Pius XII.: Ruf an die Frau
Aus den Rundschreiben, Ansprachen,
Briefen und Konstitutionen des Heiligen Vaters
Zusammengestellt von Dr. Käthe Seibel-Royer, Styria Verlag Österreich 1956 (2. Auflage; Mit kirchlicher Druckgenehmigung des bischöflichen Seckauer Ordinariates zu Graz am 20. August 1956, Zl. 4082, und Segen Pius XII. durch das Staatsekretariat; 344 Seiten). Die Anmerkungsnummern wurden im Text belassen und am Ende angegeben. Texte wurden auch aus den Quellen des Wikis Ansprachen an Neuvermählte Pius' XII. entnommen.
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
ZUM GELEIT
Der Papst hat keine Gemeinde, die er ständig betreuen könnte, wie dies ein jeder Pfarrer tut. Der Papst hat aber kraft seines obersten Hirtenamtes eine Verpflichtung zur geistlichen Betreuung, die sich auf alle Glieder der Kirche erstreckt. Es ist klar, dass er dieser Aufgabe nicht unmittelbar und im ständigen, persönlichen Kontakt mit den Gläubigen der Welt nachkommen kann.
Um so eifriger geht er daran, durch seine Botschaften, Rundschreiben, Briefe und zahlreichen Ansprachen dem gesamten katholischen Erdkreis die geistige Nahrung für die Seelen zu bereiten. Die seltene Begabung, die unseren Heiligen Vater Pius XII. auszeichnet, macht es ihm möglich, solcherart bei allen gegenwärtig zu sein, die ihm lauschen wollen. Er entfaltet dadurch eine nachhaltige Wirksamkeit, die zahllosen Menschen Klarheit in der Verwirrung, Ermunterung und Freude in der Betrübnis sowie treue Entschlossenheit in der Stunde der Entscheidung bereitet.
Es ist daher schon mehrfach der glückliche Gedanke verwirklicht worden, in Sammlungen der päpstlichen Kundgebungen auch spätere Zeiten an den Schätzen der von den letzten Päpsten gebotenen Lehre teilnehmen zu lassen. Im vorliegenden Werk sind nun Worte Papst Pius' XII. an Frauen und Mädchen zusammengefasst. Es ist geradezu staunenswert, wie schlicht, einfach und doch so umfassend der Heilige Vater auf alle Gebiete der fraulichen Interessen einzugehen weiß. Die Darstellung wird zu einem modernen Frauenspiegel, sowohl in Anbetracht der vielfältigen Probleme und Schwierigkeiten, denen sich heute die Frauen und Mädchen gegenübersehen, als auch hinsichtlich eines Frauenbildes, wie es aus dem christlichen Raume der heutigen Welt aufbauend geboten werden soll.
Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch in den pfarrlichen Gruppen der Katholischen Frauenbewegung und der weiblichen Jugend bei vielen Zusammenkünften lebhafte Erörterungen über die verschiedenen brennenden Fragen unserer Zeit auszulösen vermöchte. Aber auch Erzieher aller Art werden es mit Dank für die klare Sicht wiederholt gerne in die Hand nehmen. Aus jeder Seite spricht nicht nur ein gütiger, sondern ein weiser Vater, der es versteht, seine Kinder geistig bei der Hand zu nehmen und sie jedes Mal auch wieder weiser und reifer in die Bewährung des Lebens zu entlassen.
VORWORT
Über ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seitdem die Frau sich ihren Platz im Bildungsgang und öffentlichen Leben erkämpfte, aber immer noch ist die Frage nach Art und Wesen der Frau, nach der physischen und seelischen Bedingtheit ihres Frauentums, nach ihrer Gleichberechtigung nicht verstummt. Eine Vielzahl von Büchern befasst sich mit diesen Fragen, von denen eigentümlicherweise die meisten von Männern stammen und nun ihrerseits wieder die Polemik von weiblicher Seite hervorrufen, gemäß einem Zitat der Simone de Beauvoir: "Alles, was Männer über Frauen geschrieben haben, muss verdächtig sein, denn sie sind zugleich Richter und Partei."
Wenn man sich einmal durch so und so viele Frauenanthropologien durchgelesen, respektive durchgearbeitet hat, ergeht es einem leicht wie dem Laien, wenn er medizinische Krankenberichte durchliest; man fühlt sich selbst krank und unsicher. Das trifft besonders dann zu, wenn das Physiologische und das Psychoanalytische zu weiten Spielraum gewinnen. Selbstverständlich sind die Ergebnisse von Forschungen durchaus als Grundlage für die Frauenpsychologie ernst zu nehmen, wenn sie von einem gewissenhaften Arzt und Forscher dargeboten werden. Dabei ist es nicht in erster Linie bedeutungsvoll, ob es sich um männliche oder weibliche Arbeiten handelt.
Über das Physiologische hinaus wird ein Mann das Bild der Frau kaum umfassend zeichnen können. Professor Johann FischI allerdings glaubt die Frage, ob die Frau selbst in der Lage ist, ein richtiges Selbstporträt zu entwerfen, verneinen zu müssen, und verweist auf Sokrates, der die Selbstkenntnis die schwierigste Erkenntnis nennt. Zudem bilde sich die Frau in das vom Manne entworfene Bild hinein. Es ist ohne Zweifel richtig, dass die meisten Frauen so werden, wie der Mann sie will und sieht. Das kann aus mehreren Gründen geschehen, sei es aus Liebe, indem die Frau immer mehr den Stempel des Mannes, den sie liebt, mit dem sie leiblich oder geistig verbunden ist, aufgeprägt erhält, oder aber dadurch, daß der Mann die Frau neben sich nicht als vollwertigen Menschen erträgt und sie, wo er es vermag, unterdrückt. Das man wohl in vielen Fällen der Grund von Ehescheidungen sein.
Dennoch ist durch die Anpassung der Frau an den Mann keineswegs die Möglichkeit verneint, dass die Frau ein besseres Bild von sich selbst Beben kann als der Mann. Das mochte.für vergangene Zeiten gelten; aber nachdem die Frau seit mehreren Generationen in der Lage ist, sich durch universelle und tiefe Studien die Fähigkeit zu erwerben, Dinge und Menschen, also auch sich selbst, objektiv zu betrachten, darf die Frage, ob sie ein richtiges "Selbstporträt" entwerfen kann, gewiss bejaht werden. Natürlich sind Wissen, Charakter und besonders Weltanschauung mitbestimmend. Als Beispiel mögen aus der Fülle der Beiträge, die Frauen selbst zu diesem Thema geliefert haben, die Arbeiten von drei Schriftstellerinnen genannt werden, die ernstlich von ihrem Standpunkt aus an die Erforschung der Frauenpsyche herangingen. Vom Wissenschaftlichen, von der Psychoanalyse geht Helene Deutsch in ihrem Werk "Psychologie der Frau" aus. Geistreich, kühn, oft allzu deutlich in ihrer Sprache schreibt Simone de Beauvoir in "Das andere Geschlecht". Im Gegensatz dazu, am jenseitigen ausgerichtet, weiß Gertrud von le Fort in ihrem Buch "Die Frau" Tiefstes zu sagen, Helene Deutsch wirkt beklemmend, ja unerfreulich, und reizt trotz großer Erkenntnisse oft zu Widerspruch und Ablehnung. Simone de Beauvoir geht besonders an die sexuellen Probleme sehr offen heran, vermag aber nichts Erlösendes zu bieten, da sie nur diesseitia eingesteIlt ist. Gertrud von le Fort ist in ihrer fraulichen, christlichen Weltanschauung wegweisend.
Wenn schon jede Sache von einem mehrfachen Standpunkt aus zu betrachten ist, um wieviel mehr, wenn es sich um den Menschen handelt, und da wieder ganz besonders, wenn es das Rätsel der Frauenseele angeht. Darum scheint es am richtigsten zu sein, ein vielseitiges Bild zu gewinnen, Mann und Frau sprechen zu lassen, wie ja auch das Leben selbst immer wieder zeigt, dass die vollwertigsten Taten und Dinge entstehen, wenn Mann und Frau sie gemeinsam schaffen, selbst wenn letztere nur passiv bleibt und durch ihren Glauben an das Werk, durch Liebe und Anteilnahme den Mann beseelt.
Wer wollte die Frage zu entscheiden wagen, ob die Frau durch die Entwicklung der Frauenbewegung mehr gewonnen oder mehr verloren hat! Das ist nicht allein aus ihrem Kampf um ihre Gleichberechtigung heraus zu beantworten. Die ersten Frauen, die sich um eine Vertiefung ihrer Aufgaben, Weitung ihrer Bildung und Einordnung in die allgemeinen Arbeitsgebiete und -pflichten in ernstem, aufopferungsbereitem Kampf mühten, haben keineswegs als Ziel die beiden besonders charakteristischen Typen der heutigen Frauen gesehen, weder die an Sorge und Arbeit überladene Frau, die neben ihrem Familienleben und Haushalt noch Berufsarbeit leisten muss, noch andererseits den genusssüchtigen, ungebundenen, ewig nach neuen Sensationen jagenden Frauentyp.
Die beiden Weltkriege mit ihren Folgen für das ganze menschliche Geschlecht griffen in die Frauenfrage gebieterisch ein und störten die ruhige normale Entwicklung der ersten Errungenschaften der Frauenbewegung. Ohne dass die führenden Frauen der einzelnen Länder es schon für wünschenswert halten konnten, ohne dass die Mehrzahl der Frauen die Bedeutung erfassen konnte, fiel in mehreren Ländern der Frau das Frauenstimmrecht zu; sie wurde politisch mündig, ohne dafür geschult worden zu sein. So gewann sie an Bedeutung für den Mann, aber nicht in ihrer fraulichen Persönlichkeit, sondern als Spielball der Parteien; sie wurde als Zahl gewertet. Alles, was nicht organisch ruhig gewachsen ist, zeigt Krankheitssymptome, Fehlentwicklungen, und so zeigten sich auch hier bald wenig angenehme Folgen der Gleichberechtigung. Die politisch und weltanschaulich verantwortungsbewussten Frauen entfalteten regste Tätigkeit, um die Erziehung der Frauen, besonders der heranwachsenden Jugendlichen, zu beeinflussen. Wie viel Arbeit ist in den Zwanzigerjahren in Vereinen, Gruppen und persönlichster Fühlungnahme von allen großen christlichen Frauenorganisationen geleistet worden! Dann kam der große Rückschlag durch den Nationalsozialismus, der durch die Gleichschaltung, durch seine zwangstätige Propaganda fast alle positiv christliche Aufbauarbeit unterband und auch die politische Erziehung der Frau in seine Ziele hineinpresste. Der Krieg und der Zusammenbruch stellten die Frauen vor nie geahnte Aufgaben und wurden zum endgültigen Beweis ihrer Bewährung.
Es blieb nicht aus, dass sich das Frauenbild wesentlich veränderte. Wo waren die Heime, in denen die Frauen ihre vornehmste Aufgabe erfüllen konnten! Es hatten sich Frauenberufe geöffnet, an welche die Vorkämpferinnen der Frauenbewegung nie gedacht hätten. Eine zwangsläufige Eindämmung dieser Entwicklung war unmöglich geworden, da der Existenzkampf das Heer dieser weiblichen Arbeiterinnen auf allen Gebieten anforderte. So stehen die christlichen Frauen heute vor der schweren Aufgabe, alles daranzusetzen, um ihren Einfluss auf eine gesunde Gestaltung dieser Frauenberufsarbeit durch Gesetze und Organisationen, vor allem aber durch weltanschauliche Erziehung der Frauen, zu behalten oder zu gewinnen.
Mehr denn je tut uns der richtige Weg aus der Fülle von Problemen und Sorgen not. Darum schauen wir nach führenden Menschen aus, die Einsicht in die Nöte der Gegenwart haben, die von hoher Warte aus weitblickend unsere Zeit zu erfassen vermögen, die fähig sind, Wege aus diesen Wirrnissen zu zeigen, und endlich den nötigen Takt und die entsprechende Einfühlungsgabe besitzen, um den Frauen gerecht zu werden.
Sind wir in irdischen Dingen in Sorge verwickelt, so besprechen wir uns, wenn wir das noch können, zuerst mit dem Vater; das ist der natürliche Weg, den wir sogar dann beschreiten, wenn die zu lösende Frage über die Kenntnisse und das Erfahrungsgebiet des Vaters hinausgeht. So muss unser erster Weg in all den Fragen und Sorgen, die unser seelisches Leben betreffen, die auf das Ewige hinzielen, die aber auch allgemein unsere Arbeit, unsere Würde und Stellung in der Gemeinschaft angehen, zu unserem geistlichen obersten Vater sein.
Siebzehn Jahre bereits haben wir einen Papst, der in ganz außergewöhnlicher Weise begabt und befähigt ist, unsere Zeit zu erfassen. Dazu kommt, dass ihm als Oberhaupt der Kirche alle Geschehnisse und Probleme, die die einzelnen Völker bewegen, vorgetragen werden, und dass der Papst dadurch eine Blickweite bekommt, die ihn in die Lage versetzt, sowohl den Überblick über das Ganze wie den Abstand von den einzelnen Fragen zu gewinnen. Wenn wir nur lauschen wollten! Wir lesen dieses Buch und jenes, gerade auch wir Frauen, diese Anthropologie, jene Philosophie, diese Romane und Aufsätze und verwirren uns dadurch oft noch mehr. Aber lesen wir auch das, was unser Heiliger Vater uns zu all diesen Dingen, um die wir jene Bücher befragen, zu sagen hat? Und er hat uns wirklich Tiefstes und Bestes in ganz persönlichen Ansprachen zu geben. Vielleicht gehen viele von uns etwas zögernd an die Lektüre der Reden heran, weil wir ein wenig die Hemmungen von großen Schülern haben, die nicht gerne ihren Religionslehrer befragen, oder weil wir an das peinliche Gefühl denken, das wir bei manchen Predigten empfinden.
Es ist nicht nur die hohe Stellung unseres Papstes, die für uns ausschlaggebend sein soll, die Worte des Vaters zu lesen. Pius XII. bietet uns als Gelehrter, als Priester, als allseitig für alle Fragen hin offener Mensch die Gewähr, beste Antwort geben zu können.
Leider sind wir im allgemeinen wenig aufnahmefreudig für die päpstlichen Rundschreiben, nehmen uns zu wenig Zeit, sie durchzulesen und durchzuarbeiten. Dazu kommt, dass sie zumeist theologische Fragen behandeln, für die wir mit unseren Alltagssorgen zu wenig Verständnis aufbringen. Es sind auch nicht die Enzykliken, die uns Antwort auf unsere täglichen kleinen Sorgen geben. Die persönlichen Ansprachen des Papstes vor den Gruppen aber und seine Radioansprachen gehen bis ins einzelne oft auf die gegenwärtigen Probleme ein.
Immer wieder überrascht, wie sehr sich Pius XII. mit Berufsfragen vertraut gemacht hat, wie er sich keineswegs in allgemeinen Redewendungen ergeht, sondern die jeweiligen Fragen im tiefsten Kern zu erfassen sucht. Wenn er dann Stellung nimmt, geschieht es in aller Offenheit, Klarheit und unbedingter Autorität, ganz gleich, ob es sich um juristische, medizinische, wirtschaftliche oder pädagogische Reden handelt. Wie katholisch sind diese Reden, wie wirklichkeitsnah, wie sehr umfassen sie die Allgemeinheit! Ohne Utopien nach zu jagen, führen sie die Menschen zu den besten gottgewollten Lösungen!
Wenn man einen Überblick gewonnen hat über alles, was Pius XII. in seinem Pontifikat zu der Frau und über sie gesprochen hat, so gelangt man zu der Erkenntnis, dass den modernen Frauen in ihren heutigen Schwierigkeiten kein großzügigerer, gelehrterer Anwalt und Helfer erwachsen konnte. Im Vergleich mit vielen Büchern und mit einer großen Reihe von "Standespredigten" steht man freudig überrascht vor der Aufgeschlossenheit des Heiligen Vaters, hinter der ein großer Teil der Geistlichkeit weit zurückbleibt. Er sieht hellwach, oft prophetisch die Probleme der Zeit und ihre Entwicklung. Pius XII. begegnet den Gefahren im offenen Kampf, nennt klar die Dinge mit Namen; denn Hilfe kann nur erfolgen, wenn die Krankheit erkannt und genannt ist.
Es wird zu zeigen sein, wie der Papst selbst in manchen Fragen um die beste Beantwortung sich bemüht, wie er nach Jahren auf seine eigene Rede zurückkommt und sie ergänzt, wenn er glaubt, leichtere Wege angeben zu können. Der Heilige Vater gibt und gibt, da sollten wir demütig genug sein, freudig seine Gaben anzunehmen und auf ihn zu hören.
Zur dreizehnten Generalversammlung des Katholischen Deutschen Frauenbundes richtete Pius XIl. ein Schreiben an die Vorsitzende Dr. Gerta Krabbel (17. Juli 1952). Darin stehen die Worte: "Ging es ihr [der Katholischen Frauenbewegung] vor fünfzig Jahren darum, die katholische Frau einzuführen in die Berufe und in die öffentlichen Stellungen, in welche die Zeitumstände sie riefen und denen sie sich nicht mehr verschließen konnten, so ist heute vielleicht die vordringlichste Aufgabe, die Frau zu schützen und zu festigen, auf dass sie in den neuen Verhältnissen ihrer Persönlichkeitswürde als Frau und als Christin nicht verlustig gehe. Gewiss hat die Katholische Frauenbewegung immer zum Ziel gehabt, die Frau zur vollkommenen Persönlichkeit und echten Christin zu formen. Aber heute, so scheint Uns, ist dieses Ziel ganz in den Mittelpunkt gerückt. Es ist so sehr das Gebot der Stunde geworden, dass es die anderen Ziele zwar nicht verdrängt - ganz gewiss nicht -, sie aber doch betont in die zweite Linie stellt." -
"Dass sie in den neuen Verhältnissen ihrer Persönlichkeitswürde als Frau und Christin nicht verlustig gehe", das ist das Kernproblem, in dessen Dienst alle Reden und Ansprachen des Papstes an Frauen stehen. Er geht von den neuen Verhältnissen aus, von den tatsächlichen Gegebenheiten; er gibt nicht in einseitiger Weise den Wunschtraum nach, dem wir bei den meisten Männern, besonders aber bei der Geistlichkeit begegnen, die Frau wieder ins Haus zu bannen. Errungenschaften lassen sich nicht ungeschehen machen; sonst hätte es bestimmt der Nationalsozialismus vermocht, der die Frau, soweit es ihr möglich war, aus der öffentlichen Arbeit entfernte und sie nur in ihre soziologischen Funktion als Kindergebärerin sah. Dr. Lotte Leitmeier Wien, schreibt im vierten Heft 1953 der österreichischen Zeitschrift "Gloria Dei": "Und fühlt man sich gar zur Seelsorge berufen, also verpflichtet, für andere Verantwortung zu tragen, so ist es unentschuldbar und unkatholisch, Utopien nachzuhängen, irgendwelche ideale Urzustände als einzig katholische zu predigen und zurück zu ersehnen statt die Menschen für die tatsächlichen Schwierigkeiten zu erziehen und sie durch die Klippen, zwischen denen sie sich wirklich befinden, hindurchzuführen. "
Nun, in diesem Punkt können wir uns getrost der klar blickenden Führung durch den Papst anvertrauen. Er betrachtet die Fragen vom wirklichen Leben aus, und es wird zu zeigen sein, wie sehr er die rechte Vorbildung und richtige Berufseingliederung der Frau immer wieder betont, ohne die von echten Frauen selbst als erste und vornehmste Lebenserfüllung erkannte Aufgabe der Frau und Mutter hintanzustellen.
Darum ist es die Aufgabe dieses Buches, die Worte, die Papst Pius XII. in den siebzehn Jahren seines Pontifikates an die Frauen und Mädchen richtete, durch Sichtung der Themen und Probleme der heutigen Frauenwelt nahezubringen.
Um ein möglichst umfassendes Bild der Frau zu bekommen, wie Papst Pius XII. sie in ihren verschiedenen Aufgabengebieten sehen will, wurden nicht nur die direkten Ansprachen an Frauen, sondern auch Enzykliken, Konstitutionen und Briefe herangezogen. Gleichfalls mussten die Reden berücksichtigt werden, die an andere Gruppen gerichtet sind, in denen der Papst aber Aufgaben der Frauen besonders herausstellt, oder solche, in denen er sich an Männer und Frauen wendet, weil die darin aufgeworfenen Fragen für beide Gültigkeit haben oder Aufgaben stellen, die von bei den gemeinsam zu lösen sind.
Für die vorliegende Arbeit sind alle Enzykliken, Ansprachen, Konstitutionen und Briefe, die in der vom Papst benutzten Sprache in den Apostolischen Akten (Acta Apostolicae Sedis) enthalten sind, durchgearbeitet worden.
Seit 1946 erscheint die "Herder-Korrespondenz", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Enzykliken vollständig und viele Konstitutionen, Ansprachen und Briefe vollständig oder im Auszug wiederzugeben. Soweit die hier angegebenen Worte des Papstes in der Herder-Korrespondenz enthalten sind, werden sie mit freundlicher Genehmigung der Verlages Herder, Freiburg, danach zitiert. Andere Übersetzungen, die benutzt worden sind, wurden jeweils angegeben. Die übrigen Ansprachen, die angeführt werden, wurden von mir übersetzt.
I. DIE FRAU ALS GATTIN
Wenn wir darangehen, einen Überblick über das zu gewinnen, was Papst Pius XII. der Frau zu sagen hat, so ist es ganz selbstverständlich, dass wir dort beginnen, wo nach Gottes Willen, nach der physischen und seelischen Struktur der Frau ihre Hauptaufgabe liegt: in der Ehe.
Da der Papst es für überaus wichtig hält, dass junge Menschen, die sich das Sakrament der Ehe spenden wollen, sich über die Bedeutung ihres neuen Standes klar werden, hat er es selbst vom Beginn seines Pontifikates an übernommen, durch Ansprachen an Neuvermählte die wesentlichen Fragen des Ehelebens vor ihnen zu besprechen. Pius XII. setzt damit eine Einrichtung fort, die sein von ihm so sehr verehrter Vorgänger, Papst Pius XI., eingeführt hatte, Jungvermählte, die den kirchlichen Trauschein vorweisen konnten, in Audienz zu empfangen. Bei dieser Gelegenheit hält er ihnen kurze Ansprachen, die sich in ihrem Inhalt keineswegs wiederholen, sondern die fortlaufend, von den verschiedensten Gelegenheiten und Gesichtspunkten ausgehend, eine Erziehung zur Ehe geben.
Der Papst betrachtet diese Aufgabe als eine seiner wichtigsten und liebsten Pflichten. Am 15. Januar 1941 sagte er bei einem solchen Empfang: "Bei den zahllosen Sorgen und Verantwortungen, die auf Uns lasten, seitdem die göttliche Vorsehung Uns in so schwerer Zeit zur Leitung der Kirche berief, gewährt Uns der Herr zur Erleichterung Unserer Last einen herrlichen Trost in diesen Audienzen, in denen es Uns vergönnt ist, in einer milderen Luft zu atmen und Uns ganz als Vater zu fühlen, der seine Kinder empfängt und in ihrem Kreise sein Herz öffnet und es zwanglos vor ihnen ausschüttet. Aber zu den Audienzen, die Uns besonders lieb und angenehm sind, rechnen Wir gern jene, in denen die Scharen der Neuvermählten um Uns sich versammeln."(1)
Dass Papst Pius XII. seine Ansprachen in diesen Audienzen nicht nur auf den Kreis der Anwesenden beschränkt wissen will, geht daraus hervor, dass er sehr oft die Ausführungen eines bestimmten Themas in mehreren Abschnitten behandelt, so dass die folgende Mittwoch-Audienz die Fortsetzung der Ansprache der vorhergehenden bringt. Er weist selbst einmal darauf hin, in seiner Rede vom 27. Jänner 1943, wo er die Worte spricht: "Von diesen Tugenden werden Wir zu den Jungvermählten sprechen, die nach euch kommen und christlich sind wie ihr. Wir hoffen, dass ihr diese Unsere Mahnungen lest; Wir vertrauen auch darauf, dass sie nicht ohne Nutzen auch von rechtschaffenen und edel denkenden Seelen gelesen werden, die nicht wie ihr das Glück haben, dieses göttliche Leben zu besitzen."(2)
Es ist unsere erste Aufgabe, aus den Papstreden das Bild der Frau als Gattin zu gewinnen, so wie Pius XII. sie sehen möchte. Drei Hauptthemen sind es, die ihm am Herzen liegen: Die Auffassung der Ehe als Sakrament, die Beziehung der Gatten zueinander, ihre Anpassung und die äußere und innere Treue im Eheleben.
In einer Anrede vom 15. Januar 1941 spricht der Heilige Vater von der Sonderstellung, die Gott der Ehe neben dem Priesteramt gab.
"Die Ordensprofess, so sagen Wir, ist kein Sakrament. Indes auch die bescheidenste Eheschließung, die in einem armen und abgelegenen Landkirchlein oder in einer armen und schmucklosen Kapelle eines Arbeiterviertels stattfindet, die Trauung zweier Verlobten, die unmittelbar nachher wieder an die Arbeit gehen müssen, vor einem einfachen Priester, im Beisein nur weniger Verwandter und Freunde, diese Feier ohne äußeren Schmuck und Prunk steht in ihrer sakramentalen Würde unmittelbar neben dem Glanz einer feierlichen Priester- oder Bischofsweihe, die in einer herrlichen Kathedrale im Beisein vieler Priester und Gläubigen, des Diözesanbischofs selbst, der mit der ganzen Pracht der bischöflichen Gewänder geschmückt ist, stattfindet. Die Priesterweihe und Ehe, das wisst ihr wohl, krönen und vollenden die Siebenzahl der Sakramente."(3) "Das Sakrament der Ehe macht aus der Ehe selbst ein Mittel gegenseitiger Heiligung für die Eheleute und eine unerschöpfliche Quelle übernatürlicher Hilfen; es macht ihre Vereinigung zu einem Abbild jener zwischen Christus und der Kirche; macht die Eheleute selbst zu Mitarbeitern am Schöpfungswerke des Vaters, am Erlösungswerke des Sohnes und am Erziehungswerke des Heiligen Geistes."(4) "Das heilige Versprechen, das ihr, liebe Brautleute, an den Stufen des Altares vor dem Priester einander gegeben habt, hat eure innige Freude gekrönt und eure Herzen und eure Lebenswege in eins verschmolzen. Auf dieses Versprechen hat Gottes Stellvertreter dadurch geantwortet, dass er die Früchte des himmlischen Segens auf euch herab rief: auf euch selber, auf das unlösliche Band eurer Ehe, auf euer neues Heim, das eines Tages Kinder ,gleich den Schösslingen des Ölbaumes' um den Tisch in Freude füllen sollen. In jenem Augenblick habt ihr es verspürt, wie eure Herzen zusammenschlugen, wie eure Seelen und euer Wille in eins verwuchsen, wie sich eure Glücksträume erfüllten; ihr habt es verspürt, wie der Himmel eurer Zukunft sich aufhellte im Lichtglanz der heiligen Kirche ... Und doch, so fruchtbar an göttlichen Gnaden der Segen des Priesters und des Stellvertreters Christi sein mögen, nicht sie bilden den Hauptquell der Gnadengeschenke Gottes, die euch auf eurem Lebenswege führen und aufrichten sollen. Hoch über jedem Segen, der da im Namen des Herrn erteilt wird, erhebt sich das Sakrament, das ihr empfangen habt; denn in ihm hat Gott unmittelbar auf eure Seele eingewirkt und sie gefertigt für die neuen Aufgaben, die eurer harren. Oder wisst ihr nicht, dass in jedem Sakrament der Spender nur ein Werkzeug ist in Gottes Hand? ... Daher kommt es dann, dass Gott die Hauptursache ist, die durch eigene Kraft wirkt, indes der Diener oder Stellvertreter nur werkzeugliche Ursache ist und in der Kraft Gottes wirkt ... Der Priester vertritt dabei die Kirche als befugter Zeuge und vollzieht die heiligen Zeremonien, die den Ehevertrag begleiten. Jedoch Spender des Sakramentes seid, der Anordnung Gottes gemäß, ihr selber in Gegenwart eines Priesters. Eurer hat Gott sich bedient, um euch in unlösbarer Gemeinschaft aneinanderzubinden und in eure Seelen die Gnaden einzugießen, die euch standhaft und treu euren neuen Pflichten gegenüber machen sollen ... Ja, Gott hat euch zu großer Ehre und Würde erhoben! Und scheint es nicht, als wolle der Herr euch gleich vom ersten Schritte an, den ihr, gestärkt mit dem priesterlichen Segen, vom heiligen Altare weg tut, zu seinen neuen und bleibenden Mitarbeitern machen, in jedem Dienst, zu dem er euch den Weg eröffnet und geheiligt hat? Im Sakrament der Ehe war es eine äußere Handlung, die auf euch die göttliche Gnade herabgezogen hat: die gegenseitige Hingabe und Hinnahme der Personen und die in Worten kundgegebene Einwilligung. In eurem ehelichen Leben werdet ihr Werkzeuge des göttlichen Künstlers sein, wenn er den stofflichen Leib eurer Kinder formt. Ihr werdet in das Fleisch von eurem Fleische eine geistige und unsterbliche Seele herabrufen. Auf eure Bitte hin wird Gott sie erschaffen, er, der auf das Zeichen des Sakramentes hin getreulich die Gnade bewirkt hat. "(5)
In einer Betrachtung über "die Erhebung der bräutlichen Liebe in die Welt der Gnade" gebrauchte Pius XII. die schönen Worte: "Die Liebe des christlichen Gatten für seine Gattin nimmt teil an diesen göttlichen Mitteilungen, wenn nach dem ausdrücklichen Willen des Schöpfers Mann und Frau eine Wohnung für die Seele bereiten, in der der Heilige Geist mit seiner Gnade wohnen wird. So sind die Ehegatten in der ihnen von der Vorsehung übertragenen Aufgabe recht eigentlich die Mitarbeiter Gottes und seines Christus; ihre Werke selbst haben etwas Göttliches, auch darin können sie genannt werden ,teilhaftig der göttlichen Natur'. "(6)
In der Einheit der Ehe ist ihre Unauflöslichkeit begründet. "Die Ehe gründet zwar auf einer Neigung der Natur, aber sie entsteht doch nicht mit naturgesetzlicher Notwendigkeit. Sie kommt vielmehr zustande durch den freien Willen. Doch kann der freie Wille der Vertragschließenden das Band nur eingehen, nicht aber es wieder lösen. "(7)
Wegen der Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe warnt der Papst vor übereilter Eheschließung. Die beiden Menschen sollen sich Zeit nehmen, sich gut kennenzulernen. "Angesichts eurer neuen Pflichten, eurer neuen Verantwortungen reicht eine rein äußere Verbindung eures Lebens nicht aus, um die Herzen in jenes lebendige Verhältnis zu bringen, das der Aufgabe entspricht, die Gott euch anvertraut hat, als er euch anregte, eine Familie zu gründen, so dass ihr im Segen des Herrn bleibt, in seinem Willen verharrt und in seiner Liebe lebt. In der Liebe Gottes leben bedeutet für euch, in der Liebe zu ihm eure gegenseitige Liebe erhöhen, die nicht nur Wohlwollen sein will, sondern jene erhabene eheliche Freundschaft zweier Herzen, die gegenseitig sich öffnen, indem sie dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen und immer inniger sich durch die Liebe verbinden, von der sie getragen und beseelt sind. Wenn ihr euch gegenseitig stützen und die Hand reichen und euch unter die Arme greifen müsst, um die leiblichen Bedürfnisse des Lebens zu befriedigen, der eine als Führer der Familie, der durch seine Arbeit die notwendigen Mittel zu ihrem Unterhalt sichert, die andere, indem sie wacht und sorgt für alles im inneren Familienkreis, dann ist es noch notwendiger, dass ihr euch gegenseitig ergänzt, euch stützt und in wechselseitiger Hilfe zusammensteht, um den sittlichen und geistigen Notwendigkeiten eurer Seelen zu genügen und derer, die Gott eurer Sorge anvertrauen will, der Seelen eurer lieben Kleinen. Wie könntet ihr nun euch eine solche gegenseitige Stütze und Hilfe bieten, wenn eure Seelen einander fremd blieben, indem jede eifersüchtig ihre eigenen Geheimnisse im Geschäft, in der Erziehung und der Beisteuer zum gemeinsamen Leben für sich behielte? Seid ihr nicht wie zwei Bäche, die aus dem Quellgrund zweier christlicher Familien fließen und durch das Tal der menschlichen Gesellschaft laufen, um ihre klaren Wasser zu vereinigen und den Garten der Kirche zu befruchten ?"(8)
Eine der schönsten Ansprachen an Neuvermählte ist die vom 12. November 1941 über das gegenseitige Vertrauen, "den gegenseitigen Herzensaustausch«, den er "eine Vorbedingung, ein Element, ja sogar eine Nahrung" ihres Glückes nennt. Es dürfe nicht sein, dass die Gatten "ihr Herz voreinander verschließen, in ihrem Zusammenleben einander fast fremd bleiben und Unbegreiflichkeiten und Missverständnisse aufkommen und wachsen lassen, die nach und nach ihre Gemeinschaft trüben und verringern und nicht selten sie auf den Weg trauriger Katastrophen führen ... Bisweilen mag es jene Form angeborener Schüchternheit sein, die bewirkt, dass einige Männer und Frauen einen angeborenen Widerwillen fühlen, ihre innersten Gefühle zu offenbaren und anderen mitzuteilen; ein anderer Grund wird ein Mangel an Schlichtheit sein, der aus einer Eitelkeit und einem geheimen, vielleicht unbewussten Stolz kommt; in anderen Fällen hat eine mangelhafte, allzu strenge und oft äußerliche Erziehung die Seele daran gewöhnt, sich auf sich zurückzuziehen, sich nicht zu eröffnen und keinem den Zutritt zu gestatten, aus Furcht, sie könne in ihrem Innersten und Tiefsten getroffen werden. "(9)
Selbstverständlich anerkennt Pius XII. wohl die Schranken, die durch das Berufsgeheimnis gezogen sind, selbst dem anderen Ehepartner gegenüber, von dem er dann Vertrauen und Achtung vor einer solchen Haltung erwartet; ja, er geht noch weiter in seinem tiefen Einfühlungsvermögen und seiner Erfahrung, wie aus dem folgenden Gedankengang hervorgeht: "Denkt daran, dass in der Ehe eure Persönlichkeit und Verantwortung nicht aufgehoben werden. Aber auch in dem, was euch persönlich angeht, kann es der Fall sein, dass vertrauliche Mitteilungen ohne Nutzen und nicht ohne Gefahr gemacht würden, dass sie der ehelichen Gemeinschaft Schaden brächten und Verwirrung stifteten, anstatt sie enger, fester und froher zu machen. Ein Gatte und eine Gattin sind keine Beichtväter; die Beichtväter findet ihr in den Kirchen, im Bußgericht, da, wo sie durch ihren priesterlichen Charakter in eine das Familienleben überragende Sphäre erhoben sind. "(10)
Eine echte Frau wird aus sich heraus das Empfinden und die Klugheit besitzen, im gegebenen Falle ohne äußere Beratung von dritter Seite genau zu wissen, wann Sprechen und wann Schweigen am Platze ist. Allerdings ist die Vorbedingung für solch rechtes Verhalten die Liebe zum Manne und der unbedingte Wille, sich selbst zurückzustellen, wenn der Frieden der kleinen Gemeinschaft sonst gefährdet wäre. Die ungeordnete Selbstliebe, die Selbstsucht nennt Pius XII. die größten Feinde der Ehe. Er warnt immer wieder davor, da letztere fähig ist, mit ihren "kleinen Grausamkeiten" immer wieder zu verletzen, so dass es zu kleinen Rissen kommt. "Oft war die Liebe während der Brautzeit blind; man sah die Fehler nicht oder sie erschienen sogar als Vorzüge. Aber die Eigenliebe ist ganz Auge, sie beobachtet und bemerkt, auch wenn sie in keiner Weise darunter zu leiden hat, die geringsten Unvollkommenheiten, die harmlosesten Eigenheiten des einen oder der anderen. Wenn sie ihr auch nur ein wenig missfallen oder ihr einfach Ärger verursachen, macht sie alsbald Aufhebens davon mit einem sanft ironischen Blick, mit einem leicht verletzenden Wort, vielleicht mit einer flüchtigen Anspielung in Gegenwart anderer. Sie selbst ahnt am wenigsten den Pfeil, der trifft, die Wunde, die schmerzt, während sie ihrerseits darüber aufgebracht wird, wenn die anderen, auch ohne etwas zu sagen, auf ihre Fehler aufmerksam werden, die ihnen so sehr auf die Nerven gehen. Ist es noch ein einfacher Riss? Gewiss nicht jenes feine gütige Verhalten nach dem Beispiel des Herzens Jesu, das durch Lieben und Ertragen so vieles bei uns nachsieht. Wenn die Selbstsucht nur auf der einen Seite herrscht, so bleibt das Herz des anderen im stillen verletzt in seiner tiefen und nachgiebigen Tugend; aber wenn die Selbstsucht auf beiden Seiten sich aufbläht und gegenübertritt, seht, dann ist die tragische Feindseligkeit da! "(11)
Um den Bruch zu vermeiden, sollen die Ehegatten in Verbindung mit Gott tätige Liebe und Opferbereitschaft üben, geduldig bleiben, sich gegenseitig ertragen lernen und für die Schwächen und Fehler Verzeihung finden. "Die wahre und tiefe Liebe muss beim einen wie beim anderen sich stärker erweisen als Ermüdung und Ärger, stärker als der Wechsel der Zeit und der Jahreszeiten, stärker als der Wandel der persönlichen Stimmungen und die Überraschung von plötzlichem Missgeschick. "(12)
"Und wie viel Seelenstärke fordert oft dieses tägliche Leben selbst, wenn man jeden Morgen zu denselben Arbeiten zurückkehren muss, die vielleicht grob und in ihrer Eintönigkeit lästig sind, wenn man so gut wie möglich mit einem Lächeln auf den Lippen lieb und froh die gegenseitigen Fehler ertragen muss, die immer bestehenden Gegensätze, die kleinen Verschiedenheiten in Geschmack, Lebensgewohnheiten und Denkart, die das gemeinsame Leben nicht selten mit sich bringt; wenn man bei geringfügigen, oft unvermeidlichen Schwierigkeiten und Vorkommnissen sich nicht verwirren lassen darf und die Ruhe und die gute Laune bewahren muss, wenn bei einer kühlen Begegnung die Kunst zu schweigen helfen muss, das Klagen rechtzeitig zu unterdrücken, das Wort zu ändern und zu mildern, das zwar, wenn man ihm freien Lauf ließe, den erregten Nerven Entspannung bringen, aber eine dichte Wolke in der Atmosphäre der häuslichen Wände ausbreiten würde! Tausend kleine Dinge, tausend flüchtige Augenblicke des täglichen Lebens, die für sich allein wohl nichts bedeuten und fast ein Nichts sind, aber in ihrer Summierung und ihrem Zusammenhang schließlich so ernst werden können, und mit denen doch großenteils der Friede und die Freude eines Heimes im gegenseitigen Sichertragen verknüpft und verbunden ist. "(13)
Der Papst verlangt die Zusammenarbeit der Ehegatten; der Wille, das herzliche Bemühen darf nicht fehlen noch nachlassen. Sie müssen die Erkenntnis gewinnen, dass, "wer in die Ehe tritt mit dem Anspruch, die persönliche Freiheit mit hineinzubringen und eifersüchtig zu behaupten, aber nichts von der eigenen persönlichen Freiheit opfern will, schlimmen Konflikten entgegengehe."(14) Der Wille zur Mitarbeit muss vorhanden sein, "man muss diese Mitarbeit wollen und suchen, man muss gern zusammenarbeiten, ohne darauf zu achten, was geboten oder verlangt oder auferlegt wird; man muss vorangehen, die ersten Schritte tun können, wenn es notwendig ist, um tatsächlich den Anfang damit zu machen, man muss zur Not lebhaft die Fortsetzung dieser ersten Schritte wünschen und dabei mit wachsamer und angestrengter Sorge ausharren, um einen Weg zu finden, die Tätigkeiten beider wirklich miteinander zu verbinden. Man darf nicht mutlos werden noch Ungeduld zeigen, wenn eine Mitwirkung oder Hilfe nicht genügend zu sein oder in keinem rechten Verhältnis zu den eigenen Anstrengungen zu stehen scheint, sondern muss immer entschlossen sein, nie einen Preis für zu hoch anzusehen, der eine so wünschenswerte, unerlässliche und nützliche Eintracht in der Zusammenarbeit und im Streben nach dem Wohl der Familie erzielen kann. Herzliches Bemühen, mitzuarbeiten ! Jenen Eifer meinen Wir, den man nicht aus Büchern lernt, sondern den das Herz lehrt, das die tätige Gemeinschaft und Zusammenarbeit in der Leitung und im Ablauf des häuslichen Lebens liebt; jenen Eifer, der gegenseitige Liebe, beiderseitiges Bemühen und Sorge für das gemeinsame Nest ist; jenen Eifer, der aufmerkt, um zu lernen, der lernt, um zu tun, der tut, um dem anderen die Hand zu reichen; kurz, jenen Eifer, der für die Ehe eine langsame und gegenseitige Bildung und Erziehung ist, die zwei Seelen brauchen, welche zu einer engen und wirklichen Mitarbeit gelangen wollen. Wenn vor dem gemeinschaftlichen Leben unter einem und demselben Dach jede der beiden Seelen ihre eigenen Tage gelebt und sich für sich selbst gebildet hat, wenn beide aus Familien kommen, die nie ganz gleich sind, mögen sie sich auch noch so sehr gleichen, wenn also jede ins gemeinsame Heim Eigenarten des Denkens, Fühlens, Handelns und Verkehrens hineinbringt, die anfangs nie in voller und ganzer Harmonie untereinander stehen, dann seht ihr wohl, dass man, um sich in der Mitarbeit zu verständigen, sich vor allem gegenseitig gründlicher kennenlernen muss, als dies während der Brautzeit möglich gewesen ist; dass man Tugenden und Fehler, Gaben und Mängel von Fall zu Fall merken und unterscheiden muss, nicht mehr, um Kritiken und Streitigkeiten heraufzubeschwören oder nur, um die Flecken am Lebensgefährten oder an der Lebensgefährtin zu sehen, sondern um sich darüber klar zu werden, was man davon erwarten, was man vielleicht dazu wird ergänzen oder ausgleichen müssen. Wenn einmal der Weg bekannt ist, auf dem die Regelung des Persönlichen erfolgen muss, dann wird bereitwillig die Arbeit einsetzen, Gedanken und Gewohnheiten zu ändern, anzupassen und untereinander in Übereinstimmung zu bringen. "(15)
Ernst warnt Papst Pius XII. in einer Ansprache vom November 1942 vor einer "Klippe" des Eheglücks, die in der ersten Zeit der Ehe besonders leicht der Frau zum Verhängnis werden kann. Er spricht von dem Leichtsinn, der manche Frau dazu verführt, nun als Verheiratete allzu viele Schranken übersteigen zu wollen und alles, was ihr im behüteten Elternhaus verwehrt war, jetzt als verheiratete Frau kennenlernen zu wollen. "War schon ihr Mädchenleben weltlich und ausgelassen, so wird sie sich glücklich schätzen, nun auf anständige Weise, wie sie meint - sie ist ja in Begleitung ihres Mannes-, auch das bisschen Zurückhaltung noch abzuwerfen, das ihr jugendliches Alter ihr bis dahin auferlegt hatte."(16) Jedes Vergnügen glaubt sie sich erlaubt und jede Lektüre. In vielen späteren großen Reden warnt Pius XII. vor dem verderblichen Einfluss, den das Theater, der Film und viele Bücher in unserer Zeit ausüben, vor allem in den Ansprachen an die weibliche Jugend. Der jungen Ehefrau sagt er die Worte: "Jene Romane erzählen so viel von Untreue, von Schuld, von unerlaubten und hemmungslosen Leidenschaften. Da geschieht es denn nicht selten, dass die Liebe zweier Gatten dadurch etwas verliert von ihrer Reinheit, ihrem Adel und ihrer Heiligkeit; dass die christliche Wertung und der christliche Begriff der Liebe verfälscht werden; dass diese sich in eine rein sinnliche und irdische Liebe verwandelt, die die hohen Zwecke einer gottgesegneten Ehe vergisst. "(17)
Auch möge die junge Ehefrau sich nicht durch die Liebe, wie sie in den Romanen beschrieben wird, der Wirklichkeit entfremden. "Wer gewohnheitsmäßig Romane liest und an romanhaften Bühnenspielen sich ergötzt - mögen sie auch nicht direkt unsittlich oder anstößig sein -, dessen Gefühl, Herz und Phantasie gleiten oft in die Atmosphäre eines vorgetäuschten wirklichkeitsfremden Lebens hinein."(18) "Das tatsächliche Leben bekommt ja seinen wahren Wert und seine herbe Schönheit von der Arbeit, dem Opfer, der wachsamen Aufmerksamkeit und sorgenden Umsicht für eine gesunde und eine zahlreiche Familie. Aber gerade dieses Salz der Weisheit, das dem wahren Leben seinen Geschmack verleiht, geht auf jene Weise verloren. "(19)
Wir hören in diesen Ansprachen an Jungvermählte aber keineswegs nur immer den mahnenden Vater, sondern der Papst gibt so viele schöne Beweise für seine Gesamtschau, wie er die Frau im Eheleben sieht, dass sich daraus ganz klar ein leuchtendes Spiegelbild der echten Frau herauskristallisiert. In mehreren Anreden nennt Pius XII. die Frau "die Sonne des Hauses". "Innerhalb der häuslichen vier Wände seid ihr glücklich; da seht ihr nichts von Nebeln, eure Familie hat ja eine eigene Sonne: die Gattin... Sie wird zur Sonne durch ihren Großmut und ihre Hingabe, durch ihre immerwährende Bereitschaft, durch ihre wache Feinfühligkeit, mit der sie genau errät, was dem Gatten und den Kindern das Leben froh macht. Rund um sich verbreitet sie Licht und Wärme. Man pflegt zu sagen, eine Ehe sei dann glückverheißend, wenn keiner der Gatten sie eingeht, um sich selbst, sondern jeder nur, um den anderen glücklich zu machen. Ziemen nun so edles Fühlen und solch reine Absicht auch beiden Gatten, so ist es doch vorzüglich die Tugend der Frau. Die Frau besitzt ja von Geburt aus das warme Schlagen und Empfinden eines Mutterherzens; ein solches Herz mag Bitterkeit empfangen: es will doch nichts als Freude geben; es mag Verdemütigung erfahren: es will doch nichts als Ehre und Achtung erweisen. Es gleicht der Sonne, die die Morgennebel mit ihrem Frühlicht verklärt und die Abendwolken mit ihren Abschiedsstrahlen vergoldet.
Die Gattin ist die Sonne der Familie durch die Klarheit ihres Auges und durch die Wärme ihres Wortes ... Ein Licht geht aus von der Gattin Auge, tausendfach leuchtend in einem einzigen Strahl, und ein Wohllaut von ihren Lippen, tausendfach ergreifend in einem einzigen Klang. Es sind Strahlen und Klänge, die dem Mutterherzen entströmen, es sind die Strahlen und Klänge, die die Kihderjahre zum lebendigen Paradies machen ... Die Gattin ist die Sonne der Familie durch ihre reine Natürlichkeit, durch ihre würdevolle Schlichtheit und durch ihren christlichen und ehrbaren Liebreiz. Dieser offenbart sich sowohl in der Sammlung und Rechtschaffenheit des Geistes wie in der feinen Harmonie ihres Benehmens und ihrer Kleidung, ihres Schmuckes und ihres Auftretens, das zurückhaltend und gewinnend zugleich ist. Zartes Fühlen, anmutig sprechendes Mienenspiel, ungekünsteltes Schweigen und Lächeln, beifälliges Nicken des Kopfes geben ihr den Liebreiz einer erlesenen und doch einfachen Blume, die ihre Blütenkrone öffnet, um die Farben der Sonne aufzunehmen und wider zu strahlen ... Was geschieht aber, wenn der Familie diese Sonne genommen ist? Wenn die Gattin immerfort und bei jeder Gelegenheit auch in den intimsten Beziehungen unmissverständlich zu merken gibt, wie viele Opfer das eheliche Leben sie kostet. Wo bleibt ihre liebevolle Güte, wenn überspitzte Härte in der Erziehung und Gereiztheit und Kälte in Blick und Wort in den Kindern das glückliche Gefühl, bei der Mutter sei Freude und Trost zu finden, ersticken? Wenn sie nichts anderes tut, als mit harter Stimme, mit Klagen und Vorwürfen das traute Zusammenleben im Familienkreise in unseliger Weise zu zerstören und zu verbittern? Wo bleibt jene großmütige Feinfühligkeit und jene zarte Liebe, wenn sie - anstatt mit natürlicher und umsichtiger Schlichtheit eine Atmosphäre angenehmer Ruhe im Hause und Heim zu schaffen - das Gebaren einer ruhelosen, nervösen und anspruchsvollen Modedame annimmt? Ist das etwa ein Verbreiten wohltuender und lebenspendender Sonnenstrahlen? Ist das nicht vielmehr eisiger Nordwind, der den Familiengarten gefrieren macht? ...
Euch aber und eurer Umsicht steht es zu, im Heim die rechte Wohligkeit zu verbreiten und so ein friedsames, frohes Zusammengehen eurer zwei Lebenswege zu verbürgen. Dies ist für euch nicht nur ein natürlicher Beruf, nein, auch die Religion und die christliche Tugend legen euch diese Pflichten auf, so dass alles, was ihr in dieser Absicht tut, euch Verdienste erwirbt und euch in der Liebe und Gnade Gottes wachsen lässt. "(20)
Papst Pius XII. weist der Frau nicht einseitig die Hauptverantwortung für das Glück der Ehe zu. In mehreren Reden spricht er weitläufig und eindringlich von der Verantwortung des Mannes und von seiner Mitwirkung. Es besteht nicht im geringsten Zweifel daran, dass der Papst innerhalb der Ehe, gemäß den Worten des hl. Paulus (1 Kor 2, 3) und der ununterbrochenen Stellung der Kirche zur Ehe den Mann als das Haupt der Familie ansieht. Diese Einstellung liegt allen seinen Reden zugrunde. Alle Errungenschaften der Frauenbewegung, zumal der in unserer Zeit zu klärende Begriff der Gleichberechtigung, werden an der Tatsache, dass innerhalb der Ehegemeinschaft dem Mann und Vater die Führung zusteht, nichts ändern können. Nicht nur die katholische Gattin, sondern jede echte Frau, die ihren Mann liebt, wird sich gegen diesen Standpunkt der Kirche nicht auflehnen. Was Gott bei der Einsetzung der Ehe anordnete und in die Natur des Mannes und der Frau hineinlegte, das kann nicht erschüttert werden, ohne sich bei beiden bitter zu rächen. Für die glückliche Ehefrau gibt es in diesem Sinne kein Problem, gleichgültig, welche Fähigkeiten, welche äußeren und inneren Werte sie in die Ehe mit hineinbringt. Je größer ihre eigene Begabung, je tiefer ihr eigener Wert ist, umso mehr will sie im Gatten den Mann, den Führer sehen. Im 5. Band des Handbuchs der katholischen Sittenlehre, herausgegeben von Fr. Tillmann, "Die soziologischen Grundlagen der katholischen Sittenlehre", schreibt W. Schöllgen von der Frau, "die Intelligenz und Willenskraft" besitzt: "Sie wird bei der Gattenwahl (denn sie ist durchaus noch im gesunden Sinne für die Ehe ansprechbar) allerdings den harten, nur virilen Männertyp ablehnen und einen weicheren Charakter im Stile der Kontrastwahl bevorzugen. Ein solcher Mann wird sich durchaus wohlfühlen, wenn er taktvoll unter den Pantoffel gebracht wird. Er hat nicht den Ehrgeiz, Familientyrann zu sein. In solchen Familien - und eigentlich nur in ihnen - entsteht ein echter Gefühlskonflikt, wenn etwa ein Gesetz im Stile bisheriger Gesetzgebung das ausschlaggebende Bestimmungsrecht dem Mann zuweist. Aber eigentlich nur in der Theorie und bei prinzipieller Betrachtung seitens unverheirateter Frauen dieses Typs. Denn in der Praxis tut ein solcher Mann doch, was seine Frau an Wünschen äußert." Das ist als durchaus unzutreffend abzulehnen. Bei der Gattenwahl der intelligenten und willensstarken Frau ist in erster Linie ausschlaggebend, dass sie einen Gatten findet, für den sie nicht nur Liebe empfindet, sondern Hochachtung aufbringt. Dabei ist es weniger wichtig, dass er ihr geistig ebenbürtig oder gar überlegen ist, als dass er ihr als Charakter Gewähr bietet, sie führen zu können. Wohlgemerkt ist von einer echten Ehe die Rede, nicht von einer aus Berufsgründen oder aus sonstigen Vernunftsgründen, bestenfalls aus der Sehnsucht der Frau nach dem Kinde geschlossenen ehelichen Partnerschaft. Ein echter Mann wiederum, der es sich charakterlich und geistig leisten kann, die intelligente Frau zu heiraten, wird wissen, was eine solche Frau ihm als Gattin und Kamerad, seinen Kindern als kluge Erzieherin zu schenken vermag, und er wird es sich kaum einfallen lassen, bei einer solchen Ehefrau den "Familientyrannen" abzugeben.
Doch hören wir auf Papst Pius XII. !
"Da die allgemein bekannte Tugend und Achtung des Gatten Ehre und Zier der Frau ist, könnten wir hinzufügen, dass der Mann mit Rücksicht auf sie sich bemühen muss, unter seinen Kollegen, in seinem Berufe das Beste zu leisten und sich auszuzeichnen. Im allgemeinen wünscht jede Frau, stolz auf ihren Lebensgefährten sein zu können. Verdient also nicht der Mann ein besonderes Lob, der aus feinem Verständnis für seine Gattin und aus tiefer Liebe zu ihr sich bemüht, in seinem Beruf sein Bestes zu leisten und, soweit er dazu imstande ist, etwas auszuführen und zu erreichen, was ihn angesehen und geschätzter macht?"(21) "Ihr tut als Haupt der Familie nicht genug, wenn ihr zu Hause oder draußen nur das tut, was zu eurem Beruf, zu eurem Handwerk oder zu eurer speziellen Beschäftigung gehört; im Hause selbst, das das besondere Reich eurer Gattin ist, habt ihr auch euer Teil zu tun. Ihr, stärker an Kraft, oft geschickter im Gebrauch von Werkzeugen und Handwerksgeräten, werdet in der Ordnung des Hauses vor allem bei vielen kleinen Arbeiten Zeit und Gelegenheit zu Tätigkeiten finden, die mehr dem Manne als der Frau zufallen. Es werden keine Mühen und Aufgaben sein, wie die im Dienst, in der Werkstätte oder im Laboratorium, wo ihr tätig seid, noch werden sie unpassend sein für die männliche Würde; sie werden vielmehr eine Teilnahme an der Sorge eurer Lebensgefährtin sein, die oft mit Sorgen und Arbeiten überlastet ist, eine freundliche Handreichung, eine Last zu heben; für sie wird es eine Hilfe bedeuten, für euch gleichsam ein Vergnügen oder einen Wechsel in der Beschäftigung."(22)
Am besten kommt die Stellung des Papstes in seiner Rede vom 10. September 1941 zum Ausdruck, wo er den Männern und Frauen ein Mahnwort zuruft. Zu den Männern spricht er: »An eurem Herd ist jeder von euch Haupt, mit allen Pflichten und mit der ganzen Verantwortung, die dieser Titel in sich schließt. Zögert und zaudert also nicht, diese Gewalt auszuüben, entzieht euch diesen Pflichten nicht, flieht nicht vor der Verantwortung! Nie sollen Lässigkeit, Gleichgültigkeit, Ichsucht oder Zeitvertreib euch das von Gott anvertraute Steuerruder eures Familienschiffleins aus den Händen nehmen. Aber wenn ihr eure Autorität nun geltend macht und ausübt über jene, die ihr zu eurer Lebensgefährtin erwählt habt, von wie viel Zartgefühl, von wie viel Achtung und Liebe muss sie da jederzeit, in Freud oder Leid, geleitet sein."(23) Die Frau andererseits mahnt er: "Wir wissen wohl, die Gleichstellung in den Studien, in Schule und Wissenschaft, in Sport und Wettkampf, weckt in nicht wenigen weiblichen Herzen ein stolzes Gefühl. Auch ihr seid moderne, unabhängige, junge Frauen, und so mag vielleicht eure argwöhnische Empfindsamkeit nur schwer sich einer häuslichen Unterordnung fügen. Rund um euch werden viele Stimmen euch die Unterwerfung als etwas Ungerechtes schildern; sie werden euch die Idee von einer stolzeren Herrschaft über euch selber beibringen wollen, immer wieder werden sie es euch vorsagen, dass ihr in allem eurem Gatten gleicht, ja in mancher Hinsicht ihm überlegen seid." Aber dennoch sagt er ihnen: »Seid nicht damit zufrieden, diese Autorität des Gatten hinzunehmen oder gewissermaßen sie zu ertragen, wo Gott selber in der Natur- und Gnadenordnung euch dieser Autorität unterstellt hat; nein, ihr sollt sie in aufrichtiger Unterwerfung lieben, lieben mit der gleichen ehrfürchtigen Liebe, die ihr zur Autorität unseres Heilandes selber hegt; denn von ihm stammt die Gewalt eines jeden Hauptes."(24)
In diesen Erziehungsansprachen zur Ehe ist dem Papst besonders daran gelegen, den Neuvermählten immer wieder die Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe ans Herz zu legen. Darum spricht er ihnen so oft von der Treue, da in ihrer Verletzung zumeist der tiefste Grund für die Entfremdung der Ehegatten liegt. Seine Ansprache vom 21. Oktober 1942 ist wahrhaft ein Hoheslied auf die Treue.
"Was ist denn in der Tat die Treue anderes als die ehrfürchtige Achtung vor dem Geschenk, das jeder der Brautleute dem anderen gemacht hat, dem Geschenk seiner selbst, seines Leibes, seines Geistes, seines Herzens für die ganze Lebenszeit, ohne anderen Vorbehalt als die heiligen Rechte Gottes?" Ihm ist nicht bang um die erste Zeit nach der Eheschließung, in der Reiz und Begeisterung noch unerprobt sind, wohl aber für die Folgezeit. "Bald kommen Unvollkommenheiten zum Vorschein, die Verschiedenheiten der Charaktere machen sich bald bemerkbar und wachsen; vielleicht wird auch die geistige Armut bald sehr offenkundig. Das künstliche Feuer ist erloschen, die Liebe, bisher blind, öffnet die Augen und sieht sich getäuscht. Dann beginnt für die echte und wahre Liebe die Prüfungszeit, und zu gleicher Zeit öffnet sich ihr Zauber. Sie ist nicht blind, denn sie bemerkt jede Unvollkommenheit, aber sie nimmt sie mit liebevoller Geduld, indem sie ihrer eigenen Fehler gedenkt, noch hellsichtiger, wenn sie nach und nach unter der Hülle des Alltags die guten Eigenschaften eines verständigen Sinnes, gesunden Menschenverstandes und gediegener Frömmigkeit entdecken und wertschätzen lernt: reiche Schätze, dunkel verborgen, aber in guter Verbindung. Darauf bedacht, diese Gaben und Tugenden des Geistes in volles Licht und rechte Bewertung zu rücken, ist sie ebenso geschickt und wachsam, die Mängel und Schattenseiten des Denkens und Könnens, die Sonderbarkeiten und Ecken des Charakters vor fremden Augen zu verbergen. Für irrige und ungelegene Äußerungen weiß sie eine wohlwollende und günstige Deutung zu suchen und freut sich immer, wenn sie eine findet. Seht, so ist sie bereit zu sehen, was eint und verbindet, und nicht das, was trennt, jeden Irrtum zu berichtigen oder jede Voreingenommenheit zu zerstreuen, mit so vollendeter Anmut, dass sie niemals anstößt und beleidigt. Dabei macht sie kein Aufhebens von ihrer Überlegenheit, sondern ihr Feingefühl fragt und sucht vielmehr den Rat des anderen Teiles, wobei sie durchblicken lässt, dass sie auch gern annimmt, wenn er etwas zu geben hat. Seht ihr nicht, wie auf diese Weise unter den Eheleuten eine geistige Einigung, eine theoretische und praktische Zusammenarbeit begründet wird, die sie zusammen aufsteigen lässt zu der Wahrheit, auf der die Einheit ruht, zur höchsten Wahrheit, zu Gott? Was ist das anders als die Treue zu dem beiderseitigen Geschenk ihres Geistes? ... Wenn endlich mit dem Alter die Krankheiten, die Schwächen, die demütigenden und drückenden Verfallserscheinungen zunehmen mit dem ganzen Gefolge von Leiden, die ohne die Kraft und den Halt der Liebe den einstmals so verführerischen Leib abstoßend machen würden, dann tragen sie für ihn mit einem Lächeln auf den Lippen Sorge mit rührendster Liebe. Seht! Das ist die Treue zu dem gegenseitigen Geschenk des Körpers ..."(25) "Wenn es von Anfang an echte Liebe war und nicht bloß selbstsüchtiger Trieb nach sinnlichen Genüssen, dann bleibt diese unveränderte Liebe des Herzens immer jung, wird nie besiegt von den Jahren, die dahineilen."(26)
Am 4. November 1942 spricht Papst Pius XII. in ernsten und tiefen Gedankengängen über die geheime Untreue: "Diese Sünde geheimer Untreue ist leider so häufig, dass die Welt kein Aufhebens davon macht und das eingeschläferte Gewissen sich damit abfindet, wie mit dem Zauber eines Blendwerks" ... Alle rechtlich denkenden Menschen, auch die, welche christlichem Denken fernstehen, erheben laut ihre warnende Stimme ... Man begreift nicht, wenn man nicht die Erschlaffung des sittlichen Gefühls dafür verantwortlich macht, wie Männer von Ehre dulden können, dass ihre Frauen oder Bräute anderen so verwegene Blicke und Vertraulichkeiten gestatten, noch versteht man, wie eine Verlobte oder eine junge Frau, die tief ihre hehre Würde empfinden, dulden können, dass der Mann oder der Verlobte mit anderen solche Freiheiten oder Vertraulichkeiten sich herausnehmen. Muss nicht gegen so schwere Angriffe auf die heilige Treue einer rechtmäßigen und keuschen Liebe auch der leiseste Funke einer ehrbaren Gesinnung sich empören und erheben ?"(27)
Diese Art grober geheimer Untreue, die allerdings oft vor dem Äußersten zurückschreckt, ist als Gefahr leicht zu erkennen und wird von der liebenden, vornehm denkenden Frau abgelehnt. Gefährlicher ist die zweite Art geheimer Untreue, vor der Papst Pius XII. warnt, weil auch die gute, edle Gattin sich darin verstricken kann, ohne dass ihr, zu Anfang wenigstens, die Schuld dem Gatten gegenüber bewusst wird. Da besonders ideal veranlagte Frauen zu solchen natürlichen Zuneigungen sich hingezogen fühlen, sollen die Worte des Papstes ausführlich angegeben werden.
"Trotzdem müssen Wir euch zur Vorsicht mahnen gegenüber manchen Vertraulichkeiten, hinter denen verborgene Sinnlichkeit lauert, gegenüber einer Liebe, die platonisch sich nennen will, die aber oft genug nichts anderes ist als ein Vorspiel, das eine weniger erlaubte und reine Liebe anfängt, oder der dünne Schleier, der sie verdeckt. Solange die geistige Zuneigung stehen bleibt bei der Übereinstimmung in den ehrlichen und spontanen geistigen Äußerungen, bei der freudigen Bewunderung der Tiefe und Würde einer Seele, ist dabei an sich noch nichts Tadelnswertes. Doch warnt der hl. Johannes vom Kreuz selbst geistliche Personen vor den Verirrungen, die daraus folgen können (vgl. San Juan de la Cruz, Noche oscura, Buch I, cap. IV n. 7). Unmerklich wird dabei die rechte Ordnung oft umgekehrt, in der Weise, dass man von einer durchaus ehrbaren Zuneigung zu einer Person, die ihren Grund hat in der Harmonie des Denkens, Empfindens und Strebens, unbewusst dazu übergeht, die eigenen Gedanken und die eigenen Meinungen den Gedanken und Ansichten der bewunderten Person völlig anzupassen. Anfangs spürt man das Übergewicht nur in unbedeutenden Fragen; dann in ernsteren Dingen, in Sachen praktischer Art, in Fragen der Kunst und des Geschmacks, die schon mehr Persönliches haben, endlich auf dem eigentlich geistigen und weltanschaulichen Gebiet und am Ende in den religiösen und sittlichen Anschauungen, so dass man schließlich auf eine eigene persönliche Meinung verzichtet, um nur zu denken und zu urteilen unter jenem empfangenen Einfluss. Während sonst der menschliche Geist natürlicherweise, oft bis zum Übermaß, stolz ist auf das Festhalten an dem eigenen Urteil, wie ist dann eine so hörige Unterwürfigkeit und gänzliche Unterwerfung unter die Denkweise eines anderen zu erklären? Aber in demselben Maße, wie auf diese Weise der eigene Geist sich nach und nach dem Geiste eines Fremden anpasst, entfernt er sich auf der anderen Seite täglich mehr von dem Geist des rechtmäßigen Gatten oder der angetrauten Gattin. Schließlich zeigt er in allem, was diese denken oder sagen, eine unwiderstehliche Neigung zum Widerspruch, zur Gereiztheit und Missachtung. Diese Gesinnung, die vielleicht unbewusst, aber darum nicht weniger gefährlich ist, zeigt, dass der Verstand erobert, gefangen worden ist, dass einem anderen der Geist geschenkt worden ist als dem, dessen unwiderrufliches Geschenk er am Tage der Hochzeit geworden war. Ist das Treue? ...
Nächst dem Geist verschenkt man das Herz, aber das geschieht nur, indem man dem die Treue bricht, dem es von Anfang an mit unauflöslicher Bindung geschenkt worden war. Die Welt hat gut die Frau rühmen, die keinen tatsächlichen Fall getan hat, hat gut ihre ausgezeichnete Treue preisen, weil sie vielleicht mit heldenhaftem Opfersinn, aber mit rein menschlichem Heldentum ohne Liebe weiterlebt an der Seite des Gatten, mit dem sie ihr Leben verbunden hatte, während ihr Herz, ihr ganzes Herz, endgültig, leidenschaftlich einem anderen gehört. Sehr streng und heilig ist das Sittengesetz Christi. Man kann gut den Adel eines angeblichen Bundes zweier Herzen rühmen, die keusch ,wie Sterne und Palmen' miteinander verbunden seien; man kann gut diese Leidenschaft mit dem Heiligenschein einer unklaren Religiosität umgeben. Es ist doch nichts anderes als dichterisches und romanhaftes Gerede, aber kein Wort von christlichem Evangelium und heiligem Bund; man mag sich damit schmeicheln, diese Liebe in erhabenen Höhen zu halten, die Natur ist nach dem Sündenfall den einfältig selbstgefälligen Sprüchen getäuschter Geister nicht mehr so weit gefügig, und die Treue ist schon gebrochen durch die unerlaubte Leidenschaft des Herzens. Junge Eheleute! Hütet euch vor solchen Vorspiegelungen."(28)
Von der Treue verlangt der Papst Bewährung auch zu den Zeiten einer räumlichen Trennung der Gatten, wie sie der Krieg von so vielen forderte. Die Ablenkung aus der Einsamkeit durch Ersatzgenüsse »erscheint als Heilmittel, das die Seele von den trüben Gedanken der Abwesenheit abbringen soll; in Wirklichkeit jedoch lenkt es vom Abwesenden selber ab."(29) In diesen Zeiten der erzwungenen Trennungen, die einer zeitweiligen Witwenschaft gleichzusetzen sind, muss die Frau "einen gewissen Ernst im Leben, in den Sitten, in den Gewohnheiten und Umgangsformen zur Schau tragen. Aus ihrer ganzen Haltung sollen auch Fremde deutlich die unsichtbare Gegenwart des abwesenden Gatten herausmerken können."(30)
Mit sehr großer Hochachtung spricht darum Papst Pius XII. oft von dem Heldentum der Ehe, das die Treue, die Unauflöslichkeit der Ehe immer wieder neu erfordern.
