Ecce nunc nos: Unterschied zwischen den Versionen

Aus kathPedia
Zur Navigation springenZur Suche springen
K (Das unerreichte Vorbild des Pfarrers von Ars)
(link)
 
(2 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 35: Zeile 35:
 
Ich lade euch darum ein, jetzt über unser Priestertum nachzudenken und dabei auf diesen einzigartigen Hirten zu schauen, der zugleich die volle Erfüllung des priesterlichen Amtes und die Heiligkeit seines Trägers veranschaulicht.
 
Ich lade euch darum ein, jetzt über unser Priestertum nachzudenken und dabei auf diesen einzigartigen Hirten zu schauen, der zugleich die volle Erfüllung des priesterlichen Amtes und die Heiligkeit seines Trägers veranschaulicht.
  
Ihr wisst, dass Jean-Marie Baptiste Vianney am 4. August 1859 in Ars verstorben ist, nach, vierzig Jahren einer Hingabe bis zur Erschöpfung. Er war damals 73 Jahre alt. Bei seiner Ankunft war Ars ein kleines, unbekanntes Dorf in der Diözese von Lyon, heute von Belley. Am Ende seines Lebens strömte man aus ganz Frankreich dorthin, und sein Ruf der Heiligkeit hat nach seinem Heimgang zu Gott schnell die Aufmerksamkeit der ganzen Kirche auf sich gezogen. Nach der Seligsprechung durch den heiligen Pius X. im Jahre 1905 hat Pius XI. ihn im Jahre 1925 heiliggesprochen; im Jahre 1929 hat er ihn dann zum Schutzpatron der Seelsorger der ganzen Welt erklärt. Zum 100. Jahrestag seines Todes hat Johannes XXIII. die Enzyklika Nostri sacerdotii primitias geschrieben, um den Pfarrer von Ars als Beispiel für Leben und Aszese des Priesters, als Vorbild für Gebet und eucharistische Frömmigkeit sowie für pastoralen Einsatz vorzustellen, und das alles auf die Bedürfnisse unserer Zeit bezogen. Im vorliegenden Brief möchte ich lediglich eure Aufmerksamkeit auf einige wesentliche Aspekte richten, die uns helfen können, unser Priestertum neu und tiefer zu entdecken und es besser zu leben.
+
Ihr wisst, dass Jean-Marie Baptiste Vianney am 4. August 1859 in Ars verstorben ist, nach, vierzig Jahren einer Hingabe bis zur Erschöpfung. Er war damals 73 Jahre alt. Bei seiner Ankunft war Ars ein kleines, unbekanntes Dorf in der Diözese von Lyon, heute von Belley. Am Ende seines Lebens strömte man aus ganz Frankreich dorthin, und sein Ruf der Heiligkeit hat nach seinem [[Heimgang]] zu Gott schnell die Aufmerksamkeit der ganzen Kirche auf sich gezogen. Nach der Seligsprechung durch den heiligen Pius X. im Jahre 1905 hat Pius XI. ihn im Jahre 1925 heiliggesprochen; im Jahre 1929 hat er ihn dann zum Schutzpatron der Seelsorger der ganzen Welt erklärt. Zum 100. Jahrestag seines Todes hat Johannes XXIII. die Enzyklika Nostri sacerdotii primitias geschrieben, um den Pfarrer von Ars als Beispiel für Leben und Aszese des Priesters, als Vorbild für Gebet und eucharistische Frömmigkeit sowie für pastoralen Einsatz vorzustellen, und das alles auf die Bedürfnisse unserer Zeit bezogen. Im vorliegenden Brief möchte ich lediglich eure Aufmerksamkeit auf einige wesentliche Aspekte richten, die uns helfen können, unser Priestertum neu und tiefer zu entdecken und es besser zu leben.
  
 
Das wahrhaft außerordentliche Leben des Pfarrers von Ars
 
Das wahrhaft außerordentliche Leben des Pfarrers von Ars
Zeile 147: Zeile 147:
  
 
[[Kategorie:Lehramtstexte (Wortlaut)]]
 
[[Kategorie:Lehramtstexte (Wortlaut)]]
 +
[[Kategorie:Lehramtstexte (Johannes Paul II.)]]
 
[[Kategorie:Priestertum]]
 
[[Kategorie:Priestertum]]

Aktuelle Version vom 31. März 2020, 14:31 Uhr

Gründonnerstagsschreiben
Ecce nunc nos

unseres Heiligen Vaters
Johannes Paul II.
an alle Priester der Kirche
über den heiligen Pfarrer von Ars
16. März 1986

(Offizieller lateinischer Text AAS 78 [1986] 689-702)

(Quelle: Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 69)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Liebe Brüder im Priesteramt !

Einleitend

1 Wieder stehen wir kurz vor dem Gründonnerstag, dem Tag, an dem Jesus Christus die heilige Eucharistie und zugleich unser Priesteramt eingesetzt hat. "Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung." Als der Gute Hirte ging er hin, sein Leben zu geben für seine Schafe um die Menschen zu retten, sie mit seinem Vater zu versöhnen und zu einem neuen Leben zu führen. Und so bot er schon den Aposteln als Speise seinen Leib dar, für sie hingegeben, und sein Blut, für sie vergossen.

