St. Gallen-Gruppe

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Die Kardiänle Walter Kasper und Godfried Danneels

Als St. Gallen-Gruppe wird ein Freundeskreis einiger Bischöfe bzw. Kardinäle bezeichnet, der sich jährlich in St. Gallen in der Schweiz traf. Sie dachten nach über eine "drastische Reform der Kirche, die viel moderner und näher am Zeitgeist" ist, und Wege zu ihrer Verwirklichung.<ref>Papst Franziskus als radikaler Reformer: Wunschkandidat der »St. Gallen Mafia« www.freiewelt.net am 15. Dezember 2017</ref> Intern nannten die Geistlichen ihre Gruppe humorvoll «Mafia».<ref> St. Galler «Mafia» steuerte die Papst-Wahl www.20min.ch am 29. September 2015; Papst Franziskus als radikaler Reformer: Wunschkandidat der »St. Gallen Mafia« www.freiewelt.net am 15. Dezember 2017</ref> Die Gruppe habe 2006 offiziell aufgehört zu existieren,<ref>Papst Franziskus als radikaler Reformer: Wunschkandidat der »St. Gallen Mafia« www.freiewelt.net am 15. Dezember 2017</ref>

Ziele

Ziel des Zirkels war es nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, den Ortskirchen mehr Gewicht zu verleihen. Dazu sollten sich gleichgesinnte Kirchenvertreter auf der höchsten Ebene sammeln.<ref>Die Tafelrunde von St. Gallen, die Franziskus zum Papst machte tageswoche.ch am 2. Oktober 2015</ref> Der Kreis lehnte die „Restauration“ ab, die Johannes Paul II. vorgeworfen wurde. Stattdessen sollte der angeblich abgebrochene Weg zu einem „neuen Frühling“ der Kirche vollendet werden, der – angestoßen von der "Rheinischen Allianz" (Walter Kasper in Rottenburg-Stuttgart, Karl Lehmann in Mainz, Oskar Saier in Freiburg, vorher schon Josef Frings in Köln mit seinem Konzilsberater Josef Ratzinger) – durch das Zweite Vatikanische Konzil begonnen worden war. Ein seit über 200 Jahren geführter "Kulturkampf gegen die Moderne" (Antimodernismus) sollte beendet werden und sich die Kirche in Einklang mit der Aufklärung und der Französischen Revolution bringen.<ref>Fünf Jahre Amtsverzicht von Benedikt XVI. und viele offene Fragen Katholisches.info am 12. Februar 2018</ref>

Als intellektuelle Leitfigur der Gruppe galt Carlo Martini, vor allem durch seine Insistenz auf eine „Kultur der Zärtlichkeit“ und eine „Haltung gegenüber der Sexualität, die frei von Vorurteilen“ sei. Diese dienten als Leitmotive, welche die Enzyklika Humanae vitae Pauls VI. angreifen sollten. Die Linie der progressiven Revolution, die Martini verfolgte, ging auch aus Aussagen eines nur wenige Stunden nach seinem Tod von der Zeitung „Corriere della Sera“ veröffentlichten Interviews hervor: „Die Kirche muss ihre Fehler eingestehen und muss einen radikalen Weg des Wandels einschlagen, der beim Papst anfängt und bis zu den Bischöfen reicht.“<ref>Papst Franziskus als radikaler Reformer: Wunschkandidat der »St. Gallen Mafia« www.freiewelt.net am 15. Dezember 2017</ref> Nach Auskunft einer italienischen Loge, war er Freimaurer.<ref>https://www.grandeoriente-democratico.com/Adesso_che_le_celebrazioni_retoriche_Martini.html , abgerufen am17. Mai 2022</ref> Er fand, dass die Kirche mit der Zeit gehen sollte und glaubte, die Kirche hinke dieser hinterher: In einem Interview kurz vor seinem Tod im Jahr 2012 sagte er, dass die Kirche 200 Jahre "hinter der Zeit" zurückliege.<ref>Kardinal Martini war ein "Prophet", sagt Kardinal Michael Czerny</ref>

