Porta fidei (Wortlaut): Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 25. März 2021, 12:53 Uhr
Porta fidei |
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von Papst
Benedikt XVI.
mit dem das Jahr des Glaubens ausgerufen wird
11. Oktober 2011
(Offizieller lateinischer Text: AAS 103 [2011/11] 723-734; Osservatore Romano am 21. Oktober 2011, S. 10-12)
Hintergrund
Am 16. Oktober 2011 kündigte Papst Benedikt XVI. seine Entscheidung an, ein besonderes „Jahr des Glaubens“ auszurufen, das am 11. Oktober 2012 – dem 50. Jahrestag der Eröffnung des 2. Ökumenischen Vatikanischen Konzils – beginnen und am 24. November 2013, dem Hochfest Christkönig, abgeschlossen wurde.
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
1. Die „Tür des Glaubens“ (vgl. Apg 14,27), die in das Leben der Gemeinschaft mit Gott führt und das Eintreten in seine Kirche erlaubt, steht uns immer offen. Es ist möglich, diese Schwelle zu überschreiten, wenn das Wort Gottes verkündet wird und das Herz sich durch die verwandelnde Gnade formen läßt. Durch diese Tür zu gehen bedeutet, einen Weg einzuschlagen, der das ganze Leben fortdauert. Er beginnt mit der Taufe (vgl. Röm 6,4), durch die wir Gott Vater nennen dürfen, und endet mit dem Übergang durch den Tod hindurch in das Ewige Leben, das Frucht der Auferstehung Jesu, des Herrn, ist. Er wollte durch das Geschenk des Heiligen Geistes alle, die an ihn glauben, in seine Herrlichkeit einbeziehen (vgl. Joh 17,22). Den Glauben an die Trinität – den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist – zu bekennen entspricht an einen einzigen Gott, der die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,8), zu glauben: an den Vater, der zu unserem Heil in der Fülle der Zeit seinen Sohn gesandt hat; an Jesus Christus, der in dem Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung die Welt erlöst hat; an den Heiligen Geist, der die Kirche durch die Jahrhunderte führt in der Erwartung der Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit.
2. Vom Anfang meines Dienstes als Nachfolger Petri an habe ich an die Notwendigkeit erinnert, den Weg des Glaubens wiederzuentdecken, um die Freude und die erneute Begeisterung der Begegnung mit Christus immer deutlicher zutage treten zu lassen. In der Predigt während der heiligen Messe zum Beginn des Pontifikats habe ich gesagt: „Die Kirche als ganze und die Hirten in ihr müssen wie Christus sich auf den Weg machen, um die Menschen aus der Wüste herauszuführen zu den Orten des Lebens – zur Freundschaft mit dem Sohn Gottes, der uns Leben schenkt, Leben in Fülle.“<ref> Predigt zur Amtseinführung als Bischof von Rom (24. April 2005): AAS 97 (2005), 710.</ref> Nun geschieht es nicht selten, dass die Christen sich mehr um die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen ihres Einsatzes kümmern und dabei den Glauben immer noch als eine selbstverständliche Voraussetzung des allgemeinen Lebens betrachten. In Wirklichkeit aber besteht diese Voraussetzung nicht nur nicht mehr in dieser Form, sondern wird häufig sogar geleugnet.<ref> Vgl. Benedikt XVI., Predigt in der heiligen Messe auf dem Terreiro do Paço, Lissabon (11. Mai 2010): Insegnamenti VI, 1 (2010), 673.</ref> Während es in der Vergangenheit möglich war, ein einheitliches kulturelles Gewebe zu erkennen, das in seinem Verweis auf die Glaubensinhalte und die von ihnen inspirierten Werte weithin angenommen wurde, scheint es heute in großen Teilen der Gesellschaft aufgrund einer tiefen Glaubenskrise, die viele Menschen befallen hat, nicht mehr so zu sein.
3. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Salz schal wird und das Licht verborgenen gehalten wird (vgl. Mt 5,13-16). Auch der Mensch von heute kann wieder das Bedürfnis verspüren, wie die Samariterin zum Brunnen zu gehen, um Jesus zu hören, der dazu einlädt, an ihn zu glauben und aus der Quelle zu schöpfen, aus der lebendiges Wasser hervorsprudelt (vgl. Joh 4,14). Wir müssen wieder Geschmack daran finden, uns vom durch die Kirche treu überlieferten Wort Gottes und vom Brot des Lebens zu nähren – Gaben, die allen zur Stärkung angeboten werden, die seine Jünger sind (vgl. Joh 6,51). Die Lehre Jesu ertönt nämlich noch in unseren Tagen mit derselben Kraft: „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt“ (Joh 6,27). Die Frage derer, die ihn hörten, ist die gleiche auch für uns heute: „Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?“ (Joh 6,28). Die Antwort Jesu kennen wir: „Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat“ (Joh 6,29). An Jesus Christus zu glauben ist also der Weg, um endgültig zum Heil zu gelangen.
