Fluechtlinge, eine Herausforderung der Solidaritaet: Unterschied zwischen den Versionen
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* JO H A N N E S PAU L II., Gebet für die Flüchtlinge in aller Welt. Ansprache des Papstes im Flüchtlingslager in Morong (Philippinen) am 21. Februar 1981, in: L’ O s s e rvatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 6. März 1981; ebenso in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrs g.), Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II. bei seiner apostolischen Reise nach Asien 16.–27. 2. 1981, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 29. | * JO H A N N E S PAU L II., Gebet für die Flüchtlinge in aller Welt. Ansprache des Papstes im Flüchtlingslager in Morong (Philippinen) am 21. Februar 1981, in: L’ O s s e rvatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 6. März 1981; ebenso in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrs g.), Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II. bei seiner apostolischen Reise nach Asien 16.–27. 2. 1981, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 29. | ||
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Aktuelle Version vom 26. August 2024, 17:58 Uhr
Päpstlicher Rat Cor unum
und
Päpstlicher Rat für die Seelsorge der Migranten und Menschen unterwegs
im Pontifikat von Papst
Johannes Paul II.
“Flüchtlinge - eine Herausforderung zur Solidarität“
2. Oktober 1992 in Rom veröffentlicht
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einführung: „Eine schmachvolle Wunde unserer Zeit“
- 2 I. Flüchtlinge gestern und heute: Die Tragik eines sich weltweit verschärfenden Problems
- 2.1 Vertreibung und Exil in der Geschichte der Völker
- 2.2 Situation und Lebensbedingungen von Flüchtlingen heute
- 2.3 Völkerrechtlich anerkannte Flüchtlinge
- 2.4 „ De - facto “ - Flüchtlinge
- 2.5 Vertrieben innerhalb des eigenen Landes
- 2.6 Tendenzen zur Einschränkung des Flüchtlingsschutzes
- 2.7 Neue Chancen des Fortschritts
- 3 II. Herausforderungen an die Völkergemeinschaft
- 4 III. Der Weg der Solidarität
- 5 IV. Die Liebe der Kirche zu den Flüchtlingen
- 6 Seelsorgerische Betreuung für Lagerbewohner und die am stärksten gefährdeten Gruppen =
- 7 Schlussbetrachtung: Flüchtlinge und Asylanten – eine Herausforderung zur Solidarität
- 8 Anmerkungen
Einführung: „Eine schmachvolle Wunde unserer Zeit“
In einer Botschaft an den Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge beschrieb Papst Johannes Paul II. am 25. Juni 1982 das weltweite Flüchtlingsproblem mit den deutlichen Worten „eine schmachvolle Wunde unserer Zeit“. Heute, zehn Jahre nach dieser Botschaft des Heiligen Vaters, breitet sich diese Wunde trotz unermüdlicher Aktivitäten der Völkergemeinschaft und der Hilfswerke noch immer weiter aus und zieht dabei vor allem die ärmsten Länder sehr stark in Mitleidenschaft .
Etwa 90% der Flüchtlinge sind in den Ländern der sog. Dritten Welt anzutreffen. Die bereits heute sehr hohe Zahl von Flüchtlingen, nämlich etwa 17 Millionen, die unter die strenge, durch das Völkerrecht vorgegebene Begriffsbestimmung fallen, verdoppelt sich durch die Zahl jener, die Opfer von Vertreibung und zwangsweiser Umsiedlung innerhalb ihrer eigenen Länder werden und insoweit rechtlich nicht geschützt sind.
Auch die Zahl derer, die ihre Länder verlassen, um vor extremer und erdrückender Armut zu flüchten, steigt ständig weiter an.
Obgleich man immer zwischen Flüchtlingen und anderen „Menschen unterwegs“ (Migranten) unterscheiden muss, ist es manchmal schwierig, eine genaue Trennungslinie zu ziehen, und gewisse willkürliche Auslegungen in dieser Frage werden oft zur Begründung für restriktive politische Verfahrensweisen herangezogen, die kaum mit der Achtung der Würde der Person im Einklang stehen.
Das hier vorgelegte Dokument gibt sich nicht damit zufrieden, die Menschen wieder stärker auf die inhumanen Lebensbedingungen der Flüchtlinge aufmerksam machen zu wollen, die durch Raum und Zeit hin- und hergeworfen werden bis zum völligen Verlust ihrer Identität; es will vielmehr auch einen Beitrag leisten zur Förderung einer stärkeren internationalen Solidarität nicht nur im Hinblick auf die Auswirkungen, unter denen Flüchtlinge leiden, sondern vor allem auch auf die Ursachen ihres Schicksals: eine Welt, in der Menschenrechte ungestraft verletzt werden, wird immer neue Flüchtlinge hervorbringen. Wenn im folgenden die Vorrangstellung und Würde der Person erneut unterstrichen wird, dann möchte die Kirche damit jeden einzelnen und alle Völker und alle, die national oder international Verantwortung tragen, ansprechen und sie dazu aufrufen, ihre Phantasie und ihren Mut einzusetzen bei der Suche nach gerechten und dauerhaften Lösungen für das sich weiter verschärfende Flüchtlingsproblem, das Papst Johannes Paul II. die „größte menschliche Tragödie unserer Tage“ genannt hat . *
Präsident des Päpstlichen des Päpstlichen Rates „Cor Unum
Erzbischof Giovanni Cheli
- JO H A N N E S PAU L II., Gebet für die Flüchtlinge in aller Welt. Ansprache des Papstes im Flüchtlingslager in Morong (Philippinen) am 21. Februar 1981, in: L’ O s s e rvatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 6. März 1981; ebenso in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrs g.), Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II. bei seiner apostolischen Reise nach Asien 16.–27. 2. 1981, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 29.
I. Flüchtlinge gestern und heute: Die Tragik eines sich weltweit verschärfenden Problems
Vertreibung und Exil in der Geschichte der Völker
1. Flüchtlinge sind keine besondere Erscheinung unserer Tage. Im Laufe der Geschichte führten Gegensätze und Spannungen zwischen kulturell und ethnisch unterschiedlichen Gruppen und zwischen den Rechten des einzelnen und der Macht des Staates oft zu Krieg, Verfolgung, Vertreibung und Flucht. Solche Erfahrungen sind im kollektiven Gedächtnis eines jeden Volkes tief verwurzelt, und auch in der Bibel trifft man auf Beispiele, die hierfür typisch sind. Die Brüder Josefs gingen hinunter nach Ägypten (Gen 42, 1–3), durch eine verheerende Hungersnot gedrängt; der Stamm Juda, im Krieg besiegt, wurde „von seiner Heimat“ weg in die Verbannung geführt (2 Kön 25, 21); Josef nahm Jesus und seine Mutter und floh in der Nacht nach Ägypten, „denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten“ (Mt 2, 13–15); „An jenem Tag brach eine schwere Verfolgung über die Kirche in Jerusalem herein. Alle wurden in die Gegenden von Judäa und Samarien zerstreut, mit Ausnahme der Apostel“ (Apg 8, 1).