In jedem Jahr ist dies ein großer Tag für alle Christen: In der Nachfolge der ersten jünger kommen sie zusammen, um in der abendlichen Liturgie, welche das letzte Abendmahl erneuert, den Leib und das Blut Christi zu empfangen. Sie erhalten vom Heiland das Vermächtnis der Bruderliebe, die ihr ganzes Leben durchdringen soll, und sie beginnen, mit ihm zu wachen, um sich seiner Passion anzuschließen. Ihr selbst werdet sie zur Gemeinschaft zusammenführen und ihr Gebet leiten.

Aber dieser Tag ist in besonderer Weise groß für euch, liebe Brüder im Priesteramt. Er ist das Fest der Priester. Er ist der Tag, an dem unser Priestertum entstand, das Teilhabe ist am einzigen Priestertum unseres Mittlers Jesu Christi. An diesem Tag sind die Priester der ganzen Welt eingeladen, zusammenführen Bischöfen die Eucharistie gemeinsam zu feiern und vor ihnen die Versprechen ihrer priesterlichen Verpflichtungen im Dienst Christi und seiner Kirche zu erneuern.

Wie ihr wisst, fühle ich mich einem jeden von euch bei dieser Gelegenheit besonders verbunden. Und wie in jedem Jahr sende ich euch als Zeichen unserer sakramentalen Einheit im selben Priestertum und gedrängt durch meine herzliche Wertschätzung, die ich für euch hege, und durch meinen Auftrag, alle meine Brüder in ihrem Dienst für den Herrn zu stärken, diesen Brief, um euch zu helfen, das unerhörte Geschenk neu zu beleben, das euch durch die Auferlegung der Hände anvertraut worden ist. Dieses Priesteramt, an dem wir Anteil haben, ist auch unsere Berufung und unsere Gnade. Es prägt unser ganzes Leben mit dem Siegel eines Dienstes, der am meisten notwendig ist und die höchsten Anforderungen stellt, der Dienst am Heil der Seelen. Wir werden darin eingeübt durch das Vorbild zahlreicher Mitbrüder, die uns vorangegangen sind.

Das unerreichte Vorbild des Pfarrers von Ars

2 Einer von ihnen ist dem Gedächtnis der Kirche sehr gegenwärtig geblieben und wird in diesem Jahr wegen des zweihundertsten Jahrestages seiner Geburt besonders gefeiert: der heilige Jean-Marie Vianney, Pfarrer von Ars. Wir möchten alle Christus, dem Ersten der Hirten, für dieses außerordentliche Beispiel eines priesterlichen Lebens und Wirkens danken, wie es der heilige Pfarrer von Ars der ganzen Kirche und vor allem uns Priestern darbietet.

Wie viele von uns haben sich auf das Priestertum vorbereitet oder üben heute ihren schwierigen Dienst als Seelsorger aus, indem sie dabei die Gestalt des heiligen Jean-Marie Vianney vor Augen haben! Sein Beispiel sollte nicht in Vergessenheit geraten. Mehr denn je haben wir sein Zeugnis und seine Fürbitte nötig, um der Situation unserer Zeit begegnen zu können, in der sich die Verkündigung trotz einer gewissen Zahl von Hoffnungszeichen einer wachsenden Verweltlichung gegenübersieht, man die übernatürliche Aszese vernachlässigt, viele die Ausrichtung auf das Reich Gottes aus den Augen verlieren und man sich oft, sogar in der Pastoral, zu ausschließlich um den sozialen Aspekt und um irdische Ziele kümmert. Der Pfarrer von Ars mußte im vergangenen Jahrhundert gegen Schwierigkeiten angehen, die vielleicht anders aussahen, aber nicht weniger groß als die heutigen waren. Durch sein Leben und Wirken war er für die Gesellschaft seiner Zeit gleichsam eine starke evangelische Herausforderung, die erstaunliche Früchte der Bekehrung gebracht hat. Zweifellos stellt er auch heute noch für uns diese große evangelische Herausforderung dar.

Ich lade euch darum ein, jetzt über unser Priestertum nachzudenken und dabei auf diesen einzigartigen Hirten zu schauen, der zugleich die volle Erfüllung des priesterlichen Amtes und die Heiligkeit seines Trägers veranschaulicht.

Ihr wisst, dass Jean-Marie Baptiste Vianney am 4. August 1859 in Ars verstorben ist, nach, vierzig Jahren einer Hingabe bis zur Erschöpfung. Er war damals 73 Jahre alt. Bei seiner Ankunft war Ars ein kleines, unbekanntes Dorf in der Diözese von Lyon, heute von Belley. Am Ende seines Lebens strömte man aus ganz Frankreich dorthin, und sein Ruf der Heiligkeit hat nach seinem Heimgang zu Gott schnell die Aufmerksamkeit der ganzen Kirche auf sich gezogen. Nach der Seligsprechung durch den heiligen Pius X. im Jahre 1905 hat Pius XI. ihn im Jahre 1925 heiliggesprochen; im Jahre 1929 hat er ihn dann zum Schutzpatron der Seelsorger der ganzen Welt erklärt. Zum 100. Jahrestag seines Todes hat Johannes XXIII. die Enzyklika Nostri sacerdotii primitias geschrieben, um den Pfarrer von Ars als Beispiel für Leben und Aszese des Priesters, als Vorbild für Gebet und eucharistische Frömmigkeit sowie für pastoralen Einsatz vorzustellen, und das alles auf die Bedürfnisse unserer Zeit bezogen. Im vorliegenden Brief möchte ich lediglich eure Aufmerksamkeit auf einige wesentliche Aspekte richten, die uns helfen können, unser Priestertum neu und tiefer zu entdecken und es besser zu leben.