Namensgebung, Gründung und Teilnehmer

Kardinal Godfried Danneels, der ehemalige Erzbischof von Brüssel-Mechelen, bezeichnete sich in einer französischen Biografie als Mitglied der sogenannten «St. Gallen-Gruppe». Diese traf ab 1997 stets Anfang Januar in der Schweiz, meist im bischöflichen Palais von St. Gallen zusammen. Initiatoren waren der damalige St. Galler Bischof Ivo Fürer, Sekretär des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, der gegründet wurde, um den europäischen Ortskirchen mehr Gewicht zu verleihen, ebenso der damalige Erzbischof von Mailand, Carlo Martini. Das erste Treffen war jedoch 1996 in Deutschland. Der damalige Bischof von Rottenburg-Stuttgart Walter Kasper war Gastgeber im ehemaligen Zisterzienserkloster Heiligkreuztal. Mit dabei war der Erzbischof von Mailand, Kardinal Carlo Maria Martini, der niederländische Bischof von Helsinki Paul Verschuren, Bischof Jean Vilnet aus Lille, Bischof Johann Weber aus Graz-Seckau und der damalige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Bischof Karl Lehmann aus Mainz. Die sieben Männer feierten zusammen die heilige Messe und tauschten sich zwei Tage lang aus. Es ging bei den Gesprächen unter anderem um römischen Zentralismus, um die Aufwertung der Rolle der Bischofskonferenzen, um Sexualmoral, um die Qualität und die Berufung von Bischöfen und um die Kollegialität.<ref>Die Tafelrunde von St. Gallen, die Franziskus zum Papst machte tageswoche.ch am 2. Oktober 2015</ref>

Die Gruppe soll schließlich - anders als vergleichbare Gruppen in Rom und anderen Teilen der Kirche - Jorge Mario Bergoglio als Oberhaupt der Kirche favorisiert haben. Der Journalist Paul Badde wusste aus so genannten "verlässlichen Quellen", dass „drei Tage nach dem Begräbnis Johannes Pauls II. sich die Kardinäle Carlo Martini, Karl Lehmann und Walter Kasper aus Deutschland, Audrys Backis aus Litauen, Adrians van Luyn aus Holland, Godfried Danneels aus Brüssel und Cormac Murphy O’Connor aus London in der sogenannten Villa Nazareth in Rom trafen, […] um im Geheimen die Taktik zu besprechen, mit der man die Wahl Joseph Ratzingers abwenden könne.“<ref>Papst Franziskus als radikaler Reformer: Wunschkandidat der »St. Gallen Mafia« www.freiewelt.net am 15. Dezember 2017</ref>

Dem gegenüber steht die Aussage von Kardinal Karl Lehmann, dass es programmatische Aktionen, konkrete Aktivitäten oder Seilschaften zur Unterstützung eines Kandidaten beim Konklave in St. Gallen nie gegeben habe und dass Gerüchte, die Gruppe habe gegen Joseph Ratzinger gearbeitet, ohne jede Grundlage seien. Bischof Ivo Fürer berichtete später, dass bei den Diskussionen über die Nachfolge Papst Johannes Pauls II. auch Namen genannt wurden, ohne dass sich die Teilnehmer auf einen Kandidaten festlegten.<ref>Die Tafelrunde von St. Gallen, die Franziskus zum Papst machte tageswoche.ch am 2. Oktober 2015.</ref>

Die Gruppe traf sich im Januar 2006 zum letzten Mal; sie bestand zu dem Zeitpunkt noch aus vier Mitgliedern. Im Oktober 2005 war Bischof Ivo Fürer altersbedingt als Diözesanbischof von St. Gallen zurückgetreten.<ref>Die Tafelrunde von St. Gallen, die Franziskus zum Papst machte tageswoche.ch am 2. Oktober 2015.</ref>