Situation und Lebensbedingungen von Flüchtlingen heute
2. Die Tragik von Vertreibung und Exil besteht noch immer und nimmt in der ganzen Welt zu, so dass unser Jahrhundert als das „Jahrhundert der Flüchtlinge“ beschrieben wurde. Viele von ihnen, wie die in zahlreichen Lagern lebenden Palästinenser, haben über Jahre oder sogar Generationen hinweg diese traumatische Erfahrung erlitten, ohne jemals eine andere Lebensweise gekannt zu haben.
Hinter den nicht immer exakten, doch insgesamt aussagekräftigen statistischen Daten verbergen sich sowohl erschütternde Einzelschicksale als auch von ganzen Völkern erduldetes Leid. Für Flüchtlinge sind die Ort e, die dem Leben Sinn und Würde geben, verloren. Verloren sind für sie auch die Stätten, welche die Begebenheiten der eigenen Geschichte wieder wachrufen. Vergangen ist für sie die Möglichkeit, an den Gräbern der eigenen Eltern zu beten. Manche Exodus-Erfahrungen waren und sind ganz besonders dramatisch, z. B. die der „Boat People“ oder die verfolgter ethnischer Gruppen.(1)
Das Leben von Flüchtlingen in Auffanglagern ist in Anbetracht der Überbelegung vieler dieser Lager, der Unsicherheit von Ländergrenzen und einer Abschreckungspolitik, die manche Lager fast zu Gefängnissen werden läßt, oft sehr qualvoll. Selbst bei einer menschlichen Behandlung fühlt sich der Flüchtling gedemütigt, er kann sein Schicksal nicht mehr selbst bestimmen und ist auf Gedeih und Verderb anderen ausgeliefert .
Völkerrechtlich anerkannte Flüchtlinge
3. Bei der Gesamtzahl der Menschen, die durch die verschiedensten Konflikte und andere lebensbedrohende Situationen zu Flüchtlingen geworden sind, kann man verschiedene Kategorien unterscheiden. Insbesondere sind hier zunächst diejenigen zu nennen, die wegen ihrer Rasse, Religion oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen oder politischen Gruppe verfolgt werden. Nur die Flüchtlinge, die diesen Kategorien zuzuordnen sind, werden explizit in zwei wichtigen Dokumenten der Vereinten Nationen als solche anerkannt .(2) Die vielen anderen, deren Menschenrechte genauso missachtet wurden oder werden, genießen den Schutz dieser völkerrechtlichen Instrumente nicht.
„ De - facto “ - Flüchtlinge
4. Somit sind in den Kategorien der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge die Opfer von bewaffneten Auseinandersetzungen, falscher Wirtschaftspolitik oder Naturkatastrophen nicht berücksichtigt. Aus humanitären Gründen besteht heute jedoch eine zunehmende Tendenz, solche Menschen in Anbetracht der unfreiwilligen Art ihres Aufenthalts in einem anderen Land als „ De - fact o “- Flüchtlinge anzuerkennen. Schließlich hatten die Staaten, welche die Konvention unterzeichneten, die Hoffnung ausgedrückt, dass sie über den vertraglichen Rahmen hinaus das Gewicht eines Beispiels haben würde.(3) Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat bei verschiedenen Gelegenheiten den Hohen Kommissar für Flüchtlinge gebeten, seine guten Dienste einzusetzen, um solchen Personen zu helfen, die sich unfreiwillig außerhalb ihres Landes aufhalten. Die in Europa nach den beiden Weltkriegen und in den letzten Jahren von einigen Ländern auf anderen Kontinenten, in denen Flüchtlinge eine erste Zufluchtsstätte fanden, übernommene Praxis bewegte sich denn auch in diese Richtung.(4)
Bei den so genannten „ Wirtschaftsflüchtlingen“ fordern Recht und Gerechtigkeit, dass entsprechende Unterschiede gemacht werden. Jene, die wegen wirtschaftlicher Verhältnisse flüchten, die so schlecht sind, dass ihr Leben und ihre physische Sicherheit bedroht sind, müssen anders behandelt werden als jene, die letztlich nur deshalb auswandern, um ihre persönliche Situation weiter zu verbessern.
Vertrieben innerhalb des eigenen Landes
5. Eine große Zahl von Menschen wird gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben, ohne dabei Staatsgrenzen zu überqueren. In Revolutionen und Gegenrevolutionen gerät die Zivilbevölkerung oft zwischen die Fronten von Guerilla und Regierungstruppen, die aus ideologischen Gründen und mit dem Ziel der Besitznahme von Land und Ressourcen gegeneinander kämpfen. Aus humanitären Erwägungen sollten diese Vertriebenen in gleicher Weise als Flüchtlinge angesehen werden wie jene, die durch die Konvention von 1951 offiziell anerkannt werden, denn sie sind Opfer der gleichen Art von Gewaltanwendung.
Tendenzen zur Einschränkung des Flüchtlingsschutzes
6. Trotz eines wachsenden Bewusstseins der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen den Völkern und Nationen bestimmen einige Staaten, entsprechend ihren eigenen Ideologien und besonderen Interessen, die Kriterien für die Einlösung internationaler Verpflichtungen recht willkürlich. Gleichzeitig gibt es heute in Ländern, die in der Vergangenheit zu einer großzügigen Aufnahme von Flüchtlingen bereit waren, eine besorgniserregend ähnliche Tendenz hin zu politischen Entscheidungen, die darauf abzielen, die Zahl der Asylsuchenden möglichst niedrig zu halten und Anträge auf Asyl zu erschwere n .
Während Zeiten wirtschaftlicher Rezession die Auferlegung bestimmter Aufnahmebeschränkungen verständlich machen können, kann gleich wohl das Grundrecht auf Asyl niemals verweigert werden, wenn das Leben im Heimatland des Asylsuchenden ernsthaft bedroht ist. Es ist sehr beunruhigend, zusehen zu müssen, wie die für die Lösung des Flüchtlingsproblems bereitgestellten Mittel reduziert werden und wie die politische Unterstützung für die Strukturen, die gerade zum Zweck des humanitären Dienstes an Flüchtlingen geschaffen wurden, schwindet.
Neue Chancen des Fortschritts
7. Zahlreiche Menschen in verschiedenen Ländern beziehen heute jedoch entschieden Position gegenüber egoistischen nationalen Haltungen und gegen eine Einführung von restriktiven Verfahrensweisen und tragen wesentlich zu einer Sensibilisierung der öffentlichen Meinung bei zugunsten des Schutzes der Rechte aller und des Wertes der Gastfreundschaft. Die jüngsten Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa und in anderen Teilen der Welt haben neue Aussichten auf Kontakte und Reisen, Dialog und Zusammenarbeit eröffnet, und es ist sehr zu hoffen, dass die abgerissenen Mauern nicht an anderer Stelle neu aufgebaut werden .