Das wahrhaft außerordentliche Leben des Pfarrers von Ars Sein ausdauernder Wille, sich auf das Priestertum vorzubereiten

3 Der Pfarrer von Ars ist zunächst ein Beispiel an starkem Willen für diejenigen, die sich auf das Priestertum vorbereiten. Eine Reihe von Schwierigkeiten hätte ihn entmutigen können: Auswirkungen der Revolutionswirren, fehlender Unterricht in seiner ländlichen Umgebung, die Zurückhaltung seines Vaters, die Notwendigkeit, sich an der Feldarbeit zu beteiligen, die Risiken des Militärdienstes und vor allem, trotz seiner intuitiven Intelligenz und regen Empfindsamkeit, die große Schwierigkeit, zu lernen und sich etwas einzuprägen und folglich dem theologischen Unterricht auf Latein folgen zu können, und schließlich eine dadurch bedingte Entlassung aus dem Seminar von Lyon. Weilj edoch die Echtheit seiner Berufung anerkannt wurde, konnte er im Alter von 29 Jahren geweiht werden. Wegen seiner Ausdauer im Arbeiten und Beten überwand er alle Hindernisse und Begrenzungen wie auch in seinem späteren Priesterleben die Schwierigkeit, seine Predigten mühsam vorzubereiten oder am Abend Werke von Theologen oder geistlichen Schriftstellern zu lesen. Von jungen Jahren an war er von der großen Sehnsucht erfüllt, als Priester "die Seelen für den lieben Gott zu gewinnen"; er wurde darin bestärkt durch das Vertrauen seines Nachbarpfarrers von Ecully, der einen guten Teil seiner Vorbereitung auf das Priestertum übernommen hatte, weil er an seiner Berufung nicht zweifelte. Welch mutiges Beispiel für diejenigen, die heute die Gnade erkennen, zum Priesterturn berufen zu sein!

Die Tiefe seiner Liebe zu Christus und zu den Seelen

  4 Der Pfarrer von Ars ist für alle Seelsorger ein Beispiel an priesterlichem Eifer. Das Geheimnis seiner Hochherzigkeit liegt ohne Zweifel in seiner grenzenlos gelebten Liebe zu Gott, mit der er ständig auf jene Liebe antwortete, die sich im gekreuzigten Herrn Jesus Christus offenbart hat. Dort gründet sein sehnliches Verlangen, alles zu tun, um die durch Christus zu einem so hohen Preis erlösten Seelen zu retten und zur Liebe Gottes zurückzuführen. Erinnern wir uns an eines seiner knappen Worte, für die er ein Geschick hatte: "Das Priestertum, das ist die Liebe des Herzens Jesu. Immer wieder kam er in seinen Predigten und Katechesen auf diese Liebe zurück: "Mein Gott, ich möchte lieber sterben in der Liebe zu dir, als nur einen einzigen Augenblick zu leben, ohne dich zu lieben ... Ich liebe dich, mein göttlicher Erlöser, weil du für mich gekreuzigt worden bist ... weil du mich gekreuzigt hältst für dich."

Um Christi willen sucht er wortwörtlich den radikalen Forderungen zu entsprechen, die Jesus im Evangelium den Jüngern, die er zur Mission aussendet, stellt: Gebet, Armut, Demut, Selbstverleugnung, freiwillige Buße. Und wie Christus empfindet er für seine Pfarrkirche eine Liebe, die ihn zur letzten pastoralen Hingabe und zum Opfer seiner selbst führt. Selten ist sich ein Seelsorger seiner Verantwortung so sehr bewußt gewesen, indem er sich vor Sehnsucht verzehrte, seine Gläubigen ihrer Sünde oder ihrer Lauheit zu entreißen. "Mein Gott, gewähre mir die Bekehrung meiner Pfarrei: Dafür laß mich erleiden, was du möchtest, mein ganzes Leben lang."

Liebe Brüder im Priesteramt, belehrt durch das II. Vatikanische Konzil, das die Weihe des Priesters auf so glückliche Weise in seine pastorale Sendung eingefügt hat, wollen wir den Elan unseres pastoralen Eifers mit Jean-Marie Vianney im Herzen Jesu suchen, in seiner Liebe zu den Seelen. Wenn wir nicht aus derselben Quelle schöpften, liefe unser Dienst Gefahr, recht wenig Früchte zu tragen!