4. Im Licht all dessen habe ich entschieden, ein Jahr des Glaubens auszurufen. Es wird am 11. Oktober 2012, dem fünfzigsten Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, beginnen und am Christkönigssonntag, dem 24. November 2013, enden. Auf das Datum des 11. Oktobers 2012 fällt auch das zwanzigjährige Jubiläum der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche, eines Textes, den mein Vorgänger, der selige Papst Johannes Paul II., mit dem Ziel promulgierte,<ref> Vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Fidei depositum (11. Oktober 1992): AAS 86 (1994), 113-118.</ref> allen Gläubigen die Kraft und die Schönheit des Glaubens vor Augen zu führen. Dieses Dokument, eine authentische Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils, sollte nach dem Wunsch der Außerordentlichen Bischofssynode von 1985 ein Instrument im Dienst der Katechese sein<ref> Vgl. Abschlußbericht der Außerordentlichen Bischofssynode (7. Dezember 1985), II, B, a, 4: Ench. Vat., Bd. 9, Nr. 1797.</ref> und wurde durch die Zusammenarbeit des gesamten Episkopates der katholischen Kirche erstellt. Und gerade die Vollversammlung der Bischofssynode ist von mir für den Oktober 2012 zum Thema „Die Neuevangelisierung zur Weitergabe des christlichen Glaubens“ einberufen worden. Das wird eine günstige Gelegenheit sein, um das gesamte kirchliche Gefüge in eine Zeit der besonderen Besinnung und der Wiederentdeckung des Glaubens zu führen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Kirche aufgerufen wird, ein Jahr des Glaubens zu feiern. Mein verehrter Vorgänger, der Diener Gottes Paul VI., rief 1967 ein ähnliches Jahr aus, um des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus anläßlich der 1900-Jahr-Feier ihres letzten Zeugnisses zu gedenken. Er plante es als einen festlichen Anlass, damit es in der ganzen Kirche „ein authentisches und aufrichtiges Bekenntnis ein und desselben Glaubens“ gebe; zudem wollte er, dass dieser Glaube „einzeln und gemeinschaftlich, frei und bewusst, innerlich und äußerlich, demütig und freimütig“<ref> Paul VI., Apostolisches Schreiben Petrum et Paulum apostolos anläßlich der 1900-Jahr-Feier des Martyriums der heiligen Apostel Petrus und Paulus (22. Februar 1967): AAS 59 (1967), 196.</ref> bekräftigt würde. Er dachte, auf diese Weise könne die ganze Kirche eine „genaue Kenntnis ihres Glaubens“ wiedergewinnen, „um ihn neu zu beleben, ihn zu läutern, zu festigen und zu bekennen“.<ref> Ebd., 198.</ref> Die großen Umwälzungen, die in jenem Jahr geschahen, machten die Notwendigkeit einer solchen Feier noch deutlicher. Sie wurde mit dem Credo des Volkes Gottes<ref> Paul VI., Feierliches Glaubensbekenntnis, Predigt bei der Konzelebration zur 1900-Jahr-Feier des Martyriums der heiligen Apostel Petrus und Paulus zum Abschluss des „Jahres des Glaubens“ (30. Juni 1968): AAS 60 (1968), 433-445.</ref> abgeschlossen, um zu beweisen, wie dringend die wesentlichen Inhalte, die seit Jahrhunderten das Erbe aller Gläubigen bilden, immer neu bekräftigt, verstanden und vertieft werden müssen, um unter geschichtlichen Bedingungen, die sich von denen der Vergangenheit unterscheiden, ein kohärentes Zeugnis zu geben.
