter schon gegeben hat), so glauben wir doch, dass Christus in ihr gegenwärtig ist - derselbe Christus, der auch die Apostel machmal Stürme auf dem See erleben ließ, die sie zum Schiffbruch zu führen schienen. Nach dem nächtlichen Fischfang, bei dem sie nichts gefangen hatten, verwandelte er diesen Mißerfolg in einen unerwartet reichen Fang, als sie die Netze auf das Wort des Herrn auswarfen . Wenn die Kirche ihrem Auftrag in diesem Zeitabschnitt der Geschichte, der ohne Zweifel schwierig und entscheidungsvoll ist, gerecht werden soll, so kann sie das nur, wenn sie auf das Wort Gottes hört, d. h. wenn sie dem”Wort des Geistes“Folge leistet, wie es der Kirche vermittels der Tradition und direkt durch die Lehre des letzten Konzils überkommen ist.
Damit dieses Werk, das schwer und”menschlich“sehr anstrengend ist, verwirklicht werden kann, ist eine besondere Treue zu Christus und zu seinem Evangelium erforderlich, weil ja er allein”der Weg“ist. Deshalb können wir nur durch die Wahrung der Treue gegenüber den festgelegten Zeichen und durch die beharrliche Fortsetzung des Weges, den die Kirche seit zwei Jahrtausenden verfolgt hat, sicher sein, dass wir von der Kraft aus der Höhe gehalten werden, die Christus selber den Aposteln und der Kirche als Beweis seiner Gegenwart ”bis zum Ende der Welt“ verheißen hat.
Wenn es auf der gegenwärtigen Stufe des Dienstes der Kirche etwas Wesentliches und Grundsätzliches gibt, so ist es die besondere Hinordnung der Seelen un Herzen auf die Fülle des Geheimnisses Christi, des Erlösers des Menschen und der Welt, und zugleich die Treue zu jenem Bild von der Natur und Sendung der Kirche, wie es vom Zweiten Vatikanischen Konzil nach vielen geschichtlichen Erfahrungen dargestellt worden ist. Nach der ausdrücklichen Lehre desselben Konzils besteht”jede Erneuerung der Kirche wesentlich im Wachstum der Treue gegenüber ihrer eigen Berufung“. Jeder Versuch, das Kirchenbild, wie es sich aus der Natur und Sendung der Kirche selbst ergibt, durch ein anderes zu ersetzen, würde uns unvermeidlich von den Quellen des Lichtes und der Kraft des Geistes entfernen, deren wir gerade heute so sehr bedürfen. Wir dürfen uns nicht täuschen, als ob ein anderes - mehr ”laizistiches“ - Modell der Kirche den Forderungen nach größerer Präsenz der Kirche in der Welt und einer größeren Aufgeschlossenheit für die Probleme des Menschen besser entsprechen könnte. Das kann nur eine Kirche, die tief in Christus, in den Quellen ihres Glaubens, ihrer Hoffnung und Liebe verwurzelt ist.
Die Kirche muss ferner sehr demütig und zugleich gewiß darüber sein, dass sie in eben jener Wahrheit, in jener Glaubens- und Sittenlehre bleibt, die sie von Christus empfangen hat, der sie in diesem Bereich mit dem Geschenk einer besonderen”Unfehlbarkeit“ausgestattet hat. Das II. Vatikanum hat vom Ersten Vatikanischen Konzil die diesbezügliche Lehre der Tradition geerbt, sie bekräftigt und in einem umfassenderen Zusammenhang dargestellt, und zwar im Zusammenhang der Sendung der Kirche, die dank der Teilnahme an der prophetischen Sendung Christi selbst prophetischen Charakter besitzt. In diesem Kontext und in enger Verbindung mit dem ”Glaubenssinn“, an dem alle Gläubigen teilhaben, hat jene ”Unfehlbarkeit“ den Charakter eines Geschenkes und eines Dienstes.
Wenn jemand sie anders versteht, entfernt er sich von der authentischen Sicht des Glaubens und löst, wenn auch vielleicht unbewußt, so doch faktisch, die Kirche von dem, der als Bräutigam sie”geliebt“und sich selbst für sie hingegeben hat. Als Christus die Kirche mit allem ausgestattet hat, was für die Verwirklichung der ihr anvertrauten Sendung unerläßlich ist, konnte er ihr da etwa jenes Geschenk der Gewissheit der von ihr bekannten und verkündeten Wahrheit vorenthalten? Konnte er etwa dieses Geschenk vor allem denen vorenthalten, die nach Petrus und den Aposteln als Hirten und Lehrer eine besondere Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen erben? Gerade weil der Mensch fehlbar ist, konnte Christus - wenn er die Kirche in der Wahrheit bewahren wollte - ihre Oberhirten und Bischöfe und vor allem Petrus und seine Nachfolger nicht ohne jenes Geschenk lassen, wodurch er die Unfehlbarkeit in der Lehre der Glaubenswahrheit und der wahren sittlichen Grundsätze gewähtleistet.