Besonders erschütternde Worte aber findet er für die Frau, die neben dem untreuen Gatten die Ehe weiterführt. "Ja, das ist der Gipfel des Leides, der Höhepunkt der Versuchung, eine Witwenschaft, die trauriger ist als der Tod ... Das Leben ist gebrochen, aber nicht ausgelöscht; es wird zu einer Prüfung ohne Ende, die etwas Furchtbares an sich hat. Wie groß stehen aber auch jene da, die eine solche Prüfung würdig und heilig zu ertragen wissen. Ja, wunderbar groß, eine Heldin in ihrer Kümmernis, so steht jene Frau, jene Mutter vor euch, die nun allein die Familie erhalten und die Kinder erziehen muss ... Welch schreckliche Versuchung, dem Leben ein Ende zu machen oder sich ein neues Leben und ein neues Heim aufzubauen ... Und doch steht die Pflicht, eine unerbittliche Pflicht, die mit Blitzesklarheit das Gewissen durchforscht und eindeutig gebietet, dennoch dem Schwur treu zu bleiben, den der andere Teil verletzt und zertreten hat. "(31) Wenn der schuldige Gatte das Zusammenleben nicht abbricht, dann hat die Frau ein besonders schwieriges Apostolat, weil sie alles tun und leiden muss, um der anderen Seele willen. " ... Es braucht die Liebe, die Liebe eines jeden Augenblickes, eine feine, zarte, zu allen Opfern und allen im Gewissen gestatteten Zugeständnissen bereite Liebe, eine Liebe, die sich beeilt, jedem Wunsch oder auch irgendeiner unschuldigen Laune Genüge zu tun, ja zuvorzukommen, nur, um das verirrte Herz zurückzugewinnen und zurückzuführen auf den Weg der Pflicht."(32)
Welcher Starkmut, ja hier ist das Wort Heroismus nicht fehl am Platze, dazu gehört, ein solches Leben zu ertragen, sei es aus Liebe zum Gatten, in der Hoffnung, ihn doch zurückzugewinnen; sei es, und das wird in den meisten Fällen der Beweggrund sein, um der Kinder willen, die bei einer Trennung die Leidtragenden sind, oder sei es aus der Treue zum Sakrament, in der Gesinnung der Hingabe an Gottes Willen, das weiß der Papst nur zu gut. Aber obwohl er um das tägliche Heldentum und das Opferleben vieler Ehen weiß, sieht er in der Ehescheidung den Untergang der Frauenwürde. "Einem verhängnisvollen Irrtum unterliegen alle jene, die da glauben, man könne die Kultur der Frau und ihre weibliche Ehre und Würde erhalten, schützen und heben, ohne ihnen als Grundlage die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe zu setzen. "(33)
Der Papst spricht einmal von der Zeit, der die unsere in vielem so ähnlich ist, vom Niedergang des antiken Heidentums. »Die Ehescheidungen mehrten sich; die Familie löste sich mehr und mehr auf; weibliche Sitten und weibliches Empfinden glitten weit ab vom geraden Weg der Tugend, so weit, dass Seneca in die bekannte bittere Klage ausbrach: ,Gibt es wohl noch eine Frau, die sich schämen würde, die Ehe aufzulösen, jetzt, nachdem hochstehende und vornehme Damen ihre Jahre nicht mehr nach den Konsuln, sondern nach der Zahl ihrer Männer zählen; Damen, die sich scheiden, um zu heiraten, und heiraten, um sich zu scheiden?' "(34) Weitere Worte erübrigen sich, um in diesem Punkt die Parallele weiter zu verfolgen; denn es würde nicht schwer halten, entsprechende Beispiele aus unserer Zeit des neuen Heidentums zu nennen.
In einer Ansprache an die Heilige Römische Rota vom 6. Oktober 1946 hat Pius XII. über die Gefährdung der Ehe und die steigende Zahl der Eheprozesse gesprochen: "Sind nicht die vor eurem Gerichtshof anhängigen Eheverfahren ein verräterisches Zeichen? Zeigen sie nicht die fortschreitende Auflösung des Ehelebens an, eine Auflösung, die auch die Sitten der katholischen Bevölkerung zu vergiften und verderben droht? Zu der Ausbreitung einer so verhängnisvollen Unordnung haben beide Weltkriege, der zweite jedoch unvergleichlich mehr als der erste, beigetragen. Niemand kann angesichts dieser Tragödie, die so unselige Folgen nach sich zieht, noch beim Gedanken an die Millionen junger Ehegatten, die eine erzwungene Trennung monate- und jahrelang voneinander ferngehalten hat, kalt und unempfindlich bleiben. Welche Summe von Mut, Selbstverleugnung und Geduld, welcher Schatz von liebevollem Vertrauen, welcher christliche Glaubensgeist waren nötig, um die geschworene Treue zu halten und zu widerstehen. Gewiss sind viele mit Hilfe der im Gebet erflehten Gnade standhaft geblieben. Aber wie viele andere sind weniger stark gewesen! Wie viele Trümmer zerstörter Heime, wie viele in ihrer Menschenwürde, im Zartesten und Empfindlichsten ihrer ehelichen Existenz verwundete Seelen, wie viele für das Familienglück tödliche Niederbrüche ! Jetzt handelt es sich darum, diese Trümmer wieder aufzurichten, diese Wunden zu heilen, diese Übel zu kurieren. "(35)
Oder hören wir die bewegte Klage des Heiligen Vaters in seiner Ansprache vom 11. November 1947: "Die Tränen kommen einem in die Augen und die Schamröte steigt einem in die Wangen, wenn man feststellen und bekennen muss, dass bis in die katholischen Kreise hinein die verkehrten Lehren über die Würde der Frau, über die Ehe und die Familie, über die eheliche Treue und Scheidung, selbst über Leben und Tod unmerklich Besitz von den Geistern ergriffen haben und wie ein schädlicher Wurm an den Wurzeln des christlichen Lebens, der Familie und der Frau nagen. "(36)
Es bedarf der Hilfe Gottes, das Eheleben treu und rein dem Willen Gottes gemäß zu führen. Im Gebet sollen die Eheleute ihre Zuflucht suchen. "Euer erster und tiefster Trost und Halt wird das vertrauensvolle Gebet sein. Da ihr der Liebe Gottes für euch immer sicher seid, wisst ihr wohl, dass keines eurer Gebete umsonst sein, dass Gott alle erhören wird, wenn nicht in der Stunde und der Art, wie ihr es euch gewünscht und vorgestellt habt, so doch zu einer Zeit, die passender ist für euch, und auf eine Art, die unendlich besser ist für euch: je nachdem die göttliche Weisheit und Macht seiner Liebe es zu eurem Nutzen festzusetzen wissen. "(37)
Pius XII. wiederholt den Rat des hl. Franz von Sales, den Jahrestag der Hochzeit durch den gemeinsamen Empfang der heiligen Kommunion zu feiern. Und obgleich er genau weiß, dass in unserer Zeit wenig Sinn für das gemeinsame Familiengebet geblieben ist, hält er immer wieder an seiner Mahnung fest, es zu pflegen: "Im Namen unseres Herrn bitten Wir euch, geliebte Neuvermählte, schützt und haltet unversehrt jene schöne Überlieferung der christlichen Familien bei, das gemeinsame Abendgebet, das am Ende eines jeden Tages, um den Segen Gottes zu erflehen und die Unbefleckte Jungfrau im Rosenkranz zu verehren, alle jene versammelt, die unter demselben Dache schlafen: euch zwei, und dann, wenn sie von euch gelernt haben, ihre Händchen zu falten, die Kleinen, die die Vorsehung euch anvertraut hat. "(38)
Die gleiche Bitte äußert der Papst noch angelegentlicher in seinem Rundbrief "Ingruentium Malorum" vom 15. September 1951, in welchem er über das Rosenkranzgebet spricht. Es geht nicht mehr an, mit einem Achselzucken oder verlegenen Lächeln diese Mahnung zum täglichen Rosenkranzgebet in der Familie abzutun, als ein wenig veraltet, in das Tempo, in die Zerrissenheit des modernen Haushaltes nicht mehr hineinpassend; denn es ist ja nicht nur der Heilige Vater, der dazu mahnt. Wir dürfen und müssen sogar den vielen Erscheinungen der Gottesmutter gegenüber kritisch sein. Aber wenn wir alle Täuschungen abziehen, so bleibt dennoch wunderbar und erstaunlich, wie oft die Heilige Jungfrau in den letzten hundert Jahren an Orten, die von der Kirche anerkannt sind, erschienen ist (La Salette, Lourdes, Fatima, Banneux). Es ist immer die gleiche Mahnung, die sie ausspricht: sie wünscht Gebet, nennt dabei ausdrücklich das Rosenkranzgebet und verlangt Buße. In La Salette, wo die Heilige Jungfrau 1846 erschien, hat sie selbst gesagt, wenn die Welt sich nicht bekehre, könne sie den strafenden Arm der göttlichen Gerechtigkeit nicht mehr zurückhalten. "Wenn mein Volk sich nicht unterwerfen will, bin ich gezwungen, die Hand meines Sohnes fallen zu lassen ..." In Fatima gebrauchte sie in einer Erscheinung vor Jacinta, der kleinen Seherin, fast die gleichen Worte. So bedeutet das oftmalige Erscheinen der Gottesmutter, dass sie als unsere Mutter mahnen und vermitteln will, vielleicht in letzter Stunde, damit der Zorn Gottes nicht über uns hereinbreche.
II. DIE FRAU ALS MUTTER
Die Ehe ist nicht Selbstzweck, sondern von Gott eingesetzt für die Nachkommenschaft. So ist also die Krönung der Ehe für die Frau die Mutterschaft. Zahllos sind die Worte, die der Papst den Frauen darüber zu sagen hat. Er verlangt für dieses Amt eine besonders sorgfältige Vorbereitung, wie er es ausdrücklich in seiner großen Ansprache vom 26. Oktober 1941 vor den italienischen Frauen der Katholischen Aktion am Christkönigsfest zum Ausdruck bringt. "Aber es genügt nicht, dass man von einer Pflicht weiß und den Willen hat, sie zu erfüllen; man muss sich auch die Fähigkeit aneignen, sie gut zu erfüllen. Nun seht ihr etwas Seltsames, das auch Pius XI. in seiner Enzyklika (,Divini illius Magistri') vom 31. Dezember 1929 (über die christliche Erziehung der Jugend) beklagte: Während es niemand in den Sinn kommen würde, plötzlich und auf einmal, ohne Lehrzeit und Vorbereitung, Handwerker oder Techniker, Arzt oder Rechtsanwalt zu werden, verheiraten und vereinigen sich alle Tage nicht wenige junge Männer und junge Frauen, ohne auch nur einen Augenblick daran gedacht zu haben, sich auf die schwierigen Pflichten vorzubereiten, die sie bei der Erziehung ihrer Kinder erwarten. "(1)
Was der Papst hier in einer Schulung der italienischen Frauen ausführt, ist grundlegend auch für seine späteren Reden über diesen Pflichtenkreis. Die Ansprache vom Oktober 1941 über die Pflichten der Mutter in der Erziehung der Kinder ist an Bedeutung der späteren großen Rede über die Pflichten der Frau im sozialen und politischen Leben" vom Oktober 1945 gleichzustellen; grundlegende Fragen in bei den Hauptberufszweigen der Frauen werden richtunggebend beantwortet. Dass die ersten Reden des Papstes bis 1945 sich an Italienerinnen wenden, ergibt sich aus der Kriegslage, die es den Frauen anderer Nationen damals noch unmöglich machte, nach Rom zu kommen. Aber der Inhalt seiner Ansprachen ist an alle Frauen gerichtet, auch an diejenigen, die vorerst noch nicht anwesend sein konnten. Da in den Jahren des Nationalsozialismus die Papstreden in Deutschland und einigen anderen Ländern nicht verbreitet werden durften, ist uns eine Reihe der bedeutendsten Ansprachen und Enzykliken aus jener Zeit durch P. Wilhelm Jussen S.J. im Jahre 1946 in Übersetzung vorgelegt worden. In dieser Ausgabe sind auch zwei Reden an Frauen enthalten: die Osteransprache 1939 an die Internationale Frauenliga über das Katholische Apostolat und diese Schulungsrede für Mütter. Den Familienmüttern und Erzieherinnen, denen er am Christkönigs-Tag Audienz gewährte, sagt er zu Beginn: "Während Wir sonst Unser Wort an alle richten, auch wenn Wir zu den Neuvermählten sprechen, so betrachten Wir dieses als eine ausgezeichnete Gelegenheit, um Uns besonders an euch zu wenden, geliebte Töchter, weil Wir in den Familienmüttern zusammen mit den frommen und erfahrenen Personen, die ihnen helfen - die ersten und vertrautesten Erzieherinnen der Kleinen zum Wachstum in der Frömmigkeit und in der Tugend sehen. "(2)
Die erste Sorge des Papstes, die er ausspricht, gilt dem Ausbau von Einrichtungen, "die wie die ,Mütterwoche' sich wirksam dafür einsetzen, dass in jedem Stande und gesellschaftlichem Rang Erzieherinnen herangebildet werden, die die Größe ihrer Sendung spüren, die in der Gesinnung und in der Haltung auf der Hut sind gegenüber dem Bösen, fest und voll Sorge gegenüber dem Guten ..."
"Ein besonders günstiges Licht verbreitet eure Vereinigung der Katholischen Aktion durch die Organisation des ,Apostolates der Wiege' und der ,Mater parvulorum', durch die ihr Sorge tragt, die jungen Frauen schon vor der Geburt ihrer Kinder und dann während der ersten Kindheit zu bilden und ihnen zu helfen."(3) Bei den genannten Organisationen hat der Papst italienische Verhältnisse im Auge. In Deutschland hatten wir bereits nach dem ersten Weltkriege Mütterschulen und Mütterkurse, wie zum Beispiel die des Katholischen Frauenbundes. Dazu kam die kirchliche Betreuung durch die Katholischen Müttervereine. Da diese Einrichtungen in der Zeit des Nationalsozialismus vom Staat abgelöst wurden, ging man nach der Beendigung des Krieges sofort daran, ein neues katholisches Mütterbildungswerk aufzubauen. In Nachmittags- oder Abendkursen werden die jungen Frauen dort alles lernen können, was ihnen für die Pflege und Erziehung der Kleinen an Wissen und Erfahrung noch fehlt.
Dass die Erziehung der Kinder nicht früh genug einsetzen kann, ist die nächste Mahnung des Papstes. "Sorget schon vor der Geburt des Kindes für die Reinheit der Atmosphäre in der Familie, in der seine Augen und seine Seele sich dem Licht und dem Leben öffnen: der Atmosphäre, die alle Schritte seines sittlichen Fortschrittes mit dem Wohlgeruch Christi umgibt. Ihr Mütter liebt, da ihr gefühlvoller seid, auch umso zärtlicher! Ihr werdet euren Kleinen während der Kindheit in jedem Augenblick mit eurem wachsamen Blick folgen und über ihr Wachstum und die Gesundheit ihres kleinen Körpers wachen müssen ... Bedenkt, dass diese Kinder durch die Taufe zu angenommenen Kindern Gottes geworden, die Lieblinge Christi sind, deren Engel immer das Antlitz des himmlischen Vaters schauen. Auch ihr müsst als gute Engel sie hüten, fördern und erziehen und in eurer Sorge und Wachsamkeit immer zum Himmel schauen. Von der Wiege an habt ihr nicht nur die körperliche, sondern auch die seelische Erziehung zu beginnen; denn, wenn ihr sie nicht erzieht, werden sie sich selber erziehen, gut oder schlecht. Denkt daran, dass nicht wenige, auch moralische Züge, die ihr im heranwachsenden, im reifen Menschen seht, tatsächlich ihren Ursprung haben in den Formen und in den Umständen des ersten leiblichen Wachstums der Kindheit; rein organische Gewohnheiten von klein auf angeeignet, werden später vielleicht eine schwere Störung für das geistige Leben einer Seele werden. Ihr werdet daher allen Eifer darauf verwenden, dass die euren Kleinen gewidmete Sorge in Übereinstimmung stehe mit den Forderungen einer vollkommenen Gesundheitspflege. So sollt ihr ihnen für den Augenblick, wo sie zum Gebrauch der Vernunft gelangen, körperliche Fähigkeiten und gesunde Organe ohne die Anlage zu verkehrten Neigungen bereiten und festigen. Gerade aus diesem Grunde ist es so sehr zu wünschen, dass, abgesehen vom Fall der Unmöglichkeit, die Mutter selbst das Kind ihres Schoßes nährt. Wer kann die geheimnisvollen Einflüsse ergründen, die auf das Wachstum dieses kleinen Wesens die Ernährerin ausübt, von der es in seiner Entwicklung ganz und gar abhängt? Habt ihr nie diese offenen, fragenden, unruhigen Äuglein beobachtet, die über tausend Gegenstände hingleiten und bald bei diesem, bald bei jenem verweilen, die einer Bewegung oder einer Geste folgen, die schon Freude und den Schmerz, den Zorn und die Starrköpfigkeit und die Anzeichen von kleinen Leidenschaften offenbaren, die sich in dem menschlichen Herzen einnisten, noch bevor die kleinen Lippen gelernt haben, ein Wort auszusprechen? Wundert euch nicht darüber. Man wird nicht geboren - wie es philosophische Schulen gelehrt haben mit den Begriffen eines angeborenen Wissens, noch auch mit den Träumen einer schon erlebten Vergangenheit. Der Geist eines Kindes ist ein Blatt, auf das bei der Geburt noch nichts geschrieben ist; seine Augen und die anderen Sinne, die durch sein ganzes Leben ihm das Leben der Welt vermitteln, werden darauf die Bilder und die Begriffe der Dinge schreiben, inmitten derer es sich befinden wird, von Stunde zu Stunde, von der Wiege bis zum Grabe. Daher hebt ein unwiderstehlicher Trieb zum Wahren und Guten ,die junge Seele, die nichts weiß und sinnt' (Dante, Fegefeuer XVI, 88) über die sinnlich wahrnehmbaren Dinge hinweg. Alle diese Sinnesfähigkeiten, alle diese kindlichen Empfindungen, durch die der Verstand und der Wille sich langsam offenbaren und wach werden, brauchen unbedingt eine wachsame und richtungweisende Erziehung und Unterweisung, damit das normale Erwachen und die richtige Entwicklung so edler geistiger Fähigkeiten nicht gefährdet oder entstellt werden. Schon jetzt wird das Kind durch einen liebevollen Blick, durch ein leitendes Wort lernen müssen, nicht jedem Eindruck nachzugeben; mit dem Wachsen seiner erwachenden Vernunft richtig zu unterscheiden, den Wechsel seiner Empfindungen zu beherrschen; kurz, unter der mütterlichen Leitung und Ermahnung den Weg und das Werk seiner Erziehung zu beginnen.
Studiert das Kind im zarten Alter! Nur wenn ihr es gut kennt, werdet ihr es gut erziehen. Ihr werdet seine Natur nicht falsch und schief auffassen; ihr werdet es verstehen können, nicht zur Unzeit nachzugeben. Nicht alle Menschenkinder haben eine gute Anlage!
Bildet den Verstand eurer Kinder! Gebt ihnen keine falschen Begriffe oder Erklärungen der Dinge. Antwortet nicht auf ihre Fragen, wie sie auch sein mögen, mit Scherzen oder mit unwahren Behauptungen, auf die ihr Geist so leicht eingeht, sondern benutzt sie, um mit Geduld und Liebe ihren Verstand zu leiten und zu stützen, der nichts anderes verlangt, als sich dem Besitz der Wahrheit zu eröffnen und zu lernen, sie mit den unbefangenen Schritten des ersten Denkens und Überlegens zu erobern. Wer wird je sagen können, was so viele herrliche Menschengeister diesem langen und vertrauensvollen Fragen und Antworten verdanken, die in der Kindheit am häuslichen Herd gewechselt wurden?
Bildet den Charakter eurer Kinder! Schwächt oder verbessert die Fehler. Lasset wachsen und pflegt die guten Eigenschaften und richtet sie aus auf die Festigkeit, die der Stärke des Willens im Laufe des Lebens den Weg bereitet. Wenn die Kleinen, die älter werden, zu der Zeit, wo sie allmählich anfangen zu denken und zu wollen, einen guten, von Heftigkeit und Zorn freien, beständigen und starken, nicht zu Schwächen und Launen geneigten väterlichen und mütterlichen Willen über sich fühlen, werden sie mit der Zeit lernen, darin den Dolmetsch eines höheren Willens zu sehen, nämlich des göttlichen Willens. Auf diese Weise werden sie ihrem Geist jene mächtigen ersten Gewohnheiten einpflanzen und einwurzeln lassen, die einen Charakter bilden und stützen, der bereit ist, sich in den verschiedensten Schwierigkeiten und Widerständen zu beherrschen, fest entschlossen, nicht zurückzuweichen vor dem Kampf oder vor dem Opfer, durchdrungen von einem tiefen christlichen Pflichtbewusstsein.
Bildet das Herz! Welche Schicksale, welche Kämpfe, welche Gefahren bereiten nur zu oft den Herzen der heranwachsenden Kleinen die glückseligen Bewunderungen und Lobsprüche, die unvorsichtige Besorgtheit, die weichliche Nachgiebigkeit der Eltern, die von einer unverständigen Liebe geblendet sind und diese flatterhaften kleinen Herzen daran gewöhnen, zu sehen, wie sich alles um sie bewegt und dreht, wie sich alles vor ihrem Willen und vor ihren Launen beugt. Gerade dadurch pflanzen sie ihren Herzen die Wurzeln eines zügellosen Egoismus ein, dessen erste Opfer später die Eltern selbst sein werden. Das ist eine ebenso häufige wie gerechte Strafe jener egoistischen Überlegungen, aus denen man einem einzigen Sohn die Freude kleiner Brüder versagt, die mit ihm die mütterliche Liebe teilten und ihm abgewöhnt hätten, nur an sich selbst zu denken. Eine wie tiefe und starke Kraft der Liebe, der Güte und der Hingabe schläft im Herzen der Kinder! Ihr Mütter werdet sie wecken, sie pflegen, sie leiten, sie erheben zu dem, der sie heiligen muss, zu Jesus, zu Maria. Die himmlische Mutter wird dieses Herz der Frömmigkeit öffnen, wird es mit dem Gebet lehren, dem göttlichen Kinderfreund seine reinen Opfer und seine unschuldigen Siege darzubieten, auch eine barmherzige Hand dem Armen und Elenden zu zeigen. O glücklicher Frühling der Kindheit ohne Stürme und Winde! Es wird aber der Tag kommen, an dem dieses Kinderherz neue Triebe, neue Neigungen in sich erwachen fühlt, die den heiteren Himmel des Kindesalters trüben. In dieser gefährlichen Zeit, ihr Mütter, denkt daran, dass das Herz erziehen auch bedeutet, den Willen erziehen gegenüber den Nachstellungen des Bösen und der Tücke der Leidenschaften. In diesem Übergang von der unbewussten Reinheit der Kindheit zur bewussten und siegreichen Reinheit der Jugendzeit wird eure Aufgabe von höchster Bedeutung sein. Bei euch steht es, eure Söhne und eure Töchter vorzubereiten, dass sie frei, wie einer, der über Schlangen schreitet, durch diese Zeit der Krisis und der körperlichen Umbildung hindurchgehen, ohne etwas zu verlieren von dem unschuldigen Frohsinn. Ihr sollt jenes natürliche und einzigartige Schamgefühl hüten, womit die Vorsehung sie wie mit einem Zaun gegenüber den Leidenschaften, die nur zu leicht auf Abwege führen, umgeben hat. Ihr werdet dafür Sorge tragen, dass dieses Schamgefühl, der liebliche Bruder des religiösen Gefühls, in seiner unwillkürlichen Ehrfurcht, an die man heutzutage so wenig denkt, in ihnen nicht verletzt werde durch Kleidung, durch Putz, durch unziemliche Vertraulichkeiten, in unsittlichen Schauspielen und Darstellungen. Ihr werdet es vielmehr immer zarter und wachsamer, reiner und echter gestalten. Ihr werdet mit offenen Augen über ihre Schritte wachen, ihr werdet nicht zulassen, dass die Reinheit ihrer Seele befleckt und vernichtet wird durch die Gesellschaft mit schon verdorbenen Kameraden und Verführern; ihr werdet ihnen Hochachtung und tiefe Liebe zur Reinheit einflößen, indem ihr ihnen als treue Wächterin den mütterlichen Schutz der Unbefleckten Jungfrau gebt. Mit eurem Scharfblick als Mutter und Erzieherin und dank der vertrauensvollen Offenherzigkeit, die ihr euren Kindern eingepflanzt habt, werdet ihr nicht verfehlen, die Gelegenheit und den Augenblick zu beachten und zu erkennen, in dem gewisse heimliche Fragen in ihrem Geiste aufgetaucht sind und in ihren Empfindungen besondere Störungen hervorgerufen haben. Dann wird es eure Sache sein, für eure Töchter, die des Vaters für eure Söhne - soweit es notwendig erscheint - in vorsichtiger zarter Weise den Schleier der Wahrheit zu lüften und ihnen auf diese Fragen und diese Unruhen kluge, richtige und christliche Antwort zu geben. Wenn sie diese Belehrung über die geheimnisvollen und wunderbaren Lebensgesetze aus eurem Mund, aus dem Mund christlicher Eltern, zur geeigneten Stunde und mit aller notwendigen Vorsicht empfangen, dann werden sie diese mit ehrfürchtiger Dankbarkeit annehmen, und die Aufklärung wird mit viel weniger Gefahr für ihre Seele verbunden sein, als wenn sie diese auf gut Glück erfahren hätten durch trübe Erlebnisse, durch geheime Unterredungen, durch Belehrung von unzuverlässigen und schon allzu erfahrenen Kameraden, durch geheime Lektüre, die um so gefährlicher und verderblicher ist, als das Geheimnis die Phantasie entzündet und die Sinne erregt. Eure Worte können, wenn sie angemessen und taktvoll sind, eine Schutzwehr und eine Warnung inmitten der Versuchungen einer verdorbenen Umwelt sein; denn ... ,vorausgeschaut, scheint minder tief ein Pfeil sich einzuwühlen'. (Dante, Paradies XVII, 27.)
Ihr seht aber auch ein, dass in diesem herrlichen Werk der christlichen Erziehung eurer Söhne und eurer Töchter die häusliche Bildung, so weise und tief sie auch sein mag, nicht genügt, sondern vollendet und vervollkommnet werden muss durch die machtvolle Hilfe der Religion. Neben dem Priester, dessen väterliche, geistliche und seelsorgliche Autorität über eure Kinder vom Taufbrunnen an sich an eure Seite stellt, müsst ihr selbst seine Mitarbeiter sein bei den Anfangsgründen der Frömmigkeit und der katechetischen Unterweisung, die das Fundament jeder soliden Erziehung sind und wovon auch ihr als die ersten Lehrer eurer Kinder hinreichende und sichere Kenntnis haben müsst. Wie könnt ihr lehren, was ihr selbst nicht wisst? Lehrt sie Gott, Jesus Christus, die Kirche, unsere Mutter und die Hirten der Kirche, die euch leiten, lieben. Liebet den Katechismus und macht, dass eure Kinder ihn lieben. Er ist das große Buch von der Liebe und der Furcht Gottes, von der christlichen Weisheit und vom ewigen Leben. Bei eurer vielseitigen Erziehungsarbeit werdet ihr außerdem das Bedürfnis und die Verpflichtung fühlen, andere als Helfer heranzuziehen. Wählet dafür Christen aus, wie ihr es seid, und zwar mit der ganzen Sorgfalt, die der kostbare Schatz verdient, den ihr ihnen anvertraut: der Glaube, die Reinheit und die Frömmigkeit eurer Kinder. Aber wenn ihr sie auch ausgewählt habt, so haltet euch darum doch nicht selbst für frei und ledig eurer Pflichten und eurer Wachsamkeit, vielmehr müsst ihr mit ihnen zusammenarbeiten. Mögen auch jene Lehrer und Lehrerinnen ganz ausgezeichnete Erzieher sein, sie werden wenig ausrichten in der Erziehung eurer Kinder, wenn ihr nicht mit ihrer Tätigkeit die eure verbindet. Was würde dann eintreten, wenn eure Tätigkeit, statt die ihrige zu unterstützen und zu stärken, sie geradezu durchkreuzen und ihr entgegenarbeiten würde; wenn eure Schwächen, wenn eure, aus einer Liebe, die in Wirklichkeit ein versteckter, erbärmlicher Egoismus ist, hervorgehenden Maßnahmen zu Hause das zerstören würden, was in der Schule, in der Katechese, in den katholischen Vereinen grundgelegt wurde, um den Charakter eurer Kinder zu zügeln und ihre Frömmigkeit zu fördern?
Vielleicht wird manche Mutter sagen, die Kinder von heute sind so schwer zu leiten, mit meinem Sohn, mit meiner Tochter ist nichts anzufangen, kann man nichts erreichen! - Ja, es ist wahr, mit zwölf oder fünfzehn Jahren sind nicht wenige Knaben und Mädchen schwer zu behandeln. Aber warum? Weil ihnen mit zwei oder drei Jahren alles gewährt und erlaubt, alles gutgeheißen wurde. Es ist wahr, es gibt undankbare und widerspenstige Temperamente; aber hört denn dieser verschlossene, starrköpfige, gefühllose Kleine infolge dieser Fehler auf, euer Sohn zu sein? Würdet ihr ihn weniger lieben als seine Geschwister, wenn er kränklich oder ein Krüppel wäre? Gott hat auch ihn euch anvertraut; hütet euch, dass ihr ihn nicht zum Stiefkind in der Familie werden lasst! Keiner ist so wild, dass er nicht gesänftigt werden könnte durch Sorge, durch Geduld, durch Liebe. Meist wird es euch gelingen, auf diesem steinigen und mit Unkraut bewachsenen Boden manche Blume des Gehorsams und der Tugend ans Wachsen zu bringen, wenn ihr nicht durch parteiische und unvernünftige Strenge euch der Gefahr aussetzt, in diesem Kleinen den im Grund der Seele verborgenen guten Willen zu entmutigen. Ihr würdet die ganze Erziehung eurer Kinder verderben, wenn sie je in euch - Gott weiß, dass sie ein gutes Auge dafür haben - eine Vorliebe für einzelne Kinder, Bevorzugung oder Abneigung gegen das eine oder andere Kind entdeckten. Zu eurem und der Familie Wohl ist es notwendig, dass alle in eurer wohlüberlegten Strenge wie in euren gütigen Ermahnungen und in euren Liebkosungen eine gleiche Liebe sehen und fühlen, die keinen Unterschied macht zwischen ihnen, außer wenn es sich darum handelt, das Böse zu verbessern und das Gute zu fördern. Habt ihr sie nicht alle in gleicher Weise von Gott empfangen?
An euch, christliche Mütter, war Unser Wort besonders gerichtet, aber zusammen mit euch sehen Wir heute um Uns einen Kranz von Ordensschwestern, von Lehrerinnen, von Beauftragten, von Apostolinnen, von Helferinnen, die der Erziehung und der Fürsorge der Kinder all ihre Mühen und Arbeiten widmen. Sie sind nicht Mütter dem Blute nach, aber durch ihre Liebe zur Jugend, die von Christus und seiner Braut, der Kirche, so sehr geliebt wird. Ja, auch ihr, die ihr als Erzieherinnen an der Seite der christlichen Mütter wirkt, seid Mütter, denn ihr habt ein Mutterherz und in ihm brennt die Flamme der Liebe, die der Heilige Geist in eure Herzen ausgießt. In dieser Liebe, der Liebe Christi, die euch zum Guten drängt, findet ihr euer Licht, euren Trost und eure Lebensaufgabe. Diese bringt euch den Müttern, den Vätern und den Kindern nahe und aus so lebendigen Sprösslingen der menschlichen Gesellschaft, der Hoffnung der Eltern und der Kirche, macht ihr eine große Familie von zwanzig, von hundert, ja von tausend und abertausend Kleinen und Kindern, deren Verstand, Charakter und Herz ihr in höherer Weise erzieht, indem ihr sie in die geistliche und sittliche Atmosphäre erhebt, wo mit dem Frohsinn der Unschuld der Glaube an Gott und die Ehrfurcht gegen heilige Dinge, die Liebe zu den Eltern und zum Verstand leuchten. Mit der Anerkennung für die Mütter verbindet sich Unser Lob und Unser Dank. Erzieherinnen wie sie, eifert ihr ihnen nach und geht ihnen voraus in euren Schulen, in euren Asylen und Heimen, in euren Vereinen, als Schwestern in geistiger Mutterschaft, geschmückt mit einem Lilienkranz. Welch unvergleichliche Aufgabe ist es, deren Schönheit Wir soeben in einigen Punkten gestreift haben! Eine Aufgabe in unserer Zeit voll von schweren Hindernissen und Gefahren, der ihr euch widmet, christliche Mütter und geliebte Töchter, indem ihr euch so abmüht, die wachsenden Zweige der ÖIbäume, welche die Familien sind, zu pflegen. Wie groß ist in Unseren Augen eine Mutter im häuslichen Kreise, von Gott an eine Wiege gesetzt als Ernährerin und als Erzieherin ihrer Kinder! Staunet über ihre mühevolle Tätigkeit, mit der sie dennoch nicht, so könnte man zu glauben versucht sein, ihrer Aufgabe genügen würde, wenn ihr nicht die allmächtige Gnade Gottes zur Seite stünde, um sie zu erleuchten, zu leiten, zu stützen in der täglichen Sorge und Mühe; wenn die Gnade nicht andere Erzieherinnen mit einem Herzen und einem Eifer, der aus gleicher mütterlicher Liebe stammt, anregte und beriefe, mit ihr mitzuwirken an der Bildung dieser jungen Seelen ... "4
Während es möglich war, nahezu den vollen Wortlaut der Ansprache vom Oktober 1941 im Zusammenhang zu geben, sollen zur Ergänzung kostbare Worte über die Mutterschaft der Frau aus den Reden an Neuvermählte hinzugefügt werden.
"Und wenn der Herr in seiner Güte der Gattin die Mutterwürde schenkt und sie an der Wiege steht, so wird das Wimmern des neugeborenen Kindes das Glück des Heimes weder schmälern noch stören; es wird im Gegenteil es in jene göttliche Höhe erheben, wo die Engel des Himmels erglänzen und von wo ein Strahl des Lebens herniedersteigt, der die Natur überragt und die Menschenkinder zu Gottes-Kindern macht. Seht die Heiligkeit des Ehegemaches ! Seht die Würde der christlichen Mutterschaft! ... Eine Wiege heiligt die Mutter der Familie, und mehr Wiegen heiligen und verklären sie vor dem Manne und den Kindern. Törichte, ihr eigenes Wesen verleugnende und unglückliche Frauen sind jene Mütter, die jammern, wenn ein neues Kind sich an ihre Brust schmiegt und Nahrung verlangt am Quell des Schoßes! Ein Feind des häuslichen Glückes ist das Jammern wegen des Segens Gottes, der es umhegt und stärkt."5
'"Je reiner eure Augen sind, ihr jungen Mütter von morgen, desto mehr werdet ihr in den teuren, kleinen Wesen, die eurer Sorge anvertraut sind, die Seelen sehen, die mit euch bestimmt sind zur Verherrlichung des einzigen Gegenstandes, der aller Ehre und Herrlichkeit würdig ist. Anstatt wie so viele andere euch in ehrgeizigen Träumen an der Wiege eines Neugeborenen zu verlieren, werdet ihr dann frommen Sinnes euch beugen über das gebrechliche Herz, das zu schlagen beginnt, und werdet ohne überflüssige Unruhe an die Geheimnisse seiner Zukunft denken, die ihr der zarten Liebe der Jungfrau vom Rosenkranz anvertrauen werdet, die noch mütterlicher und mächtiger ist als eure eigene Liebe."(6)
"Die Frau ist nicht nur die Sonne, sondern auch das Allerheiligste der Familie, wohin die Kleinen sich in ihrem Schmerz flüchten, die, welche die Schritte der Heranwachsenden lenkt, sie in ihrem Leid stärkt, ihre Zweifel beruhigt, der sie ihre Zukunft anvertrauen. Sie, die Herrin der Sanftmut, ist auch die Herrin des Hauses. Die Achtung, die ihr Familienhäupter ihr entgegenbringt, sollen die Kinder und Angestellten des Hauses merken, spüren und sehen an eurem Blick, an eurem Benehmen, an euren Mienen, an euren Lippen, an eurem Wort, an eurem Gruß."(7) "Das Mutteramt mit seinen Sorgen, seinen Leiden und seinen Gefahren fordert und verlangt Mut: die Frau muss auf dem Ehrenfeld der ehelichen Pflicht nicht weniger heldenhaft sein und sich zeigen als der Mann auf dem Ehrenfeld der Bürgerpflicht, wo er dem Vaterland das Geschenk seines Lebens macht. "(8)
Für die Erziehung der Kinder ist die Autorität in der Familie äußerst wichtig. Dafür ist die Ansprache vom 24. September 1941 besonders aufklärend und wertvoll. "Die Väter und Mütter in unseren Tagen führen oft Klage darüber, dass es ihnen nicht mehr gelingt, ihre Kinder zum Gehorsam zu bringen. Es seien launische Kinder, die auf keinen hören, Jungen, die jede Führung ablehnen, Jungmänner und Mädchen, die jeden Rat verschmähen, taub sind gegen jede Ermahnung, voll Verlangen, bei Spielen und Wettkämpfen zu glänzen, die alles nach ihrem eigenen Kopf tun wollen, weil sie meinen, sie verständen wohl allein die Notwendigkeiten des modernen Lebens. Kurz, das neue Geschlecht ist gewöhnlich (es gibt gewiss so viele schöne und herrliche Ausnahmen!) nicht geneigt, sich vor der Autorität von Vater und Mutter zu beugen.
Und was ist der Grund für diese unbelehrbare Haltung! Gewöhnlich pflegt man dafür anzugeben, dass heute die Kinder wohl oft keinen Sinn mehr haben für Gehorsam, für die Achtung, die sie ihren Eltern und ihrem Wort schuldig sind: in der Atmosphäre starken jugendlichen Selbstbewusstseins, in der sie leben, arbeitet alles darauf hin, dass sie sich frei machen von jeder Abhängigkeit von den Eltern und sie überflüssig machen; alles, was sie in ihrer Umgebung sehen und hören, steigert, begeistert und verhärtet schließlich ihr Wesen und zügelt nicht ihren Hang nach Unabhängigkeit, ihre Verachtung vor der Vergangenheit und ihre Sehnsucht nach der Zukunft ... Die reibungslose Ausübung der Autorität hängt nicht nur von denen ab, die gehorchen müssen, sondern auch, und zwar in weitem Maße, von jenen, die zu befehlen haben. Ganz deutlich gesagt: etwas anderes ist das Recht auf den Besitz der Autorität, das Recht, Befehle zu geben, und etwas anderes ist jenes moralische Übergewicht, das die erfolgreiche, tätige und wirksame Autorität begründet und ziert, der es gelingt, bei anderen sich Achtung zu verschaffen und wirklich Gehorsam zu erreichen. Das erste Recht wird von Gott übertragen mit dem Augenblick, der euch zu Vater und Mutter macht. Das zweite Vorrecht muss man erwerben und bewahren; denn es kann verlorengehen, wie es auch gesteigert werden kann. Nun wird das Recht, euren Kindern zu befehlen, ziemlich wenig bei ihnen erreichen, wenn es nicht begleitet ist von jener Macht und jenem persönlichen Einfluss auf sie, die euch erst den wirklichen Gehorsam sichern. Wie und auf welche kluge Art werdet ihr denn eine solche moralische Macht erobern, erhalten und steigern können? Gott gewährt einigen die natürliche Gabe zu befehlen, die Gabe, bei anderen ihren Willen durchsetzen zu können. Das ist ein kostbares Geschenk; ob es ganz im Geistigen ruht oder zum Teil in der äußeren Persönlichkeit, in der Haltung, im Wort, im Blick, in der Miene, das ist oft schwer zu sagen, aber es ist gleichzeitig ein Geschenk, das man fürchten muss. Missbraucht es nicht, wenn ihr es besitzt, bei der Erziehung eurer Kinder, ihr möchtet sonst ihre Seelen in der Furcht einschließen und erhalten und aus ihnen Sklaven und nicht liebenswürdige Kinder machen. Mildert diese Macht durch die Weitherzigkeit der Liebe, die ihrer Liebe entgegenkommt, durch freundliche, geduldige, eifrige und ermunternde Güte! ... Denkt daran, ihr Eltern, dass Strenge nur dann zu Recht besteht, wenn das Herz gütig ist! ...
Die Milde und die Autorität verbinden, heißt siegen und triumphieren in jenem Kampf, zu dem euch eure elterliche Stellung verpflichtet. Übrigens ist für alle jene, die zu gebieten haben, die Grundvoraussetzung einer wohltätigen Herrschaft über den Willen anderer die Herrschaft über sich selbst, über die eigenen Leidenschaften und Sinne ... Wenn die Befehle, die ihr euren Kindern gebt, wenn die Vorwürfe, die ihr ihnen macht, aus den Eingebungen des Augenblicks stammen, aus Ausbrüchen der Ungeduld, aus falschen Voraussetzungen oder aus blinden oder schlecht beherrschten Gefühlen, dann kann es meistens nicht anders sein, als dass sie ihnen willkürlich, zusammenhanglos, vielleicht auch ungerecht und unangebracht vorkommen. Heute seid ihr gegen diese armen Kleinen unvernünftig in eurer Forderung, von einer unerbittlichen Strenge, morgen lasst ihr alles durchgehen. Ihr beginnt damit, ihnen eine Kleinigkeit abzuschlagen, die ihr einen Augenblick nachher, müde von ihrem Weinen oder ihrem Trotz, ihnen gewährt, um zu verhüten, dass die Sache dann mit einer Szene endet, die euch auf die Nerven geht. Warum versteht ihr denn nicht, Herr zu sein über die Stimmungen eures Herzens, eure Phantasie zu zügeln, euch selbst zu beherrschen, da ihr doch die Absicht habt, eure Kinder zu regieren ? Wenn es euch bisweilen scheint, dass ihr nicht ganz Herr seid über euch selbst, dann verschiebt auf später, auf eine gelegenere Stunde, den Tadel, den ihr anbringen wollt, die Strafe, die ihr glaubt, verhängen zu müssen. In der versöhnlichen und ruhigen Festigkeit eures Geistes werden euer Wort und eure Strafe eine ganz andere Wirkung, eine mehr erzieherische und gebieterische Kraft haben als beim Ausbruch einer unbeherrschten Leidenschaft.
Vergesst nicht, dass die Kinder, auch sehr kleine, ganz Ohr sind im Aufpassen und Beobachten und unverzüglich den Wechsel eurer Stimmung bemerken. Von der Wiege an, kaum dass sie so weit sind, die Mutter von jeder anderen Frau unterscheiden zu können, werden sie schnell merken, welche Gewalt über schwache Eltern ein Eigensinn oder ein Tränenausbruch hat, und sie werden sich in ihrer kindlichen Boshaftigkeit nicht scheuen, sie zu missbrauchen. Hütet euch darum vor allem, was eure Autorität bei ihnen mindern könnte! Hütet euch davor, diese Autorität zu zerstören durch die Spielereien ständiger, unausgesetzter Ermahnungen und Zurechtweisungen, die ihnen schließlich lästig fallen; sie werden sie anhören, aber nicht ernst nehmen. Hütet euch davor, eure Kinder zu täuschen oder zu hintergehen mit Gründen oder Erklärungen, die auf schwachen Füßen stehen oder unwahr sind und leichthin abgegeben werden, um euch aus der Verlegenheit zu ziehen und lästige Fragen abzuwehren. Wenn es euch nicht gut scheint, ihnen die wirklichen Gründe einer Anordnung oder einer Tatsache auseinanderzusetzen, dann wird es heilsamer sein, euch auf ihr Vertrauen zu euch, auf ihre Liebe zu euch zu berufen. Fälscht die Wahrheit nicht, allenfalls verschweigt sie ihnen. Ihr ahnt vielleicht gar nicht, welche Verwirrungen und welche Krisen eines Tages in jenen jungen Seelen entstehen, wenn sie merken, dass man ihre natürliche Gutgläubigkeit missbraucht hat. Hütet euch davor, durchblicken zu lassen, dass ihr nicht eins seid untereinander und verschieden denkt über die Art, eure Kinder erzieherisch zu behandeln: sie würden dann recht bald darauf ausgehen, die Autorität der Mutter gegen die des Vaters oder die des Vaters gegen die der Mutter auszuspielen, und sie würden nur schwer der Versuchung widerstehen, eine solche Uneinigkeit auszunutzen für die Befriedigung all ihrer Einfälle. Hütet euch endlich davor, darauf zu warten, dass eure Kinder heranwachsen, um über sie gut und ruhig, zugleich aber fest und kraftvoll eure Autorität auszuüben, die vor keinem Tränenstrom oder keiner Trotzszene zurückweicht! Schon von klein auf, von der Wiege an, mit dem Aufdämmern ihrer kindlichen Vernunft, sollen sie liebevolle und zarte, aber auch weise und kluge Hände über sich erfahren und spüren.
Autorität ohne Schwäche sei die eure, aber eine Autorität, die aus der Liebe kommt und ganz von der Liebe durchdrungen und getragen ist. Ihr sollt die ersten Lehrer und die ersten Freunde eurer Kinder sein. Wenn wirklich Vater- und Mutterliebe - das heißt eine in jeder Hinsicht christliche und nicht eine mehr oder weniger selbstsüchtige Liebe - eure Befehle lenken, dann werden eure Kinder davon berührt und ihnen nachkommen aus tiefstem Herzen, ohne dass es vieler Worte bedarf; denn die Sprache der Liebe ist beredter in schweigendem Tun als im Laut der Lippen. Tausend kleine unmerkliche Zeichen, ein Wechsel im Ton, eine unauffällige Geste, ein flüchtiger Ausdruck im Gesicht, ein Zeichen der Zustimmung offenbaren ihnen besser als alle Beteuerungen, wie viel Liebe hinter einem Verbot steht, das sie betrübt, wie viel Wohlwollen sich verbirgt in einer Ermahnung, die ihnen lästig vorkommt, und so wird das Wort der elterlichen Autorität ihnen nicht wie ein lastendes Gewicht oder wie ein verhasstes Joch erscheinen, das man möglichst bald abschütteln muss, sondern als die höchste Offenbarung eurer Liebe. Und wird mit der Liebe nicht das Beispiel zusammengehen? Wie sollen die Kleinen, die von Natur aus bereitwillige Nachahmer sind, gehorchen lernen, wenn sie sehen, dass in allem die Mutter tut, was den Anordnungen des Vaters entgegen ist, ja sogar sich über ihn beklagt; wenn sie innerhalb der häuslichen Wände ständig ehrfurchtlose Kritiken über jede Autorität hören; wenn sie merken, dass ihre Eltern die ersten sind, die das nicht tun, was Gott und die Kirche gebieten? Wenn sie aber einen Vater und eine Mutter vor Augen haben, die in ihrer Art zu sprechen und zu handeln das Beispiel der Achtung vor den rechtmäßigen Obrigkeiten und der ständigen Pflichttreue geben: von einem so erbaulichen Bild werden sie mit größerem Erfolg als von einer einstudierten Ermahnung lernen, was wahrer christlicher Gehorsam ist und wie sie selbst ihn gegen ihre Eltern betätigen können. Seid überzeugt, ... dass das gute Beispiel das kostbarste Erbe ist, das ihr euren Kindern schenken und hinterlassen könnt! Es ist der unvergängliche Anblick eines Schatzes von Werken und Taten, von Worten und Ratschlägen, von frommen Betätigungen und tugendhaften Schritten, der stets lebendig haften wird in ihrem Gedächtnis als eine der eindruckvollsten und teuersten Erinnerungen, die eure Person in ihnen lebendig machen wird, in den Stunden des Zweifels und Schwankens zwischen Gut und Bös, zwischen Gefahr und Sieg. In trüben Augenblicken, wenn der Himmel sich verdunkelt, werdet ihr ihnen wieder in einem Licht erscheinen, das ihren Weg erhellen und leiten wird in Erinnerung an jenen Weg, den ihr schon gegangen seid und der angefüllt ist mit jener Arbeit und Mühe, die das Unterpfand des irdischen und himmlischen Glückes sind. Ist das vielleicht ein Traum? Nein, das Leben, das ihr mit eurer Familie beginnt, ist kein Traum, es ist ein Weg, den ihr geht, umkleidet mit einer Würde und Autorität, die eine Schule und Lehrzeit sein soll für die Nachkommen, die eures Blutes sind.
Möge der himmlische Vater, der euch berufen hat zur Teilnahme an der Größe seiner Vaterschaft und auch seine Autorität euch übertragen hat, euch die Gnade geben, sie in seiner Nachahmung weise und liebevoll auszuüben."(9)
III. DIE FAMILIE
Wenn wir den Gedankengängen des Papstes folgen und immer klarer das Bild vor uns sehen, das er von einer christlichen Mutter hat, wie er ihre Freuden an ihren Kindern kennt, aber nicht minder die vielfältigen Sorgen, die sie in der Erziehung von früh an hat, so fragen wir uns unwillkürlich, wie kommt dieser Papst, der jahrzehntelang, fast ein ganzes Leben hindurch als Diplomat im Staatssekretariat, als Nuntius und zuletzt als engster Mitarbeiter seines Vorgängers Pius' XI., als dessen Kardinal-Staatssekretär, gearbeitet hat, zu diesem bis in Einzelheiten gehenden Wissen, zu diesem tiefen Mitempfinden mit den Müttern? Einmal wird es ein Rückblick sein in seine Jugend, die er in einer glücklichen christlichen Familie erleben durfte, denn bei gar manchen Worten sehen wir unwillkürlich das Bild seiner gütigen, edlen Mutter Virginia Graziosi vor uns, andererseits beweisen diese Erwägungen, wie sehr Pius XII. zutiefst Seelsorger ist. Dazu kommt, dass er als oberster Hirte mit Schrecken die Gefährdung der Familie in den letzten Jahrzehnten immer mehr wachsen sieht.
Bereits in seiner ersten Enzyklika "Summi Pontificatus" vom 20. Oktober 1939 widmet er dieser Frage seine Sorge.
"In schmerzhafter Klarheit stehen vor Unserem Blick die Gefahren, die dem heutigen und kommenden Geschlecht aus der Verkennung, Verkürzung und fortschreitenden Auslöschung der Eigenrechte der Familie erwachsen müssen. Darum erheben Wir Uns, in vollem Bewusstsein Unserer heiligen Amtspflicht, zu ihrem freimütigen Anwalt. Nirgendwo werden die äußeren und inneren, die materiellen und geistigen Nöte unserer Zeit so bis zur Neige verkostet, nirgendwo die vielfachen Irrtümer in ihren tausend Auswirkungen so bitter durchlitten wie innerhalb der Klein- und Edelzelle der Familie. Ein richtiger Wagemut, ja ein Heldentum, das in seiner Schlichtheit dreifach achtunggebietend dasteht, ist oft vonnöten, um die Härten des Lebens, die tägliche Leidenslast, die wachsenden Entbehrungen und fortschreitende Einengung zu ertragen, die ein früher nie gekanntes Ausmaß erreichen und deren innerer Sinn und sachliche Notwendigkeit oft nicht zu sehen sind. Wer in der Seelsorge steht, wer in die Herzen schauen kann, weiß um die heimlichen Tränen der Mütter, um den stillen Schmerz ungezählter Väter, weiß um die Bitternis, von der keine Statistik spricht noch sprechen kann ... Der Auftrag, den Gott den Eltern gab, für die materielle und seelische Wohlfahrt ihrer Kinder zu sorgen und ihnen eine ausgeglichene Erziehung im Geiste echter Religiosität zu vermitteln, kann ihnen von niemandem ohne schwere Rechtsverletzung entrissen werden... Eine Erziehung jedoch, die darauf vergäße oder gar bewusst unterließe, Auge und Herz der Jugend auch auf das ewige Vaterland zu lenken, wäre ein Unrecht an der Jugend, ein Unrecht an den unabtretbaren Erzieherrechten und Erzieherpflichten der christlichen Familie - eine Grenzüberschreitung, die nach Abhilfe ruft, gerade auch im Interesse des Volkes und Staatswohls. Mag sie denen, die dafür verantwortlich sind, vorübergehend als Quelle wachsender Kraft und Macht erscheinen; in Wirklichkeit wäre sie das Gegenteil und ihre bitteren Auswirkungen würden das beweisen ...
Derselbe Christus, der gesagt hat: Lasset die Kinder zu mir kommen, hat - bei all seiner erbarmenden Güte - ein schneidendes Wehe gerufen über jene, die den Lieblingen seines Herzens Ärgernis bereiten. Und welches Ärgernis wirkt vernichtender und nachhaltiger auf ganze Geschlechter als eine Fehlleitung der Jugenderziehung in eine Richtung, die von Christus, der Weg, Wahrheit und Leben ist, wegführt, in offenem oder getarntem Abfall von ihm. Dieser Christus, dem man die heutige und kommende Jugend zu entfremden sucht, er ist derselbe, der aus den Händen seines himmlischen Vaters alle Königsgewalt empfing im Himmel und auf Erden... Ein Erziehungssystem, das den von Gottes heiligem Gesetz umfriedeten Bannkreis der christlichen Familie nicht achtete, ihre sittlichen Grundlagen bedrohen, der Jugend den Weg zu Christus, zu den Lebens- und Freudenquellen des Heilands (vgl. Is 12, 3) versperren wollte, das gar den Abfall von Christus und seiner Kirche als Kennzeichen der Treue zum Volk oder einer bestimmten Klasse erachten sollte, würde sich selbst das Urteil sprechen und zu gegebener Zeit die unentrinnbare Wahrheit des Prophetenwortes an sich erfahren: ,Alle, die dich verlassen, werden in den Staub geschrieben' (Jer 17, 13) ... Bei der Förderung dieses heute so wichtigen Laien-Apostolates fällt eine besondere Sendung der Familie zu. Der Geist der Familie ist für den Geist des jungen Geschlechts entscheidend. Solange am heimischen Herd des Christus-Glaubens heilige Flamme brennt, solange Vater und Mutter das Leben ihrer Kinder nach diesem Glauben formen und prägen, wird es immer wieder Jugend geben, die bereit ist, die Königsrechte des Erlösers anzuerkennen und jedem Widerstand zu leisten, der diesen Erlöser aus der Öffentlichkeit verbannen oder in seine Rechte frevelnd eingreifen will. Wo die Kirchen geschlossen werden, wo von den Schulwänden das Bild des Gekreuzigten entfernt wird, bleibt die Familie der providenzielle, in einem gewissen Grade der unangreifbare Zufluchtsort christlicher Glaubensgesinnung. Und - Gott sei es gedankt! - unzählige Familien erfüllen diese ihre Sendung in unbeirrbarer Treue, die allen Anfechtungen und Opfern trotzt. Jugend aus beiden Geschlechtern, in großer Zahl, auch in solchen Ländern, wo das Bekenntnis zu Christus Leid und Verfolgung bedeutet, harrt aus am Throne des Erlöserkönigs mit jener ruhigen, sicheren Entschlossenheit, die an die ruhmreichsten Zeiten der kämpfenden Kirche erinnert."(1)
Gewiss ist zu bedenken, dass die Worte der Enzyklika 1939 in der Hauptsache als Mahnruf an die totalitären Staaten gerichtet sind. Die prophetischen Worte, die der Papst darin von ihrem Untergang gebraucht, sind für die Reiche Hitlers und Mussolinis bereits in Erfüllung gegangen. Der Krieg ist beendet. Aber der Frieden ist darum noch nicht gekommen, und die Worte Pius' XII. gelten uneingeschränkt auch für andere Staaten. "Die bitteren Auswirkungen" jener Bedrängung der Familie sind in den Staaten, die jetzt wieder friedlich arbeiten können - vielleicht in einer Ruhepause - immer noch stark zu spüren.
Wenige Monate nach Erscheinen der Enzyklika spricht Pius XII. die Worte: " Die Familie ist die Grundlage der Gesellschaft. Wie der menschliche Körper sich aus lebendigen Zellen zusammensetzt, die nicht für sich allein nebeneinander bestehen, sondern durch die inneren und dauernden Beziehungen zueinander einen Gesamtorganismus darstellen, so wird auch die menschliche Gesellschaft nicht gebildet von einer Vielheit von Einzelpersonen , getrennten Wesen, die einen Augenblick erscheinen, um wieder zu verschwinden, sondern von der wirtschaftlichen Gemeinschaft und der sittlichen Verbundenheit der Familien, die das wertvolle Erbe desselben Ideals, derselben Kultur und desselben Glaubens von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzen und so den inneren Zusammenhang und die zeitliche Fortdauer der Gemeinschaftsbande sichern. Der hl. Augustinus bemerkte das vor 1500 Jahren, als er schrieb, dass die Familie das Urelement und wie eine Zelle (particula) der Stadt sein muss. Und da jeder Teil hingerichtet ist auf das Ziel und die Unversehrtheit des Ganzen, zog er daraus die Folgerung, dass der Friede am häuslichen Herd zwischen dem, der befiehlt, und dem, der gehorcht, die Eintracht unter den Bürgern fördert. (De civ. Dei, I, 19, c. 16). Das wissen jene wohl, die Gott aus der menschlichen Gesellschaft verbannen und sie umstürzen wollen. Deshalb gehen sie darauf aus, der Familie die Achtung, ja sogar den Gedanken an das göttliche Gesetz zu nehmen, indem sie die Ehescheidung und die freie Liebe preisen, den Eltern die ihnen von Gott übertragene Aufgabe gegen ihre Kinder schwermachen, indem sie ihnen Angst machen wegen der materiellen Opfer und der moralischen Verantwortlichkeit, die die ehrenvolle Last einer zahlreichen Kinderschar mit sich bringt."(2) "Wer die Familie entheiligt, wird keinen Frieden haben; nur die christliche Familie, die mit Hilfe der Gnade das Gesetz des Schöpfers und Erlösers befolgt, ist die Bürgschaft für den Frieden."(3)
Im Jahre 1946 berührt der Papst vor den Teilnehmern des I. Nationalkongresses des italienischen Verbandes der Lehrer am 8. September das in allen Ländern immer brennender werdende Thema des Rechtes der Eltern auf eine konfessionelle Schule. Er führt aus:
"Gerade unsere Zeit hat gezeigt, dass die Ergebnisse der religionslosen Schule, die ja in Wirklichkeit schon antireligiös ist oder es wird, schlimm waren. Sie hat nach den Erfahrungen des vergangenen wie auch unseres Jahrhunderts bittere Früchte gezeitigt und hat also ihren wahren Zweck verfehlt, während die christliche Erziehung in fast 2000 Jahren jede Bewährungsprobe bestanden hat ... Euer Leitgedanke bekommt also folgenden Sinn: Lasst das Kind in der reinen Luft der christlichen Familie aufwachsen und gewährt ihm eine Schule, die im Einvernehmen mit dem Elternhaus und mit der Kirche an einer gesunden Bildung der Jugend arbeitet. Die Eltern haben ein primäres, in der Naturordnung begründetes Recht auf die Erziehung ihrer Nachkommenschaft, ein Recht, das unverletzlich ist und dem der bürgerlichen Gesellschaft und des Staates voransteht, wie Unser glorreicher Vorgänger Pius XI. erklärte (Enzyklika ,Divini illius Magistri' vom 31. Dezember 1929). Aber auch der Kirche als Lehrerin und übernatürlichen Mutter der Seelen steht ein unmittelbares und höchst bedeutendes Recht auf Mitwirkung an der Erziehung und auf alles, was dazu notwendig und nützlich ist, zu, da ihr die Seelsorge unter den Menschen anvertraut und sie deshalb für die religiöse und sittliche Erziehung der Kinder verantwortlich ist. Wir beabsichtigen gewiss nicht, das Eigenrecht auch des Staates auf seinen Anteil an der Erziehung zu verneinen oder zu schmälern. Dieses Recht hat seine Grundlage im allgemeinen Wohl, das ihm gleichzeitig Maß und Grenze setzt. Das allgemeine Wohl aber verlangt, dass der Staat das der Familie und der Kirche zustehende Recht auf Erziehung schütze und achte."(4)
In einer Ansprache über die Weltlage an das Hl. Kollegium der Kardinäle, das dem Papst seine Glückwünsche zum Namensfeste überbrachte, äußert er sich am 2. Juni 1947 voll Trauer über die Familie: "In einem ähnlichen Zustand völliger Unsicherheit, einem Zustand, der sich zu verewigen wollen scheint, schwebt auch die Familie, diese naturgemäße Pflanz- und Bildungsstätte, in der der Mensch von morgen heranwächst und sich aufs Leben vorbereitet. Was wird ihr Schicksal sein? Herzzerreißend sind die Berichte, die aus den am schwersten heimgesuchten Gebieten zu Uns gelangen, über die Frau. Erschütternd ist vor allem die Lage jener Familienheime wenn man herumirrende Menschengruppen noch so nennen kann -, auf welche die Treue der Gatten zu Gottes Gebot den Segen einer reichen Kinderschar herabgezogen hatte. Nach ihrem im Vergleich zu anderen sehr oft besonders schweren Blutopfern im Kriege müssen sie nun noch den allgemeinen Mangel an Wohnung und Nahrung mit seinen Folgen ganz besonders spüren.
Nun wird Gott zu seinem Wort stehen, ganz im Gegensatz zu dem, was die höhnischen Bemerkungen der Egoisten und Lebemänner unterstellen; aber Unverstand, Herzlosigkeit, Übelwollen von außen machen den Helden der Ehepflichten das Leben fast unerträglich schwer. Tatsächlich kann nur ein wahres, von der göttlichen Gnade getragenes Heldentum in den Herzen der jungen Gatten das Verlangen nach einer zahlreichen Kinderschar und die Freude an ihr erhalten. Aber welche Erniedrigung liegt für die Welt darin, so tief gefallen zu sein, in soziale Verhältnisse, die dermaßen naturwidrig sind!
Vor Gott und vor der schmerzlichen Wahrheit der Tatsachen rufen Wir mit all Unserer Kraft um beschleunigte Abhilfe. Wir vertrauen darauf, dass Unser Notruf bis an die Grenzen der Erde gehört werde und ein Echo bei denen finde, die das öffentliche Leben verantwortlich leiten und wissen müssen, dass ohne die gesunde und lebenstüchtige Familie Volk und Nation verloren sind. Es gibt vielleicht nichts, was so dringend die Befriedung der Welt verlangt wie die unsagbare Not der Familie und der Frau !"(5)
In einem Dankschreiben an die deutschen Bischöfe für die Weihnachts- und Neujahrswünsche zeigt Pius XII. sein Wissen um die vielgestaltige Not Deutschlands und sein Mitempfinden und seinen Dank für alle bereits geleistete Arbeit. "Wir kennen diese Not in ihrer ganzen erschütternden Größe, in ihrer zerstörenden Wirkung auf die physische Lebenskraft und die seelische Gesundung eures Volkes. Wir wissen um die verheerenden sittlichen Folgen dieser Not vor allem für die Jugend, die Frau, die Familie und jenen Grundstock von sozialer Ordnung, ohne den eine christliche Kultur nicht zu bestehen vermag."(6)
Vor den Teilnehmern einer Tagung des Internationalen Verbandes der Familienorganisationen sprach Papst Pius XII. in einer Audienz vom 21. September 1949 ausführlich über die Bedeutung der Familie und über Möglichkeiten, die zu ihrer Gesundung beitragen können: "Die Würde, die Rechte und die Pflichten des häuslichen Herdes, den Gott als Lebensquell der Gesellschaft eingerichtet hat, sind eben darum ebenso alt wie die Menschheit; sie sind unabhängig von der Macht des Staates (vgl. Leo XIII., Enzyklika ,Rerum Novarum'), aber wenn sie bedroht sind, muss dieser sie schützen und verteidigen. Rechte und Pflichten, die zu jeder Epoche der Geschichte und unter jedem Himmel gleich heilig sind, doppelt heilig in den tragischen Stunden des Unglücks, der Kriege, in denen immer die Familie das große Opfer ist. Und gerade weil sie das organische Element der Gesellschaft ist, stellt jedes gegen sie verübte Attentat ein Attentat auf die Menschheit dar. Gott hat in die Herzen des Mannes und der Frau wie einen eingeborenen Instinkt die eheliche Liebe, die väterliche und mütterliche Liebe, die kindliche Liebe gelegt. Wenn man daher diese dreifache Liebe entwurzeln oder lähmen will, so ist das eine Entweihung, die schon als solche Entsetzen einflößt und die unweigerlich das Vaterland und die Menschheit zum Untergang führt ... Das Programm der Aktion, deren Ziel es ist, die Familie wieder zu festigen, die in ihr schlummernden Möglichkeiten zu heben, sie in den lebenden Mechanismus der Welt einzuordnen, kann man in einige ganz bestimmte Programmpunkte zusammenfassen: dem Unvermögen der Familie abzuhelfen, indem man ihr, was ihr fehlt, verschafft, damit sie ihre häusliche und soziale Funktion auszuüben vermag; die Familien untereinander zu einer festen, ihrer Kraft bewussten Front zusammenzuschließen; der Familie dazu zu verhelfen, dass ihre Stimme in den öffentlichen Angelegenheiten jedes Landes wie auch der ganzen Gesellschaft gehört wird, so dass sie niemals unter diesen zu leiden hat, sondern im Gegenteil in möglichst weitem Ausmaße von ihnen profitiert. Es ist also vor allem wichtig, dass die Familie und ihr Wesen, ihr Zweck und ihr Leben unter ihrem wahren Gesichtspunkt betrachtet werden, das heißt unter dem Gottes und seines religiösen und moralischen Gesetzes. Ist es nicht beklagenswert anzusehen, zu welchen Lösungen der schwierigsten Probleme eine materialistische Anschauung hinabsinkt: Auflösung der Familie durch eine Zuchtlosigkeit der Sitten, die durch eine nicht mehr tragbare Freiheit ermöglicht wurde; Zerrüttung der Familie durch die in allen Formen in die Gesetzgebung eingeführte Eugenik; materielle und sittliche Unterjochung der Familie, in der die Eltern in der Erziehung ihrer Kinder allmählich auf die Stufe von Verurteilten herabgedrückt wurden, die jeder väterlichen Gewalt beraubt sind. Die Auffassung der Familie, vom Standpunkt Gottes aus betrachtet, wird notwendigerweise zum einzigen Grundsatz einer ehrlichen Lösung führen: alle Mittel zu gebrauchen, um die Familie in den Stand zu versetzen, sich selbst zu genügen und ihren Beitrag zum allgemeinen Wohle zu leisten ... Was damals [nach dem ersten Weltkrieg] notwendig war und was hier und da mit gleichem Mute versucht worden ist, das ist eine Politik großen Stiles, die die Gebäude leert, in denen die Mieter wie in Kasernen hausen, und die statt dessen Familienwohnstätten schafft. Heute, nach dem zweiten Weltkrieg, ist diese Forderung sicher an die erste Stelle gerückt.