5. In gewisser Hinsicht betrachtete mein verehrter Vorgänger dieses Jahr als eine „Konsequenz aus dem Konzil und ein nachkonziliäres Erfordernis“,<ref> Ders., Generalaudienz (14. Juni 1967): Insegnamenti V (1967), 801.</ref> da er sich der schweren Probleme der Zeit – vor allem in bezug auf das Bekenntnis des wahren Glaubens und seine rechte Auslegung – wohl bewusst war. Ich war der Meinung, den Beginn des Jahres des Glaubens auf das Datum des fünfzigsten Jahrestags der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils zu legen, könne eine günstige Gelegenheit bieten, um zu begreifen, dass die von den Konzilsvätern als Erbe hinterlassenen Texte gemäß den Worten des seligen Johannes Paul II. „weder ihren Wert noch ihren Glanz verlieren. Sie müssen auf sachgemäße Weise gelesen werden, damit sie aufgenommen und verarbeitet werden können als qualifizierte und normgebende Texte des Lehramtes innerhalb der Tradition der Kirche […] Ich fühle mich mehr denn je dazu verpflichtet, auf das Konzil als die große Gnade hinzuweisen, in deren Genuß die Kirche im 20. Jahrhundert gekommen ist. In ihm ist uns ein sicherer Kompaß geboten worden, um uns auf dem Weg des jetzt beginnenden Jahrhunderts zu orientieren.“<ref> Vgl. Johannes Paul II., Schreiben Novo millennio ineunte, (6. Januar 2001), 57: AAS 93 (2001), 308.</ref> Auch ich möchte mit Nachdruck hervorheben, was ich wenige Monate nach meiner Wahl zum Nachfolger Petri in bezug auf das Konzil gesagt habe: „Wenn wir es mit Hilfe der richtigen Hermeneutik lesen und rezipieren, dann kann es eine große Kraft für die stets notwendige Erneuerung der Kirche sein und immer mehr zu einer solchen Kraft werden.“<ref> Ansprache an die Römische Kurie (22. Dezember 2005): AAS 98 (2006), 52.</ref>
6. Die Erneuerung der Kirche geschieht auch durch das Zeugnis, das das Leben der Gläubigen bietet: Die Christen sind nämlich berufen, mit ihrer Existenz in der Welt das Wort der Wahrheit, das der Herr uns hinterlassen hat, leuchten zu lassen. Gerade das Konzil stellte in der Dogmatischen Konstitution Lumen gentium fest: „Während aber Christus heilig, schuldlos, unbefleckt war (Hebr 7,26) und Sünde nicht kannte (2 Kor 5,21), sondern allein die Sünden des Volkes zu sühnen gekommen ist (vgl. Hebr 2,17), umfaßt die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung. Die Kirche »schreitet zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes auf ihrem Pilgerweg dahin« und verkündet das Kreuz und den Tod des Herrn, bis er wiederkommt (vgl. 1 Kor 11,26). Von der Kraft des auferstandenen Herrn aber wird sie gestärkt, um ihre Trübsale und Mühen, innere gleichermaßen wie äußere, durch Geduld und Liebe zu besiegen und sein Mysterium, wenn auch schattenhaft, so doch getreu in der Welt zu enthüllen, bis es am Ende im vollen Lichte offenbar werden wird.“<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen gentium, Nr. 8.</ref>
Aus dieser Sicht ist das Jahr des Glaubens eine Aufforderung zu einer echten und erneuerten Umkehr zum Herrn, dem einzigen Retter der Welt. Im Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung hat Gott die rettende Liebe vollends offenbart und ruft die Menschen durch die Vergebung der Sünden zur Umkehr des Lebens (vgl. Apg 5,31). Diese Liebe – so der Apostel Paulus – führt den Menschen in ein neues Leben: „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Röm 6,4). Durch den Glauben gestaltet dieses neue Leben die gesamte menschliche Existenz nach der radikalen Neuheit der Auferstehung. Im Maß der freien Bereitschaft des Menschen werden seine Gedanken und Gefühle, seine Mentalität und sein Verhalten allmählich geläutert und verwandelt auf einem Weg, der in diesem Leben nie gänzlich vollendet wird. Der „Glaube, der in der Liebe wirksam ist“ (vgl. Gal 5,6), wird zu einem neuen Maßstab für das Denken und Tun, der das ganze Leben des Menschen verändert (vgl. Röm 12,2; Kol 3,9-10; Eph 4,20-29; 2 Kor 5,17).
7. „Caritas Christi urget nos“ (2 Kor 5,14): Die Liebe Christi ist es, die unsere Herzen erfüllt und uns dazu drängt, das Evangelium zu verkünden. Heute wie damals sendet er uns auf die Straßen der Welt, um sein Evangelium allen Völkern der Erde bekanntzumachen (vgl. Mt 28,19). Mit seiner Liebe zieht Jesus Christus die Menschen aller Generationen an sich: Zu allen Zeiten ruft er die Kirche zusammen und vertraut ihr die Verkündigung des Evangeliums mit einem Auftrag an, der immer neu ist. Darum ist auch heute ein überzeugterer kirchlicher Einsatz für eine neue Evangelisierung notwendig, um wieder die Freude am Glauben zu entdecken und die Begeisterung in der Weitergabe des Glaubens wiederzufinden. Im täglichen Wiederentdecken der Liebe Gottes schöpft der missionarische Einsatz der Gläubigen, der niemals nachlassen darf, Kraft und Stärke. Der Glaube wächst nämlich, wenn er als Erfahrung einer empfangenen Liebe gelebt und als Erfahrung von Gnade und Freude vermittelt wird. Er macht fruchtbar, weil er das Herz in der Hoffnung weitet und befähigt, ein Zeugnis zu geben, das etwas zu bewirken vermag: Er öffnet nämlich Herz und Sinn der Zuhörer, damit sie die Einladung des Herrn, seinem Wort zuzustimmen und seine Jünger zu werden, annehmen. Die Gläubigen „werden stärker, indem sie glauben“, bezeugt der heilige Augustinus.<ref> De utilitate credendi, 1,2.</ref> Der heilige Bischof von Hippo hatte gute Gründe, sich so auszudrücken. Wie wir wissen, war sein Leben eine ständige Suche nach der Schönheit des Glaubens, bis sein Herz in Gott Ruhe fand.<ref> Vgl. Augustinus, Bekenntnisse, I,1.</ref> Seine zahlreichen Schriften, in denen die Bedeutung des Glaubensaktes und die Wahrheit des Glaubens erklärt werden, bleiben bis in unsere Tage ein Erbe unvergleichlichen Reichtums und ermöglichen immer noch vielen Menschen auf der Suche nach Gott, den rechten Weg zu finden, um zur „Tür des Glaubens“ zu gelangen.