II. Herausforderungen an die Völkergemeinschaft
Flüchtlinge fordern das Gewissen der Welt heraus
8. Die ersten internationalen Initiativen fanden in einem eher begrenzten Kontext statt. Sie spiegelten ein Interesse für das Leid bestimmter, besonders verfolgter Personen wider, das sich vor allem auf die individuellen Gründe für das Verlassen ihrer Länder bezog. Heute jedoch, wo die Anzahl gewaltsam entwurzelter Menschen ganz andere Ausmaße angenommen hat, müssen internationale Abkommen überarbeitet und der Schutz, den sie garantieren, muss auch auf andere Gruppen ausgedehnt werden. In den letzten Jahren hat die Diskussion über die Ursachen, welche politische Instabilität erzeugen und verschärfen, sich auf die Armut, die Ungleichheit in der Verteilung von lebenswichtigen Ressourcen, die Auslandsschulden, galoppierende Inflation, strukturelle wirtschaftliche Abhängigkeit und Naturkatastrophen konzentriert. Es ist ja nicht überraschend, dass die Mehrheit der Flüchtlinge heute aus den Entwicklungsländern kommt.(5) Eine Neustrukturierung der wirtschaftlichen Beziehungen allein würde jedoch nicht genügen, um politische Differenzen, ethnische Auseinandersetzungen und Rivalitäten anderer Art zu überwinden. Es wird so lange Flüchtlinge, also Opfer von Machtmissbrauch, geben, wie die Beziehungen zwischen Personen und Nationen nicht auf eine echte Fähigkeit gegründet sind, einander in Verschiedenheit und gegenseitiger Bereicherung immer mehr anzunehmen.(6)
Das Recht auf Heimat
9. Das Flüchtlingsproblem muss an seinen Wurzeln angegangen werden, d. h. auf der Ebene der wahren Ursachen für Vertreibung und Flucht. Das erste Kriterium darf dabei nicht das Interesse des Staates oder der nationalen Sicherheit sein, sondern allein der Mensch, so dass das Bedürfnis, in einer Gemeinschaft zu leben und sich zu einem Gemeinwesen, einem Land zugehörig zu fühlen, ein Grundbedürfnis, das sich aus der Natur des Menschen selbst ergibt, respektiert wird.(7)
Die Menschenrechte, wie sie durch Gesetz, Vereinbarungen und internationale Abkommen definiert werden, zeigen den Weg auf, den wir gehen müssen. Eine dauerhafte Lösung des Flüchtlingsproblems jedoch wird dann erreicht werden, wenn die Völkergemeinschaft über die gesetzten Normen für den Schutz von Flüchtlingen hinaus deren Recht anerkennt, einem Gemeinwesen anzugehören. Viele Rufe nach einem umfassenderen, integralen Ansatz zum Schutz der Rechte von Menschen, die nach einem Zufluchtsort suchen, werden laut.(8)
Die Grundhaltung der Gastfreundschaft
10. Mögliche Fortschritte in der Fähigkeit zum Zusammenleben innerhalb der weltumspannenden Völkerfamilie sind eng an das Wachsen einer Grundhaltung der Gastfreundschaft gebunden. Jede Person, die sich in Gefahr befindet und als solche an einer Landesgrenze zu erkennen gibt, hat ein Recht auf Schutz. Um in der Zukunft leichter ermitteln zu können,warum solche Menschen ihr Land verlassen haben und um zu dauerhaften Lösungen zu kommen, ist eine erneute Anstrengung zur Erarbeitung international annehmbarer Normen für die Gewährung von Asyl auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Landes unerlässlich .(9) Eine solche Grundhaltung der Gastfreundschaft erleichtert auch die Suche nach gemeinsamen Lösungen und verringert die Stichhaltigkeit gewisser Stellungnahmen, die mitunter vorgebracht werden und darauf hinauslaufen, die Aufnahm e von Flüchtlingen und die Gewährung des Asylrechts dem alleinigen Kriterium des nationalen Interesses unterzuordnen.
Für einen umfassenderen Flüchtlingsschutz
11. Der einem Flüchtling gewährte Schutz ist nicht einfach ein ihm gemachtes Zugeständnis: er (sie) ist nicht Objekt von Hilfeleistungen, sondern Subjekt von Rechten und Pflichten. Jedes Land hat die Pflicht, die Rechte von Flüchtlingen zu achten und sicherzustellen, dass sie genauso respektiert werden wie die Rechte der eigenen Bürger.
Wenn Menschen vor einem Bürgerkrieg oder einer militärischen Invasion fliehen, dann ist es zu ihrem Schutz erforderlich, dass sie als nicht - kombattant angesehen werden. Sie wiederum müssen ausdrücklich auf den Gebrauch von Gewalt verzichten .
12. „ Konventionsgemäßen“ Flüchtlingen, also solchen, die unter die Kategorien der genannten Konvention fallen, steht von daher bereits ein gewisses Maß an Schutz zu; ein solcher Schutz darf jedoch nicht auf die Garantie der körperlichen Unversehrtheit begrenzt sein, sondern muss auf alle für ein menschenwürdiges Leben notwendigen Voraussetzungen erweitert werden. Somit müssen für sie nicht nur Ernährung, Kleidung, Wohnung und Schutz vor Gewalt gesichert werden, sondern auch der Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung, die Möglichkeit, ihr Leben wieder selbstverantwortlich in die eigenen Hände zu nehmen, ihre eigenen Kulturen und Traditionen zu pflegen und frei ihren Glauben zum Ausdruck zu bringen. Da die Familie die Grundeinheit jeder Gesellschaft ist, muss gleichermaßen die Wiederzusammenführung von Flüchtlingsfamilien gefördert werden.
13. Viele Staaten sind der Konvention von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und dem darauf bezogenen Protokoll von 1967 bereits beigetreten, aber es wäre sehr wünschenswert, dass alle Staaten dies tun und darauf achten würden, dass beide eingehalten werden. Die Wahrnehmung des Asylrechts, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 14,1) festgelegt ist, muss überall gewährleistet und darf nicht durch Abschreckungs- oder andere rigorose, strafähnliche Maßnahmen behindert werden. Ein(e) Asylbewerber(in) darf nicht interniert werden, es sei denn, es kann nach gewiesen werden, dass er (sie) eine wirkliche Gefahr darstellt, oder es gibt zwingende Gründe, anzunehmen, dass er (sie) sich nicht mehr bei den zuständigen Behörden zur ordnungsgemäßen Prüfung seines (ihres) Falles melden wird. Ferner sollte Asylbewerbern dabei geholfen werden, eine Arbeit zu finden, und es sollte für sie ein gerechtes und rasches gesetzliches Verfahren sichergestellt sein .
Was die Flüchtlinge betrifft, die aus humanitären Gründen als solche anerkannt sind, so muss die Vorgehensweise der Staaten in entsprechenden Gesetzen so festgelegt sein, dass alle Bedürfnisse für ein menschenwürdiges Leben berücksichtigt werden. Insbesondere sollten internationale Vereinbarungen die Verpflichtung enthalten, dass diejenigen, die vor systematischer Unterdrückung und schweren sozialen Konflikten flüchten, nicht als „Wirtschaftsflüchtlinge“ betrachtet werden. Länder, die erkennen, dass sie innerhalb einer Region in der Flüchtlingsproblematik voneinander abhängen und ihre diesbezügliche Politik aufeinander abstimmen wollen, sollten eine großzügige und einheitliche Vorgehensweise gegenüber den Flüchtlingen praktizieren, die eine Bandbreite verschiedener Lösungen möglich macht.