Dazu muss die Bildung eines geschärften Gewissens für die Verantwortlichkeit bei der Gründung einer Familie, die Entwicklung eines gesünderen Familienlebens in einem Eigenheim kommen, das für den Geist ebenso wohltätig ist wie für das Herz. Wir haben nicht versäumt, auch die Organisationen zu erwähnen, die sich zum Ziel gesetzt haben, besser auf die Aufgaben und Pflichten der Ehe vorzubereiten. Welche Hilfe können hier Presse, Radio und Film leisten, und wie schwer ist ihre Verantwortung im Hinblick auf die Familie! Sollte der Film sich nicht in der Tat, anstatt sich in der Darstellung von Ehescheidungen und Ehetrennungen zu erniedrigen, in den Dienst der Einheit der Ehe, der ehelichen Treue, der Gesundung der Familie und des Glückes des häuslichen Herdes stellen? Das Volk verlangt nach einer edleren und höheren Auffassung vom häuslichen Leben. Der unerwartete Erfolg gewisser Filme der letzten Zeit beweist es. Wir wollen ebenfalls auf die bereits geleistete Hilfe hinweisen: auf die Hilfe für die Kinder, für die Jugendlichen, auf die Erholungsheime für Mütter, auf die so wohltätige Organisation der Soforthilfe für überlastete Familien - wenn es z. B. für die Mutter nicht mehr möglich ist, die Hausarbeiten selbst zu verrichten -; es ist ein ungeheuer großes Arbeitsfeld, das sich den öffentlichen Fürsorgeorganisationen, vor allem aber der privaten Caritas bietet. Wir wollen natürlich die größte Aufmerksamkeit auf die kinderreichen Familien lenken: Steuerermäßigung, Unterstützungen, Gehaltszulagen, die nicht als eine freiwillige Gabe angesehen werden sollen, sondern eher als eine sehr bescheidene Entschädigung für den großen sozialen Dienst, den die Familie, besonders die kinderreiche, erweist. Sehr zu Recht verleiht ihr in euren Statuten eurem Willen Nachdruck, die Bande der Solidarität zwischen allen Familien der Welt zu stärken; das ist eine sehr günstige Bedingung für die Erfüllung ihrer Funktion als lebenskräftige Zellen der Gesellschaft. Wie viele kostbare moralische Kräfte würden sich so vereinigen, um gegen den Krieg im Dienste des Friedens zu kämpfen! Dass sich alle Familien der Welt zusammenschließen, um sich gegenseitig zu helfen, um die bösen Kräfte durch ihre gesunde und fruchtbare Kraft zu überwinden, ist sehr gut. Noch ein Schritt bleibt zu tun: den Geist der christlichen Familie auf die Ebene der Nation, der internationalen Beziehungen, der Welt auszudehnen! So wenig eine einzelne Familie nur die Zusammenfassung ihrer Mitglieder unter einem Dach ist, so wenig soll die Gesellschaft die einfache Summe der Familien sein, die sie bilden. Sie soll aus dem familienhaften Geist leben, der sich auf die Gemeinschaft von Herkunft und Ziel gründet. Wenn die Lebensumstände unter den Gliedern einer Familie Ungleichheit schaffen, so hilft man sich gegenseitig. So sollte es auch zwischen den Gliedern der großen Familie der Nationen sein. Zweifellos ein hohes Ideal! Doch warum sollte man sich nicht sofort an die Arbeit machen, so fern die Verwirklichung auch scheinen mag? Selbst die bedrückenden Fragen der kontinentalen und der Weltwirtschaft würden unter diesem Gesichtspunkt eine fühlbare Entspannung und wohltätige Hilfe erfahren. Die Arbeit, die zu tun übrig bleibt, ist also unermesslich und wird nur durch allmähliche Fortschritte erfüllt werden. Euer Eifer richtet sich darauf, diese Fortschritte zu vertiefen und zu beschleunigen."(7)
Zwei Jahre später, fast am gleichen Tage, griff Papst Pius XII. in einer Ansprache vor einer Gruppe der französischen Katholischen Aktion das Thema "Über die Heiligkeit, Rechte und Pflichten der Familie" wieder auf.
"Der Staat sollte also gerade aus Selbsterhaltungstrieb das erfüllen, was nach dem Plane Gottes, des Schöpfers und Erlösers, seine erste Pflicht ist, nämlich bedingungslos die Werte zu schützen, die der Familie Ordnung, Menschenwürde, Gesundheit und Glück sichern. Diese Werte, die die Elemente des Gemeinwohles selber sind, dürfen nie für irgend etwas getauscht werden, was als Gemeingut erscheinen könnte. Weisen Wir beispielshalber nur auf einige hin, die heute in größter Gefahr sind: die Unauflöslichkeit der Ehe; der Schutz des Lebens vor der Geburt; die angemessene Wohnung für die Familie, nicht nur mit einem oder zwei Kindern, oder selbst ohne Kinder, sondern für die normale, zahlreichere Familie; die Arbeitsbeschaffung, denn die Arbeitslosigkeit des Vaters ist die bitterste Not für die Familie; das Recht der Eltern über ihre Kinder gegenüber dem Staat; die volle Freiheit der Eltern, ihre Kinder im wahren Glauben zu erziehen, und folglich auch das Recht der katholischen Eltern auf die katholische Schule; die Verhältnisse des öffentlichen Lebens und besonders einer öffentlichen Moral, die so geschaffen sein sollte, dass die Familien und besonders die Jugend nicht mit moralischer Gewissheit durch sie verdorben werden ... Doch was die wesentlichen Rechte der Familie anbetrifft, so werden sich die wahren Gläubigen der Kirche bis zum letzten einsetzen, um sie zu erhalten. Es wird hier und da geschehen können, dass man sich in dem einen oder anderen Punkt genötigt sieht, vor der Überlegenheit der politischen Kräfte zurückzuweichen. Aber in diesem Fall kapituliert man nicht, sondern man wartet geduldig. Außerdem muss in einem solchen Falle die Lehre unversehrt bleiben, alle wirksamen Mittel müssen eingesetzt werden, um allmählich dem Ziel näher zu kommen, auf das man nicht verzichtet hat. "(8)
Eine weitere große Ansprache über "Familiennot und Familienhilfe" hielt Pius XII. zwei Monate später, am 28. November 1951, als er die Teilnehmer des Nationalen Kongresses "Front der Familie" in Audienz empfing. Der erste Teil dieser Rede ist wieder den allgemeinen Nöten der Familie gewidmet, von denen er bereits in der letzten Ansprache in teilnahmsvollen Worten gesprochen hatte.
"In der Ordnung der Natur, unter den sozialen Schöpfungen gibt es keine, die der Kirche mehr am Herzen liegt als die Familie. Die Wurzel der Familie, die Ehe, hat Christus zur Würde eines Sakramentes erhoben. Die Familie hat in all dem, was ihre unverletzlichen Rechte, ihre Freiheit und die Ausübung ihrer hohen Aufgabe angeht, in der Kirche immer Verteidigung, Schutz und Hilfe gefunden ... Eine Familienbewegung, die, wie die eure, sich dafür einsetzt, im Volke voll und ganz die Ideale der christlichen Familie zu verwirklichen, wird sich immer durch ihre innere, sie beseligende Kraft wie durch die Nöte des Volkes, in dessen Mitte eure Bewegung lebt und wächst, in den Dienst jenes bekannten dreifachen Zieles stellen, das den Gegenstand eurer Bestrebungen bildet: Einfluss ausüben durch die Gesetzgebung in dem weiten Ausmaß, in dem sie mittel- oder unmittelbar die Familie berührt; Solidarität der christlichen Familien untereinander; christliche Kultur der Familie. Dieser letztere Gegenstand ist grundlegend; die ersteren beiden wollen zusammenwirken, ihn zu unterstützen und ihn zu fördern.
Zu den verschiedensten Gelegenheiten haben Wir zugunsten der christlichen Familie gesprochen. In den meisten Fällen taten Wir es, um ihr zu helfen oder um andere zu ihrer Hilfe aufzurufen, wenn es darum ging, sie aus schwerster Not zu erretten. Insbesondere taten Wir es, um sie im Kriegsunglück zu unterstützen. Bei weitem waren noch nicht die durch den ersten Weltkrieg verursachten Schäden geheilt, als der zweite, noch furchtbarere Weltkrieg hereinbrach, um sie ins Unermessliche zu steigern. Noch vieler Zeit und vieler Mühen seitens der Menschen und noch größeren göttlichen Beistandes wird es bedürfen, bis die tiefen Wunden, die diese beiden Kriege der Familie zugefügt haben, wirklich vernarbt sind. Ein anderes Übel, das teilweise ebenso von den Kriegszerstörungen herkommt, darüber hinaus aber auch in einer Überbevölkerung oder in verkehrten bzw. selbstsüchtigen Tendenzen seinen Grund hat, ist die Wohnungskrise. Alle diejenigen, die sich mühen, hier Abhilfe zu schaffen, Gesetzgeber, Staatsmänner, Mitglieder sozialer Werke, erfüllen, sei es auch nur indirekt, ein höchstwertiges Apostolat.
Dasselbe gilt für den Kampf gegen die Geißel der Arbeitslosigkeit, für die Sicherstellung eines hinreichenden Familieneinkommens, damit die Mutter, wie es leider häufig der Fall ist, sich nicht gezwungen sieht, außerhalb des Hauses eine Arbeit zu suchen, sondern sich mehr dem Mann und der Familie widmen kann.
Die Arbeit zugunsten der Schule und der religiösen Erziehung bedeutet ebenfalls einen wertvollen Beitrag zum Wohl der Familie, wie auch die Pflege einer gesunden Natürlichkeit und anspruchslosen Lebensart, sowie die Vertiefung religiöser Überzeugungen; ferner im Bereich der Familie einer Atmosphäre christlicher Reinheit Raum zu schaffen, die geeignet ist, die Familie vor den schädlichen äußeren Einflüssen zu schützen und von all jenen krankhaften Erregungen freizuhalten, die in der Seele des Jugendlichen ungeordnete Leidenschaften wecken. Aber es gibt noch eine tiefer greifende Not, von der man die Familie bewahren muss, eine entwürdigende Versklavung: dahin wird die Familie gebracht durch eine Mentalität, die darauf ausgeht, aus ihr lediglich einen Organismus im Dienste der kollektiven Gemeinschaft zu machen, um für diese eine hinreichende Masse von ,Menschenmaterial' zu schaffen. "(9)
Am 23. März 1952, dem "Tag der Familie" der Katholischen Aktion Italiens, sprach der Papst über den Rundfunk: "Über das Wesen des christlichen Gewissens, seine Bedeutung und Stellung innerhalb der christlichen Moral und über die Gewissenserziehung". Diese Ansprache steht inhaltlich der Rede an die Jugend vom 19. April 1952 sehr nahe, in der er wenige Wochen später das Thema der "neuen Moral" weiter ausführt und über die Situationsethik spricht.(10)
"Die Familie ist die Wiege, in der ein neues Leben entsteht und sich entwickelt. Damit es nicht zugrunde geht, bedarf es der Sorge und Erziehung. Dies ist das Grundrecht und die Grundpflicht der Eltern, die Gott ihnen unmittelbar verliehen und auferlegt hat. Inhalt und Ziel der Erziehung in der natürlichen Ordnung ist die Entwicklung des Kindes zu einem vollen Menschen. Inhalt und Ziel der christlichen Erziehung ist die Bildung des neuen, in der Taufe wiedergeborenen menschlichen Wesens zu einem vollkommenen Christen. Diese Pflicht war immer schon Brauch und Stolz der christlichen Familien ... Wir möchten aber auf eine Grundwirklichkeit aufmerksam machen, die die Grundlage und Stütze der Erziehung, besonders der christlichen Erziehung ist, die aber einigen auf den ersten Blick als nebensächlich erscheint. Wir wollen von dem sprechen, was zutiefst und zuinnerst im Menschen ist: sein Gewissen. Wir sind darüber unterrichtet, dass einige Strömungen des modernen Denkens beginnen, den Begriff des Gewissens zu entstellen und seinen Wert anzufechten. Wir wollen also das Gewissen behandeln, insofern es Gegenstand der Erziehung ist ... Um genau zu verstehen, dass das Gewissen erzogen werden kann und muss, ist es von Nutzen, auf einige Grundbegriffe der katholischen Lehre einzugehen. Der göttliche Heiland hat dem unwissenden und schwachen Menschen seine Wahrheit und seine Gnade gebracht. Die Wahrheit, um ihm den Weg zu weisen, der zu seinem Ziele führt, die Gnade, um ihm die Kraft zu geben, dass er dieses Ziel erreichen kann.
Diesen Weg zu durchlaufen, bedeutet in der Praxis, den Willen und die Gebote Christi anzunehmen und nach ihnen das Leben auszurichten, das heißt alle einzelnen Akte, die inneren wie die äußeren, die der freie menschliche Wille erwählt und für die er sich entscheidet. Welches ist nun das Seelenvermögen, das im Einzelfall dem Willen zeigt, welche Akte dem göttlichen Willen gemäß sind, damit der Wille wähle und entscheide, wenn nicht das Gewissen? Es ist also das getreue Echo, der reine Widerhall der göttlichen Norm in den menschlichen Handlungen ... Daraus ergibt sich, dass die Bildung des christlichen Gewissens eines Kindes oder eines Jugendlichen vor allem darin besteht, ihren Geist über den Willen Christi, sein Gesetz und seinen Weg aufzuklären und außerdem auf ihre Gesinnung einzuwirken, soweit sich das von außen her machen lässt, um sie zu einer freien und beständigen Erfüllung des göttlichen Willens anzuleiten. Dies ist die höchste Aufgabe der Erziehung ...
... Wie in der dogmatischen Lehre, so möchte man nun auch in der katholischen Sittenordnung eine radikale Revision vornehmen, um daraus eine neue Wertung abzuleiten. Der erste Schritt, oder besser gesagt, der erste Schlag gegen das Gebäude der christlichen, sittlichen Normen soll darin bestehen, dass man sie loslöst von der, wie man behauptet, beengenden und bedrückenden Überwachung durch die Autorität der Kirche.
Die Moral soll von den Spitzfindigkeiten der kasuistischen Methode befreit, zu ihrer ursprünglichen Form zurückgeführt und einfachhin der Einsicht und der Bestimmung des individuellen Gewissens anheimgestellt werden. Jeder sieht, zu welch unheilvollen Folgen eine solche Umwälzung der eigentlichen Grundlage der Erziehung führen würde. Wir unterlassen es, auf die offenbare Unerfahrenheit und Unreife der Urteile derjenigen hinzuweisen, die derartige Meinungen vertreten. Doch wird es nützlich sein, den Hauptfehler dieser ,neuen Moral' ins Licht zu setzen. Sie stellt jedes sittliche Kriterium dem persönlichen Gewissen anheim, das, stolz in sich verschlossen, der absolute Richter über seine Entscheidungen ist. So ist sie weit entfernt, ihm den Weg zu erleichtern. Sie würde es vielmehr von dem eigentlichen Weg, der da Christus ist, abbringen. Der göttliche Erlöser hat seine Offenbarung, zu der die sittlichen Pflichten als wesentliche Bestandteile gehören, nicht etwa den einzelnen Menschen anvertraut, sondern seiner Kirche, der er den Auftrag gegeben hat, die Menschen zu führen, damit sie in Treue sein heiliges Vermächtnis annehmen ...
Die ,neue Moral' stellt die Behauptung auf, dass die Kirche, statt das Gesetz der menschlichen Freiheit und Liebe zu pflegen und es mit Nachdruck zur treibenden Kraft des sittlichen Lebens zu machen, fast ausschließlich und mit übertriebener Strenge auf der Festigkeit und Unbeugsamkeit der christlichen Sittengesetze besteht und häufig ihre Zuflucht nimmt zu dem: ,Ihr seid verpflichtet' und ,Es ist nicht erlaubt', was doch allzu sehr nach demütigender Pedanterie schmeckt.
Nun will aber die Kirche, und sie hebt es ausdrücklich hervor, wenn es sich um die Bildung des Gewissens handelt, dass der Christ in die unendlichen Reichtümer des Glaubens und der Gnade in überzeugender Form eingeführt werde, so dass er sich angeregt fühlt, tief in sie einzudringen. Die Kirche kann aber nicht darauf verzichten, die Gläubigen zu ermahnen, dass diese Reichtümer nur um den Preis genauer sittlicher Verpflichtungen erworben und bewahrt werden können ... So trifft die Anklage wegen drückender Härte, die die ,neue Moral' gegen die Kirche erhebt, in Wirklichkeit an erster Stelle die anbetungswürdige Person Christi. Im Bewusstsein des Rechtes und der Pflicht des Apostolischen Stuhles, wenn nötig mit Autorität in die sittlichen Fragen einzugreifen, haben Wir es Uns in Unserer Rede vom 29. Oktober des letzten Jahres zur Aufgabe gemacht, die Gewissen über die Probleme des ehelichen Lebens aufzuklären. (11) Mit derselben Autorität erklären Wir heute den Erziehern und der Jugend selbst: Das göttliche Gebot der Reinheit der Seele und des Leibes gilt ohne Abschwächung auch für die heutige Jugend. Auch sie hat die sittliche Pflicht und mit Hilfe der Gnade die Möglichkeit, sich rein zu erhalten. Wir weisen also die Behauptung derer als irrig zurück, die die Niederlagen in den Jahren der Pubertät für unvermeidlich halten, für Dinge, die es nicht verdienen, dass man von ihnen viel Aufhebens macht, als wären sie keine schwere Schuld. Denn gewöhnlich, fügen jene hinzu, hebt die Leidenschaft die Freiheit auf, die für die sittliche Verantwortlichkeit eines Aktes notwendig ist. Im Gegensatz zu dieser Meinung ist es eine verpflichtende und weise Regel, dass der Erzieher nicht versäumt, dem jungen Menschen die hohen Werte der Reinheit darzustellen, um sie dahin zu führen, sie zu lieben und für persönlich erstrebenswert zu halten. Auf alle Fälle sollen die Erzieher klar das Gebot als solches, in seiner ganzen Schwere und Ernsthaftigkeit, als göttliche Anordnung erklären. So werden sie die jungen Menschen anspornen, die nächsten Gelegenheiten zu meiden; der Erzieher wird sie stärken in einem Kampf, dessen Härte er ihnen nicht verheimlichen wird; er wird sie dahin führen, dass sie mutig die Opfer bringen, die die Tugend fordert, und er wird sie ermahnen, auszuhalten und nicht der Gefahr zu erliegen, die Waffen schon im Anfang wegzuwerfen und widerstandslos den verkehrten Gewohnheiten sich zu ergeben.
Noch mehr als auf dem Gebiete des privaten Lebens wollen heute viele die Geltung der Sittengesetze aus dem öffentlichen, wirtschaftlichen und sozialen Leben, aus der Tätigkeit der öffentlichen Gewalten im Innern und Äußeren, im Frieden und im Kriege ausschließen, als wenn Gott dazu nichts, wenigstens nichts unbedingt Verpflichtendes zu sagen hätte. Die Verselbständigung der äußeren menschlichen Tätigkeiten, zum Beispiel der Wissenschaften, der Politik, der Kunst, gegenüber der Moral wird zuweilen in philosophischer Art mit der Autonomie begründet, die ihnen zusteht, sich auf ihrem Gebiet ausschließlich nach den eigenen Gesetzen zu richten, wenn man auch zugibt, dass diese für gewöhnlich mit den sittlichen Gesetzen zusammenfallen ... Die rein theoretische Trennung hat keinen Sinn im Leben, das immer eine Synthese ist. Denn das einzige Subjekt jeder Art von Tätigkeit ist der Mensch selbst, dessen freie und bewusste Akte der sittlichen Bewertung nicht entgehen können ...
Das war es, was Wir euch heute sagen wollten, geliebte Söhne und Töchter, die ihr Uns zuhört ... Erzieht die Gewissen eurer Kinder mit zäher und beharrlicher Sorge. Erzieht sie zur Furcht wie zur Liebe Gottes. Erzieht sie zur Wahrhaftigkeit. Aber seid zuerst selber wahrhaftig und verbannt aus eurer erzieherischen Tätigkeit alles, was nicht echt und wahr ist. Prägt in die Gewissen der jungen Menschen den richtigen Begriff von Freiheit ein, von der wahren Freiheit, wie sie eines Geschöpfes, das nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde, würdig und ihm eigentümlich ist. Sie ist etwas ganz anderes als Auflösung und Zügellosigkeit. Sie ist vielmehr die erprobte Möglichkeit zum Guten, sie ist der Entschluss, es zu wollen und zu vollbringen (vgl. Gal 5, 13). Sie ist die Herrschaft über die eigenen Fähigkeiten, Instinkte und Erlebnisse. Erzieht sie zum Beten und dazu, dass sie aus den Quellen der Buße, der heiligen Eucharistie das schöpfen, was die Natur nicht geben kann: die Kraft, nicht zu fallen, die Kraft, wieder aufzustehen. Schon als junge Menschen sollen sie innewerden, dass sie ohne die Hilfe dieser übernatürlichen Kräfte weder gute Christen noch einfach hin ehrenhafte Menschen zu sein vermögen, denen ein glückliches Leben beschieden ist. Doch so gerüstet, werden sie nach dem Höchsten streben können, werden sie sich der großen Aufgabe hinzugeben vermögen, deren Erfüllung ihr Ruhm sein wird: Christus in ihrem Leben zu verwirklichen."(12)
Möge hier die Mahnung des Heiligen Vaters zum Familiengebet folgen, wie er sie wiederum in einem Schreiben an Kardinal Griffin ausspricht:
"Das mächtigste Gegenmittel gegen die Übel, die die menschliche Gesellschaft in Gefahr bringen, ist das Gebet, zumal das gemeinschaftliche Gebet ... Und welche Form gemeinschaftlichen Gebetes ist einfacher und wirksamer als der Familienrosenkranz, durch den Eltern und Kinder sich in flehentlichem Gebet zum ewigen Vater vereinigen, mittels der Fürsprache ihrer so liebevollen Mutter und in Betrachtung der heiligen Geheimnisse unseres Glaubens. Es gibt kein sichereres Mittel, Gottes Segen auf die Familie herabzuziehen und besonders den häuslichen Frieden und das Glück zu bewahren, als das tägliche Rosenkranzgebet. Abgesehen von seiner fürbittenden Kraft kann der Familienrosenkranz sehr weitreichende Wirkungen haben. Wenn die Gewohnheit dieser frommen Übung den Kindern in jungem und eindrucksfähigem Alter eingeprägt wird, werden sie auch später dem Rosenkranz treu bleiben, und ihr Glaube wird daraus Nahrung und Stärke ziehen. "(13)
Hören wir noch, was Pius XII. in einem Schreiben vom 1. Januar 1954. an die Bischöfe Italiens "Über das Fernsehen", über dessen Bedeutung innerhalb der Familie zu sagen hat. "Wie sollen Wir Uns nicht darüber freuen, dass Wir sehen, wie das Fernsehen dazu beiträgt, das Gleichgewicht wieder herzustellen, indem es der ganzen Familie, fernab von den Gefahren ungesunder Gesellschaften und Orte, eine ehrbare Unterhaltung ermöglicht ... "
Demgegenüber sieht er aber auch eine große Gefahr des Fernsehens für die Familie. "Man kann sich deshalb leicht darüber Rechenschaft geben, wie nahe das Fernsehen vor allem die Erziehung der Jugend und die Gesundheit des Familienheimes angeht. Wenn man nun an den unschätzbaren Wert der Familie denkt, die die Urzelle der Gesellschaft ist, und wenn man darüber nachdenkt, dass in den häuslichen Wänden nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Entwicklung der Kinder ihren Anfang nehmen und sich entwickeln muss, in denen die kostbare Hoffnung der Kirche und des Vaterlandes liegt, dann können Wir es nicht unterlassen, alle diejenigen, die an der Verantwortung für das Fernsehen beteiligt sind, darauf hinzuweisen, dass die Pflichten und Verantwortlichkeiten, die vor Gott und der Gesellschaft auf ihnen liegen, aller schwerster Natur sind. Vor allem ist es Sache der Behörden, jede Vorsorge zu treffen, dass in keiner Weise jene Atmosphäre der Reinheit und Diskretion beleidigt oder getrübt wird, die über dem Heim der Familie liegen muss ... Vor Unserem Geiste steht ununterbrochen das traurige Bild der verderblichen und umstürzenden Macht der Filmschauspiele. Aber wie sollte man nicht erschrecken bei dem Gedanken, dass mittels des Fernsehens jene vergiftete Atmosphäre des Materialismus, der Oberflächlichkeit und des Hedonismus, die man allzu oft in so vielen Kinosälen einatmet, in die Wände des Hauses eindringen kann? Man könnte sich wirklich kein größeres Unglück für die geistigen Kräfte des Volkes vorstellen, als wenn sich diese eindrucksmächtigen Darstellungen von Vergnügen, Leidenschaft und Sünde, die ein für allemal das Gefüge von Reinheit, Güte und gesunder persönlicher und sozialer Erziehung erschüttern und ruinieren können, im Schoß der Familie vor so vielen unschuldigen Seelen wiederholen würden."(14)
Pius XII. fordert darum die verantwortliche Behörde zur Überwachung auf und verlangt katholische Mitarbeit am Fernsehen, gemäß seinem Grundsatz, dass alle Fortschritte der Technik für die "Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden" nutzbar gemacht werden sollen.
Im Juni 1954 fand zum ersten Male eine Gemeinschaftssendung der verschiedenen europäischen Fernsehstationen statt, an der auch der Vatikansender teilnahm und Papst Pius XII. am Pfingstsonntag, den 6. Juni, in fünf Sprachen selbst vor der Fernsehkamera über die Bedeutung des Fernsehens sprach:
" ... Das Fernsehen hat es auf die interessantesten Vorfälle des menschlichen Lebens abgesehen, und zwar gerade in dem Augenblick, da sie sich ereignen. Handle es sich nun um wissenschaftliche, künstlerische oder sportliche Ereignisse, um technische Bereiche oder soziale Belange: heute will jeder sofort unterrichtet werden, sozusagen daran teilnehmen und selber Augenzeuge sein. Der Wille, nur hochstehende Programme zu gestalten, nötigt zur Zusammenarbeit: dadurch werden die Lasten verteilt und das Bearbeitungsgebiet erweitert." [Aus dem französischen Abschnitt.]
" ... Kaum hat sich indes die weittragende Bedeutung dieses Werkzeuges zur Verbreitung von Kenntnissen und Wissen gezeigt, als sich schon gleich ein heikles Problem zu Wort meldet: Wie steht es um den sittlichen Wert der zum Teil neuen Welt, die das Fernsehen noch viel umfassender und anziehender eröffnet als Radio und Film? Ist es nicht möglich, dass sich neben Bestem auch anderes findet, das ein sittsames Empfinden verletzt? Ist es deshalb nicht doch wohl die erste und selbstverständliche Pflicht der Fernsehunternehmen wie der Zuschauer, eine umsichtige und passende Auswahl zu treffen? Der Gesellschaftskörper von heute weist bereits zu viele offene Wunden auf, die ihm die zersetzende Tätigkeit einer bestimmten Art von Presse, Film und Radio geschlagen hat. Wird vielleicht das neue, noch wirksamere Mittel das Übel nur verschlimmern, oder wird man von Anfang an sich bereit finden, etwas wirklich Aufbauendes und echt Gesundes zu schaffen? Die Sorge um den nötigen Absatz verleitet die Unternehmen oft zur Verbreitung von Unterhaltungsstoff und Stücken, die auf die minder edlen menschlichen Instinkte abgestimmt sind und ihnen schmeicheln. Es genügt nicht, die Folgen eines solchen Übels, besonders die diesseitstrunkene, selbstische Vergnügungssucht mit dem verschlossenen, harten Herzen gegenüber der Not und den Wünschen der Mitmenschen zu beklagen. Man muss in geeigneter Weise vorbeugen. Will die Television ihre glänzenden Versprechungen halten, so möge sie sich hüten, sich der billigen Künste zu bedienen, die nicht weniger dem guten Geschmack als dem sittlichen Empfinden so sehr widersprechen; sie möge davon Abstand nehmen, sich auf die unnatürlichen Erzeugnisse eines kranken Zeitgeistes einzulassen; es sei ihr vielmehr darum zu tun, die wahre Schönheit zur Anerkennung zu bringen und alles, was die Menschheitskultur und besonders die christliche Religion an Gesundem, Hohem und Bestem hervorgebracht hat und hervorbringt." [Aus dem deutschen Abschnitt.]
"Das Fernsehen kann Bilder vom tiefsten Trachten und Sehnen der Menschen auf den Bildschirm bannen: Bilder menschlicher Verbrüderung, Bilder von Gerechtigkeit und Frieden, Bilder von Familien- und Heimatliebe. Wir denken jetzt vor allem auch an euch, die ihr durch Krankheit oder Gebrechen ans Haus gefesselt seid und darum mehr als die anderen das Bedürfnis empfindet, im Geiste den heiligen Handlungen zu folgen und so euer Gebet mit jenem der Kirche zu vereinen. Euch versetzt nun das Fernsehen noch besser als das Radio ins Heiligtum. Möge diese europäische Gemeinschaftssendung Symbol und Versprechen sein - Symbol der Eintracht unter den Nationen: man kann sich so besser verstehen lernen, die Schönheiten anderer Länder und Kulturschätze kosten. So können Vorurteile zu Fall gebracht werden." [Aus dem englischen Abschnitt.] ... (15)
Im Oktober 1955 fand in Rom ein Kongress der europäischen Union des Fernsehens statt. Bei einer Audienz der Teilnehmer hielt der Papst am 21. Oktober eine Ansprache über die Bedeutung des Fernsehens für die christliche Familie: " ... Das Fernsehen dringt schon überall hin und wird immer mehr verbreitet werden: in den öffentlichen Lokalen wie in der Geborgenheit der Familie, so dass sich jeder daran in Ruhe und mit Sammlung erfreuen kann. Das Gute wie das Böse, das jetzt oder später durch die Fernsehübertragungen verbreitet wird, ist jedoch weder vorauszusehen noch zu berechnen. Vermeidet daher streng, dass es dazu dient, den Irrtum und das Böse zu übertragen, sondern macht das Fernsehen im Gegenteil zu einem Werkzeug der Unterrichtung, der Bildung und Veredlung ... Das Fernsehen kann als wirksames Mittel dazu beitragen, die Familie um den häuslichen Tisch zu versammeln, jedoch ohne deshalb auch imstande zu sein, andere unentbehrliche Mittel geistiger und moralischer Art zu ersetzen, die die Bande der Liebe und Treue innerhalb der häuslichen Gemeinschaft schaffen und stärken. Aber niemand wird das verkennen, die Unterhaltung - wie man sie heute kennt - hat für den Familienkreis oft schädliche Folgen. Und der wird sich ein großes Verdienst erwerben, der es erreicht, groß und klein mehr im Hause zu halten, ohne deshalb zu verlangen, dass man auf die zustehende und notwendige Entspannung verzichtet.
Das vom Fernsehen dargebotene Schauspiel kann in diesem Sinne wirken, indem es die ganze Familie um einen Apparat versammelt; aber damit ein solches Versammeltsein auch einen aufbauenden Wert haben kann, müssen sich die Programmgestalter immer mehr um eine künstlerische Höhe bemühen, mit der Ehrerbietung selbstverständlich, die der menschlichen und christlichen Moral zukommt. Man darf nicht vergessen, die Möglichkeiten derartiger Sendungen zu erwägen, die immer mehr gefördert werden sollten, um eine größere Zahl von Zuschauern zu erreichen. Bemüht euch also, die Hindernisse ökonomischer und juristischer Art, die der Verbreitung eines so wohltätigen Mittels im Wege stehen, zu beseitigen. Prüft aufmerksam alle juristischen, technischen und verwaltungsmäßigen Möglichkeiten, welche die Verbreitung fördern. Seht jedoch zunächst auf die moralischen Ziele des wahren Gutes der Menschen und Familien.
Das Fernsehen wird es auch möglich machen, dass alle, die verhindert sind, persönlich anwesend zu sein, dennoch in stärkerem Maße an den religiösen Kundgebungen teilnehmen können. Die Übertragung der liturgischen Zeremonien, die Veranschaulichung der Glaubenswahrheiten, die Darstellung der Meisterwerke der geistlichen Kunst und vieles andere werden das Wort Gottes in die Häuser, in die Hospitäler, in die Gefängnisse und in die von den großen Zentren am weitesten entfernten Orte tragen. Wolle Gott, dass bald der Tag anbricht, an dem das Evangelium die heidnischen Völker durch dieses bewundernswerte Instrument des Fernsehens leichter erreicht "(16)
Zur Feier des 60. Jahrestages der Erfindung der drahtlosen Telegraphie gedachte Papst Pius XII. in einer Radioansprache am 11. Oktober 1955 der Erfindung Marconis und sprach seine Bewunderung für die Fortschritte, die die Wissenschaft der drahtlosen Telegraphie in den letzten Jahrzehnten machte, aus. Der Papst hebt in dieser Rede die Bedeutung der Radiotelegraphie für die Verbreitung des Evangeliums heraus: " ... Jedes einzelne Gebiet der Technik ist dazu bestimmt und geeignet, mehr oder weniger direkt einen hohen Dienst zu leisten. Aber das Nachrichtenwesen und besonders der Rundfunk haben das Vorrecht, als Werkzeuge selbst der Botschaft Christi angewandt werden zu können. Die Botschaft Christi durch den Äther oder durch die unter den Ozeanen herführenden Kabel! Welch ein Privileg und welche Verantwortung für die Menschen unseres Jahrhunderts! Und welcher Unterschied zwischen den früheren Tagen, in denen die Unterweisung in der Wahrheit, das Gebot der Brüderlichkeit, die Verheißung der ewigen Glückseligkeit dem langsamen Schritt der Apostel auf den rauen Pfaden der alten Welt folgen mussten, und heute, wo der Ruf Gottes im gleichen Augenblick Millionen Menschen erreichen kann! Möge in diesem dichten Netz der menschlichen Reden, die den Raum in jeder Richtung durchqueren, die ewige und heilbringende Sprache des Evangeliums die erste Stelle einnehmen, die einzige Sprache, die von der Gnade bereichert, die Vereinigung der Seelen unter einem höheren Gesetz der Liebe und der Gerechtigkeit und im Licht der lebendigen Hoffnung bewirken kann. Das ist der Wunsch, den Wir bei dem heutigen erfreulichen Anlass zum Abschluss dieser Feierstunde aussprechen wollen, indem Wir Uns an euch wenden, die ihr die Wege, die euch von den großen Genien eröffnet wurden, fortführt, indem ihr ihnen nacheifert. Widmet eure Anstrengungen der Vergrößerung und der Vervollkommnung der gegenseitigen Berührungspunkte zwischen den Menschen aller Nationen. Wie nun Unsere Worte, die aus einem tiefen Herzen voller Liebe und Gebet entspringen, zu euch auf den Flügeln der Wellen, die ihr selbst Uns zur Verfügung stellt, gelangen, so möge euch aus der Höhe des Himmels jener Ansporn und jene Belohnung für euer Werk, die Fülle der göttlichen Gnaden, erreichen. "(17)
Aus mehreren Ansprachen konnten wir ersehen, wie wichtig Papst Pius XII. die Einstellung der Katholiken zum Film erscheint. Die bange Frage, wie die erstaunliche Entwicklung der Filmkunst sich besonders auf die Jugend auswirken muss, veranlasste den Heiligen Vater, sich voller Sorge mit dem Filmproblem ausgiebig zu beschäftigen, um nicht nur mahnend, sondern zugleich auch beratend einwirken zu können. Darum nahm der Papst im Jahre 1955 bei zwei großen Veranstaltungen die Gelegenheit wahr, über den idealen Film zu sprechen. Im Juni 1955 trat in Rom der Internationale Kongress der Filmproduktionsgesellschaft "Titanus" zusammen. Bei einer Audienz für Vertreter der italienischen Filmkonzerne gab Pius XII. am 21. Juni den ersten Teil seiner großangelegten Ausführungen über den idealen Film bekannt. Vor denselben Zuhörern erfolgte am 29. Oktober der zweite Teil des gleichen Themas. Es handelt sich in beiden Fällen um große Ansprachen, denen nicht nur die Filmproduzenten, sondern auch bekannte Regisseure und Schauspieler beiwohnten.
Hier folgen aus beiden Reden nur kurze Auszüge:
" ... Da man sich der eindringlichen Macht des Films bewusst wurde, und in Anbetracht seines großen Einflusses auf die breiten Volksschichten und selbst auf Sitte und Moral hat das Filmschaffen die Aufmerksamkeit sowohl der zuständigen bürgerlichen und kirchlichen Autoritäten wie die der Allgemeinheit und derer, die über ein unbefangenes Urteil und einen angeborenen Sinn für Verantwortlichkeit verfügen, auf sich gezogen. Und in der Tat, wie sollte man auch ein an sich edles Mittel, das jedoch die Macht hat, die Herzen ebenso zu erheben wie herabzuziehen, einfach sich selbst überlassen oder nur vom wirtschaftlichen Vorteil abhängig machen, ein Mittel, das so geeignet ist, Gutes zu vermitteln, aber auch Böses zu verbreiten?
Die Wachsamkeit und das Eingreifen der öffentlichen Stellen, die durch das Recht, das gemeinsame bürgerliche und sittliche Erbe zu schützen, durchaus gerechtfertigt sind, manifestieren sich in verschiedenen Formen: durch die bürgerliche und kirchliche Filmzensur und, wenn nötig, ein Filmverbot; durch die Listen der Filme, die von geeigneten Prüfungskommissionen veröffentlicht werden, die sie nach Verdienst qualifizieren und die dem Publikum zur Kenntnisnahme und Richtschnur vorgelegt werden ...
Wenn also das bürgerliche und sittliche Erbe des Volkes und der Familien mit sicherer Wirkung geschützt werden soll, so ist es nur recht und billig, dass die öffentliche Autorität pflichtgemäß eingreift, um die schädlichsten Einflüsse zu verhindern oder einzudämmen ... "
Der Papst gibt dann für das Thema drei Gesichtspunkte an:
"1. in Bezug auf das Subjekt, das heißt, auf die Zuschauer, für die der Film bestimmt ist;
2. in Bezug auf das Objekt, das heißt, auf den Gehalt des Films selber;
3. in Bezug auf die Gemeinschaft, auf die, wie Wir schon sagten, der Film einen ganz besonderen Einfluss ausübt. "
Aus den Worten des Papstes zum ersten Gesichtspunkt:
" ... Das erste Merkmal, das in dieser Hinsicht den idealen Film auszeichnen muss, ist die Hochachtung vor dem Menschen. Es existiert in der Tat kein Motiv, das ihn der allgemeinen Norm entziehen könnte, nach der jeder, der mit Menschen umgeht, Hochachtung vor dem Menschen haben muss .
... Da das Filmschauspiel, wie Wir bereits bemerkt haben, die Macht hat, das Herz des Zuschauers zum Guten oder zum Bösen zu leiten, werden Wir nur den Film ideal nennen, der nicht nur das, was Wir oben beschrieben haben, nicht beleidigt, sondern es mit Ehrfurcht behandelt. Ja, nicht einmal das genügt! Wir müssen sagen: der den Menschen, zum Bewusstsein seiner Würde stärkt und erhebt; der ihn den hohen Rang, in den er vom Schöpfer durch seine Natur eingesetzt worden ist, besser kennen lehrt; der ihm die Möglichkeit aufzeigt, in sich die Gaben der Energie und Tugend, über die er verfügt, zur Entfaltung zu bringen; der in ihm die Überzeugung stärkt, dass er die Hindernisse überwinden und falsche Entschlüsse vermeiden kann, dass er sich immer vom Fall wieder aufrichten und auf den rechten Weg zurückkehren kann; kurz: dass er vom Guten zum Besseren durch den Gebrauch seiner Freiheit und seiner Fähigkeiten fortschreiten kann ... Der ideale Film muss dem Zuschauer zeigen, dass er alle diese Dinge weiß, versteht und richtig wertet; aber er muss es dem Kinde zeigen, wie es für das Kind passt, dem jungen Menschen in einer diesem verständlichen Sprache, dem reifen Mann, wie es ihm zukommt, das heißt, er muss jeweils die eigentümliche Art, zu erkennen und die Dinge zu betrachten, übernehmen. Aber das Verständnis für die Menschen im allgemeinen genügt nicht, wenn der Film sich an einen bestimmten Beruf oder bestimmte Verhältnisse wendet; dann braucht er außerdem noch das besondere Verständnis der eigentümlichen Charaktere der verschiedenen sozialen Zustände. Der Film muss dem, der ihn sieht und hört, das Gefühl der Wirklichkeit vermitteln, doch einer Wirklichkeit, die mit den Augen dessen gesehen wird, der sie besser versteht, und mit dem Willen dessen behandelt wird, der sich gleichsam brüderlich neben den Zuschauer stellt, um ihm gegebenenfalls zu helfen und ihn zu trösten ...
Zu der Hochachtung und dem Verständnis muss noch die Erfüllung der Versprechen und die Befriedigung der Wünsche hinzukommen, die vielleicht von Anfang an angeboten und angeregt worden sind; ja, im allgemeinen sind die Millionen von Menschen, die zum Film kommen, von der ungewissen Hoffnung erfüllt, dort eine Stillung ihrer geheimsten unklaren Sehnsucht und innersten Erwartungen zu finden: in der Öde ihres Lebens flüchten sie ins Kino wie zu einem Zauberer, der alles durch die Berührung seines Zauberstabes verwandeln kann. Der ideale Film muss daher der Erwartung entgegenkommen und nicht irgendeine beliebige, sondern eine vollkommene Befriedigung bieten; und zwar nicht jeder beliebigen Hoffnungen, auch der falschen und unvernünftigen (die unerlaubten und unsittlichen kommen hier überhaupt nicht in Betracht), sondern derer, die der Zuschauer mit gutem Recht hegt.
In der einen oder anderen Form sind die Erwartungen bald die einer Beruhigung, bald die einer Belehrung oder einer Freude, eines Trostes oder einer Rührung; manche sind tiefer, andere oberflächlicher. Der Film antwortet bald auf die eine, bald auf die andere Forderung, oder er beantwortet auch mehrere zugleich ... "(18)
Aus den Worten des Papstes zum zweiten Gesichtspunkt:
" ... Da der Film den Menschen angeht, wird er inhaltlich ideal sein, wenn er sich vollkommen und harmonisch den ursprünglichen und wesentlichen Bedürfnissen des Menschen anpasst. Es sind im Grunde drei: die Wahrheit, die Güte und die Schönheit. In ihnen scheint, gebrochen durch das Prisma der Erkenntnis, das grenzenlose Reich des Seins auf, das sich jenseits des Menschen ausdehnt und an dem sie ihm fortschreitend Anteil gewähren, am Sein selbst ...
Es ist klar, dass der Inhalt oder vielmehr die Wahl des Themas, das so treu wie möglich den Wert und die Schönheit des Wirklichen widerspiegeln soll, bei der Schaffung des idealen Films von grundlegender Bedeutung ist. Aber ebenso erkennen die Fachleute an, dass nicht jede Wahl möglich ist, da sich ihr nicht selten praktische Hindernisse entgegenstellen, die den Künstlern auf der Schwelle zum Ideal Halt gebieten, so etwa die innere Unmöglichkeit, gewisse Wahrheiten, Werte und Schönheiten sichtbar zu machen. Der Film kann nicht beanspruchen, noch darf er es wagen, Gegenstände aufzugreifen, die sich der Macht des Objektiven entziehen, die sich nicht in Bildern wiedergeben lassen und sich jeder darstellenden Deutung widersetzen, sei es aus technischen und künstlerischen Gründen oder aus anderen Rücksichten, zum Beispiel aus sozialem und natürlichem Taktgefühl, aus Ehrfurcht und Pietät oder auch aus Klugheit und aus Gründen der Sicherheit von Menschenleben. Trotz dieser teils inneren, teils praktischen Beschränkungen bleibt ein weites und reiches, verheißungsvolles und reizvolles Feld von Themen übrig, welches der drei Elemente im einzelnen Film auch jeweils vorherrschen mag ... "
Vom Lehrfilm sagt der Papst unter anderem:
"... Wenn man aber den Kulturdurst in Rechnung stellt, den das Publikum zeigt und zu seinem Bedauern oft nicht stillen kann, dann ist diese Art von Filmen, eine ideale Perfektion vorausgesetzt, guter Aufnahme sicher. Ihre Entwicklung und Verbreitung würde den kulturellen Fortschritt vorteilhaft beeinflussen ...
Der Film kann mit vollen Händen aus ihrem dreifachen Reichtum schöpfen und dank seiner technischen Mittel die sinnreichen Wege der Schöpfung durcheilen, die uns die physikalischen und biologischen Wissenschaften erschlossen haben, seien es die unermesslichen Bereiche der Himmel, seien es die innersten Winkel des Mikrokosmos ...
Ebenso reizvoll und belehrend können andere Filme den Menschen selbst darstellen. Sein organischer Aufbau, der Ablauf der Funktionen, die therapeutischen und chirurgischen Maßnahmen zu seiner Gesundung sind Gegenstand hohen Interesses ... "
Vom religiösen Film hören wir unter anderem:
"Die erste [Frage] lautet: Ist es gestattet, religiöse Gegenstände zum Stoff eines Spielfilms zu machen?
Darauf ist zu antworten: Es ist nicht einzusehen, warum solche Gegenstände allgemein und grundsätzlich ausgeschlossen sein sollten, um so mehr, als die Erfahrung auf diesem Gebiet einige gute Ergebnisse in Filmen streng religiösen Inhaltes gezeitigt hat.
Selbst wenn das Religiöse nicht eigentlich das Thema bildet, sollte der ideale Spielfilm das religiöse Element nicht gänzlich unbeachtet lassen. Es ist tatsächlich festgestellt worden, dass auch sittlich einwandfreie Filme seelischen Schaden anrichten können, wenn sie dem Zuschauer eine Welt darbieten, in der weder Gott erwähnt wird noch die Menschen, die an ihn glauben und ihn verehren; eine Welt, in der die Menschen leben und sterben, wie wenn Gott nicht existierte. Es kann in einem Film manchmal ein kurzer Augenblick genügen, ein Wort über Gott, ein Gedanke an ihn, ein Hauch von Vertrauen zu ihm, ein Ruf nach göttlicher Hilfe. Die große Mehrheit des Volkes glaubt an Gott, und in ihrem Leben spielt das religiöse Empfinden eine beachtliche Rolle. Nichts ist deshalb natürlicher und angemessener, als dass man dem im Film gebührend Rechnung trägt. Andererseits muss man anerkennen, dass nicht jedes religiöse Geschehen oder Phänomen auf die Leinwand übertragbar ist, sei es wegen der inneren Unmöglichkeit szenischer Darstellung, sei es, dass das religiöse Empfinden und die Ehrfurcht das verbieten. Außerdem bereitet der religiöse Gegenstand den Autoren und Schauspielern oft besondere Schwierigkeiten, deren hauptsächlichste vielleicht darin besteht, jede Spur des Gekünstelten und Gemachten, jeden Eindruck des mechanisch Gelernten zu vermeiden; denn die wahre Religiösität ist ja an und für sich der äußeren Schaustellung abhold und lässt sich nicht leicht ,aufsagen' .
... In jedem Falle, ob es sich nun um Lehrfilme handelt oder ob man dem Zuschauer die Dramatik des Gegensatzes zwischen zwei Leben vorführen will, die religiös in verschiedener Richtung verlaufen, bedarf es eines sehr großen, feinen und tiefen religiösen Empfindens und menschlichen Taktgefühls, um nicht anzugreifen und zu entweihen, was den Menschen heilig ist, auch wenn es sich um objektiv irrige Gedanken und Gefühle handelt ... "
Aus den Worten des Papstes zum dritten Gesichtspunkt:
Film und Familie:
" ... Die Familie! In der Einteilung Unserer Gedanken geben Wir der Familie den Vorrang, schon deshalb, weil sie ja häufig gerufen wird, an den Filmvorstellungen teilzunehmen und weil sie aus ihnen nicht immer ohne Schmälerungen ihrer hohen und heiligen Würde hervorgeht .
... Doch viel mehr als früher haben die heutige Verwirrung der Geister und die häufigen Ärgernisse viele Menschen verleitet, die unermesslichen Werte der Familie zu unterschätzen. Deshalb wird ihr Lob leicht mit einem Lächeln aufgenommen, das von Skepsis und Ironie angehaucht ist.
... Es ist sicherlich bedauerlich, dass manche Filme sich dem skeptischen Spott über die Überlieferung der Familie, der Hervorhebung ihrer tatsächlichen Verirrungen und vor allem der wohl gezielten und frivolen Herabsetzung der Würde von Gatten und Eltern anpassen .
... Der Film, der Tag für Tag diesem Gegenstand so großes und wirkungsvolles Interesse entgegenbringt, müsste es zu seiner eigensten Aufgabe machen und sie auch erfüllen, den naturgerechten und menschlich edlen Begriff der Familie herauszustellen und zu verbreiten. Er müsste das Glück der Gatten, Eltern und Kinder beschreiben und die Werte, die in der Vereinigung durch das Band der Zuneigung liegen, in Ruhe und Kampf, in Freude und Opfer.
All das kann man ohne viele Worte erreichen, wenn man geeignete Bilder zeigt und anziehende Schicksale: einen Mann von festem Charakter, der das tut, was seine Pflicht ist, der etwas wagt und kämpft, der es auch versteht, etwas zu ertragen und zu warten, männlich und fest zu handeln und gleichzeitig unerschütterliche Treue zu halten und zu beweisen, lautere Gattenliebe, beständige Vatersorge; eine Frau im edelsten und würdigsten Sinn dieses Wortes, untadelige Gattin und Mutter, aufgeschlossen, voll Geschick in der Familie und außerhalb und gleichzeitig voll Hingabe an das Heim und seine Intimität, weil sie dort ihr ganzes Glück zu finden weiß; dann wieder Kinder voll Ehrfurcht gegen die Eltern, begeistert für ihre Ideale, erfüllt vom ernsten Streben nach dem Besten, immer frisch und jugendlich, aber doch auch dienstbereit, edelmütig und tapfer. Ein Spielfilm, der all das in interessantem und lebendigem Ablauf und in vollendeter künstlerischer Form darstellt, was von den Sachverständigen nichts Unmögliches verlangt, ein solcher Film würde in Hinsicht auf das Gemeinwohl im vollen und wirklichen Sinne des Wortes ideal sein ... "(19)
Im Vordergrund der Sorgen des Heiligen Vaters steht die bange Frage, wohin die bestürzende Entwicklung der Atomenergie geht. Die Gefahr der Atomwaffen wird heute von allen denkenden Menschen angstvoll erkannt; erschütternd ist die Unsicherheit von Menschen und Nationen. Wie viel mehr belastet die drohende Katastrophe den Vater der Christenheit, der so unbestechlich klar sieht, aber nur durch seine Autorität, durch sein mahnendes und ratendes Wort helfen kann. Es ist ihm unmöglich, in den Machtbereich der Staaten einzugreifen, um so mehr macht er von der ihm verbleibenden Möglichkeit des Wortes Gebrauch. Sein hohes Ziel, alle Staatsmänner zusammenzuführen, um gemeinsam ein Weiterbauen und eine Weiterentwicklung der Atomwaffen zu verhindern, ist ihm nur durch den stetigen Beweis seiner vermittelnden Hilfsbereitschaft möglich. Die helfende Hand zu ergreifen, das liegt bei den verantwortlichen Staatsmännern.
Im Jahre 1955 widmet der Papst dem Atomproblem in zwei Ansprachen an die Welt seine Aufmerksamkeit: in der Osterbotschaft und in der Weihnachtsbotschaft. Die Gedankengänge und Mahnungen finden in der Osterbotschaft 19)6 ihre Fortsetzung.
In der Osterbotschaft 1955, die er am 10. April den Menschen auf dem Petersplatz und darüber hinaus der ganzen Welt zurief, führt Pius XII. aus:
" ... Wir bitten den allmächtigen Gott, er wolle eine Arbeit erleuchten und lenken, die imstande ist, über den wissenschaftlichen Nutzen hinaus höchsten menschlichen und sittlichen Nutzen zu bringen. Zugleich aber flehen Wir ihn an, zu verhindern, dass ein so starkes und hoch zielendes Bemühen sich in eine dämonische Gewalt umwandelt, die alles vernichten würde.
Mit der gleichen Zuversicht und Erwartung verfolgen Wir die vielen Untersuchungen, die dahin gehen, die Wirkungen zu studieren, welche die zahlreichen heute zur Verfügung stehenden Arten von Strahlungen auf das pflanzliche Leben ausüben, auf seine Entwicklung, auf seine Früchte und auf die Möglichkeit seiner Haltbarmachung, die dazu beitragen können, die Ernährungsfrage zu lösen, die so entscheidend im Leben der Menschheit ist. Auch für sie bitten Wir Gott um jenen fürsorgenden Beistand, ohne den es keine Hoffnung für menschliches Mühen gibt.
Im Hinblick jedoch auf das, was die Forschung im sorgsam gehüteten Bereich des Lebens zu tun vermag, müssen Wir noch einmal auf die Gefahren hinweisen, welche die Genetik als möglich aufzeigt, wenn das Geheimnis, das allem Leben zugrunde liegt, durch unvorsichtige Eingriffe oder durch eine gewaltsame Veränderung seiner Daseinsbedingungen angetastet wird, z. B. durch Wirkstoffe, wie eine gesteigerte Radioaktivität, der gegenüber die Schwelle biologischer Verträglichkeit noch unbekannt ist. Die grauenhaften Missgeburten und, schlimmer noch, die verborgenen Traumata, die den Erbfaktoren zugefügt werden, wären übrigens als Zeichen der Empörung der Natur gegen solche Vergewaltigungen aufzufassen."(20)
In der Weihnachtsbotschaft 1955 sagt Pius XII.:
" ... Dieser Gedanke führt Uns von selbst zu der immer akuten Frage des Friedens, der die ständige Sorge Unseres Herzens bildet. Ein Teilproblem dieser Frage verlangt in diesem Augenblick besondere Beachtung. Wir meinen einen kürzlich gemachten Vorschlag, der darauf abzielt, durch internationale Abmachungen die Versuche mit Kernwaffen einzustellen. Man hat auch davon gesprochen, durch weitere Schritte zu Konventionen zu kommen, kraft deren auf den Gebrauch dieser Waffen verzichtet und alle Staaten einer echten Rüstungskontrolle unterworfen werden sollen. Es würde sich also um drei Maßnahmen handeln: Verzicht auf die Experimente mit Kernwaffen, Verzicht auf die Verwendung solcher Waffen, allgemeine Rüstungskontrolle.
Die äußerste Wichtigkeit dieser Vorschläge erscheint in tragischem Licht, wenn man in Betracht zieht, was die Wissenschaft über so schwerwiegende Geschehnisse zu sagen können glaubt; Wir halten es für nützlich, das hier kurz zu wiederholen.
Was die Experimente mit Atomexplosionen betrifft, so scheint es, dass die Meinung derjenigen immer mehr Anhang findet, die besorgt sind wegen der Folgen, die ihr häufigeres Stattfinden haben könnte. Es könnte mit der Zeit tatsächlich eine Anhäufung von radioaktiven Produkten in der Atmosphäre bewirken, deren Verteilung von Ursachen abhängt, die sich menschlicher Macht entziehen, und so könnten für das Leben zahlloser Lebewesen sehr gefährliche Verhältnisse entstehen.
Was die Verwendung betrifft: Eine Kernexplosion entwickelt in äußerst kurzer Zeit eine ungeheure Energiemenge, gleich mehreren Milliarden Kilowatt; sie besteht aus Strahlungen elektromagnetischer Natur von höchster Dichte, die sich auf eine weite Ausdehnung von Wellenlängen bis zu den durchdringendsten Strahlen erstreckt, und aus fast mit Lichtgeschwindigkeit herausgeschleuderten Korpuskeln, die aus Kernzerfallsprozessen stammen. Diese Energie teilt sich der Atmosphäre mit, und im Nu von Tausendstelsekunden steigert sie die Temperatur der umgebenden Luftmassen um Hunderte von Graden. Das bewirkt deren gewaltsame Fortbewegung, die sich mit Lautgeschwindigkeit vollzieht. Auf der Erdoberfläche finden in einer Ausdehnung von vielen Quadratkilometern Prozesse von unvorstellbarer Gewaltsamkeit statt, mit Pulverisierung von Materialien und völliger Zerstörung durch direkte Strahleneinwirkung, Hitze, mechanische Einwirkung, während eine ungeheure Menge von radioaktiven Materialien verschiedener mittlerer Lebensdauer mit ihrer Aktivität die Vernichtung vollenden und fortsetzen.
Das ist also das Schauspiel, das sich dem entsetzten Blick als Folge dieser Anwendung bieten würde: ganze Städte, auch die an Geschichte und Kunst reichsten und größten, vernichtet; eine schwarze Todeswolke über der pulverisierten Materie, die unzählige Opfer mit verbrannten, verrenkten, zerstreuten Gliedern bedeckt, während andere im Todeskampf stöhnen. Inzwischen hindert das Gespenst der radioaktiven Wolke jede barmherzige Hilfe der Überlebenden und rückt unerbittlich vorwärts, um das übriggebliebene Leben zu vernichten. Es wird kein Siegesgeschrei geben, sondern nur die untröstliche Klage der Menschheit, die trostlos die durch den eigenen Wahnsinn erzeugte Katastrophe betrachtet.
Was die Kontrolle betrifft: Man hat Kontrollen durch speziell geeignete Flugzeuge zur Überwachung weiter Gebiete in Hinsicht auf Atomexplosionen vorgeschlagen. Andere können vielleicht an die Möglichkeit eines weltweiten Netzes von Beobachtungszentren denken, deren jedes von Gelehrten aus verschiedenen Ländern unterhalten und durch feierliche internationale Verpflichtungen gesichert wäre. Solche Zentren müssten mit wertvollen, genauen meteorologischen und seismographischen Beobachtungsinstrumenten, Instrumenten zur chemischen Analyse, Massenspektrographie und dergleichen ausgerüstet werden und würden eine wirkliche Kontrolle über zahlreiche Betätigungen - wenn auch leider nicht über alle ermöglichen, die vorher auf dem Gebiet der Experimente mit Atomexplosionen verboten worden sein müssten.
Wir zögern nicht, auch im Sinne Unserer früheren Ansprachen, zu bestätigen, dass diese drei Maßnahmen zusammen als Gegenstand internationaler Verständigung eine Gewissenspflicht der Völker und ihrer Regierungen darstellen. Wir haben gesagt: diese drei Maßnahmen zusammen, denn ein Motiv ihrer moralischen Verpflichtung ist auch die Herstellung gleicher Sicherheit für alle Völker. Wenn dagegen nur der erste Punkt zur Ausführung käme, ergäbe sich eine Sachlage, die diese Bedingung nicht erfüllen würde, um so mehr als man dann berechtigten Grund hätte, daran zu zweifeln, dass man wirklich auch zum Abschluss der anderen beiden Konventionen kommen wolle. Wir sprechen so offen, weil die Gefahr ungenügender Vorschläge in der Frage des Friedens zum großen Teil von dem gegenseitigen Misstrauen abhängt, das häufig die Beziehungen zwischen den interessierten Mächten trübt, die sich gegenseitig, wenn auch in verschiedenem Maße, bloßer Taktik, ja mangelnder Loyalität anklagen bei einer Sache, die für das Schicksal des gesamten Menschengeschlechtes grundlegend ist ... "(21)
In der Osterbotschaft 1956 sagt Papst Pius XII. :
" ... Und doch ist allen bekannt, wie einige schnelle und mächtige Erfolge der menschlichen Entdeckungen tatsächlich Angst und Sorge im Menschen hervorrufen können, da sie sein individuelles wie sein Gemeinschaftsleben schweren Gefahren aussetzen; man braucht nur zu bedenken, was eben bei der Anwendung der Kernenergien geschieht, von der man so viel redet, über die so viel geforscht wird, von der man so viel erhofft und fürchtet.
Der Gebrauch dieser gewaltigen Energie zu friedlichen Zwecken bildet den Gegenstand ständiger sorgsamer Forschungen, zu denen Unsere Segenswünsche zugleich mit der Zustimmung und dem Beifall jeder aufrichtigen Seele und jedes zivilisierten Volkes hingehen. Ihre Benutzung zu Transportzwecken, die den Austausch der Rohstoffe zur Verteilung an alle Mitglieder der großen Menschheitsfamilie erheblich erleichtern und beschleunigen werden; die Anwendung der radioaktiven Isotopen zur Erkenntnis biologischer Fakten, zur Heilung schwerer Krankheiten, in der Technik besonderer industrieller Vorgänge; die Energieproduktion in den Atomzentralen: das alles eröffnet der Geschichte des Menschengeschlechtes neue und wunderbare Horizonte. Doch jedermann weiß, dass andere Verwendungsmöglichkeiten gesucht und gefunden werden, die zu Zerstörung und Tod führen. Und welch einem Tod! Jeder Tag ist ein trauriger Schritt weiter auf diesem tragischen Weg, ein Wettlauf, um zuerst, allein, als Bester anzukommen. Und das Menschengeschlecht verliert fast die Hoffnung, dass es möglich sein wird, diesem menschenmörderischen und selbstmörderischen Wahnsinn Einhalt zu gebieten. Angst und Entsetzen werden noch gesteigert durch die modernen ferngesteuerten Geschosse, die enorme Distanzen erreichen können, um dorthin durch die Atomwaffen die vollständige Vernichtung von Menschen und Dingen zu tragen.
Damit aber die Völker auf ihrem Lauf zum Abgrund hin einhalten, erheben Wir nochmals Unsere Stimme und flehen das Licht und die Kraft des auferstandenen Herrn auf die herab, die die Geschicke der Völker lenken. Das heutige Osterfest sei eine Botschaft des Glaubens, eine Botschaft des Friedens für alle Menschen, für deren Heil in Zeit und Ewigkeit Christus sein Leben hingab. Möge diese doppelte Botschaft alle Seelen erreichen und ihnen Trost und Hoffnung geben; möge diese Hoffnung wie eine Blume unter der Sonne der Gerechtigkeit, Jesus, aufblühen und in kurzer Zeit zur echten Frucht vollkommener Gerechtigkeit und brüderlicher Eintracht reifen! Mit diesen Wünschen, die Wir dem auferstandenen Herrn als Unser und euer Gebet darbringen, erteilen Wir euch, die ihr hier anwesend seid, und all Unseren geliebten Söhnen und Töchtern, die im Geist mit Uns vereint sind, insbesondere den Armen und Leidenden, Unseren Apostolischen Segen. "(22)
IV. MODERNE EHEPROBLEME
Zahlreich sind die Nöte der Familie, die Papst Pius XII. in den bisher angeführten Ansprachen aufzählt. Aber die tiefste Ursache seines Kummers um die Familie und die Würde der Frau liegt in der Haltung zur Frage der Nachkommenschaft. Immer wieder klingt in verschiedenen Reden die Sorge des Papstes über diese Einstellung, die an den Wurzeln, am Fortbestand der Familie nagt, an. Wir hören schon in den Ansprachen an Neuvermählte manche väterliche Mahnung, die gerade bei den jungen Ehepaaren, die das Glück hatten, sich persönlich nach ihrer Trauung den Segen des Heiligen Vaters holen zu dürfen, noch am ehesten auf fruchtbaren Boden fallen konnten. "Das Eheleben aber, das unauflösliche Eheband, fordert, dass die Eigenliebe geopfert werde. Das Ich muss zurücktreten gegenüber der Pflicht, gegenüber der Liebe zu Gott, der euer gemeinsames Sehnen erhört und gesegnet hat, gegenüber der Liebe zu den Kindern, deretwegen ihr den Segen des Priesters und den des Himmels empfangen habt. O ihr Mütter, schreckt nicht zurück vor dem Schmerz! Wenn er auch einen Augenblick lang eure Stirne durchfurcht, er führt euch doch zur Freude einer Wiege. Ein Kinderweinen wird euer Herz aufjubeln machen, Kinderlippen werden eure Brust suchen, ein Händchen wird euch liebkosen und ein Engellächeln wird euch Paradiesesfreuden verkosten machen. "(1)
"Die unleugbaren Schwierigkeiten, die ein schöner Kreis von Kindern mit sich bringt, vor allem in unseren Zeiten des teuren Lebens und in den wenig wohlhabenden Familien erfordern Mut, Opfer, ja bisweilen Heldenkraft. Aber wie die heilsame Myrrhe so bewahrt diese Strenge der ehelichen Pflichten die Eheleute vor allem vor einer schweren Schuld, der unheilvollen Quelle des Verderbens für die Familien und die Völker. Außerdem sichern ihnen diese Schwierigkeiten, selbst wenn sie mutig überwunden werden, die Bewahrung der sakramentalen Gnade und eine Fülle göttlichen Beistandes. Schließlich halten sie vom häuslichen Herde die vergifteten Elemente der Auflösung fern, nämlich die Selbstsucht, das dauernde Verlangen nach Reichtum, die falsche und fehlerhafte Erziehung einer freiwillig eingeschränkten Nachkommenschaft. Wie viele Beispiele in eurer Umgebung werden euch dagegen hinweisen auf eine auch natürliche Quelle der Freude und gegenseitigen Ermunterung in den Anstrengungen der Eltern, das tägliche Brot einer teuren und zahlreichen Kinderschar zu verschaffen, die unter dem Auge Gottes im Nest der Familie das Licht der Welt erblickt hatte! "(2)
"Ja, Gott hat euch zu großer Ehre und Würde erhoben! Und scheint es nicht, als wolle der Herr euch gleich vom ersten Schritte an, den ihr, gestärkt mit dem priesterlichen Segen, vom heiligen Altare weg tut, zu seinen neuen und bleibenden Mitarbeitern machen in jenem Dienst, zu dem er euch den Weg eröffnet und geheiligt hat? Im Sakrament der Ehe war es eine äußere Handlung, die auf euch die göttliche Gnade herabgezogen hat: die gegenseitige Hingabe und Hinnahme der Personen und die in Worten kundgegebene Einwilligung. - In eurem ehelichen Leben werdet ihr Werkzeuge des göttlichen Künstlers sein, wenn er den stofflichen Leib eurer Kinder formt. Ihr werdet in das Fleisch von eurem Fleisch eine geistige und unsterbliche Seele herabrufen. Auf eure Bitte hin wird Gott sie erschaffen, er, der auf das Zeichen des Sakramentes hin getreulich die Gnade bewirkt hat ... Gott allein kann die Gnade hervorbringen. Aber er wird sich herablassen und eure Hilfe in Anspruch nehmen, wenn er die Seelen aus dem Nichts hervorbringt, so wie er sich auch eurer bedient hat, um euch die Gnade zu schenken ... Bei der einen wie bei der anderen Mitarbeit wartet Gott auf euer Jawort, um seine schöpferische Allmacht zu gebrauchen... Sein Wille ist es, dass ihr frei die Tat setzt, auf die er wartet, um sein schöpferisches und heiligendes Werk zu vollführen. So steht ihr denn, liebe Söhne und Töchter, vor dem Schöpfer, dazu ausersehen, seine Wege zu bereiten. Aber ihr steht da in Freiheit und innerer Verantwortlichkeit. Hängt es doch von euch ab, ob jene ,einfachen Seelen, die noch nichts wissen' (Dante) über die Schwelle des Lebens treten werden. So gern möchte Gott sie aus dem Nichts rufen und mit unendlicher Liebe sie empfangen, damit sie eines Tages als Erwählte ihn selbst besitzen sollen, in der ewigen Seligkeit des Himmels. Von euch hängt es ab, ob diese Seelen nur herrliche Bilder in Gottes Gedanken bleiben, sie, die leuchtende Strahlen hätten sein können jener Sonne, die jeden Erdgeborenen erleuchtet. So aber werden sie nur Lichter bleiben, die menschliche Feigheit und Ichsucht ausgelöscht haben ... In den unvernünftigen Lebewesen sichert ein blinder Instinkt die Weitergabe des Lebens. Im Menschengeschlechte dagegen, das in Adam fiel, im Sohne Gottes aber, dem fleischgewordenen Worte, erlöst und geheiligt wurde, können kalte und boshafte Berechnungen einer genießerischen und entarteten Ichsucht es fertigbringen, die Blüte eines körperlichen Lebens, das sich nach Entfaltung sehnte, abzubrechen. "(3) "Eine andere, leider noch häufigere Prüfung, der die Treue ausgesetzt ist, kommt daher, dass einer der Gatten die Heiligkeit der ehelichen Pflicht verkennt. Aus Furcht vor vermehrten Familienlasten, aus Furcht vor der Mühe, dem Leid, der Gefahr (die hie und da wohl übertrieben wird), aus Furcht - und diese Furcht ist unvergleichlich nichtiger -, eine Linie der eigenen Eleganz, einen Zipfel des eigenen Lebens der Lust und Freiheit opfern zu müssen, manchmal auch aus Herzenskälte oder Kleinlichkeit des Geistes, aus schlechter Laune oder aus vermeintlicher, falsch verstandener Tugend, versagt sich ein Gatte dem anderen oder zeigt, wenn er sich hingibt, deutlich sein Missbehagen und seine Befürchtungen. - Wir sprechen hier natürlich nicht von der schuldhaften Abmachung zweier Eheleute, den Kindersegen von ihrem Herde fernzuhalten. - Eine solche Prüfung ist für einen Gatten oder eine Gattin, die ihre Aufgabe erfüllen möchten, sehr hart. Und wenn sie sich wiederholt und wenn sie andauert und zu einem bleibenden und gleichsam endgültigen Zustand wird, dann entsteht aus ihr leicht die Versuchung, anderswo einen unerlaubten Ersatz zu suchen."(4)
Die unheilvolle Zeit des Krieges mit ihren verderbenbringenden Folgen in den darauffolgenden Jahren zwang den Papst, deutlicher zu werden und auf die unverhüllt schamlose Einstellung der Welt zur Ehe mit aller Klarheit und Festigkeit eine Antwort zu geben, zumal katholische Gläubige, in erster Linie katholische Ärzte, an den Papst herangetreten waren und um seine Stellungnahme in einer Reihe von Problemen baten. Es sind hier einige Ansprachen zu nennen, die sich ausschließlich mit der Beantwortung dieser Fragen befassen: "Über die christliche Ehe und Mutterschaft" vom 29. Oktober 1951; "Fragen der Familienmoral und der Nachkommenschaft" vom 28. November 1951; "Über das Problem der künstlichen Befruchtung" vom 30. September 1949. Da die Mutterschaft das Geschenk Gottes an die Frau, ihre Hauptaufgabe und Krone ist, so wird alles, was sie an der Erfüllung ihres Frauentums hindert, zugleich ihre Würde beeinträchtigen. Wir müssen darum die Worte des Papstes, dem das Ansehen der Frau, der Fortbestand der christlichen Familie so sehr am Herzen liegen, in den wichtigen Fragen unbedingt zur Kenntnis nehmen.