Ähnliche Gruppierung

Vor Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils fanden seit Ende 1961 mehrere Treffen von mitteleuropäischen Konzilsteilnehmern aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Polen und Skandinavien im römischen Collegium Teutonicum Sanctae Mariae de Anima statt, die vom Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings und dem Münchener Erzbischof Julius Kardinal Döpfner initiiert worden waren. Die Treffen hatten das Ziel, sich gegen das Diktat der Römischen Kurie bei der Vorbereitung des Konzils und für eine andere Besetzung der konziliaren Arbeitsgruppen einzusetzen. Dabei wurden Kontakte mit anderen Gruppen angestrebt, die ebenfalls existierten. Nach Einschätzung von Kardinal Döpfner hieß der heilige Papst Johannes XXIII. es ausdrücklich gut, wenn die "reformfreudige" Gruppe der Konzilsteilnehmer aktiver würde.<ref>Christoph Münch: "Panzerkardinal" und Motor. In: Die Tagesporst, 9. Februar 2023, S. 16.</ref>

Anna Katharina Emmerich über die St. Gallen-Gruppe

Einmal rief Anna Katharina Emmerich in Ekstase: "Sie wollen dem Hirten die eigene Weide nehmen. Sie wollen Einen eindrängen, der den Feinden alles zugibt! Dann hob sie zürnend die geballte Hand und sprach: o ihr deutschen Spitzbuben! Wartet! Es soll euch nicht gelingen! Der Hirte steht auf einem Felsen. Ihr Priester<ref>d.h. Bischöfe</ref>, ihr rührt euch nicht! Ihr schlaft und der Schafstall brennt an allen Ecken! Ihr tut nichts! O wie werdet ihr es einst beweinen! Hättet ihr doch nur ein Vater unser gebetet! Die ganze Nacht musste ich mit ansehen, wie die Feinde den Herrn Jesus auf dem Kalvarienberg herumgeschleppt und misshandelt haben! Ich sehe so viele Verräter! Sie können es nicht ertragen, dass man sagt, es stehe schlecht. Alles ist ihnen recht, wenn sie nur der Welt glorieren können!"<ref>Karl Erhard Schmöger: Das Leben der gottseligen Anna Katharina Emmerich, Herder'sche Verlagsbuchhandlung Freiburg im Breisgau (in Fraktur), 1. Auflage, Zweiter Band 1870, S. 560.</ref>

Erfolge des "Geist des Konzils"

Der Wortlaut der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils reicht nicht aus, verschiedene Ansichten durchzusetzen. Deshalb wird der "Geist des Konzils" herangezogen, in den jede Meinung hineininterpätiert werden kann.