Die erstaunlichen und vielfältigen Früchte seines Dienstes

5 Gerade im Falle des Pfarrers von Ars sind die Früchte erstaunlich gewesen, fast wie bei Jesus im Evangelium. Der Heiland, dem Jean-Marie Vianney all seine Kräfte und sein ganzes Herz weiht, schenkt ihm gleichsam die Seelen. Ihm vertraut er sie an, in überreichem Maße. Da ist zunächst seine Pfarrei - bei seiner Ankunft zählte sie nur 230 Personen -, die sich tief verändern wird. Nun weiß man, dass es in diesem Dorf viel Gleichgültigkeit im Glauben und sehr wenig religiöse Praxis bei den Menschen gab. Der Bischof hatte Jean-Marie Vianney gewarnt. "Es gibt nicht viel Gottesliebe in dieser Pfarrei, du musst sie dorthin bringen." Aber sehr schnell wird dieser Pfarrer weit über sein Dorf hinaus zum Seelsorger ungezählter Menschen, die aus der ganzen Gegend, aus verschiedenen Teilen Frankreichs und aus anderen Ländern herbeiströmen. Man spricht von 80.000 Personen im Jahr 1858! Man wartet manchmal mehrere Tage, um ihn zu treffen und bei ihm zu beichten. Was die Menschen anzieht, ist nicht so sehr die Neugierde und auch nicht sein Ruf, der durch Wunder, außerordentliche Heilungen, die der Heilige verbergen möchte, begründet ist. Es ist vielmehr die Vorahnung, einem Heiligen zu begegnen, so erstaunlich durch sein Bußleben, so vertraut mit Gott im Gebet, so auffällig in seiner Friedfertigkeit und Demut inmitten seiner Erfolge bei den Leuten und vor allem so einfühlend, um der seelischen Verfassung der Menschen zu entsprechen und sie von ihrer Last zu befreien, besonders im Beichtstuhl. ja, Gott hat als Beispiel für die Seelsorger den erwählt, der in den Augen der Menschen armselig, schwächlich, wehrlos und verachtet hätte erscheinen können. Er hat ihn überreich beschenkt mit seinen besten Gaben als Hirt und Arzt der Seelen. Auch wenn man die besondere Begnadung des Pfarrers von Ars berücksichtigt, liegt nicht doch gerade darin ein Zeichen der Hoffnung für die Seelsorger, die auch heute an einer gewissen geistigen Wüste leiden?

==Die wichtigsten pastoralen Dienste im Wirken des Pfarrers von Ars. Die verschiedenen Wege seines Apostolates, stets auf das Wesentliche bezogen==

6 Jean-Marie Vianney widmete sich im wesentlichen der Glaubensunterweisung und der Reinigung der Gewissen; diese beiden Dienste führten dann zusammen zur Eucharistie. Muß man nicht darin auch heute noch die drei Schwerpunkte im pastoralen Dienst des Priesters erblicken?

Wenn es auch gewiß das Ziel ist, das Volk Gottes durch Katechese und christliche Buße um das Geheimnis der Eucharistie zu versammeln, so sind doch auch andere pastorale Mittel und Wege je nach den Umständen notwendig. Manchmal ist es eine schlichte Gegenwart über Jahre hinweg, verbunden mit einem stillen Glaubenszeugnis im nichtchristlichen Milieu, oder eine Bekanntschaft mit Personen, mit Familien und deren Anliegen; dann ein erster Anruf, der versucht, die Ungläubigen und die Lauen zum Glauben zu erwecken; auch das Zeugnis der Liebe und Gerechtigkeit zusammen mit den christlichen Laien, das den Glauben glaubwürdiger macht und ins Leben überträgt. Hieraus ergibt sich eine ganze Reihe von Arbeiten oder apostolischen Werken, welche die christliche Glaubensformung vorbereiten oder fortführen. Der Pfarrer von Ars hat alles darangesetzt, Initiativen in die Wege zu leiten, die seiner Zeit und seinen Pfarrangehörigen angemessen waren. Gleichwohl waren alle seine priesterlichen Tätigkeiten auf die Eucharistie, die Katechese und das Sakrament der Versöhnung bezogen.

Das Sakrament der Versöhnung

7 Ohne jeden Zweifel hat gerade sein unermüdlicher Dienst am Bußsakrament das hauptsächliche Charisma des Pfarrers von Ars offenbart und zu Recht seinen Ruf begründet. Es ist gut, dass ein solches Beispiel uns heute dazu drängt, dem Dienst an der Versöhnung seine volle Bedeutung zurückzugeben, die ihm zukommt, wie die Bischofssynode vom Jahre 1983 mit soviel Recht hervorgehoben hat. Ohne den Willen zu Bekehrung, Buße und Bitte um Vergebung, den die Hirten der Kirche unermüdlich ermutigen und bestärken müssen, würde das so ersehnte Aggiornamento oberflächlich und trügerisch bleiben.

Der Pfarrer von Ars bemühte sich zunächst darum, in den Gläubigen das Verlangen nach Reue zu wecken. Er betonte die Schönheit der Vergebung Gottes. Waren nicht sein ganzes Leben als Priester und all seine Kräfte der Bekehrung der Sünder geweiht? Nun ist es gerade im Beichtstuhl, wo sich mehr als sonst die Barmherzigkeit zeigte. Er wollte sich darum denen, die von überall her zur Beichte gekommen waren, nicht entziehen; so widmete er ihnen oft zehn Stunden am Tag, manchmal auch fünfzehn oder mehr. Das war für ihn ohne Zweifel die härteste seiner aszetischen Übungen, ein "Martyrium"; zunächst physisch in Hitze, Kälte oder drückender Enge; dann auch moralisch, denn er litt selbst unter den vorgebrachten Sünden und noch mehr unter dem Fehlen von Reue: "Ich weine über das, was euch nicht zum Weinen bringt." Neben solchen gleichgültigen Menschen, die er in aller Güte empfing und für die Gottesliebe zu erwecken suchte, schenkte ihm der Herr die Gnade, reumütige große Sünder zu versöhnen und auch Seelen, die danach verlangten, zur Vollkommenheit zu führen. Hier vor allem verlangte Gott also von ihm, dass er an der Erlösung mitwirkte.