Schon Pius XI. griff mit seiner Enzyklika "Casti connubii" die Ehefrage auf, aber die letzten Jahrzehnte machten ein weiteres Eingehen auf verschiedene Probleme notwendig. Als im Oktober 1951 in Rom ein Kongress von katholischen Hebammen Italiens zusammenkam, benutzte der Papst bei ihrem Empfang die Gelegenheit, um vor ihnen seine Einstellung zur Frage der Geburtenregelung darzulegen:
"Wer daher dieser Wiege des werdenden Lebens nahekommt und sich daselbst auf die eine oder andere Weise betätigt, muss die Ordnung kennen, die nach dem Willen des Schöpfers dort zu beobachten ist, wie auch die Gesetze, die für sie bestimmt sind. Denn es handelt sich hier nicht um rein physische und biologische Gesetze, denen vernunftlose Wesen und blinde Kräfte mit Notwendigkeit gehorchen, sondern um Gesetze, deren Ausführung und deren Mitwirkung dem selbstbestimmenden und freien Mittun der Menschen anvertraut sind.
Diese Ordnung, festgesetzt von der höchsten Vernunft, ist eingestellt auf den vom Schöpfer gewollten Zweck; sie umfasst das äußere Tun des Menschen und die innere Zustimmung seines freien Willens; sie schließt Handlung und auch pflichtgemäße Enthaltung ein ... Wenn der Mensch das Seine getan und die wunderbare Entwicklung des Lebens in Gang gebracht hat, ist es seine Pflicht, dessen Fortschritt ehrfürchtig zu achten, eine Pflicht, die es ihm verbietet, das Wirken der Natur aufzuhalten oder seinen natürlichen Ablauf zu verhindern."
Der Papst spricht dann von dem Beruf der Hebammen als von einem Apostolat, zu dem sie durch ihren Beruf verpflichtet sind.
"Warum ruft man euch! Weil man überzeugt ist, dass ihr eure Kunst versteht, dass ihr wisst, was Mutter und Kind brauchen, welchen Gefahren beide ausgesetzt sind und wie diese Gefahren vermieden oder überwunden werden können. Man erwartet von euch Rat und Hilfe, natürlich nicht unbedingt, sondern innerhalb der Grenzen des menschlichen Wissens und Könnens, gemäß dem Fortschritt und dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft und der Praxis eures Faches. Wenn man das alles von euch erwartet, so darum, weil man Vertrauen zu euch hat, und dieses Vertrauen ist vorwiegend eine Sache der Persönlichkeit. Eure Persönlichkeit muss es einflößen. Dass dieses Vertrauen nicht getäuscht werde, ist nicht nur euer lebhafter Wunsch, sondern auch eine Forderung eures Berufes und daher eine Gewissenspflicht für euch. Darum müsst ihr danach streben, eure fachlichen Kenntnisse zur höchsten Vollendung zu bringen. Indes ist eure berufliche Tauglichkeit auch eine Forderung und Form eures Apostolates. Welchen Wert genösse in der Tat euer Wort in Fragen der Sitte und Religion, die mit eurem Amt verknüpft sind, wenn ihr in den Fragen eures Faches versagt? Umgekehrt wird euer Eingreifen auf sittlichem und religiösem Gebiet von ganz anderem Gewicht sein, wenn ihr es versteht, durch euer überlegenes berufliches Können Achtung einzuflößen ... Man wird klar erkennen, dass ihr bei der Ausübung eures Berufes euch eurer Verantwortung gegenüber Gott bewusst seid; dass ihr in eurem Glauben an Gott den stärksten Antrieb findet, mit um so größerer Hingabe zu helfen, je größer die Not ist; dass ihr aus dem festen religiösen Fundament die Kraft nehmt, unvernünftigen und widersittlichen Wünschen - von welcher Seite sie immer kommen mögen - ein ruhiges, aber unerschrockenes und unentwegtes Nein entgegenzusetzen.
Der heutigen Welt tut es dringend Not, dessen durch das dreifache Zeugnis des Geistes, des Herzens und der Tat sicher zu werden. Euer Beruf bietet euch die Möglichkeit und macht es euch zur Pflicht, ein solches Zeugnis abzulegen. Mitunter ist es ein bloßes Wort, zur rechten Zeit und mit Takt zur Mutter oder zum Vater gesprochen; und häufiger werden euer ganzes Verhalten und euer gewissenhaftes Tun unscheinbar und still auf sie einwirken ...
Jedes Menschenwesen, auch das Kind im Mutterschoß, hat sein Lebensrecht unmittelbar von Gott, nicht von den Eltern, nicht von irgendeiner Gemeinschaft oder menschlichen Autorität. Darum gibt es keinen Menschen, keine menschliche Autorität, keine Wissenschaft, keine medizinische, eugenische, soziale, wirtschaftliche oder ethische ,Indikation', die einen Rechtstitel darstellen oder geben könnte zu einer überlegten direkten Verfügung über schuldloses Menschenleben, das heißt eine Verfügung, die auf Vernichtung abzielt, sei sie Selbstzweck, sei sie Mittel für einen anderen Zweck, der an sich vielleicht nicht unerlaubt ist. So ist zum Beispiel die Rettung des Lebens der Mutter ein sehr edles Ziel; aber die direkte Tötung des Kindes als Mittel zu diesem Ziel ist nicht erlaubt. Die direkte Zerstörung des sogenannten ,lebensunwerten Lebens', ob geboren oder noch nicht geboren, wie sie vor einigen Jahren in größtem Ausmaß geübt wurde, lässt sich in keiner Weise rechtfertigen. Als darum die Praxis begann, hat die Kirche in aller Form als dem natürlichen und positiv göttlichen Recht entgegen und darum als unerlaubt erklärt, selbst wenn es auf Anordnung der öffentlichen Autorität geschieht, diejenigen zu töten, die zwar schuldlos, aber wegen physischer oder psychischer Mängel für die Nation keinen Nutzen, sondern vielmehr eine Belastung darstellen ...
Über jedes menschliche Gesetz, auch über jede ,Indikation' erhebt sich unantastbar das Gesetz Gottes ... Euer Apostolat richtet sich indes vor allem an die Mutter. Zweifellos spricht die Stimme der Natur in ihr und legt ihr das Verlangen, die Freude, den Mut, die Liebe und den Willen ins Herz, für das Kind zu sorgen. Um aber die Einflüsterungen des Kleinmuts in allen ihren Formen zu überwinden, bedarf jene Stimme der Stärkung und gleichsam eines übernatürlichen Einschlags. An euch liegt es, weniger durch Worte als durch euer ganzes Benehmen und Handeln die junge Mutter Größe, Schönheit und Adel des Lebens verkosten zu lassen, das in ihrem Schoß erwacht, Form gewinnt und lebt, das von ihr geboren wird, das sie in ihrem Arm trägt und an ihrer Brust nährt; an euch, in ihren Augen und ihrem Herzen aufleuchten zu lassen, wie reich das Geschenk der Liebe Gottes ist für sie und ihr Kind ...
Im übrigen haben Wir nicht nötig, euch, die ihr hier eure Erfahrung habt, zu beweisen, wie sehr heute das Apostolat der Hochschätzung und Liebe des neuen Lebens notwendig ist. Leider sind die Fälle nicht selten, wo das Sprechen oder auch nur eine vorsichtige Andeutung vom Kind als einem ,Segen' genügt, um Widerspruch oder vielleicht auch Spott hervorzurufen. Viel öfter herrscht heute die Idee und das Wort von der großen ,Last' des Kindes vor. Wie sehr ist doch diese Geisteshaltung dem Gedanken Gottes, der Sprache der Heiligen Schrift, ja auch der gesunden Vernunft und dem natürlichen Empfinden entgegen! Wenn Bedingungen und Umstände vorherrschen, unter denen die Eltern ohne Verletzung des göttlichen Gesetzes den Kindersegen vermeiden können, so berechtigen doch diese Fälle einer höheren Gewalt nicht dazu, die Begriffe zu verkehren, die Werte zu missachten, die Mutter geringzuschätzen, die den Mut und die Ehre hatte, Leben zu geben ...
Es ist eines der Grunderfordernisse der rechten sittlichen Ordnung, dass der Ausübung der ehelichen Rechte die aufrichtige und innerliche Annahme des Berufes und der Pflichten der Mutterschaft entspreche. Unter dieser Bedingung wandelt die Frau auf dem vom Schöpfer gebahnten Wege dem Ziele zu, das er seinem Geschöpf bestimmt hat, indem er es in der Ausübung jener Funktion an seiner Güte, seiner Weisheit und seiner Allmacht teilhaben lässt, entsprechend der Botschaft des Engels: ,Du wirst empfangen und gebären' (vgl. Luk 1, 31).
Häufig ist das Kind unerwünscht; schlimmer noch, man fürchtet sich vor ihm. Wie könnte bei solcher Verfassung noch Bereitwilligkeit zur Pflicht bestehen? Hier braucht es den wirksamen Einsatz eures Apostolates; vor allem ablehnend, indem ihr jegliche sittenwidrige Mitwirkung versagt; dann aber auch aufbauend, indem ihr taktvoll eure Sorge darauf richtet, Vorurteile, mannigfaltige Besorgnisse und kleinmütige Vorwände zu zerstreuen, Hindernisse, auch von außen kommende, welche die Annahme der Mutterschaft erschweren könnten, zu beseitigen. Wenn man sich an euch um Rat und Hilfe wendet, nur um die Erweckung neuen Lebens zu erleichtern, um es zu schützen und zur vollen Entfaltung zu bringen, so könnt ihr ohne weiteres eure Mitwirkung angedeihen lassen; aber in wie vielen anderen Fällen wendet man sich an euch, um die Weckung und Erhaltung solchen Lebens zu verhindern, ohne jede Rücksicht auf die Vorschriften der sittlichen Ordnung? Solchen Zumutungen zu willfahren, hieße euer Wissen und Können erniedrigen, weil ihr euch dadurch der Mittäterschaft sittenwidrigen Tuns schuldig machen würdet; das hieße, euer Apostolat in sein Gegenteil verkehren. Hier ist ein ruhiges, aber entschiedenes Nein erforderlich, das keine Übertretung der Gebote Gottes und der Entscheidung des Gewissens duldet ... Unser Vorgänger, Pius XI. seligen Angedenkens, verkündete in seiner Enzyklika ,Casti connubii' vom 31. Dezember 1930 von neuem feierlich das Grundgesetz des ehelichen Aktes und der ehelichen Beziehungen: dass nämlich jeder Eingriff der Gatten in den Vollzug des ehelichen Aktes oder in den Ablauf seiner natürlichen Folgen, ein Eingriff, der zum Zwecke hat, ihn der ihm innewohnenden Kraft zu berauben und die Weckung neuen Lebens zu verhindern, widersittlich ist und dass keine ,Indikation', kein Notstand ein innerlich sittenwidriges Tun in ein sittengemäßes und erlaubtes verwandeln kann (vgl. A.A.S. 22, p. 599 ss.). Diese Vorschrift hat ihre volle Geltung heute wie gestern, und sie wird sie auch morgen und immer haben, weil sie kein einfaches Gebot menschlichen Rechtes ist, sondern der Ausdruck eines Gesetzes der Natur und Gottes selbst. Mögen Unsere Worte eine sichere Norm bieten für alle Fälle, in denen euer Beruf und euer Apostolat von euch eine klare und feste Entscheidung verlangt!
Es wäre sehr viel mehr als ein einfacher Mangel an Bereitschaft zum Dienst am Leben, wenn der Eingriff des Menschen nicht nur einen einzelnen Akt anginge, sondern den Organismus selbst träfe zum Zweck, ihn mittels Sterilisierung der Fähigkeit zur Weckung neuen Lebens zu berauben. Auch hier habt ihr eine klare Wegweisung in der Lehre der Kirche. Die direkte Sterilisierung - also jene, die als Mittel oder als Zweck darauf ausgeht, die Zeugung unmöglich zu machen - ist eine schwere Verletzung des Sittengesetzes und deshalb unerlaubt. Auch die öffentliche Autorität hat kein Recht, unter dem Vorwand irgendwelcher Indikation sie zu erlauben und noch viel weniger sie vorzuschreiben oder zum Schaden von Schuldlosen zur Ausführung zu bringen. Dieser Grundsatz findet sich schon ausgesprochen in der vorher erwähnten Ehe-Enzyklika Pius' XI. (a.a.O. p. 564-565). Als deshalb vor einem Jahrzehnt die Anwendung der Sterilisierung immer weiter um sich griff, sah sich der Heilige Stuhl genötigt, ausdrücklich und öffentlich zu erklären, dass die direkte Sterilisierung, ob dauernd oder nur zeitweise, ob Sterilisierung des Mannes oder der Frau, unerlaubt ist, in Kraft des Naturgesetzes, von dem zu entpflichten, wie ihr wisst, auch die Kirche keine Gewalt hat (Decr. S. Off., 22. Febr. 1940 - A. A.S. 1940, p. 73). Widersetzt euch deshalb, soweit ihr vermögt, in eurem Apostolat diesen widernatürlichen Bestrebungen und versagt ihnen eure Mitwirkung.
Heutzutage wird außerdem die ernste Frage gestellt, ob und inwieweit die Pflicht der Bereitschaft zum Mutterdienst sich vereinbaren lässt mit der immer mehr sich ausbreitenden Flucht in die Zeiten der natürlichen Unfruchtbarkeit (die sogenannten Perioden der Empfängnisunfähigkeit der Frau), was ein klarer Ausdruck des jener Bereitschaft entgegen gesetzten Willens zu sein scheint. Man erwartet von euch mit Recht, dass ihr bezüglich der medizinischen Seite gut unterrichtet seid über die bekannte Theorie und die Fortschritte, die sich auf diesem Gebiet noch erwarten lassen, dass aber andererseits euer Rat und eure Hilfe sich nicht auf einfache populäre Veröffentlichungen stützen, sondern auf wissenschaftlicher Sachlichkeit und dem bewährten Urteil gewissenhafter Fachmänner in Medizin und Biologie beruhen. Eure Aufgabe ist es, nicht die des Priesters, die Eheleute in persönlicher Beratung oder durch ernste Veröffentlichungen über die biologische und technische Seite der Theorie zu unterrichten, ohne euch jedoch zu einer weder zu rechtfertigenden noch passenden Propaganda verleiten zu lassen. Aber auch auf diesem Gebiet verlangt euer Apostolat von euch als Frauen und Christinnen, die sittlichen Maßstäbe zu kennen und zu verteidigen, denen die Anwendung jener Theorie unterliegt. Und hier ist die Kirche zuständig.
Es sind vor allem zwei Voraussetzungen zu beachten: Wenn die Anwendung jener Theorie nichts weiter besagen will, als dass die Gatten auch an den Tagen der natürlichen Unfruchtbarkeit von ihrem Eherecht Gebrauch machen können, so ist dagegen nichts einzuwenden; damit verhindern und vereiteln sie tatsächlich in keiner Weise den Vollzug des natürlichen Aktes und seiner weiteren natürlichen Folgen. Gerade dadurch unterscheidet sich die Anwendung der Theorie, von der Wir sprechen, wesentlich von dem schon bezeichneten Missbrauch, der in der Verkehrung des Aktes selbst liegt.
Geht man indessen weiter, indem man nämlich den ehelichen Akt ausschließlich an jenen Tagen zulässt, dann muss das Verhalten der Eheleute genauer geprüft werden. Hier stellen sich Unseren Erwägungen wiederum zwei Voraussetzungen. Wenn schon beim Abschluss der Ehe wenigstens einer der Gatten die Absicht gehabt hätte, das Gatten-Recht, also nicht nur seinen Gebrauch, selbst auf die Zeiten der Unfruchtbarkeit zu beschränken, derart, dass an den anderen Tagen der andere Eheteil nicht einmal das Recht hätte, den Akt zu verlangen, so würde dies einen wesentlichen Mangel des Ehewillens in sich begreifen, einen Mangel, der die Ungültigkeit der Ehe selbst zur Folge hätte; denn das aus dem Ehevertrag sich herleitende Recht ist ein dauerndes, ununterbrochenes, nicht aussetzendes Recht eines jeden der Gatten dem anderen gegenüber. Wenn hingegen die Beschränkung des Aktes auf die Tage der natürlichen Unfruchtbarkeit nicht das Recht selbst trifft, sondern nur den Gebrauch des Rechtes, so bleibt die Gültigkeit der Ehe unbestritten; immerhin wäre die sittliche Erlaubtheit solchen Verhaltens der Ehegatten zu bejahen oder zu verneinen, je nachdem die Absicht, ständig sich an jene Zeiten zu halten, auf ausreichenden und zuverlässigen sittlichen Gründen beruht oder nicht. Die Tatsache allein, dass die Gatten sich nicht gegen die Natur des Aktes verfehlen und auch bereit sind, das Kind anzunehmen und aufzuziehen, das trotz ihrer Vorsichtsmaßregeln zur Welt käme, würde für sich allein nicht genügen, die Rechtlichkeit der Absicht und die unbedingte Sittengemäßheit der Beweggründe Zu gewährleisten. Der Grund liegt darin, dass die Ehe zu einem Lebensstand verpflichtet, der einerseits bestimmte Rechte verleiht, andererseits aber auch die Ausführung einer positiven, dem Stand selber obliegenden Leistung verlangt. In einem solchen Fall lässt sich der allgemeine Grundsatz anwenden, dass eine positive Leistung unterlassen werden kann, wenn unabhängig vom guten Willen der Verpflichteten schwerwiegende Gründe zeigen, dass jene Leistung unzweckmäßig ist, oder beweisen, dass sie vom Berechtigten - in diesem Fall dem Menschengeschlecht - billigerweise nicht verlangt werden kann.
Der Ehevertrag, der den Brautleuten das Recht verleiht, dem Naturtrieb Genüge zu tun, versetzt sie in einen Lebensstand, den Ehestand. Den Gatten nun, die mit dem ihrem Stand eigentümlichen Akt von jenem Recht Gebrauch machen, legen die Natur und der Schöpfer die Aufgabe auf, für die Erhaltung des Menschengeschlechts Sorge zu tragen. Das ist die eigenartige Leistung, die den eigentlichen Wert, die Bedeutung ihres Standes ausmacht, das bonum prolis - das Gut der Nachkommenschaft. Der einzelne und die Gesellschaft, das Volk und der Staat, ja selbst die Kirche hängen nach der von Gott gesetzten Ordnung für ihre Existenz von der fruchtbaren Ehe ab. Daraus folgt: Den Ehestand ergreifen, ständig die ihm eignende und nur ihm Erlaubterweise zu tätigende Fähigkeit nutzen, und andererseits sich immer und absichtlich ohne schwerwiegenden Grund seiner hauptsächlichen Pflicht entziehen, hieße gegen den Sinn des Ehelebens selbst sich verfehlen.
Von dieser pflichtmäßigen positiven Leistung können nun ernste Beweggründe, auch auf lange Zeit, ja für die Dauer der Ehe, entpflichten, wie solche nicht selten bei der sogenannten medizinischen, eugenischen, wirtschaftlichen und sozialen Indikation vorliegen. Daraus folgt, dass die Einhaltung der unfruchtbaren Zeiten sittlich erlaubt sein kann; und unter den erwähnten Bedingungen ist sie es tatsächlich. Wenn dagegen nach vernünftigem und billigem Urteil derartige persönliche oder aus den äußeren Verhältnissen sich herleitende gewichtige Gründe nicht vorliegen, so kann der Wille der Gatten, gewohnheitsmäßig der Fruchtbarkeit ihrer Vereinigung aus dem Wege zu gehen, während sie fortfahren, die volle Befriedigung ihres Naturtriebes in Anspruch zu nehmen, nur von einer falschen Wertung des Lebens und von Beweggründen kommen, die außerhalb der richtigen ethischen Maßstäbe liegen.
Nun werdet ihr dazu vielleicht bemerken, dass ihr in Ausübung eures Berufes gelegentlich vor sehr heiklen Fällen steht, in denen das Wagnis der Mutterschaft nicht verlangt werden kann, diese im Gegenteil unbedingt zu vermeiden ist, in denen aber andererseits die Einhaltung der unfruchtbaren Zeiten entweder nicht genügend Sicherheit bietet oder aber aus anderen Gründen von ihr abgesehen werden muss. Und da fragt ihr nun, wie dann noch die Rede sein könne von einem Apostolat im Dienste der Mutterschaft.
Wenn nach eurem sicheren und erprobten Urteil die Umstände unbedingt ein ,Nein' erfordern, also den Ausschluss der Mutterschaft, so wäre es ein Irrtum und ein Unrecht, ein ,Ja' aufzuerlegen oder anzuraten. Es handelt sich hier in Wahrheit nicht um eine theologische, sondern um eine medizinische Frage; sie liegt also innerhalb eurer Zuständigkeit. Indes erfragen die Eheleute in solchen Fällen von euch keine ärztliche, notwendigerweise verneinende Antwort, sondern die Billigung einer ,Technik' der ehelichen Betätigung, die gegen das Wagnis der Mutterschaft gesichert wäre. Damit seid ihr also schon wieder gerufen, euer Apostolat auszuüben, insofern ihr keinen Zweifel lassen werdet, dass auch in diesen äußersten Fällen jede Präventiv-Maßnahme und jeder direkte, unmittelbare Eingriff in das Leben oder die Entwicklung des Keimes im Gewissen verboten und ausgeschlossen ist, und dass nur ein Weg offen bleibt, nämlich die Enthaltung von jeglicher Vollbetätigung der Naturanlage. Hier verpflichtet euch euer Apostolat zu einem klaren und sicheren Urteil und zu ruhiger Festigkeit.
Indes wird man einwenden, dass solche Enthaltsamkeit unmöglich, dass solcher Heroismus nicht durchführbar ist. Diesen Einwand werdet ihr heute überall hören und lesen von seiten derer, die nach Pflicht und Zuständigkeit in der Lage sein sollten, ganz anders zu urteilen. Zur Rechtfertigung wird folgender Beweis vorgebracht: Niemand ist zu Unmöglichkeiten verpflichtet, und man kann von keinem vernünftigen Gesetzgeber voraussetzen, dass er mit seinem Gesetz auch zu Unmöglichem verpflichten wolle. Für die Eheleute ist jedoch die Enthaltung auf lange Dauer unmöglich. Sie sind also nicht verpflichtet zur Enthaltsamkeit. Das göttliche Gesetz kann diesen Sinn nicht haben. Hier wird aus teilweise richtigen Vordersätzen eine falsche Schlussfolgerung gezogen. Um sich davon zu überzeugen, genügt es, den Beweis umzukehren! Gott verpflichtet nicht zu Unmöglichem. Nun aber verpflichtet Gott die Ehegatten zur Enthaltsamkeit, wenn ihre Vereinigung nicht naturgemäß vollziehbar ist. Also ist in diesen Fällen Enthaltsamkeit möglich. Wir haben zur Bestätigung dieser Beweisführung die Lehre des Konzils von Trient, das in dem Kapitel über die notwendige und mögliche Beobachtung der Gebote, auf eine Stelle des heiligen Augustinus zurückgreifend, lehrt: ,Gott befiehlt nichts Unmögliches, er ermahnt vielmehr, während er befiehlt, zu tun, was du kannst, und um das zu bitten, was du nicht kannst, und er hilft, dass du kannst.' (Conc. Trid. sess. 6 cap. 11; Denzinger n. 804. - S. August., De natura et gratia cap. 43 n. 50; Migne P. L. vol. 44 co!. 271.)
Lasst euch also in eurer Berufspraxis und in eurem Apostolat von diesem aufdringlichen ,Unmöglichkeitsgerede' nicht verwirren, weder in eurem inneren Urteil noch in eurem äußeren Verhalten. Gebt euch nie her für irgendetwas, das gegen das Gesetz Gottes und euer christliches Gewissen verstößt. Es hieße, den Männern und Frauen unserer Zeit ein Unrecht antun, wenn man sie eines fortschrittlichen Heroismus für unfähig hielte. Heute wird aus so vielen Gründen - vielleicht unter dem Zwang der harten Not, manchmal auch im Dienst des Unrechts - Heroismus in einem Grad und Ausmaß geübt, wie man es in vergangenen Zeiten für unmöglich gehalten hätte. Wenn also die Umstände dieses Heldentum wirklich verlangen, warum sollte es dann haltmachen an den Grenzen der Leidenschaften und Naturtriebe? Das ist klar: Wer sich nicht beherrschen will, wird es auch nicht können; und wer glaubt, sich beherrschen zu können, dabei aber nur auf die eigene Kraft zählt, ohne aufrichtig und beharrlich die göttliche Hilfe zu suchen, wird elendiglich enttäuscht werden.
Dies zu eurem Apostolat, das bezwecken soll, die Ehegatten für den Dienst der Mutterschaft zu gewinnen, nicht im Sinn einer blinden Knechtschaft unter dem Drang der Natur, sondern im Sinn eines nach den Grundsätzen der Vernunft und des Glaubens geregelten Handhabung der ehelichen Rechte und Pflichten. Die ,Persönlichkeitswerte' und die Notwendigkeit sie zu achten - dieser Gegenstand beschäftigt seit zwei Jahrzehnten immer mehr das Schrifttum. In vielen seiner Erzeugnisse ist auch dem spezifischen sexuellen Akt ein eigener Platz angewiesen, um ihn in den Dienst der Persönlichkeit der Gatten zu stellen. Der eigentliche und tiefste Sinn der Ausübung des Gattenrechtes sollte darin liegen, dass die körperliche Verbindung der Ausdruck und die Bestätigung der persönlichen und affektiven Vereinigung ist. Artikel, Kapitel, ganze Bücher, Konferenzen, besonders auch über ,die Technik der Liebe', dienen der Verbreitung dieser Ideen, ihrer Beleuchtung mit Ratschlägen an die Brautleute, als Führer in der Ehe, damit sie nicht aus Torheit oder missverstandener Scham oder unbegründeter Ängstlichkeit das vernachlässigen, was Gott, der Schöpfer auch der natürlichen Neigung, ihnen anbietet. Wenn aus diesem völligen gegenseitigen Sichschenken der Gatten ein neues Leben entsprießt, so ist das ein Ergebnis, das außerhalb oder höchstens am Rand der ,persönlichen Werte' bleibt; ein Ergebnis, das nicht verleugnet wird, das man aber nicht im Mittelpunkt der Gattenbeziehungen wissen will.
Nach diesen Theorien hätte eure Hingabe zum besten des noch im Mutterschoß verborgenen Lebens und seiner glücklichen Geburt nur eine untergeordnete Bedeutung und rückte in die zweite Linie. Wenn nun diese relative Abschätzung weiter nichts täte, als dass sie den Ton mehr auf den Wert der Persönlichkeit der Gatten legte als auf den des Kindes, so könnte man, streng genommen, diese Frage auf sich beruhen lassen. Hier handelt es sich indes um eine schwerwiegende Verkehrung der Wertordnung und der vom Schöpfer selbst gesetzten Zwecke. Wir finden uns gegenüber der Verbreitung eines Komplexes von Gedanken und Gefühlen, die der Klarheit, der Tiefe, dem Ernst des christlichen Denkens direkt entgegengesetzt sind. Da muss nun euer Apostolat von neuem einsetzen. Es kann ja auch geschehen, dass ihr von Mutter und Gattin ins Vertrauen gezogen und befragt werdet über die geheimen Wünsche und Intimitäten des Ehelebens. Wie könntet ihr dann aber, im Bewusstsein eurer Sendung, der Wahrheit und der rechten Ordnung in der Bewertung und dem Tun der Gatten Geltung verschaffen, hättet ihr nicht selbst davon genaue Kenntnis und wäret ihr nicht ausgerüstet mit der Charakterfestigkeit, die nötig ist, um aufrecht zu erhalten, was ihr als wahr und gerecht erkennt?
Wahr ist nun aber, dass die Ehe als Natureinrichtung nach dem Willen des Schöpfers zum ersten und innersten Zweck nicht die persönliche Vervollkommnung der Gatten hat, sondern die Weckung und Aufzucht neuen Lebens. So sehr auch die anderen Zwecke von der Natur gewollt sind, so stehen sie doch nicht auf dem gleichen Höhegrad wie der erste, und noch weniger sind sie ihm übergeordnet. Das gilt für jede Ehe, auch wenn sie unfruchtbar ist; wie man von jedem Auge sagen kann, dass es bestimmt und geformt ist zum Sehen, auch wenn es in anormalen Fällen infolge besonderer innerer und äußerer Umstände nie in der Lage sein wird, zum Sehakt zu führen.
Gerade um Schluss zu machen mit allen Unsicherheiten und Entgleisungen, die über die Stufenleiter der Ehezwecke und ihre gegenseitigen Beziehungen Irrtümer zu verbreiten drohten, verfassten Wir selbst vor einigen Jahren (10. März 1944) eine Erklärung über die Ordnung jener Zwecke und gaben als solche das an, was die innere Struktur der Naturanlage selbst kundgibt, was Erbgut der christlichen Überlieferung ist, was die Päpste zu wiederholten Malen gelehrt haben, was dann in geeigneter Form vom kirchlichen Gesetzbuch (Can. 1013, § 1) festgelegt worden ist. Ja, zur Rechtfertigung der entgegenstehenden Auffassungen verkündete kurz hernach der Heilige Stuhl in einem öffentlichen Dekret als unzulässig die Meinung einiger Autoren, die leugneten, dass der erste Ehezweck die Weckung und Aufzucht der Nachkommenschaft sei, oder lehren, dass die zweitrangigen Zwecke dem ersten Zwecke nicht wesentlich untergeordnet, sondern ihm gleichgestellt und von ihm unabhängig seien (S. C. Off., I. April 1944. - A. A. S. 36, 1944, p. 103). Soll damit vielleicht verneint oder verkleinert werden, was an Gutem und Berechtigtem in den aus der Ehe und ihrer Betätigung sich ergebenden ,Persönlichkeitswerten' enthalten ist? Sicherlich nein! Denn zur Weckung neuen Lebens hat der Schöpfer in der Ehe Menschenwesen bestimmt, gebildet aus Fleisch und Blut, mit Geist und Herz begabt, und sie sind berufen, als Menschen und nicht wie vernunftlose Sinnenwesen Urheber ihrer Nachkommenschaft zu sein. Zu dem Zweck will Gott die Vereinigung der Gatten ...
Nicht allein das gemeinsame äußere Tun, auch die ganze Persönlichkeitsbereicherung, auch der geistige und seelische Reichtum, ja sogar all das Höchste und Tiefste an Seelischem in der Gattenliebe als solcher ist nach dem Willen der Natur und des Schöpfers in den Dienst der Nachkommenschaft gestellt worden. Aus der Natur der Sache heraus bedeutet das vollkommene Eheleben auch die völlige Hingabe der Eltern an das Wohl der Kinder, und die Gattenliebe selbst in ihrer Stärke und ihrer Zartheit ist eine Forderung der vollen Sorge um das Kind und die Gewähr ihrer Verwirklichung (vgl. S. Th. III. q. 29 a. 2 in c; Suppl. q. 49 a. 2 ad 1) ...
Alle die zweitrangigen Werte auf dem Gebiet und in der Betätigung der Zeugungskraft münden ein in den Bereich der den Ehegatten eigentümlichen Aufgabe, Urheber und Erzieher neuen Lebens zu sein. Eine hohe und edle Aufgabe, die jedoch nicht zum Wesen des vollkommenen Menschseins gehört, als ob es in irgendeiner Weise oder irgendeinem Grad eine Herabminderung der menschlichen Persönlichkeit bedeutete, wenn der natürliche Fortpflanzungstrieb nicht zur Betätigung käme. Der Verzicht auf jene Betätigung - besonders wenn er aus edelsten Beweggründen geschieht - ist keine Verstümmelung der persönlichen seelischen Werte. Von jenem freiwilligen Verzicht aus Liebe zum Reich Gottes hat der Herr gesagt: ,Non omnes capiunt verbum istud, sed quibus datum est. - Nicht alle erfassen dieses Wort, sondern nur die, denen es gegeben ist.' (Mt 19,11)
Die Zeugungsfunktion, auch in ihrer rechtlichen und sittlichen Form des Ehelebens, im Übermaß verherrlichen, wie es heute nicht selten geschieht, ist deshalb nicht nur ein Irrtum und eine Verirrung; diese birgt in sich auch die Gefahr einer Verstandes- und Gefühlsentgleisung, die geeignet ist, gute und hehre Gesinnungen zu verhindern oder zu ersticken, besonders in der noch unerfahrenen, mit den Enttäuschungen des Lebens noch nicht vertrauten Jugend, denn welcher normale, an Leib und Seele gesunde Mensch möchte schließlich zu der Zahl der an Charakter und innerem Gehalt Minderwertigen gehören? Möge es eurem Apostolat da, wo ihr euren Beruf ausübt, vergönnt sein, hier aufklärend zu wirken und die richtige Wertordnung einzuprägen, damit die Menschen ihr Urteil und Verhalten derselben angleichen! Unsere Darlegung über die Aufgabe eures Berufsapostolats wäre trotzdem unvollständig, wenn Wir nicht noch ein kurzes Wort anfügten über den Schutz der Menschenwürde bei der Betätigung des Zeugungstriebes. Derselbe Schöpfer, der in seiner Güte und Weisheit für die Erhaltung und Fortpflanzung des Menschengeschlechtes sich der Mitwirkung von Mann und Frau bedienen wollte und sie deshalb in der Ehe vereinte, hat auch angeordnet, dass die Gatten in jener Betätigung Freude und Glück an Leib und Seele innewerden. Wenn deshalb die Gatten diese Freude suchen und kosten, tun sie nichts Böses. Sie nehmen entgegen, was der Schöpfer ihnen bestimmt hat. Nichtsdestoweniger müssen auch hier die Eheleute es verstehen, in den Grenzen des rechten Maßhaltens zu bleiben. Wie beim Genuss von Speise und Trank, sollen sie sich auch beim sexuellen Genuss nicht zügellos dem sinnlichen Drang überlassen! Der rechte Maßstab ist folgender:
Der Gebrauch der natürlichen Fortpflanzungsanlage ist sittlich erlaubt nur in der Ehe, im Dienst und nach der Ordnung der Zwecke der Ehe selbst. Daraus folgt, dass auch nur in der Ehe und unter Beobachtung dieser Regel das Verlangen und der Genuss jener Freude und Befriedigung zulässig sind. Denn das Genießen untersteht dem Gesetz des Tuns, aus dem es stammt, und nicht umgekehrt das Tun dem des Genießens. Und dieses vernünftige Gesetz betrifft nicht nur die Substanz, sondern auch die Umstände des Tuns, so dass man auch bei Wahrung der Substanz des Aktes sich verfehlen kann in der Art seiner Ausführung.
Die Übertretung dieser Norm ist so alt wie die Erbsünde. In unserer Zeit läuft man jedoch Gefahr, das Grundgesetz selbst aus dem Auge zu verlieren. Gegenwärtig pflegt man tatsächlich in Wort und Schrift (auch von seiten mancher Katholiken) die notwendige Eigengesetzlichkeit, den Selbstzweck und Eigenwert des Geschlechtlichen und seiner Betätigung zu behaupten, unabhängig vom Ziel der Weckung neuen Lebens. Man möchte die von Gott selbst getroffene Ordnung einer Überprüfung und Neuregelung unterziehen. Man möchte bezüglich der Art, wie der Instinkt befriedigt werden soll, keine andere Beschränkung zulassen als die Innehaltung des Wesens der Instinkthandlung. Damit träte an die Stelle der sittlichen Pflicht der Beherrschung der Leidenschaften die Freiheit, blind und zügellos den Launen und dem Drang der Natur sich zu fügen, was über kurz oder lang nur zum Schaden der Sittlichkeit, des Gewissens und der menschlichen Würde sich auswirken kann.
Wenn die Natur ausschließlich oder wenigstens in erster Linie ein gegenseitiges Sichschenken und Besitzen der Gatten in Freud und Lust angestrebt hätte, und wenn sie jene Handlung angeordnet hätte, nur um ihre persönliche Erfahrung im höchstmöglichen Grad glückvoll zu gestalten, und nicht, um sie zum Dienst am neuen Leben anzutreiben, dann hätte der Schöpfer in der ganzen Einrichtung des Naturaktes einen anderen Plan zur Anwendung gebracht. Nun aber ist im Gegenteil das alles unter- und eingeordnet jenem einen und großen Gesetz der ,generatio et educatio prolis' - ,Weckung und Erziehung der Nachkommenschaft', das heißt der Verwirklichung des ersten Zwecks der Ehe als Ursprung und Quelle des Lebens.
Leider überspülen unaufhörlich Sturzwellen von Hedonismus (,Lust') die Welt und drohen in der wachsenden Flut der Vorstellungen, Wünsche und Handlungen, das ganze Eheleben in die Tiefe zu ziehen, nicht ohne ernste Gefahren und schweren Nachteil für die Hauptaufgabe der Ehegatten.
Allzu oft scheut man sich nicht, diesen antichristlichen Hedonismus zur Lehre zu erheben, indem man aufdringlich das Verlangen erweckt, in der Vorbereitung und in der Tätigung der ehelichen Verbindung den Genuss immer intensiver zu gestalten; als ob in den ehelichen Beziehungen das Sittengesetz sich auf den ordnungsmäßigen Vollzug des Aktes beschränkte und alles übrige, mag es getätigt werden wie es will, gerechtfertigt würde vom gegenseitigen Liebesaustausch, geheiligt durch das Sakrament der Ehe, verdienstlich an Lob und Lohn vor Gott und dem Gewissen. Um die Würde des Menschen und die Würde des Christen, die dem Übermaß der Sinnlichkeit einen Zügel anlegen, kümmert man sich nicht.
Nein, der Ernst und die Heiligkeit des christlichen Sittengesetzes erlauben keine zügellose Befriedigung des sexuellen Triebes, um so nur auf Lust und Genuss auszugehen; jenes Gesetz erlaubt es vemunftbegabten Menschen nicht, sich in solchem Ausmaß unterjochen zu lassen, weder was das Wesen noch was die Umstände der Handlung angeht.
Der eine oder der andere möchte vielleicht ins Feld führen, dass das Glück in der Ehe dem Genuss der ehelichen Beziehungen ganz parallel laufe. Nein: das Glück in der Ehe entspricht vielmehr genau der Achtung der Gatten voreinander, auch in ihren intimsten Beziehungen; nicht als ob sie als unsittlich verurteilten oder ablehnten, was die Natur darbietet und der Schöpfer geschenkt hat; sondern weil diese Rücksichtnahme und die mit ihr gegebene gegenseitige Hochschätzung eines der wirksamsten Mittel einer reinen und eben dadurch umso zarteren Liebe wird.
Widersetzt euch in eurer Berufstätigkeit, so viel wie euch möglich, dem Ansturm dieses ausgeklügelten Hedonismus, der ohne seelische Werte und deshalb christlicher Eheleute unwürdig ist! Zeigt, dass die Natur ganz gewiss das instinktive Verlangen nach Genuss gegeben hat und es in der gültigen Ehe billigt, aber nicht als Zweck in sich selbst, vielmehr letztlich für den Dienst am Leben! Verbannt aus eurem Innern jenen Kult des Genusses und tut euer Bestes, um die Verbreitung einer Literatur zu verhindern, die meint, die Vertraulichkeiten des Ehelebens in allen Einzelheiten beschreiben zu sollen, unter dem Vorwand aufzuklären, anzuleiten und zu beruhigen! Um die zarten Gewissen der Eheleute zu beruhigen, genügen im allgemeinen der gesunde Menschenverstand, der natürliche Instinkt und eine kurze Unterweisung über die klaren und einfachen Grundsätze des christlichen Sittengebotes. Wenn aber einmal unter besonderen Umständen eine Braut oder junge Gattin ausführlichere Anweisungen über irgendeinen Einzelpunkt benötigt, so ist es an euch, ihnen taktvoll und mit entsprechendem Zartgefühl eine dem Naturgesetz und dem gesunden christlichen Gewissen entsprechende Aufklärung zu geben. Unsere Unterweisung hier hat nichts zu tun mit Manichäismus oder Jansenismus, wie manche glauben machen wollen, um sich selbst zu rechtfertigen. Sie ist nur eine Ehrenrettung der christlichen Ehe und der Persönlichkeitswürde der Ehegatten.
Diesem Zweck zu dienen ist besonders in unseren Tagen eine drängende Pflicht eurer Berufssendung ... "(5)
Mit dieser Rede vor den Hebammen Italiens hat Pius XII. bewusst und unerschrocken das tiefste und gefährlichste sittliche Übel unserer Zeit aufgedeckt. Dass der Widerhall in der ganzen Welt laut und widerspruchsvoll sein würde, das musste ihm vorher klar sein. Und dennoch ging der Papst ruhig und sachlich an das Problem heran, ging von der Natur und dem göttlichen Gebot aus und entwickelte daraus folgerichtig den Standpunkt der Kirche. Durch die immer mehr in Gebrauch gekommene Theorie der unfruchtbaren Zeiten von Knaus-Ogino erklärt sich sein Eingehen auf dieses Problem. Auch darin bleibt keine Frage offen. Der Papst erwägt die Möglichkeit der Anwendung der Theorie in allen nur denkbaren Fällen und spricht dementsprechend sein "licet" oder "non licet". Die sich immer mehr ausbreitende Ansicht, dass der eheliche Akt in erster Linie der persönlichen Vervollkommnung der Ehegatten diene, war unter seinem Pontifikat bereits durch das Dekret des Heiligen Offiziums abgelehnt und dahin berichtigt worden, dass die Zeugung und Erziehung der Kinder der primäre Zweck der Ehe sei. Aber wie stark die Reaktion auf die "Hebammen-Rede" tatsächlich wurde, das war wegen ihrer aggressiven, oft unvornehmen Kampfesart dennoch überraschend. "Despotismus", "gefühllos", "Intoleranz", ja "grausam" und "unmenschlich", um von weniger taktvollen Worten ganz abzusehen, das waren die wenig sachlichen Antworten aus aller Welt. In England war die Aufregung besonders stark, wo man wegen der Frage, ob nun die katholischen Ärzte und Hebammen das Leben des Kindes in den fraglichen Fällen dem der Mutter vorziehen würden, zu böswilligen Angriffen überging.
Papst Pius XII. ergriff darum am 28. November 1951, als er die Teilnehmer des Kongresses "Front der Familie" empfing, die Gelegenheit, sich nochmals zu dem Thema der Ehe und Nachkommenschaft zu äußern, um in seiner gütigen, ruhigen Art den Missverständnissen entgegenzutreten, um zu helfen, soweit die katholische Lehre das zulässt. Die Gedankengänge des ersten Teiles dieser Ansprache betreffen die Nöte, die wir bereits in dem Kapitel über die Familie wiedergaben. Im zweiten Teil kommt Pius XII. dann auf die Ehemoral zu sprechen:
"Noch ein anderes Übel bedroht die Familie, freilich nicht erst seit gestern, sondern schon seit langer Zeit. Dieses Übel wächst jedoch zur Zeit zusehends und kann der Familie zum Verhängnis werden, weil es ihre Wurzel angreift. Wir meinen die Erschütterung der Ehemoral in ihrer ganzen Ausdehnung. Wir haben im Lauf der letzten Jahre jede Gelegenheit wahrgenommen, um den einen oder anderen wesentlichen Punkt der Ehemoral aufzuzeigen, und erst kürzlich legten Wir sie in ihrem großen Zusammenhang dar. Wir haben nicht nur die Irrtümer zurückgewiesen, die sie untergraben, sondern hellten auch positiv den Sinn der Ehemoral auf, ihre Aufgabe, ihre Bedeutung, ihren Wert für das Glück der Ehegatten, der Kinder und der ganzen Familie, für den Bestand und die Forderung des sozialen Wohles vom häuslichen Herd bis zu Staat und Kirche.
Im Mittelpunkt dieser Lehre wurde die Ehe als eine Einrichtung im Dienste des Lebens hervorgehoben. In enger Anlehnung an diese Grundlage haben Wir im Sinne der steten Lehre der Kirche einen Satz herausgestellt, der eine der wesentlichen Grundlagen nicht nur der Ehemoral, sondern überhaupt der Sozialethik im allgemeinen ist, dass nämlich der direkte Angriff auf schuldloses menschliches Leben als Mittel zum Zweck - im vorliegenden Fall zum Zweck der Erhaltung eines anderen Lebens - unerlaubt ist. Das schuldlose menschliche Leben, ganz gleich, in welchem Zustand es sich befindet, ist vom ersten Augenblick seiner Existenz an jedem direkten absichtlichen Angriff entzogen.
Dies ist ein Fundamentalrecht der menschlichen Persönlichkeit und nach christlicher Lebensauffassung von allgemeiner Gültigkeit; ebenso gültig für das Leben, das noch verborgen im Mutterschoß ruht, wie für das schon zur Welt gekommene Leben; ebenso gültig gegen die direkte Abtreibung wie gegen die direkte Tötung des Kindes vor, während und nach der Geburt. Wie begründet auch die Unterscheidung zwischen diesen verschiedenen Entwicklungsmomenten des geborenen oder noch nicht geborenen Lebens sein mag im profanen wie im kirchlichen Recht und für gewisse bürgerliche und strafrechtliche Folgen - nach dem Sittengesetz handelt es sich in all diesen Fällen um ein schweres und unerlaubtes Attentat auf das unverletzte menschliche Leben.
Dieser Grundsatz gilt ebenso für das Leben des Kindes wie für das Leben der Mutter. Niemals und in keinem Fall hat die Kirche gelehrt, dass das Leben des Kindes jenem der Mutter vorzuziehen sei. Es ist irrig, die Frage mit dieser Alternative zu stellen: entweder das Leben des Kindes oder das Leben der Mutter. Nein! Weder das Leben der Mutter noch das Leben des Kindes dürfen einem Akt direkter Vernichtung unterzogen werden. Für den einen wie für den anderen Teil kann nur die eine Forderung bestehen: alles aufzubieten, das Leben beider zu retten, der Mutter und des Kindes (vgl. Pius' XI. Enzyklika ,Casti connubii', 31. Dezember 1930. - A. A. S., 22, p. 562-563). Es ist eine der schönsten und edelsten Bestrebungen der Medizin, immer neue Wege zu suchen, um das Leben beider sicherzustellen. Wenn aber trotz aller Fortschritte der Wissenschaft noch Fälle übrig bleiben, jetzt und auch in Zukunft, in denen man mit dem Tode der Mutter rechnen muss, wenn diese die Geburt des Lebens, das sie in sich trägt, zu Ende führen und es nicht unter Verletzung des Gebotes Gottes: Du sollst nicht töten! zerstören will, so bleibt dem Menschen, der sich bis zum letzten mühen wird, zu helfen und zu retten, nichts übrig, als sich in Ehrfurcht vor den Gesetzen der Natur und dem Walten der göttlichen Vorsehung zu beugen.
Aber - so wendet man ein - das Leben der Mutter und insbesondere der Mutter einer kinderreichen Familie, ist ein unvergleichlich höherer Wert als das eines noch nicht geborenen Kindes. Die Anwendung der Güterabwägungstheorie auf den Fall, der uns gegenwärtig beschäftigt, hat schon in juristischen Erörterungen Aufnahme gefunden. Die Antwort auf diesen viele bedrückenden Einwand ist nicht schwer. Die Unverletzlichkeit des keimenden Lebens eines Schuldlosen hängt nicht von seinem größeren oder geringeren Wert ab. Bereits vor mehr als zehn Jahren hat die Kirche die Tötung des als ,wertlos' erachteten Lebens in aller Form verurteilt. Wer die traurigen Ereignisse kennt, die diese Verurteilung hervorriefen, wer die verhängnisschweren Folgen zu erwägen weiß, zu denen man gelangen würde, wollte man die Unantastbarkeit schuldlosen Lebens nach seinem Wert bemessen, der weiß sehr wohl die Beweggründe zu schätzen, die zu jenem Entscheid geführt haben.
Wer kann übrigens beurteilen, welches von den beiden Leben das kostbarere ist? Wer kann wissen, welchen Weg jenes Kind gehen wird, zu welcher Höhe der Leistung und der Vollkommenheit es gelangen wird? Hier werden zwei Größen miteinander verglichen, von denen man die eine gar nicht kennt. Wir möchten hier ein Beispiel anführen, das vielleicht einigen von euch schon bekannt ist, das aber deswegen nichts von seinem eindrucksvollen Wert einbüßt. Es geht auf das Jahr 1905 zurück. Da lebte eine junge Frau adeliger Abstammung, noch adeliger jedoch von Gesinnung. Sie war schwächlicher Konstitution und von zarter Gesundheit. Als Mädchen hatte sie eine kleine Rippenfellentzündung gehabt, die jedoch geheilt zu sein schien. Als sie sich glücklich verheiratet hatte und fühlte, wie sich in ihrem Schoß neues Leben regte, musste sie sehr bald feststellen, wie ein eigenartiges Übel ihre Gesundheit untergrub, das die beiden tüchtigen Ärzte, die mit liebender Sorge ihre Gesundheit überwachten, sehr beunruhigte. Die frühere Rippenfellerkrankung mit ihrem schon ausgeheilten Infektionsherd war wieder aufgebrochen. Nach Meinung der Ärzte war keine Zeit zu verlieren; das einzige Mittel, die zarte Frau zu retten, bestand darin, ohne Aufschub die medizinische Abtreibung einzuleiten. Auch der Gemahl begriff seinerseits die Schwere des Falles und gab sein Einverständnis zum peinlichen Eingriff. Als jedoch der behandelnde Gynäkologe ihr sehr taktvoll die Entscheidung der Ärzte mitteilte und ihr nahelegte, derselben beizupflichten, antwortete sie fest und entschieden: ,Ich danke Ihnen für Ihre teilnehmenden Ratschläge; ich kann jedoch nicht das keimende Leben meines Kindes töten! Ich kann und kann es nicht! Ich spüre schon einen Herzschlag in meinem Schoß. Das Kind hat das Recht zum Leben; von Gott kommt es, und es muss Gott kennenlernen, um ihn zu lieben und in ihm glücklich zu werden.' Auch der Gemahl bat und flehte sie an; sie blieb unbeugsam und erwartete ruhig den Ausgang. Ein Mädchen kam gesund zur Welt; sofort nach der Geburt verschlechterte sich jedoch der Gesundheitszustand der Mutter. Der Infektionsherd in der Lunge erweiterte sich; der Verfall des Organismus schritt voran. Zwei Monate später lag sie im Sterben; sie sah noch einmal die Kleine, die gesund bei einer kräftigen Amme heranwuchs; die Lippen bewegten sich noch einmal zu seligem Lächeln, dann starb sie friedlich. Viele Jahre gingen dahin. Man konnte in einem Schwesternheim eine junge Ordensfrau sehen, die ganz der Pflege und Erziehung verlassener Kinder hingegeben war und sich mit Augen voll mütterlicher Liebe über die kleinen Kranken neigte, wie wenn sie ihnen Leben schenken wollte. Das war sie, das Kind des Opfers, die jetzt mit ihrem edlen Herzen so viel Gutes wirkte unter der verlassenen Jugend. Der unerschrockene Heroismus der Mutter ist wahrlich nicht umsonst gewesen! (Vgl. Andreas Majocchi, Tra bistori e forbici, 1940, S. 21 ff.) Wir fragen jedoch: Ist denn das christliche, ja, auch nur das menschliche Empfinden schon so sehr geschwunden, dass kein Verständnis mehr da ist für das wunderbare Opfer der Mutter und für die sichtbare Führung der göttlichen Vorsehung, die aus diesem Opfer eine so edle Frucht hervor wachsen ließ?
Wir haben absichtlich immer den Ausdruck gebraucht ,direkter Angriff auf das Leben eines Schuldlosen', ,direkte Tötung'. Denn wenn zum Beispiel die Rettung des Lebens der zukünftigen Mutter, unabhängig von ihrem Zustand der Schwangerschaft dringend einen chirurgischen Eingriff oder eine andere therapeutische Behandlung erfordern würde, die als keineswegs gewollte oder beabsichtigte, aber unvermeidliche Nebenfolge den Tod des Kindes im Mutterleib zur Folge hätte, könnte man einen solchen Eingriff nicht als einen unmittelbaren Angriff auf schuldloses Leben bezeichnen. Unter solchen Bedingungen kann die Operation erlaubt sein wie andere vergleichbare ärztliche Eingriffe - immer vorausgesetzt, dass ein hohes Gut, wie es das Leben ist, auf dem Spiele steht, dass der Eingriff nicht bis nach der Geburt des Kindes verschoben werden kann und kein anderer wirksamer Ausweg gangbar ist.
Da also die erste Aufgabe der Ehe im Dienst am Leben besteht, gilt Unser besonderes Wohlgefallen und Unser väterlicher Dank jenen Ehegatten, die aus Liebe zu Gott und im Vertrauen auf ihn mutig eine zahlreiche Familie gründen und aufziehen. Andererseits fühlt die Kirche Teilnahme und Verständnis für die wirklichen Schwierigkeiten des Ehelebens in unserer heutigen Zeit. Deswegen haben Wir in Unserer letzten Ansprache über die Ehemoral die Berechtigung und zugleich die tatsächlich weit gesteckten Grenzen für eine Regulierung der Nachkommenschaft herausgestellt, die - im Gegensatz zur sogenannten ,Geburtenkontrolle' - mit dem Gesetz Gottes vereinbar ist. Man kann sogar hoffen - doch überlässt hier die Kirche das Urteil natürlich der medizinischen Wissenschaft -, dass es gelingt, diesem erlaubten Verhalten eine genügend sichere Grundlage zu geben, und die neuesten Berichte scheinen eine solche Hoffnung zu bestätigen. Im übrigen helfen zur Überwindung der vielfachen Prüfungen des ehelichen Lebens vor allem ein lebendiger Glaube und regelmäßiger Empfang der heiligen Sakramente. Daraus erwachsen Kraftquellen, von denen sich jene, die außerhalb der Kirche leben, nur schwer eine Vorstellung machen können. Und mit diesem Hinweis auf die höheren übernatürlichen Kraftquellen möchten Wir schließen. Auch euch, geliebte Söhne und Töchter, könnte es eines Tages geschehen, dass ihr euren Mut wanken fühlt unter dem wuchtigen Sturm, der um euch oder, noch viel gefährlicher, innerhalb der Familie ausgebrochen ist, durch die Lehren nämlich, welche die gesunde und normale Auffassung der christlichen Ehe zu unterhöhlen drohen. Habt Vertrauen! Die Kräfte der Natur, vor allem aber jene der Gnade, die der Herrgott im Sakrament der Ehe in eure Seelen gesenkt hat, sind wie ein starker Fels, an dem die brandenden Wogen des stürmischen Meeres sich brechen. Und wenn Katastrophen wie Krieg und Nachkrieg der Ehe und Familie Wunden geschlagen haben, die auch heute noch bluten, so haben doch gerade in jenen Jahren die Treue und Standhaftigkeit der Ehegatten und die bis zu unvorstellbaren Opfern bereite Mutterliebe in ungezählten Fällen wahre und leuchtende Triumphe davongetragen."(6)
Das war die Antwort des Papstes auf die vielfältigen Anschuldigungen, ja Beschimpfungen, auf seine September-Rede hin. Kein Pochen auf seine päpstliche Autorität, keine zurückweisende Schärfe - statt dessen die Güte eines Vaters, der seinen Kindern zeigt, dass er um ihre Schwierigkeiten weiß und mit ihnen leidet. "Fortiter in re, suaviter in modo" macht er ihnen verständlich, dass er ihnen in der Sache nicht nachgeben darf; väterlich belehrend zeigt er an einem Beispiel, wie großartig auch die schwerste Frage im Opfer und Gehorsam gegen Gott gelöst werden muss. Er macht ergänzend klar, in welchem Fall bei der Erkrankung einer Mutter ein ärztlicher Eingriff erlaubt ist, und wie weit schon die Grenzen für eine Regulierung der Nachkommenschaft gesteckt sind; ja, er weist sogar auf die Möglichkeit hin, dass "eine genügend sichere Grundlage" dafür zu erhoffen ist. Außer der Teilnahme und dem Verständnis der Kirche versichert er die Ehegatten der göttlichen Hilfe in ihren Schwierigkeiten und Prüfungen, wenn sie sich Kraft holen im Empfang der heiligen Sakramente. In der Ansprache vom 21. Oktober 1942 an Neuvermählte zog Pius XII. den Vergleich zwischen dem Ehrenfeld des Mannes, wenn er dem Vaterland sein Leben schenkt, und dem Ehrenfeld der ehelichen Pflicht der Frau mit seinen Gefahren und Leiden. Die Frau muss sich trotz der erschwerten Lage der heutigen Zeit, die ihr in so vielen Fällen kaum Zeit und Besinnlichkeit lässt, ihre Kinder in Ruhe und Geborgenheit zur Welt zu bringen und sich an ihrem ersten Wachstum zu erfreuen, in geradezu heldenhafter Weise bewähren. Wie sehr sie da der Kraft und Gnade durch den Sakramentenempfang bedarf, weiß jede katholische Mutter.
Sie versteht darum auch das Wort des Heiligen Vaters: "Daraus erwachsen Kraftquellen, von denen sich jene, die außerhalb der Kirche leben, nur schwer eine Vorstellung machen können." So mögen jene dann aber auch zu den Papstreden schweigen, in Ehrfurcht schweigen oder doch ehrlich bekennen, dass ihnen darum die "Rede hart" vorkommt, weil sie ihnen vielfach unbequem ist und die eigene Eheauffassung anklagt. Auch der gläubigen katholischen Frau erscheint oft die Forderung fast unerträglich schwer, besonders wenn sie schon Kinder hat, sich gegebenenfalls opfern zu müssen, um das kommende Kindlein zu retten. Vielleicht darf hier ein solch seltener Fall, der sich wirklich ereignete, eingefügt werden. Eine Dame, die bereits Mutter war, fühlte, dass sie ihr Kind in Querlage, in der gefährlichsten Lage also, trug. Sie wusste, was das wahrscheinlich für sie und das Kind bedeuten konnte, und machte sich Gedanken, was sie als gläubige Katholikin tun müsse; sie entschied sich gegen den Standpunkt der Kirche. Kurz vor der Geburt trat eine weitere Erschwerung der Lage hinzu. Da der Gatte beruflich abwesend war, musste der Arzt der Mutter die Schwierigkeit der Geburt klarmachen. Diese hatte inzwischen in sich eine große Wandlung mitgemacht; so ganz allein in ihrer Verantwortung vor Gott und dem kommenden Leben gegenüber, hatte sie es plötzlich als große Selbstverständlichkeit erkannt, dass das Leben des Kindes vorging. Sie verlangte dann auch vom Arzte ausdrücklich, dass er das Kind rette; sich selbst hatte sie aufgegeben. Sie hatte im gegebenen Moment nicht kalte Überlegung, nicht die Selbstsucht, sondern ihr Mutterherz entscheiden lassen. Die mütterliche Natur gibt also der Forderung der katholischen Kirche recht. Dem Herrgott hatte das gehorsame Fiat genügt - die Geburt war schwer, aber die Mutter und ein gesundes Kind wurden gerettet. "Habt Vertrauen!" Im übrigen machten gerade englische katholische Ärzte in einer sehr positiven Antwort auf die englische Haltung der ersten Papstrede gegenüber unter anderem bekannt: "Mit dem Fortschritt der modernen Medizin kommt ein Fall, bei dem die Mutter geopfert werden müsste, um das Kind zu retten, sehr selten vor." (Veröffentlicht in der Lukas-Gilde.)
Die dritte Rede, die Papst Pius XII. zu dem modernen Eheproblem hielt, liegt zeitlich vorher. Vom 26. bis 29. September 1949 fand in Rom der vierte Internationale Kongress katholischer Ärzte statt. Am 30. September empfing der Papst die Teilnehmer in Audienz und hielt eine Ansprache "Über das Problem der künstlichen Befruchtung".
"Der Arzt würde nicht voll und ganz dem Ideal seines Berufes entsprechen, wenn er bei der Anwendung der neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft und der medizinischen Kunst in der Praxis nur seine Intelligenz und Geschicklichkeit einsetzen würde und nicht auch - und das betonen Wir besonders - sein menschliches Herz, sein mildtätiges christliches Feingefühl. Er arbeitet nicht in ,anima vili'; er wirkt zweifellos direkt auf die Körper ein, aber auf Körper, die mit einer unsterblichen geistigen Seele belebt sind auf Grund des geheimnisvollen, aber unauflöslichen Bandes zwischen dem Physischen und Geistigen; er wirkt nur dann mit Erfolg auf den Körper ein, wenn er zugleich auf den Geist einwirkt.
Ob er sich nun mit dem Leib oder mit der Gesamtheit des Menschen und seiner Einheit beschäftigt, der christliche Arzt wird sich immer vor der Bezauberung durch die Technik, vor der Versuchung, sein Wissen und seine Kunst zu anderen Zwecken als zur Pflege des ihm anvertrauten Patienten zu benutzen, hüten müssen. Gott sei Dank wird er sich nie gegen eine andere, eine verbrecherische Versuchung zu verteidigen haben, nämlich die, die von Gott im Schoße der Natur verborgenen Wohltaten im Dienste niederer Interessen, beschämender Leidenschaften und unmenschlicher Anschläge zu benutzen ... Die natürliche und christliche Moral besitzt überall ihre unabdingbaren Rechte; von diesen und nicht von Erwägungen des Gefühls, der materialistischen und naturalistischen Philanthropie, müssen die wesentlichen Grundsätze der ärztlichen Pflichtenlehre abgeleitet werden: die Würde des menschlichen Körpers, der Vorrang der Seele vor dem Leibe, die Brüderlichkeit aller Menschen, die souveräne Herrschaft Gottes über das menschliche Leben und das Schicksal.
Wir haben schon manchmal Gelegenheit gehabt, eine ganze Anzahl von besonderen Punkten der ärztlichen Moral zu berühren. Doch heute steht eine Frage an erster Stelle, die nicht minder dringend als die anderen das Licht der katholischen Morallehre verlangt, die der künstlichen Befruchtung. Wir können die gegenwärtige Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ohne kurz in großen Zügen das sittliche Urteil aufzuzeigen, das diesem Gegenstand gegenüber notwendig ist.
I. Die Praxis dieser künstlichen Befruchtung kann, sobald es sich um den Menschen handelt, nicht ausschließlich und nicht einmal in erster Linie vom biologischen und ärztlichen Gesichtspunkt aus unter Nichtachtung der Moral und des Rechtes betrachtet werden.
2. Die künstliche Befruchtung außerhalb der Ehe ist kurz und einfach als unmoralisch zu beurteilen. Das positive natürliche Recht, das göttliche Recht sagen, dass die Zeugung neuen Lebens nur die Frucht der Ehe sein darf. Die Ehe allein garantiert die Würde der Eheleute (im gegenwärtigen Falle vor allem die der Frau) und ihr persönliches Heil. Sie allein sorgt für das Wohl und die Erziehung der Kinder. Folglich ist über die Verurteilung der künstlichen Befruchtung außerhalb der ehelichen Verbindung keine Meinungsverschiedenheit unter Katholiken möglich. Das unter solchen Bedingungen empfangene Kind wäre eben darum illegitim.
3. Die künstliche Befruchtung in der Ehe, jedoch hervorgerufen durch die aktive Einwirkung eines Dritten, ist ebenfalls unmoralisch und deshalb unwiderruflich abzulehnen.
Nur die Eheleute haben ein gegenseitiges Recht auf ihren Körper, um ein neues Leben zu zeugen, ein ausschließliches und unübertragbares Recht. Das ist auch im Hinblick auf das Kind notwendig. Wer einem kleinen Wesen das Leben schenkt, dem überträgt die Natur auf Grund eben dieses Bandes auch seine Erhaltung und Erziehung. Aber zwischen dem legitimen Gatten und dem Kind, das Frucht der aktiven Mitwirkung eines Dritten (auch mit Zustimmung des Gatten) wäre, besteht kein ursprüngliches Band ehelicher Zeugung.
4. Im Hinblick auf die Erlaubtheit der künstlichen Zeugung in der Ehe möge es Uns im Augenblick genügen, an folgende Grundsätze des natürlichen Rechts zu erinnern: Die einfache Tatsache, dass das Ergebnis, auf das man hinzielt, auf diese Weise erreicht wird, rechtfertigt nicht den Gebrauch des Mittels selbst; und der an sich sehr berechtigte Wunsch der Eheleute, ein Kind zu haben, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit des Rückgriffs auf die künstliche Befruchtung, die diesen Wunsch erfüllt, zu beweisen. Es wäre falsch zu denken, dass die Möglichkeit, dieses Mittel anzuwenden, eine Ehe zwischen Personen gültig machen könnte, die auf Grund des impedimentum impotentiae zu ihrem Vollzug nicht fähig wären. Andererseits ist es überflüssig zu bemerken, dass das aktive Element niemals Rechtmäßigerweise durch Handlungen gegen die Natur herbeigeführt werden kann.