Wiederverheiratet Geschiedene zur Eucharistischen Kommunion

Die Bischöfe Walter Kasper und Karl Lehmann gaben 1993 einen Hirtenbrief zur „Pastoral mit Geschiedenen und Wiederverheirateten Geschiedenen“ heraus.<ref>vgl.: Die Vollversammlungen der Würzburger Synode (1971 -1975), die sich über mehrere Jahre hinzogen, befasste sich nachdrücklich mit der „Integration wiederverheirateter Geschiedener in die Gemeinden“. Sie drängte darauf, dass diese Katholiken unter bestimmten Bedingungen zum Empfang der Sakramente zugelassen würden. Die Synodenmitglieder baten nach langem Ringen die Deutsche Bischofskonferenz, ein entsprechendes Votum an den Apostolischen Stuhl zu richten. Man suchte – in der Terminologie der Synode - ein „Schlupfloch der Barmherzigkeit“.: 'Ohne Brüche und ohne Diskontinuität' Kath.net am 23. September 2015 von Paul Kardinal Cordes</ref> Es solle nicht länger kategorisch ausgeschlossen sein, dass Wiederverheiratete Geschiedene "nach ernster Gewissensprüfung" die heilige Eucharistie empfangen können. Dieser Hirtenbrief wurde von der Glaubenskongregation unter Kardinal Joseph Ratzinger mit Verweis auf die kirchliche Lehre in dieser Frage mit dem Schreiben Annus internationalis familiae 1994 zurückgewiesen. In zweier Bischofssynoden, sollte diese Entscheidung gekippt werden. Trotz der Nicht-Entscheidung der Väter der Bischofssynoden, gelang es Papst Franziskus eine Anmerkung in seinem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Amoris laetitia anzubringen, das zu einem interpretatorischen Verwirrspiel führte, bei welchem er (am selben Tag!) die Interpretation der argentinischen Bischöfe (vgl.) für die einzig richtige erklärte und diese in die Acta Apostolicae Sedis aufnahm.<ref> Interpretation von "Amoris laetitia" jetzt offiziell Domradio am 2. Dezember 2017</ref> Der Sakramentenempfang für Katholiken die "in einer objektiven Situation der Sünde" leben sei in Einzelfällen möglich. Sie könnten bei bestehender sakramentaler Ehe in einer neuen Beziehung leben. Wiederverheirateten Geschiedenen sei zwar nach Möglichkeit eines Zusammenlebens in sexueller Enthaltsamkeit nahezulegen, dies stelle jedoch nicht immer eine praktikable Lösung dar. Eine Zulassung zu den Sakramenten könne keine allgemeine "Erlaubnis" oder eine zu liberale Praxis sein, sondern nur das Ergebnis eines Unterscheidungsprozesses im Einzelfall, der durch einen Geistlichen "persönlich und pastoral" begleitet wird. Eine Rolle spiele beispielsweise die Dauer der neuen Bindung, wiederholtes Scheitern von Beziehungen oder die Bewertung der eigenen Lebenssituation. Wenn etwa die Schuld des Betreffenden eingeschränkt sei oder ein Schaden für die Kinder aus der neuen Beziehung drohe, eröffne "Amoris laetitia" die "Möglichkeit des Zugangs zu den Sakramenten der Versöhnung und der Eucharistie", interpretierten die argentinischen Bischöfe. Schließlich könne angeraten sein, dass der Zugang zu den Sakramenten "auf diskrete Weise" geschehe, vor allem wenn Konflikte zu erwarten seien. Auch ein Klima des Verstehens und der Offenheit dürfe keine "Verwirrung hinsichtlich der Lehre der Kirche über die unauflösliche Ehe" schaffen, so die argentinischen Bischöfe. Der Papst-Vertraute, Victor Manuel Fernandez SJ, erklärte im August 2017, dass Papst Franziskus mit Amoris laetitia die „Disziplin“ der Kirche ändern will und auch geändert habe. Bisher war aus dem päpstlichen Umfeld gegenüber Kritikern mit Nachdruck behauptet worden, es ändere sich „nichts“.<ref>Papst-Vertrauter lässt Katze aus dem Sack: „Ja, Franziskus hat mit Amoris laetitia die Disziplin der Kirche geändert“, und zwar „irreversibel“ Katholisches.info am 24. August 2017</ref><ref>Die lateinamerikanischen Bischöfe betonen in der Botschaft an die Völker Lateinamerikas und der Karibik zum Abschluss ihrer 4. Generalversammlung: "Es wäre eine Verfälschung der Botschaft Jesu Christi, wenn diese eine Trennung von Glauben und Tun gestatten würde." : Botschaft an die Völker Lateinamerikas und der Karibik zum Abschluss der 4. Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe, Nr. 9.</ref>