Nein zur gewaltsamen Rückführung
14. Eine überaus genaue und gewissenhafte Beachtung des Prinzips der Freiwilligkeit der Rückkehr ist eine nicht verhandelbare Grundvoraussetzung für jede Verfahrensweise den Flüchtlingen gegenüber. Niemand darf in ein Land zurückgeschickt werden, wo er oder sie diskriminierende Handlungen oder ernste, lebensbedrohende Situationen zu befürchten hat. In den Fällen, in denen die zuständigen Behörden eines Landes beschließen, Asylbewerber nicht anzuerkennen, weil sie keine echten Flüchtlinge seien, sind sie moralisch verpflichtet, sicherzustellen, dass den Betroffenen eine sichere und freie Existenz anderswo garantiert wird. Die jüngste Geschichte hat gezeigt, dass viele Menschen gegen ihren Willen zurückgeschickt worden sind in ein Schicksal, das mitunter sehr tragisch war; einige wurden zurück auf die See hinausgedrängt, andere wurden gewaltsam in Gebiete mit Minenfeldern geführt, wo sie grausam umkamen.
Ort und Struktur von Flüchtlingslagern
15. Flüchtlingslager sind zwar notwendige, aber selbstverständlich nicht ideale und nur für eine erste Aufnahme der Betroffenen gedachte Einrichtungen; sie sollten an Orten errichtet werden, die so weit wie möglich von jeglichen bewaffneten Auseinandersetzungen entfernt liegen, so dass die Flüchtlinge vor möglichen Angriffen in Sicherheit sind.(10) Die Lager sollten auch so organisiert sein, dass sie ein Minimum an Privatsphäre sowie Zugang zu medizinischen, schulischen und religiösen Diensten und Einrichtungen haben. Die Lagerbewohner sollten ferner vor jeglicher Form moralischer und physischer Gewalt geschützt werden und die Möglichkeit haben, an Entscheidungen mitzuwirken, die ihr tägliches Leben berühren. Sicherheitsvorkehrungen sollten da verstärkt werden, wo alleinstehende Frauen untergebracht sind, um jene Formen von Gewalttätigkeit zu vermeiden, denen sie oftmals ausgesetzt sind.
Internationale Organisationen, besonders diejenigen, die sich für die Achtung der Menschenrechte einsetzen, und die Medien sollten freien Zugang zu den Lagern haben. Da das Leben in Lagern unnatürlich und aufgezwungen, ja sogar traumatisierend ist, macht ein längerer Aufenthalt darin die Flüchtlinge noch mehr zu Opfern. Lager müssen das bleiben, was sie ursprünglich sein sollten: eine nur vorübergehende Notlösung.
Nein zu Stillschweigen und Gleichgültigkeit
16. Die Bereitschaft, Flüchtlingen zu helfen, selbst wenn sie als eine moralische Verpflichtung empfunden wird, die Leiden anderer zu mildern, liegt in den Menschen der Aufnahmeländer oft im Widerstreit mit einer Furcht vor der ansteigenden Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern und vor einer Konfrontation mit anderen Kulturen, d. h. mit Faktoren und Momenten, die die gewohnten, festen Lebens- und Verhaltensmuster in den Aufnahmeländern stören könnten. Menschen, die man gestern mit Sympathie betrachtete, weil sie noch „ weit weg“ waren, werden heute abgewiesen, weil sie als zu „nah“ und zu „ aufdringlich“ empfunden werden.
Folglich neigt man dazu, abgesehen von einem gelegentlichen Aufflammen des öffentlichen Interesses, den konkreten Umgang mit dem Flüchtlingsproblem auf bestimmte Institutionen, Organisationen und Gruppen abzuschieben, die in diesem Bereich besonders engagiert sind. Die Medien können hier dazu beitragen, Voreingenommenheit zu zerstreuen und in der Öffentlichkeit ein anhaltendes Interesse für die Flüchtlinge zu wecken. Wenn sie eine Politik einfordern, die auf Solidarität und menschlichem Verständnis gründet, dann tragen sie dazu bei, zu verhindern, dass die Flüchtlinge oder Asylbewerber zu Sündenböcken für alle Übel und Missstände in der Gesellschaft gemacht werden. Besonders in den Ländern, in denen die Anwesenheit von Flüchtlingen dazu benutzt wird, die Aufmerksamkeit absichtlich von anderen ernsten innen- oder außenpolitischen Problemen abzulenken, ist es notwendig, dass die Medien ein klares und positives Bild der Flüchtlinge vermitteln. Gleichgültigkeit stellt eine Unterlassungssünde dar.
Solidarität trägt dazu bei, die Tendenz umzukehren, dass man die Welt allein von seinem eigenen Blickwinkel aus sieht. Wenn wir die globale Dimension der Probleme erkennen, werden uns die Grenzen jeder Kultur bewusst, und wir spüren, dass wir eindringlich dazu aufgerufen sind, uns einem einfacheren Lebensstil zuzuwenden, um zum gemeinsamen Wohl beizutragen; so wird eine wirksame Antwort auf die sehr berechtigten Erwartungen von Flüchtlingen möglich, und Wege zum Frieden werden eröffnet .
III. Der Weg der Solidarität
Die Zerrissenheit der Welt
17. Der vom Zweiten Vatikanischen Konzil wahrgenommene Widerspruch gilt auch heute noch: „Die Welt spürt lebhaft ihre Einheit und die wechselseitige Abhängigkeit aller von allen in einer notwendigen Solidarität und wird doch zugleich heftig von einander widerstreitenden Kräften auseinandergerissen“.(11) Denn harte politische, soziale, wirtschaftliche, rassische und ideologische Spannungen dauern an. Das ungelöste Flüchtlingsproblem ist ein schmerzliches Beispiel für die Zerrissenheit der Welt. Das Ausbleiben einer adäquaten Antwort ist um so besorgniserregender, als es ein mangelndes Interesse für die Grundrechte des Individuums und aller Menschen widerspiegelt, die doch als große Errungenschaften unserer Zeit gepriesen werden.
