Summi maeroris (Wortlaut)
Summi maeroris |
---|
von Papst
Pius XII.
die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe
und alle anderen Ordinarien, die im Frieden und in Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben
über den Frieden und die Eintracht der Völker
19. Juli 1950
(Quelle: Herder-Korrespondenz Herder Verlag Freiburg im Breisgau, 4. Jahrgang, Heft 12, September 1950, S. 548-550.
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
Ehrwürdige Brüder!
1. Gewiss fehlt es Uns nicht an Ursachen zu tiefstem Schmerz und zugleich größter Freude. Einerseits erblicken Wir die Massen, die aus allen Völkern zum Heiligen Jahr nach Rom strömen und dort ein herrliches Schauspiel gemeinsamen Glaubens, brüderlicher Eintracht und glühender Frömmigkeit bieten, eine Zahl von Pilgern, wie sie diese Stadt, die doch so ruhmreiche Ereignisse erlebt hat, im Laufe der Jahrhunderte noch nicht gesehen hat. Diese zahllosen Mengen nehmen Wir mit liebevollstem Herzen auf, stärken sie durch väterlichen Rat und rufen sie dadurch, dass Wir ihnen neue leuchtende Vorbilder von Heiligkeit vorstellen, nicht ohne reiche Früchte zur Erneuerung der Sitten, zur Vollkommenheit des christlichen Lebens auf.
Die wahren Grundlagen des Friedens
2. Anderseits zeigen sich die gegenwärtigen sozialen Verhältnisse der Völker Unserem Blick in einem Licht, das Unsere lebhafteste Unruhe und Besorgnis erregt. Viele Menschen diskutieren, schreiben und reden über die Möglichkeiten, endlich den langersehnten Frieden zu verwirklichen. Jedoch lassen manche von diesen die Prinzipien, die dessen sichere Grundlage bilden sollen, außer acht oder lehnen sie geradezu offen ab. In der Tat wird in solchen Ländern nicht die Wahrheit, sondern der Irrtum im Lichte einer gewissen Logik herausgestellt; nicht Liebe und Güte werden gefördert, sondern Hass und blinde Rivalität; nicht die Eintracht der Bürger wird gepriesen, sondern Unruhen und Unordnung werden hervorgerufen.
3. Aber alle aufrichtigen und rechtdenkenden Menschen erkennen, dass man auf diese Weise weder die Probleme, die heute die Nationen trennen, gerecht lösen noch die Arbeiterklasse, wie es nötig ist, einer besseren Zukunft zuführen kann. Tatsächlich hat der Hass nie etwas Gutes hervorgebracht und ebenso wenig die Lüge und die Unordnung. Zweifellos ist es nötig, das Notleidende Volk zu einem menschenwürdigen Lebensstand emporzuheben, aber nicht durch Gewalt, nicht durch Agitationen, sondern durch gerechte Gesetze. Auf jeden Fall müssen die Streitigkeiten, die die Völker voneinander trennen, sobald wie möglich im Licht der Wahrheit und unter Führung der Gerechtigkeit beseitigt werden.
Aufruf zu Gebet und Buße
4. Während der Himmel von düsteren Wolken verdunkelt wird, können Wir, da Uns die Freiheit, Würde und Wohlfahrt aller Nationen aufs innigste am Herzen liegt, nicht anders als erneut alle Bürger und ihre Regierungen zur wahren Eintracht und zum wahren Frieden ermahnen.
5. Möge alle Welt sich daran erinnern, was ein Krieg bedeutet, was Wir ja nur zu gut aus Erfahrung wissen: nichts als Ruinen, Tod und jede Art von Elend. Im Fortschritt der Zeit hat die Technik solche tödlichen und unmenschlichen Waffen geschaffen und vervollkommnet, dass nicht nur Heere und Flotten, nicht nur Städte, Länder und Dörfer, nicht nur die unersetzlichen Schätze der Religion, Kunst und Kultur vernichtet werden können, sondern auch die unschuldigen Kinder mit ihren Müttern, die Kranken und die wehrlosen Alten.
6. Alles, was der menschliche Geist an Schönem, Gutem, Heiligem hervorgebracht hat, alles oder fast alles kann ausgelöscht werden. Wenn daher der Krieg, zumal heute, für jeden ehrlichen Beobachter etwas durchaus Furchtbares und Tödliches darstellt, so ist zu hoffen, dass durch das Bemühen aller und besonders der Lenker der Völker die dunklen, drohenden Wolken, die uns gegenwärtig ängstigen, zerstreut werden und endlich der wahre Friede unter den Völkern aufleuchtet.
