Vatikanstaat: Unterschied zwischen den Versionen
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− | eigentlich '''Stato della Città del Vaticano''', Staat der Vatikanstaat. Der 1929 von Papst Pius XI. gegründete Vatikanstaat wurde mit den zuvor geschlossenen Lateranverträgen zwischen dem Papst und dem Königreich Italien vom italienischen Staatsgebiet formell-rechtlich unabhängig. Der kleine Staat, der den Vatikan samt Nebengebäuden, Gärten, Petersbasilika und Petersplatz umfasst, dazu den päpstlichen Sommersitz [[Castel Gandolfo]] sowie etliche extraterritoriale Immobilien in Rom, unterstreicht die völkerrechtliche Unabhängigkeit des Papstes von jedem anderen [[Souverän]]. So hat der Vatikanstaat in moderner Weise das von [[Gregor VII.]] 1075 formulierte Prinzip bestätigt: "''Der Papst wird von niemandem gerichtet''", er ist keiner Staatsgewalt untergeben. Der Papst übt hingegen im Vatikanstaat absolute Staatsgewalt aus und ist damit (neben dem Fürsten von Monaco) der letzte absolute Herrscher in Europa, der selbst an keine Verfassung gebunden ist. | + | eigentlich '''Stato della Città del Vaticano''', Staat der Vatikanstaat. Der 1929 von Papst Pius XI. gegründete Vatikanstaat wurde mit den zuvor geschlossenen Lateranverträgen zwischen dem Papst und dem Königreich Italien vom italienischen Staatsgebiet formell-rechtlich unabhängig. Der kleine Staat, der den Vatikan samt Nebengebäuden, Gärten, Petersbasilika und Petersplatz umfasst, dazu den päpstlichen Sommersitz [[Castel Gandolfo]] sowie etliche extraterritoriale Immobilien in Rom, unterstreicht die völkerrechtliche Unabhängigkeit des Papstes von jedem anderen [[Souverän]]. So hat der Vatikanstaat in moderner Weise das von [[Gregor VII.]] 1075 formulierte Prinzip bestätigt: "''Der Papst wird von niemandem gerichtet''", er ist keiner Staatsgewalt untergeben. Der Papst übt hingegen im Vatikanstaat absolute Staatsgewalt aus und ist damit (neben dem Fürsten von Monaco) der letzte absolute Herrscher in Europa, der selbst an keine Verfassung gebunden ist (sondern auch Verfassungsgesetzgeber ist). |
Wichtiger als der Überrest dieser, ehedem im ausgedehnten Kirchenstaat bestehenden, "zeitlichen Macht" des Papstes über seinen Kleinstaat ist jedoch die '''Souveränität des Heiligen Stuhls'''. Das bedeutet, dass die ''kirchliche'' Sonderstellung des Papstes ''zugleich'' als Subjekt des Völkerrechts (heute fast allgemein) anerkannt ist. Die Staaten unterhalten Beziehungen mit dem Papsttum in seiner selbst definierten öffentlichen Funktion, ''nicht'' mit dem Vatikanstaat. Die im 20. Jahrhundert wieder errungene, um 1800 fast ausgelöschte, Akzeptanz der petrinischen Funktion in der politischen Weltöffentlichkeit fand mehrfach vehementen Ausdruck: Schon [[Benedikt XV.]] hatte als Friedenspapst hohe Reputation erlangt und seinem Nachfolger [[Pius XI.]] den Weg für die Lösung der Römischen Frage geebnet. Dieser wurde bei seinem jähen Tod 1939 mit seit Jahrhunderten nicht erlebter internationaler Aufmerksamkeit bedacht, die später zunächst 1963 von [[Johannes XXIII.]] und 2005 von [[Johannes Paul II.]] noch je übertroffen wurde. [[Paul VI.]] erntete 1965 vor den Vereinten Nationen ungeteilte Aufmerksamkeit, als er sich, "''Experte der Humanität''", den versammelten Nationen empfahl und ihnen die Botschaft des Konzils überbrachte. Ausgesät hatten