Kurienreform

Dass die Römische Kurie stets den Erfordernissen der Zeit angepasst werden muss, ist offensichtlich. Dass sie jedoch in dem Geiste der St. Gallen-Gruppe gestaltet sein soll, zeigt Carlo Martinis Rücktrittsforderung am 2. Juni 2012 an Papst Benedikt XVI. aus diesem Grunde.<ref>Als Kardinal Martini zu Benedikt XVI. sagte: Du mußt zurücktreten katholisches.info am 17. Juli 2015</ref> Ein Schritt bestand in der Auflösung des Päpstlichen Institutes Johannes Pauls II. für Studien zu Ehe und Familie, und der kirchenpoltischen Neugründung mit dem Namen Päpstliches Theologisches Institut Johannes Paul II. für Ehe- und Familienwissenschaften im Geiste des Nachsyndodalen Apostolischen Schreibens Amoris laetitia. Papst Franziskus mache "kaum einen Hehl daraus, dass ihm die bisherige Ausrichtung des Instituts zu konservativ war", so Katholisch.de. Neue komplexe Herausforderungen für Eheleute und Familien verlangten "einen analytischen und breitgefächerten Ansatz, der es nicht erlaubt, sich auf eine Praxis der Seelsorge und der Mission zu beschränken, die Formen und Modelle der Vergangenheit wiederspiegelt", heißt es in dem Erlass mit dem Namen Summa familiae cura. Die Auflösung des alten Familien-Instituts kam nicht ohne Vorwarnung. Bereits im August 2016 hatte der Papst dessen Präsidenten ausgewechselt. Hinter dem neuen Erlass des Papstes steht offenbar die Erkenntnis, dass das päpstliche Schreiben "Amoris laetitia" allein nicht ausreicht, um seinen moraltheologischen Paradigmenwechsel in der katholischen Kirche zum Durchbruch zu verhelfen, so Thomas Jansen von Katholisch.de.<ref>Ein Thinktank für "Amoris laetitia" Katholisch.de am 20. September 2017</ref>

Vom Kardinalsrat wurde Mitte Juni 2018 ein Dokument zur Kurienreform mit dem vorläufigen Titel "Praedicate evangelium" verabschiedet und zur Begutachtung durch Papst Franziskus und zur weiteren Bearbeitung vorgelegt.<ref>"K9"-Rat reicht Entwurf für neue Kurienordnung an Papst weiter Kath.net am 14. Juni 2018</ref> Der vatikanische Geschichtsforscher Walter Brandmüller hält diese Kurienreform für einen "totalen Flop". Der Kardinalsrat habe bis auf Kardinalstaatssekretär Parolin "keine Ahnung von der Kurie".<ref>Kardinal Walter Brandmüller wird 90 Jahre alt Kath.net am 1. Januar 2019</ref>

Motu proprio Traditionis custodes

Das Motu proprio Traditionis custodes vom 16. Juli 2021 über den Gebrauch der Römischen Liturgie vor der Reform von 1970, verbannt die sogenannte "Tridentinische Messe" aus allen Pfarrkirchen; die Bischöfe sollen "die Bildung neuer Gruppen" nicht genehmigen. Damit soll der überlieferte Ritus verschwinden.