7. Doch da Wir wissen, dass "jedes Geschick und jede vollkommene Gabe von oben kommt, vom Vater der Lichter" (Jak. 1,17), so halten Wir es für richtig, ehrwürdige Brüder, neuerdings öffentliche Gebete und Fürbitten anzuordnen, um die Eintracht zwischen den Völkern herabzuflehen.
8. Eurem Hirteneifer sei es ans Herz gelegt, nicht nur die euch anvertrauten Seelen zu ermahnen, glühende Gebete zu Gott zu erheben, sondern auch, sie zu frommen Werken der Buße und Sühne aufzufordern, durch die allein die von so viel schweren öffentlichen und privaten Verbrechen beleidigte Majestät des Herrn versöhnt werden kann.
9. Und wenn ihr, eurem Amt gemäß, den Gläubigen diese Unsere väterliche Aufforderung bekannt gebt, so erinnert sie zugleich aufs neue daran, von welchen Prinzipien ein gerechter und dauerhafter Friede abhängt und auf welchen Wegen man ihn erstreben muss. Er kann, wie ihr wohl wisst, nur auf Grund der von Christus gelehrten und in aufrichtiger Frömmigkeit in der Praxis verwirklichten Prinzipien und Normen erreicht werden. Diese Prinzipien und Normen rufen die Menschen zu Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe auf; sie setzen ihrer Begierlichkeit Schranken; sie zwingen die Sinne, der Vernunft zu gehorchen; sie veranlassen diese, Gott zu gehorchen; sie bewirken, dass alle, auch die Lenker der Völker, die der Religion geschuldete Freiheit anerkennen, die neben ihrem grundlegenden Ziel, die Seelen zum ewigen Heil zu führen, auch noch das Ziel hat, die Grundlagen des Staates selber zu schützen.
Das Unrecht der Ankläger der Kirche
10. Nach dem, was Wir bisher gesagt haben, ist es, ehrwürdige Brüder, leicht, zu schließen, wie fern alle die davon sind, einen sicheren Frieden zu schaffen, die die heiligen Rechte der katholischen Kirche mit Füßen treten und ihren Dienern die freie Ausübung des Kultes verbieten und sie selbst zu Verbannung oder Kerker verurteilen; die die literarischen Schöpfungen, die Schulen und Erziehungsanstalten, die auf christlichen Normen und Prinzipien aufgebaut sind, hindern oder geradezu verbieten und aufheben; die das Volk und insbesondere die Jugend durch Irrtümer Verleumdungen und jede Art von Schmähungen von Sittenreinheit, Tugend und Unschuld zu den Lockungen der Laster und der Verderbnis hinüberziehen.
11. Ebenso ist es klar, in welchem Irrtum sich alle befinden, die gegen diesen Heiligen Stuhl und die katholische Kirche die verleumderische Anklage schleudern, sie wolle einen neuen Weltbrand.
12. Gewiss hat es ebenso in alten wie in uns näheren Zeiten immer solche gegeben, die versucht haben, die Völker durch Waffengewalt zu unterwerfen; Wir aber haben niemals aufgehört, den wahren Frieden zu verkündigen; die Kirche wünscht die Völker nicht mit den Waffen, sondern durch die Wahrheit zu erobern und zur Tugend und zum rechten sozialen Leben zu erziehen. Denn "die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig vor Gott" (2 Kor. 10,4).
Hoffnung auf Freiheit und Eintracht in christlichem Geiste
13. Dieses alles sollt ihr mit Freimut lehren; denn nur dann, wenn die christlichen Gebote das öffentliche und private Leben durchdringen, nur dann dürfen Wir hoffen, dass nach Beilegung aller menschlichen Uneinigkeiten die verschiedenen Klassen, die Völker und Nationen in brüderlicher Eintracht zusammenleben werden.
14. Die neuen Fürbitten mögen von Gott erflehen, dass Er diese Unsere glühenden Wünsche erfüllt, so dass mit Hilfe der göttlichen Gnade überall die Sitten in christlicher Tugend erneuert und die Beziehungen zwischen den Völkern sobald wie möglich so geordnet werden, dass die einzelnen Nationen, wenn die blinde Begier, einander zu beherrschen, gezügelt ist, der Kirche und allen ihren Söhnen die gemäß den göttlichen und menschlichen Gesetzen geschuldete notwendige Freiheit gewähren.
15. In diesem Vertrauen erteilen Wir euch allen, ehrwürdige Brüder, eurem Klerus und euren Gläubigen und allen, die in besonderer Weise diesen Unseren Ermahnungen sogleich Folge leisten, von Herzen den apostolischen Segen, Unterpfand der göttlichen Gnaden und Unseres väterlichen Wohlwollens.