Wir bekennen also die Unfehlbarkeit, die ein von Christus der Kirche anvertrautes Geschenk ist. Wir können es nicht unterlassen, sie zu bekennen, wenn wir an die Liebe glauben, mit der Christus seine Kirche geliebt hat und sie ununterbrochen liebt.
Wir glauben an die Unfehlbarkeit der Kirche nicht im Hinblick auf irgendeinen Menschen, sondern auf Christus selbst. Wir sind nämlich überzeugt, dass auch für denienigen, der in besonderer Weise an der Unfehlbarkeit der Kirche teilhat, diese wesentlich und ausschließlich eine Bedingung für den Dienst darstellt, den er in dieser Kirche auszuüben hat. Von keiner Seite, um so weniger in der Kirche, kann die”Vollmacht“anders verstanden und ausgeübt werden denn als Dienst. Das Beispiel des Meisters ist hierfür entscheidend.
Wir müssen dagegen tief besorgt sein, wenn der Glaube an dieses Geschenk Christ in der Kirche selbst in Zweifel gezogen wird. In diesem Fall wûrde man damit gleichzeidg die Wurzeln abschneiden, aus denen die Gewissheit der in hir bezeugten und verkündeten Leh erwächst.
Obgleich die Wahrheit von der Unfehlbarkeit in der Kirche zuecht als eine Wahrheit von weniger zentralem und niedrigerem Stellenwert in der Rangordnung der von Gott geoffenbarten und von der Kirche bekannten Wahrheiten erscheinen kann, so ist sie dennoch in gewisser Weise der Schlüssel zu jener Gewissheit, mit der der Glaube bekannt und verkündet wird, wie auch zum Leben und Verhaken der Gläubigen. Wenn man nämlich diese wesentliche Grundlage erschüttert oder zerstört, beginnen sich sogleich auch die elementarsten Wahrheiten unseres Glaubens aufzulösen.
Es geht hierbei also um ein in der augenblicklichen nachkonziliaren Zeit wichtiges Problem. Soll die Kirche das Werk der Erneuerung vornehmen, muss sie eine besondere Gewissheit im Glauben besitzen, der, indem er sich gemäß der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils erneuert, in derselben Wahrheit verharrt, die die Kirche von Christus erhalten hat. Nur so kann de gewiß sein, dass Christus in ihrem Schiff zugegen ist und es mit fester Hand auch durch die bedrohlichsten Stürme lenkt.
3. Jeder, der an der Geschichte unseres Jahrhunderts teillnimmt und die verschiedenen Prüfungen kennt, die die Kirche in ihrem Innern während dieser ersten nachkonziliaren Jahre erlebt, weiß um diese Stürme. Die Kirche, die ihnen zu begegnen hat, darf nicht von Unsicherheit im Glauben und von Relativismus in der Wahrheit und der Moral befallen sein. Nur eine Kirche, die tief in ihrem Glauben gefestigt ist, kann eine Kirche echten Dialoges sein. Der Dialog erfordert nämlich eine besondere Reife in der bezeugten und verkündeten Wahrheit. Nur eine solche Reife, d. h. die Gewissheit im Glauben, ist in der Lage, sich gegen die radikalen Verneinungen unserer Zeit zur Wehr zu setzen, auch wenn diese sich der verschiedenen Propaganda- und Druckmittel bedienen.
Nur ein gereifter Glaube kann ein wirksamer Anwalt für wahre Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit und alle Menschenrechte sein.
Das Programm des Zweiten Vatikanischen Konzils ist mutig. Deshalb erfordert es bei seiner Durchführung ein besonderes Vertrauen in den Geist, der gesprochen hat, und ein ebenso grundlegendes Vertrauen in die Kraft Christi. Die Hingabe und das Vertrauen müssen entsprechend unseres Zeit gleich groß sein wie die der Apostel, die nach der Himmelfahrt Christi im Abendmahlssaal von Jerusalem ”einmütig im Gebet verharrten zusammen... mit Maria“ .