Synodalität als Dezentralisierung und eine Art anderer Kirche

Das Hauptziel der St. Gallen-Gruppe realisiert sich ab September 2018, ab der Jugend-Bischofssynode im Oktober 2018. Seither soll das Schlussdokument einer Synode, das von den Mitgliedern mit Zwei-Drittel-Mehrheit genehmigt werden muss, dem Papst übergeben werden, der entscheidet, ob es - noch vor der Abschlussmesse der Synode - veröffentlicht wird oder nicht (EC Art. 18). Wenn er es annimmt, wird das Dokument dem Ordentlichen Lehramt des Papstes zugeordnet.<ref>Neues Papstdokument schreibt verpflichtende Synodenumfragen vor Kath.net am 18. September 2018</ref> Bei dem Schlussdokument der Jugendsynode 2018 wurden, nach Sydneys Erzbischof und Synodenteilnehmer Anthony Fisher, Aussagen zur Synodalität eingebracht, "welche kein Thema in der Arbeitsvorlage" waren, "in der allgemeinen Debatte" nicht vorkam, "und auch nicht in den einzelnen Sprachgruppen oder in den Berichten der Arbeitsgruppen – es ist quasi wie aus dem Nichts plötzlich im Entwurf des Abschlußthemas aufgetaucht. ... Einige nehmen an, dass das deshalb geschah, um der Amazonas-Synode den Weg frei zu machen, in ihren Positionen von der Universalkirche abzurücken – etwa beim zölibatären Priestertum – oder um anderen Bischofskonferenzen, z. B. der deutschen, es zu ermöglichen , in Angelegenheiten wie der Segnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen einen eigenen Weg zu gehen. (…) Die Internationale Theologenkommission hat im Mai im Eilverfahren ein Dokument zum Thema Synodalität verabschiedet." Er fragt: "Wie könnte es lehramtliche Autorität erlangen?" und antwortet: "Nun, ein Weg dazu wäre, es in einer Bischofssynode zustimmend zu zitieren und dieses Synodaldokument anschließend vom Papst billigen zu lassen. (…) Aber das ist nicht die Art, wie man die Lehre gestaltet, so Fisher. Nach George Weigel wurde das ungeklärt gebliebene Schlagwort von der „synadalen Kirche“, „mit dem Bulldozer“ in das Schlussdokument bugsiert - das könnte nach Weigel Sekretär der Bischofssynode Lorenzo Baldisseri tun -, um bei künftigen Bischofsversammlungen die Handhabe für eine weitgehende Regionalisierung der Kirche bieten solle: „In kurzer Zeit würde die Katholische Kirche so aufgelöst zu einem Abbild der anglikanischen Gemeinschaft, von der gerade große Teile eben wegen eines verfehlten Begriffs von Synodalität zugrunde gehen".<ref>Die manipulierte Synode II www.summorum-pontificum.de am 3. November 2018; Jugendsynode: Sydneys Erzbischof zieht gemischte Bilanz Kath.net am 8. November 2018</ref> Raymond Kardinal Burke stellte im Dezember 2018 fest, dass Enthusiasten das Wort Synodalität unaufhörlich wie ein „Slogan“ für „eine Art neue Kirche“ verwenden, die demokratisch verfasst sei und in welcher die Autorität des Papstes relativiert und verringert sei. „Das ist typisch für viele Dinge in der Kirche heute", "aber ich kann keine Definition finden, was gemeint ist“, sagte er wörtlich. Burke kritisierte, dass im Abschlussdokument der letzten Bischofssynode wiederholt von „Synodalität“ die Rede sei, ohne dass der Begriff in den Debatten der Synode behandelt worden wäre. Burke bedauerte, dass diese Vorgehensweise üblich geworden sei, um Ideen durchzusetzen, die bei der Synode selbst nicht diskutiert worden seien. „Das ist nicht ehrlich“. Jetzt scheine der Begriff „Synodalität“ eine neue Bedeutung gewonnen zu haben. Lokale Bischofskonferenzen sollten nach diesem Verständnis offenbar so etwas wie Lehrautorität erhalten, merkte Burke an. Er halte das für verwirrend und auch gefährlich.<ref>Kardinal Burke: Synodalität ist Slogan für eine Art von neuer Kirche Kath.net am 11. Dezember 2018</ref>

„Eine Art neue Kirche“ ist keine falsche Interpretation, sondern wird von Papst Franziskus verfolgt: Im Oktober 2023 soll die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Weltbischofssynode im zum Thema: „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Partizipation und Mission“, stattfinden. Die Weltkirche soll sich auf den Weg eines synodalen Prozesses machen. Die Etappen sind in einem Dokument skizziert, das Papst Franziskus genehmigt hat (Offizielle deutsche Übersetzung bei Vatican News). Das Sekretariat der Bischofssynode plante im September 2024, die bevorstehende Weltsynode im Oktober 2024 mit einer von Papst Franziskus geleiteten Bußfeier einzuleiten: Am Ende der geistlichen Exerzitien (30. September - 1. Oktober) für alle Teilnehmer der 16. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode soll die Bußliturgie die Arbeit der Synode auf den Beginn einer neuen Art und Weise Kirche zu sein ausrichten.<ref>Bußfeier im Petersdom: 'Die Sünde, die Doktrin als Steine zu verwenden, die man werfen kann Kath.net am 17. September 2024</ref>