Obwohl man nicht im voraus neue Methoden ausschließen kann, nur weil sie neu sind, muss man doch hinsichtlich der künstlichen Befruchtung nicht nur äußerst zurückhaltend sein, sondern sie absolut verwerfen. Wenn man das sagt, verwirft man nicht notwendig den Gebrauch gewisser künstlicher Mittel, die nur dazu bestimmt sind, den natürlichen Akt zu erleichtern, das heißt zu bewirken, dass der normal vollzogene Akt sein Ziel erreicht. Man darf nicht vergessen: nur die Zeugung eines neuen Lebens nach dem Willen und Plan des Schöpfers bewirkt in einem erstaunlichen Maß von Vollendung die Verwirklichung der erstrebten Ziele. Sie ist gleichzeitig der körperlichen und geistigen Natur und der Würde der Eheleute und der normalen und glücklichen Entwicklung des Kindes gemäß. "(7)
Zu dem gleichen Problem äußert sich Papst Pius XII. zwei Jahre später noch kurz in der Rede an die Hebammen:
"Das Zusammenleben der Gatten und den ehelichen Akt herabmindern auf eine rein organische Funktion zur Übertragung der Keime, hieße das Heim, das Heiligtum der Familie, in ein gewöhnliches biologisches Laboratorium verwandeln. Deshalb haben Wir in Unserer Ansprache vom 29. September 1949 an den Internationalen Kongress der katholischen Ärzte die künstliche Befruchtung in aller Form aus der Ehe hinausgewiesen.
Der eheliche Akt ist in seinem natürlichen Gefüge eine persönliche Betätigung, ein gleichzeitiges und unmittelbares Zusammenwirken der Gatten, das durch die Natur der Handelnden und die Eigenheit der Handlung der Ausdruck des gegenseitigen Sichschenkens ist und dem Wort und der Schrift gemäß das Einswerden ,in einem Fleisch allein' bewirkt. Das ist viel mehr als die Vereinigung von zwei Keimen, die auch künstlich getätigt werden kann, also ohne die natürliche Handlung der Gatten. Der eheliche Akt, so wie die Natur ihn angeordnet und gewollt hat, ist ein persönliches Zusammenwirken, zu dem die Brautleute im Eheabschluss sich gegenseitig das Recht übertragen. Ist daher diese Leistung in ihrer naturgemäßen Form von Anfang an dauernd unmöglich, so ist der Gegenstand des Ehevertrages mit einem wesentlichen Mangel behaftet. Das ist es, was Wir damals gesagt haben: ,Man vergesse nicht: nur die Weckung neuen Lebens nach dem Willen und Plan des Schöpfers bringt in einem Grad der Vollkommenheit, der Staunen erregt, die Verwirklichung der angestrebten Ziele. Sie ist gleichzeitig angepasst der leiblichen und seelischen Natur der Gatten wie der natürlichen und glücklichen Entwicklung des Kindes' ."(8)
Vor wenigen Jahrzehnten noch wäre diese Ansprache vor katholischen Ärztinnen und Ärzten undenkbar, unfassbar gewesen. Heute ist das Problem der künstlichen Befruchtung durch Literatur, leider sogar durch Zeitschriften, so verbreitet worden, dass der Heilige Vater um der Würde der Frau willen, der Heiligkeit der Ehe und des Anrechts des Kindes auf Zeugung durch Liebe den Standpunkt der Kirche in den einzelnen Fragen festlegen musste. Im August-Heft 1953 der "Frankfurter Hefte" befasst sich ein Artikel von Hermann Frühauf mit dem Thema der künstlichen Befruchtung. Er gibt bekannt, dass in Amerika jährlich etwa 20.000, in England 10.000 und in Frankreich 1000 Kinder in dieser Art zur Welt kommen. In Amerika führten 80 von 100 der Gynäkologen die Insemination aus; nur bei 10 Prozent seien die eigenen Ehegatten die Spender.
Wie würdelos ein solches Verfahren für die Frau ist, wie gefahrvoll durch die Erbgesetze für die Kinder, braucht hier wirklich nicht ausgeführt zu werden. Frühauf gibt an, dass die "Académie française des Sciences morales et politiques" und die englische Staatskirche nicht die künstliche Befruchtung unter den Ehegatten, wohl aber durch Fremdsperma ablehnen. Da auf dem katholischen Ärztekongress 1949 in Rom die Stellung bezüglich des Spermas des Ehemannes unter den Ärzten nicht eindeutig klar gewesen sei, habe man den Papst um seine Stellungnahme gebeten. Die Antwort des Papstes ist nun aber ganz eindeutig ablehnend, klar und bindend und muss um der Frauenwürde willen auch allen Eheleuten bekannt sein. Hier kann nur die Frau selbst sich schützen, dass man ihre Ehre, ihr tiefstes Frauentum nicht antastet und herabzieht.
Im Januar 1956 trafen in Rom zu einem internationalen Kongress von Gynäkologen zahlreiche Vertreter aus allen Erdteilen zusammen. Auf die Bitte vieler Ärzte hielt Papst Pius XII. am 8. Januar bei einer Audienz eine Ansprache über das Thema der schmerzlosen Geburt. Diese Rede, die für die christliche Frau von besonderer Bedeutung ist, soll hier folgen, da sie überall zu lebhaftesten Fragen und Debatten anregte. Zumal der Abschluss der Ansprache, der bei einer Besprechung in Zeitungen und Zeitschriften fast regelmäßig übergangen wurde, gibt gerade der katholischen Frau wertvollste Anregung und Ermutigung. "Wir sind über eine Neuerung in der Gynäkologie unterrichtet worden, und man hat Uns gebeten, zu ihr vom ethischen und religiösen Standpunkt aus Stellung zu nehmen. Es handelt sich um die natürliche, schmerzlose Entbindung, zu deren Zustandekommen man keine künstlichen Mittel anwendet, sondern wo man allein die natürlichen Kräfte der Mutter wirken lässt.
In Unserer Ansprache an die Teilnehmer des 4. Internationalen katholischen Ärztekongresses vom 29. September 1949 sagten Wir, dass der Arzt sich vornimmt, wenigstens die Leiden und Schmerzen zu lindern, die die Menschen heimsuchen. Wir wiesen auf den Chirurgen hin, der sich bemüht, bei den notwendigen Eingriffen den Schmerz soweit wie möglich aus zuschalten; Wir erinnerten an den Frauenarzt, der versucht, die Geburtswehen abzuschwächen, ohne das Leben von Mutter und Kind zu gefährden und ohne dem Band der Mutterliebe, das, wie man behauptet, gewöhnlich in diesen Augenblicken geknüpft wird, zu schaden. Die letzte Bemerkung bezog sich auf die Behandlungsweise, die damals in der Entbindungsanstalt einer modernen Großstadt angewandt wurde: um der Mutter die Schmerzen zu ersparen, hatte man sie in hypnotischen Tiefschlaf versetzt. Doch stellte man fest, dass diese Behandlungsweise eine gewisse Gefühlskälte gegen das Kind nach sich zog. Einige glaubten jedoch, die Tatsache anders erklären zu können. Belehrt durch diese Erfahrung, trug man in der Folgezeit Sorge, die Mutter während der Wehen mehrmals für einige Augenblicke aus dem Schlaf zu wecken. Auf diese Weise konnte man das, was man befürchtete, vermeiden. Ähnliche Feststellungen konnten bei lang andauernder Narkose gemacht werden. Die neue Methode, von der Wir nun sprechen wollen, kennt diese Gefahr nicht; sie erhält der Gebärenden von Anfang bis Ende das volle Bewusstsein und den freien Gebrauch ihrer Seelenkräfte (Vernunft, Wille und Gefühlsleben), sie verhindert oder - nach anderen - vermindert nur den Schmerz. Welche Stellung muss man dieser Methode gegenüber vom ethischen und religiösen Standpunkt aus einnehmen?
Grundlinien der neuen Methode
I. Ihre Verknüpfung mit der Erfahrung der Vergangenheit
Die schmerzlose Entbindung als tagtägliches Ereignis betrachtet, steht einwandfrei außerhalb der gemeinmenschlichen Erfahrung, sowohl der Jetztzeit als auch der Vergangenheit und der Urzeit. Die neuesten Forschungen zeigen, dass einige Mütter gebären, ohne Schmerzen zu verspüren, obwohl keine schmerzlindernden oder betäubenden Mittel angewandt wurden. Sie zeigen aber auch, dass der Grad der Schmerzempfindung bei den Primitiven geringer ist als bei den Kulturvölkern. Wenn er auch in vielen Fällen das Mittelmaß nicht überschreitet, bleibt doch, dass der Grad der Schmerzen bei den meisten Müttern groß ist; und es ist sogar nicht selten, dass die Schmerzen unerträglich sind. Das sind die Beobachtungen von heute.
Dasselbe muss man von der Vergangenheit sagen, soweit uns die geschichtlichen Quellen eine Überprüfung gestatten. Die Geburtswehen hatten stets sprichwörtlichen Charakter. Man bezog sich auf sie, wenn man einen sehr großen und tiefen Schmerz veranschaulichen wollte. Das weltliche wie auch das religiöse Schrifttum bietet Beweise genug dafür. Die Ausdrucksweise findet sich in der Tat häufig selbst in den biblischen Texten des Alten und Neuen Testamentes, besonders in den Schriften der Propheten ...
All das erlaubt Uns zu behaupten: für die Menschen von früher und heute ist es eine allgemeingültige Tatsache, dass die Mutter unter Schmerzen gebiert. Dem widersetzt sich die neue Methode.
a) Allgemeine von den Anhängern dieser Methode anegstellte Erwägungen
Zwei allgemeine Erwägungen, die von den Vertretern der neuen Methode angestellt werden, lenken und leiten denjenigen, der einen Abriss ihrer wesentlichen Punkte geben will. Die erste betrifft den Unterschied zwischen der schmerzlosen und schmerzhaften Tätigkeit der Organe und Glieder, die andere den Ursprung des Schmerzes und seine Verbindung mit der organischen Betätigung.
Die Funktionen des Organismus, behauptet man, sind, wenn sie normal und naturgerecht verlaufen, nicht mit Schmerzempfindungen verbunden. Diese zeigen vielmehr eine Störung an. Anderseits würde die Natur sich selbst widersprechen; denn sie verbindet den Schmerz mit dem fehlerhaften Verlauf, um eine Abwehr- und Schutzmaßnahme gegen den Schädling hervorzurufen. Eine normale Geburt ist aber ein natürlicher Vorgang und müsste darum Notwendigerweise ohne Schmerzen vor sich gehen. Woher kommen diese nun?
Die Schmerzempfindung, antwortet man, wird von der Hirnrinde ausgelöst und geleitet, wo alle Reize und Warnzeichen des ganzen Organismus zusammenlaufen. Das Zentralorgan reagiert in der verschiedensten Weise auf diese. Einige von diesen Reaktionen (oder Reflexen) empfangen von der Natur ihren ganz bestimmten Charakter und sind von ihr mit bestimmten Vorgängen verbunden (absolute Reflexe); für andere hat die Natur weder den Charakter noch die Verbindung festgesetzt, sie werden vielmehr anderseitig bestimmt (bedingte Reflexe).
Die Schmerzempfindungen gehören zu denjenigen Reflexen (absoluten oder bedingten), die von der Hirnrinde ausgehen. Versuche haben gezeigt, dass es auf Grund willkürlicher Ideenverbindungen möglich ist, Schmerzempfindungen hervorzurufen, selbst wenn der Reiz, der sie hervorruft, an sich vollkommen unfähig dazu ist. In den menschlichen Beziehungen werden diese bedingten Reflexe am häufigsten und wirksamsten durch die Sprache ausgelöst, durch das gesprochene oder geschriebene Wort, oder wenn man will, durch herrschende Meinungen, die man übernimmt und weitergibt.
b) Elemente der neuen Methode
Auf Grund dieser Voraussetzung erklärt man den Ursprung der starken Schmerzempfindung bei der Niederkunft. Nach gewissen Autoren werden sie durch Reflexe hervorgerufen, die ihrerseits wieder durch falsche ideologische und Gefühlsverbindungen ausgelöst werden.
Die Schüler des Russen Pavlov (Physiologen, Psychologen und Gynäkologen) stellen unter Zuhilfenahme der Forschung ihres Lehrers über die bedingten Reflexe im großen und ganzen die Methode folgendermaßen dar:
aa) Ihr Fundament
Die Niederkunft ist nicht immer schmerzhaft gewesen, aber sie ist es im Laufe der Zeit auf Grund der ,bedingten Reflexe' geworden. Diese können durch eine erste schmerzhafte Geburt hervorgerufen worden sein; vielleicht spielt auch die Vererbung eine Rolle, aber das sind alles Nebenursachen. Hauptursache ist die Sprache, die Meinung der Umwelt, die da sagt: Die Niederkunft ist ,die schwere Stunde für die Mutter, es ist eine von der Natur ihr auferlegte Folter, welche die Mutter unerträglichen Schmerzen ausliefert, ohne ihr die Möglichkeit zur Verteidigung zu geben. Diese von der Umwelt geschaffene Ideenverbindung ruft die Angst vor der Niederkunft und die Angst vor den mit ihr verbundenen schrecklichen Schmerzen hervor. Wenn so am Anfang der Geburt das Zusammenziehen der Gebärmuttermuskeln zu spüren ist, entsteht die Verteidigungs- und Abwehrreaktion gegen den Schmerz. Diese Schmerzreaktion ruft einen Muskelkrampf hervor, der seinerseits ein Anwachsen der Schmerzen bewirkt. Die Schmerzen sind also tatsächliche Schmerzen, aber sie gehen auf eine Ursache zurück, die falsch gedeutet wird. Was bei der Geburt tatsächlich vor sich geht, ist das normale Zusammenziehen der Gebärmutter, begleitet von organischen Wahrnehmungen. Aber diese Wahrnehmungen werden von den Zentralorganen nicht als das gedeutet, was sie wirklich sind, nämlich einfache natürliche Vorgänge, sondern kraft der bedingten Reflexe und besonders infolge der großen ,Angst' entarten sie in Schmerzempfindungen.
bb) Ihr Ziel
Nachdem man auf diese Weise die Ursache der schmerzhaften Geburtswehen erklärt hat, kann man verstehen, was Zweck und Ziel der schmerzlosen Geburtshilfe ist. Unter Anwendung der erworbenen wissenschaftlichen Erkenntnis will man zuerst die schon bestehende Verbindung zwischen der normalen Wahrnehmung der Zusammenziehung der Gebärmutter und der Schmerzreaktion der Hirnrinde trennen. Auf diese Weise unterdrückt man die negativen bedingten Reflexe. Gleichzeitig muss man neue, positive Reflexe schaffen, welche die negativen ersetzen.
ee) Ihre praktische Anwendung
Die praktische Anwendung besteht darin, dass man den Müttern (lange vor ihrer Niederkunft) einen gründlichen, ihrer Fassungskraft angepassten Unterricht über die Vorgänge gibt, die sich in ihnen während der Schwangerschaft und besonders während der Geburt vollziehen. Diese natürlichen Vorgänge waren ihnen meistens schon irgendwie bekannt, aber oft sahen sie nicht die Verkettung der einzelnen Vorgänge. Viele Dinge blieben auch in ein geheimnisvolles Dunkel gehüllt und boten dadurch Anlass zu falschen Auslegungen. So erhielten die charakteristischen bedingten Reflexe eine bedeutsame Wirkkraft, da Sorge und Angst hier ständig genährt wurden. Alle diese negativen Elemente würden durch den erwähnten Unterricht beseitigt. Zugleich wendet man sich wiederholt an den Willen und das Empfinden der Mutter, um keine unbegründeten Angstgefühle aufkommen zu lassen, die man ihr als solche klargemacht hat. Man muss auch das Schmerzgefühl, das sich vielleicht zeigen könnte, ausschalten, da es ja in keinem Fall begründet ist und, wie man sie gelehrt hat, nur auf einer falschen Deutung der natürlichen organischen Wahrnehmung der sich zusammenziehenden Gebärmutter beruht. Die Mütter werden besonders dazu angehalten, die natürliche Größe und Würde dessen, was sie in der Stunde der Geburt vollbringen, zu schätzen. Man gibt ihnen auch ins einzelne gehende technische Anweisungen, was sie tun müssen, um einen guten Verlauf der Niederkunft sicherzustellen. Man unterweist sie z. B., wie sie die Muskulatur betätigen und wie sie richtig atmen müssen. Dieser Unterricht wird meistens in der Form von praktischen Übungen erteilt, damit sie mit der Technik vertraut sind, wenn die Stunde der Niederkunft gekommen ist. Es gilt also, die Mütter zu führen und sie in den Stand zu setzen, die Geburt nicht wie einen unabwendbaren Vorgang rein passiv durchzustehen, sondern ihr aktiv zu begegnen, sie durch Vernunft, den Willen und das Gefühlsleben zu beeinflussen und sie in dem von der Natur gewollten Sinne und mit ihr zu vollenden. Während der Vorbereitungen wird die Mutter nicht sich selbst überlassen. Sie genießt den Beistand und die ständige Kontrolle eines nach der neuen Technik ausgebildeten Personals, das ihr ins Gedächtnis ruft, was sie gelernt hat, das ihr im rechten Augenblick sagt, was sie tun, lassen oder ändern muss, das gegebenenfalls sofort ihre Fehler verbessert und ihr hilft, die Anomalien, die sich einstellen könnten, abzustellen. Das ist im wesentlichen die Methode der schmerzlosen Geburt nach den russischen Forschern. Der Engländer Grantly Dick Read seinerseits hat eine Theorie und Technik aufgestellt, die der obigen in gewissen Punkten ähnlich ist; in seinen philosophischen und metaphysischen Voraussetzungen dagegen weicht er wesentlich von ihr ab; denn er stützt sich nicht wie jene auf die materialistische Weltanschauung.
dd) Ausbreitung und Erfolg
Was die Ausbreitung und den Erfolg der neuen Methode angeht (die man psycho-prophylaktische nennt), so behauptet man, dass sie in Russland und China schon in mehreren hunderttausend Fällen angewandt worden sei. Sie hat auch bereits in verschiedenen westlichen Ländern Fuß gefasst. Verschiedene städtische Entbindungsanstalten sollen besondere Abteilungen für sie eingerichtet haben. Entbindungsanstalten, die ausschließlich nach der neuen Methode arbeiten, sollen bis jetzt in westlichen Ländern selten sein. Unter anderen hat Frankreich eine (kommunistische) in Paris; ebenfalls in Frankreich haben zwei katholische Anstalten, in Jallieu und in Cambrai, die neue Methode vollständig übernommen, ohne jedoch, was sich in der Vergangenheit bewährt hat, aufzugeben.
Man behauptet, der Erfolg sei groß. 85% bis 90% aller nach der neuen Methode vorbereiteten Geburten sollen tatsächlich schmerzfrei gewesen sein.
II. Beurteilung der neuen Methode
I. Wissenschaftliche Beurteilung
Nachdem Wir im Vorhergehenden die neue Methode im Aufriss gezeigt haben, gehen Wir zu ihrer Beurteilung über. In den Uns zur Verfügung gestellten Unterlagen findet sich folgender bemerkenswerter Hinweis: ,Erstes unabdingbares Erfordernis seitens des Personals ist der unbedingte Glaube an die Methode.' Kann man einen bedingungslosen Glauben dieser Art auf Grund von wissenschaftlich gesicherten Ergebnissen fordern? Zweifellos enthält die Methode Elemente, die man als wissenschaftlich erwiesen betrachten muss; andere haben nur einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit; andere bleiben (wenigstens für den Augenblick) noch fraglich. Es ist wissenschaftlich festgestellt, dass es - allgemein gesehen - bedingte Reflexe gibt; dass bestimmte Vorstellungen oder Gemütszustände mit gewissen Ereignissen verbunden sein können und dass das auch im Fall von Schmerzempfindungen eintreten kann. Aber dass damit schon bewiesen sei (oder wenigstens bewiesen werden könnte), dass die Schmerzen der Entbindung ausschließlich auf diese Ursache zurückzuführen sind, das leuchtet vielen zur Stunde noch nicht ein. Ernsthafte Beurteiler machen auch Vorbehalte hinsichtlich des gleichsam apriorisch aufgestellten Grundsatzes: ,Alle normalen Körpervorgänge, daher auch die normale Geburt, müssen sich schmerzlos vollziehen, andernfalls würde die Natur sich selbst widersprechen.' Sie lassen weder gelten, dass dieser Satz ohne Ausnahme allgemeingültig ist, noch dass die Natur sich widerspräche, wenn sie aus der Geburt einen hochgradig schmerzhaften Akt gemacht hätte. Tatsächlich, so sagen sie, wäre es physiologisch und psychologisch vollauf verständlich, dass die Natur, aus Sorge um die Mutter, die gebiert, und um das Kind, das geboren wird, sich so verhielte, um damit auf unmissverständliche Weise die Wichtigkeit dieses Aktes zum Bewusstsein zu bringen und die Maßnahmen zu erzwingen, die für Mutter und Kind erforderlich sind.
Überlassen wir den zuständigen Fachgelehrten die wissenschaftliche Überprüfung dieser zwei Grundsätze, die für die einen sicher, für die anderen dagegen strittig sind. Um aber über wahr und falsch zu entscheiden, muss man den ausschlaggebenden objektiven Maßstab gelten lassen: ,Der wissenschaftliche Charakter und der Wert einer Entdeckung bemessen sich ausschließlich nach ihrer Übereinstimmung mit der objektiven Wirklichkeit.' Es ist wichtig, hier nicht den Unterschied zu übersehen zwischen ,Wahrheit' und ,Behauptung' (,Auslegung', ,Unterstellung', ,Einstellung', ,Einordnung') der Wahrheit. Ob die Natur die Niederkunft an sich und in Wirklichkeit schmerzlos gestaltet hat, ob sie in der Folge wegen der bedingten Reflexe schmerzhaft geworden ist, ob sie wieder schmerzlos werden kann - wenn all das nicht nur behauptet, angenommen, systematisch konstruiert wird, sondern als wirklich nachgewiesen ist, dann ergibt sich, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse wahr sind. Wenn es aber nicht, oder wenigstens noch nicht möglich ist, diesbezüglich volle Gewissheit zu erhalten, muss man sich jeder absoluten Aussage enthalten und die erreichten Schlussfolgerungen als wissenschaftliche ,Hypothesen' betrachten. Wir verzichten indessen im Augenblick darauf, ein endgültiges Urteil über den Grad der wissenschaftlichen Sicherheit der psycho-prophylaktischen Methode abzugeben, und gehen dazu über, sie vom moralischen Standpunkt zu untersuchen.
2. Ethische Beurteilung
Ist diese Methode sittlich einwandfrei? Die Antwort, die den Gegenstand, den Zweck und den Beweggrund dieser Methode berücksichtigen muss, lautet kurz: ,In sich betrachtet, enthält die Methode nichts, was vom moralischen Standpunkt aus zu beanstanden wäre.'
Sowohl die Unterweisung über das Wirken der Natur bei der Niederkunft als auch die Berichtigung der falschen Deutung organischer Empfindungen und die Aufforderung, diesseIbe zu verbessern; ferner die Beeinflussung zum Zweck der Ausschaltung unbegründeter Angst und Befürchtungen, die Hilfe, die der werdenden Mutter gewährt wird, damit sie in zweckmäßiger Weise mit der Natur mitwirke, die Ruhe und Selbstbeherrschung bewahre; desgleichen ein stärkeres Bewusstsein von der Größe der Mutterschaft im allgemeinen und besonders von der Stunde, da die Mutter das Kind zur Welt bringt: das alles sind positive Werte, an denen nichts auszusetzen ist, Wohltaten für die Gebärende, die in voller Übereinstimmung mit dem Willen des Schöpfers stehen. So gesehen und verstanden, ist die Methode eine natürliche Askese, die die Mutter vor Oberflächlichkeit und Leichtfertigkeit bewahrt. Sie übt einen positiven Einfluss auf ihre Persönlichkeit aus, sorgt dafür, dass sie in der wichtigen Stunde der Geburt charakterstark und zuverlässig ist. Noch unter anderen Gesichtspunkten kann die Methode zu positiven sittlichen Ergebnissen führen. Wenn es gelingt, Schmerzen und Angst vor der Geburt auszuschalten, vermindert man oft dadurch den Anreiz, unsittliche Handlungen bei der Ausübung der ehelichen Rechte zu begehen.
Was die Beweggründe und den Zweck der Hilfe für die Gebärende angeht, so trägt die materielle Betätigung als solche keine sittliche Bewertung in sich, weder im positiven noch im negativen Sinne: Sie ist vielmehr Sache dessen, der seine Hilfe zur Verfügung stellt. Diese kann und muss geleistet werden aus untadeligen Beweggründen und im Hinblick auf ein einwandfreies Ziel, wie beispielsweise den Vorteil, den eine rein wissenschaftliche Tatsache bildet, das natürliche und edle Gefühl, das in der Mutter die menschliche Person achtet und liebt, das ihr Gutes tun und ihr beistehen will, eine tief religiöse und christliche Einstellung, die sich von den Idealen eines lebendigen Christentums leiten lässt. Es kann aber auch vorkommen, dass der Beistand einen Zweck verfolgt und Beweggründen gehorcht, die unsittlich sind; in diesem Fall liegt es an der persönlichen Tätigkeit dessen, der die Hilfe leistet; er hat dann Schaden davon. Der unsittliche Beweggrund verwandelt die gute Hilfeleistung nicht in eine schlechte Sache, wenigstens nicht, was ihr Wesensgefüge angeht, wie umgekehrt eine in sich gute Hilfeleistung einen schlechten Beweggrund nicht rechtfertigen oder seine Güte beweisen kann.
3. Theologische Beurteilung
Es bleibt noch ein Wort der theologischen und religiösen Beurteilung zu sagen, soweit sich diese von der moralischen Bewertung im strengen Sinne unterscheidet. Die neue Methode wird oft vorgetragen im Zusammenhang mit einer materialistischen Philosophie und Kultur und im Gegensatz zur Heiligen Schrift und zum Christentum.
Die Weltanschauung eines Forschers und Gelehrten ist an sich kein Beweis für die Wahrheit und den Wert dessen, was er entdeckt und klargestellt hat. Der Lehrsatz des Pythagoras oder (um bei der Medizin zu bleiben) die Beobachtungen des Hippokrates, die man als richtig anerkannt hat, die Entdeckung eines Pasteur, die Vererbungsgesetze Mendels verdanken die Wahrheit ihres Inhaltes keineswegs den moralischen und religiösen Ansichten ihrer Urheber. Sie sind weder ,heidnisch', weil Pythagoras und Hippokrates Heiden waren, noch ,christlich', weil Pasteur und Mendel Christen waren. Diese wissenschaftlichen Errungenschaften sind wahr, weil und in dem Maße, wie sie der objektiven Wirklichkeit entsprechen.
Auch ein materialistischer Forscher kann eine wirkliche und wertvolle wissenschaftliche Entdeckung machen. Aber dieser Beitrag stellt in keiner Weise einen Beweis für seine materialistischen Anschauungen dar.
Dieselben Gedankengänge gelten für den Kulturkreis, dem ein Gelehrter zugehört. Seine Entdeckungen sind nicht wahr oder falsch auf Grund dieses oder jenes Kulturkreises, aus dem er hervorgegangen ist und der ihn beeinflusst und ihm seine Merkmale aufgeprägt hat.
Die Gesetze, die Theorie und Technik der naturgemäßen Niederkunft ohne Schmerzen sind zweifellos wertvoll, aber sie wurden von Gelehrten erarbeitet, die sich zum guten Teil zu einer materialistischen Weltanschauung bekennen und einer materialistischen Kultur angehören. Diese Weltanschauung ist nun deshalb nicht wahr, weil die erwähnten wissenschaftlichen Ergebnisse es sind. Noch viel weniger zutreffend ist, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse wahr und als solche erwiesen sind, weil ihre Urheber und die Kulturen, denen sie entstammen, materialistisch orientiert sind. Die Kriterien für die Wahrheit liegen anderswo.
Der überzeugte Christ findet in seinem Gedankengut und in seiner Kultur nichts, was ihn hindern würde, sich ernsthaft, theoretisch und praktisch mit der psycho-prophylaktischen Methode zu befassen. Er weiß als allgemeine Regel, dass Wirklichkeit und Wahrheit nicht gleichbedeutend sind mit ihrer Ausdeutung, Unterstellung und Einordnung und dass er demzufolge zu gleicher Zeit das eine ganz annehmen und das andere ebenso ganz verwerfen kann.
4. Die neue Methode und die Heilige Schrift
Eine kritische Beurteilung der neuen Methode unter theologischen Gesichtspunkten muss vor allem Rechenschaft ablegen gegenüber der Heiligen Schrift; denn die materialistische Propaganda behauptet, es bestehe zwischen der Wahrheit der Wissenschaft und der Wahrheit der Heiligen Schrift ein offensichtlicher Widerspruch. Im Buch der Schöpfung (Gen 3, 16) steht geschrieben: ,In dolore paries filios' (In Schmerzen sollst du Kinder gebären). Um dieses Wort recht zu verstehen, muss man das Strafurteil Gottes im ganzen Zusammenhang betrachten. Damit, dass Gott den Stammeltern und ihrer Nachkommenschaft diese Strafe auferlegte, hat er den Menschen nicht verbieten wollen und auch nicht verboten, den ganzen Reichtum der Schöpfung zu erforschen und nutzbar zu machen, die Kultur Schritt für Schritt voranzubringen, das Leben in dieser Welt erträglicher und schöner zu gestalten, Erleichterung zu schaffen für die Arbeit und Ermüdung, den Schmerz, die Krankheit, den Tod, kurz, sich die Erde untertan zu machen (vgl. Gen 1, 28). In gleicher Weise hat Gott, als er Eva bestrafte, den Müttern weder verbieten wollen noch verboten, die Mittel zu benutzen, die die Niederkunft leichter und weniger schmerzhaft machen. Es geht nicht an, Ausflüchte zu suchen für die Worte der Schrift; sie bleiben wahr in dem Sinne, den der Schöpfer gewollt und ausgedrückt hat: die Mutterschaft wird der Mutter viel zu tragen geben. Wie hat sich Gott die Züchtigung im einzelnen gedacht und wie wird er sie verwirklichen? Die Schrift sagt nichts darüber. Manche behaupten, dass der Akt der Geburt am Anfang ganz schmerzlos war und erst später schmerzhaft geworden ist (vielleicht infolge einer irrtümlichen Auslegung des göttlichen Strafurteils), durch das Spiel von Selbst- und Fremdbeeinflussung, von bedingten Reflexen und wegen fehlerhaften Verhaltens der Gebärenden. Bis heute jedenfalls sind diese Behauptungen in ihrer Gesamtheit nicht bewiesen worden. Auf der anderen Seite kann es sehr wohl sein, dass unrichtiges (sowohl physisches wie psychisches) Verhalten der Gebärenden in der Lage ist, die Schwierigkeiten der Geburt wesentlich zu erhöhen und diese tatsächlich erhöht hat.
Wissenschaft und Technik können also Nutzen ziehen aus den Schlussfolgerungen der experimentellen Psychologie, der Physiologie und der Frauenheilkunde (wie z. B. bei der psycho-prophylaktischen Methode), um die Fehlerquellen und die schmerzhaften bedingten Reflexe zu beseitigen und die Geburt so schmerzlos wie nur möglich zu machen. Die Schrift verbietet das nicht.
Schlussbetrachtungen über die christliche Geburtshilfe
Zum Abschluss lasst Uns einige Bemerkungen über die christliche Geburtshilfe machen.
Die christliche Nächstenliebe hat sich seit jeher der Mütter in der Stunde der Geburt angenommen. Sie hat sich Mühe gegeben und gibt sich heute noch Mühe, ihnen, entsprechend dem jeweiligen Fortschritt der Wissenschaft und Technik, seelisch und körperlich wirksam zu helfen. Bezüglich der neuen Errungenschaften der psycho-prophylaktischen Methode kann das heute vielleicht der Fall sein, in dem Maße nämlich, als diese die Anerkennung ernsthafter Gelehrter findet. Hier kann die christliche Geburtshilfe all das in ihre Grundsätze und Methoden aufnehmen, was richtig und vertretbar ist.
Sie möge sich jedoch damit keinesfalls solchen Personen gegenüber damit begnügen, die für mehr aufnahmebereit sind. Sie möge nichts aufgeben von den religiösen Werten, die sie bislang zur Geltung gebracht hat. In Unserer Ansprache an den Kongress des Verbandes der Italienischen Katholischen Hebammen, am 29. Oktober 1951, haben Wir im einzelnen über das Apostolat gesprochen, zu dem die katholischen Hebammen befähigt und das sie bei ihrer Tätigkeit auszuüben berufen sind. Unter anderem erwähnten Wir das persönliche Apostolat, d. h. jenes Apostolat, das sie mit ihrem Wissen, ihrer Fertigkeit und ihrem standfesten christlichen Glauben ausüben, dann das Apostolat der Mutterschaft, in dem sie sich bemühen, die Mütter an ihre Würde, ihren Ernst und ihre Größe zu erinnern. Hier kommt das zur Anwendung, was Wir heute gesagt haben; denn sie stehen den Müttern in der Stunde der Geburt zur Seite. Die christliche Mutter schöpft aus ihrem Glauben und ihrem Gnadenleben das Licht und die Kraft, Gott ganz zu vertrauen, sich unter dem Schutz seiner Vorsehung zu fühlen und auch bereitwillig anzunehmen, was Gott ihr zu tragen aufgibt. Es wäre daher schade, wenn die christliche Geburtshilfe sich darauf beschränken würde, ihr nur seelisch-vorbeugende Dienste rein natürlicher Art zu leisten.
Zwei Punkte sollen hier hervorgehoben werden: Das Christentum deutet Leid und Kreuz nicht nur im negativen Sinne. Wenn die neue Technik die Schmerzen der Niederkunft erspart oder lindert, kann die christliche Geburtshilfe das ohne Gewissensbedenken annehmen; aber sie ist nicht dazu verpflichtet. Im Falle eines halben Erfolges oder eines Misserfolges weiß sie, dass das Leid eine Quelle des Guten werden kann, wenn man es in Gott erduldet und aus Gehorsam gegen seinen Willen trägt. Das Leben und das Leiden des Herrn, die Leiden, die so viele große Menschen ertragen und sogar gesucht haben, an denen sie gereift und emporgewachsen sind bis zur Höhe christlichen Heroismus, die alltäglichen Beispiele ergebungsvoller Annahme des Kreuzes, die Wir vor Augen haben: all das offenbart den Sinn des Leidens, der geduldigen Hinnahme des Schmerzes in der gegenwärtigen Heilsordnung während dieser irdischen Lebenszeit.
Eine zweite Bemerkung. Christliche Auffassung und christliches Leben - demzufolge auch die christliche Geburtshilfe sehen im Fortschritt der Wissenschaft und in der Verfeinerung der Technik keinen absoluten Wert. Dagegen finden eine materialistische Denkweise und Lebensauffassung diese Einstellung natürlich: sie dient ihnen als Religion oder als Religionsersatz. Obwohl der Christ den neuen Entdeckungen der Wissenschaft Beifall zollt und sie sich nutzbar macht, verwirft er jedoch jede materialistische Vergötzung der Wissenschaft und der Kultur. Er weiß, dass diese einen Platz auf der objektiven Wertleiter haben, aber auch, dass dieser Platz, ohne der letzte zu sein, doch nicht der erste ist. Selbst ihnen gegenüber wiederholt er heute, wie einst und immer: ,Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit' (Mt 6, 33). Der höchste und letzte Wert des Menschen liegt nicht in seinem Wissen und seinen technischen Fähigkeiten, sondern in der Liebe zu Gott und in der Hingabe an seinen Dienst. Aus diesen Gründen wird der Christ, vor die wissenschaftliche Entdeckung der schmerzlosen Entbindung gestellt, sich wohl hüten, sie rückhaltslos zu bewundern und mit überstürztem Eifer sie in Dienst zu stellen. Er bewertet sie positiv und wohlüberlegt im Lichte der gesunden natürlichen Vernunft und dem noch helleren Lichte des Glaubens und der Liebe, das von Gott und vom Kreuze Christi ausstrahlt. "(9)
Im Jahre 1951 begründeten namhafte Ärzte die "Internationale Gesellschaft für Fruchtbarkeit", die 1953 zu ihrem 1. Kongress in New York zusammentrat, mit dem Willen des gegenseitigen Austausches der Kenntnisse, die die internationalen Forschungen auf dem Gebiet der Fruchtbarkeit erwerben. Im Mai 1956 tagte diese "Internationale Gesellschaft .. " auf ihrem II. Weltkongress in Neapel. Die Mitglieder wurden am 19. Mai von Papst Pius XII. in Audienz empfangen. Bei dieser Gelegenheit hielt der Heilige Vater eine Ansprache, in der er auf sittliche Fragen der Probleme, an deren Untersuchung der Kongress vom wissenschaftlichen Standpunkt aus herangehen wollte, einging.
Aus dieser Rede sollen hier einige Auszüge als Ergänzung der vorhergehenden päpstlichen Ansprachen folgen, die nicht nur vom medizinischen Standpunkt aus von allgemeiner Bedeutung sind. :
" ... Ihr voriger Kongress hat in seiner Schlusserklärung darauf hingewiesen, dass die unfreiwillige eheliche Unfruchtbarkeit ein wirtschaftliches und soziales Problem von großer Bedeutung aufwerfe, dass sie mit dazu beitrage, die Geburtenziffer der Völker herabzusetzen, und dass sie dadurch das Bestehen und Schicksal eines Volkes beeinflussen kann. Es kommt zuweilen vor, dass man bei diesem offensichtlicheren, kontrollierbareren Gesichtspunkt haltmacht. Dann wird man sagen, dass man die Geburtenzahl einer Nation fördern muss, um deren Vitalität, ihre Ausbreitungskraft auf allen Gebieten zu erhalten. Es stimmt, dass eine hohe Geburtenzahl die schöpferischen Kräfte eines Volkes oder einer Familie beweist; sie zeugt vom Mut des Menschen gegenüber dem Leben, seinen Gefahren und Schwierigkeiten; sie unterstreicht seinen Willen, aufzubauen und fortzuschreiten. Man hat recht, zu betonen, dass die physische Unfähigkeit zu Vaterschaft und Mutterschaft leicht Anlass zu Mutlosigkeit und Rückwendung auf sich selber wird. Das Leben, das glühend wünschte, sich fortzupflanzen, über sich hinauszureichen, fällt sozusagen auf sich selbst zurück, und leider versagen viele Ehen angesichts dieser Prüfung.
Mit Zustimmung möchten Wir hier einen Gesichtspunkt erwähnen, den Sie selbst hervorgehoben haben. Es ist vollkommen richtig, dass Ihr Eifer, die Untersuchungen über die eheliche Unfruchtbarkeit und die Mittel, ihrer Herr zu werden, zwar einen sehr beachtlichen wissenschaftlichen Aspekt bietet, aber auch hohe geistige und sittliche Werte mit betrifft, die man nicht außer acht lassen darf. Wir haben sie bereits erwähnt. Es ist tief menschlich, dass die Ehegatten in ihrem Kind den wahren und vollen Ausdruck ihrer gegenseitigen Liebe und gegenseitigen Hingabe erblicken. Es ist nicht schwer zu verstehen, warum der unerfüllte Wunsch nach Vaterschaft oder Mutterschaft von Eltern, die von edlen und gesunden Gefühlen beseelt sind, als ein schweres und schmerzliches Opfer empfunden wird. Mehr noch, die unfreiwillige Unfruchtbarkeit der Ehe kann zu einer ernsten Gefahr für die Einheit und Festigkeit der Familie selber werden."
Das Kind als Ziel der Ehe
"Aber dieser soziale Aspekt überdeckt in Wahrheit nur eine noch intimere und ernstere Realität. Die Ehe eint zwei Personen in einer Schicksalsgemeinschaft auf dem Weg zur Verwirklichung eines Ideals, das nicht nur die Fülle irdischen Glücks einschließt, sondern auch die Eroberung geistiger Werte einer transzendenten Ordnung, die zumal die christliche Offenbarung in ihrer ganzen Größe vorstellt. Nach diesem Ideal streben die Eheleute gemeinsam, indem sie sich der Erlangung des ersten Zieles der Ehe, der Zeugung und Erziehung der Kinder, weihen.
Schon mehrmals haben Wir es für nötig erachtet, daran zu erinnern, dass die besonderen Absichten der Gatten, ihr gemeinsames Leben, ihre persönliche Vervollkommnung, nicht anders begriffen werden können als dem Ziel untergeordnet, das über sie selber hinausgeht: der Vaterschaft und der Mutterschaft. ,Nicht allein das gemeinsame äußere Tun, auch die ganze Persönlichkeitsbereicherung, auch der geistige und seelische Reichtum, ja sogar all das Höchste und Tiefste an Seelischem in der Gattenliebe als solcher ist nach dem Willen der Natur und des Schöpfers in den Dienst der Nachkommenschaft gestellt worden', sagten Wir in einer Ansprache an die Hebammen am 29. Oktober 1951. Das ist die ständige Lehre der Kirche; sie hat jede Auffassung der Ehe, die droht, sie auf sich selbst zurückzuwenden, sie zu einer egoistischen Suche nach gefühlsmäßiger und physischer Befriedigung im alleinigen Interesse der Eheleute zu machen, zurückgewiesen.
Aber die Kirche hat auch die entgegen gesetzte Haltung vermieden, die bei der Zeugung die biologische Aktivität von der persönlichen Beziehung zwischen den Eheleuten trennen will. Das Kind ist die Frucht der ehelichen Verbindung in ihrem vollen Vollzug vermittels der organischen Funktionen, der fühlbaren Erregungen, die damit verbunden sind, der geistigen und selbstlosen Liebe, die sie beseelt; in der Einheit dieses menschlichen Aktes müssen die biologischen Bedingungen der Zeugung liegen. Niemals kann es erlaubt sein, diese verschiedenen Aspekte so weit voneinander zu trennen, dass entweder die Absicht der Zeugung oder die eheliche Vereinigung ausgeschlossen werden. Die Beziehung, die Vater und Mutter in ihrem Kind vereint, wurzelt in der organischen Tatsache und mehr noch im freien Vollzug der Ehegatten, die sich einander hingeben und deren Hingebebereitschaft sich in dem Lebendigen, das sie in die Welt setzen, erfüllt, und darin ihr wahres Ziel findet. Nur diese in ihrem Beginn hochherzige und in ihrer Verwirklichung mutige Hingabe seiner selbst in der bewussten Annahme der Verantwortung, die sich daraus ergibt, kann dafür garantieren, dass die Erziehung der Kinder mit all der Sorgfalt, dem Mut und der Geduld durchgeführt wird, die sie verlangt. Man kann also behaupten, dass die menschliche Fruchtbarkeit über den physischen Bereich hinaus wesentliche sittliche Aspekte besitzt, die unbedingt beachtet werden müssen, selbst wenn man den Gegenstand vom medizinischen Gesichtspunkt aus betrachtet. Es ist klar, dass der Gelehrte und der Arzt, wenn sie ein Problem ihres Faches behandeln, das Recht haben, ihre Aufmerksamkeit auf die eigentlich wissenschaftlichen Elemente zu konzentrieren und es einzig auf Grund dieser Gegebenheiten zu lösen. Aber wenn man zur praktischen Anwendung auf den Menschen übergeht, ist es unmöglich, die Wirkungen außer acht zu lassen, die die vorgeschlagenen Methoden auf die Person und ihr Geschick ausüben können. Die Größe des menschlichen Akts besteht gerade darin, dass er über den Augenblick hinausgeht, in dem er gesetzt wird, um die ganze Orientierung eines Lebens mit einzubeziehen, um es zur Stellungnahme gegenüber dem Absoluten zu führen. Das gilt schon vom tagtäglichen Handeln: wie viel mehr von einem Akt, der mit der gegenseitigen Liebe der Eheleute ihre Zukunft und die ihrer Nachkommen einbezieht."
Das Problem der künstlichen Befruchtung
"Daher glauben Wir, dass es für Sie, meine Herren, grundlegend wichtig ist, diese Perspektive nicht außer acht zu lassen, wenn Sie die Methoden der künstlichen Befruchtung untersuchen. Das Mittel, durch das man die Hervorbringung eines neuen Lebens beabsichtigt, hat eine wesentliche menschliche Bedeutung, die von dem Ziel, das man erstrebt, nicht lösbar ist und das, wenn es der Wirklichkeit der Dinge und den der Natur der Lebewesen eingeschriebenen Gesetzen nicht entspricht, diesem Ziel selber schweren Schaden zufügen kann. Auch zu diesem Punkt hat man Uns um einige Richtlinien gebeten. Was die künstliche menschliche Befruchtung "in vitro" betrifft, genügt es, zu sagen, dass sie als unmoralisch und absolut unstatthaft zu verwerfen ist. Über die verschiedenen sittlichen Fragen, die sich bei künstlicher Befruchtung im gewöhnlichen Wortsinn stellen, haben Wir Unsere Gedanken schon in einer Ansprache an die Ärzte am 29. September 1949 ausgesprochen; darum verweisen Wir für die Einzelheiten auf das, was Wir damals gesagt haben, und beschränken Uns hier darauf, das Schlussurteil zu wiederholen: ,Hinsichtlich der künstlichen Befruchtung muss man nicht nur äußerst zurückhaltend sein, sondern sie absolut verwerfen. Wenn man das sagt, verwirft man nicht notwendig den Gebrauch gewisser künstlicher Mittel, die nur dazu bestimmt sind, den natürlichen Akt zu erleichtern, d. h. zu bewirken, dass der normal vollzogene Akt sein Ziel erreicht.' Aber da sich die Anwendung der künstlichen Befruchtung mehr und mehr ausbreitet und um gewisse irrtümliche Meinungen richtigzustellen, die sich in Bezug auf das, was Wir gelehrt haben, verbreitet haben, fügen Wir folgendes hinzu:
Die künstliche Befruchtung überschreitet die Grenze des Rechts, das die Eheleute durch den Ehekontrakt erworben haben, nämlich des Rechts, ihre natürliche sexuelle Fähigkeit im natürlichen Vollzug des ehelichen Aktes voll auszuüben. Der Ehekontrakt erteilt ihnen nicht das Recht auf künstliche Befruchtung, denn ein solches Recht ist in keiner Weise in dem Recht auf den natürlichen ehelichen Akt ausgedrückt und kann von diesem nicht abgeleitet werden. Noch weniger kann man sie aus dem ,Recht auf das Kind', als erstem ,Zweck' der Ehe, ableiten. Der Ehekontrakt verleiht dieses Recht nicht, weil sein Gegenstand nicht das ,Kind', sondern die ,natürlichen Akte' sind, die imstande und dazu bestimmt sind, neues Leben zu zeugen. Daher muss man von der künstlichen Befruchtung sagen, dass sie das Naturgesetz verletzt und dem Recht und der Sitte widerspricht.... Wenn die Fruchtbarkeit gewissen Bedürfnissen des Organismus entspricht und mächtige Instinkte befriedigt, so geht sie sofort, wie Wir sagen, den seelischen und sittlichen Bereich an. Das Werk der Erziehung geht durch seine Wichtigkeit und seine Folgen noch über die Zeugung hinaus. Der Austausch von Seele zu Seele, der zwischen Eltern und Kindern stattfindet, mit all dem Ernst, der Zartheit, der Selbstvergessenheit, die er erfordert, zwingt die Eltern sehr bald, sich über das Stadium der besitzenden Liebe zu erheben, um an das persönliche Schicksal derer zu denken, die ihnen anvertraut sind. In den meisten Fällen verlassen die Kinder, wenn sie erwachsen sind, ihre Familie, gehen weit weg, um den Lebensansprüchen gerecht zu werden oder einem höheren Anruf zu gehorchen. Der Gedanke an diese normale Loslösung, so schmerzlich er ist, muss den Eltern dabei helfen, eine höhere Auffassung von ihrer Aufgabe zu gewinnen und sich zu einer reineren Anschauung von der Bedeutung ihrer Bemühungen zu erheben. Will sie nicht zum mindesten teilweise versagen, so muss die Familie sich in die Gesellschaft einordnen, den Kreis ihrer Neigungen und Interessen erweitern, ihre Mitglieder auf weitere Horizonte hinlenken, um nicht nur an sich selber, sondern an die Aufgaben sozialen Dienens zu denken.
Die katholische Kirche endlich, die Hüterin der Absichten Gottes, lehrt die höhere Fruchtbarkeit des völlig Gott und dem Nächsten geweihten Lebens. Hier soll der vollständige Verzicht auf die Familie ein ganz selbstloses geistiges Wirken erlauben, ein Verzicht, der nicht aus Lebensangst und Angst vor Verpflichtungen entspringt, sondern aus der Erkenntnis der wahren Bestimmung des Menschen, der nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist und nach einer allumfassenden Liebe sucht, die von keiner fleischlichen Zuneigung mehr gebunden ist. Das ist die erhabenste und beneidenswerteste Fruchtbarkeit, die der Mensch sich wünschen kann, eine Fruchtbarkeit, die die biologische Ebene transzendiert, um ganz in die des Geistes einzugehen.
Wir wollen, meine Herren, diese Ansprache nicht beschließen, ohne diese Perspektiven zu eröffnen. Manchen mögen sie fern von den Gegenständen, die Sie beschäftigen, erscheinen. Aber das ist nicht so. Nur sie gestatten, Ihre Arbeit an den rechten Platz zu stellen und ihren Wert zu erkennen. Was Sie wünschen, ist nicht nur, die Zahl der Menschen zu vermehren, sondern auch das sittliche Niveau der Menschheit zu heben, ihre wohltätigen Fähigkeiten, ihren Willen, physisch und geistig zu wachsen. Sie wollen der Liebe vieler Eheleute, die unter ihrer Kinderlosigkeit leiden, neue Wärme verleihen; Sie wollen sie keineswegs in ihrer vollen Entfaltung behindern, sondern vielmehr all Ihr Wissen in ihren Dienst stellen, damit in ihnen jene wunderbaren Hilfsquellen wiederbelebt werden, die Gott im Herzen der Väter und Mütter verborgen hat, damit sie selber mitsamt ihrer ganzen Familie zu ihm aufsteigen.
Von dieser Verantwortung durchdrungen, werden Sie, Wir wagen es zu hoffen, Ihre wissenschaftlichen Arbeiten und die praktischen Verwirklichungen, die Sie vorschlagen, mit wachsendem Eifer weiterführen.(10)
V. DAS APOSTOLAT DER FRAU
Nur wenige Wochen nach dem Antritt seines Pontifikats hielt Pius XII. am Osterfest 1939 seine erste Ansprache an Frauen vor der Internationalen Katholischen Frauenliga, in der er über das Apostolat der Frau und ihre Arbeit im Gottes-Reich spricht. Wie stets in seinen ersten Reden knüpft der Papst seine Arbeit an die seines Vorgängers Papst Pius' XI. an, den er bezeichnet als "den großen Förderer der Katholischen Aktion, auch jetzt noch ihr unsichtbarer Berater und Wegweiser". Eine der goldenen Regeln dieses Papstes sei es gewesen, dass jeder Apostel nicht zu den Vertretern irgendeiner abstrakten Menschheit sprechen solle, sondern zu bestimmten Gruppen, die einheitlich durch Nation, durch Alter und Beruf zusammengefasst werden sollten. So habe also die Arbeit der Katholischen Aktion in der Art der Ausübung sich der Verschiedenheit der Länder und Zeiten anzupassen. Pius XII. führt dann weiter aus:
"Wenn Wir Sie heute hier sehen, geht Unser Gedanke zu den edlen, vor Eifer brennenden christlichen Frauen, die seit den Tagen der Urkirche mit den Aposteln und Seelenhirten bei der Ausbreitung des Evangeliums mitgearbeitet haben, die verdienten, von der damaligen Hierarchie gelobt zu werden, und deren Namen, wie der hl. Paulus sagt, ,eingeschrieben sind in das Buch des Lebens' (Phil 4, 3). Die Mitglieder Ihrer Vereinigungen setzen die glorreichen Traditionen dieser Frauen und Jungfrauen fort. Auch Ihr Wirken gereicht Ihnen zum Lob und zeigt Uns, wie weit Ihr ,apostolisches Arbeitsfeld' schon reicht, das Sie noch weiter ausdehnen wollen.
Es gab eine Zeit, wo das apostolische Wirken der Frau sich darauf beschränken konnte, das christliche Leben in der Familie zu bewahren und lebendig zu erhalten. Das genügt nicht mehr in unseren Tagen, wo das ganze Familienleben zwangsläufig und unmittelbar dem Einfluss der sozialen Umwelt, in der es sich entfaltet, unterworfen ist. Von dieser sozialen Umgebung wird zum großen Teil die geistige Atmosphäre in der Familie abhängen und auch ihr sittliches und religiöses Leben. Darum wird sich die katholische Frau von heute ihrer sozialen Pflichten bewusst. Ihre Kongresse arbeiten, um durch gemeinsames Studium diese Aufgaben immer besser zu verstehen; Ihre Ligen bemühen sich, sie immer besser zu erfüllen. So erklären sich die so wunderbar verschiedenartigen Formen Ihrer Bemühungen ... Wie bei allen großen menschlichen Werken hat Gott auch in dem menschlich-göttlichen Werk der Erlösung die Frau zur Gefährtin und Gehilfin des Mannes gemacht. Aber diese Mitarbeit der Frau bei der Ausbreitung und Verteidigung des Gottes-Reiches scheint Uns heute notwendiger denn je ... Um diese Wunde [die Zerrissenheit der Menschheit] zu heilen, gibt es nur einen wirksamen Balsam: die Rückkehr des Geistes und des menschlichen Herzens zur Erkenntnis und Liebe Gottes, des gemeinsamen Vaters, und desjenigen, den er zur Rettung der Welt gesandt hat, Jesus Christus. Um aber diesen heilenden Balsam in die offene Wunde einer durch so viele Erschütterungen gemarterten Menschheit zu gießen, scheinen die Hände der Frauen durch die Vorsehung besonders vorbereitet zu sein, da ihnen die feinere Empfindsamkeit und das größere Zartgefühl des Herzens gegeben sind.
Es ist nun Ihre Aufgabe, katholische Frauen und junge Mädchen, sich zu dieser großen Verwundeten zu neigen; selbst von Gott geführt und unterstützt hier aufzurichten, dort zu ermutigen. Machen Sie aus dieser herdenartigen Masse wieder eine organische Gemeinschaft, in friedvoller Abgrenzung der Tätigkeiten und Ämter, in der Achtung der Pflichten und Rechte, in harmonischer Zusammenordnung der festgefügten und fruchtbaren Familien... Ist es nötig hinzuzufügen, dass Ordnung und Friede zuvor in Ihren Organisationen gepflegt werden müssen, ehe Sie sie in Ihrer Umgebung zur Herrschaft bringen? Was das betrifft, so gefällt es Uns ganz besonders, wie in Ihrer Internationalen Vereinigung sich die Abteilung der Frauen mit der der jungen Mädchen harmonisch zusammenfindet. Sie sind wie Blüten und Früchte, die manchmal gleichzeitig gewisse bevorzugte Bäume schmücken. An der Seite der verdienstvollen Arbeiterinnen mit reicher Erfahrung stehen freudig die ,Lehrlinge', voller Bereitschaft, sich einzusetzen. Sie erbitten hierfür ,Formung und Vorbereitung' und möchten den Rat ihrer Vorgängerinnen empfangen, nicht wie aufgezwungenen Lehrstoff, sondern wie dargebotene Schätze. Das wirksamste Apostolat, das durch nichts zu ersetzen ist, ist das eines heiligen und frommen Lebens, das durch Beispiel und Gebet wirkt. Daher nimmt unter den verschiedenen Formen Ihrer Tätigkeit dieses Apostolat des Beispiels den ersten Platz ein ... "(1)
Das sprach Papst Pius XII. wenige Monate, ehe der Zweite Weltkrieg ausbrach, in der Erkenntnis, dass die menschliche Gesellschaft auseinanderzufallen drohe. Seine Furcht sollte sich nur allzu bald erfüllen, und so kam es, dass die erste Enzyklika, in der sich der Papst an die ganze Welt wandte, ,Summi Pontificatus' vom 20. Oktober 1939 den Ausdruck seiner Sorgen und Befürchtungen widerspiegelt. Er spricht darin von den vielfältigen und gefährlichen Irrtümern, welche die Folge des religiösen und sittlichen Agnostizismus sind, und ruft mit überzeugenden Worten zum Apostolat auf, um "im Kampf zwischen Christentum und Antichristentum Gnadenquellen und Kraftreserven" zu gewinnen.
"In einem Zeitpunkt, wo zwischen Priesterzahl und Priesteraufgaben ein Missverhältnis besteht, das dem Worte Christi von der großen Ernte und den wenigen Arbeitern (vergI. Mt 9, 37; Luk 10, 2) einen sorgenschweren Sinn gibt, bedeutet die zahlreiche und hingebende Mitarbeit der Laien am hierarchischen Apostolat eine wertvolle Hilfe für den Priester und zeigt Entfaltungsmöglichkeiten, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigen. Das Gebet der Kirche zu dem Herrn der Ernte, er möge Arbeiter in seinen Weinberg senden (Mt 9, 38; Luk 10, 2), ist in einer Weise erhört worden, die den Forderungen der Gegenwart entspricht und die eine Ergänzung der vielfach eingeengten priesterlichen Seelsorge ermöglicht. Eine einsatzbereite Front katholischer Männer und Frauen, Jungmänner und Jungfrauen widmet, dem Ruf des obersten Hirten folgend, in Unterordnung unter die Bischöfe, diesem Apostolat die ganze Glut des Herzens und müht sich, den Massenabfall von Christus in eine Massenheimkehr zu Christus zu verwandeln ... In allen Klassen, Berufsschichten und Gruppen, macht diese Zusammenarbeit zwischen Priestern und Laien wertvolle Energien frei und weist ihnen Aufgaben zu, wie sie edle und treue Herzen ehrender und beglückender nicht erhoffen können. "(2)
Zum ersten Male hörte die gesamte Welt einen Aufruf Pius' XII., dass alle vom Kriegselend Betroffenen katholische Bruderliebe erfahren sollen, die "nicht ein leeres Wort ist, sondern lebendige Wirklichkeit". Wie viele Hilfs- und Mahnrufe sollten in den nächsten Jahren noch folgen, um das Gewissen der Nationen und die Einsatzbereitschaft der einzelnen wachzurütteln!
"Ein wirklich unübersehbares Arbeitsgebiet eröffnet sich der christlichen Caritas in allen ihren Formen. Wir haben das Vertrauen zu Unseren Söhnen und Töchtern, vor allem auch in denjenigen Ländern, deren Boden noch nicht von der Geißel des Krieges heimgesucht ward, dass sie im Geiste des göttlichen Samaritans sich derer erinnern, die als Opfer des Krieges ein Recht auf Mitleid und Hilfe haben. "(3)
Während Papst Pius XII. in diesem Rundschreiben die ganze Welt zur Mitarbeit aufrief, wandte er sich in den nächstfolgenden Jahren in mehreren Ansprachen an einzelne Gruppen, und zwar vornehmlich an Italiener, da es ihnen auch in den Kriegsjahren möglich war, in Rom zu Kongressen zusammenzukommen.
In einer Ansprache vom 4. September 1940 vor italienischen Mitarbeitern der Katholischen Aktion gab der Papst seiner Genugtuung Ausdruck über die vierfache Einheit innerhalb der Katholischen Aktion: "mit der kirchlichen Hierarchie; mit Gott durch die tiefe geistige Verbindung; mit den Mitgliedern untereinander, durch die Eintracht im Handeln; mit den Mitgliedern der anderen Gruppen, jedoch in Unterwerfung unter die kirchliche Führung". Die einzelnen Punkte führte Pius XII. dann näher aus.
"Die jeweiligen Mitglieder der Katholischen Aktion, die in solcher Weise vorbereitet, gebildet und vereint sind, werden sich als Apostel in die verschiedenen Wirkungsbereiche der Gesellschaft begeben, in alle Richtungen, wo auch immer Seelen für Christus zu gewinnen sind und wo auch immer ein Zufluchtsort oder ein Ort der Zusammenkunft von einzelnen oder einer Gemeinschaft ist, über die Christus, unser Herr, herrschen muss. Geht, geliebte Söhne und Töchter, zu den Bedürftigen, zu den Armen, zu den Leidenden, zu den Unglücklichen, zu den von der Welt Verlassenen; geht, um sie aufzuklären, um sie aufzurichten, um sie zu trösten, um ihnen zu helfen, um ihnen Mut einzuflößen. In ihrer Mühsal, in ihrem Kummer, in ihren Schmerzen, in ihrer Einsamkeit fühlen sie sich mit dem Bruder verbunden, der mit ihnen weint, der mit ihnen brüderlich ihr Unglück und ihr Leid mitfühlt, der ihr Freund ist in ihren Widerwärtigkeiten, der eine Hand, die sie unterstützt, der ein Wort hat, das ihre Trostlosigkeit mildert, der sie nicht auf den flüchtigen Schein der Zeit, sondern auf die unwandelbaren Güter der Ewigkeit hinweist. .. Geht mitten hinein in die Welt, vertraut auf Christus, der die Welt besiegt hat. Eure Jahre des Apostolats mögen Jahre des Gebets sein, des Beispiels der Feder und des Wortes, der Demut und der guten Werke, des Duldens und der Sanftmut, der Klugheit und der Bescheidenheit, der weisen Nächstenliebe, nachgiebig gegenüber den Fehlenden, jedoch nicht gegenüber den Fehlern, weil jede menschliche Seele nach nichts mehr und mit größerer Inbrunst verlangt als nach der Wahrheit. Dies mögen eure Regeln und euer Handeln auf dem geistigen Schauplatz sein, so möge eure vielfältige Initiative und euer Eifer sein, den die Bischöfe und das Kardinalkollegium, die von Uns eingesetzt worden sind, anerkennen, zusammenfassen und leiten mögen. "(4)
Am 22. Jänner 1947 empfing Pius XII. die italienischen Frauen der "Renovatio Christiana" (Christliche Wiedergeburt) in Audienz und sprach zu ihnen über die Aufgaben des Apostolats. Im Jahre 1943 hatten Damen des römischen Adels diese Bewegung der "Renovatio Christiana" gegründet, die dem modernen Heidentum Kampf ansagte und in der Einstellung der Katholischen Aktion sich der echten christlichen Nächstenliebe widmete. Die kleine Gruppe von geistig und religiös tief gebildeten Damen stellt an sich selbst hohe Anforderungen und versucht durch "Liebe und Dienen" Einfluss auf die religiöse Vertiefung ihrer Umwelt zu erlangen. Die Ansprache zeigt ganz besonders lehrreich, wie der Papst sich ein wirksames Apostolat gebildeter Frauen erhofft; die Rede soll daher nahezu vollständig wiedergegeben werden.
"Heute bedarf es der Größe eines in seiner Fülle und unerschütterlichen Beharrlichkeit gelebten Christentums; es bedarf der mutigen und tüchtigen Schar derer, die, seien es nun Männer oder Frauen, mitten in der Welt leben, aber jeden Augenblick bereit sind, für ihren Glauben, für das Gesetz Gottes, für Christus zu kämpfen. Ihre Augen müssen sich fest auf ihn als das Vorbild richten, das sie nachahmen, als den Führer, dem sie in ihrer Arbeit und ihrem Apostolat folgen wollen. Diese Norm habt ihr, geliebte Töchter, euch gesetzt.
Vor allem anderen wollt ihr Seelen von vollem und uneingeschränktem katholischem Glauben sein. Es ist dem Christentum kürzlich auch der Rat gegeben worden, wenn es noch eine gewisse Bedeutung behalten, wenn es den toten Punkt überwinden wolle, sich dem modernen Leben und Denken, den wissenschaftlichen Entdeckungen und der außerordentlichen Macht der Technik anzupassen, denen gegenüber seine geschichtlichen Formen und seine alten Dogmen nur noch der Nachglanz einer fast erloschenen Vergangenheit seien. Welch ein Irrtum und wie sehr enthüllte er die eitle Selbsttäuschung oberflächlicher Geister! Sie wollen die Kirche in den engen Rahmen rein menschlicher Organisationen wie in ein Prokrustesbett pressen. Als ob die neue Auffassung von der Welt, der gegenwärtige Bereich der Wissenschaft und der Technik, das ganze Feld beherrschte und keinen freien Raum mehr übrig ließe für das übernatürliche Leben, das nach allen Seiten darüber hinausgeht! Sie ist nicht imstande, es zu vernichten oder zu absorbieren: vielmehr bezeugen die wunderbaren wissenschaftlichen Entdeckungen (die die Kirche fördert und begünstigt) nur noch kraftvoller und wirksamer als früher die ,ewige Macht Gottes' (Röm 1, 20). Aber das moderne Denken und Leben müssen zu Christus zurückgeführt und wiedererobert werden. Christus, seine Wahrheit, seine Gnade sind der Menschheit unserer Zeit nicht weniger notwendig als derjenigen von gestern und vorgestern und aller vergangenen und zukünftigen Jahrhunderte. Die einzige Quelle des Heils ist der katholische Glaube; aber nicht ein verstümmelter, blutloser, versüßlichter Glaube, sondern ein Glaube in seiner ganzen Fülle, Reinheit und Kraft. Gewiss können manche Leute diesen Glauben für eine ,Torheit' halten; das ist nichts Neues; es war schon zur Zeit des Apostels Paulus so. Für euch dagegen ist er ,Kraft Gottes' (1 Kor 1, 18), und es drängt euch dazu, ihn eurem Jahrhundert mitzuteilen in demselben Glauben an den Sieg, der die Herzen der ersten Christen erfüllte. Wir loben eure Absichten. Möge der Herr sie durch die Fülle seines Segens fruchtbar machen. Mit der Unerschütterlichkeit des Glaubens vereint ihr den Mut, die Beobachtung der Gebote Gottes und des ganzen Gesetzes Christi und seiner Kirche ernst zu nehmen. In der Tat ist das kein geringes Verdienst, zumal unter den gegenwärtigen Umständen. Wenn man die Verhältnisse, unter denen ihr lebt, die modernen Ideen und Lebensgewohnheiten, die moderne Welt mit ihrem Elend und Unglück, doch auch mit ihrer Verführung und ihrem fast diabolischen Zauber, dem tyrannischen Druck von Organisationen mit einer ungeheuerlichen Macht ernstlich ins Auge fasst, so muss man zugeben, dass es, um immer und überall ohne Rückhalt und Kompromiss den Geboten Gottes treu zu bleiben, tatsächlich einer Selbstbeherrschung, einer unausgesetzten Anstrengung, einer Selbstüberwindung bedarf, die sich oft bis zu jenem Heldentum steigert, dessen charakteristischstes Zeichen das Blutzeugnis ist.