Der Beitrag der internationalen Organisationen
18. Dennoch findet das Bewusstsein von der wechselseitigen Abhängigkeit aufgrund der geschichtlichen Entwicklung und als Ergebnis ethischer Reflexion mehr und mehr seinen Ausdruck in den internationalen Institutionen.Die Tätigkeit und das konkrete Zeugnis der entsprechenden Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, zahlreicher Nichtregierungsorganisationen und Hilfswerke, von staatlichen oder kirchlichen Stellen ausgesandter Entwicklungshelfer, sozialer und seelsorglicher Dienste der Bischofskonferenzen verdienen größten Respekt und Dankbarkeit. Besondere Anerkennung gebührt dem Hohen Kommissariat für Flüchtlinge der Vereinten Nationen, das im Jahre 1950 ins Leben gerufen wurde; seine beiden Hauptfunktionen sind die Sicherstellung des internationalen Schutzes für Flüchtlinge und die Suche nach dauerhaften Lösungen ihrer Probleme.(12)
19. Trotz vieler Schwierigkeiten jeglicher Art widmen sich zahlreiche Mitglieder privater Verbände und Organisationen sowie Mitarbeiter und Vertreter internationaler Institutionen dem Dienst an den Ärmsten der Armen und bezahlen manchmal ihr außergewöhnliches Engagement sogar mit ihrem Leben. Der Einsatz von Menschen, die sich in der Arbeit für und mit Flüchtlingen engagieren, ob als hauptberufliche Tätigkeit über viele Jahre oder nur für einen kürzeren Zeitraum, stellt ein wirksames Zeugnis dar, das weitergeführt und verstärkt werden sollte.
Die konkrete Verantwortung der Staaten
20. Heute ist die Zeit gekommen, das Flüchtlingsproblem völlig unabhängig von jeglichen ideologischen Positionen zu betrachten – diese waren nämlich in der Vergangenheit ein wesentlicher Faktor, der das Zustandekommen von internationalen Vereinbarungen verhindert hat, die den heutigen Notwendigkeiten angemessen wären .
Ein Blick in die Welt im Geiste der Solidarität offenbart sofort die ethisch unannehmbare Tatsache, dass Millionen von Flüchtlingen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. Besonders die Bürger und Institutionen der demokratischen und wirtschaftlich entwickelten Staaten können angesichts einer derartig tragischen Situation nicht gleichgültig bleiben. Untätigkeit oder ein nur mageres Engagement seitens dieser Länder würde in eklatanter Weise den Grundsätzen widersprechen, die sie selbst zu Recht als das Fundament ihrer eigenen, auf die gleiche Würde einer jeden menschlichen Person gegründeten Kultur betrachten. Die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte hängt heute in einem großen Ausmaß von der Fähigkeit der entwickelten Länder ab, den qualitativen Sprung zu einer Änderung jener Strukturen zu vollziehen, die so viele Menschen in einem Zustand der extremen Marginalisierung halten. Es kann sich nicht nur darum handeln, schon entstandene Wunden zu verbinden: entschlossenes Engagement ist notwendig, um die Ursachen für das Entstehen der Flüchtlingsströme anzugehen. Internationale Solidarität muss zuerst und vor allem innerhalb des eigenen Landes praktiziert und sie muss von jedem einzelnen Bürger konkret gelebt werden.(13)
21. Der Schutz der Menschenrechte von innerhalb ein und desselben Landes Vertriebenen erfordert die Schaffung spezifischer rechtlicher Möglichkeiten der Einwirkung und entsprechender angepasster Koordinierungsmechanismen seitens der Völkergemeinschaft, deren rechtmäßige Interventionen dann nicht als Verstöße gegen die nationale Souveränität angesehen werden könnten.
Die heute bereits zu beobachtende Bereitschaft, verschiedene Kategorien gewaltsam entwurzelter und vertriebener Menschen anzuerkennen, stellt eine positive Entwicklung in der internationalen Diskussion dieses Themas dar, die es auch leichter gemacht hat, das Ausmaß der Flüchtlingsmisere insgesamt zu erkennen sowie Hilfeleistungs- und Schutzmaßnahmen zu planen.
22. Ein möglicher Ausdruck der Solidarität gegenüber Flüchtlingen ist die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr, auf die die meisten von ihnen ihre Hoffnung richten. Die Notwendigkeit, ein internationales Kontrollsystem zu schaffen, das es Flüchtlingen ermöglichen müsste, in völliger Freiheit in ihr Heimatland zurückzukehren, ist heute deutlicher denn je.
Solidarität – unausweichliche Notwendigkeit in einer Welt vielfacher gegenseitiger Abhängigkeit
23. Es ist symptomatisch, dass heute nur ein kleiner Prozentsatz von Flüchtlingen in Ländern außerhalb ihrer Herkunftsregion Asyl sucht oder erhält. Zum großen Teil tragen die angrenzenden Länder die Last der Unterstützung, welche den Flüchtlingen zusteht. Diese Last sollte jedoch fair und gerecht von der gesamten weltweiten Völkergemeinschaft getragen werden.(14) Solidarität mit Flüchtlingen erfordert gemeinsame Initiativen humanitärer Hilfe und Kooperation in der Entwicklungsarbeit, wobei Kreativität und wohl verstandene Großzügigkeit heute nötiger sind denn je, um solche Initiativen gedeihen zu lassen.
24. Die Regierungen, die bereits soviel für die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen getan haben, sollten ihre diesbezüglichen Aktivitäten nicht einstellen und ihre Grenzen so lange nicht schließen, wie für viele Flüchtlinge die einzige Überlebenschance darin besteht, in einem dritten Land Zuflucht zu suchen. Obgleich die Ankunft von Flüchtlingen in einem Land unvermeidliche Unannehmlichkeiten schaffen kann, kann ihre Anwesenheit doch auch die Entwicklung der Gesellschaft dieses Landes stimulieren. Eine solche Chance setzt allerdings geeignete politische und wirtschaftliche Entscheidungen des Gastlandes voraus. Die Flüchtlinge müssen ihrerseits einander helfen, indem sie ihre menschlichen und spirituellen Kräfte und Fähigkeiten einsetzen für die Suche nach guten Lösungen, die dazu beitragen, dass sie mit ihrer Situation besser fertig werden können.(15)
Die internationalen Einrichtungen sind aufgerufen, eine Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Kulturen und soziopolitischen Systemen einzunehmen, um den Menschen dabei zu helfen, sich Verhaltensweisen zu eigen zu machen, durch die soziale Integration erleichtert und gefördert wird.
Der Weg der Solidarität verlangt von allen die Überwindung des eigenen Egoismus und der Angst vor dem anderen; er erfordert langfristiges Engagement im Bereich der Bewusstseinsbildung- und Öffentlichkeitsarbeit, die schon durch sich selbst zur Überwindung mancher Ursachen des tragischen Exodus der Flüchtlinge beitragen kann; er erfordert weiterhin die Einrichtung von wirksamen Präventionsmechanismen sowie eine bessere Koordinierung von Maßnahmen und Aktivitäten zwischen den internationalen Organisationen und örtlichen Behörden .
IV. Die Liebe der Kirche zu den Flüchtlingen
Die Fürsorge der Kirche für alle Flüchtlinge
25. Die weltweite Flüchtlingstragödie ist eine „Plage, die typisch und bezeichnend ist für die Ungleichgewichte und Konflikte der heutigen Welt“.(16) Sie zeigt eine geteilte Welt, die weit entfernt ist von dem Ideal: „Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“ (1 Kor 12, 26). Die Kirche bietet allen Flüchtlingen ihre Liebe und Hilfe an ohne Unterschied der Religion oder ethnischen Herkunft, wobei sie in jedem von ihnen die unveräußerliche Würde der menschlichen Person erkennt, die nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurde (vgl. Gen 1, 27).