Was uns betrifft, so haben wir mehr als im letzten Jahrhundert den gemeinschaftlichen Aspekt der Buße, der Vorbereitung auf die Vergebung, der Danksagung nach der Vergebung wiederentdeckt. Aber die sakramentale Lossprechung erfordert eine persönliche Begegnung mit dem gekreuzigten Herrn Jesus Christus durch die Vermittlung seines beauftragten Dieners. Leider kommen heute beichtwillige Gläubige nicht in großer Zahl und bereitwillig zum Beichtstuhl wie zur Zeit des Pfarrers von Ars. Nun, gerade dort, wo sich eine große Zahl aus vielfältigen Gründen vom Bußsakrament fernhält, ist damit ein Zeichen gegeben, dass man dringend eine Gesamtpastoral des Sakramentes der Versöhnung entwickeln muß; unablässig muß man dahin wirken, dass die Christen die Erfordernisse einer ehrlichen Beziehung zu Gott wiederentdecken, ebenfalls das Bewußtsein von Sünde, bei der man sich dem göttlichen wie dem menschlichen Gegenüber verschließt, ferner die Notwendigkeit, sich zu bekehren und durch die Kirche die Vergebung als unverdientes Geschenk Gottes zu empfangen, und schließlich auch die Bedingungen, die es ermöglichen, das Sakrament gut zu feiern, indem man die hierbei bestehenden Vorurteile, falschen Ängste und die Routine hinter sich läßt. Eine solche Lage erfordert zugleich, dass wir uns für diesen Dienst der Vergebung voll zur Verfügung stellen, stets bereit, die notwendige Zeit und Sorgfalt dafür einzusetzen und - so möchte ich sagen - diesem Dienst die Priorität vor anderen Aktivitäten zu geben. Die Gläubigen werden so verstehen, welchen Wert wir - wie der Pfarrer von Ars - dieser Aufgabe beimessen. Gewiß bleibt der Dienst der Versöhnung, wie ich im Apostolischen Schreiben im Anschluß an die Bischofssynode über die christliche Buße geschrieben habe, zweifellos der schwierigste und heikelste, der die meiste Mühe macht und die höchste Anforderung an uns stellt, vor allem wenn die Zahl der Priester gering ist. Er setzt auch beim Beichtvater hohe menschliche Qualitäten voraus, außer einem tiefen und ernsthaften geistlichen Leben; der Priester muß auch selbst dieses Sakrament regelmäßig empfangen.

Seid stets davon überzeugt, liebe Brüder im Priesteramt: Dieser Dienst der Barmherzigkeit ist eine der schönsten und trostvollsten Aufgaben. Sie ermöglicht euch, die Gewissen zu erleuchten, ihnen im Namen unseres Herrn Jesus Christus Vergebung zuzusprechen und neue Lebenskraft zu schenken und für sie geistlicher Arzt und Ratgeber zu sein; sie bleibt "für den priesterlichen Dienst unersetzliches Zeichen und steter Test".

Eucharistie: Meßopfer, Kommunion, Anbetung

8 Die beiden Sakramente der Versöhnung und der Eucharistie bleiben eng miteinander verbunden. Ohne eine Bekehrung, die man ständig erneuert, und den Empfang der sakramentalen Gnade der Vergebung gelangt die Teilnahme an der Eucharistie nicht zu ihrer vollen erlösenden Wirkung. Christus selbst hat seine Sendung mit den Worten begonnen: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" Ebenso begann der Pfarrer von Ars gewöhnlich jeden Tag mit dem Dienst der Vergebung. Aber er war glücklich darüber, seine bekehrten Pönitenten vor allem auf die Eucharistie hinzuweisen.

Die Eucharistie stand ganz im Mittelpunkt seines geistlichen und seelsorglichen Lebens. Er sagte: "Alle guten Werke zusammen haben nicht den gleichen Wert wie das Meßopfer; denn jene sind Menschenwerk, die heilige Messe aber ist Gottes Werk." " Hier wird das Opfer von Golgota für die Erlösung der Welt gegenwärtig gesetzt. Natürlich muss der Priester mit dem Opfer der Messe seine tägliche persönliche Hingabe verbinden: "Ein Priester tut also gut daran, sich jeden Morgen Gott als Opfer darzubringen!" "Die heilige Kommunion und das heilige Messopfer sind die zwei wirksamsten Akte, um die Umkehr der Herzen zu erlangen." Ferner war die Messe für Jean-Marie Vianney die große Freude und die Kraftquelle für sein Priesterleben. Trotz des großen Andrangs von Beichtenden verwandte er große Sorgfalt darauf, sich mehr als eine Viertelstunde still auf sie vorzubereiten. Er feierte die Messe gesammelt und bekundete seine Anbetung besonders bei der Wandlung und der Kommunion. Realistisch bemerkte er: "Der Grund für das Nachlassen eines Priesters ist, dass man der Messe keine Aufmerksamkeit mehr schenkt!"

