Thomismus: Unterschied zwischen den Versionen

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* Étienne Henry Gilson, Le thomisme; introduction au système de S. Thomas d´Aquin, Strasbourg 1919.
 
* Étienne Henry Gilson, Le thomisme; introduction au système de S. Thomas d´Aquin, Strasbourg 1919.
  
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Version vom 13. November 2008, 22:11 Uhr

Als Thomismus bezeichnet man

1.) die Philosophie und Theologie des hl. Thomas von Aquin;
2.) die Rezeptionstradition dieser Lehre seit dem Tod des Thomas von Aquin bis heute.

Im zweiten Sinne kann man noch einmal zwischen

(2.1) einem Thomismus im weiteren Sinne und
(2.2) im engeren, eigentlichen Sinne unterscheiden.

Der Thomismus im weiteren Sinne beruft sich ganz allgemein auf den Aquinaten, macht dessen Lehre aber v.a. zum Ausgangspunkt für ein eigenständiges System. Der eigentliche oder strikte Thomismus lehnt sich besonders eng an Thomas an, unterscheidet dabei aber in seinen besten Vertretern zwischen Grundaussagen bzw. Leitmotiven in der thomistischen Synthese, die zeitlos gültig sind und unverändert beibehalten werden müssen und eher akzidentellen, zeitbedingten Vorstellungen, die sich mit der Entwicklung der Geschichte ebenfalls verändern und so einen echten, authentischen Fortschritt des Thomismus ermöglichen.

Vertreter der weiten Form waren in der Geschichte des Thomismus v.a. Jesuiten, der zweiten Form v.a. Dominikaner,Karmeliten und Benediktiner. Wichtige Vertreter des strengen Thomismus sind etwa Domingo Banez, Johannes a Sto Thoma, Franz Sylvester von Ferrara, Thomas de Vio Cajetan, Charles René Billuart, Garrigou-Lagrange u.a.

Allgemein unterscheidet man 4 Epochen des Thomismus:

  • Epoche der Defensiones
  • Epoche der Kommentare
  • Epoche der Disputationes und
  • Epoche des Neu-Thomismus.

Eine umfassende geschichtliche Darstellung der Geschichte des Thomismus gibt es weder in deutscher noch in einer anderen Sprache. Allerdings bestehen wichtige Vorarbeiten zu solch einer Darstellung, so etwa das Thomistenlexikon (sh. Literatur).

Das Lehramt der Kirche gewährt am Ende des im Hinblick auf die Philosophie, die die Theologen zur spekulativen Entfaltung ihrer Wissenschaft benutzen sollen, eine gewisse Freiheit, hat über all die letzten Jahrhunderte jedoch den Thomismus favorisiert, teilweise sogar mit einer Vorliebe für den strikten Thomismus (so die Studienkongregation unter Papst Pius X. mit ihren XXIV Thesen der thomistischen Philosophie). Nach einem deutlichen Einbruch des Thomismus ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts lässt sich weltweit seit etwa 1995 Jahren eine deutliche Renaissance thomistischen Denkens sowohl innerhalb der katholischen Kultur wie auch in nichtkatholischen Zusammenhängen feststellen. Die neueren Päpste haben lediglich einen Thomismus im allgemeinen Sinne empfohlen, allerdings zeigte sich, wie Jörgen Vijgen jüngst nachgewiesen hat, in den moraltheologischen Lehrschreiben Johannes Pauls II. häufiger eine explizite Empfehlung strikt thomistischer Thesen.

Päpstliche Schreiben

  • Pius X. 29. Juni 1914 Motu proprio Doctoris angelici zur Bestärkung die Philosophie des Heiligen Thomas von Aquin in den Schulen zu studieren. Es heißt dort, dass die Prinzipien und wichtigsten Vorstellungen (principia et pronuntiata maiora), worauf sich die scholastische Lehre des heiligen Lehre stützt, nicht als Meinungen, welche man frei diskutieren kann, angesehen werden können, sondern als Fundamente, worauf die Wissenschaft der natürlichen und göttlichen Wirklichkeiten sich stützt, beurteilt werden sollten.
  • Pius XII. 24. Juni 1939 Ansprache an die Kleriker und Alumnen von Rom, über das Studium und Gebet. Empfehlung des Heiligen Thomas zur Glaubensverbreitung.
  • 12. August 1950 Enzyklika Humani generis über einige falsche Ansichten, die die Grundlagen der Katholischen Lehre zu untergraben drohen (heutige gefährliche philosophische Tendenzen; Prinzipien einer gesunden Philosophie).

Literatur

  • Otto H. Pesch, Thomas von Aquin/Thomismus/Neuthomismus, in: TRE XXXIII/3-4 (2001).
  • Jörgen Vijgen "Die heutige Autorität des hl. Thomas von Aquin im Lichte der Tradition", in: Theologisches 35 (2005) 202-224 und 309-326.
  • David Berger, Thomismus. Große Leitmotive der thomistischen Synthese und ihre Aktualität für die Gegenwart. Köln: Editiones thomisticae 2001.
  • Romanus Cessario, A Short History of Thomism, Washington D.C. 2005.
  • David Berger, Interpretations of Thomism throughout History, in: A Panorama of Current Research on Thomas Aquinas. Proceedings of the Conference, University of Navarre, Pamplona 25-27 April 2005, Pamplona 2006.
  • David Berger / Jörgen Vijgen, Thomistenlexikon, Bonn 2006.
  • Gallus M. Manser, Das Wesen des Thomismus, 3. Aufl. Freiburg/Schweiz 1949.
  • Étienne Henry Gilson, Le thomisme; introduction au système de S. Thomas d´Aquin, Strasbourg 1919.

siehe auch: Päpstliche Akademie Thomas von Aquin, Scholastik, Priesterausbildung