beide Vorgänger, jeder auf seine Art. Auch [[Pius XII.]] hatte in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine weltweite Hochachtung gefunden, die man seinerzeit für kaum überbietbar hielt. Es hat den Anschein, dass die geniale Idee Pius XI., den "''pouvoir temporel''" des Papstes (dem [[Leo XIII.]] noch soviel Energie widmete) auf die nahezu symbolische Größe des Vatikanstaats zu beschränken, diesen enormen Anstieg des päpstlichen Ansehens erst möglich gemacht hat. Im 17. und 18. Jahrhundert war bisweilen kaum zu erkennen, ob sich die Päpste mehr mit dem Kirchenstaat befassen müssen oder ihre spirituellen Rechte andernorts noch zur Geltung bringen können. Das 19. Jahrhundert hat dann eine Unterscheidung der Bereiche erzwungen, die seither zunehmenden Zuspruch des gesamten Erdkreises findet. Seit [[Pius X.]] bewähren sich die modernen Päpste mehr und mehr in universaler Vaterschaft, auch zugunster derer, die ihre religiöse Mission zwar nicht in dogmatischer Hinsicht zu billigen vermögen, aber die guten Früchte sehen. | Wichtiger als der Überrest dieser, ehedem im ausgedehnten Kirchenstaat bestehenden, "zeitlichen Macht" des Papstes über seinen Kleinstaat ist jedoch die '''Souveränität des Heiligen Stuhls'''. Das bedeutet, dass die ''kirchliche'' Sonderstellung des Papstes ''zugleich'' als Subjekt des Völkerrechts (heute fast allgemein) anerkannt ist. Die Staaten unterhalten Beziehungen mit dem Papsttum in seiner selbst definierten öffentlichen Funktion, ''nicht'' mit dem Vatikanstaat. Die im 20. Jahrhundert wieder errungene, um 1800 fast ausgelöschte, Akzeptanz der petrinischen Funktion in der politischen Weltöffentlichkeit fand mehrfach vehementen Ausdruck: Schon [[Benedikt XV.]] hatte als Friedenspapst hohe Reputation erlangt und seinem Nachfolger [[Pius XI.]] den Weg für die Lösung der Römischen Frage geebnet. Dieser wurde bei seinem jähen Tod 1939 mit seit Jahrhunderten nicht erlebter internationaler Aufmerksamkeit bedacht, die später zunächst 1963 von [[Johannes XXIII.]] und 2005 von [[Johannes Paul II.]] noch je übertroffen wurde. [[Paul VI.]] erntete 1965 vor den Vereinten Nationen ungeteilte Aufmerksamkeit, als er sich, "''Experte der Humanität''", den versammelten Nationen empfahl und ihnen die Botschaft des Konzils überbrachte. Ausgesät hatten beide Vorgänger, jeder auf seine Art. Auch [[Pius XII.]] hatte in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine weltweite Hochachtung gefunden, die man seinerzeit für kaum überbietbar hielt. Es hat den Anschein, dass die geniale Idee Pius XI., den "''pouvoir temporel''" des Papstes (dem [[Leo XIII.]] noch soviel Energie widmete) auf die nahezu symbolische Größe des Vatikanstaats zu beschränken, diesen enormen Anstieg des päpstlichen Ansehens erst möglich gemacht hat. Im 17. und 18. Jahrhundert war bisweilen kaum zu erkennen, ob sich die Päpste mehr mit dem Kirchenstaat befassen müssen oder ihre spirituellen Rechte andernorts noch zur Geltung bringen können. Das 19. Jahrhundert hat dann eine Unterscheidung der Bereiche erzwungen, die seither zunehmenden Zuspruch des gesamten Erdkreises findet. Seit [[Pius X.]] bewähren sich die modernen Päpste mehr und mehr in universaler Vaterschaft, auch zugunster derer, die ihre religiöse Mission zwar nicht in dogmatischer Hinsicht zu billigen vermögen, aber die guten Früchte sehen. |