Christen müssen aus der Gewissheit ihres Glaubens heraus in ihrem Leben zeigen, dass die durch Ungerechtigkeit hervorgerufenen Hindernisse bald zu fallen beginnen, wenn man die Würde der Person mit allen ihren legitimen Bedürfnissen an erste Stelle setzt. Sie wissen, dass Gott, der mit dem Volk Israel den Weg des Exodus auf der Suche nach einem Land ohne Sklaverei ging, auch mit den heutigen Flüchtlingen unterwegs ist, um seinen Plan der Liebe mit ihnen zusammen zu erfüllen.
Die Aufgabe der Ortskirche
26. Die Pflicht, den Flüchtlingen Gastfreundschaft, Solidarität und Hilfe entgegenzubringen, liegt in erster Linie bei der Ortskirche.
Sie ist aufgerufen, die Forderungen des Evangeliums zu verwirklichen und den Betroffenen in der Zeit ihrer Not und Einsamkeit ohne jeden Unterschied die Hand zu reichen. Sie kann dabei ihre Aufgabe in verschiedenen Formen erfüllen: persönliche Kontaktaufnahme; Verteidigung der Rechte von Einzelpersonen und Gruppen; unmissverständliche Verurteilung der Ungerechtigkeiten, die die Wurzel dieses Übels sind; Aktionen für die Einführung von Gesetzen, welche den wirkungsvollen Schutz der Flüchtlinge garantieren; Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen gegen Ausländerfeindlichkeit; Schaffung von Gruppen ehrenamtlich Engagierter und von Nothilfefonds; Seelsorge. Sie wird ferner danach trachten, bei den Flüchtlingen ein respektvolles Verhalten und Offenheit gegenüber dem Gastland zu fördern .
Wenn die Ortskirchen so die Fürsorgeder gesamten Weltkirche zum Ausdruck bringen, dann müssen sie sich auf die tätige Nächstenliebe auch der anderen kirchlichen Gemeinschaften verlassen können, besonders derer mit größeren Ressourcen. Wo Flüchtlinge in großer Zahl anwesend sind,wird die Kirche ihre Zusammenarbeit mit allen interessierten gesellschaftlichen Kräften und Organisationen sowie mit den zuständigen Behörden intensivieren.
Die Gemeinde
27. Der erste Ort, an dem die Kirche den Flüchtlingen ihre Hilfsbereitschaft zeigen muss, ist die Pfarrgemeinde; sie hat die Aufgabe, die Gemeindeglieder für die Not der Flüchtlinge zu sensibilisieren, indem sie sie ermahnt, Fremde freundlich aufzunehmen, wie Jesus es lehrte: „…ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25, 35). Die Gemeinde sollte die Neuankömmlinge nicht als eine Bedrohung ihrer kulturellen Identität und ihres Wohlstands betrachten, sondern als Anruf, gemeinsam mit diesen neuen Brüdern und Schwestern, die selbst reich an bestimmten Gaben sind, den Weg eines Volkes zu gehen, das sich weitere entwickeln und seine Einheit in der Verschiedenheit feiern kann. Wohlwollen, Achtung, Vertrauen und Teilen sind die praktischen Ausdrucks formen einer solchen Kultur der Solidarität und Gastfreundschaft. Die christliche Gemeinde muss Angst und Misstrauen gegenüber Flüchtlingen überwinden und in ihnen das Angesicht des Erlösers sehen können.
Seelsorgerische Betreuung für Lagerbewohner und die am stärksten gefährdeten Gruppen =
28. Alle Flüchtlinge haben das Recht auf umfassende Hilfe, die auch ihre religiösen Bedürfnisse während der Zeit, die sie z. B. als Asylsuchende in einem Lager zubringen müssen, und während des Integrationsprozesses im Gastland berücksichtigt. So können sie Trost und Kraft finden, um ihr schweres Schicksal zu ertragen und in ihrer eigenen religiösen Erfahrung zu wachsen. Es muss deshalb den Geistlichen unterschiedlicher Religionen die volle Freiheit gegeben werden, Flüchtlinge aufzusuchen, mit ihnen zu leben und ihnen angemessene Hilfe und Betreuung zu geben.(17) Die Kirche missbilligt jedoch jede Form des Proselytismus unter den Flüchtlngen, mit dem ihre prekäre Situation ausgenutzt wird; auch und gerade unter den schwierigen Bedingungen des Asyls ist ihre Gewissensfreiheit zu achten.
Ein großer Prozentsatz der Flüchtlinge besteht aus Kindern, die durch das während ihrer Entwicklung erlebte Trauma am schwersten betroffen sind. Ihr physisches, psychisches und spirituelles Gleichgewicht ist ernsthaft gefährdet. Den weltweit größten Prozentsatz der Flüchtlinge nehmen jedoch die Frauen ein, und sie leiden häufig am meisten unter dem Mangel an Verständnis und der Isolierung, denen sie ausgesetzt sind. Angesichts solcher Verhältnisse muss eine gemeinsame Anstrengung zur gezielten moralischen Unterstützung von Flüchtlingen Priorität genießen.
Freiwillige Mitarbeiter vor Ort
29. Freiwillige Sozialarbeiter, Entwicklungshelfer, ehrenamtliche Helfer und Engagierte etc., die bei den Flüchtlingen arbeiten, bedürfen ebenfalls einer besonderen Seelsorge. Sie leben unter Bedingungen, die schwer auf ihnen lasten. Sie sind fast immer weit entfernt von ihrer eigenen sprachlichen und kulturellen Heimat tätig und sehen sich menschlichen Problemen gegenübergestellt, für deren Bewältigung sie nicht immer ausgebildet sind. Daher haben sie Zuspruch und Unterstützung nötig, auch in finanzieller Hinsicht. Die Flüchtlinge selbst sind aufgerufen, mit dem Freiwilligen personal eng zusammenzuarbeiten, wodurch sie auch in die Lage versetzt werden, ihren Nöten und Hoffnungen besser Gehör verschaffen zu können.
Zusammenarbeit innerhalb der Kirche
30. In der Ausübung der Seelsorge für Flüchtlinge ist heute eine Zusammenarbeit zwischen den Kirchen der Herkunftsländer, der Länder, die vorübergehendes Asyl gewähren, und der Länder, in denen sich Flüchtlinge dauerhaft niederlassen, notwendiger als je zuvor; Begegnungen, Treffen und Kooperation zwischen den beteiligten Kirchen sind sehr wichtig, denn sie fördern die geistliche und soziale Zusammenarbeit sowie die Möglichkeit, den Flüchtlingen Priester und Ordensleute der gleichen Sprache und, wenn möglich, der gleichen Kultur zur Verfügung zu stellen. Brüderliche Zusammenarbeit und regionale Koordination zwischen den Kirchen kann einen Dialog zwischen allen mit der Flüchtlingshilfe befassten Gruppen, Organisationen, Institutionen etc. in Gang setzen und verstärken.