Nur glaubend also wächst der Glaube und wird stärker; es gibt keine andere Möglichkeit, Gewißheit über das eigene Leben zu haben, als sich in ständig zunehmendem Maße den Händen einer Liebe zu überlassen, die als immer größer erfahren wird, weil sie ihren Ursprung in Gott hat.
8. Aus Anlass dieses besonderen Jahrestags möchte ich die Mitbrüder im Bischofsamt auf dem ganzen Erdkreis einladen, sich in dieser Zeit der geistlichen Gnade, die der Herr uns anbietet, dem Nachfolger Petri anzuschließen, um des kostbaren Geschenks des Glaubens zu gedenken. Wir wollen dieses Jahr in würdiger und schöpferischer Weise feiern. Es soll intensiver über den Glauben nachgedacht werden, um allen, die an Christus glauben, zu helfen, ihre Zustimmung zum Evangelium bewusster und stärker werden zu lassen, vor allem in einem Moment tiefgreifender Veränderungen, wie ihn die Menschheit gerade erlebt. Wir werden die Gelegenheit haben, den Glauben an den auferstandenen Herrn in unseren Kathedralen und in allen Kirchen der Welt, in unseren Häusern und bei unseren Familien zu bekennen, damit jeder das starke Bedürfnis verspürt, den unveränderlichen Glauben besser zu kennen und an die zukünftigen Generationen weiterzugeben. Die Ordensgemeinschaften sowie die Pfarrgemeinden und alle alten wie neuen kirchlichen Realitäten werden Gelegenheit finden, in diesem Jahr das Credo öffentlich zu bekennen.
9. Wir wünschen uns, dass dieses Jahr in jedem Gläubigen das Verlangen wecke, den Glauben vollständig und mit erneuerter Überzeugung, mit Vertrauen und Hoffnung zu bekennen. Es wird eine günstige Gelegenheit sein, um auch die Feier des Glaubens in der Liturgie zu verstärken, besonders in der Eucharistie, die der „Höhepunkt [ist], dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“.<ref> Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium.</ref> Zugleich wünschen wir uns, dass das Zeugnis des Lebens der Gläubigen an Glaubwürdigkeit gewinnt. Die Inhalte des Glaubens, der bekannt, gefeiert, gelebt und im Gebet ausgedrückt wird, wiederzuentdecken<ref> Vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Fidei depositum (11. Oktober 1992): AAS 86 (1994), 116.</ref> und über den Glaubensakt selbst nachzudenken, ist eine Verpflichtung, die jeder Gläubige übernehmen muß, vor allem in diesem Jahr.
Nicht zufällig waren die Christen in den ersten Jahrhunderten angehalten, das Credo auswendig zu lernen. Das diente ihnen als tägliches Gebet, um die mit der Taufe übernommene Verpflichtung nicht zu vergessen. Mit bedeutungsvollen Worten erinnert der heilige Augustinus daran, wenn er in einer Predigt über die redditio symboli – die Übergabe des Credo – sagt: „Das Symbolum des heiligen Geheimnisses, das ihr alle gemeinsam empfangen und das ihr heute einzeln wiedergegeben habt, sind die Worte, auf die der Glaube der Mutter Kirche fest gegründet ist, über dem sicheren Fundament, das Christus, der Herr, ist. Ihr habt es also empfangen und wiedergegeben, aber im Geist müßt ihr es immer gegenwärtig halten, ihr müßt es im Bett wiederholen, auf den Plätzen darüber nachdenken und es während der Mahlzeiten nicht vergessen; und selbst wenn euer Leib schläft, muß euer Herz in ihm wachen.“<ref> Sermo 215,1.</ref>
10. An dieser Stelle möchte ich einen Weg skizzieren, der nicht nur die Glaubensinhalte tiefer zu verstehen hilft, sondern zusammen mit ihnen auch den Akt, mit dem wir beschließen, uns Gott in völliger Freiheit gänzlich anzuvertrauen. Es besteht nämlich eine tiefe Einheit zwischen dem Glaubensakt und den Inhalten, denen wir zustimmen. Der Apostel Paulus ermöglicht es, ins Innere dieser Wirklichkeit einzudringen, wenn er schreibt: „Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt…“ (Röm 10,10a). Das Herz zeigt an, dass der erste Schritt, mit dem man zum Glauben kommt, eine Gabe Gottes und ein Akt der Gnade ist, die wirkt und den Menschen bis ins Innerste verwandelt.