Wir haben gesagt: ohne Rücksicht und ohne Kompromiss; denn wer könnte behaupten, dass eine Seele treu Gott dient, wenn sie bei der Erfüllung der christlichen Praxis einen offenkundig weltlichen Sinn verrät, wenn sie ihre Gedanken der Selbstsucht, der Eitelkeit, der Sinnlichkeit mit in die Kirche bringt; wenn sie glaubt, sie könne ein oberflächliches und profanes Leben rechtfertigen und heiligen, indem sie ein paar Übungen einer völlig oberflächlichen Frömmigkeit einschiebt, wenn es nicht sogar kindische und abergläubische Andachtsübungen sind. Mit Recht fragt ihr darum gerade heraus: Gilt das Wort Christi: ,Wenn einer mir nachfolgen will, dann verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach' (Lk 9, 23) auch heute noch ebenso wie früher? Ja? Dann muss es für uns zur Lebensregel werden. Und ist der Mensch, die Frau ebenso wohl wie der Mann, in seiner Lebensführung, sowohl in privater Hinsicht wie in sozialen Beziehungen, vielleicht frei, sich selber willkürlich und nach eigenem Gutdünken zu regieren? Oder muss er vielleicht in jedem Bereich anerkennen, dass es Fragen gibt, deren Lösung immer von den unveränderlichen Geboten Gottes abhängt? In diesem Falle weg mit allem Kleinmut, aller unnützen Furcht! Wenn Gott befiehlt, versäumt er nie, mit der Vorschrift zugleich auch die Hilfe zu verleihen, sie zu erfüllen. Daher euer Entschluss: den Weg des Herrn zu bereiten, seinem Willen einen geraden Pfad; vor allem in eurem eigenen Leben, dann aber auch in dem des Nächsten. Wir segnen eure Absicht! Gott möge sie mit dem himmlischen Tau seiner Gnaden beleben.
Doch die Festigkeit des Glaubens, der Mut des HandeIns genügen euren Wünschen noch nicht; vielmehr soll sich in eurem Herzen eine leuchtende und glühende Flamme des Eifers entzünden. Da ihr entschlossen seid, in eurem Leben als junge Mädchen, als Ehefrauen, als Mütter das heilige Gesetz Gottes in seinem ganzen Umfange zu verwirklichen, sollt ihr daran mitarbeiten, in dem Bereich und unter den Umständen, die die Vorsehung euch bereitet und in die sie jede einzelne von euch gestellt hat, die Seelen zu dem einzigen Herrn und Meister zurückzuführen, ihnen in der Unterwerfung unter den göttlichen Willen, in der Aufnahmebereitschaft für die unfehlbare Lehre, in der Heiligung durch die Gnade die einzige wahre Freiheit zu bringen, die sie von der erniedrigenden Knechtschaft des Irrtums und des Bösen befreit. Das ist der Sinn des ganzen Erlösungswerkes, und jedes Apostolat, in welcher Form es auch ausgeübt wird, ist nur eine Teilnahme am Erlösungswerk Christi ...
Bei eurem Apostolat befolgt ihr die Worte des göttlichen Meisters: ,Das Reich Gottes kommt nicht so, dass ,es die Blicke auf sich zieht' (Lk 17, 20); ihr wollt nicht durch Zurschaustellung öffentlicher Kundgebungen wirken; überhaupt soll im allgemeinen alles, was die Organisation anbetrifft, bei euch im Schatten bleiben und sich auf das Allernotwendigste beschränken. Wir haben zu Beginn von euch als von einer Sturmtruppe gesprochen, aber eure Gegenoffensive wird nicht mit Lärm und Aufregung vorbereitet und ausgeführt, sondern in Ruhe und Sammlung, im stillen Gebet, durch Beispiel, durch das nachdrückliche Bekenntnis eurer festen Überzeugungen und der christlichen Grundsätze im Kreise von Personen, die anders denken und handeln, durch eine langsame, ständig fortschreitende Einwirkung auf diese, um sie ganz allmählich zu Christus zurückzuführen. Zweifellos kann kein Werk, was es auch sei, ohne ein Minimum von Organisation Festigkeit und Dauer haben. Immerhin bleibt diese, so unerlässlich sie auch ist, doch immer nur ein Mittel des Apostolates, und nichts weiter. Ebenso haben öffentliche Kundgebungen ihren Wert, ja in gewissen Fällen können sie notwendig sein, zumal da, wo sich der Gegner ihrer mit einem großen Apparat zu Propagandazwecken bedient. Doch um das Ziel zu erreichen, das sich eure Bewegung gesetzt hat, habt ihr die schlichte Methode der Arbeit gewählt; der Weg, den ihr eingeschlagen habt, ist sicher, und ihr könnt ihn mit Vertrauen weiter beschreiten. Die Bescheidenheit, die Unaufdringlichkeit, mit der ihr euren Eifer betätigt, sind keineswegs mit Passivität oder ermüdender Eintönigkeit gleichzusetzen. Im Gegenteil! Jede von euch, die sich dem gemeinsamen Werk einordnet, muss sich doch mit ihrem eigenen Charakter, mit ihrem eigenen Temperament, ihren Gaben, ihren persönlichen Mitteln einsetzen. Gerade das Zusammentreffen dieser so verschiedenen Eigenschaften gibt eurer freundschaftlichen Zusammenarbeit ihre Harmonie und ihre besonderen Merkmale. Ihr alle könnt und sollt das Apostolat eines vorbildlichen Lebens, des Gebets und des Opfers zur Geltung bringen. Aber gerade hier bleibt jenseits dessen, was für jeden Gläubigen streng verpflichtend ist, ein weites Gebiet, in dem die physischen Möglichkeiten, die bei jeder einzelnen ganz verschieden sind, und die Großmut des Herzens, mit der ihr - immer ein gesundes Urteil und die gute Absicht vorausgesetzt - dem Antrieb der Gnade antwortet, das richtige und angemessene Maß eures Handelns bestimmen müssen.
Diese Verschiedenheiten im Maß und in der Form des Mutes finden ihre Anwendung sowohl auf materiellem wie auf geistigem Gebiet. Denen von euch, denen die wirtschaftlichen Verhältnisse oder andere günstige Umstände oder eine besondere Freigiebigkeit es erlauben, das Apostolat der Liebe gegenüber dem Notleidenden auszuüben, sagen Wir mit dem hl. Paulus ,Lasst euch nicht besiegen durch das Böse, sondern besiegt das Böse durch das Gute' (Röm 12, 21). Dem Geist der Verleumdung, des niedrigen Klatsches, des Neides, des Hasses, der Grausamkeit, der Unterdrückung sollt ihr unermüdlich Güte und Liebe entgegensetzen, die Liebe des Herzens und des Wortes, die Liebe der Werke eurer Hände ...
Wir müssen noch das Apostolat im genauen Wortsinn betrachten, das Apostolat der persönlichen, unmittelbaren Einwirkung auf den Nächsten, um ihn für Christus zu gewinnen. Das ist nicht etwas, was jedem liegt. Dazu gehören besondere Eigenschaften, eine Vorbereitung, eine Ausbildung, die nur das Privileg einer Elite sein können. Doch auch dann ist die Befähigung zu einem solchen religiösen Apostolat je nach der Person sehr verschieden. Bemüht euch also, euch selber zu erkennen, um, jede nach ihrer Art, Bote Gottes zu werden. Aber welches auch die Art und Weise und sozusagen der persönliche Zug jeder einzelnen sein wird, das beherrschende Merkmal, das ihr euch allen aufdrücken müsst, ist jene geistige Größe, die der Märtyrer Ignatius so herrlich gepriesen hat. "5
Noch im gleichen Jahr empfing Papst Pius XII. am 12. September 1947 die Delegierten von 60 verschiedenen Ländern, die zum Kongress des Internationalen Verbandes der katholischen Frauenvereine nach Rom gekommen waren. In der Audienz sprach der Papst über die Aufgaben der katholischen Frauen. Da er zum Teil auf die Mitarbeit im sozialen und politischen Leben zu sprechen kommt und auf seine große Ansprache vom 31. Oktober 1945 zurückgreift, die diesem Aufgabenkreis gewidmet ist, soll sie anschließend an diese Rede erst im folgenden Kapitel angeführt werden.
Das Jahr 1951 brachte zwei bedeutsame Reden des Papstes zur Katholischen Aktion. Am 3. April sprach er zu den Teilnehmern der Generalversammlung der italienischen Katholischen Aktion und am 4. Oktober zu den Delegierten des ersten Weltkongresses des Laienapostolats. In der ersten Ansprache legte Pius XII. in sechs Punkten ausführlich dar, was er unter Katholischer Aktion versteht.
"1. ... Demgegenüber könnte man sich keine Gruppe der Katholischen Aktion vorstellen, in die Mitglieder aufgenommen würden, die nicht im vollen Sinne aktiv wären. Die Mitgliedskarte erwerben, Vorträge und Diskussionen anhören, eine Zeitung beziehen, vielleicht ohne sie überhaupt zu lesen, könnte das genügen, um sich ein echtes Glied der Katholischen Aktion zu nennen? Wäre das kein Widerspruch zwischen dem Namen und der Sache? Würde ein kleiner Kern aktiver Mitglieder, dem bei den großen öffentlichen Kundgebungen eine amorphe Masse von Anhängern als Gefolge und Chor zur Seite träte, den Namen Katholische Aktion verdienen?
2. ... Doch damit diese Leitung für eure weiblichen Vereine
wirklich heilig und fruchtbar sei, überlassen die Priester mit feinfühliger Zurückhaltung den Leiterinnen oder der Sorge und den Händen frommer und kluger Frauen alles, was diese selber, manchmal sogar besser, tun können, und sie selbst beschränken ihre Tätigkeit auf die eigentliche priesterliche Aufgabe ... Vor allem ein Wort über den Begriff des Apostolats. Es besteht nicht nur in der Verkündigung der frohen Botschaft, sondern auch darin, die Menschen zu den Quellen des Heiles zu führen, wenn auch in voller Achtung ihrer Freiheit, sie zu bekehren und die Getauften mit glühendem Eifer dazu zu erziehen, dass sie vollkommene Christen werden. Es wäre übrigens irrig, in der Katholischen Aktion - wie es kürzlich von einigen geschehen ist - eine wesentlich neue Sache, eine Veränderung in der Struktur der Kirche, ein neues Apostolat der Laien zu sehen, das neben dem des Priesters stünde und nicht diesem untergeordnet wäre. Es hat in der Kirche immer Zusammenarbeit der Laien mit dem Apostolat der Hierarchie, in Unterordnung unter den Bischof und diejenigen gegeben, denen der Bischof die Verantwortung für die Seelsorge unter seiner Autorität übertragen hat. Die Katholische Aktion hat dieser Mitarbeit nur eine neue Form und akzidentelle Organisation geben wollen, um ihre Ausübung zu verbessern und zu stärken.
Wenn die Katholische Aktion auch ursprünglich, wie die Kirche selbst, nach Diözesen und Pfarren organisiert ist, so hindert das nicht ihre Fortentwicklung über die engen Grenzen der Pfarre hinaus. Man muss vielmehr zugeben, dass trotz der ganzen Bedeutung der Werte und der grundlegenden und unersetzlichen Kräfte der Pfarre die schnell wachsende Verflochtenheit des modernen Lebens dringend einen weiteren Ausbau der Katholischen Aktion fordern kann. Aber auch dann bleibt diese immer ein Apostolat von Laien, das dem Bischof und seinen Delegierten unterstellt ist.
3. Die Tätigkeit der Katholischen Aktion erstreckt sich auf das gesamte religiöse und soziale Gebiet, das heißt so weit, wie eben die Mission und das Werk der Kirche reicht. Nun ist es bekannt, dass das normale Wachstum des religiösen Lebens ein bestimmtes Maß von gesunden, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen voraussetzt. Wem zöge sich nicht das Herz zusammen, wenn er sieht, wie wirtschaftliches Elend und soziale Übel das christliche Leben gemäß den Geboten Gottes erschweren und nur zu oft heroische Opfer verlangen? Aber daraus darf man nicht schließen, dass die Kirche dazu übergehen müsste, ihre religiöse Sendung zurück zu stellen und in erster Linie auf die Heilung des sozialen Elends hinzuwirken. Wenn die Kirche immer darauf bedacht gewesen ist, die Gerechtigkeit zu verteidigen und zu fordern, so hat sie doch seit der Zeit der Apostel auch angesichts der ärgsten sozialen Missstände ihre eigene Mission erfüllt und versucht, durch die Heilung der Seelen und die Umwandlung der inneren Triebe auch die Heilung der sozialen Übel und Schäden einzuleiten; denn sie ist überzeugt, dass die religiösen Kräfte und die christlichen Prinzipien mehr als alle anderen Mittel dazu geeignet sind, die Heilung zu bewirken.
4. ... Die äußere wohl disziplinierte Organisation der Katholischen Aktion schließt den persönlichen Scharfblick und den Geist der Voraussicht und der Initiative der einzelnen nicht aus, sondern fördert ihn vielmehr im ständigen Kontakt mit den Gliedern der Katholischen Aktion des gleichen Ortes, des gleichen Kreises, je nach der besonderen Eignung eines jeden. Jeder hält sich aufrichtig zur Verfügung, sobald irgendwie Bedarf für einen Einsatz oder eine katholische Unternehmung vorliegt. Jeder bringt mit seiner Begeisterung und seiner Hingabe in selbstloser Weise den anderen Vereinen und Einrichtungen, die seine Mitwirkung wünschen können, um ihr Ziel sicherer und vollkommener zu erreichen, Hilfe. Mit anderen Worten, mit dem wahren Begriff der Katholischen Aktion würde sich die Mentalität von Mitgliedern, die sich als die trägen Räder einer riesigen Maschine betrachten, die unfähig wären, sich selber zu bewegen, wenn die Zentralkraft sie nicht in Bewegung setzt, nicht vertragen. Ebenso wäre es unzulässig, wenn man die Führer der Katholischen Aktion in der Rolle von Leuten sähe, die eine elektrische Zentrale bedienen und die vor dem Schaltbrett nur darauf bedacht sind, in dem weiten Netz den Strom durchzuschicken oder zu unterbrechen, zu regulieren oder zu lenken. Vor allem müssen sie einen persönlichen sittlichen Einfluss ausüben, der die normale Folge der Achtung und Sympathie sein wird, die sie sich zu erwerben wissen, und die ihren Anregungen, Ratschlägen, der Autorität ihrer Erfahrung Kredit verschaffen wird, sobald es sich darum handelt, die aktionsfähigen katholischen Kräfte in Bewegung zu setzen.
5. Wir brauchen euch nicht darüber zu belehren, dass die Katholische Aktion nicht dazu berufen ist, eine Kraft im Bereich der Parteipolitik zu sein. Die katholischen Bürger können sich als solche sehr wohl an einer Vereinigung zu politischer Aktivität zusammenschließen; das ist ihr gutes Recht, ebenso als Christen wie als Bürger. Die Anwesenheit und Teilnahme von Gliedern der Katholischen Aktion in ihren Reihen - in dem oben angeführten Sinne und diesen Grenzen - ist berechtigt und kann sogar durchaus wünschenswert sein ...
6. Ebenso wenig hat die Katholische Aktion ihrem Wesen nach die Aufgabe, an der Spitze der anderen Vereine zu stehen und über diese eine Art autoritären Patronats auszuüben. Die Tatsache, dass sie der unmittelbaren Leitung der kirchlichen Hierarchie unterstellt ist, führt zu keiner derartigen Folgerung. Tatsächlich ist das Ziel jeder Organisation das, welches die Art ihrer Leitung festlegt. Und es kann geschehen, dass dieses Ziel eine solche unmittelbare Leitung nicht erfordert, ja nicht einmal günstig erscheinen lässt. Darum hören jedoch diese Organisationen nicht auf, katholisch und mit der Hierarchie vereint zu sein. Im Vergleich zu ihnen liegt der besondere Sinn der Katholischen Aktion, wie Wir gesagt haben, eben in der Tatsache, dass sie gleichsam der Treffpunkt jener aktiven Katholiken ist, die immer bereit sind, mit dem Apostolat der Kirche mitzuarbeiten, einem Apostolat, das durch göttliche Einrichtung hierarchisch ist und das in den Getauften und Gefirmten die ihm auf übernatürliche Weise verbundenen Mitarbeiter findet. Daraus ergibt sich eine Folgerung, die zu gleicher Zeit eine väterliche Ermahnung nicht nur für die Katholische Aktion eines bestimmten Landes, sondern für die Katholische Aktion jedes Landes und jeder Zeit ist. Ihr Aufbau nämlich wird sich in den verschiedenen Gegenden den besonderen Verhältnissen des Ortes anpassen müssen; doch in einem Punkt müssen alle ihre Glieder gleich sein: im ,sentire cum Ecclesia', in der Hingabe an die Sache der Kirche, im Gehorsam gegenüber denen, die der Heilige Geist als Bischöfe eingesetzt hat, um die Kirche Gottes zu lenken, in der kindlichen Unterwerfung unter den obersten Hirten, dessen Sorge Christus seine Kirche anvertraut hat. Und wie könnte es auch anders sein, da ja ihr, Glieder der Katholischen Aktion, sozusagen eins seid mit dem Bischof und dem Papst? In diesem Sinne erteilen Wir euch, geliebte Söhne und Töchter, aus der Fülle Unseres Herzens Unseren Apostolischen Segen."(6)
Seit 1949 wurden die Vorbereitungen zum ersten "Weltkongress des Laienapostolats" getroffen, der im "Heiligen Jahr" in Rom stattfinden sollte, aber zweimal verschoben werden musste und schließlich erst vom 7.-14. Oktober 1951 tagte. Der Kongress wollte international gültige Richtlinien erarbeiten über die dogmatischen, moralischen und asketischen Grundsätze des Laienapostolats, für die verschiedenen Formen seiner Organisationen und die Reichweite seiner Betätigung. 1200 Delegierte aus 74 Nationen und 38 internationalen katholischen Organisationen kamen in Rom zu dem kirchengeschichtlich erstmaligen, bedeutsamen Ereignis zusammen. Unter den Rednern befanden sich zwei Kardinäle, sechs Bischöfe und eine Reihe bekannter Laien. Den Höhepunkt der Tagung aber bildete die Audienz der Teilnehmer beim Papst, bei der Pius XII. in französischer Sprache eine richtunggebende und eindringliche Ansprache "Über das Laienapostolat, seinen Platz und seine Rolle in der Gegenwart" hielt.
"Welcher Trost und welche Freude überströmt Unser Herz beim Anblick eurer imposanten Versammlung, in der Wir euch unter Unseren Augen versammelt sehen, ehrwürdige Brüder im Episkopat, und auch euch, liebe Söhne und Töchter, die ihr von allen Erdteilen und allen Gegenden zum Mittelpunkt der Kirche herbeigeeilt seid, um hier den Weltkongress über das Laienapostolat abzuhalten. Ihr habt Wesen und Ziel dieses Apostolats untersucht, ihr habt seinen gegenwärtigen Stand betrachtet, und ihr habt über die wichtigsten Pflichten nachgedacht, die es voraussichtlich in der Zukunft zu erfüllen hat. Es sind für euch Tage inständigen Gebetes, ernsthafter Gewissenserforschung und eines Austausches von Ansichten und Erfahrungen gewesen. Zum Abschluss seid ihr gekommen, um dem Stellvertreter Christi euren Glauben, eure Hingabe, eure Treue erneut zu beteuern und ihn zu bitten, eure Entschließungen und eure Tätigkeit durch seinen Segen zu befruchten.
Sehr oft haben Wir im Laufe Unseres Pontifikates bei den verschiedensten Aspekten über dieses Laienapostolat gesprochen: in Unseren Botschaften an alle Gläubigen oder in Unseren Ansprachen an die Katholische Aktion, an die Marianischen Kongregationen, an die Arbeiter und Arbeiterinnen, an die Lehrer und Lehrerinnen, an die Ärzte und Juristen ebenso wie an reine Frauenorganisationen, um sie an ihre Pflichten auch im öffentlichen Leben zu erinnern, und noch viele andere Gruppen. Es waren für Uns ebenso viele Gelegenheiten, beiläufig oder ausdrücklich die Fragen zu behandeln, die in dieser Woche ihren ganz bestimmten Ort in eurer Tagesordnung gefunden haben. Diesmal wollen Wir in Gegenwart einer so zahlreichen Elite von Priestern und Gläubigen, die alle ein sehr berechtigtes Bewusstsein ihrer Verantwortung im oder gegenüber diesem Apostolat haben, ihm im Licht der vergangenen Geschichte der Kirche mit einem ganz kurzen Wort seinen Platz und seine Rolle in der Gegenwart anweisen. Es hat niemals in dieser Geschichte gefehlt; es wäre interessant und lehrreich, seine Entwicklung im Laufe der vergangenen Zeiten zu verfolgen. Man pflegt gern zu sagen, dass die Kirche in den letzten vier Jahrhunderten ausschließlich ,klerikal' gewesen ist aus Reaktion gegen die Krise, die im 16. Jahrhundert den Anspruch erhob, die Hierachie einfach abzuschaffen. Darüber hinaus gibt man zu verstehen, dass es Zeit für sie sei, ihren Rahmen zu erweitern.
Ein solches Urteil ist weit von der Wirklichkeit entfernt; gerade mit dem Konzil von Trient hat vielmehr das Laientum seine Stellung eingenommen und in der apostolischen Tätigkeit Fortschritte gemacht. Das lässt sich leicht feststellen; man braucht sich nur an zwei historische Tatsachen zu erinnern, die unter vielen anderen hervorleuchten: an die Marianischen Männerkongregationen, die das Laienapostolat auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens aktiv ausüben, und an die fortschreitende Einführung der Frau in das moderne Apostolat. Man braucht nur an zwei große Gestalten der katholischen Geschichte zu erinnern: an Mary Ward, diese unvergleichliche Frau, die das katholische England in seinen dunkelsten und blutigsten Stunden der Kirche geschenkt hat, und an den heiligen Vinzenz von Paul, der unbestreitbar der erste unter den Gründern und Förderern der Werke der katholischen Caritas gewesen ist ...
Bei dieser feierlichen Gelegenheit ist es Uns eine sehr teure Pflicht, ein Wort der Dankbarkeit an alle jene, Priester und Gläubigen, Männer und Frauen, zu richten, die sich diesen Bewegungen angeschlossen haben für die Sache Gottes und der Kirche und deren Namen es verdienen, überall mit Ehren genannt zu werden. Sie haben sich abgemüht und gekämpft, indem sie nach Kräften ihre zerstreuten Kräfte vereinigt haben. Die Zeiten waren noch nicht reif für einen Kongress wie den soeben abgehaltenen. Wie sind sie nun im Laufe dieses halben Jahrhunderts zur Reife gelangt? Ihr wisst es! In immer schnellerem Rhythmus hat sich die Kluft verbreitert und vertieft, die seit langem die Geister und die Herzen in zwei Parteien teilt, für oder gegen Gott, die Kirche, die Religion. Sie hat, wenn auch nicht überall mit derselben Klarheit, eine Grenze mitten durch die Völker und Familien hindurchgezogen. Gewiss, es gibt eine ganze verworrene Schar von Lauen, Unentschlossenen und Schwankenden, für die die Religion vielleicht noch etwas bedeutet, aber etwas sehr Unbestimmtes, ohne Einfluss auf ihr Leben. Diese gestaltlose Masse kann - die Erfahrung hat es gezeigt - eines schönen Tages unversehens vor der Notwendigkeit stehen, eine Entscheidung zu treffen. Die Kirche hat nun gegenüber all diesen eine dreifache Sendung zu erfüllen: die eifrigen Gläubigen auf das Niveau der Anforderungen der gegenwärtigen Zeit emporzuheben; diejenigen, die auf der Schwelle zögern, in das warme und heilsame Innere des Hauses hineinzuführen; diejenigen zurückzuführen, die der Religion fernstehen und die sie doch nicht ihrem elenden Los überlassen kann. Eine schöne Aufgabe für die Kirche, die ihr aber dadurch sehr erschwert wird, dass sie zwar im ganzen stark angewachsen ist, ihr Klerus jedoch nicht in der gleichen Weise zugenommen hat. Nun muss sich der Klerus aber vor allem für die Ausübung seines eigentlichen priesterlichen Amtes aufsparen, bei der niemand ihn ersetzen kann.
Ein Beitrag der Laien zum Apostolat ist also eine unerlässliche Notwendigkeit. Dass er einen kostbaren Wert darstellt, haben die Erfahrung der Waffenbrüderschaft oder der Gefangenschaft oder andere Prüfungen des Krieges bezeugt. Diese Erfahrung beweist vor allem für das religiöse Gebiet den tiefen und nachhaltigen Einfluss der Berufs- und Lebenskameraden. Diese und viele andere Faktoren, die mit bestimmten örtlichen oder personalen Umständen zusammenhängen, haben die Tore für die Mitarbeit der Laien im Apostolat der Kirche weit geöffnet. Die Fülle der Anregungen und Erfahrungen, die im Laufe eures Kongresses ausgetauscht worden sind, und ebenso das, was Wir schon bei den vorhin erwähnten Gelegenheiten gesagt haben, enthebt Uns der Mühe, ausführlicher auf die Einzelheiten des gegenwärtigen Laienapostolats einzugehen. Wir wollen Uns daher darauf beschränken, euch einige Betrachtungen vorzulegen, die etwas mehr Licht auf das eine oder andere Problem, das sich stellt, werfen könnten.
1. Alle Gläubigen, ohne Ausnahme, sind Glieder des mystischen Leibes Jesu Christi. Daraus folgt, dass das Naturgesetz und mehr noch das Gesetz Christi es ihnen zur Pflicht machen, gute Beispiele eines wahrhaft christlichen Lebens zu geben: ,Wir sind vor Gott Christi Wohlgeruch unter denen, die gerettet sind, und unter denen, die verlorengehen' (2 Kor 2,15). Alle sind auch, und heute mehr denn je, dazu verpflichtet, beim Gebet und Opfer nicht nur an ihre privaten Nöte zu denken, sondern auch an die großen Ziele des Reiches Gottes in der Welt gemäß dem Geist des Vaterunsers, das Jesus Christus selbst uns gelehrt hat.
Kann man behaupten, dass alle Gleicherweise zum Apostolat im strengsten Sinne dieses Wortes berufen sind? Gott hat weder allen die Möglichkeit noch die Eignung dafür gegeben. Man kann nicht verlangen, dass die Gattin, die Mutter, die ihre Kinder christlich erzieht und die außerdem noch Heimarbeit übernehmen muss, um ihrem Mann zu helfen, die Seinen zu ernähren, sich mit den Werken des Apostolats belädt. Die Berufung zum Apostolat richtet sich also nicht an alle. Gewiss ist es nicht leicht, genau die Trennungslinie zu ziehen, von der an das Laienapostolat im eigentlichen Sinn beginnt. Gehört z. B. dazu die Erziehung, die die Familienmutter oder Lehrer und Lehrerin in der Ausübung ihres pädagogischen Berufes mit heiligem Eifer erteilen? Oder die Haltung des angesehenen und sich zum katholischen Glauben bekennenden Arztes, dessen Gewissen niemals schwankt, wenn es sich um das natürliche und göttliche Gesetz handelt, und der mit all seinen Kräften um die christliche Würde der Ehegatten, die heiligen Rechte ihrer Nachkommenschaft kämpft? Oder der Einsatz eines katholischen Staatsmannes für eine großzügige Wohnungspolitik zugunsten der Minderbemittelten? Viele werden dazu neigen, dies zu verneinen, da sie in alledem nur die einfache Erfüllung der Standespflicht sehen, die zwar sehr lobenswert, aber doch nur pflichtgemäß ist.
Wir kennen jedoch den mächtigen und unersetzlichen Wert dieser einfachen Erfüllung der Standespflicht durch Millionen und aber Millionen gewissenhafter und vorbildlicher Gläubigen für das Heil der Seelen. Das Laienapostolat im eigentlichen Sinn ist zweifellos zum großen Teil in der Katholischen Aktion und anderen Institutionen apostolischer Tätigkeit, die von der Kirche approbiert sind, organisiert; aber neben diesen kann es Laienapostel, Männer und Frauen, geben und gibt es solche, die das Gute, das getan werden muss, die Möglichkeiten und Mittel, es zu tun, sehen und es dann auch tun, und zwar in der ausschließlichen Sorge darum, Seelen für die Wahrheit und Gnade zu gewinnen. Wir denken auch an alle die hervorragenden Laien, die in den Gebieten, in denen die Kirche wie in den ersten Jahrhunderten des Christentums verfolgt wird, nach besten Kräften die eingekerkerten Priester ersetzen und selbst unter Lebensgefahr in ihrem Umkreis die christliche Lehre verkünden, im religiösen Leben und in der rechten Art, auf katholische Weise zu denken, unterweisen, zum Besuch der Sakramente und zur Praxis der Andachtsübungen, besonders der Verehrung der allerheiligsten Eucharistie anleiten. Alle diese Laien seht ihr an der Arbeit; macht euch keine Sorge darum, welcher Organisation sie angehören; bewundert sie vielmehr und seid von ganzem Herzen dankbar für das Gute, das sie tun.
Es liegt Uns fern, die Organisation zu verachten oder ihren Wert als apostolischen Faktor zu unterschätzen; Wir schätzen sie sehr hoch ein, zumal in einer Welt, in der die Gegner der Kirche sich mit den Massen ihrer Organisationen auf diese stürzen. Aber die Organisation darf nicht zu engherziger Ausschließlichkeit führen, zu etwas, was der Apostel ,der Freiheit auflauern' nannte (Gal 2, 4). Lasst im Rahmen eurer Organisation jedem möglichst viel Raum, um seine Fähigkeiten und persönlichen Gaben in allem, was dem Wohl und der Erbauung dienen kann, zu entfalten: ,zum Wohl und zur Erbauung' (Röm 15, 2), und freut euch, dass ihr außerhalb eurer Reihen andere seht, die ,vom Geist geführt' (Gal 5, 18) eure Brüder für Christus gewinnen.
2. Klerus und Laien im Apostolat. Es versteht sich von selbst, dass das Laienapostolat der kirchlichen Hierarchie untergeordnet ist; diese ist die göttliche Einrichtung; das Laienapostolat kann also nicht unabhängig von ihr sein. Anders denken hieße die Mauer an der Basis untergraben, auf der Christus selbst seine Kirche gebaut hat. Dies vorausgesetzt, wäre es immer noch irrig zu glauben, im Bereich der Diözese entwickle sich die traditionelle Struktur der Kirche oder ihre gegenwärtige Form, das Laienapostolat, wesensgemäß parallel zum hierarchischen Apostolat, so dass selbst der Bischof das pfarrliche Laienapostolat nicht dem Pfarrer unterstellen könnte. Er kann es; und er kann sogar zur Regel erheben, dass die Werke des Laienapostolates, die für die Pfarre selbst bestimmt sind, der Autorität des Pfarrers unterstellt werden. Der Bischof hat diesen zum Hirten der ganzen Pfarre eingesetzt, und er ist als solcher für das Heil aller seiner Schafe verantwortlich.
Dass es andererseits Werke des Laienapostolates geben kann, die außerpfarrlich und selbst außerdiözesan - Wir möchten lieber sagen überpfarrlich und überdiözesan - sind, wenn es das gemeinsame Wohl der Kirche erfordert, ist ebenso wahr, und es ist überflüssig, es zu wiederholen .... Wenn Wir den Laienapostel oder genauer den Gläubigen der Katholischen Aktion nach dem heute geläufigen Ausdruck mit einem Instrument in der Hand der Hierarchie vergleichen, so verstehen Wir diesen Vergleich in dem Sinne, dass die kirchlichen Oberen ihn auf die Weise gebrauchen, wie der Schöpfer und Herr die vernünftigen Geschöpfe als Werkzeuge, als Zweitursache gebraucht ,mit einer Milde voller Rücksicht' (Weish 12, 18). Mögen sie sie also im Bewusstsein ihrer schweren Verantwortung gebrauchen, indem sie sie ermutigen, ihnen Anregungen geben, willigen Herzens die Initiative annehmen, die ihnen von ihnen unterbreitet werden, und sie gegebenenfalls in weitsichtiger Weise fördern. In den entscheidenden Schlachten gehen manchmal von der Front die glücklichsten Initiativen aus. Die Geschichte der Kirche bietet dazu zahlreiche Beispiele. Ganz allgemein gesagt, ist in der Apostolatsarbeit zu wünschen, dass das herzlichste Einvernehmen zwischen Priestern und Laien herrsche. Das Apostolat der einen ist keine Konkurrenz für das der anderen. Ja, um die Wahrheit zu sagen, gefällt Uns der Ausdruck ,Emanzipation der Laien' , den man hie und da hört, nicht sehr. Er hat einen unerfreulichen Klang; er ist zudem historisch ungenau. Waren denn jene großen Führer, auf die Wir angespielt haben, als Wir von der katholischen Bewegung vor 50 Jahren sprachen, etwa Kinder, Minderjährige, die warten mussten bis zu ihrer Großjährigkeit? Im übrigen werden im Reiche der Gnade alle als Erwachsene betrachtet. Und nur das zählt.
Der Aufruf zur Hilfe der Laien ist nicht die Folge eines Versagens des Klerus gegenüber der gegenwärtigen Aufgabe. Dass es persönliches Versagen gibt, liegt in der unvermeidlichen Schwäche der menschlichen Natur, und man trifft es auf der einen wie auf der anderen Seite. Aber ganz allgemein gesprochen hat der Priester ebenso gute Augen wie der Laie, um die Zeichen der Zeit zu erkennen, und sein Ohr ist nicht weniger empfindlich, um das menschliche Herz abzuhören. Der Laie ist zum Apostolat berufen als Mitarbeiter des Priesters, häufig als sehr wertvoller und selbst notwendiger Mitarbeiter auf Grund des Mangels an Priestern, die, wie Wir schon sagten, zu wenig zahlreich sind, um allein ihre Aufgabe erfüllen zu können.
3. Wir können, teure Söhne und Töchter, nicht schließen, ohne an die praktische Arbeit zu erinnern, die das Laienapostolat in der ganzen Welt auf allen Gebieten des individuellen und sozialen menschlichen Lebens geleistet hat und noch leistet, eine Arbeit, deren Ergebnisse und Erfahrungen ihr in diesen Tagen unter euch konfrontiert und diskutiert habt: Apostolat im Dienste der christlichen Ehe, der Familie, der Kinder, der Erziehung und der Schule; für die jungen Männer und jungen Mädchen; Apostolat der Caritas und Fürsorge unter ihren heute unzählbaren Formen; Apostolat einer praktischen Besserung der sozialen Missstände und des Elends; Apostolat in den Missionen oder im Dienste der Auswanderer und Einwanderer; Apostolat im Bereich des intellektuellen und kulturellen Lebens; Apostolat in Spiel und Sport; endlich, und nicht am wenigsten wichtig: Apostolat der öffentlichen Meinung. Wir empfehlen und loben eure Anstrengungen und Arbeiten und vor allem die Kraft eures guten Willens und apostolischen Eifers, die ihr in euch tragt, die ihr im Laufe dieses Kongresses spontan bewiesen habt und die wie eine Quelle lebendigen Wassers seine Diskussionen fruchtbar gemacht hat.
Wir beglückwünschen euch für euren Widerstand gegen die selbst bei Katholiken herrschende Tendenz, die Kirche auf die sogenannten rein religiösen Fragen beschränken zu wollen. Man gibt sich keine Mühe, sich genau klarzumachen, was darunter zu verstehen ist. Wenn sich die Kirche nur auf den Kirchenraum und die Sakristei beschränkt und träge zusieht, wie die Menschheit sich draußen in ihrer Verzweiflung und in ihren Nöten abmüht, so ist das alles, was man von ihr verlangt. Es ist nur zu wahr: in gewissen Ländern ist die Kirche gezwungen, sich so abzuschließen; selbst in diesem Falle muss sie noch zwischen den vier Wänden ihres Gotteshauses das wenige tun, was ihr zu tun möglich ist. Sie zieht sich nicht freiwillig und aus eigenem Antrieb zurück. Notwendigerweise und ununterbrochen findet sich das menschliche Leben, das private wie das soziale, in Berührung mit dem Gesetz und Geist Christi; daraus ergibt sich mit Notwendigkeit eine wechselseitige Durchdringung des religiösen Apostolates und des politischen HandeIns. Politik im erhabenen Sinne des Wortes bedeutet ja nichts anderes als Mitarbeit am Wohl des irdischen Staates, der Polis. Aber dieses Wohl des Staates dehnt sich auf ein weites Gebiet aus, und darum werden auf politischem Gebiet auch Gesetze höchster Tragweite debattiert und diktiert, so die Gesetze über die Ehe, die Familie, das Kind, die Schule, um Uns nur auf diese Beispiele zu beschränken. Sind das nicht Fragen, die die Religion aufs höchste interessieren? Können Sie einen Apostel gleichgültig lassen? Wir haben in der vorhin erwähnten Ansprache (3. Mai 1951) die Grenze gezogen zwischen Katholischer Aktion und politischer Aktion. Die Katholische Aktion darf nicht in die Schranken der Parteipolitik eintreten. Aber, ... so lobenswert es ist, sich aus den zufälligen Streitigkeiten herauszuhalten, die die Parteikämpfe vergiften ... , so wäre es doch tadelnswert, den Unwürdigen und Unfähigen das Feld zu überlassen, so dass sie die Staatsgeschäfte lenken (Rede vom 28. März 1948). Wie weit soll und darf sich der Apostel von dieser Grenze entfernt halten? Es ist schwer, über diesen Punkt eine für alle gleichermaßen gültige Regel zu formulieren. Die Umstände, die Mentalität sind nicht überall die gleichen. Wir nehmen eure Entschließungen mit Freude zur Kenntnis; sie drücken euren festen Willen aus, euch über die Grenzen hinweg die Hände zu reichen, um praktisch zu einer vollen und wirksamen Zusammenarbeit in allgemeiner Liebe zu kommen. Wenn es eine Macht in der Welt gibt, die imstande ist, die traurigen Schranken der Vorurteile und Voreingenommenheiten umzustoßen und die Seelen zu einer freien Versöhnung und brüderlichen Vereinigung der Völker bereitzumachen, so ist es die katholische Kirche. Ihr dürft euch darüber mit Stolz freuen. Eure Sache ist es, mit aller Kraft daran mitzuarbeiten. "(7)
In einer Radioansprache wandte sich der Heilige Vater am 10. Februar 1952 mit einer herzlichen Mahnung an die Gläubigen seiner eigenen Bischofsstadt Rom, in der er sehr bedeutungsvolle Anregungen zu einheitlichem und planmäßigem Handeln für die religiöse Erneuerung gibt, die allgemeine Gültigkeit haben.
"Aus Unserem Herzen, geliebte Söhne und Töchter Roms, ergeht dieser väterliche Anruf an euch.
Ihr alle wisst, dass größer und schwerer als alle Seuchen und Naturkatastrophen vergangener Jahrhunderte die Gefahren sind, die auf der heutigen Menschheit lasten, wenn auch ihre dauernde Bedrohung die Völker nunmehr fast unempfindlich und apathisch gemacht hat. Ist nicht vielleicht dies das verhängnisvollste Symptom der endlosen und nie verebben wollenden Krise, das alle denkenden Menschen, die noch ein offenes Auge für die Wirklichkeit haben, erzittern und erschrecken lässt? Wenn Wir daher auch voll Vertrauen Unsere Zuflucht nehmen zur Barmherzigkeit Gottes und zur mütterlichen Güte der allerseligsten Jungfrau, so muss doch jeder einzelne Gläubige, jeder, der noch guten Willen hat, mit allem der schweren Lage der Gegenwart entsprechenden Ernst sich fragen, was er persönlich tun könnte und tun müsste, was er beitragen sollte zum Erlösungswerk Gottes, wie er mithelfen könnte zur Rettung der Welt, die dem Verderben entgegengeht.
Angesichts der anhaltend kritischen Lage, die, wie Wir leider sagen müssen, jeden Augenblick sich in furchtbarer Weise entladen könnte und deren tiefste Ursache in der religiösen Gleichgültigkeit zu suchen ist, in dem moralischen Tiefstand des öffentlichen und privaten Lebens, in der systematischen Vergiftung der einfachen Seelen, denen das Gift eingeträufelt wird, nachdem man ihnen den Sinn für die wahre Freiheit sozusagen eingeschläfert hat, können und dürfen die Guten nicht unbekümmert und untätig als stille Zuschauer einer nahen, alles umstürzenden Katastrophe ihr gewohntes Leben in den alten Geleisen weiterführen ...
Jetzt ist es Zeit, geliebte Söhne und Töchter, es ist wirklich Zeit, entscheidende Schritte zu unternehmen. Es ist Zeit, die verhängnisvolle Lethargie abzuschütteln. Es ist Zeit, dass alle Guten, denen das Schicksal der Welt am Herzen liegt, sich einander nähern und sich aufs engste zusammenschließen. Mit dem Apostel wiederholen Wir: ,Hora est iam nos de somno surgere (Röm 13, 11) - Die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehn', denn es naht sich unsere Erlösung.
Es gilt, eine ganze Welt von Grund aus umzuformen, sie aus einer verwilderten in eine menschlich edle, aus einer menschlich edlen in eine vergöttlichte Welt umzuwandeln, entsprechend den Heilsabsichten Gottes. Millionen von Menschen ersehnen eine Änderung des Kurses. Sie richten daher ihren Blick auf die Kirche Christi, die einzige erfahrene Lenkerin und Führerin, die infolge ihrer Achtung vor der menschlichen Freiheit sich an die Spitze eines so gewaltigen Unternehmens zu stellen vermag. Man fleht um die Führung mit offenen Worten. Ja, noch mehr! Man weist hin auf das Meer von Tränen, auf die noch schmerzenden Wunden, auf die endlos weiten Friedhöfe, die der bewaffnete Hass auf der ganzen Welt geschaffen.
... Wie Wir in einer nunmehr weit zurückliegenden Stunde, da es Gott so gefiel, das schwere Kreuz des Pontifikates auf Uns nahmen, so unterziehen Wir Uns heute der schwierigen Aufgabe, soweit Unsere schwachen Kräfte es erlauben, Herold einer besseren gottgewollten Welt zu sein, deren Banner Wir in erster Linie euch, geliebte Söhne und Töchter, übergeben und anvertrauen möchten, euch, die ihr uns mehr als andere nahesteht und Unserer Hirtensorge in besonderer Weise anvertraut seid ... Erblickt darin den Ruf Gottes und eine wahrhaft würdige Lebensaufgabe: kraftvolle religiöse Erneuerung in eurem gesamten Tun und Denken. Religiöse Erneuerung sagen Wir, die alle ohne Unterschiede erfasst, Klerus und Volk, sowie alle, die in führender Stellung stehen, die Familien, jedwede Gemeinschaft und jeden einzelnen. Tiefgreifende religiöse Erneuerung des christlichen Lebens, sagen Wir, durch Verteidigung der sittlichen Werte, Durchführung der sozialen Gerechtigkeit, Wiederaufbau der kirchlichen Ordnung ...
Es ist jetzt nicht der Augenblick theoretischer Diskussionen, sich nach neuen Richtlinien umzusehen oder neue Wege und Ziele anzugeben. All diese Dinge sind längst bekannt und nach ihrer wesentlichen Seite hin erprobt, denn sie wurden von Christus selbst gelehrt und im Laufe der Jahrhunderte durch das Lehramt der Kirche dargelegt und von den letzten Päpsten den modernen Zeiterfordernissen angepasst. Sie erfordern nur eines: die konkrete Verwirklichung. Was nützt auch ein ständiges Erforschen der Wege Gottes, wenn man tatsächlich die Wege des Verderbens wählt und sich willenlos den Trieben der Natur überlässt? Was nützt es zu wissen und auszusprechen, dass Gott unser Vater und die Menschen unsere Brüder sind, wenn man jedes Eingreifen Gottes in das private und öffentliche Leben fürchtet? Wozu dienen lange Erörterungen über Gerechtigkeit, Liebe und Frieden, wenn der Wille von vornherein entschlossen ist, den Opfern auszuweichen, wenn das Herz in eisiger Einsamkeit sich verschließt und niemand es wagt, die Mauer des trennenden Hasses zu durchbrechen, um die Brüder in aufrichtiger Liebe zu empfangen? Ein solches Verhalten würde bei den Kindern des Lichtes die Schuld nur noch mehr vergrößern, denn auch sie werden wenig Verzeihung und Erbarmen finden, wenn sie weniger geliebt haben. Mit einer solchen Inkonsequenz und Trägheit hätte die Kirche in ihren Anfängen weder das Antlitz der Erde erneuert noch sich so rasch ausgebreitet; sie hätte weder ihre segenspendende Tätigkeit durch die Jahrhunderte fortzusetzen vermocht, noch sich Bewunderung und Vertrauen der Völker erworben.
Bleibt euch stets bewusst, geliebte Söhne und Töchter, dass die Wurzel der heutigen Übel und ihre verhängnisvollen Folgen nicht wie in vorchristlichen Zeiten oder wie in heidnischen Ländern unverschuldete Unkenntnis der auf die Ewigkeit hingeordneten Ziele des menschlichen Lebens ist oder auch Unkenntnis der eigentlichen Wege, die dahin führen. Nein, heute ist es die Trägheit des Geistes, die Schlaffheit des Willens, die Kälte des Herzens. Die Menschen, die an solch geistigem Siechtum darniederliegen, suchen sich zur Rechtfertigung ihres Verhaltens in die alte Finsternis einzuhüllen und sich mit alten und neuen Irrtümern zu entschuldigen. Es ist daher notwendig, auf ihren Willen einzuwirken.
... Traget Sorge, dass die Aufgaben genau festgestellt werden, dass die Zielsetzungen klar umrissen sind, dass die Kräfte, die zur Verfügung stehen, wohl abgewogen werden, und zwar so, dass die Hilfsquellen, die jetzt im Anfang bereitstehen, nicht ungenützt liegenbleiben, weil man sie nicht kennt, noch auch planlos herangezogen oder vergeudet werden in zweitrangiger Betätigung. Man ziehe die Seelen heran, die guten Willens sind; sie sollen sich von sich aus zur Verfügung stellen... Es gibt glühende Seelen, die nur darauf warten, herangezogen zu werden. Ihrer brennenden Ungeduld weise man das weite Feld zu, das zu bestellen ist. Andere wieder gibt es, die da schläfrig sind; sie müssen aufgeweckt werden. Andere sind ängstlich; sie müssen aufgemuntert werden. Andere endlich haben die Richtung verloren; sie müssen geführt werden. Vor allem aber wird gefordert, dass sie sich weise einfügen und sich verständig verwenden lassen. Ein Arbeitsrhythmus wird gefordert, der der dringenden Notwendigkeit gerecht wird, zu verteidigen, zu erobern und positiv aufzubauen."(8)
Pius XII. spricht dann den Wunsch aus, dass diese "kraftvolle religiöse Erneuerung" überall nachgeahmt werden möge, damit "die Nationen, die Kontinente, die gesamte Menschheit" zu Christus zurückkehren.
Der 13. Internationale Weltkongress der katholischen Frauenorganisationen tagte Ostern 1952 vom 21.-24. April in Rom und hatte sich die Mitarbeit der Frau für den Frieden als Thema gestellt. Das gleiche Leitwort wählte der Papst bei dem Empfang der Teilnehmerinnen am 24. April für seine Ansprache. "Des großen Beitrages gewiss, den die Frauen der Sache des Friedens geben können, richten Wir heute Unsere väterliche Botschaft an euch Mütter, Frauen und Mädchen aller Nationen, und vor allem an euch katholische Frauen. Ist uns doch eure kindliche Liebe zum Stellvertreter Christi bekannt und durch ihn zu Christus selbst, der im Laufe seines Erdenlebens so viele edle Beweise fraulicher Frömmigkeit erfahren hat. Immer besorgt, das Werk des Friedens mit allen Uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern bis hin zu dem Tage, an dem der Friede auf Erden endgültig Heimat gefunden hat, vertrauen Wir euch, geliebte Töchter, das schwierige und zugleich erhabene Amt an, für den Frieden zu arbeiten. Ihr wisst vielleicht besser als andere den Wert der Ruhe und Ordnung zu schätzen, da er ja die Grundbedingung jedes gesunden fraulichen Lebens ist. Gerade in Rom, das der Friedenskönig der Menschheitsfamilie zu eigen machte, um gleichsam jenen allgemeinen Frieden zu befestigen und zu erheben, den das Reich des Augustus sich vorgestellt und auf seine Weise verwirklicht hat, ist ein Kongress veranstaltet worden, auf dem die gesamte katholische Frauenwelt vertreten ist. Ihr wollt damit eure Sehnsucht nach Frieden feierlich bekunden, dem Willen Ausdruck geben, den Frieden von denen zu fordern, die die Gewalt haben, ihn hier auf Erden zu verwirklichen, die konkreten Mittel erforschen und eure Mitarbeit an seiner Verwirklichung anbieten. Dies alles wollt ihr, gegründet auf Gott und dem Fundament christlicher Grundsätze.
Euer Ruf ist in der Tat nicht neu, und auch nicht der letzte unter so vielen, die von überall her nach dem Frieden verlangen; sicherlich aber ist er ganz aufrichtig, und Wir haben Grund zu hoffen, dass er fruchtbar sei. Wer könnte an der Aufrichtigkeit der Frau, die Frieden erfleht, zweifeln, die doch als erste seinen Segen erfährt, oder wenn sie den Krieg verabscheut, dessen bemitleidenswertes Opfer sie wäre? So war es immer. Die alte Sage der leidenden Andromache vom verhängnisvollen Krieg, der Ursache der Tränen der Witwen, der Verwaisung und dann der Verbannung und Versklavung, bleibt, wenn sie auch nur eine epische Legende ist, die Personifizierung der ungeheuren Tragödien, in die die Kriege jeder Zeit die Frau mit sich fortreißen, und jener noch entsetzlicheren, die ihr von den totalen Konflikten unserer Zeit noch vorbehalten sind.
Die Schreckensbilder des letzten Weltbrandes stehen noch Millionen Männern und Frauen, die ihn glücklich überlebt haben, lebhaft vor Augen. Mütter mit ihren Kindern auf den Armen, begraben unter den Trümmern ihrer Häuser, von Wunden zerrissen; andere von Schmerz erstarrt über einen unvorhergesehenen Verlust, der geradezu einen Teil ihres eigenen Lebens jäh hinweg riss. Anderswo sind jene, denen Haus und Hof ihr ein und alles bedeutete, gezwungen, in unzählbaren Scharen von Ort zu Ort umherzuziehen, getrieben durch die Armeen, verfolgt von Schrecken, mit ihren von Hunger und Krankheit weinenden Kindern; Mütter und Frauen lange Jahre hindurch im ungewissen über das Los ihrer Lieben. Einige sogar sind durch die unglaubliche Herzenshärte der Staatslenker, deren Taten allzu verschieden von ihren Worten sind, bis heute in angstvollem Zweifel: Wird mein Sohn leben? Jungfrauen, der Schande ausgesetzt; Familien ohne jegliche Stütze; Mädchen, denen für immer der Traum ihres Lebens zerbrochen wurde - das ist die Frau in Kriegszeiten !
Haben Staatsmänner nie mit dem Herzen eines Sohnes an solche Schrecknisse gedacht, jene Staatsmänner, von denen Wir nicht sagen möchten, dass sie Kriegspläne oder Kriegsabsichten hegen, die aber eine Lage schaffen und aufrechterhalten, die eine Kriegsgefahr heraufbeschwören kann, wobei ungerecht unterdrückten Völkern vielleicht der Krieg - schrecklich zu sagen! - als letzte Hoffnung ihrer Befreiung sogar erwünscht sein könnte. Aber auf wen fällt die Verantwortung eines solch verzweifelten Wunsches? Der Mann, für den es Ruhm bedeutet, sich in solchen Widerwärtigkeiten zu bewähren, gewöhnt sich zwar auf irgend eine Weise an solche von einem Krieg herbeigeführte Lebensumstände wie Entbehrungen, Härten, ungeahnte Schrecken, ungewohnte Verhältnisse jeder Art; für die Frau indessen zeitigen sie oft physisch und moralisch verheerende Folgen.
Nun treibt die Furcht, ein solches Unheil könnte erneut ausbrechen - Gott möge es verhüten! - , die Frauen der ganzen Welt dazu, mit glühendem Herzen den Frieden zu erflehen. Diesen Flehruf haben Wir als euer gemeinsamer Vater oft von euren Lippen vernommen, und heute wollen Wir ihn zu dem Unseren machen, um denen, bei welchen die schwerwiegende Wahl zwischen Krieg und Frieden liegt, zuzurufen: Schaut mit den Augen eines Sohnes auf die Ängste so vieler Mütter und Frauen, unter denen auch die euren sind. Sorgt dafür, dass die Waagschale eurer Erwägungen sich nicht neige auf die Seite reiner Prestigegründe, unmittelbarer Vorteile oder sogar wirklichkeitsfremder Theorien, die in der wahren Natur des Menschen und der Dinge kein Fundament haben. Fordert von den Frauen keinen unnützen Heroismus. Denn schon so viele üben ihn in ihrem täglichen Leben zum Wohle des Vaterlandes und der menschlichen Familie.
Das Empfinden jedoch, das die Frau den Krieg verabscheuen lässt, nützt niemandem, noch hat es irgendwelchen Einfluss auf die Sache des Friedens, wenn es nicht zu dem heißen Verlangen wird, überall den Geist der Brüderlichkeit wiederherzustellen. Dieses Empfinden muss getragen sein vom Wissen um die höhere Pflicht der Liebe, die gestärkt ist von der Bereitschaft, im eigenen Wirkungskreis die Gerechtigkeit zu verwirklichen, die den Frieden schafft. Dies alles würde, kurz gesagt, nichts nützen, wenn das Empfinden nicht Tat wird, die ausgerichtet ist nach den christlichen Grundsätzen. In Unserer letzten Weihnachtsbotschaft über die Friedensaufgabe der Kirche (A. A. S. vol. 44, 1952, p. 11-15) haben Wir im einzelnen ausgeführt, welches diese Grundsätze sind und wie sie das Handeln der Kirche und der Katholiken bestimmen. Hierin, geliebte Töchter, unterscheidet sich euer Ruf nach Frieden deutlich von dem anderer Frauen, dessen Aufrichtigkeit wir durchaus nicht in Zweifel ziehen. Oft aber sehen Wir ihn entweiht und anderen Zwecken dienstbar gemacht, wenn er nicht ganz in ein Geschrei der Verbitterung und des Hasses übergeht. Jedenfalls ist es sicher, dass jeglicher Ruf nach Frieden, dem man das Fundament der christlichen Weltanschauung entzieht, dazu verurteilt ist, in der Öde verbitterter Herzen ungehört zu verhallen wie ein Schrei Schiffbrüchiger auf offenem Meer.
So seid ihr, katholische Frauen, Künder und Verfechter des Friedens, kraft des gleichen Ehrentitels, mit dem ihr euch als katholische Frauen schmückt. Katholisch sein ist gleichbedeutend mit Friedensstifter sein. Und obwohl eure Staatsbürgerpflicht von euch den festen Entschluss verlangt, euch für das Vaterland hinzuopfern, wenn es wirklich ungerechterweise angegriffen und in seinen Lebensrechten bedroht wird, so seid ihr natürlicherweise noch mehr und mit noch größerem Eifer dazu fähig, eure Kräfte einzusetzen, um jene inneren und äußeren Verhältnisse zu schaffen, die Ruhe und Ordnung sichern. Diese Tat, die darauf gerichtet ist, die Hassgefühle zu beseitigen, die Völker brüderlich miteinander zu verbinden, die materiellen Ursachen für Konflikte aufzuheben - wie etwa Elend, Arbeitslosigkeit, Auswanderungshindernisse und ähnliches -, erwarten die Kirche und die Menschheit von euch.
Es handelt sich um eine doppelte Tätigkeit. Auf der einen Seite um eine psychologische und sittenfördernde, die euer feiner Takt am besten durchzuführen vermag. Das will besagen, die Menschen zum Verständnis des Übernatürlichen hinzuführen, sie milde zu Lebensstrenge oder wenigstens zum Lebensernst und zur Sittsamkeit zu führen, überallhin den Geist der Milde, den brüderlichen Sinn unter allen Gotteskindern auszustrahlen und das Wissen um die Pflicht. Das will weiterhin bedeuten, auf ungerechten Reichtum zu verzichten, wobei ihr selbst als erste auf jede Art von Luxus in der Lebensführung verzichten solltet. Vor allem aber soll die Krone eurer geistlichen Tätigkeit sein, die Jugend christlich zu erziehen, gemäß der Weltanschauung, die der Heiland uns geoffenbart hat. Wem, wenn nicht den Müttern, ist in der Praxis die erste Unterweisung in der Lehre des Evangeliums anvertraut? O Weisheit der Güte der Vorsehung Gottes! Sie hat es so gefügt, dass jede Generation in ihrer frühesten Jugend durch die milde Schule der Frau gehe, der sich unsere gemeinsame Mutter, die Kirche, zugesellt, und wo sie stets von neuem Güte, Milde und Frömmigkeit schöpfen soll, alles Vorzüge, die der Frau eigen sind. Ohne diese immer neue Rückkehr zur Quelle verfiele die Menschheit binnen kurzer Zeit im Zurückweichen vor der Härte und dem schweren Kampf des Lebens einer höchst beklagenswerten Verwilderung. Weist also ihr, die ihr aus natürlicher Verpflichtung und kraft göttlicher Sendung die Seelen der Jugend formt, die neue Generation ein in ein Empfinden für die allgemeine Brüderlichkeit und in den Abscheu vor der Gewalt. Das sei eine Tätigkeit, die in allzu ferner Zukunft ihre Früchte trägt, mag jemand sagen. Nein, es ist ein Wirken, das in die Tiefe baut und damit grundlegend und dringlich ist. Wie die Kriege, zumindest die heutigen, nicht unvorhergesehen ausbrechen, sondern jahrelang keimhaft in den Herzen heranreifen, so wird auch der wahre, bleibende, gerechte Friede nicht plötzlich mit dem ersten Aufleuchten einer Gefühlsregung oder eines Aufrufes Wirklichkeit.
Es gibt dann noch eine zweite, äußere Tätigkeit. War in früheren Jahren der Einfluss der Frau auf das Haus und den Umkreis des Hauses beschränkt, so erstreckt er sich in unseren Tagen, ob wir es wollen oder nicht, auf ein immer weiteres Gebiet: auf das soziale und öffentliche Leben, auf die Parlamente, die Gerichte, das Pressewesen, das Berufsleben und die ganze Arbeitswelt. In jedes dieser Gebiete soll die Frau ihr Wirken für den Frieden hineintragen. Wenn nun wirklich jede Frau aus dem ihr eigenen Empfinden, mit dem sie den Krieg verabscheut, zur konkreten Tat schreiten würde, um ihn zu verhindern, dann wäre es unmöglich, dass die Gesamtheit solch starker Kräfte, die sich eben für das einsetzen, was die Persönlichkeit bildet, nämlich für Frömmigkeit und Liebe, - dann wäre es unmöglich, so sagen Wir, dass sie ihren Zweck verfehlte.
Dazu soll, um diese Kräfte zu befruchten, die Hilfe Gottes mitwirken, die Wir im Gebet herabrufen. Die Frau, die von Natur aus fromm ist, richtet für gewöhnlich ihr Gebet mit größerer Beharrlichkeit zu Gott. Wie die Fürbitte der Gottesmutter auf der Hochzeit zu Kana voll Sorge und Unruhe über die Verwirrung der Brautleute Jesus zu bewegen wusste, das Wasser in Wein zu verwandeln - in Wein, ,den die Feinschmecker die Seele der Mahlzeit nennen' (Bossuet, Sermon pour le II. Dimanche après l'Epiphanie) -, so wandelt auch euer Flehen in Nacheiferung der allerseligsten Jungfrau Maria das Wollen der Menschen aus Hass in Liebe und aus Habgier in Gerechtigkeit. Geliebte Töchter, ihr wisst, wie viel die Frau dem Christentum verdankt. Als es in die Zeit eintrat, hat die heidnische Kultur die Frau oft nur wegen äußerer und kurz dauernder Gaben oder wegen ihrer feinfühligeren Art hochgeschätzt. Diese ästhetische Schau und dieses tiefe Gefühl bilden sich zu Formen höchster Feinfühligkeit aus. Die Verse ausgesuchter Dichtkunst in den unsterblichen Dichtungen des augusteischen Zeitalters sind durchpulst von leidenschaftlichem Pathos; Götterstatuen, herrliche Schöpfungen der Kunst zierten Straßen und Plätze, Tempel und Hallen prachtvoller Paläste. Und doch war alles leer und oberflächlich. Athen und Rom, die Leuchten der Kultur, die doch so vieles natürliches Licht auf die Familienbande warfen, brachten es weder mit den hohen Gedankengängen der Philosophie noch mit der wahrhaft weisen Gesetzgebung zustande, die Frau zu der ihrer Natur entsprechenden Höhe zu erheben. Erst das Christentum, und es allein - gewiss nicht in der Verkennung jener äußeren und tief reichenden Vorzüge - hat in der Frau Sendung und Beruf entdeckt und gepflegt, die die wahre Grundlage ihrer Würde bilden und ihr somit eine würdigere Rangstellung einräumen. Auf diese Weise entstehen neue Typen der Frau, und diese behaupten sich in der christlichen Zivilisation, so jene der Märtyrerin für ihre Religion, so jene der Heiligen, der Glaubensbotin, der Jungfrau, der Urheberin weitgespannter Reformen, der Helferin in allen Leiden, der Erzieherin und Retterin verlorener Seelen. So wie allmählich neue soziale Bedürfnisse reifen, so dehnt sich auch ihre lebenspendende Sendung auf neue Aufgabenkreise aus, und die christliche Frau wird, wie es heute ganz zu Recht besteht, nicht weniger als der Mann ein notwendiger Träger der Kultur und des Fortschritts. Gerade in dieser Schau sehen Wir euer heutiges Frieden bringendes Wirken, vielleicht das größte, das euch die Vorsehung zugedacht hat, als das am meisten soziale und heilbringende, das ihr je innehattet. Nehmt es in Angriff als einen Auftrag von Gott und der Menschheit; weiht ihm eure eifrigsten Bemühungen und befolgt jene Weisungen, die ein ausgewählter Kreis von euch auf dem Internationalen Kongress der Katholischen Frauenorganisationen studiert und fördert. Seid davon überzeugt, dass ihr für das Heil eurer Heimatländer und eurer Kinder nichts Segensreicheres tun könnt. Das entspricht ganz Unserem Wunsch als Stellvertreter Christi. Über euch alle, geliebte Töchter, auf der ganzen weiten Welt, und besonders über euch, katholische Frauen, wie auch auf jede Teilnehmerin dieses Kongresses hier in Rom, erflehen Wir vom allmächtigen Gott Licht und Gnade. Als Unterpfand dessen erteilen Wir euch aus väterlichem Herzen den Apostolischen Segen."(9)
Einen der Höhepunkte des Marianischen Jahres bildete Anfang September 1954 der Weltkongress der Marianischen Kongregationen. Am 8. September richtete Papst Pius XII. eine Ansprache an die Teilnehmer, in der er zum Thema des Kongresses Stellung nimmt und über das dreifache Ziel, nämlich sorgfältigere Auswahl der Mitglieder, stärkere Bindung an die Hierarchie und eine größere Zusammenarbeit mit anderen apostolischen Verbänden spricht:
" ... Eure Pilgerfahrt ist nicht nur ein Akt kindlicher Liebe, sondern sie beweist darüber hinaus euren Willen, immer mehr auf dem Wege zur christlichen Vollkommenheit, nach der ihr strebt, voranzukommen; auch erwartet ihr von Uns Ermutigung und Richtlinien, um euer Ideal der Liebe und des Apostolates besser zu verwirklichen.
Der Kongress, welcher heute eröffnet wird, muss in der Tat der Ausgangspunkt einer geistlichen Erneuerung für alle Kongregationen der Welt werden. Sein Thema lautet: ,Der größte Ruhm Gottes durch eine sorgfältige Auswahl, stärkere Bindung an die Hierarchie und eine größere Zusammenarbeit mit anderen apostolischen Verbänden.' ...
Wir werden heute nur auf die drei Punkte des Programms eingehen, die Wir soeben erwähnt haben: ...
1. Sorgfältigere Auswahl.
Der erste Punkt ist wesentlich für die Sicherung der erwünschten Erneuerung. Die Kongregationen sind nicht einfach fromme Vereinigungen, sondern Schulen der Vollkommenheit und des Apostolates. Sie wenden sich an Christen, die nicht damit zufrieden sind, etwas mehr als notwendig zu tun, sondern die sich entschlossen haben, den Anregungen der Gnade großherzig zu entsprechen und gemäß ihrem Lebensstand ganz nach dem Willen Gottes zu suchen und ihn zu erfüllen. Deshalb sollte niemand aufgenommen werden nur aus irgendeiner Tradition, um der Kongregation Ehre anzutun oder selbst durch sie zu Ansehen und Würde zu kommen. Es zählt nur das Verlangen nach größerer Vervollkommnung und nach einem christlichen Leben, das von persönlicher apostolischer Glut erfüllt ist. Die Räte, die zur Abgabe ihres Urteils berufen sind, und besonders der Direktor, der allein die Verantwortung für die Aufnahme trägt, mögen diese wesentlichen Punkte ernsthaft betrachten.
Die Eignung des Kandidaten wird sich in seiner Treue beim Besuch der Versammlungen, seiner Liebe zum Gebet, seinem Eifer im Empfang der Sakramente der Buße und der Eucharistie erweisen, mit einem Wort, in seinem Bemühen um das unaufhörliche Wachstum in der Liebe zu Gott, der Grundlage des Seeleneifers. Dieser bedarf wirklich einer übernatürlichen Tugend, um Bestand zu haben und Früchte zu bringen. Nun sind aber weder der Glaube noch die Hoffnung noch die Liebe nur das Ergebnis einer glücklichen Charakterveranlagung oder eines willkürlichen Tuns. Sie sind Gaben Gottes, die man demütig und beharrlich erflehen und sorgfältig pflegen muss.
Wer danach trachtet, ein Kongreganist zu sein, der dieses Namens würdig ist, verpflichtet sich eindeutig zum Kampf gegen seine minder guten Neigungen. Er ist entschlossen, sich vollständig von der Herrschaft der Sünde zu befreien, und fasst die immer treuere Nachahmung Jesu, des sanften und demütigen Menschensohnes, ins Auge. Gleich ihm brennt er darauf, die geringsten Wünsche seines Vaters zu erfüllen und ihm in allem und trotz allem zu gefallen. Möge dieses verlockende und strenge Ideal für jeden von euch, liebe Söhne und Töchter, zur Quelle wirklicher geistlicher Erneuerung werden und zur Grundlage für ein Streben, das still und langsam ist wie das Leben, aber unaufhaltsam wie das Wirken Gottes.
2. Der Anschluss an die Hierarchie.
Die Vereinigung mit der Hierarchie, das sichtbare Zeichen der aufrichtigen Anhänglichkeit an Christus, wird auch der Prüfstein für die Reinheit des Seeleneifers sein. Wenn Wir Wert darauf legten, die Marianischen Kongregationen, wie sie die Konstitution ,Bis saeculari' definiert, unter die eigentlichsten Formen der Katholischen Aktion einzureihen, geschah es deshalb, weil sie ausdrücklich darauf hinarbeiten, ihre Mitglieder in den Geist der Kirche, das ,Sentire cum Ecclesia', einzuführen. Diese Haltung ist die einzig angemessene, wenn man beansprucht, mit dem Apostolat der Hierarchie zusammenzuarbeiten. Aus der Verantwortung für die Ehre Gottes auf Erden und als Treuhänderin der göttlichen Gewalten weist die Hierarchie jedem, der sich freiwillig anbietet, um das Werk Christi fortzusetzen, seine Aufgabe zu.