Ein solches Vertrauen in die Kraft Christi verlangt ohne Zweifel auch das ökumenische Bemühen um die Einheit der Christen, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil in die Wege geleitet worden ist, sofern wir es in der Weise verstehen, wie es vom Konzilsdekret ”Unitatis Redintegratio“ dargestellt wird. Es ist bedeutsam, dass dieses Dokument nicht von”Kompromiß“, sondern von der Begegnung in einer noch reiferen Fülle der christlichen Wahrheit spricht:”Die Art und Weise der Formulierung des katholischen Glaubens darf keinerlei Hindernis bilden für den Dialog mit den Brüdern. Die gesamte Lehre muss klar vorgelegt werden. Nichts ist dem ökumenischen Geist so fern wie jener falsche Irenismus, durch den die Reinheit der katholischen Lehre Schaden leidet und hir ursprünglicher und sicherer Sinn verkundelt wird“.
Man kann somit vom ökumenischen Gesichtspunkt der Einheit der Christen her in keiner Weise verlangen, dass die Kirche auf bestimmte von ihr verkündete Wahrheiten verzichtet. Dies wäre im Widerspruch zu dem Weg, den das Konzil gezeigt hat. Wenn dasselbe Konzil, um das Ziel zu erreichen, betont, dass”der katho lische Glaube tiefer und richtiger ausgedrückt werden muss“, gibt es hiermit auch die Aufgabe der Theologen an. Sehr bedeutsam ist jene Stelle des Dekrets ”Unitatis Redintegratio“, an der es direkt von den katholischen Theologen handelt und dabei unterstreich, dass sie, wenn sie ”in gemeinsamer Forschungsarbeit mit den getrennten Brüdern die göttlichen Geheimnisse zu ergründen suchen“, dieses”in Treue zur Lehre der Kirche“tun sollen . Im Vorhergehenden habe ich schon auf die ”Hierarchie“oder Rangordnung der Wahrheiten innerhalb der katholischen Lehre hingewiesen, deren sich die Theologen bewußt sein müssen, insbesondere”beim Vergleich der Lehren miteinander“. Das Konzil verweist auf diese Rangordnung wegen”der verschiedenen Art ihres Zusammenhangs (d. h. der Wahrheiten) mit dem Fundament des christlichen Glaubens“.
Auf diese Weise kann der Ökumenismus, dieses große Erbe des Konzils, eine immer reifere Wirklichkeit werden, jedoch nur auf dem Weg eines großen Einsatzes der Kirche, der von der Gewissheit im Glauben und vom Vertrauen in die Kraft Christi beseelt ist, wodurch sich die Pioniere dieses Werkes von Anfang an ausgezeichnet haben.
4. Verehrte, liebe Mitbrüder in der Deutschen Bischofskonferenz!
Man kann Christus nur lieben, wenn man die Brüder liebt: alle und jeden einzelnen. Deshalb ist auch dieser Brief, den ich Euch im Zusammenhang der jüngsten Ereignisse um Professor Hans Küng schreibe, von der Liebe zu diesem unserem Bruder bestimmt.
Ihm gegenüber möchte ich noch einmal wiederholen, was schon bei anderer Gelegenheit zum Ausdruck gebracht worden ist: Wir fahren fort zu hoffen, dass man zu einer solchen Begegnung in der von der Kirche bezeugten und verkündeten Wahrheit zu gelangen vermag, dass er erneut als ”katholischer Theologe“ bezeichnet werden kann. Dieser Titel setzt notwendig den authentischen Glauben der Kirche und die Bereitschaft voraus, ihrer Sendung in der Weise zu dienen, wie sie im Verlauf der Jahrhunderte deutlich bestimmt und verwirklicht worden ist.
Die Liebe verlangt, dass wir die Begegnung in der Wahrheit mit jedem Menschen suchen. Deshalb hören wir nicht auf, Gott um eine solche Begegnung besonders mit jenem Menschen, unserem Bruder, zu bitten, der als katholischer Theologe, de er sein und bleiben möchte, eine besondere Verantwortung für die von der Kirche bezeugte und verkündete Wahrheit mit uns teilen muss. Solch ein Gebet ist in gewissem Sinn das grundlegende Wort der Liebe zum Menschen, unserem Nächsten, denn dadurch Enden wir ihn in Gott selbst, der als alleiniger Quell der Liebe im Heiligen Geist zugleich das Licht unseres Herzens und Gewissens ist. Es ist auch der erste und tiefste Ausdruck jener Sorge der Kirche, an der alle und besonders ihre Hirten teilnehmen sollen.
In dieser Verbundenheit im Gebet und in der gemeinsamen Hirtensorge erbitte ich Euch zum bevorstehenden Pfingstfest die Fülle der Gaben des göttlichen Geistes und grüße Euch in der Liebe Christi mit meinem besonderen Apostolischen Segen.
im zweiten Jahr meines Pontifikates.