In diesem Zusammenhang ist das Beispiel der Lydia sehr bedeutsam. Der heilige Lukas erzählt, dass Paulus, als er in Philippi war, sich am Sabbat aufmachte, um einigen Frauen das Evangelium zu verkünden; unter ihnen war Lydia, und „der Herr öffnete ihr das Herz, so dass sie den Worten des Paulus aufmerksam lauschte“ (Apg 16,14). Der in diesen Worten enthaltene Sinn ist wichtig. Der heilige Lukas lehrt, dass die Kenntnis der zu glaubenden Inhalte nicht genügt, wenn dann das Herz, das echte „Heiligtum“ des Menschen, nicht durch die Gnade geöffnet wird, die die Augen schenkt, um in die Tiefe zu sehen und zu verstehen, dass das, was verkündet wurde, das Wort Gottes ist.
Mit dem Mund bekennen bedeutet seinerseits, dass der Glaube ein öffentliches Zeugnis und Engagement einschließt. Der Christ darf niemals meinen, glauben sei eine Privatsache. Der Glaube ist die Entscheidung, beim Herrn zu sein und mit ihm zu leben. Dieses „Bei-ihm-Sein“ führt in das Verständnis der Gründe ein, warum man glaubt. Gerade weil der Glaube ein Akt der Freiheit ist, erfordert er auch die gesellschaftliche Verantwortung für das, was man glaubt. Am Pfingsttag zeigt die Kirche in aller Deutlichkeit diese öffentliche Dimension, das heißt zu glauben und den eigenen Glauben furchtlos allen Menschen zu verkünden. Es ist die Gabe des Heiligen Geistes, der zur Mission befähigt und unser Zeugnis stärkt, indem er es freimütig und mutig sein läßt.
Das Bekenntnis des Glaubens selbst ist ein persönlicher und zugleich gemeinschaftlicher Akt. Der erste Träger des Glaubens ist nämlich die Kirche. Im Glauben der christlichen Gemeinde empfängt jeder die Taufe, das wirksame Zeichen der Eingliederung in das Volk der Gläubigen, um das Heil zu erlangen. So bestätigt der Katechismus der Katholischen Kirche: „»Ich glaube«: das ist der Glaube der Kirche, wie ihn jeder Glaubende, vor allem bei der Taufe, persönlich bekennt. »Wir glauben«: das ist der Glaube der Kirche, wie ihn die zum Konzil versammelten Bischöfe oder, allgemeiner, die zur Liturgie versammelten Gläubigen bekennen. »Ich glaube«: So spricht auch die Kirche, unsere Mutter, die durch ihren Glauben Gott antwortet und uns sagen lehrt: »Ich glaube«, »wir glauben«.“<ref> Nr. 167.</ref>
Wie man feststellen kann, ist die Kenntnis der Glaubensinhalte wesentlich, um die eigene Zustimmung zu geben, das heißt um sich dem, was von der Kirche vorlegt wird, mit Verstand und Willen völlig anzuschließen. Die Kenntnis des Glaubens führt in das Ganze des von Gott offenbarten Heilgeheimnisses ein. Die gegebene Zustimmung schließt also ein, dass man, wenn man glaubt, freiwillig das gesamte Glaubensgeheimnis annimmt, denn der Bürge für seine Wahrheit ist Gott selbst, der sich offenbart und es ermöglicht, sein Geheimnis der Liebe zu erkennen.<ref> Vgl. Erstes Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über den katholischen Glauben Dei filius, Kap. III: DS 3008-3009; Zweites Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 5.</ref>
Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass in unserem kulturellen Kontext viele Menschen zwar die Gabe des Glaubens selbst nicht kennen, doch ernstlich auf der Suche nach dem letzten Sinn und der endgültigen Wahrheit über ihr Leben und über die Welt sind. Diese Suche ist ein authentisches „Vorspiel“ zum Glauben, weil es die Menschen auf dem Weg bewegt, der zum Geheimnis Gottes führt. Die Vernunft des Menschen trägt selbst das Bedürfnis nach dem „immer Gültigen und Bleibenden“<ref> Vgl. Benedikt XVI., Ansprache im Collège des Bernardins, Paris (12. September 2008): AAS 100 (2008), 722.</ref> in sich. Dieses Bedürfnis stellt eine unauslöschlich ins menschliche Herz eingeschriebene ständige Einladung dar, sich auf den Weg zu machen, um den zu treffen, den wir nicht suchen würden, wenn er uns nicht bereits entgegengekommen wäre.<ref> Vgl. Augustinus, Bekenntnisse, XIII, 1.</ref> Eben zu dieser Begegnung lädt der Glaube uns ein und öffnet uns vollends.