31. In diesem Zusammenhang spielen die sozialen und karitativen Organisationen der Bischofskonferenzen, besonders die Pastoralkommissionen, die für die spezifische Hilfe für Flüchtlinge, Vertriebene und andere Migranten zuständig sind, eine wesentliche Rolle und müssen in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen tätig werden.(18) Kulturelle Institutionen, Universitäten und Seminare sind ebenfalls aufgerufen, über das Flüchtlingsproblem und die konkreten Lebensbedingungen von Flüchtlingen nachzudenken. Wenn man eine gesellschaftliche Haltung der Gastfreundschaft fördern will, dann ist es nötig, zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen und geeignete Instrumente der Analyse zu entwickeln.
32. Angesichts des weltumspannenden Charakters ihres Auftrags und ihrer Mitglieder sind die Orden und geistlichen Gemeinschaften dazu aufgefordert, ihre Präsenz unter den Flüchtlingen zu verstärken, um so die Anstrengungen der Ortskirchen zu ergänzen, wobei sie eng mit den Bischöfen zusammenarbeiten sollten. Das oft heldenhafte apostolische Zeugnis vieler Ordensleute auf diesem Gebiet ist ein besonderer Anlass der Freude für die Kirche.
33. Der Dienst der internationalen katholischen Organisationen und Hilfswerke, die in der Sozial- und Entwicklungsarbeit tätig sind, ist ebenfalls von größter Wichtigkeit. Sie dürfen jedoch nicht die von den örtlichen Organisationen zu leistende Arbeit übernehmen, deren unmittelbare Kenntnis des sozialen und kulturellen Umfeldes vor Ort größere Effizienz gewährleistet, sondern müssen diese sinnvoll unterstützen.(19) Darüber hinaus ist es wichtig, die soziale Hilfe nicht von der Seelsorge zu trennen. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls kann so ein effektives Netzwerk aufgebaut werden, das sowohl auf Notfälle reagieren als auch die Aufmerksamkeit auf die wirklichen Ursachen lenken kann, die Flüchtlinge hervorbringen.
Ökumenische Zusammenarbeit der Kirchen und nichtchristlichen Religionen
34. Die Arbeit der Flüchtlingshilfe eröffnet große Möglichkeiten für ökumenisches Handeln. Offenheit, Kommunikation, der Austausch einschlägiger Informationen, gegenseitige Einladungen zu internationalen und regionalen Versammlungen spielen alle eine wichtige Rolle in den ökumenischen Beziehungen und in der Gestaltung einer weltweiten Antwort auf das Flüchtlingsproblem.
Auf dem Weg zu einer stärkeren Einheit der Menschheitsfamilie wird sich die Kooperation in der Flüchtlingsarbeit unter den christlichen Kirchen sowie zwischen diesen und den verschiedenen nichtchristlichen Religionen als fruchtbar erweisen. Die Erfahrung des Exils kann daneben zu einer besonderen Zeit der Gnade werden, so wie es dem Volk Israel geschah, das beim Auszug aus Ägypten in der Wüste am Sinai den Namen Gottes kennenlernte und seine befreiende Macht erfuhr.
Schlussbetrachtung: Flüchtlinge und Asylanten – eine Herausforderung zur Solidarität
35. Von der Not und den menschenunwürdigen Lebensbedingungen eines Flüchtlingsdaseins werden heute Gruppen und ganze Völker überall auf der Erde heimgesucht. Ihr Schicksal muss als Ergebnis eines fortgesetzten Angriffs auf grundlegende Menschenrechte angesehen werden. Das Ausmaß der Tragödie treibt die Betroffenen an die Grenzen menschlicher Leidensfähigkeit und stellt eine unmissverständliche Herausforderung an das Gewissen aller Menschen dar.
36. Die Kirche als ein „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit “(20) nimmt den Anruf an, eine menschliche Zivilisation der Liebe aufzubauen und setzt zu diesem Zweck alle ihr verfügbaren Mittel ein, ihre verschiedenen inneren Strukturen, ihre vielfältigen Werke und Dienste sowie die ökumenische Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und Religionen. Sie bietet ihre selbstlose Liebe allen Flüchtlingen an, lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf deren Lage und bringt ihre ethische und religiöse Anschauung von der Würde eines jeden Menschen, die wiederhergestellt und aufrechterhalten werden muss, ein.
Ihre im Laufe der Geschichte erworbene Erfahrung in vielfältigen Diensten der Nächstenliebe, ergänzt durch die einschlägige fachliche Reflexion und Arbeit vieler Menschen, kann eine entscheidende Hilfe bei der Erziehung und Ausbildung zukünftiger Generationen sowie bei der Erarbeitung geeigneter Gesetze sein.
37. Zwischenmenschliche Solidarität, wie sie bezeugt wird durch jede Gemeinschaft, die Flüchtlinge willkommen heißt, und durch das Engagement nationaler und internationaler Organisationen, die sich ihrer annehmen, ist eine Quelle der Hoffnung für die reale Möglichkeit menschlichen Zusammenlebens in Brüderlichkeit und Frieden.
Anmerkungen
1 Vgl. JOHANNES PAU L II., Enzyklika Centesimus annus, N r. 18: „Viele Völker verlieren die Möglichkeit, über sich selbst zu verfügen. Sie werden in die bedrückenden Grenzen eines Machtblockes eingeschlossen, während man darauf hinarbeitet, ihr Geschichtsbewusstsein und die Wurzeln ihrer jahrhundertealten Kultur auszulöschen. Ungeheure Massen von Menschen werden als Folge der gewaltsamen Teilung dazu gezwungen, ihr Land zu verlassen und werden gewaltsam vertrieben. “
2 Vgl. Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, Bundesgesetzblatt 1953 Teil II, S. 559 ff.; Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. 1. 1967, Bundesgesetzblatt 1969 Teil II, S. 1294 ff. Das Abkommen definiert einen Flüchtling als eine Person, „die aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will“ (Artikel I,A . 2).
3 Vgl. Final Act of the United Nations Conference of Plenipotentiaries on the Status of Refugees and Stateless Persons (Schlussakte der UN-Konferenz der Regierungsbevollmächtigten über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen), Genf, 28. Juli 1951, Artikel IV, E. „Die Konferenz drückt die Hoffnung aus, dass die Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge das Gewicht eines Beispiels über ihren vertraglichen Rahmen hinaus haben wird und dass alle Nationen sich davon leiten lassen, indem sie soweit wie möglich auch solchen Personen auf ihrem Territorium, die nicht unter die Bestimmungen der Konvention fallen, gleich wohl jene Behandlung, wie sie letztere für Flüchtlinge vorsieht, zuteil werden lassen.“
4 Einige offizielle Erklärungen und Vereinbarungen haben die Definition des Begriffs „Flüchtling“ im Sinne einer humanitären Betrachtungsweise erweitert, so z. B. die Erklärung überterritoriales Asyl, verabschiedet von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 14. 12. 1967; die Konvention der Organisation der Afrikanischen Einheit vom 10. 9. 1969, welche die besonderen Aspekte der Flüchtlingsprobleme in Afrika regelt; die Konferenz von Cartagena (Kolumbien) vom 22. 11. 1984, deren Schlussdeklaration, die allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur das Gewicht eines informellen Konsensus auf internationaler Ebene hat, eben falls eine aus ihrem Land wegen „schwerwiegender Verletzung der Menschenrechte“ geflohene Person als einen Flüchtling betrachtet (III, 3).