Das Pontifikat von Papst Franziskus

Hl. Messe mit Papst Franziskus in Havanna (Plaza de la Revolución) am 20. September 2015

«Was Franziskus heute umzusetzen versucht, entspricht in hohem Maße den Gedanken, die wir (die St. Gallen-Gruppe) damals hatten», so Kardinal Walter Kasper 2015.<ref>Die Tafelrunde von St. Gallen, die Franziskus zum Papst machte tageswoche.ch am 2. Oktober 2015</ref> Die Umsetzung nennt Kasper "einen neuen Stil" der "Prozesse anstossen" will.<ref>Walter Kardinal Kasper im Gespräch mit Raffaele Luise, Das Feuer des Evangeliums. Mein Weg mit Papst Franziskus, Aus dem Italienischen übersetzt von Gabriele Stein, Patmos Verlag Ostfildern 2016 (232 S.ISBN 978-3-8436-0771-1; Leseprobe).</ref> Dies betreffe nach dem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium vom 24. November 2013 von Papst Franziskus, sowohl die Neuausrichtung der Pastoral, als auch der Lehre: "Das Papsttum und die zentralen Strukturen der Universalkirche haben es nötig, dem Aufruf zu einer pastoralen Neuausrichtung zu folgen. Das Zweite Vatikanische Konzil sagte, dass in ähnlicher Weise wie die alten Patriarchatskirchen » die Bischofskonferenzen vielfältige und fruchtbare Hilfe leisten (können), um die kollegiale Gesinnung zu konkreter Verwirklichung zu führen «. Aber dieser Wunsch hat sich nicht völlig erfüllt, denn es ist noch nicht deutlich genug eine Satzung der Bischofskonferenzen formuliert worden, die sie als Subjekte mit konkreten Kompetenzbereichen versteht, auch einschließlich einer gewissen authentischen Lehrautorität. Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen." Wichtig jedoch sei, "Alleingänge zu vermeiden, sich immer auf die Brüder und Schwestern und besonders auf die Führung der Bischöfe zu verlassen, in einer weisen und realistischen pastoralen Unterscheidung." (Nr. 32+33).

Am 31. Juli 2018 äußerte sich in einem Aufsatz der US-amerikanische Priester P. Thomas Rosica, ein weiterer enger Vertrauter von Papst Franziskus, zum Amtsverständnis des Papstes: „Papst Franziskus bricht mit den katholischen Traditionen wann immer er will, weil er ‚frei von ungeordneten Bindungen‘ ist. Unsere Kirche ist tatsächlich in eine neue Phase eingetreten: Mit der Wahl dieses ersten jesuitischen Papstes wird sie offen von einem Individuum regiert, anstatt nur von der Autorität der Schrift allein oder sogar durch ihre eigenen Diktate der Tradition plus Schrift.“<ref>P. Thomas Rosica www.summorum-pontificum.de; P. Thomas Rosica bei Katholisches.info am 15. September 2018</ref> Papst Franziskus sagte Ende September 2018 in Litauen vor Jesuiten aus den baltischen Ländern: „Ich glaube, dass der Herr eine Veränderung der Kirche fordert. Ich fühle, dass der Herr will, dass sich das (Zweite Vatikanische) Konzil in der Kirche eine Bahn bricht. Wir sind auf halbem Weg“.<ref>Die Mächte der Finsternis Kath.net am 13. November 2018 von Ingo Langner</ref>