11. Um zu einer systematischen Kenntnis der Glaubensgeheimnisse zu gelangen, können alle im Katechismus der Katholischen Kirche ein wertvolles und unentbehrliches Hilfsmittel finden. Er ist eine der wichtigsten Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils. In der Apostolischen Konstitution Fidei depositum, die nicht zufällig anläßlich des dreißigsten Jahrestags der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils unterzeichnet wurde, schrieb der selige Johannes Paul II.: „Dieser Katechismus [wird] einen sehr wichtigen Beitrag zum Werk der Erneuerung des gesamten kirchlichen Lebens leisten … Ich erkenne ihn als gültiges und legitimes Werkzeug im Dienst der kirchlichen Gemeinschaft an, ferner als sichere Norm für die Lehre des Glaubens.“<ref> Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Fidei depositum (11. Oktober 1992): AAS 86 (1994), 115 und 117.</ref>
In ebendieser Aussicht soll das Jahr des Glaubens einen einhelligen Einsatz für die Wiederentdeckung und das Studium der grundlegenden Glaubensinhalte zum Ausdruck bringen, die im Katechismus der Katholischen Kirche systematisch und organisch zusammengefaßt sind. Dort leuchtet nämlich der Reichtum der Lehre auf, die die Kirche in den zweitausend Jahren ihrer Geschichte empfangen, gehütet und dargeboten hat. Von der Heiligen Schrift zu den Kirchenvätern, von den Lehrern der Theologie zu den Heiligen über die Jahrhunderte hin bietet der Katechismus eine bleibende Erinnerung an die vielen Weisen, in denen die Kirche über den Glauben meditiert und Fortschritte in der Lehre hervorgebracht hat, um den Gläubigen in ihrem Glaubensleben Sicherheit zu geben.
In seinem Aufbau selbst zeigt der Katechismus der Katholischen Kirche die Entwicklung des Glaubens bis hin zur Erwähnung der großen Themen des täglichen Lebens. Seite für Seite entdeckt man, dass das Dargestellte nicht eine Theorie, sondern die Begegnung mit einer Person ist, die in der Kirche lebt. Auf das Glaubensbekenntnis folgt nämlich die Erklärung des sakramentalen Lebens, in dem Christus gegenwärtig ist, wirkt und fortwährend seine Kirche aufbaut. Ohne die Liturgie und die Sakramente hätte das Glaubensbekenntnis keine Wirkkraft, denn es würde ihm die Gnade fehlen, die das Zeugnis der Christen unterstützt. In gleichem Maße gewinnt die Lehre des Katechismus über das moralische Leben seine volle Bedeutung, wenn sie in Beziehung zum Glauben, zur Liturgie und zum Gebet gesetzt wird.
12. In diesem Jahr kann deshalb der Katechismus der Katholischen Kirche ein wirkliches Instrument zur Unterstützung des Glaubens sein, vor allem für die, denen die Bildung der Christen am Herzen liegt, die in unserem kulturellen Kontext so ausschlaggebend ist. Zu diesem Zweck habe ich die Kongregation für die Glaubenslehre beauftragt, in Absprache mit den zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls eine Note zu erstellen, mit der der Kirche und den Gläubigen einige Hinweise gegeben werden, um dieses Jahr des Glaubens auf höchst wirksame und geeignete Weise im Dienst des Glaubens und der Evangelisierung zu leben.
Der Glaube sieht sich ja mehr als in der Vergangenheit einer Reihe von Fragen ausgesetzt, die aus einer veränderten Mentalität herrühren, die besonders heute den Bereich der rationalen Gewißheiten auf den der wissenschaftlichen und technologischen Errungenschaften reduziert. Die Kirche hat sich jedoch nie gescheut zu zeigen, dass zwischen Glauben und authentischer Wissenschaft kein Konflikt bestehen kann, da beide – wenn auch auf verschiedenen Wegen – nach der Wahrheit streben.<ref> Vgl. Ders., Enzyklika Fides et ratio (14. September 1998), Nrn. 34 und 106: AAS 91 (1999), 31-32. 86-87.</ref>
13. Es wird entscheidend sein, im Laufe dieses Jahres die Geschichte unseres Glaubens durchzugehen, die das unergründliche Geheimnis der Verflechtung von Heiligkeit und Sünde sieht. Während erstere den großen Beitrag hervorhebt, den Männer und Frauen mit ihrem Lebenszeugnis für das Wachsen und die Entwicklung der Gemeinschaft geleistet haben, muß die zweite in einem jeden ein aufrichtiges und fortdauerndes Werk der Umkehr hervorrufen, um die Barmherzigkeit Gottes des Vaters zu erfahren, der allen entgegenkommt.