Der Pfarrer von Ars war besonders von der bleibenden wirklichen Gegenwart Christi in der Eucharistie ergriffen. Vor Tagesanbruch oder am Abend verbrachte er gewöhnlich lange Stunden der Anbetung vor dem Tabernakel. Dorthin wandte er sich auch oft während seiner Predigten, indem er voller Bewunderung sagte: "Er ist dort!" Aus demselben Grund zögerte er, der so arm in seinem Pfarrhaus lebte, nicht, viel für die schöne Ausgestaltung seiner Kirche auszugeben. Die bemerkenswerte Folge davon war, dass auch seine Pfarrangehörigen es sich schnell zur Gewohnheit machten, vor dem Allerheiligsten Sakrament zu beten, indem sie durch das Verhalten ihres Pfarrers die Größe dieses Glaubensgeheimnisses entdeckten. Angesichts eines solchen Zeugnisses denken wir an das, was uns das II. Vatikanische Konzil heute über die Priester sagt: "Am meisten üben sie ihr heiliges Amt in der eucharistischen Feier ... aus." Und erst kürzlich hat uns die außerordentliche Synode (Dezember 1985) daran erinnert: "Die Liturgie muß sehr klar den Sinn für das Heilige fördern und ihn aufleuchten lassen. Sie muß vom Geist der Ehrfurcht vor Gott, der Anbetung und seiner Verherrlichung durchdrungen sein ... Die Eucharistie ist Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens."

Liebe Brüder im Priesteramt, das Beispiel des Pfarrers von Ars lädt uns zu einer ernsten Gewissenserforschung ein: Welchen Platz räumen wir in unserem täglichen Leben der Messe ein? Ist sie wie am Tag unserer Weihe - sie war unsere erste priesterliche Handlung! - die Kraftquelle unserer Pastoral und unserer persönlichen Heiligung? Welche Sorgfalt verwenden wir darauf, uns auf sie vorzubereiten? Sie würdig zu feiern? Vor dem Allerheiligsten Sakrament zu beten? Auch unsere Gläubigen dahin zu führen? Aus unseren Kirchen das Haus Gottes zu machen, wo die göttliche Gegenwart unsere Mitmenschen anzieht, die nur allzuoft eine Welt ohne Gott erfahren?

Predigt und Katechese

9 Der Pfarrer von Ars war ferner darauf bedacht, auch den Dienst am Wort Gottes keineswegs zu vernachlässigen, der ja absolut notwendig ist, um die Menschen auf den Glauben und die Bekehrung vorzubereiten. Er sagte: "Unser Herr, der die Wahrheit selber ist, legt nicht weniger Wert auf sein Wort als auf seinen Leib." Man weiß, wieviel Zeit er vor allem am Anfang darauf verwandte, um seine Sonntagspredigten mit Mühe auszuarbeiten. In der Folge kam er dazu, sich auch spontaner auszudrücken, stets mit kraftvoller und klarer Überzeugung und mit Bildern oder Vergleichen aus dem täglichen Leben, die für seine Gläubigen sehr einprägsam waren. Seine Katechesen für die Kinder bildeten ebenfalls einen wichtigen Teil seines Dienstes. Gern gesellten sich die Erwachsenen zu den Kindern hinzu, um aus dieser einzigartigen Unterweisung, die aus dem Herzen kam, auch für sich Nutzen zu ziehen.

Er hatte den Mut, das Böse in all seinen Formen anzuprangern, ohne jemandem zu Gefallen zu sein; denn es ging hier um das ewige Heil seiner Gläubigen: "Wenn ein Seelsorger stumm bleibt, da er sieht, dass Gott gelästert und die Seelen irregeführt werden, dann Schande über ihn! Wenn er nicht sich selber verdammen will, so muß er, wenn es eine Unordnung in seiner Pfarrei gibt, die Achtung von seiten der Menschen und die Furcht, von ihnen missverstanden oder gehasst zu werden, geringachten." Diese Verantwortung beängstigte ihn als Pfarrer. Allgemein aber "zog er es vor, mehr die ansprechende Seite der Tugend als die Hässlichkeit des Lasters aufzuzeigen". Und wenn er - zuweilen unter Tränen - auf die Sünde und die Gefahr für das Heil zu sprechen kam, so betonte er vor allem die Liebe Gottes, die beleidigt worden war, und das Glück, von Gott geliebt zu werden, mit ihm verbunden zu sein sowie in seiner Gegenwart und für ihn zu leben.

Liebe Brüder im Priesteramt! Ihr seid selbst fest überzeugt von der Wichtigkeit der Verkündigung des Evangeliums, die das II. Vatikanische Konzil an die erste Stelle unter den Aufgaben des Priesters gesetzt hat." Ihr sucht durch die Katechese, die Predigt und andere Formen, die auch die Medien einschließen, die Herzen unserer Zeitgenossen mit ihren Erwartungen und Unsicherheiten zu erreichen, um in ihnen den Glauben zu wecken und zu nähren. Sorgt euch wie der Pfarrer von Ars und entsprechend der Ermahnung des KonzilS22 darum, das Wort Gottes selbst zu lehren, das die Menschen zur Bekehrung und zur Heiligkeit aufruft.

Die Identität des Priesters. Der spezifische Dienst des Priesters

10 Der heilige Jean-Marie Vianney gibt eine beredte Antwort auf gewisse Weisen, wie man im Laufe der letzten zwanzig Jahre die Identität des Priesters in Frage gestellt hat; es scheint übrigens, dass man inzwischen zu einer ausgeglicheneren Beurteilung gelangt.

Der Priester findet immer und unverändert die Quelle für seine Identität im Priester Christus. Es ist nicht die Welt, die nach den Bedürfnissen und Begriffen der gesellschaftlichen Rollen seine Funktion bestimmt. Der Priester ist gekennzeichnet durch das Siegel des Priestertums Christi, an dessen Sendung als einzigem Mittler und Erlöser er teilnehmen soll.