Kardinal Gerhard Müller sieht im Oktober 2018 das große Problem des Pontifikates von Papst Franziskus, in den "sogenannten Freunden des Papstes" und sagt: "Und wir, seine wahren Freunde, werden von den Massenmedien Feinde des Papstes genannt, aber die Kategorie der Freundschaft oder Feindseligkeit ist in diesem Fall nicht nützlich. Es erfordert ein angemessenes Management der Fragen des Glaubens, der Disziplin und der Moral und nicht dieses System der persönlichen Beziehungen. Jedes Mal, wenn eine Gruppe von Kardinälen beim Papst ist, geschieht alles, weil einige von ihnen persönlich den Papst fragen: Ich möchte den und den als Bischof, und dies aus persönlichen Gründen, und nicht, weil er die geeignetste Person ist, und so wird die Bischofskongregation umgangen“.<ref>Kardinal Müller: Papst soll Versöhnung mit Erzbischof Viganò suchen! Kath.net am 5. Oktober 2018</ref> Es ist "ärgerlich, dass theologisch ungebildete Leute in den Bischofsrang erhoben werden, die unfähig sind zu lehren" ( 2 Tim 2,2) und dies dem Papst mit einer infantilen Ergebenheit meinen danken zu müssen." "Der Primat des Papstes wird von den Schmeichlern und Karrieristen am päpstlichen Hof unterminiert."<ref>„In krisenhafter USA-Situation müssen wir einen klaren Kopf behalten“ Kath.net am 22. November 2018</ref> Das unterstreicht eine gewisse verheutigte Vetterleswirtschaft der Renaissance-Päpste oder Seilschaft<ref>Frühmesse: Der wahre Bischof ist ein Diener Vatican News am 12. November 2018</ref> bezüglich der Teilnehmer der St. Galler-Gruppe, welche in der Danneels-Biografie mit den Worten beschrieben ist: «Die Anerkennung beruht auf Gegenseitigkeit».<ref>Die Tafelrunde von St. Gallen, die Franziskus zum Papst machte tageswoche.ch am 2. Oktober 2015</ref> Auf Bischofssynoden spiele die Theologie kaum mehr die Rolle, die ihr zukomme, sagte der Gerhard Kardinal Müller am 6. Dezember 2018. "Das Argumentationsniveau ist gelegentlich peinlich. Der Austausch bleibt oft im Anekdotischen hängen." Natürlich gebe es auch Bischöfe mit hohen intellektuellen Fähigkeiten, "aber die werden fast systematisch von verantwortungsvollen Posten ferngehalten". Müller weiter: "Professionalität in der Theologie wird nicht geschätzt. Sie wird eher als Manko in der Pastoral 'der Menschennähe' gesehen, als ob die Managerqualitäten wichtiger wären als theologischer Durchblick in einer Zeit, in der die Vernunft des Glaubens bestritten wird."<ref>Kardinal Müller übt heftige Kritik an deutscher Theologie Katholisch.de am 6. Dezember 2018.</ref>

Literatur

  • Jürgen Mettepenningen / Karim Schelkens: Godfried Danneels Biographie (in Französisch). Antwerp, Belgium: Uitgeverij Polis 2015 (512 S.; ISBN 978-94-6310-023-6).
  • Marcantonio Colonna (Pseudonym des britischen Historikers und Malteserritters Henry Sire; aus dem Englischen übersetzt von Benjamin Janszen und Philipp Liehs): Der Diktatorpapst, Renovamen Verlag Bad Schmiedeberg 2018 (Paperback, 265 Seiten; ISBN 978-3-95621-134-8 Broschur).
  • Austen Ivereigh: The Great Reformer: Francis and the Making of a Radical Pope (in Englisch) Picador Verlag 2015 (480 Seiten; Tb; ISBN 978-1250074997).

Weblinks

Anmerkungen

<references />