Version vom 24. August 2006, 10:16 Uhr
eigentlich Stato della Città del Vaticano, Staat der Vatikanstaat. Der 1929 von Papst Pius XI. gegründete Vatikanstaat wurde mit den zuvor geschlossenen Lateranverträgen zwischen dem Papst und dem Königreich Italien vom italienischen Staatsgebiet formell-rechtlich unabhängig. Der kleine Staat, der den Vatikan samt Nebengebäuden, Gärten, Petersbasilika und Petersplatz umfasst, dazu den päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo sowie etliche extraterritoriale Immobilien in Rom, unterstreicht die völkerrechtliche Unabhängigkeit des Papstes von jedem anderen Souverän. So hat der Vatikanstaat in moderner Weise das von Gregor VII. 1075 formulierte Prinzip bestätigt: "Der Papst wird von niemandem gerichtet", er ist keiner Staatsgewalt untergeben. Der Papst übt hingegen im Vatikanstaat absolute Staatsgewalt aus und ist damit (neben dem Fürsten von Monaco) der letzte absolute Herrscher in Europa, der selbst an keine Verfassung gebunden ist (sondern auch Verfassungsgesetzgeber ist).
Wichtiger als der Überrest dieser, ehedem im ausgedehnten Kirchenstaat bestehenden, "zeitlichen Macht" des Papstes über seinen Kleinstaat ist jedoch die Souveränität des Heiligen Stuhls. Das bedeutet, dass die kirchliche Sonderstellung des Papstes zugleich als Subjekt des Völkerrechts (heute fast allgemein) anerkannt ist. Die Staaten unterhalten Beziehungen mit dem Papsttum in seiner selbst definierten öffentlichen Funktion, nicht mit dem Vatikanstaat. Die im 20. Jahrhundert wieder errungene, um 1800 fast ausgelöschte, Akzeptanz der petrinischen Funktion in der politischen Weltöffentlichkeit fand mehrfach vehementen Ausdruck: Schon Benedikt XV. hatte als Friedenspapst hohe Reputation erlangt und seinem Nachfolger Pius XI. den Weg für die Lösung der Römischen Frage geebnet. Dieser wurde bei seinem jähen Tod 1939 mit seit Jahrhunderten nicht erlebter internationaler Aufmerksamkeit bedacht, die später zunächst 1963 von Johannes XXIII. und 2005 von Johannes Paul II. noch je übertroffen wurde. Paul VI. erntete 1965 vor den Vereinten Nationen ungeteilte Aufmerksamkeit, als er sich, "Experte der Humanität", den versammelten Nationen empfahl und ihnen die Botschaft des Konzils überbrachte. Ausgesät hatten beide Vorgänger, jeder auf seine Art. Auch Pius XII. hatte in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine weltweite Hochachtung gefunden, die man seinerzeit für kaum überbietbar hielt. Es hat den Anschein, dass die geniale Idee Pius XI., den "pouvoir temporel" des Papstes (dem Leo XIII. noch soviel Energie widmete) auf die nahezu symbolische Größe des Vatikanstaats zu beschränken, diesen enormen Anstieg des päpstlichen Ansehens erst möglich gemacht hat. Im 17. und 18. Jahrhundert war bisweilen kaum zu erkennen, ob sich die Päpste mehr mit dem Kirchenstaat befassen müssen oder ihre spirituellen Rechte andernorts noch zur Geltung bringen können. Das 19. Jahrhundert hat dann eine Unterscheidung der Bereiche erzwungen, die seither zunehmenden Zuspruch des gesamten Erdkreises findet. Seit Pius X. bewähren sich die modernen Päpste mehr und mehr in universaler Vaterschaft, auch zugunster derer, die ihre religiöse Mission zwar nicht in dogmatischer Hinsicht zu billigen vermögen, aber die guten Früchte sehen.
Literatur
Jean d'Hospital, Drei Päpste, München-Wien 1971.