Kraft dieser grundlegenden Bindung öffnet sich dem Priester dann das weite Feld der Seelsorge für das Heil der Menschen in Christus und in der Kirche. Ein Dienst, der ganz von der Liebe zu den Seelen durchdrungen sein muß nach dem Vorbild Christi, der sein Leben für sie hingibt. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden, dass keiner von diesen Kleinen verlorengeht . "Der Priester muss stets bereit sein, sich der Bedürfnisse der Seelen anzunehmen", sagte der Pfarrer von Ars "Er ist nicht für sich, er ist für euch da.   Der Priester ist für die Laien da: Er führt und stützt sie in der Ausübung des gemeinsamen Priestertums der Getauften, das vom II. Vatikanischen Konzil so sehr herausgestellt worden ist. Dieses besteht darin, ihr Leben zu einer geistigen Opfergabe zu machen, vom christlichen Geist in der Familie und in der Verwaltung der irdischen Dinge Zeugnis zu geben sowie an der Evangellsierung ihrer Brüder und Schwestern teilzunehmen. Der Dienst des Priesters ist jedoch von anderer Natur. Er ist dazu bestimmt, im Namen Christi, des Hauptes, zu handeln, um die Menschen in das durch Christus eröffnete neue Leben einzuführen, ihnen seine Geheimnisse - Wort, Vergebung, Lebensbrot - zu vermitteln, sie zu seinem Leib zu vereinen und ihnen zu helfen, sich von innen her zu bilden sowie nach dem Heilsplan Gottes zu leben und zu handeln. Kurz, unsere Identität als Priester zeigt sich in der schöpferischen Entfaltung der Liebe zu den Seelen, die uns durch Jesus Christus geschenkt worden ist.

Die Versuche, den Priester den Laien gleichzuschalten, sind schädlich für die Kirche. Das will keineswegs besagen, dass der Priester den menschlichen Anliegen der Laien fern bleiben könnte. Er muß ihnen vielmehr sehr nahe sein, wie Jean-Marie Vianney, aber als Priester, immer im Blick auf ihr Heil und den Fortschritt des Reiches Gottes. Er bezeugt und spendet ein anderes Leben als das irdische. Es ist wesentlich für die Kirche, dass die Identität des Priesters mit ihrer vertikalen Dimension gewahrt bleibt. Das Leben und die Persönlichkeit des Pfarrers von Ars sind dafür ein besonders leuchtendes und kraftvolles Beispiel.

Seine innere Gleichgestaltung mit Christus und seine Solidarität mit den Sündern

11 Der heilige Jean-Marie Vianney begnügt sich wahrhaftig nicht damit, seine Diensthandlungen nur rituell zu vollziehen. Er sucht sein Herz und sein Leben Christus gleich zu gestalten.

Das Gebet war die Seele seines Lebens: das stille, betrachtende Gebet, gewöhnlich in seiner Kirche, zu Füßen des Tabernakels. Durch Christus öffnete sich seine Seele den drei göttlichen Personen, denen er in seinem Testament "seine arme Seele" anvertraut. "Er bewahrte eine ständige Verbindung mit Gott inmitten seines äußerst arbeitsreichen Lebens." Er vernachlässigte weder das Breviergebet noch den Rosenkranz und wandte sich spontan an die Jungfrau Maria.

Seine Armut war außergewöhnlich. Er verschenkte buchstäblich alles an die Armen. Er mied die Ehrenbezeugungen. Die Keuschheit erstrahlte hell bei ihm. Er wußte um den Preis der Reinheit, um "die Quelle der Liebe, die Gott ist, wiederzufinden". Der Gehorsam Christus gegenüber ließ sich für Jean-Marie Vianney übersetzen mit Gehorsam gegenüber der Kirche und besonders gegen den Bischof. Er konkretisierte sich in der Annahme der schweren Last des Pfarrers, die ihn oft erschreckte.

Aber das Evangelium betont mit Nachdruck gerade die Selbstverleugnung und die Annahme des Kreuzes. Zahlreiche Kreuze begegneten dem Pfarrer von Ars im Verlauf seines Priesterdienstes: Verleumdungen der Leute, Unverständnis von seiten eines Vikars oder von Mitbrüdern, Widerspruch und auch ein geheimnisvoller Kampf mit den höllischen Mächten, mitunter sogar die Versuchung zur Verzweiflung in geistiger Nacht.

Dennoch begnügte er sich nicht damit, diese Prüfungen ohne Klage anzunehmen. Er schritt zur Abtötung, indem er sich ein ständiges Fasten und noch ganz andere strenge Übungen auferlegte, um "seinen Körper dienstbar zu machen", wie der heilige Paulus sagt. Doch muß man die Beweggründe für diese Bußübungen, mit denen unser Jahrhundert leider wenig vertraut ist, klar sehen: die Liebe zu Gott und die Bekehrung der Sünder. Deshalb fragt er einen entmutigten Mitbruder- "Du hast gebetet, . . . du hast geseufzt.... hast du aber auch gefastet, hast du gewacht?"

Man begegnet hier den Worten Jesu an die Apostel: "Diese Art von Dämonen kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden.