In dieser Zeit werden wir unseren Blick auf Jesus Christus richten, „den Urheber und Vollender des Glaubens“ (Hebr 12,2): In ihm finden alle Sorge und alles Sehnen des menschlichen Herzens ihre Erfüllung. Die Freude der Liebe, die Antwort auf das Drama von Leid und Schmerz, die Kraft zur Vergebung angesichts der erlittenen Beleidigung und der Sieg des Lebens gegenüber der Leere des Todes – alles findet Erfüllung im Geheimnis seiner Inkarnation, der Menschwerdung, des Mit-uns-Teilens der menschlichen Schwachheit, um sie mit der Macht seiner Auferstehung zu verwandeln. In ihm, der für unser Heil gestorben und auferstanden ist, erreichen die Beispiele des Glaubens, die diese zweitausend Jahre unserer Heilsgeschichte gekennzeichnet haben, ihren vollen Glanz.
Aufgrund des Glaubens nahm Maria das Wort des Engels an und glaubte der Botschaft, dass sie im Gehorsam ihrer Hingabe die Mutter Gottes werden sollte (vgl. Lk 1,38). Als sie Elisabeth besuchte, stimmte sie ihren Lobgesang auf den Allerhöchsten an für die Wunder, die er bei denen vollbrachte, die sich ihm anvertrauen (vgl. Lk 1,46-55). Mit Freude und Bangen gebar sie ihren einzigen Sohn und bewahrte unversehrt ihre Jungfräulichkeit (vgl. Lk 2,6-7). Im Vertrauen auf Josef, ihren Bräutigam, brachte sie Jesus nach Ägypten, um ihn vor der Verfolgung des Herodes zu retten (vgl. Mt 2,13-15). Mit demselben Glauben folgte sie dem Herrn während seiner Verkündigung und blieb bei ihm bis zum Kalvarienberg (vgl. Joh 19,25-27). Im Glauben kostete Maria die Früchte der Auferstehung Jesu, und indem sie alle Erinnerungen in ihrem Herzen bewahrte (vgl. Lk 2, 19.51), gab sie diese an die Zwölf weiter, die mit ihr im Abendmahlssaal versammelt waren, um den Heiligen Geist zu empfangen (vgl. Apg 1,14; 2,1-4).
Aufgrund des Glaubens verließen die Apostel alles, um dem Meister nachzufolgen (vgl. Mk 10,28). Sie glaubten den Worten, mit denen er das Reich Gottes verkündete, das in seiner Person gegenwärtig und verwirklicht war (vgl. Lk 11,20). Sie lebten in einer Gemeinschaft des Lebens mit Jesus, der sie in seiner Lehre unterwies und ihnen eine neue Lebensregel hinterließ, mit der sie nach seinem Tode als seine Jünger erkannt werden sollten (vgl. Joh 13,34-35). Aufgrund des Glaubens gingen sie in die ganze Welt hinaus und folgten dem Auftrag, das Evangelium zu allen Geschöpfen zu bringen (vgl. Mk 16,15), und ohne jede Furcht verkündeten sie allen die Freude der Auferstehung, für die sie treue Zeugen waren.
Aufgrund des Glaubens bildeten die Jünger die erste Gemeinde, die um die Lehre der Apostel, im Gebet und in der Eucharistiefeier versammelt war und in der sie alles gemeinsam hatten, um für die Bedürfnisse der Brüder aufzukommen (vgl. Apg 2,42-47).
Aufgrund des Glaubens gaben die Märtyrer ihr Leben hin, um die Wahrheit des Evangeliums zu bezeugen, das sie verwandelt und zum größten Geschenk der Liebe befähigt hatte, indem sie ihren Verfolgern verziehen. Aufgrund des Glaubens haben Männer und Frauen ihr Leben Christus geweiht und alles verlassen, um in evangelischer Einfachheit den Gehorsam, die Armut und die Keuschheit zu leben als konkrete Zeichen der Erwartung des Herrn, der nicht säumt zu kommen. Aufgrund des Glaubens haben viele Christen Tätigkeiten zugunsten der Gerechtigkeit gefördert, um das Wort des Herrn, der gekommen ist, um die Befreiung von der Unterdrückung zu verkünden und ein Jahr der Gnade für alle auszurufen, konkret werden zu lassen. (vgl. Lk 4,18-19).
Aufgrund des Glaubens haben im Laufe der Jahrhunderte Männer und Frauen jeden Alters, deren Namen im Buch des Lebens verzeichnet sind (vgl. Offb. 7,9; 13,8), die Schönheit bekannt, was es heißt, dem Herrn Jesus dort nachzufolgen, wo sie berufen waren, ihr Christsein zu bezeugen: in der Familie, im Beruf, im öffentlichen Leben, in der Ausübung der Charismen und Dienste, zu denen sie gerufen wurden.
Aufgrund des Glaubens leben auch wir: für die lebendige Erkenntnis Jesu, des Herrn, der in unserem Leben und in der Geschichte gegenwärtig ist.