5 Die von der Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 1986 verabschiedete Erklärung über das Recht auf Entwicklung würde eigentlich eine besondere Überlegung erfordern hinsichtlich der Möglichkeiten, die in Kraft befindlichen rechtlichen Instrumente (also z. B. internationale Abkommen) auch auf solche Menschen anzuwenden, die ein Land verlassen haben, in welchem ihr Recht auf Entwicklung nicht respektiert wird. Denn stellt dies nicht eine neue Form der „Verfolgung“ wegen einer Zugehörigkeit „zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ dar entsprechend Artikel I, A.2 der Konvention von 1951?
6 JOHANNES XXIII., Enzyklika Pacem in terris, N r. 104. Das Phänomen der Existenz von Flüchtlingen „zeigt, dass die Regierungen gewisser Nationen die Grenzen der gehörigen Freiheit allzu sehr einengen, in deren Bereich es den einzelnen gestattet sein soll, ein menschenwürdiges Leben zu führen“.
7 Die Römische KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE, Instruktion zur Seelsorge unter den Wandernden vom 22. August 1969, 6, in: Beilage zum Kirchlichen Amtsblatt für das Bistum Mainz 1970. Nachkonziliare Dokumente N r. 28, S. 6: „Aus der Natur des Menschen, der ein soziales Wesen ist, folgt, dass er Bürger eines Staates und eines Vaterlandes ist, dem er (. . .) auch durch Geist und Kultur verbunden ist. Dieses wesentliche und fundamentale Recht wird verletzt, wenn dem einzelnen oder ethnischen Gruppen wegen der Verschiedenheit der Abstammung, der Religion oder aus anderen Gründen Haus und Vaterland genommen werden.“
8 Vgl. EUROPARAT, Final Communiqué, Conference of Ministers on the Movement of Persons from Central and Eastern European Countries (Schlusskommuniqué deer Ministerkonferenz über Ost-West-Wanderungsfragen des Europarats), Wien, 24.–25. 1. 1991.
9 Die Vereinten Nationen hatten im Jahre 1977 in Genf eine diplomatische Konferenz einberufen, um eine Konvention über territoriales Asyl zu erarbeiten, die den durch die Entwicklung des Flüchtlingsproblems entstandenen Raum der Rechtsunsicherheit hätte füllen können. Leider schlug die Initiative, hauptsächlich wegen der ideologischen Gegensätze zwischen den damals bestehenden politischen Blöcken, fehl. Heute, 15 Jahre später, ist die Völkergemeinschaft in einem neuen geopolitischen Kontext erneut aufgerufen, ein wirksames juristisches Instrument zu schaffen mit dem Ziel, allen Flüchtlingen in unserer heutigen Welt angemessenen Schutz zu sichern.
10 Ein Beschluss des Exekutivkomitees des Hohen Kommissariats der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (Schutz von Asylsuchenden in Fällen von Massenfluchtbewegungen. Beschluss des Exekutivkomitees Nr. 22, 1981) legt den Grundsatz fest, nach dem Asylsuchende „in angemessener Entfernung von der Grenze zu ihrem Herkunftsland“ untergebracht werden müssen.
11 ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 4.
12 Unter den Organisationen der Vereinten Nationen, die für Flüchtlinge tätig sind, muss auch das im Jahre 1949 geschaffene Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East/UNRWA) genannt werden.
Unter den Nichtregierungsorganisationen hat u. a. die vom Heiligen Stuhl 1951 gegründete Internationale Katholische Kommission für Wanderungsfragen (International Catholic Migration Commission/ICMC) eine bedeutsame Rolle gespielt im Dienst an Flüchtlingen und anderen „Menschen unterwegs“.
13 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Sollicitudo rei socialis, N r. 38. „Vor allem die Tatsache der gegenseitigen Abhängigkeit wird als entscheidendes System von Beziehungen in der heutigen Welt mit seinen wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und religiösen Faktoren verstanden und als moralische Kategorie angenommen. Wenn die gegenseitige Abhängigkeit in diesem Sinne anerkannt wird, ist die ihr entsprechende Antwort als moralisches und soziales Verhalten, als ,Tugend‘ also, die Solidarität. Diese ist nicht ein Gefühl vagen Mitleids oder oberflächlicher Rührung wegen der Leiden so vieler Menschen nah oder fern. Im Gegenteil, sie ist die feste und beständige Entschlossenheit, sich für das ,Gemeinwohl‘ einzusetzen, das heißt, für das Wohl aller und eines jeden, weil wir alle für alle verantwortlich sind. “
14 JOHANNES PAUL II., Botschaft an die 2. Internationale Konferenz der Vereinten Nationen über Hilfe für Flüchtlinge in Afrika (ICARA II) vom 5. 7. 1984, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, VII (1984/2), 26–28 (in französischer Sprache).
15 Vgl. JOHANNES PAUL II., Flüchtlinge sind die Nächsten der Nächsten, Botschaft für die Fastenzeit 1990, in: L’ Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 2. 3. 1990, Abschnitt 5, S. 3; JOHANNES PAUL II., Fasten und Solidarität. Papstbotschaften zur Fastenzeit, hrs g. v. Päpstlichen Rat „Cor Unum“, Vatikanstadt 1991, S. 39.
16 JOHANNES PAUL II., Enzyklika Sollicitudo rei socialis, N r. 24.
17 PONTIFICAL COMMISSION FOR THEPASTORAL CARE OF MIGRANTS AND TOURISM, Circular Letter to Episcopal Conferences, For the Pastoral Care of Refugees: On the Move, 36, Vatikanstadt 1983 (Rundschreiben der Päpstlichen Kommission für die Seelsorge am Menschen unterwegs – heute Päpstlicher Rat für die Seelsorge der Migranten und Menschen unterwegs – an die Bischofskonferenzen über die Seelsorge an Flüchtlingen; existiert in englischer, französischer und italienischer Sprache, nicht jedoch auf deutsch. Anm. d. Übers.) .
18 Hier sollte der bedeutende Beitrag zahlreicher Orden und Kongregationen, die spezialisierte Zentren und Programme für den Dienst an Flüchtlingen geschaffen haben, nicht unerwähnt bleiben .
19 Vgl. JOHANNES PAUL II., Address at the John XXIII International Peace Prize Ceremony (Ansprache anlässlich der Verleihung des Internationalen Friedenspreises Johannes ’ XXIII. an das Catholic Office for Emergency Relief and Refugees (COERR) in Thailand in Anerkennung seiner Arbeit zugunsten der südostasiatischen Flüchtlinge am 3. 6.1986), in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, IX (1986/1) 1747–1756.
20 ZWEITES VAT I K ANISCHES KONZIL, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Nr. 1.