Um ihr wirksam zu helfen, genügt es nicht, eine jede bestehende Einrichtung oder neue Initiative ihrer Billigung zu unterstellen. Man muss sich ihren Geist zu eigen machen, ihre Absichten verstehen, ihren Wünschen zuvorkommen. Das setzt Demut und Gehorsam, Hingabe und Selbstverleugnung voraus, echte Tugenden, die die ernste Bildung von Kongregationen nicht zu entwickeln versäumt. Weil die Kongregationen von dem Willen beseelt sind, um jeden Preis zu dienen, machen sie niemals den Versuch, sich zu isolieren oder gewisse Bereiche für sich allein zu beanspruchen, sondern sie sind im Gegenteil dazu bereit, da zu arbeiten, wohin die Hierarchie sie sendet. Sie dienen der Kirche nicht wie einer fremden Macht, nicht einmal wie einer menschlichen Familie, sondern wie der Braut Christi, die vom Heiligen Geist selbst beseelt und geführt wird und deren Interessen auch diejenigen Jesu sind. Der Apostel Paulus litt schon darunter, dass er feststellen musste, dass einige - alle, sagte er bitter -, ,alle ihre eigenen Interessen und nicht diejenigen Jesu Christi verfolgen' (Phil 2, 21). Möge eine solche Bemerkung euch wachhalten. Vergesst euch selbst, seid bereit, jede enge Sicht von euch zu weisen, und nehmt die Ratschläge der Kirche hin, als kämen sie von eurem göttlichen Oberhaupt. So werdet ihr mit dem Apostel sprechen können: ,Am Tage Christi ... werden mein Laufen und meine Bemühungen nicht vergeblich gewesen sein.' (Phil 2, 16).
3. Zusammenarbeit mit anderen apostolischen Vereinigungen.
Das Thema eures Kongresses fasst auch eine größere Zusammenarbeit mit den anderen apostolischen Vereinigungen ins Auge. Außer seiner praktischen Seite ist dieser Zusammenschluss der Kräfte ein eindeutiges Zeichen der Gegenwart Christi inmitten derer, die in der Aktion wie im Gebet der gleichen Eingebung gehorchen. ,Dass sie eins seien', bat Jesus in seinem hohepriesterlichen Gebet inständig seinen Vater, ,wie Du, Vater, in mir und ich in Dir bin, dass sie eins in Uns seien, damit die Welt glaube, dass Du mich gesandt hast' (Joh 17, 2 1). Das Apostolat hat in gewisser Weise an der göttlichen Sendung Jesu Anteil. Es offenbart den Menschen die Liebe des Vaters und des Sohnes in der Gabe ihres einzigen Geistes. Ihr erinnert euch zweifellos, wie die Apostelgeschichte, diese wunderbare Frucht des Heiligen Geistes, an dem Tage nach Pfingsten hervorhebt: ,Die Menge der Gläubigen hatte nur ein Herz und eine Seele. Niemand nannte das, was ihm gehörte sein, sondern sie hatten alles miteinander gemeinsam. Mit großer Macht legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung des Herrn Jesus, und sie standen alle in großem Ansehen' (Apg 4, 32-34). Die außerordentliche apostolische Strahlungskraft in der ersten christlichen Gemeinde hat sich in den verschiedensten Formen in der Geschichte der Kirche wiederholt, besonders in kritischen Stunden, wo nur die lebendige Wucht junger Kräfte von ungebrochener Überzeugung in gewaltigem Aufschwung anscheinend unüberwindliche Hindernisse zu beseitigen vermochte. Ist es nicht ein Zeugnis von dieser Art, das die gegenwärtige Zeit ganz besonders von euch erwartet? So viele edle Unternehmungen verzetteln sich auf auseinanderstrebenden Gleisen, wissen nichts voneinander und geraten leider manchmal sogar in Gegensatz zueinander. Unterdessen schreitet das Böse ohne Waffenruhe in seiner Eroberung fort, und, mangels guten Einvernehmens und Zusammenarbeitens der Guten, dringt es überall ein.
Wie in den Anfängen der Kirche die mächtige Fürbitte Mariens der Gemeinde von Jerusalem die vollkommene Eintracht in der Liebe verdiente, so wünschen Wir lebhaft, dass die Königin der Apostel euch alle, liebe Söhne und Töchter, die ihr hier versammelt seid, und alle eure Mitsodalen aus der ganzen Welt, die ihr hier bei uns vertretet, mit einem Geist aufrichtiger Zusammenarbeit erfülle. Möge man von euch in Abwandlung des Wortes des hI. Paulus, das Wir soeben zitierten, sagen können: ,Niemand verfolgte seine eigenen Interessen, sondern einzig die von Jesus Christus.' ... "
Der Papst beschließt seine Ansprache mit dem Wunsch, alle Kongressteilnehmer möchten die Erinnerung an einen "Pfingsthauch" in ihre Heimat mitnehmen und den Willen, großherzig auf so viele Gnaden, die sie unter der Schutzherrschaft der Unbefleckten Jungfrau empfingen, durch die Tat zu antworten.(10)
Eine wahrhaft vornehme, von echtem christlichem Friedensgeist getragene Antwort an den Materialismus des Ostens gibt Papst Pius XII. in einer Botschaft an den Augsburger Bischof, Exzellenz Freundorfer, vom 27. Juni 1955. Die Katholiken der Diözese Augsburg feierten vom 2. bis 11. Juli aus Anlass der Erinnerung an die Schlacht auf dem Lechfeld vor tausend Jahren in einer St.-Ulrichs-Festwoche ihren heiligen Bischof. In der Botschaft des Heiligen Vaters heißt es:
•... Damit ist schon ausgesprochen, worin die Erneuerung der abendländischen Kultur beschlossen liegt; eben darin, dass der abendländische Mensch die Wahrheit und Gnade Christi von neuem bejaht, bekennt, in sich aufnimmt und zur lebendigen Grundlage des gesamten Daseins macht. In der Auseinandersetzung mit der neuen Lebensform des materialistischen Ostens behauptet das Abendland, für die Menschenwürde und die Menschenrechte, an erster Stelle für die Freiheit des Einzelnen einzustehen. Er möge aber nicht übersehen, dass die Würde und die Rechte des Menschen - seine persönliche Freiheit ganz besonders - sich gegen ihn wenden, ja, dass sie sich selbst aufheben, wenn sie nicht genommen werden in Einheit mit den Bindungen, den Pflichten, mit denen die Ordnung der Natur wie der Gnade sie unlöslich verknüpft hat und die im Gebote Gottes und Gesetz Christi dem Menschen entgegentreten. Eine Tagung wie die in Augsburg wird nicht an der Frage vorbeigehen dürfen, wie viele Männer und Frauen das Abendland noch zählt, denen für die Heilighaltung jener Bindungen kein Einsatz zu hoch ist ...
Der echte christliche Abendländer hegt gegenüber den Völkern des Ostens, die im Machtbereich der mit Staatsgewalt ausgerüsteten materialistischen Weltanschauung leben, Gedanken des Friedens und der Liebe. Wenn die Frage der Koexistenz die Geister unentwegt beschäftigt, so können Wir eine Art der Koexistenz rückhaltlos bejahen: Die gläubigen Abendländer beten gemeinsam mit denen jenseits des eisernen Vorhanges, die noch ihre Hände zu Gott erheben, - und es sind nicht wenige - dass wir alle eins werden in der vollen Freiheit, das persönliche wie das öffentliche Leben ganz nach Gottes Willen auszurichten, und dass jene, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, eine Welt ohne Gott und Christus aufzubauen, aus der Nacht und Kälte ihrer Gottferne zurückfinden zur Sonne der Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe: zu Jesus Christus, ,der da ist über allem, Gott, hochgelobt in Ewigkeit' (Röm 9, 5).
Dass Gottes Huld und Gnade über den Augsburger Tagen abendländischen Bekenntnisses walte, dass sie das Denken schärfe und das Wollen kräftige für die Kernaufgaben eines eindeutig christlichen Abendlandes, als Unterpfand dessen erteilen Wir allen an den Arbeiten und Feiern der Festwoche Teilnehmenden aus der Fülle des Herzens den Apostolischen Segen. "(11)
Am Feste der Unbefleckten Empfängnis Mariens, am 8. Dezember 1955, wurde in Rom ein neues Haus für die Frauen der italienischen Katholischen Aktion, "Domus Mariae", eröffnet. Aus diesem Anlass hielt Papst Pius XII. eine Radioanspraehe, in der er u. a. ausführt:
... "Es ist also für euch eine wunderbare Mission der Läuterung und Reinigung. Seid wie eine Schar Engel, seid Seelen, die in ihrem Flug frei sind, fähig, der Welt den Anblick einer freien, aber unbescholtenen Jugend zu geben, um zu zeigen, dass das Problem der Reinheit nicht unmöglich und nicht einmal schwer zu lösen und zu überwinden ist, wenn es im Licht der christlichen Grundsätze geprägt und ausgeführt wird. Ein solcher Anblick wird schöner werden, das Zeugnis wird wirksamer werden, wenn ihr auf dieses unzerstörbare Fundament das Gebäude eures geistigen Lebens aufbaut und den höchsten Gipfeln der christlichen Vollkommenheit entgegenschaut. Ihr werdet das erreichen, wenn ihr, auf die kleinsten Zeichen Gottes aufmerkend, euch vollkommen Jesus anvertraut und ihm die absolute Herrschaft über euren Verstand, euer Herz, eure Sinne überlasst . Ihr braucht deswegen nicht auf das Leben oder auf die gesunde Lebensfreude verzichten. Sind nicht in eurem Haus (Domus Mariae) neben einer herrlichen Kirche auch ein Filmvorführungsraum und Festsäle, stehen euch dort nicht Sportplätze und ein modernes Freilichttheater zur Verfügung? Mit dieser Reinheit, mit diesem Erfüllt sein von göttlichem und menschlichem Leben, erscheint ihr unter den Menschen als Trägerinnen eines Lächelns und einer Freude, die die Welt nicht mehr kennt und die ihrerseits eure Seele erhellt ...
a) Handelt mit Begeisterung
b) Handelt in Eintracht
c) Handelt im Gehorsam.
... Die weibliche Jugend gehorcht ohne zu diskutieren: Großmütig, schnell, weil nicht ein Tag, nicht eine Minute zu verlieren sind, in dieser Stunde, die der Tat gehört, der dringend notwendigen Tat."(12)
VI. DIE FRAU IM ÖFFENTLICHEN LEBEN
Während in dem letzten Abschnitt die Worte des Papstes allgemein zum Apostolat der Frau aufriefen, so wie eine jede Frau als Christin in der Katholischen Aktion stehen soll, wandte sich der Heilige Vater in einer Reihe von bedeutsamen Ansprachen an die berufstätigen Frauen, um zu ihnen über ihre Pflichten im sozialen und politischen Leben zu sprechen. Die erste dieser Reden galt den italienischen Frauen, und zwar den Mitgliedern der christlichen Arbeiterinnenvereine, die er am 15. August 1945 in Audienz empfing. Durch den Krieg waren auch in Italien die Frauen immer mehr in den öffentlichen Arbeitsbereich hineingezogen worden, was in diesem Lande in ganz besonderer Weise eine Umschulung und religiöse Beeinflussung und Erziehung notwendig machte. Der Papst gibt sie in dieser Rede.
" ... Denn hier vielleicht mehr als in anderen Ländern war die überlieferte Beschränkung des fraulichen Wirkens auf den Bereich der Familie eine Grundsäule der öffentlichen Gesundheit und der Moral, in der Weise, dass diese Umwandlung den Anschein einer wahren sozialen Umwälzung angenommen hat ... Es ist Uns wohlbekannt, wie schwer es ist, in Treue gegen die Gebote Gottes die Pflichten einer Arbeiterin in einem öffentlichen Betrieb und zugleich jene einer Hausfrau zu erfüllen. Auch ist Uns nicht unbekannt, dass viele versagen und an der Spannung zerbrechen, die jener doppelte Pflichtenkreis erzeugt. Die Anstrengungen der Kirche zugunsten eines Lohnes, der ausreicht, um den Arbeiter und seine Familien zu ernähren, hatten und haben eben auch dieses Ziel (was oft nur sehr schwer erreicht wird), die Gattin und Mutter zu ihrem eigentlichen Beruf am häuslichen Herd zurückzuführen.
Wenn ihr euch, geliebte Töchter, euer tägliches Brot in den Fabriken oder den Geschäften verdienen müsst, so schenkt in den Stunden, die euch für das Heim bleiben, eurem Gatten und euren Kindern mit verdoppeltem Eifer den Trost guten Beispiels, liebevoller Sorge und dauerhafter Liebe. Sorgt, dass eure Wohnung, um ein Wort des Apostels Paulus zu gebrauchen, eine Stätte ,friedlichen und ruhigen Lebens voller Ehrfurcht und Würde' (1 Tim 2, 2) werde, immer von dem Vorsatz erfüllt, euch selbst im Gedanken an eure Familie jener heilsamen Früchte zu versichern, die die alten christlichen, heute im Aussterben begriffenen Sitten fast unbewusst bewirkten. Aus der Heiligung der Feste, der andächtigen Teilnahme am heiligen Messopfer, der häufigen Teilnahme am Eucharistischen Mahle schöpft den Mut zum Bekenntnis eures Glaubens, die großmütige Geduld in den Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten des Lebens, die Kraft, um die Reinheit des Herzens und der Sitten zu wahren, die eheliche Treue, die mütterliche Liebe, bereit zu jedem Verzicht, und vor allem möge die Gnade Jesu Christi überreich in euch sein, in euren Familien, in euren Arbeitskameradinnen, damit die Rechtschaffenheit, die Achtung vor dem Recht und der Würde des Nächsten und die Bereitschaft wechselseitiger Hilfe die hervorstechenden Eigenschaften eurer Beziehungen darstellen...
Vor allem haben Wir nicht nötig, euch, die ihr in sozialen Dingen eine reiche Erfahrung habt, daran zu erinnern, dass die Kirche immer den Grundsatz verfochten hat, dass der Arbeiterin für die gleiche Arbeitsleistung auf Grund gleicher Berechnung auch der gleiche Lohn wie dem Arbeiter gebührt, und dass es ungerecht ist und dem Gemeinwohl zuwiderläuft, die Arbeit der Frau rücksichtslos auszubeuten, nur weil man sie billiger haben kann. Dies würde nicht nur der Arbeiterin schaden, sondern auch dem Arbeiter, der so der Gefahr der Arbeitslosigkeit ausgesetzt wäre. Glücklicherweise ist es kaum nötig, euch daran zu erinnern, dass, wenn es sich um die sittliche Grundlage der Familie und des Staates, der Rechte Gottes und der Kirche handelt, alle Männer und Frauen aller Stellungen und Klassen streng verpflichtet sind, von den politischen Rechten zum Nutzen der guten Sache Gebrauch zu machen ...
Die Kirche ist die Fürsprecherin, die Schutzherrin, die Mutter des arbeitenden Volkes. Wer das Gegenteil behauptet und künstlich eine trennende Mauer zwischen der Kirche und der Welt der Arbeit errichtet, ist gezwungen, Tatsachen zu leugnen, die sonnenklar zutage liegen, ,wenn es notwendig ist, sich zu rühmen', wie Wir mit dem heiligen Paulus sagen (2 Kor 11, 30). Wer kann ein soziales Programm aufweisen, das so fest gegründet, so reich an Inhalt, so weit und zu gleicher Zeit so wohl gegliedert und gerecht ist wie das der katholischen Kirche? Wer hat, seitdem es ein Industrieproletariat gibt, wie die Kirche in gesetzmäßigem Kampf gekämpft zur Verteidigung der Menschenrechte der Arbeiter? In gesetzmäßigem Kampf, weil es eine Tat ist, zu der sich die Kirche vor Gott nach Christi Gesetz verpflichtet fühlt. In gesetzmäßigem Kampfe, nicht um den Klassenkampf zu entflammen, sondern um den Massen der Arbeiter die Sicherheit zu verbürgen, deren sich andere soziale Schichten des Volkes schon erfreuten, und damit die Arbeiterklasse beginne, mit gleichen Rechten an der sozialen Gemeinschaft Anteil zu haben wie ihre anderen Glieder ...
Denkt auch an die letzten Jahre des so grausamen Krieges. Hat euch darin vielleicht die Kirche verlassen? Sind nicht Kirche und Volk vereint geblieben, das leidende Volk und die Kirche, die ihm stets zu Hilfe kommen wollte und es auch oft wirksam konnte? Aber euch gegenüber, geliebte Töchter, brauchen Wir diese Wahrheit nicht zu verteidigen. Ihr kennt sie und folgt mit heiligem Stolze dem sozialen Banner der Kirche. Ihr selbst, die ihr hier um Uns versammelt seid, seid ein klarer Beweis dafür, dass ihr die Erneuerung der menschlichen Gesellschaft nur durch Christus erhofft und erwartet, aus seinem Geist und durch seine Liebe. Bleibet treu eurem Glauben, bekennt ihn mutig und lebet ihm nach bis zu seiner letzten Konsequenz. In einer apokalyptischen Zeit wie der unsrigen haben nur die wesentlichen, geradlinigen, entschlossenen Menschen Ansehen und Wert; nur ihnen gelingt es, jede Schwierigkeit zu überwinden und die anderen nach sich zu ziehen. Und ihr habt auf eurer Seite und zum Schutz euren Gott, die Wahrheit, die Ewigkeit.
Geliebte Töchter! Wir können diese Rede nicht schließen, ohne Gott dem Allmächtigen mit ganzem Herzen für die Beendigung des weltweiten Krieges zu danken. Bei dieser Nachricht, an diesem Marientage haben eure so empfänglichen Frauenherzen, die Herzen von Gattinnen, Müttern, Schwestern und Bräuten, die so sehr und so lange gemartert wurden, aufgejubelt, wenn auch durch Schicksalsschläge und Ängste verwundet. Beendet sind die ungeheuren Ausschreitungen, die schrecklichen Gemetzel, die wahnsinnigen Zerstörungen. Möge auch aller Hass enden, alle Machtgelüste, alle Anmaßungen der Starken, alle Unterdrückung der Schwachen, möge die Welt zu neuem Leben erstehen, einem Leben in Wahrheit und Gerechtigkeit, das Völker und Nationen besänftige und verbrüdere."(1)
Den letzten Abschnitt fügte der Papst dankerfüllt hinzu, da an dem gleichen Tage, da er die Arbeiterinnen empfing, am 15. August 1945, am Tage Mariä Himmelfahrt, durch die Kapitulation Japans der Weltkrieg auch im Osten beendet wurde.
Im gleichen Jahre noch, am 21. Oktober 1945, wandte sich Papst Pius XII. in einer großen richtunggebenden Ansprache an die Vertreterinnen aller katholischen Frauenverbände Italiens und wählte als Thema: "Pflichten der Frau im sozialen und politischen Leben". Wenn die Rede auch in erster Linie für die italienischen Frauenvereine bestimmt war, so nahm der Papst doch diesen Anlass ihrer Zusammenkunft in Rom wahr, um sich an die Frauen der ganzen Welt zu wenden und ihnen Richtlinien zu geben, die den durch die vergangenen Jahre bedingten neuen Verhältnissen für die Frau Rechnung tragen. Es wurde eine für die Stellung der Frau klassische Ansprache, die alle wichtigen Probleme berührt und immer wieder für die Frauenverbände wie für die einzelnen, besonders die führenden Frauen wegweisend ist. Der Papst sagt es ganz ausdrücklich zu Beginn der Rede:
"Wir selbst haben diese Gelegenheit herbeigesehnt; denn die fieberhafte Erregung einer lastenden Gegenwart und noch mehr die Sorgen um eine ungewisse Zukunft haben die Situation der Frau in den Mittelpunkt des Interesses nicht nur der Freunde, sondern auch der Feinde Christi und der Kirche gerückt."
Der erste Teil der Ansprache trägt die Überschrift: "Die Eigenart bei der Geschlechter und ihre gegenseitige Ergänzung". Gedanken dieses Abschnitts finden wir teilweise in den ersten Kapiteln dieser Arbeit, teilweise, soweit sie die Jugend und die freiwillig zölibatäre Frau angehen, in den letzten Kapiteln. Im zweiten Teil spricht der Papst über die "Pflicht der Frau, in der gegenwärtigen Zeit am öffentlichen Leben teilzunehmen". Wegen seiner Bedeutung soll dieser Abschnitt wörtlich folgen:
"Folgern wir daraus nun" [es war die Rede von den für die Familie und Frauenwürde ungünstigen sozialen und politischen Verhältnissen], "dass ihr, katholische Frauen und Mädchen, der Bewegung euch widersetzen sollt, die euch, ob gern oder widerwillig, in den Bannkreis des sozialen und politischen Lebens hineinreißt? Ganz gewiss nicht. Angesichts der Theorien und Methoden, die auf verschiedenen Wegen die Frau ihrer Sendung entziehen und sie mit der Lockung einer zügellosen Emanzipation oder durch die Wirklichkeit eines hoffnungslosen Elends der persönlichen Würde, der Frauenwürde, berauben, haben Wir den besorgten Ruf vernommen, der möglichst die Tätigkeit der Frau im Haushalt fordert.
Die Frau hält sich nun aber nicht nur wegen ihrer laut verkündeten Emanzipation außerhalb des Hauses auf, sondern häufig auch aus Lebensnotwendigkeiten, aus der Sorge um das tägliche Brot. Man würde vergebens ihre Rückkehr zum häuslichen Herd predigen, solange die Umweltbedingungen andauern, die sie nicht selten zwingen, außerhalb des Hauses zu verbleiben. So eröffnet sich der erste Ausblick auf eure Sendung im sozialen und politischen Leben, die vor euch liegt. Euer Eintritt in das öffentliche Leben hat sich plötzlich infolge sozialer Umwälzungen vollzogen, deren Zeuge wir sind: das bleibt sich gleich! Auf jeden Fall seid ihr aufgerufen, daran teilzunehmen. Wollt ihr vielleicht anderen, und zwar denen, die sich zu Vorkämpfern und Mitschuldigen des Niedergangs des häuslichen Herdes machen, das Monopol der gesellschaftlichen Organisation lassen, deren Hauptelement die Familie in ihrer wirtschaftlichen, geistigen und sittlichen Einheit ist? Das Schicksal der Familie, das Schicksal des menschlichen Gemeinschaftslebens steht auf dem Spiel. Es liegt in euren Händen. Tua res agitur! Jede Frau also, ohne Ausnahme, hat - merkt es euch wohl - die Pflicht, die strenge Gewissenspflicht, nicht abseits zu bleiben, sondern zu handeln, in den Formen und der Art, die der Lebenslage jeder einzelnen entsprechen, um den Strömungen, die die Familien bedrohen, entgegenzuwirken, um die Lehren zu bekämpfen, die ihre Grundlagen untergraben, um ihre Erneuerung vorzubereiten, zu organisieren und zu verwirklichen.
Zu diesem dringenden Beweggrund für die katholische Frau, den Weg zu betreten, der sich heute ihrer Tätigkeit eröffnet, gesellt sich noch ein anderer hinzu: ihre Frauenwürde. Die Frau hat die Aufgabe, zusammen mit dem Manne zum Besten der civitas (der bürgerlichen Gemeinschaft) zu wirken, innerhalb derer sie an Würde ihm gleichsteht. Jedes der beiden Geschlechter muss dabei den Teil übernehmen, der ihm auf Grund seiner Natur, seines Charakters, seiner körperlichen, geistigen und sittlichen Anlagen zukommt. Beide haben das Recht und die Pflicht, zum Besten der Gesellschaft und des Vaterlandes in allen Bereichen mitzuarbeiten. Aber es ist klar, dass, während der Mann in seiner Art mehr dazu neigt, die außenpolitischen und öffentlichen Belange zu vertreten, die Frau im allgemeinen mehr Scharfblick und feinen Takt hat, um die delikaten Probleme des häuslichen Familienlebens, der Grundlage des ganzen Gesellschaftslebens, zu verstehen und zu lösen. Das schließt nicht aus, dass einige Frauen tatsächlich großes Geschick in jedem Bereich öffentlicher Tätigkeit entwickeln.
Aber das ist nicht so sehr eine Frage unterschiedlicher Befugnisse als vielmehr der Art, wie man urteilt und zu konkreten und praktischen Anwendungen gelangt. Fassen wir den Fall der bürgerlichen Rechte ins Auge. Sie sind heute für Mann und Frau die gleichen. Aber wie viel wirkungsvoller könnten sie angewandt werden, wenn Mann und Frau sich gegenseitig ergänzen würden. Die Empfindsamkeit und das Feingefühl, die der Frau eignen, können sie zwar in der Richtung ihrer Eindrücke abziehen und so gegebenenfalls der Klarheit und Weite des Blickes, der Unbefangenheit des Urteils, der Vorausschau entfernter Folgen Eintrag tun, sind aber andererseits eine wertvolle Hilfe, um Erfordernisse, Bestrebungen und Gefahren für das häusliche Leben, für den karitativen und religiösen Bereich ins rechte Licht zu stellen. Die Tätigkeit der Frau entfaltet sich größtenteils bei Arbeiten und Beschäftigungen des häuslichen Lebens, die mehr und besser, als man sich dies allgemein vorstellt, zu den wahren Interessen der Gesellschaft beitragen. Aber diese Interessen erfordern außerdem eine Schar von Frauen, die Zeit zur Verfügung haben, um sich ihnen unmittelbar und ganz zu widmen. Wer werden nun diese Frauen sein? Sind es nicht besonders - Wir wollen gewiss nicht sagen: ausschließlich - jene oben erwähnten, denen gebieterische Umstände die geheimnisvolle ,Berufung' auferlegt haben, ferner diejenigen, die die Ereignisse einer Einsamkeit überantwortet haben, die ihrem Denken und Wünschen nicht entsprach und die sie zu einem egoistisch-unnützen und zwecklosen Leben zu verurteilen schien? Und gerade deren Stellung stellt sich heute als vielseitig, Tatkraft erheischend und alle ihre Energien anspannend dar, und zwar so, dass wenige andere, die durch die Sorgen für die Familie und die Erziehung der Kinder beansprucht oder der geheiligten Ordensregel unterworfen sind, in gleicher Weise imstande wären, sie zu erfüllen.
Bis jetzt haben sich einige dieser Frauen mit häufig bewundernswertem Eifer der Pfarrhilfe gewidmet, andere mit stets sich weitendem Gesichtskreis weihten sich einer sittlichen und sozialen Tätigkeit von großer Tragweite. Ihre Zahl ist infolge des Krieges und der nachfolgenden Notstände beträchtlich gewachsen. Viele tüchtige Männer sind in dem furchtbaren Krieg gefallen, andere sind krank zurückgekehrt. So viele junge Frauen werden darum vergebens auf den Gatten, auf das Erblühen jungen Lebens in ihrer einsamen Heimstätte warten. Aber zu gleicher Zeit haben sich die neuen Notwendigkeiten ergeben, die durch den Eintritt der Frau in das bürgerliche und politische Leben entstanden sind, und fordern ihre Mithilfe. Ist das vielleicht nur ein merkwürdiges Zusammentreffen, oder muss man darin nicht eine Fügung der göttlichen Vorsehung erblicken?
So ist es ein großes Betätigungsfeld, das sich heute der Frau darbietet, und es kann mehr geistiger oder mehr praktischer Natur sein, je nach Anlage und Charakter einer jeden. Die Stellung und Aufgabe der Frau in der Gesellschaft, ihre Rechte und Pflichten studieren und darlegen, Erzieherin und Leiterin der Mitschwestern werden, wieder die rechten Begriffe schaffen, Vorurteile zerstreuen, Verwirrung aufklären, die Lehre der Kirche erläutern und verbreiten, um sicherer den Irrtum, die Täuschung und die Lüge als falsch zu erweisen, um wirksamer die Taktik der Gegner des Dogmas und der katholischen Moral zu vereiteln: - eine ungeheure, dringend notwendige Arbeit, ohne die der ganze Eifer des Apostolats nur fragwürdige Ergebnisse zeitigen würde. Aber auch die unmittelbare Tat ist unentbehrlich, wenn man nicht will, dass die gesunden Doktrinen und festen Überzeugungen, wenn nicht durchaus platonisch, so doch arm in ihrer praktischen Auswirkung bleiben. Diese unmittelbare Anteilnahme und tatkräftige Mitarbeit am sozialen und politischen Leben beeinträchtigen in keiner Weise den eigentlichen Charakter eines normalen Frauenlebens. In der Zusammenarbeit mit dem Mann, im staatsbürgerlichen Leben wird die Frau sich hauptsächlich den Stoffen zuwenden, die Takt, Feingefühl und Mütterlichkeit mehr als Sinn für straffe Verwaltung fordern. Wer kann besser als sie erfassen, was die Würde der Frau, die Unberührtheit und Ehre des jungen Mädchens und die Erziehung der Kinder verlangen? Wie viele Probleme fordern doch in all diesen Bereichen die Aufmerksamkeit und Aktion von Regierung und Gesetzgeber! Nur die Frau weiß zum Beispiel gütig und doch wirkungsvoll der sittlichen Ungebundenheit zu begegnen. Sie allein wird Wege finden können, um die verwahrloste Jugend aus ihrem Elend zu retten und sie in Ehrenhaftigkeit und in den religiösen und staatsbürgerlichen Tugenden zu erziehen. Nur sie ist imstande, die Betreuung und Rehabilitierung der entlassenen Strafgefangenen und des gefallenen jungen Mädchens fruchtbringend zu gestalten. Nur ihr Herz wird ihr die rechten Worte eingeben, die ein Widerhall des Protestes der Mütter sind, denen ein totalitärer Staat, mit welchem Namen er sich auch schmücken mag, die Erziehung der Kinder wegnehmen möchte.
Zum Schluss einige Erwägungen:
So ist das Pflichtenprogramm der Frau dargestellt, dessen praktischer Gegenstand ein doppelter ist: ihre Vorbereitung und Bildung für das soziale und politische Leben und die Entfaltung und Verwirklichung dieses sozialen und politischen Lebens im privaten und öffentlichen Bereich. Es ist klar, dass die Aufgabe der Frau, so verstanden, nicht aus dem Stegreif gemeistert werden kann. Der mütterliche Trieb lebt in ihr als ein Naturtrieb, der von der Natur nicht bis in die Einzelheiten seiner Anwendungsmöglichkeiten bestimmt ist. Er wird von einem freien Willen geleitet und dieser hinwieder vom Verstand geführt. Darauf beruht sein sittlicher Wert und seine Würde, aber auch seine Unvollkommenheit, die durch die Bildung ausgeglichen und aufgehoben werden muss.
Die Bildung der wesenseigenen Kräfte des jungen Mädchens und nicht selten auch der erwachsenen Frau ist also eine notwendige Bedingung für die Vorbereitung und Ausrichtung auf ein ihr würdiges Leben. Das Ideal wäre augenscheinlich, dass diese Erziehung bis in die Kindheit hineingreifen könnte, in die Atmosphäre einer christlichen Häuslichkeit unter dem Einfluss der Mutter. Leider ist dies nicht immer der Fall und nicht immer möglich. Dennoch kann man wenigstens zum Teil diesen Ausfall ausgleichen, indem man dem jungen Mädchen, das notgedrungen außer dem Haus arbeiten muss, eine derjenigen Einrichtungen zur Verfügung stellt, die irgendwie eine praktische Vorbereitung für ihr künftiges Leben sind. Das erstreben auch die Haushaltsschulen, die aus dem Kind und Mädchen von heute die Frau und Mutter von morgen bilden wollen. Wie würdig des Lobes und der Ermutigung sind solche Einrichtungen! Sie sind eine der Formen, in denen euer frauliches Empfinden und euer mütterlicher Eifer sich reichlich betätigen und entfalten können. Sie sind eine der wertvollsten Formen, weil das Gute, das ihr hier wirkt, sich ins Ungemessene ausdehnt. Ihr befähigt eure Schülerinnen, anderen, innerhalb der Familie oder außerhalb derselben, das Gute zu erweisen, das ihr ihnen erwiesen habt. Was soll man noch über so viele andere Einrichtungen sagen, mit denen ihr den Familienmüttern beisteht, sowohl für ihre geistige und religiöse Bildung als auch in den schmerzensreichen und schwierigen Umständen des Lebens.
Aber bei eurer sozialen und politischen Betätigung hängt vieles von der staatlichen Gesetzgebung und von der Verwaltung der Gemeinden ab. Deshalb ist der Wahlzettel in den Händen der Frau ein wichtiges Mittel, um ihre strenge Gewissenspflicht zu erfüllen, besonders heute. Der Staat und die Politik haben tatsächlich eigens die Aufgabe, den Familien jeder Schicht die notwendigen Lebensbedingungen zu gewährleisten, so dass sie als wirtschaftliche, rechtliche und moralische Einheit bestehen und sich entwickeln können. Dann wird die Familie wahrhaft die Lebenszelle für Menschen sein, die in Ehren ihr irdisches und ewiges Heil wirken. Das alles versteht die echte Frau heute. Was sie hingegen nicht begreift und nicht begreifen kann, ist, dass man durch Politik die Herrschaft einer Klasse über die anderen, das ehrsüchtige Ziel einer stets größeren Ausdehnung des wirtschaftlichen und nationalen Herrschaftsbereiches erstrebt, welcher Beweggrund auch immer dafür ins Feld geführt werden mag; denn sie weiß, dass eine solche Politik die Bahn frei macht zum geheimen oder offenen Bürgerkrieg, zur immer mehr anwachsenden Last der Rüstungen und zur ständigen Kriegsgefahr. Sie weiß aus Erfahrung, dass diese Politik in jedem Fall der Familie schadet, welche dafür teuer mit ihrem Gut und Blut bezahlen muss. Deshalb ist keine einsichtige Frau für eine Politik des Klassenkampfes oder des Krieges. Ihr Gang zur Wahlurne ist ein Friedensweg. Deshalb wird die Frau im Interesse und für das Wohl der Familie diesen Weg gehen, und sie wird stets ihre Stimme jeder Richtung versagen, von woher sie auch kommen mag, die den inneren und äußeren Frieden des Volkes egoistischen Herrschaftsansprüchen unterordnet.
Mut also, ihr katholischen Frauen und Mädchen! Arbeitet weiter ohne Stillstand! Seid unter dem Banner Christi des Königs, unter der Schutzherrschaft der wunderbaren Mutter, der Königin der Mütter, Wiedererneuerer des häuslichen Herdes, der Familie und der Gesellschaft."(2)
Zwei Jahre später, am 12. September 1947, benutzte Papst Pius XII. die Audienz der Delegierten des Kongresses der Internationalen Liga der katholischen Frauenverbände als Anlass, erneut Stellung zu dem Aufgabengebiet der Frauen im öffentlichen Leben zu nehmen. Diese Ansprache, die der Papst in französischer Sprache hielt, ist eine Erweiterung seiner Rede vom 21. Oktober 1945, auf die er zu Beginn ausdrücklich hinweist; sie ist für die im sozialen und politischen Leben stehende Frau durch ihre klare Übersicht der gegenwärtigen Lage und ihre befruchtenden Anregungen von großer Bedeutung und soll daher vollständig wiedergegeben werden.
"Ihr stellt euch Uns, liebe Töchter, unter dem stolzen und kühnen Namen ,Internationaler Verband der katholischen Frauenvereine' vor. Als solchen heißen Wir euch gerne willkommen und möchten einige Worte der Ermutigung und des Rates an euch richten. Dieser Name spricht den kämpferischen und umfassenden Charakter eurer Vereinigung und die harmonische und doch feste Elastizität eurer Zusammenarbeit aus. Katholische Frauen und Mädchen! Ihr hättet wohl früher niemals an etwas anderes gedacht, als eure geheiligte und fruchtbare Rolle in der Führung eines gesunden, starken und auch nach außen segensreich wirkenden Haushaltes zu spielen, oder ihr hättet euer Leben vielleicht in der Sammlung eines Klosters oder in den Werken des Apostolates oder in der Caritas dem Dienste Gottes gewidmet. Welch ein schönes Ideal, da die Frau an ihrem wahren Ort und von ihrem wahren Ort aus ohne Aufsehen einen mächtigen Einfluss auf ihre ganze Umgebung ausübte. Heute aber steht ihr draußen, seid ihr in die Arena hinabgestiegen, um am Kampf teilzunehmen. Zwar habt ihr ihn nicht gesucht noch herausgefordert. Aber ihr habt ihn tapfer aufgenommen, und zwar nicht als ergebene Opfer oder nur in einem zwar heftigen, aber trotzdem rein defensiven Widerstand, sondern ihr habt es verstanden, zum Gegenangriff mit dem Ziel der Eroberung überzugehen. Das geht aus all den gewichtigen Dokumenten hervor, in denen die großen Linien des Programms und die Haltung dieser römischen Tage und eures Kongresses so klar niedergelegt sind. Diese Dokumente geben wie in einem Spiegel die heutige Situation, - ja man muss leider sagen - das heutige Drama der weiblichen Welt wieder. In seinem Mittelpunkt laufen alle Linien der Tätigkeit der Frau im sozialen und politischen Leben zusammen, jener Tätigkeit, deren Ziel vor allem ist, die Würde des Mädchens, der Ehefrau, der Mutter zu schützen, dem Heim, dem Haus und dem Kind im Gesamt des weiblichen Wirkens die erste und ausschlaggebende Rolle zu bewahren, die Rechte der Familie aufrecht zu erhalten und alle Kräfte anzuspannen, um das Kind unter der Obhut der Eltern in ihr zu sichern. Wir selber haben vor nicht langer Zeit das wichtige Thema der Frau in ihrem sozialen und politischen Leben behandelt. Das war vor zwei Jahren. Zwei Jahre: für die Entwicklung der gesamten sozialen Ordnung oder, genauer gesagt, für die Entwicklung eines so umfangreichen und wichtigen Gebiets wie das der Frauenfrage, ist das eine sehr kurze Zeit, die scheinbar kaum hinreicht, um in der Situation oder in der Auseinandersetzung mit ihr spürbare Wandlungen hervorrufen zu können. Aber es gilt, die Tatsachen zu betrachten. Wir hatten drohende Gefahren angezeigt, und zwar hatten Wir damals besonders ins Auge gefasst, was man die Säkularisation, die Materialisierung, die Versklavung der Frau, alle die Attentate gegen ihre Würde und ihre Rechte als Person und als Christin nennen könnte. Diese Gefahren sind täglich größer und die Bedrohung ist täglich drängender geworden. Aber zum Ausgleich dafür sind auch die Anstrengungen für die Verteidigung ebenso gewachsen. Eure Versammlung in Rom, euer Besuch wollen eine feierliche und ernsthafte Bezeugung dieser Anstrengungen und ihrer Wirksamkeit für jene Verteidigung sein. Wir ergreifen daher gerne die Gelegenheit, um auf Grund der Erfahrung der letzten Jahre und gestützt auf die wichtigsten Punkte eures Programms, das, was Wir damals zu den Frauen Italiens sagten, zu vervollständigen.
Die Jahre des zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit bieten für ganze Völkergruppen, ja, fast für die ganze Breite der Welt ein beispiellos tragisches Bild. Niemals, so glauben Wir, niemals im Laufe der Menschheitsgeschichte haben die Geschehnisse von der Frau so viel Initiative und Kühnheit, so viel Leidensfähigkeit in jeder Beziehung, mit einem Wort so viel Heldenhaftigkeit gefordert. Die Berichte und die Briefe, in denen Uns Frauen von ihrem eigenen Los und vom Los ihrer Familien in diesen grausamen Zeiten erzählen, sind so erschütternd, dass man sich fast fragen muss, ob man nicht das Opfer eines Alpdrucks ist und wie solche Dinge in unserer Zeit und in der Welt, in der wir leben, überhaupt möglich sind. Während dieser schrecklichen Jahre hat die Frau und hat das Mädchen oft mehr als männliche Tugenden üben müssen, und zwar in einem Grade, wie sie auch vom Manne nur in Ausnahmefällen verlangt werden. Wer wollte behaupten, dass alles Menschenmögliche getan worden wäre, um die Frau in den Stand zu setzen, aus ihrem christlichen Glauben und ihrer christlichen Erziehung die Energie, die Beständigkeit, die Ausdauer, die übernatürlichen Kräfte zu schöpfen, die notwendig sind, um ohne Fehl in so unaufhörlichen Bewährungsproben ihre eheliche Treue und ihre mütterliche Sorgepflicht zu bewahren. Von Seiten der Kirche, der Seelsorge, der Caritas ist viel geschehen und verwirklicht worden. Trotz seltener Fälle persönlichen Versagens kann man von dieser Seite dem immer strengeren Urteil der Geschichte mit erhobenem Haupte und ohne Erröten entgegensehen. Auf der anderen Seite haben Tausende von Fällen in erschütternder Weise gezeigt, und zeigen es noch, wie selbst in den Elendsvierteln die Liebe der Mutter und der Eltern für ihre Kinder wahrhaft grenzenlos ist. Das Tragischste aber ist: Woher soll die Frau ohne Glauben, ohne christliche Erziehung, der Hilfe der Kirche entwöhnt, in ihrer Verlassenheit den Mut nehmen, den sittlichen Forderungen gegenüber, die alle rein menschlichen Kräfte übersteigen, nicht zu versagen, und zwar unter den Stößen eines gegen die christlichen Grundlagen der Ehe, der Familie, des ganzen persönlichen und sozialen Lebens gerichteten heftigen Ansturms von Feinden, die der armen Frau und dem armen Mädchen gegenüber die Sorgen und die Schrecken des Elends, die sie unter allen Formen bedrängen, geschickt auszunützen verstehen? Wer könnte da hoffen, dass sie mit den rein natürlichen Kräften immer standhalten?
Ach, wie viele halten nicht stand! Gott allein weiß die Zahl dieser armen, verzweifelten, entmutigten Wesen, die als Strandgut des Lebens infolge des Schiffsbruchs ihrer Reinheit und ihrer Ehre auf traurige Weise verlorengegangen sind.
Die Tränen kommen einem in die Augen und die Schamröte steigt einem in die Wangen, wenn man feststellen und bekennen muss, dass bis in die katholischen Kreise hinein die verkehrten Lehren über die Würde der Frau, über die Ehe und über die Familie, über die eheliche Treue und Scheidung, selbst über Leben und Tod unmerklich Besitz von den Geistern ergriffen haben und wie ein schädlicher Wurm an den Wurzeln des christlichen Lebens der Familie und der Frauen nagen.
Es scheint Uns an der Zeit, hier die Gefahren des Herzens aufzuzeigen, denen in unserer Zeit die Frau besonders ausgesetzt ist, weil ihre scheinbare Harmlosigkeit das Unheil verschleiert, zu dem sie führen können. Wir denken an jene großmütige Neigung, sich die Gefühle der Elenden zu eigen zu machen, mit ihren Ängsten mitzuleiden, an ihren Schmerzen, ihren Freuden, ihren Hoffnungen teilzunehmen. So sagte der hl. Paulus: ,Wer wird da schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert, und ich brenne nicht?' (2 Kor 11, 29.) Und wie empfiehlt er uns, in uns die Gesinnung zu haben, die auch in Christus war (Phil 2, 5)! Was müsste also ein solches Herz fürchten? Schwer durchschaubare Täuschungen! Es genügt nicht, dass das Herz gut, empfindsam und großmütig ist. Es muss auch weise und stark sein. Nachsichtige Schwäche macht die Eltern blind und schlägt zum Unheil ihrer Kinder aus. In der sozialen Ordnung verblendet eine solche Empfindsamkeit den Geist und führt ihn dazu, theoretisch ungeheuerliche Thesen zu unterstützen und unsittliche und verderbliche Praktiken zu predigen. Gehört nicht jenes falsche Mitleid dazu, das die Euthanasie zu rechtfertigen und den Menschen seinem reinigenden und verdienstvollen Leiden nicht durch liebevollen und lobenswerten Trost, sondern durch einen Tod, wie man ihn einem Tiere ohne Vernunft und Unsterblichkeit gibt, zu entziehen beabsichtigt? Gehört nicht dazu auch jenes übertriebene Mitleid für unglückliche Ehegatten, für die man die Ehescheidung rechtfertigen will? Gehört dazu nicht ferner auch jene Abweichung von einer gerechten Fürsorge für die Opfer der sozialen Ungerechtigkeit, die, berauscht von eitlen und hohlen Versprechungen, sie den mütterlichen Armen der Kirche entreißt, um sie einem gottlosen Materialismus auszuliefern, der ihr Elend auf gemeine Weise ausbeutet?
Aus allen Teilen der Welt erfahren Wir durch die Briefe und durch die Besuche Unserer Brüder im Episkopat herzzerreißende Berichte über ihre Sorgen wegen der sittlichen und geistigen Not der Mädchen und Frauen. Und während einer nach dem andern die Traurigkeit seines eigenen Herzens in Unser Herz ergießt, bedrückt die Last aller dieses Unser Herz, das vor Gott die Verantwortung des Oberhirten trägt, ,sollicitudo omnium ecclesiarum' (2 Kor 11, 28). Deswegen haben Wir auch bei verschiedenen Gelegenheiten im Laufe dieser Jahre - und zuletzt noch am 2. Juni dieses Jahres in Unserer Ansprache an das Heilige Kollegium - alle Christen, alle ehrlichen Seelen, besonders diejenigen, in deren Händen die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten liegt, gewarnt, gebeten und angefleht, ihre Aufmerksamkeit dem Zerstörungswerk zuzuwenden, das der Krieg und die Nachkriegszeit zum schweren Schaden der Frau und der Familie vollendet hat. Auch in diesem Augenblick empfinden Wir, liebe Töchter, die ihr aus der ganzen katholischen Welt hier versammelt seid, Trost und Erleichterung, dass Wir euch Unsere Sorgen und Unsere Forderungen darlegen können, da Wir wohl wissen, mit welchem Geist des Glaubens und der Liebe ihr Uns zuhört und mit welchem Eifer ihr sie überall hintragen werdet.
Als Zeugen einer so schweren Krise können wir uns nicht damit begnügen, sie zu beklagen oder unfruchtbare Vorsätze zu fassen. Es kommt darauf an, alle lebendigen Kräfte zur Rettung der christlichen Erziehung der Frau und der Familie zusammenzufassen und anzuspannen. Das ist der Kernpunkt eures Kongresses hier in Rom, dem Mittelpunkt der Christenheit. Ihr habt gewünscht, von Uns einige Richtlinien für die praktische und wirksame Durchführung eurer Entschließungen zu erhalten. Wir fassen sie unter den folgenden Überschriften zusammen:
1. Ein lebendiger und übernatürlicher Glaube.
Vor allem ein stolzer, wachsamer, unerschrockener, fester, für die Wahrheit und den Sieg der katholischen Lehre aufgeschlossener Glaube. Geistige und politische Kräfte, die mehr oder weniger vom Atheismus geprägt sind, sind am Werke, die christliche Kultur auszurotten. Ihnen gegenüber steht die zahlreiche Schicht derjenigen, für die die spezifisch religiösen Grundlagen dieser christlichen Kultur schon längst vergangen und daher ohne objektiven Wert sind, die aber trotzdem ihren äußeren Glanz bewahren möchten, um eine staatliche Ordnung, die ohne ihn nicht bestehen könnte, aufrechtzuerhalten. Körper ohne Leben und von Lähmung befallen, haben sie selber den umstürzlerischen Kräften des Atheismus nichts entgegenzusetzen. Wie anders seid ihr dagegen! Sicherlich wird die Schlacht für die Rechte der Familie, für die Würde der Frau, für das Kind und die Schule hart sein. Aber auf eurer Seite steht die gesunde Natur und stehen deshalb auch die geraden und verständigen Geister, die trotz allem in der Mehrheit sind. Auf eurer Seite aber steht vor allem Gott. Macht also, dass der Gedanke des hl. Paulus recht behält: ,Euer Glaube hat aus euch Helden im Kampfe gemacht' (Hebr 11,33 ff.).
Wir nennen einen festen Glauben einen absoluten Glauben ohne Reserven und ohne Rückhalte, einen Glauben, der den äußersten Konsequenzen der Wahrheit standhält, der nicht zurückweicht vor seinen härtesten Anforderungen. Lasst euch nicht, wie so viele andere, nach tausend unheilvollen Erfahrungen durch den falschen Gedanken täuschen, dass man den Gegner dadurch für sich gewinnen kann, dass man in seinem Schlepptau fährt und sich ihn zum Vorbild nimmt. Eure junge Generation drückt in ihrem Programm die Hoffnung aus, ,in euren Grundsätzen die weibliche Jugend der ganzen Welt zu vereinen, die als Grundlage das Naturgesetz anerkennt, dessen Quelle in Gott ist, vor allem aber diejenigen, die als Christen an Christus, den Erlöser, glauben'. Wir spenden eurem Schwung, eurem jugendlichen Optimismus Beifall und Wir loben eure Absicht. Aber beachtet, dass das große Geheimnis, die anderen zu gewinnen, vor allem darin besteht, dass man ihnen zeigt, dass für den Katholiken sein Glauben eine feste und erfüllte Wirklichkeit ist.
Wir nennen endlich einen festen und lebendigen Glauben einen Glauben, der sich täglich durch Demut, Gebet und Opfer ins Tun umsetzt. Gerade weil ihr vorhabt, den totalitären widerchristlichen Mächten eine Schlacht zu liefern, ist die erste Bedingung dafür, dass ihr ihnen das Gesetz Gottes, wie es spontan, freudig und voll und ganz in euer Leben eingegangen ist, entgegensetzt. Dieses Gesetz leicht zu nehmen, wäre ein beklagenswerter Leichtsinn, eine unheilvolle Inkonsequenz. Vergesst nicht - und Wir wenden Uns in diesem Augenblick an diejenigen, die durch ihr Alter und wegen des Milieus, in dem sie leben, diesen Gefahren besonders ausgesetzt sind -: So gut eure Absichten auch sein mögen, so teilt ihr doch mit den anderen die Schwäche der gefallenen Natur. Die verfluchte Schlange selber hält sich nicht für besiegt. Wie im Paradies versucht sie immer noch die Frau zu betören, um sie zu Fall zu bringen,. und sie findet in ihr nur zu viele Neigungen und Triebkräfte, deren sie sich zu ihrer Verführung bedienen kann. Ihr kennt, liebe Töchter, die heutige Welt gut genug, um euch Rechenschaft darüber geben zu können, dass ihr, die ihr in ihr lebt, Kraft und Mut braucht, um jedes Mal die Versuchungen, die verführerische Kraft eurer eigenen Neigungen durch ein energisches Nein besiegen zu können. Aber ihr könnt dieses Nein nicht sagen, ihr könnt es nicht unaufhörlich wiederholen, ohne zu ermüden, wenn ihr nicht demütig vor Gott begreift und anerkennt, dass ihr als menschliche Geschöpfe ohnmächtig seid und dass ihr der Gnade Gottes bedürft. Mit dieser Gnade aber könnt ihr ohne Gebet und Opfer nicht rechnen. Ihr, die ihr - und das ist allen Lobes würdig - ein apostolisches Leben führen wollt, jede nach ihrer persönlichen Situation, ihr könnt die Welt nicht derartig verkennen, dass euch in eurem Kampf gegen die heutige Ungläubigkeit und Unsittlichkeit das radikale Ungenügen aller natürlichen Kräfte und aller rein menschlichen Mittel nicht bewusst wäre. Ihr bedürft unbedingt einer innigen Vereinigung mit Christus, und auch diese innige Vereinigung setzt Gebet und Opfer voraus. Jeder Schritt, den ihr in diesen Tagen in Rom getan habt, muss in eurem Geist und in eurem Herzen einen tiefen Eindruck hinterlassen haben, da er in euch das Gedächtnis der Christen der ersten Jahrhunderte des Christentums wieder erweckt. Die Christen dieser Zeit waren Männer und Frauen des Opfers, sonst wäre es ihnen nicht möglich gewesen, über den Hass, die Gottlosigkeit, die Unzucht jene glänzenden Siege davonzutragen, deren Erzählung allein schon euch mit Bewunderung erfüllt und die selbst die Ungläubigen zum Staunen bringen. Ist die heutige Lage so sehr verschieden von der damaligen? Man hat mit Recht gesagt, wenn man heute durch die Straßen der großen Städte gehen wollte, ohne in seinem Glauben Schaden zu leiden und ohne die Reinheit seines Lebens zu beschmutzen, brauche man keine geringere Heldenhaftigkeit, als sie für das Blutzeugnis notwendig ist.
2. Kein falscher Spiritualismus.
Wenn Wir diese Frage berühren, so nicht deshalb, weil Wir es für notwendig halten, euch über diesen Punkt zur Wachsamkeit aufzurufen. Wir sind in dieser Hinsicht eurer, Gott sei Dank, vollkommen sicher.
Unter dem Vorwand, die Kirche gegen die Gefahr zu verteidigen, sich im Gebiete des Zeitlichen zu verlieren, läuft noch immer eine Losung, die vor Jahrzehnten ausgegeben wurde, in der Welt um und beansprucht Geltung: zurück zum rein Religiösen [,spirituel']. Darunter versteht man die enge Beschränkung auf das Gebiet der dogmatischen Unterweisung im strengen Sinn, die Darbringung des Heiligen Opfers und die Verwaltung der Sakramente. Man will damit der Kirche jede Einwirkung, ja selbst das Recht, sich mit dem öffentlichen Leben zu beschäftigen, jeden Eingriff in die bürgerliche oder soziale Ordnung verwehren. Als wenn das Dogma auf den verschiedenen Gebieten des menschlichen Lebens nichts zu suchen hätte, als wenn die Geheimnisse des Glaubens mit ihren übernatürlichen Reichtümern das Leben der Einzelnen nicht stützen und stärken dürften, als wenn sie daher das öffentliche Leben nicht mit dem Gesetz Gottes in Einklang bringen, nicht mit dem Geist durchdringen dürften! Eine derartige Zerstückelung ist ganz einfach antikatholisch.
Die Losung muss ganz im Gegenteil sein: überall, soweit es eben möglich ist, dabei zu sein, wo Lebensinteressen auf dem Spiele stehen, wo es sich um Gesetze, um den Gottesdienst, die Ehe, die Familie, die Schule, die soziale Ordnung handelt, überall, wo durch die Erziehung die Seele eines Volkes geprägt wird für den Glauben, für Christus. Leider muss man nur allzu oft beklagen, dass die katholischen Organisationen nicht dabei sind. Deshalb ist die Verantwortlichkeit eines jeden, sei es Mann oder Frau, der das politische Wahlrecht besitzt, groß, vor allen Dingen dort, wo religiöse Interessen auf dem Spiele stehen. Das Abseitsstehen ist in diesem Fall, man merke es sich wohl, an sich eine schwere und verhängnisvolle Unterlassungssünde. Von diesem Rechte Gebrauch, und zwar guten Gebrauch zu machen, das erst heißt für das wahre Wohl des Volkes arbeiten, das erst heißt als treue Verteidiger der Sache Gottes in der Kirche wirken.
3. Dem sozialen Programm der Kirche in der sozialen Arbeit treu sein.
Wir haben in der letzten Zeit diesen Rat zu wiederholten Malen nachdrücklich betont. Sogar bis in die Reihen der Katholiken haben sich bestimmte Tendenzen bemerkbar gemacht, die die Lehre der Kirche Theorien angleichen wollten, die mit dem christlichen Denken unvereinbar sind. Wenn die Kirche die Trennungslinie zwischen der christlichen Auffassung und derartigen Theorien aufrechterhält, so hat sie immer das wahre Wohl des ganzen Volkes, das wahre Gemeinwohl im Auge. Sobald es sich um gerechte soziale Ansprüche handelt, steht sie immer in der ersten Linie ihrer Vorkämpfer, und gerade die Forderung, die ihr, liebe Töchter, in eurem Programm ausdrücklich formuliert habt, eine gerechtere Verteilung des Reichtums, ist immer eines der Hauptziele der katholischen Soziallehre gewesen und wird immer eines ihrer Hauptziele bleiben. Dasselbe können Wir von der ,Gleichheit des Lohnes bei gleicher Arbeit und gleicher Leistung für Mann und Frau' sagen, eine Forderung, die die Kirche seit langem zu der ihren gemacht hat.
4. Ort und Rolle der Frau im politischen Leben.
Es bleibt schließlich noch der Bereich des politischen Lebens. Wir haben bei vielen Gelegenheiten schon bestimmte Punkte berührt. Auf diesem Gebiet ist verschiedenes zu berücksichtigen: einmal die Wahrung und Beachtung der geheiligten Interessen der Frau mit Hilfe einer Gesetzgebung und einer Herrschaftsform, die ihre Rechte, ihre Würde und ihre gesellschaftliche Funktion achtet; zum anderen die Teilnahme einiger Frauen am politischen Leben für das Wohl, das Heil und den Fortschritt aller.
Die euch zufallende Rolle besteht hier, allgemein gesprochen, darin, daran zu arbeiten, die Frau immer mehr zum Bewusstsein ihrer geheiligten Rechte, ihrer Pflichten, ihrer Macht, sei es über die öffentliche Meinung im täglichen Leben, sei es über die öffentlichen Gewalten und die Gesetzgebung durch den guten Gebrauch ihrer bürgerlichen Rechte zu bringen.
Das ist eure gemeinsame Aufgabe. Es handelt sich in Wirklichkeit nicht darum, dass ihr in Massen in die politische Laufbahn und in die Parlamente eintretet. Ihr, oder wenigstens die Mehrzahl von euch, werdet das Beste eurer Zeit und eures Herzens der Sorge für das Haus und die Familie widmen. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Aufbau und die Einrichtung eines Heimes, in dem sich alle glücklich und wohl fühlen, dass die Erziehung der Kinder in Wirklichkeit einen Beitrag von höchstem Wert zum gemeinsamen Wohl darstellen, einen beachtlichen Dienst im Interesse des ganzen Volkes. Und Wir finden großen Anlass zur Freude in der Tatsache, die ihr selber mit Recht feststellt, dass in der ländlichen Familie, das heißt also in einem großen Teile der Menschheit, das Wirken der Frau am häuslichen Herde noch in der glücklichsten Weise mit ihrer Mitarbeit in der Familien- und Volkswirtschaft zusammenfällt. Diejenigen unter euch, die freier über ihre Person verfügen können, die fachlich besser vorgebildet sind und so die schweren Aufgaben des allgemeinen Interesses übernehmen können, sollen eure Vertreter und gleichsam eure Delegierten sein. Schenkt ihnen Vertrauen! Versteht ihre Schwierigkeiten, ihre Mühen und die Opfer, die sie bringen. Unterstützt sie, helft ihnen. Ein Wort möge zum Schluss genügen, um das zu unterstreichen, was Wir zu Beginn den umfassenden Charakter, die harmonische und doch feste Elastizität eurer Zusammenarbeit genannt haben. Sie ist umfassend ohne Unterschied der Nation, der Klasse, der Lebensbedingungen; sie ist geschmeidig und harmonisch, weil sie in einem Wettbewerb der verschiedenartigsten Werke, Organisationen und Einrichtungen besteht, von denen jede ihren eigentümlichen Charakter, ihre eigentümliche Arbeitsweise, ihre Selbständigkeit und ihr Arbeitsfeld bewahrt, ohne dass die eine die andere aufsaugen oder beherrschen wollte, und ohne dass sich die eine der anderen unterwerfen müsste, alle vereinigt durch das Band eines in Freiheit angenommenen Bundes, um das gemeinsame Wirken zusammenzuordnen. Nichts könnte Unseren Absichten besser entsprechen.
Und die Wirksamkeit dieses segensreichen Handelns eines jeden Teiles in der allgemeinen Zusammenarbeit habt ihr durch euer Auskunftsbüro noch gesteigert und gesichert, eine glückliche Einrichtung, die sicherlich denen, die damit betraut sind, eine erhebliche, aber zweifellos sehr fruchtbringende Arbeitslast auferlegt.
Vor drei Tagen feierten Wir das Geburtsfest derjenigen, deren Ankunft für die ganze Welt die Morgenröte der Freude war. Morgen werden wir ihr glorreiches Namensfest und das Andenken an die Siege feiern, die sie über die Feinde der Christenheit davongetragen hat. Möge Maria, die ,Hilfe der Christen', eure Kraft im Kampf um die Wiedererrichtung einer gesunden und blühenden Gesellschaft für den Triumph Gottes und der Kirche sein, das erbitten Wir für euch und geben euch allen, allen denen, die mit euch vereint sind, euren Werken und Einrichtungen, euren Familien und allen, die euch teuer sind, aus ganzem Herzen Unseren Apostolischen Segen."(3)
Vom 19. bis 27. August 1950 tagte in Amsterdam der XXI. Weltkongress der Pax Romana. Papst Pius XII. sandte den Teilnehmern am 6. August ein Schreiben, worin er die Akademiker und die Studenten zu eifriger Mitarbeit in der apostolischen Arbeit aufruft.
"An Unsere geliebten Söhne und Töchter beim Weltkongress der Pax Romana!
Mit Freuden kommen Wir zu euch, geliebte Söhne und Töchter, die ihr euch unter dem Vorsitz des Kardinal-Erzbischofs von Utrecht in der altehrwürdigen Stadt Amsterdam zum XXI. Weltkongress der Pax Romana versammelt habt. Unser erstes Wort möchte die übervollen Gnaden des Lichtes und der Kraft auf euer feierlich begonnenes Werk herab rufen.
In der heutigen Zeit lastet in der Tat auf euch als katholischen Studenten und Akademikern eine Verantwortung wie noch selten im Verlauf der Geschichte. Aus diesem Grund ermahnen Wir euch, in friedlichem Kampf um die Verteidigung und die Ausstrahlung der Wahrheit nach den Worten des Apostels ,auszuharren im selben Geiste, gemeinsam und einmütigen Herzens für den Glauben der Frohbotschaft zu streiten, ohne euch einschüchtern zu lassen durch Widersacher' (Phil 1, 27.28). Wenn es hierzu noch eines Beweises bedürfte, so würde Uns das Programm eurer verschiedenen Zusammenkünfte Zeugnis dafür sein, dass ihr euch weder den Problemen verschließt, die sich dem modernen Denken aufdrängen, noch den besonderen Aufgaben, die den christlichen Denkern zur Lösung gestellt sind. Nehmt hierfür Unsere Segenswünsche entgegen; und diese Wünsche eures gemeinsamen Vaters mögen euch Unterpfand sein zu einer brüderlichen und fruchtbaren Arbeit.
In der Einheit eurer beiden internationalen Verbände (4) seid ihr in Unseren Augen nicht nur ein Sinnbild für die Vielfalt der wissenschaftlichen Berufe, die sich zur Gesamtheit geistiger Tätigkeit zusammenfügen, sondern auch für den Reichtum ehrwürdiger Überlieferung, die einem jeden Lande eurer Herkunft eigen sind. Allein schon eure Gegenwart bezeugt die beharrlichen Anstrengungen so vieler Priester und Laien, die in jeder Stadt, in jeder Universität diese Gruppen katholischer Aktion aufgebaut haben, deren Lebenskraft Bedingung und Garantie bleibt für die Bedeutung eures Kongresses. Bei diesem Gruß an den Kongress der Pax Romana sehen Wir auch an eurer Seite die unermessliche Zahl Unserer Söhne schreiten, der katholischen Studenten und der Akademiker aus aller Welt; wie euch so erinnern Wir sie alle an die gebieterische Forderung dieser beiden Aufgaben: Offensein für das Denken der Zeit und Dienst an der Kirche.
So seid denn überall dabei, an der vordersten Front des geistigen Kampfes, zu einer Stunde, in der die Wissenschaft sich anschickt, die Frage nach den Menschen und nach der Natur in nunmehr völlig neuen Ausmaßen zu stellen. Sicher täuscht sich niemand über die mannigfachen Klippen, die heute dem menschlichen Geist in der unendlichen Weite der aufgeworfenen Probleme drohen. Und dennoch, können die Söhne der Kirche vom Suchen und geistigen Bemühen ablassen, wenn gerade die ungeordnete Anwendung der Wissenschaft und der falsche Glanz des philosophischen Relativismus in schwankenden und unruhigen Geistern die grundlegendsten Gesetze und die wesentlichsten Werte erschüttern ?
Möge eure Gegenwart auf diesem Schauplatz geistigen Kampfes im Gegensatz dazu Zeugnis ablegen von Festigkeit und Klugheit. Der wissenschaftliche Fortschritt als solcher kann keine Verwirrung stiften unter den Gläubigen, die ihm vielmehr zu dienen wünschen und die in jeder Entdeckung eine überzeugende Kundgebung der Weisheit und Größe des Schöpfers begrüßen. Aber angesichts der verführerischen neuen Systeme ist es gerade für die Zukunft des geistigen Schaffens mehr denn je notwendig, die Grundlagen einer gesunden Philosophie zu sichern und die Überzeitlichkeit der Wahrheit zu bekräftigen; andernfalls kann sich die menschliche Vernunft nur in Ratlosigkeit verlieren, wenn sie nicht gar sich selbst zum höchsten Gesetz erhebt und dabei die Herrscherrechte Gottes missachtet.
Möge eure Gegenwart auf diesem Schauplatz geistigen Kampfes auch ein Zeugnis der Liebe und der Einheit sein. Ohne Zweifel verlangt die Fülle des heutigen Wissens künftighin ein Zusammenwirken, das allein schon im technischen Bereich leider zu oft durch Überlegungen gelähmt wird, die dem Suchen nach Wahrheit fremd sind. Aber mehr noch, die drängenden menschlichen Probleme, die sich unserer Generation stellen, rufen alle rechtschaffenen und ehrlichen Geister auf zu gemeinschaftlichem Bemühen in gegenseitigem Verständnis. Studenten aus allen Ländern, katholische Akademiker aus allen Berufen, vervielfacht unter euch und um euch den fruchtbaren Austausch und die Beziehungen, die dem Frieden dienen!
Solches Handeln und solches Zeugnis von Katholiken, die sich ob ihres fachlichen Könnens und ihrer gewissenhaften Arbeit allgemeiner Achtung erfreuen, ist in der Tat schon echter Dienst an der Kirche.
Doch werdet ihr diesen Dienst noch viel besser erfüllen, wenn ihr durch eure Erfahrungen und eure Bildung im Rahmen eures Berufes zur notwendigen Ausbreitung des christlichen Gedankengutes beitragt. In der heutigen Stunde müssen die katholischen Theologen auf unsere Söhne zählen können, seien sie Forscher oder Ingenieure, Philosophen oder Juristen, Historiker, Soziologen oder Ärzte, damit ihr Wirken durch erprobtes profanes Wissen unterstützt und ergänzt wird. Das ist eure besondere Sendung im Schoße der Kirche und in eurer Eigenschaft als Akademiker.
Und deshalb werdet ihr diesen Dienst erfüllen im Wissen um eure Verantwortung, aber auch mit ergebenem Herzen und offenem Vertrauen. Die Lehren, die euch die Kirche gibt, die Weisungen, die sie euch erteilt, die Klugheit, die sie manchmal von euch fordert, bedeuten für euer Bemühen eine unerschöpfliche Quelle der Fruchtbarkeit, eine zuverlässige Gewähr der Sicherheit, eine feste Bürgschaft wahrer Freiheit. Wir wünschen aus ganzem Herzen, dass ihr bei der Erfüllung eurer beruflichen Pflichten täglich besser erkennt, mit welcher Hochschätzung und Aufmerksamkeit die mütterliche Kirche eure Anstrengungen in diesen schweren Zeiten unterstützt.
Unter diesen Voraussetzungen werdet ihr, christliche Studenten und Akademiker, gemäß eurer ureigenen Berufung am Werk der Erlösung teilnehmen, in einer Welt, die vor unseren Augen im Werden ist. In der Tat, verlangt nicht die Mitwirkung an diesem Werk des Heiles - dem ihr das Hauptthema eures Kongresses gewidmet habt -, dass ihr euch mitten hineinstellt in den geistigen Kampf unserer Zeit, nach dem Vorbild Christi, der uns, außer der Sünde, in allem ähnlich ist? Und verlangt sie nicht ebenso, dass ihr erfüllt seid von den fruchtbringenden Heilsgnaden Christi, des einzigen Erlösers, dessen Leben uns in der Kirche mitgeteilt wird?