14. Das Jahr des Glaubens wird auch eine günstige Gelegenheit sein, das Zeugnis der Liebe zu verstärken. Der heilige Paulus erinnert: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe“ (1 Kor 13,13). Mit noch kräftigeren Worten – die von jeher die Christen in die Pflicht nehmen – sagt des Apostel Jakobus: „Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot und einer von euch zu ihnen sagt: »Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!«, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt das? So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat. Nun könnte einer sagen: »Du hast Glauben und ich kann Werke vorweisen; zeig mir deinen Glauben ohne die Werke und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke« “ (Jak 2,14-18).
Der Glaube ohne die Liebe bringt keine Frucht, und die Liebe ohne den Glauben wäre ein Gefühl, das ständig dem Zweifel ausgesetzt ist. Glaube und Liebe erfordern sich gegenseitig, so dass eines dem anderen erlaubt, seinen Weg zu gehen. Nicht wenige Christen widmen ihr Leben nämlich liebevoll dem Einsamen, dem Randständigen oder dem Ausgeschlossen als dem, zu dem man zuallererst gehen muß und den zu unterstützen am wichtigsten ist, gerade weil sich in ihm das Antlitz Christi selbst widerspiegelt. Dank des Glaubens können wir in denen, die unsere Liebe erbitten, das Antlitz des auferstandenen Herrn erkennen. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40): diese seine Worte sind eine nicht zu vergessende Mahnung und eine fortwährende Einladung, die Liebe zurückzugeben, mit der er sich unser annimmt. Der Glaube ist es, der es ermöglicht, Christus zu erkennen, und seine eigene Liebe ist es, die dazu drängt, ihm jedesmal zu helfen, wenn er auf unserem Lebensweg unser Nächster wird. Vom Glauben getragen, sehen wir hoffnungsvoll auf unser Engagement in der Welt und erwarten dabei „einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2 Petr 3,13; vgl. Offb 21,1).
15. Als der Apostel Paulus bereits am Ende seines Lebens angelangt war, forderte er seinen Schüler Timotheus auf, mit derselben Beständigkeit nach dem Glauben zu streben (vgl. 2 Tim 2,22), die er in seiner Jugend hatte (vgl. 2 Tim 3,15). Diese Einladung spüren wir an einen jeden von uns gerichtet, damit niemand nachlässig im Glauben werde. Er ist ein Gefährte unseres Lebens, der es erlaubt, mit stets neuem Blick die Wunder wahrzunehmen, die Gott für uns vollbringt. Darauf bedacht, die Zeichen der Zeit im Heute der Geschichte zu erkennen, verpflichtet der Glaube jeden von uns, ein lebendiges Zeichen der Gegenwart des Auferstandenen in der Welt zu werden. Das, was die Welt von heute besonders braucht, ist das glaubhafte Zeugnis derer, die, vom Wort des Herrn im Geist und im Herzen erleuchtet, fähig sind, den Geist und das Herz vieler zu öffnen für die Sehnsucht nach Gott und nach dem ewigen Leben, das kein Ende kennt.
„Das Wort des Herrn breite sich aus und werde verherrlicht“ (vgl. 2 Thess 3,1): Möge dieses Jahr des Glaubens die Beziehung zu Christus, dem Herrn, immer mehr festigen, denn nur in ihm gibt es die Sicherheit für den Blick in die Zukunft und die Garantie einer echten und dauerhaften Liebe. Die Worte des Apostels Petrus werfen einen letzten Lichtstrahl auf den Glauben: „Deshalb seid ihr voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müßt. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren, und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist. So wird (eurem Glauben) Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil bei der Offenbarung Jesu Christi. Ihn habt ihr nicht gesehen, und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht; aber ihr glaubt an ihn und jubelt in unsagbarer, von himmlischer Herrlichkeit verklärter Freude, da ihr das Ziel des Glaubens erreichen werdet: euer Heil“ (1 Petr 1,6-9). Das Leben der Christen kennt die Erfahrung der Freude und die des Leidens. Wie viele Heilige haben die Einsamkeit erlebt! Wie viele Gläubige, auch in unseren Tagen, sind geprüft durch das Schweigen Gottes, während sie seine tröstende Stimme hören möchten! Während die Prüfungen des Lebens es erlauben, das Kreuzesmysterium zu verstehen und an den Leiden Christi teilzuhaben (vgl. Kol 1,24), so sind sie ein Vorbote für die Freude und die Hoffnung, zu denen der Glaube führt: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2 Kor 12,10). Wir glauben mit fester Gewißheit, daß Jesus, der Herr, das Böse und den Tod besiegt hat. Mit dieser sicheren Zuversicht vertrauen wir uns ihm an: Mitten unter uns gegenwärtig, besiegt er die Macht des Bösen (vgl. Lk 11,20), und die Kirche, die sichtbare Gemeinschaft seiner Barmherzigkeit, bleibt in ihm als Zeichen der endgültigen Versöhnung mit dem Vater.
Vertrauen wir der Mutter Gottes, die „selig“ gepriesen wird, weil sie „geglaubt hat“ (Lk 1,45), diese Zeit der Gnade an.
dem siebenten des Pontifikates
Anmerkungen
<references />