Letztlich heiligte Jean-Marie Vianney sich selbst, um noch besser die anderen heiligen zu können. Gewiß, die Bekehrung bleibt das Geheimnis der Herzen, die in ihrem Wollen frei sind, und das Geheimnis der Gnade Gottes. Durch seinen Dienst kann der Priester die Personen nur erleuchten, sie im Gewissensbereich führen und ihnen die Sakramente spenden. Diese Sakramente sind ganz Handlungen Christi, deren Wirksamkeit durch die Unvollkommenheit oder die Unwürde des Spenders nicht vermindert wird. Doch hängt ihre Frucht auch von den Dispositionen des Empfängers ab, und diese werden sehr gefördert durch die persönliche Heiligkeit des Priesters, durch sein sichtbares Zeugnis wie auch durch den geheimnisvollen Austausch der Verdienste in der Gemeinschaft der Heiligen. Der heilige Paulus hat gesagt: Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leib das, was an den Leiden Christi noch fehlt. 1129 Jean-Marie Vianney wollte diese Gnaden der Bekehrung gleichsam nicht nur durch sein Gebet, sondern auch durch das Opfer seines ganzen Lebens von Gott erlangen. Er wollte Gott für diejenigen lieben, die ihn nicht liebten, und sogar einen großen Teil der Buße verrichten, die sie nicht taten. Er war wirklich ein solidarischer Hirte seines sündigen Volkes.

Liebe Brüder im Priesteramt, fürchtet nicht dieses ganz persönliche Engagement - gekennzeichnet von der Aszese und beseelt von der Liebe -, das Gott von uns verlangt, um unseren Priesterberuf gut auszuüben. Erinnern wir uns an die kürzlichen Überlegungen der Väter der Bischofssynode: "Uns scheint, dass Gott uns durch die heutigen Schwierigkeiten tiefer den Wert, die Bedeutung und die zentrale Stelle des Kreuzes Jesu Christi lehren will." Im Priester lebt Christus neu seine Passion für die Seelen. Danken wir Gott, der uns erlaubt, mit Herz und Leib an der Erlösung teilzunehmen.

Aus all diesen Gründen hört der heilige Jean-Marie Vianney nicht auf, stets lebendiger und aktueller Zeuge für die Wahrheit über die Berufung und den Dienst des Priesters zu sein. Man wird sich stets an die überzeugende Art erinnern, mit der er über die Größe des Priesters und seine absolute Notwendigkeit zu sprechen verstand. Die Priester, diejenigen, die sich auf das Priestertum vorbereiten, und jene, die dazu noch berufen werden, müssen ihre Augen auf sein Beispiel heften und ihm nachfolgen. Die Gläubigen ihrerseits werden durch ihn das Geheimnis des Priestertums bei ihren Priestern besser erkennen. Nein, die Gestalt des Pfarrers von Ars vergeht nicht!

Schluss: für den Gründonnerstag

12 Liebe Brüder! Mögen diese Überlegungen die Freude an eurem Priestersein und den Wunsch, es noch tiefer zu leben, in euch erneuern! Das Zeugnis des Pfarrers von Ars enthält noch viele andere Schätze, die es noch zu bedenken gilt. Wir werden ausführlicher auf diese Themen zurückkommen während meiner Pilgerreise, die ich im kommenden Oktober mit Freude unternehmen werde, da mich die französischen Bischöfe zur Feier des zweihundertsten Geburtstages von Jean-Marie Vianney nach Ars eingeladen haben. Diese erste Betrachtung übermittle ich euch, liebe Brüder, zum Gründonnerstag. In allen unseren Diözesen kommen wir an diesem Tag der Einsetzung unseres Priestertums zusammen, um die Gnade des Weihesakramentes zu erneuern und die Liebe neu zu entfachen, die unsere Berufung kennzeichnet.

Wir hören die Worte Christi, die er an uns wie an die Apostel richtet: "ES gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt ... Ich nenne euch nicht mehr Knechte ... Vielmehr habe ich euch Freunde genannt.

Vor ihm, der uns die Fülle seiner Liebe bezeugt hat, erneuern wir, Priester und Bischöfe, unsere priesterlichen Verpflichtungen.

Wir beten füreinander, jeder für seinen Bruder und alle für alle. Wir bitten den ewigen Vater, dass das Andenken an den Pfarrer von Ars uns helfe, unseren Eifer in seinem Dienst neu zu beleben.

Wir beten zum Heiligen Geist, dass er für die Kirche viele Priester von der Art und Heiligkeit des Pfarrers von Ars berufen möge: Sie bedarf ihrer in unserer Zeit so dringend, und sie ist auch heute nicht weniger fähig, diese Berufungen zur vollen Entfaltung zu bringen.

Wir vertrauen unser Priestertum der Jungfrau Maria an, der Mutter der Priester, zu der Jean-Marie Vianney ununterbrochen mit kindlicher Liebe und vollem Vertrauen seine Zuflucht genommen hat. Sie war für ihn ein weiterer Grund zur Dankbarkeit: Jesus Christus", so sagte er, "will uns, nachdem er uns schon alles geschenkt hat, was er uns schenken konnte, auch noch zu Erben dessen machen, was ihm am kostbarsten ist, nämlich seiner heiligen Mutter."

Meinerseits erneuere ich euch von Herzen den Ausdruck meiner brüderlichen Liebe und erteile euch zusammen mit eurem Bischof meinen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, den 16. März 1986, am fünften Fastensonntag,
im achten Jahr meines Pontifikates.
Johannes Paul II. PP.