Setzt also eure Anstrengungen fort, beseelt vom selben Geiste, gestärkt von derselben Hoffnung, in sicherem Wissen um das Vertrauen, das euch die Kirche und ihr Oberhaupt schenken. Als Unterpfand Unseres väterlichen Wohlwollens und Unserer Segenswünsche spenden Wir euch aus vollem Herzen Unseren reichen Apostolischen Segen, Quelle übervoller Gnaden für euch und euer Wirken."(5)
Wegen der Bedeutung und der mannigfaltigen und tiefen Ausstrahlungsmöglichkeit des Apostolates der katholischen Akademiker griff Pius XII. seine Wünsche und Mahnungen am Pfingstsonntag 1953 bei einer Ansprache in St. Peter wieder auf.
" ... Hier möchten Wir eine zweifache Bemerkung machen: Ihr wollt und sollt in der heutigen Welt die Träger, die Boten und Apostel des christlichen Gedankens und des Hauches des Heiligen Geistes sein. Dazu muss jedoch dieser Gedanke euch selbst sozusagen ganz erfassen und durchdringen ...
Für die gebildeten und führenden Katholiken ist es heute eine wirkliche Notwendigkeit, diese Welt der ständig gültigen und ewigen Wahrheiten gut zu kennen und sie sich immer tiefer zu eigen zu machen, ebenso wie den ganzen Reichtum unseres Glaubens. Der Religionsunterricht, den ihr in eurer Jugend erhalten habt, mag er noch so ausgezeichnet gewesen sein, genügt nicht, weder für eure Reife noch für die neuen Fragen, die in der Zwischenzeit aufgetaucht und an die erste Stelle gerückt sind. Sorgt darum für ein tiefes Eindringen in die Grundlagen des Glaubens, seinen Aufbau und seine einzelnen Wahrheiten.
Die zweite Bemerkung betrifft das praktische Wirken. Ihr wollt mit dazu beitragen, dass sich die Welt in der Kraft des Heiligen Geistes erneuere. Das wird euch aber nicht gelingen, wenn ihr euch ohne Vorbehalt jenem Geiste anpasst, den man den ,Zeitgeist' zu nennen pflegt, das heißt dem ins Handeln übertragenen materialistischen Denken, und wenn ihr ihm über die Grenzen des Erlaubten hinaus Raum gebt. Ihr werdet vielmehr nur dann etwas erreichen, wenn ihr euch treu und standhaft an die klar vorgezeichnete katholische Linie haltet. Zweifellos fordert dies einen hohen Grad von Ausdauer und Festigkeit; jedoch der Heilige Geist wird sie in euch wecken. An zweiter Stelle [an erster Stelle stand die Mahnung zur Einheit] seid voll des Geistes der Liebe, brennend in göttlicher Liebe! ...
... Es ist aber eine ganz besondere Eigenart des öffentlichen Lebens, dass Entscheidungen, an denen der Einzelmensch mitwirkt, immer und in erster Linie Entscheidungen ideologischer Art sind. In der Verantwortung seiner Mitarbeit kann sich daher der Katholik letztlich nicht von persönlichen Kritiken oder Wünschen bestimmen lassen, auch wenn sie an sich berechtigt wären; vielmehr muss der ideologische Gesichtspunkt, um den es geht, für ihn ausschlaggebend sein. Diese Lehre gilt für jeden Katholiken auf der ganzen Welt. Wenn die Bitte: ,ut omnes unum sint' einen praktischen Sinn haben soll, dann muss sie heute und gerade hier ihre Kraft erweisen ...
Endlich denkt an das bekannte Wort: Wie die Führer, so das Volk! Ihr gehört zu den führenden Schichten: ihr seid berufen manche in hervorragendem Maße -, Führer des Volkes zu sein. Daher kommt eure große Verantwortung gegenüber denen, besonders den am wenigsten gut Gestellten, die euch bitten, mit aller Kraft den Fortschritt zu fördern und ihn, wie es die rechte Ordnung der Dinge verlangt, in den tatsächlichen Dienst der einzelnen und der Gemeinschaft zu stellen ...
Wenn der Bürgermeister, der Richter, der Arzt und die anderen Akademiker und Lehrer an den höheren Schulen, die als Meister in ihrem Fach geschätzt werden und des Vertrauens würdig und um das Wohl des Volkes besorgt sind, zugleich als echte Gläubige bekannt sind, die stolz sind auf ihren Glauben, die man in der Kirche beten sieht, die in allem sich an die Gebote Gottes halten und ihren sittlichen Pflichten nachkommen, so ist das Beispiel solcher Laien aus den führenden Schichten ebenso wirksam, ja zuweilen wirksamer als das des Priesters. Hat sich nicht die Religionslosigkeit von den führenden Schichten auf das Volk ausgedehnt? Wenn doch heute von ihnen aus auch die Rettung käme ... "(6)
Seit fünfzig Jahren vertritt der Katholische Deutsche Frauenbund in aufopferungsvoller Arbeit die Interessen der Frauen und Mädchen in allen Fragen des öffentlichen wie persönlichen Lebens, in hausfraulichen wie sozialen und politischen Aufgaben. Die Anerkennung des Papstes kam in den letzten Jahren durch seine persönlichen Schreiben an die Vorsitzenden in mitsorgender und anregender Anteilnahme herzlich zum Ausdruck. In beiden Briefen geht Pius XII. auf die Aufgaben und die Stellung der Frau im öffentlichen Leben ein, so dass beide im genauen Wortlaut folgen sollen.
1. Vom 25. bis 27. Juli 1952 fand in Bonn die 13. Generalversammlung des Katholischen Deutschen Frauenbundes statt. Aus diesem Anlass sandte der Papst an die Vorsitzende, Frau Dr. Gerta Krabbel, ein Handschreiben:
"Der Katholische Deutsche Frauenbund, den Sie in den langen Jahren Ihres Präsidiums in selbstloser Hingabe, ruhiger Zielsicherheit und kluger Anpassung, den Blick auf Gott, seinen heiligen Willen und seine hilfreiche Gnade gerichtet, durch stürmische Zeiten geleitet haben, hält gegen Ende dieses Monats in Bonn seine 13. Generalversammlung ab und hat Uns wegen der Wichtigkeit der Tagung um ein Wort an die Versammelten und um Unseren Segen gebeten. Gerne entsprechen Wir dem von Ihrer Seite geäußerten Wunsche.
Sie haben als Thema Ihrer Generalversammlung ,Die katholische Frauenbewegtmg in der sich wandelnden Welt' genommen. Ihr Bund steht vor Vollendung seiner ersten fünfzig Jahre. Während dieses Zeitraums hat sich in der Frauenbewegung überhaupt und auch in der katholischen Frauenbewegung wahrlich vieles gewandelt. Um von der letzteren zu sprechen, so sind die Ziele, die sie sich zu Beginn des Jahrhunderts steckte, die damals neu klangen und überraschten, ja nicht wenigen zu gewagt und überspannt schienen, erreicht und längst fester Besitz, sogar bereits Tradition geworden, schon aus dem einfachen Grund, weil die zwangsläufige Hineinführung der Frau in alle Berufe und in sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens jeweils noch schneller vor sich ging als die Anpassung der katholischen Frauenbewegung an die neue Lage.
Immerhin sind die übernommenen Aufgaben und erworbenen Rechte weiterzureichen, mit den Inhalten, die ihnen Natur und Offenbarung nach katholischer Überzeugung verleihen, unter Wahrung des rechten Verhältnisses von Freiheit und Verantwortung, von eigenem Recht und eigener Pflicht gegen die Mitmenschen, von Gleichberechtigung und Unterordnung. Die Frauenbildung, die soziale Schulung und soziale Tat werden also ihren Weg wie bisher weitergehen. Aber auch nach der persönlichen Seite hat sich der Zweck des Bundes wesentlich kaum geändert: die Schichten der Frauenwelt, die der Katholische Deutsche Frauenbund seinerzeit in erster Linie zu sammeln suchte, sind auch heute, vielleicht noch mehr als damals, auf seine Führung, seinen Schutz und seine Hilfe angewiesen.
Unter anderer Rücksicht wird man freilich sagen dürfen, dass sich das Ziel der katholischen Frauenbewegung inzwischen nicht unmerklich verschoben hat. Ging es ihr vor fünfzig Jahren darum, die katholische Frau einzuführen in die Berufe und die öffentlichen Stellungen, in welche die Zeitumstände sie riefen und denen sie sich nicht mehr verschließen konnte, so ist heute vielleicht die vordringlichste Aufgabe, die Frau zu schützen und zu festigen, auf dass sie in den neuen Verhältnissen ihrer Persönlichkeitswürde als Frau und Christin nicht verlustig gehe. Gewiss hat die katholische Frauenbewegung immer auch zum Ziel gehabt, die Frau zur vollkommenen Persönlichkeit und echten Christin zu formen. Aber heute, so scheint Uns, ist dieses Ziel ganz in den Mittelpunkt gerückt. Es ist so sehr das Gebot der Stunde geworden, dass es die anderen Ziele zwar nicht verdrängt - ganz gewiss nicht -, sie aber doch betont in die zweite Linie stellt. Es ist, als ob sich alles verschworen hätte, dem Menschen und Christen die Wahrung seiner Persönlichkeitswürde zu erschweren, ja unmöglich zu machen. Die Technik und Betriebsamkeit der Reklame und Propaganda, des Senders und des Films lassen die Sinne kaum mehr zur Ruhe kommen und versperren so von vornherein den Zugang zur inneren Sammlung. Es wird der Menschentyp geschaffen, der es nicht erträgt, auch nur eine Stunde mit sich und seinem Gott allein zu sein. Die Industrialisierung, die den Einzelnen diesem Werk und Betrieb ausliefert, ist daran, ihre Art auch der Landwirtschaft aufzudrängen. Das gesellschaftliche Leben ist gekennzeichnet durch die vielverschlungene Abhängigkeit des Einzelnen und der Einzelfamilie von der öffentlichen Hand, von technischen, wirtschaftlichen, sozialen Kontrollen, Zentralen und Organisationen. Das Großstadtwesen bestimmt immer aufdringlicher die Form des menschlichen Daseins; der Einzelne wird unaufhaltsam aufgesogen von der Masse.
Die tiefe Tragik dieser Entwicklung liegt darin, dass sie sich auswirkt gerade in dem Augenblicke, da Weltanschauungen rein materialistischer Prägung die menschliche Persönlichkeit bewusst brechen und den Einzelnen zum Element der Masse machen wollen, wobei sie jene technische und wirtschaftlich-soziale Lage rücksichtslos für ihre Ziele ausnützen.
Wir brauchen Ihnen nicht auszuführen, welch verheerende Wirkung die Entwicklung zum Massendasein gerade auf die Frauenwelt und die Frauenseele hat. Die vergangenen zwanzig Jahre haben Sie erschütternde Erfahrungen machen lassen. Dabei ist das hinter Ihnen Liegende vielleicht nur erst die Generalprobe für eine noch schwerere Auseinandersetzung. Es geht um die Würde der christlichen Frau, des Jungmädchens und der Unverheirateten wie der Gattin und Mutter; es geht um die christliche Ehe und Familie, die eheliche Treue, das Kind und seine Erziehung. Alle diese heiligen Bezirke haben bereits feindlichen Ansturm und Einbrüche erlitten in einem Ausmaß, wie es die Erfahrung der Kirche bisher nicht gekannt hat. Das, was die Stunde heischt: alles daranzusetzen, um den Einzelnen und die Einzelne zu einer christlichen Persönlichkeit heranzubilden, die, auch auf sich allein gestellt, Gott und seiner Weltordnung im Natürlichen wie Übernatürlichen die Treue halten wird - das gilt auch für Ihren Bund. Wir hegen die feste Hoffnung, dass Sie bis in die innerpolitischen Auseinandersetzungen über Ehe, das Elternrecht, die Schule und die soziale Ordnung jenen Anruf vor Augen haben und für seine Erfüllung arbeiten und opfern werden.
Man spricht so viel von der europäischen Kultur, jener Kultur, die aus der Vergangenheit zu retten oder für das vereinte Europa der Zukunft zu schaffen ist. Man sei sich nur über eines klar: Diese europäische Kultur wird entweder unverfälscht christlich und katholisch sein, oder aber sie wird verzehrt werden vom Steppenbrand jener anderen materialistischen, der nur die Masse und rein physische Gewalt etwas gelten.
Der Christ, der Katholik ist nicht kleinmütig. Sein Glaube macht ihn immer zuversichtlich. Auch Sie, geliebte Tochter, sollen es sein. Sie haben die gesunde Menschennatur und Gottes Gnade auf Ihrer Seite. Auf sie bauend, mögen Sie ans Werk gehen, freilich mit dem Einsatz aller Kräfte, um Christus und der Kirche gläubige und starke Frauen zu schenken, die weltoffen und der Zeit gewachsen, die aber auch fähig sind, gegen den Strom zu schwimmen, bereit zum Verzicht, wo Gottes Gebot und das Gewissen klar sprechen und keinen Ausweg lassen.
Als Unterpfand der Erfüllung Ihres Hoffens und Strebens erteilen Wir der Leitung und den Mitgliedern Ihres Bundes, Sie alle der Liebe und dem Schutz Marias, der starken Jungfrau und reinsten Mutter empfehlend, in väterlichem Wohlwollen den Apostolischen Segen."(7)
II. Zur Feier des Goldenen Jubiläums des Katholischen Deutschen Frauenbundes sandte der Heilige Vater an die Vorsitzende, Frau Dr. Gertrud Ehrle, folgendes Schreiben:
"Sie haben, geliebte Tochter, Uns gebeten, dem Katholischen Deutschen Frauenbund zur Feier seines Goldenen Jubiläums, das er am 16. November, dem Fest der hl. Gertrud der Großen begeht, Unseren Segen zu erteilen.
Bevor Wir Ihrem Wunsch entsprechen, lassen Sie Uns mit Ihrem Bund Gott danken für die gnädige Förderung, die er in seiner Allmacht, Erbarmung und Liebe ihm in den ersten fünfzig Jahren seines Bestehens hat angedeihen lassen.
Nach Gott gilt Unser Dank all denen, die aus lebendigem katholischem Glauben und in großmütiger Hingabe ihr Können und Schaffen den Zielen und vielseitigen Betätigungen Ihres Bundes gewidmet haben oder widmen. Um einige hauptsächliche dieser Betätigungen zu nennen: die soziale wie staatsbürgerliche Schulung und Beratung, besonders in Fragen der Ehe, Familie, Erziehung und Schule; die Sorge für die Hausfrau und Hauswirtschaft, für die Frau in Arbeit und Beruf, für die Landfrau und Jungbäuerin; Nothilfe für die weibliche Jugend, die Heimatvertriebenen und die Heimkehrer; Förderung des Priesterhilfswerkes; Einflussnahme auf Rundfunk, Film und Presse und Anleitung, sich ihrer richtig zu bedienen; Zusammenarbeit mit anderen Frauenorganisationen, katholischen in erster Linie, im In- und Ausland, wenn Fragen zur Behandlung stehen, die, wie das große Anliegen des Friedens, sie alle angehen.
Die Vielheit dieser Betätigungen war Ausführung des großen Zieles, das sich der Frauenbund gesteckt hatte: die grundlegenden Fragen des Frauenlebens aufzugreifen und an ihrer Lösung aus den Grundsätzen der katholischen Kirche mitzuarbeiten. Dieses Ziel bleibt mit den sich aus ihm ergebenden praktischen Aufgaben. Seien Sie für deren Verwirklichung Unserer väterlichen Teilnahme und Unserer innigsten Wünsche versichert.
Unsere große Sorge um die Frauenwelt und die Frauenseele, um die Würde der christlichen Frau, des Jungmädchens und der Unverheirateten, wie der Gattin und Mutter, haben Wir zum Gegenstand einer Reihe grundsätzlicher Ansprachen gemacht und auch dem Katholischen Deutschen Frauenbund vor mehr als Jahresfrist gelegentlich seiner 13. Generalversammlung auseinandergesetzt. Mit Genugtuung konnten Wir feststellen, dass Unser Wort bei den Frauen Ihres Bundes ein offenes Ohr fand und diese sich bewusst sind, wie sehr heute alles darauf ankommt, die christliche Persönlichkeit heranzubilden, die aus dem Reichtum ihres Glaubens lebende und wirkende, in sich gefestigte katholische Frau.
Was Wir in dem eben erwähnten Schreiben ausführten, möge durch einen kurzen Hinweis beleuchtet werden: Ihr Bund ist vertraut mit zwei übergroßen Nöten unserer Zeit, mit der Not der Ehe und der sozialen Not. Die Ehe-Not wird durch Lockerung der christlichen Eheordnung nicht gemindert oder behoben, sondern nur noch vergrößert. Wenn zu ihrer Behebung eine Reihe natürlicher und übernatürlicher Kräfte zusammenwirken muss, so sicher an erster Stelle Männer und Frauen, die gewillt sind, ihr Eheleben ganz jener von Gott gesetzten Ordnung anzugleichen. Auch der sozialen Not kann nicht mit rein technischen und politischen Mitteln begegnet werden. Auch dort bedarf es vor allem der Menschen, die - jeder einzelne - sich vor Gott ihrer Pflichten gegen den Nächsten und die Gesamtheit ihrer Mitmenschen bewusst sind. In beiden Fällen ist also das Ausschlaggebende die christliche Persönlichkeit, der katholische Mensch, der schon von früher Jugend an gelernt hat, um Gottes willen und mit Rücksicht auf den Mitmenschen sich selber Bindungen aufzuerlegen, persönlichen Verzicht zu leisten. Denn nur wer sich zu beherrschen und von sich selbst zu verlangen vermag, kann zur christlichen Persönlichkeit heranreifen. So ist also das Hauptziel bestimmt, auf das Ihr Bund im zweiten Halbjahrhundert seines Bestehens hinarbeiten soll: die Bildung der tiefgläubigen und sittlich starken Frau, in weitem Ausmaß, in allen Schichten Ihres Volkes. Die Aufgabe ist nicht leicht. Es stehen Ihnen aber zwei Kraftquellen zu Gebote: das Gebet und die unbedingte Treue zu den Weisungen jener, die für Sie Christi Stelle auf Erden vertreten.
Als Unterpfand dafür, dass diese beiden Kraftquellen in Ihrem Bund immer reichlicher fließen und die Fülle der Gnade Jesu Christi auf ihn und seine Arbeiten herabziehen mögen, erteilen Wir dem Katholischen Deutschen Frauenbund in väterlicher Liebe den Apostolischen Segen."(8)
Immer mehr steigert sich die Sorge des Papstes wegen der Müdigkeit und Passivität der Gläubigen, zumal jener, die besondere Verantwortung tragen. So wendet er sich selbst in seiner Ansprache vom 1. November 1954 bei der Verkündigung des Festes Mariä Königtum in der Basilika St. Peter eindringlich mit väterlich aufrüttelnden und mahnenden Worten an die Guten:
... "Von der unerschöpflichen Güte der allerseligsten Jungfrau, die Wir heute als die königliche Mutter des Herrn anrufen, erwarten Wir jedoch auch andere, nicht weniger kostbare Gaben. Sie soll nicht nur die dunklen Pläne und ungerechten Werke der Feinde einer geeinigten und christlichen Menschheit zunichte machen, sondern darüber hinaus den Menschen von heute etwas von ihrem Geist selbst mitteilen. Damit meinen Wir jenen mutigen, ja kühnen Willen, der in schwierigen Lagen, vor Gefahren und Hindernissen ohne jedes Zögern die notwendigen Entscheidungen zu treffen versteht, sie mit unermüdlicher Tatkraft durchführt und so die Schwachen, die Müden, die Zweifelnden und all diejenigen mitreißt, die nicht mehr an die Gerechtigkeit und Erhabenheit der Sache glauben, für die sie kämpfen. Wer sieht nicht, in welchem Maße Maria diesen Geist in sich selbst verwirklicht hat und wie sehr sie verdient, als ,starke Frau' gepriesen zu werden? Ihr ,Magnifikat', dieses Hohelied der Freude und des unbesiegbaren Vertrauens auf Gottes Macht, dessen Werke zu vollbringen sie auf sich nimmt, erfüllt sie mit heiliger Kühnheit, mit einer Kraft, die der Natur als solcher unbekannt ist.
Wie sehr wünschen Wir, dass alle diejenigen, die heute die Verantwortung für den guten und gerechten Gang der öffentlichen Angelegenheiten tragen, dieses leuchtende Beispiel königlicher Gesinnung nachahmen! Aber sieht man statt dessen nicht auch in ihren Reihen bisweilen eine Art Müdigkeit, Resignation, Passivität, die sie daran hindert, den schwierigen Fragen der Gegenwart mit Festigkeit und Ausdauer entgegenzutreten? Lassen nicht manche bisweilen die Ereignisse einfach laufen, anstatt sie mit gesunder und konstruktiver Tat zu beherrschen?
Ist es demnach nicht dringend notwendig, alle lebendigen Kräfte zu mobilisieren, die sich noch in Reserve befinden? Alle wachzurufen, die sich der gefahrvollen psychologischen Depression nicht voll bewusst sind, der sie verfallen sind? Wenn das Königtum Mariens einen völlig zutreffenden symbolischen Ausdruck in der ,acies ordinata', dem zum Kampf aufgestellten Heer (Off. in Assumptione B. M. V., passim) findet, so wird dabei doch niemand an irgendwelche kriegerische Absichten, sondern nur an die Stärke der Seele denken, die wir in heroischem Grad bei der seligsten Jungfrau bewundern und die ihren Ursprung in der Gewissheit hat, auf Gottes Anordnung in der Welt tatkräftig zu wirken.
Könnte doch Unsere Anrufung des Königtums der Mutter Gottes den ihrer Verantwortung bewussten Menschen die Gnade erflehen, Verzagtheit und Trägheit zu besiegen in einer Stunde, in der niemand sich auch nur einen Augenblick Ruhe gönnen darf, während in so vielen Ländern die echte Freiheit unterdrückt, die Wahrheit von einer lügnerischen Propaganda verschleiert wird, die Kräfte des Bösen auf Erden aber gleichsam entfesselt scheinen." ... (9)
Durch die schwere Erkrankung des Papstes, die zu Anfang Dezember 1954 die christliche Welt für sein Leben fürchten ließ, war es Pius XII. nicht möglich, seine Weihnachtsbotschaft wie alljährlich am Vorabend von Weihnachten durch den Rundfunk an die Menschheit zu richten. Zwar hatte sich sein Befinden gebessert, aber die Ärzte empfahlen noch größte Schonung. Doch bereits am 3./4. Januar 1955 brachte der "Osservatore Romano" die Weihnachtsbotschaft, in der Papst Pius XII. zu den Gegenwartssorgen der Politik Stellung nimmt. Ausführlich bespricht der Papst die Mängel des "Kalten Friedens", der dem "Kalten Kriege" gefolgt ist, " ... damit seine Leere und unsichere Dauer im Herzen der Lenker der Völker und derjenigen, die einen Einfluss auf diesem Gebiet ausüben können, gebieterisch das Verlangen wachrufe, ihn schnellstens in den wahren Frieden zu verwandeln, der in Wirklichkeit Christus selber ist." ...
Dann folgt die Ausführung der drei großen Punkte der Botschaft: I. "Die Koexistenz der Furcht." 2. "Die Koexistenz der Täuschung" und 3. "Die Koexistenz der Wahrheit". Im letzten Abschnitt wendet sich der Papst, nachdem er die Staatsmänner zu "größerem Selbstvertrauen" und "festem Mut" aufgerufen hat, an alle seine Söhne und Töchter:
" ... Während Wir also, im Vertrauen auf die göttliche Güte, darauf warten, dass die geistige, christliche Brücke, die zwischen den beiden Ufern in etwa schon besteht, breiter und tragfähiger werde, möchten Wir in erster Linie an die Christen jener Länder, in denen man sich noch des Gottesgeschenkes des Friedens erfreut, die Mahnung richten, alles nur Mögliche zu tun, um die Stunde seiner allgemeinen Wiederherstellung zu beschleunigen. Vor allem mögen sie davon überzeugt sein, dass der Besitz der Wahrheit, wenn sie sie in sich selbst verschlossen halten, als Gegenstand ihrer Kontemplation, um seelischen Genuss daraus zu ziehen, der Sache des Friedens nicht dienen würde. Die Wahrheit muss gelebt, weitergegeben werden, auf alle Lebensbereiche angewandt werden. Auch die Wahrheit, zumal die christliche, ist ein Talent, das Gott in die Hand seiner Diener legt, damit es durch ihre Unternehmungen Frucht bringe in Werken zum Heile aller. Die Besitzer der Wahrheit möchten Wir alle fragen, bevor es der ewige Richter tut, ob sie jenes Talent so angelegt haben, dass sie die Einladung des Herrn verdienen, einzugehen in die Freude seines Friedens. Wie viele, vielleicht auch katholische Priester und Laien, müssten sich den Vorwurf machen, dass sie statt dessen diesen und anderen geistigen Besitz wegen ihrer Trägheit oder ihrer Unempfindlichkeit gegenüber den menschlichen Nöten im eigenen Herzen vergraben haben! Insbesondere würden sie sich schuldig machen, wenn sie es duldeten, dass das Volk beinahe ohne Hirten bliebe, während der Feind Gottes mit Hilfe seiner mächtigen Organisation unter den nicht fest genug in der Wahrheit geformten Menschen Verheerungen anrichtet. Gleicherweise wären Priester und Laien verantwortlich, wenn das Volk von der christlichen Liebe nicht jene tätige Hilfe erhielte und erführe, die Gottes Willen vorschreibt. Auch jene Priester und Laien würden nicht ihre Pflicht erfüllen, die freiwillig Augen und Mund verschlössen gegenüber den sozialen Missständen, deren Zeugen sie sind, und so Anlass böten zu ungerechtfertigten Angriffen auf die Fähigkeit des Christentums zu sozialem Handeln und auf die Wirksamkeit der Soziallehre der Kirche, die dank der Gnade Gottes auch in den letzten Jahrzehnten so viele offensichtliche Beweise ihrer Kraft geliefert hat. Wo das geschähe, würden auch sie Verantwortung daran mittragen, dass in dem einen oder anderen Fall Jugendgruppen, ja sogar Seelsorger einem irrigen Radikalismus und Progressismus verfielen.
Noch schwerere Folgen für die soziale und politische Ordnung würde das Verhalten jener Christen nach sich ziehen - ob sie sich nun in gehobener oder niederer Stellung befinden und sie mehr oder weniger wohlhabend sind -, die sich nicht entschlössen, die eigenen sozialen Verpflichtungen in der Führung ihrer wirtschaftlichen Angelegenheiten anzuerkennen und zu beobachten. Jeder, der nicht bereit ist, den Gebrauch der privaten Güter im richtigen Maße mit der gemeinsamen Wohlfahrt in Übereinstimmung zu bringen, sei es frei gemäß der Stimme des eigenen Gewissens, sei es vermittels organisierter Formen öffentlichen Charakters, der trägt, soweit es auf ihn ankommt, dazu bei, das unentbehrliche Vorwalten der persönlichen Initiative und Verantwortung im sozialen Leben zu unterbinden" ... (10)
Im Mai 1955 beging der Verein katholischer deutscher Lehrerinnen in Paderborn das 70jährige Jubiläum. Aus diesem Anlass richtete Papst Pius XII. an die Vorsitzende ein gütiges und anerkennendes Schreiben:
"Das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue, das Sie im Namen der vom Verein katholischer deutscher Lehrerinnen umfassten fast 12.000 lehrenden Frauen aller Schularten - Uns aussprachen, haben Wir mit Genugtuung und Freude entgegengenommen. Wir beantworten es mit herzlichen väterlichen Wünschen zu Ihrer Jahrestagung in Paderborn, die ja zugleich der Feier des 70jährigen Bestehens Ihres Bundes gilt.
Auf diese 70 Jahre können Sie nur mit tiefem Dank gegen Gott zurückschauen. Mit Dank für die Lebenskraft, die Ihr Verein bewiesen hat, auch durch schwere Stürme hindurch. Mit Dank gegen Gott, und nächst Gott gegen die heutige Ehrenvorsitzende Ihres Vereins Maria Schmitz, dafür, dass sie das katholische Banner immer aufrecht und in allen Ehren getragen hat. Mit Dank für sein von der Göttlichen Vorsehung sichtbar geleitetes fruchtbares Wirken: sein Wirken zum wirtschaftlichen und sozialen Besten der eigenen Mitglieder; zu deren beruflicher, geistiger und religiöser Weiter- und Höherführung. Es muss für Sie Grundsatz sein: Wir katholischen Lehrerinnen lassen uns an kultureller Höhe von keiner Schicht der Lehrerschaft übertreffen. Mit Dank gegen Gott für das Wirken des Vereins an der Jugend, der weiblichen vor allem, und damit an der Frau, der Mutter und der Familie.
Wir hegen eine große Auffassung von der Bildungs- und Erziehungsarbeit, durch die der katholische Lehrer und die katholische Lehrerin sehr wesentlich - heute, wie Sie alle wissen, oft mehr als das elterliche Heim - mitbeteiligt sind, das Kind durch die Jahre der Entwicklung hindurch zur Reife des jungen, lebenstüchtigen, in seiner religiösen Überzeugung und seinem sittlichen Wollen gefestigten Menschen zu formen. Sie mögen aber immer im Auge behalten, dass die lebendige Atmosphäre dieser Formungsarbeit das persönliche Beispiel der echt und tief frommen, an ihren Beruf und die Kinder hingegebenen Lehrerin ist.
Ihr Verein bekennt sich zu den Grundsätzen, die Unser verehrungswürdiger Vorgänger Pius Xl. in seiner Erziehungsenzyklika ,Divini illius Magistri' kundgegeben hat. Bleiben Sie Ihrem Ideal treu, um so treuer, je heftiger es umkämpft wird. Auf die Schule des eigenen Bekenntnisses und die Ausbildung seiner Lehrkräfte, eindeutig im Sinne des katholischen Glaubens und Weltbildes, wird die katholische Kirche jedenfalls freiwillig nie verzichten.
Wir rufen die gnadenvolle Liebe Jesu Christi und den mächtigen Schutz der Jungfrau und Gottesmutter Maria auf Ihre Paderborner Tagung wie Ihren gesamten Verein herab und erteilen Ihnen allen, im besonderen Ihrer verdienten, hochbetagten Seniorin, Albertine Badenberg, in väterlichem Wohlwollen den erbetenen Apostolischen Segen. "(11)
In einer Ansprache vom 24. Oktober 1955 an italienische Schulleiter, Lehrer und Lehrerinnen äußerte Papst Pius XII. tiefe Gedanken über die erste Schulerziehung durch mütterliche Erzieherinnen.
" ... Es ist empfehlenswert, dass in der ersten Kindheit die Erziehung hauptsächlich der Frau anvertraut wird, die sich daher auch bemühen muss, die ihr eigenen, angeborenen Gaben der Intuition und des Gefühls mit gutem Rüstzeug aus Kenntnissen und Erfahrungen der pädagogischen Wissenschaft zu bereichern. Aus diesem Grund besteht also euer Lehrerseminar. Einen Erzieher der Jugend heranzubilden, bedeutet gleichsam die geistige Heranbildung einer Mutter, mit dem Unterschied, dass diese schon durch die umsichtige Natur als Erzieherin geboren wird - sie ist jedoch nicht davon befreit, sich möglichst auch methodisch vorzubereiten - während die Erzieherin durch eigene Anstrengung und mit gutem Willen in sich die mütterliche Seele entwickeln muss. Welch hohes und wohltuendes Ziel ist es für eine Frau, in sich eine mütterliche Seele zu formen! Vielleicht hat die Welt niemals so sehr wie heute Mütter und mütterliche Seelen nötig gehabt, die die Männer aus der trüben Flut der Gewalttätigkeiten, Übergriffe und Grobheiten, in die sie sich hineinstürzen, herausholen.
Das vorausschauende Naturgesetz jedoch hat es so eingerichtet, dass jede Generation durch die liebenswürdige Schule der Mutter geht, mit der Absicht, jedes sich entfaltende Leben die Heiterkeit und die Güte erfahren zu lassen und so die Vorherrschaft des Bösen zu brechen. Aber in Wirklichkeit sind nicht alle Mütter in der Lage, ihre aufbauende Aufgabe in angemessener Form zu erfüllen ... "(12)
In Nottingham tagte vom 17. bis zum 25. August 1955 der XXIII. Weltkongress der Pax Romana, der sich das Thema "Von der Universität zum Leben. Probleme des Jungakademikers" stellte. In einer Botschaft an den Kongress nahm Papst Pius XII. zu diesen Fragen Stellung:
" ... Viele Schwierigkeiten tauchen in dieser Übergangszeit auf. Nicht zuletzt die der Anpassung an die erwählte berufliche Laufbahn und die damit verbundenen kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Obliegenheiten. Hier stellt sich für die Universität die Frage, ob der heutige Student auch immer recht auf die unmittelbare Zukunft vorbereitet ist. Die Gesellschaft, in die der Akademiker nun eintritt, hat auch diesbezügliche Verpflichtungen; sie darf die Erwartungen der aufsteigenden Generation nicht enttäuschen und muss den gerechten Ansprüchen in einer Atmosphäre gesunder Freiheit und des Vertrauens entgegenkommen. Gerade was diese beiden Punkte betrifft, ist der Beitrag Ihres Kongresses von großem Nutzen, da die Kultur in etlichen Ländern ganz neue Perspektiven für eine wissens- und dienstbeflissene Jugend eröffnet.
Über all dem darf aber der moralische Aspekt dieses Problems nicht vergessen werden. Die erste Kontaktnahme mit der Welt der Arbeit bedeutet eine Beweisleistung für die Güte seiner wissenschaftlichen und menschlichen Bildung und Schulung: das alles ist ein Aug-in-Aug-Gegenüberstehen mit den Existenzschwierigkeiten, die Entdeckung der sozialen Frage unter einem ganz neuen Gesichtspunkt, der Aufstieg zum bürgerlichen und politischen Leben, die Beschlagnahme durch riesige berufliche Aufgaben - oder, umgekehrt, das beängstigende Warten auf eine Stelle. Und der Akademiker, der erst gestern noch Student war, denkt bereits an die Gründung eines eigenen Hausstandes und an seine Familie von morgen. Wie wird es in diesen oft entscheidungsreichen Jahren mit Glaube und Frömmigkeit bestellt sein? Wie kann er die ihm im religiösen und moralischen Leben drohenden Klippen umgehen?
In der Verwirrung, die ihn da befallen kann, schließt sich ein echter Sohn der Kirche nicht in einer diesem Alter eigenen Stimmung von Selbstherrlichkeit und Unabhängigkeit ab, sondern sucht in brüderlicher Gemeinschaft die geistige Hilfe, deren er bedarf, um den Verlockungen seiner neuen Umwelt zu widerstehen und seine jugendliche Kraft in geordnete Bahnen zu lenken. Die verschiedenen Bewegungen der Katholischen Aktion haben hier eine entscheidende Rolle zu spielen. Durch sie, wie durch die lebensvollen Pfarreien, nimmt die stets mütterliche Kirche die jungen Menschen auf, die darauf brennen, die erhaltenen Talente zur Geltung zu bringen, zum Allgemeinwohl ihrer Brüder durch ihre Arbeit beizutragen und im Kreis der Familie und im Beruf die ihnen zufallende Verantwortung auf sich zu nehmen. Die Weisheit der Kirche wird sie zum echten Dienst an der Allgemeinheit führen, und ihre Heilsvermittlung wird ihnen die unerschöpflichen Quellen der Gnade erschließen. In ihrer Liebe für die gotthungrige Welt drängt sie ihre Kinder, frohen Herzens im Apostolat mitzumachen, wo man in der Hingabe an andere das ,Gegengift' gegen den Rückzug aufs eigene Ich, die Abkapselung und die Antwort auf gar manche andere Schwierigkeit findet ... "(13)
Im Mai 1956 fand in Schwäbisch-Gmünd die 62. Hauptversammlung des Vereins der katholischen deutschen Lehrerinnen unter dem Leitwort: "Das geistige Profil unserer Zeit und die Erziehung" statt. Papst Pius XII. sandte zu dieser Tagung an die Vorsitzende, Frau Mleinek, ein Handschreiben, das von allgemeiner Bedeutung ist.
" ... Ihre diesjährige Hauptversammlung hat als Leitgedanken gewählt: ,Das geistige Profil unserer Zeit und die Erziehung'. Zu den verschiedenen Teilansichten dieses Themas werden die Männer und Frauen, die in der Erziehung und Schule stehen, an erster Stelle jene, denen von Gott und der Kirche die religiöse Bildung des Kindes anvertraut ist, sowie die Fachleute aller der Bereiche, die auch die Jugend einschließen oder wenigstens in Fühlung mit ihr kommen, Wertvolles zu sagen haben. Wir möchten auf zwei allgemeine Züge im geistigen Profil unserer Zeit hinweisen, die in der Erziehung sicher höchste Beachtung verdienen, weil sie die letzten Grundlagen jeder geistig-sittlichen Lebensauffassung angehen und weil ihre Richtigstellung für die Formung des katholischen Menschen einfach hin entscheidend ist.
Der erste dieser beiden Züge ist das wachsende Unverständnis für die Unbedingtheit, die Absolutheit der Wahrheit, wobei dieses Unverständnis gerade und vor allem, wenn nicht ausschließlich, der religiösen Wahrheit entgegengebracht wird. Die Wahrheit ist etwas Unbedingtes; nicht nur die in sich innerlich notwendige Wahrheit; sie an erster Stelle und aus einem besonderen Grunde. Aber auch alles andere, was wahr ist, hat den Charakter einer Unbedingtheit; durch sein Wahrsein erklärt es für falsch und weist es ab, was immer sich ihm entgegenstellen und es verneinen möchte. Die Wahrheit ist immer nur eine. Wenn, um ein Beispiel anzuführen, Christus auferstanden ist, so sind damit, durch das Bestehen dieser Wahrheit, alle Formen von Religion oder Christentum, die sie leugnen, in Zweifel ziehen oder dem Gutbefinden des einzelnen überlassen, als ungenügend und irrig erwiesen.
Der Sinn für diese Unbedingtheit des Wahren ist im Schwinden begriffen. Die Relativität der Wahrheit, die noch vor einem halben Jahrhundert die Anschauung bestimmter philosophischer Systeme sein mochte, ist mehr und mehr Gemeingut des Denkens geworden. Es ist, wie wenn das Erkenntnisvermögen angeschlagen, wie wenn es für jene Ausschließlichkeit der Wahrheit am Erblinden wäre. Man sagt ruhig ja zur Wahrheit und zu ihrer Verneinung, aber es ist kein echtes Ja, sondern der Zweifel nach der einen wie der anderen Seite oder die Gleichgültigkeit gegenüber der Frage nach der Wahrheit. Die Kirche sieht sich heute veranlasst, für die Unbedingtheit der Wahrheit in die Schranken zu treten; sie kann dabei nicht übersehen, dass jene Auflockerung, jene Verflüchtigung des Wahrheitsbegriffs sich allmählich auch im Denken von Katholiken bemerkbar macht.
Der zweite allgemeine Zug im geistigen Profil unserer Zeit, auf den Wir hinweisen wollten, ist das Schwinden des Verständnisses für die übersinnliche Welt. Unsere Zeit ist vom naturwissenschaftlichen Denken, von der Technik und Wirtschaft so beherrscht, dass die Fähigkeit und Kraft, die jenseits der sichtbaren Welt liegenden Wirklichkeiten zu erfassen, zu bejahen und zu berücksichtigen, scheinbar versagen. Niemand leugnet, alle bewundern die gewaltigen Ergebnisse und Erfolge, zu denen die naturwissenschaftliche Methode und die Technik geführt haben. Aber ihre Zuständigkeit und Macht endet doch schließlich da, wo die durch die Sinneserfahrung und das Experiment feststellbare Wirklichkeit endet. Jenseits der letzteren liegen aber noch andere Wirklichkeiten: jene, die durch die allgemeinen Seinsgesetze bestimmt sind, die der religiös-sittlichen Wahrheiten und Ordnungen und die Wirklichkeit des Übernatürlichen. Sie sind auch echte Wirklichkeit, ja sozusagen noch echtere als die zähl- und messbare Welt, weil geistige, alles Sinnenhafte überdauernde, in die Unendlichkeit und Ewigkeit Gottes mündende Wirklichkeit. Und sie sind das Sein, welchem der Mensch noch mehr angehört als dem Sichtbaren.
Wie dürften also Technik und Wirtschaft das Sinnen des Menschen so in ihren Bann ziehen, dass die Wahrheit und der Reichtum jener übersinnlichen Welt vor seinem Auge verblasste und er nicht mehr die Zeit, den Einsatz und die Opfer aufbrächte, die seine Zugehörigkeit zu ihr und seine ewige Bestimmung in ihr von ihm heischen!
Das Kind hat von Natur Empfinden für die Absolutheit des Wahren und Aufnahmefähigkeit für das Übersinnliche und Übernatürliche. Die Tiefenpsychologie konnte dies nur bestätigen. Die Erziehung, gerade auch die Schule in den Jahren, in denen der junge Mensch heranreift, wird Kostbares dazu beitragen können, dass er die seelische Festigkeit und Sicherheit erringt, die ihn davor schützt, dem Druck des Äußerlichen, Sinnenhaften, Nur-Technischen zu erliegen, dass er vielmehr den höheren sittlich-religiösen und übernatürlichen Werten ihren Platz und ihr Vorrecht in seiner Überzeugung und seiner Lebensführung zuerkennt.
Wir haben gehört, mit welch gutem Erfolg die Lehrerinnen Ihres Vereins auf dieses Ziel hinarbeiten. Wir danken Ihnen dafür und ermuntern Sie, mit klarem Bewusstsein des Ernstes der gegenwärtigen seelischen Lage der Jugend und mit voller persönlicher Hingebung an der Bildung des gereiften, ausgeglichenen, in seinem Glauben gefestigten jungen Menschen weiterzuwirken.
Wir freuen Uns, dass Ihr Verein an seiner in der Vergangenheit so bewährten Eigenart auch jetzt treu festhält. Wir sind davon überzeugt, dass das von Ihnen gepflegte Ideal einer katholischen Lehrerin auch und gerade in diesen Zeiten viele aus der nachwachsenden Generation der Berufsgenossinnen anziehen wird. Aber Wir freuen Uns auch, dass Sie Ihr katholisches Berufsideal mit einer Weitherzigkeit verbinden, die allein auf dem festen Standpunkt des katholischen Glaubens möglich ist. So wirken Sie mit anderen katholischen Vereinigungen auf dem Gebiet der Erziehung zusammen und tragen noch darüber hinaus durch Mitarbeit mit allen Gutgesinnten zum Wohl der Jugend Ihres Vaterlandes bei. .. "(14)
Außer diesen angeführten Ansprachen und Briefen des Papstes, die seine Stellungnahme zum öffentlichen und politischen Leben der Frau widerspiegeln, kommen in zweiter Linie seine Reden vor den gesonderten Berufsgruppen in Frage. So hat Papst Pius XII. seit dem 13. September 1952 bis zum 5. April 1954 allein an die Mediziner sechs bedeutsame Ansprachen gehalten, und von Ende des Jahres 1953 allein sind die bei den großen Reden an Juristen zu nennen, um nur einige Beispiele anzuführen. Da es sich hier um Fachwissenschaft handelt, können diese Ansprachen in diesem Rahmen nicht hinzugezogen werden, wenn auch ihr Inhalt sich in gleicher Weise an die weiblichen Akademiker wendet. Eine Ausnahme muss jedoch gestattet sein, nämlich die Worte des Papstes vor den Erziehern der Jugend.
Aber das führt uns schon zu einem neuen Abschnitt, wohl dem wichtigsten, zu den Worten des Papstes an die weibliche Jugend.
VII. DIE WEIBLICHE JUGEND
Der Apostolische Delegat von England, Erzbischof Godfrey, hat die besonderen Anliegen des Heiligen Vaters, für die wir in seiner Meinung mitbeten, in fünf großen Sorgen zusammengefasst. Nach der Verfolgung der Kirche steht an zweiter Stelle die "katholische Erziehung der Jugend; das Schicksal der jungen Generation, die Zukunftshoffnung der Kirche". Es ist daher nicht zu verwundern, dass Pius XII. dieser Frage seit Beginn seines Pontifikates sehr viel Zeit, Mühe und Liebe gewidmet hat. Auch hier gilt das, was früher bereits gesagt wurde, dass sich die ersten Ansprachen wegen der Kriegszeit an die italienische weibliche Jugend wenden; doch der Inhalt gilt keineswegs nur den vor ihm erschienenen jungen Italienerinnen, sondern auch allen seinen jungen Töchtern, die nicht anwesend sein konnten.
Am 6. Oktober 1940 feierte die Gruppe der weiblichen Jugendlichen der Katholischen Aktion Italiens ihr zwanzigjähriges Bestehen. Bei dieser Gelegenheit ruft Papst Pius XII. ihnen zu:
" ... Die Zukunft ist das Morgen, dem sich eure Wünsche zuneigen. Aber was ist der Wunsch wert ohne ein starkes Wollen, und was nützt ein starkes Wollen ohne ein freies Handeln? Eine Aspirantin ist also eine Schülerin, die sich im Anwenden einer Kunst übt, um sich für die Arbeit des kommenden Morgen fähig und bereit zu machen ...
Glückliche Jugend! Beeilt euch, die Begeisterung und die Zuversicht eures Alters auszunützen (cf. S. Th. I-lI, q. 40, a. 6)! Bereitet euch auf die Aufgaben vor, die Gott für euch bereit hält und die wahrlich groß sind: ,Grandis enim tibi restat via!' (1 Chr 19, 7). Aber während der Herr sie euch aufgibt, gibt er euch auch, wie dem Propheten Elias, ein himmlisches Brot, das euch auf dem langen Wege stärken wird, die Eucharistie; Quell des Eifers für das Apostolat, Quell der mutigen Hingabe bis zum Heroismus, wie es euch eure Satzung sagt: Eucharistie, Apostolat, Heroismus.
1. Die gegenwärtige Stunde ist eine Stunde der Verwüstung aber umso mehr für euch die Stunde der vertrauensvollen und intensiven Arbeit zum Segen für das geliebte Vaterland und für eure Mitmenschen, Brüder und Schwestern in der Liebe Christi. Morgen schon wird die Welt, falls sie nicht für immer im Schatten des Todes begraben sein will, Anstrengungen unternehmen müssen, um ihre Trümmer wieder aufzubauen. Dann wird der günstige Zeitpunkt für eure Mitarbeit da sein, katholische Jugend! Was für schöne Werke warten auf eure Mitwirkung! Die Gesellschaft auf christlicher Grundlage wieder aufzubauen; das Evangelium und seine Moral wieder zu Achtung und Ehren zu bringen; die Familie zu erneuern, indem der Ehe ihre Bedeutung der sakramentalen Würde und den Eheleuten der Sinn für ihre Pflichten und das Gewissen für ihre Verantwortung wiedergegeben wird; in allen Bereichen der Gesellschaft den echten Begriff für Autorität, für Zucht, für Achtung gegenüber den sozialen Ordnungen, den gegenseitigen Rechten und Pflichten der menschlichen Persönlichkeit zu stärken. Das ist euer Morgen.
2. Eine von euren großen Aufgaben besteht in der Verbreitung der Lehre Christi. In der heutigen Welt herrscht in großem Ausmaß der ,Laizismus', der die Anstrengung des Menschen darstellt, Gott entbehren zu können: eine eitle Tendenz und ein gottloses Unterfangen, das je nach der Zeit und den Ländern verschiedene Formen und Namen hat: Gleichgültigkeit, Verachtung, Auflehnung oder Hass. Die beiden letzteren und unglückseligsten Gefühle sind glücklicherweise nicht häufig in den italienischen Familien, die seit Jahrhunderten vom Christentum durchdrungen und genährt worden sind ...
3. Eine Seele zu lehren, zu unterrichten, ist zugleich ein Geben und ein Sichgeben. Es ist eine der schönsten Bestrebungen eures Geschlechtes und eures Alters. Das junge Mädchen, die Frau, schenkt den anderen, nachdem sie sich zur Lehrerin des Wahren und Guten gemacht hat, etwas von den Schätzen ihres Geistes und ihres Herzens. Durch das Wort gibt sie sich selbst, und sie schenkt sich für ein geistiges Leben in der Art, wie eine Mutter sich selbst für das körperliche Leben ihres Kindes hingeben kann, manchmal bis zum heroischen Opfer des eigenen Lebens. Die Frau ist auch freigebig bis zur Selbsthingabe mit Werken der Hand; die Geschichte kennt und preist die starke Frau, nicht die geizige ...
4 .... Ihr habt dieses Jahr als Wahlspruch für eure Gedanken und für eure Tätigkeit den großen Kreuzzug der Reinheit gewählt. Die Bescheidenheit ist die Hüterin jener Reinheit. Wie die Natur jedem Lebewesen einen Instinkt gibt, der es führt und dazu bewegt, sein eigenes Leben und die Unversehrtheit seiner Glieder zu verteidigen, so flößen das Gewissen und die Gnade, die die Natur nicht zerstören, sondern vervollkommnen, den Seelen gleichsam einen Sinn ein, der sie wachsam macht gegen die Gefahren, die ihrer Reinheit drohen - was besonders für die christlichen jungen Mädchen gilt ...
Mode und Bescheidenheit müssen zusammengehen; denn beide Wörter haben dieselbe Etymologie [in der italienischen Sprache]. Sie hängen zusammen mit dem lateinischen Wort modus, was soviel wie das rechte Maß heißt, ohne das man nicht das Richtige finden kann. Aber die Bescheidenheit ist nicht mehr in Mode. Ähnlich jenen armen Schwachsinnigen, die den Selbsterhaltungstrieb und das Gefühl für die Gefahr verloren haben und sich in das Feuer oder in den Fluss werfen, gehen nicht wenige weibliche Seelen durch ehrgeizige Eitelkeit, die christliche Bescheidenheit vergessend, elend Gefahren entgegen, in denen ihre Reinheit zugrunde gehen kann. Sie erfahren die Tyrannei der Mode, die auch herrschsüchtig ist, in einer Art, dass sie nicht einmal deren Unschicklichkeit zu argwöhnen scheinen; sie haben den Begriff der Gefahr, den Instinkt für die Bescheidenheit verloren. Euer Apostolat, euer Kreuzzug inmitten der Welt werden darin bestehen, diesen Unglücklichen zu helfen, das Bewusstsein für ihre Pflichten wiederzufinden. ,Modestia vestra nota sit omnibus hominibus' (Phil 4, 5). Euer Apostolat wird vor allem durch das Beispiel wirken. Es ist die Aufgabe eurer geliebten Präsidentin, eurer weisen Führerin, euch zu lehren, dass ihr, bevor ihr ein Kleid wählt, euer Gewissen danach fragen müsst, wie Jesus Christus es beurteilen würde; euch zu ermahnen, dass ihr, bevor ihr eine Einladung annehmt, bedenken müsst, ob euer unsichtbarer und himmlischer Wächter euch zu einer solchen Zusammenkunft folgen kann, ohne sein Gesicht verhüllen zu müssen; man wird euch angeben, welche Schauspiele, welche Gesellschaften, welchen Strand ihr meiden müsst. Man wird euch zeigen, wie ein junges Mädchen modern, gebildet, sportlich, voller Anmut, Natürlichkeit und Vornehmheit sein kann, ohne sich allen Unvornehmheiten einer ungesunden Mode zu beugen. Man wird euch lehren, wie ihr ein Gesicht bewahren könnt, das nichts Gekünsteltes kennt, und damit auch eine Seele, deren Spiegel ja das Gesicht ist, einen Blick ohne inneren und äußeren Schatten, der zugleich zurückhaltend, offen und frei ist. Wir sind um die Verteidigung eurer Reinheit besorgt und empfehlen euch daher vor allem das Gebet und in ganz besonderer Weise die Verehrung der Heiligsten Eucharistie und der allerseligsten Unbefleckten Jungfrau, der ihr geweiht seid."(1)
Die Sorge des Papstes um die weibliche Jugend der Kriegsjahre ließ ihn erneut wenige Monate später, am 22. Mai 1941, zu den weiblichen Arbeiterinnen der Katholischen Aktion über den "Kreuzzug der Reinheit" sprechen.
" ... Die würdige und glückliche Bezeichnung ,Kreuzzug', die von euch gewählt wurde und mit der euer schöner und großer Feldzug benannt wurde, der sich mit dem Kreuz, mit dem rettenden Licht schmückt, weckt die glorreichen historischen Erinnerungen an die Kreuzzüge der christlichen Völker, die heiligen Feldzüge und die unter den heiligen Standarten gemeinsam durchfochtenen Schlachten zur Eroberung des Heiligen Landes und zur Verteidigung der christlichen Länder gegen die Einfälle und Bedrohungen der Ungläubigen. Auch ihr wollt ein katholisches Gebiet verteidigen, das Gebiet der Reinheit; ihr wollt jene Lilien erobern und hüten, die ihren Duft, das heißt die Atmosphäre Christi, in den Familien verbreiten, in den befreundeten Gesellschaften, auf den Straßen, in Versammlungen, in den Schauspielen, in den öffentlichen und privaten Vergnügungen. Es ist ein Kreuzzug gegen die Feinde der christlichen Moral, gegen die Gefahren, die im ruhigen Ablauf der guten Sitten inmitten der Völker die mächtigen Wogen der Unsittlichkeit schaffen, die durch die Straßen der Welt tosen und die jede Lebensform angreifen. Das Leben der Menschen auf Erden ist immer, auch in den christlichen Jahrhunderten, ein Kriegsdienst. Wir müssen in unserer Zeit unsere Seelen und die unserer Brüder retten, und heute ist jene Gefahr sicherlich größer geworden, weil die bösen Versuche, Leidenschaften zu erregen, die in anderen Zeiten sich auf engere Kreise beschränkten, sich in außergewöhnlichem Ausmaß vergrößerten: der Fortschritt der Presse, billige sowohl wie sehr teure Buchausgaben, Photographien, Illustrationen, künstlerische Reproduktionen jeder Art und jeden Preises, die Lichtspielhäuser, die Varietes und hundert andere üble und verborgene Mittel, die die Lockungen des Bösen ausbreiten und sie allen, ob groß oder klein, ob Frauen oder Kindern, anbieten. Oder ist die Mode vielleicht nicht in aller Augen dreist und unziemlich für ein christlich erzogenes Mädchen? Und laden die Lichtspielhäuser nicht zu Vorstellungen ein, die sich schon auf Gebiete begeben, auf die man niemals gewagt hätte, den Fuß zu setzen?
Angesichts dieser Gefahren in nicht wenigen Ländern haben die öffentlichen Behörden Vorkehrungen gesetzgeberischer oder verwaltungsmäßiger Art getroffen, mit dem Zweck, die Ausbreitung der Unmoral einzudämmen. Aber auf moralischem Gebiet wird die äußere Tätigkeit auch der mächtigsten Behörde, so löblich, nützlich und notwendig sie auch immer sein mag, niemals stark genug sein, um jene wahren und heilsamen Früchte hervorzubringen, die die Seelen heilen; denn dafür muss die Tätigkeit sich vor allem auf die Tugend richten.
Auf die Seelen aber hat die Kirche einzuwirken und in ihrem Dienst die Katholische Aktion, eure Aktion. In enger Verbindung unter der Leitung der kirchlichen Hierarchie führt sie den Kampf gegen die schlechten Sitten auf allen Gebieten, die euch offen sind: auf dem Gebiet der Mode und der Kleidung, auf dem Gebiet der Hygiene und des Sports, auf dem Gebiet der gesellschaftlichen Beziehungen und der Vergnügungen. Eure Waffen werden euer Wort, euer Beispiel, eure Höflichkeit und eure Haltung sein, Waffen, die auch andere überzeugen, und eine Haltung, die euch und eure Tätigkeit ehrt, ermöglichen und lobenswert machen ...
Alle christlichen Frauen müssen den Mut aufbringen, diese schwere moralische Verantwortung auf sich zu nehmen; ihr, geliebte Töchter, könnt euch rühmen, euch als Paladine der Reinheit in eurem heiligen Kreuzzug durch das lebendige Gefühl vereinigt zu haben, das ihr aus eurem Glauben und aus der Reinheit der Tugend geschöpft habt ...
Schön ist die Tugend der Reinheit und süß die Anmut, die sich nicht nur in Werken, sondern auch im Wort zeigt, das nie das Maß der Schicklichkeit und der Höflichkeit überschreitet und das den Rat und die Mahnung mit Liebe gibt. Und vor Gott und vor den Menschen strahlt die keusche Jugend, die in den Tagen der Prüfungen, der Leiden, der Opfer vor den bitteren Pflichten sich nicht fürchtet, mit aIl ihrer Kraft der Höhe der schweren Pflichten gerecht zu werden, die ihr die Vorsehung auferlegt. Heutzutage, geliebte Töchter, wirkt der Kreuzzug nicht mehr durch Schwert, Blut oder Martyrium, sondern durch das Beispiel, das Wort und die Ermahnungen. Eurer Tatkraft und euren Vorsätzen stellt sich der Dämon der Unreinheit und der Zügellosigkeit der Sitten, jener Erzfeind, entgegen. Hebt die Augen zum Himmel, von wo aus euch Christus und die Unbefleckte Jungfrau, seine Mutter, betrachten."(2)
Zum 25jährigen Jubiläum des Apostolats der weiblichen Jugend, am 24. April 1943, richtete Pius XII. die erste große Schulungsrede an junge Mädchen, da er die Veränderungen erkannte, die der Krieg für das weibliche Leben gebracht hatte.
"Im Gegenteil dazu ist heute die alte Auffassung von der Frau in einer schnellen Wandlung begriffen. Ihr seht die Frau und besonders das junge Mädchen aus ihrer Zurückgezogenheit hinaustreten und in alle Berufe eindringen, sogar in Lebensbereiche und ausschließliche Arbeitsgebiete des Mannes. Zunächst zaghafte, dann immer stärkere Anfänge dieser Umwälzung hatten sich seit ziemlich langer Zeit angekündigt, verursacht besonders durch die industrielle Entwicklung beim modernen Fortschritt ...
Was musste die Kirche angesichts dieser neuen sozialen Lage der Frau tun? Konnte sie die Tatsache leugnen oder ignorieren und nicht Abhilfe schaffen? Bei anderer Gelegenheit, als Wir die moralische Seite betrachteten, wiesen Wir auf die Folgen hin, die sich für die Tugend der Einzelnen ergeben. Wir sagten, dass eine so neue Lebensbedingung nicht ein Übel an sich sei, aber dass sie gewöhnlich nicht ohne Gefahren sei. Diese Gefahren können Wir nicht ausschließen noch abschwächen, nicht einmal, wenn Wir, wie heute, beabsichtigen, die moderne Lage der Frau zu untersuchen in Bezug auf das Gemeinwohl und auf die zukünftigen Sitten des eigenen Volkes und der anderen Nationen. Die heutige Struktur der Gesellschaft, die als Basis die fast völlige Gleichheit zwischen der Frau und dem Mann hat, stützt sich auf eine trügerische Voraussetzung. Es ist wahr, dass der Mann und die Frau bezüglich ihrer Persönlichkeit von gleicher Würde und Ehre, gleichem Wert und gleicher Achtung sind. Aber sie gleichen sich nicht in allem. Bestimmte natürliche Gaben, Neigungen und Anlagen sind entweder nur dem Mann oder nur der Frau eigen, oder sie befinden sich bei bei den in verschiedenem Grad und Wert; die einen mehr beim Mann, die anderen mehr bei der Frau, je nach den verschiedenen Lebensbereichen und Aufgaben, die die Natur ihnen gegeben hat. Es handelt sich hier nicht um Fähigkeiten oder zweitrangige Anlagen, wie es Neigung oder Haltung zur Literatur, zur Kunst oder zur Wissenschaft sein würden, sondern um die Gaben der wesentlichen Wirksamkeit im Leben der Familie und des Volkes. Wer weiß nun nicht, dass die Natur, wenn sie auch mit Gewalt verdrängt wurde, dennoch immer zurückkehrt? (tarnen usque recurret?)
Es bleibt also nur zu sehen und abzuwarten, ob sie nicht, wann immer es auch sei, eine Berichtigung der heutigen sozialen Struktur vornehmen wird. Man könnte vielleicht sagen, dass ein solcher mangelhafter Zustand zwar auf die Dauer eine Gefahr darstellt, aber eine Gefahr, die die Gesellschaft noch nicht direkt bedroht und sich auch nicht sofort zeigt, wohl in den Einzelfällen, auf die man nur einen Blick wirft, um dann darüber hinwegzugehen, wenn man die schwierige Lage der heutigen Zeit bedenkt. Die Betrachtung der Umstände, unter denen sich dieser Umsturz oder diese Umwandlung der Natur und des Lebens der Frau vollzieht, macht jedoch nachdenklich. Auf der einen Seite befindet sich die Menschheit seit einigen Jahrzehnten in den zivilisierten Ländern auf einem hohen Niveau der Kultur und der materiellen Wohlhabenheit, das vielleicht beispiellos in der Geschichte ist. Wenn es auch in der Tat zu anderen Zeiten herrliche Tage eines glänzenden Wohlstandes gab, wie es zum Beispiel in den ersten Jahrhunderten des christlichen Zeitalters auf dem Gipfel der Größe des römischen Imperiums der Fall war -, so sieht dennoch jeder, dass diese Jahrhunderte sich kaum mit der heutigen Zeit vergleichen lassen. Durch die Entdeckungen der letzten zweihundert Jahre, durch den wissenschaftlichen, zivilisatorischen und wirtschaftlichen Fortschritt hat sich in normalen Zeiten - Wir beabsichtigen natürlich nicht vom gegenwärtigen außergewöhnlichen Kriegszustand zu sprechen - ein mittlerer Lebensstandard, ein Zustand der allgemeinen Wohlhabenheit entwickelt, den man in früheren Zeiten nicht zu fassen und nicht zu träumen vermocht hätte. Gleichzeitig hat sich andererseits - nicht durch innere Notwendigkeit, aber jedenfalls als Folge historischer Nebenumstände - eine Schwächung des religiösen Gefühls, der Glaubenskraft, der Aufnahme für das Übernatürliche und für den Gedanken an die Seele bemerkbar gemacht. Nachdem diese beiden Tendenzen sich einmal zusammengefunden hatten, haben sie sich aneinander gestärkt, natürlich nicht bei allen. Eine große Schar von Seelen steht auf und antwortet auf die materielle Überkultur mit einer noch tieferen religiösen Überzeugung. Aber viele scheinen von dem gleißenden Glanz des materialistischen Wissens und Wohlergehens so geblendet, dass ihre innere verstandesmäßige Sicht für das Übersinnliche und Übernatürliche immer geringer wird und immer mehr schwindet. Sie bemühen sich, die Leere und den geistigen Abgrund, der sich in ihnen auftut, mit den täglichen Darbietungen und Veranstaltungen der weltlichen Kultur zu füllen, mit einer Traumphilosophie, mit all dem, was die Welt selbst bei dem harten gegenwärtigen Leben jederzeit an Zerstreuungen, an Luxus, an Vergnügungen und an Genüssen anbietet. Von hier aus seht ihr die dreifache Gefahr, die unsere Zeit kennzeichnet.
a) Für die Frau
Vor allem ist sie eine große Gefahr im Hinblick auf die Frau. Wir werden sie sofort in ihrer extremen Form aufzeigen. Ihr kennt das Schicksal der jungen Mädchen, die, besonders in den Großstädten, kaum erwachsen, die Familien verlassen, um sich eine Stellung zu suchen. Dieser Traum: die Unabhängigkeit von jedem Gehorsam, die Möglichkeit, im Luxus zu leben, die zügellose Freiheit, die Gelegenheit, Freundschaften zu schließen, Lichtspielhäuser zu besuchen, sich dem Sport hinzugeben, samstags in froher Gesellschaft fortzufahren und erst montags zurückzukehren, sich dem Auge der eigenen Familie für immer zu entziehen, dieser Traum ist eine Täuschung. Der hohe Lohn, den sie genießen, ist der Preis für den Verlust ihrer Unschuld und ihrer Reinheit. Die Kräfte der Natur, die in ihnen lagen, um später eine Familie zu gründen, wo sind sie geblieben? Sie werden im Vergnügen und in der Schuld verschleudert. Natürlich gibt es neben dieser Gruppe von unbesonnenen und unglücklichen Mädchen eine Reihe von anderen, angefangen von jenen, die immer von einem so großen Übel angesteckt werden, bis zu jenen hin, die inmitten aller Gefahren sich stark und rein zu erhalten wissen. Es wäre jedoch eine Illusion zu glauben, dass jene extreme Gruppe nur in fernen Landstrichen und den aufgerührten Städten der Welt zu finden sei. Unglücklicherweise findet ihr sie auch inmitten unseres guten Volkes, und ihr seht ihren verhängnisvollen Weg.
b) Für die Ehe
Von hier aus ergibt sich eine andere Gefalrr für die Ehe: Junge Frauen wie jene soeben Beschriebenen werden gewöhnlich nicht zur Ehe gewählt und noch weniger für die Ehe nach dem Gesetz Christi. Häufig lehnen sie sie selbst sogar als eine Kette ab. Und wie viele andere sind von dem gleichen Übel befallen, wenn auch in geringerem Grade.... Ihr kennt das Ideal der christlichen Ehe, das Wir selbst die Jungverheirateten, die zu Uns kommen, zu lehren versuchen. Wie kann dieses Ideal glänzen und bestehen, wenn seine Voraussetzung, das christliche Gepräge des Lebens und der Kultur, immer mehr zu verschwinden droht.
c) Für das Volk
Schließlich betrifft die dritte Gefahr das Volk, das immer seine Kraft, sein Gedeihen, seine Ehre aus der gesunden und tugendhaften Familie geschöpft hat. Wenn diese in ihren religiösen und moralischen Fundamenten unterhöhlt ist, ist die Bahn frei für schlimmere Schäden an den sozialen Einrichtungen und für das Vaterland selbst ... "(3)
Aus der bereits im vorhergehenden Kapitel genannten großen Frauenrede vom 21. Oktober 1945 ist eine Stelle anzuführen, die die Jugend und ihre unglückliche Entwicklung infolge der Berufstätigkeit der Mutter betrifft:
" ... Zu diesen schmerzlichen Folgen der Abwesenheit der Frau und Mutter vom häuslichen Herd kommt noch eine beklagenswertere hinzu: Wir meinen die Erziehung, besonders die des jungen Mädchens, und seine Vorbereitung auf die Wirklichkeit des Lebens. Gewöhnt, seine Mutter immer außer dem Hause und die Wohnung trostlos und verlassen zu sehen, ist es nicht imstande, ihnen irgendeinen Reiz abzugewinnen: es findet keinerlei Geschmack an den ernsten häuslichen Beschäftigungen; es kann ihren Adel und ihre Schönheit nicht verstehen und verlangt gar nicht danach, sich ihnen eines Tages als Gattin und Mutter zu widmen.
Das trifft für alle Gesellschaftsschichten und alle Verhältnisse zu. Die Tochter der mondänen Frau, die sieht, wie die ganze Leitung des Haushalts fremden Händen überlassen wird, während ihre Mutter sich mit leichtsinnigen Beschäftigungen und flüchtigen Zerstreuungen die Zeit vertreibt, wird diesem Beispiel folgen und sich sobald als möglich selbständig machen, um, wie man zu sagen pflegt, ,ihr Leben zu leben'. Wie könnte sie eines Tages auf den Gedanken kommen, sich zu wünschen, eine wirkliche ,Herrin' (domina) zu werden, eine Hausfrau in einer glücklichen, blühenden und würdigen Familie?
Was die Arbeiterklasse anbetrifft, die genötigt ist, sich ihr tägliches Brot zu verdienen, so könnte manche nachdenkliche Frau vielleicht erkennen, wie der Zuwachs zum Verdienst, den sie durch ihre Arbeit außer dem Hause einbringt, häufig durch andere Ausgaben und auch durch Verschwendungen wieder aufgehoben wird, die die wirtschaftliche Lage der Familie ruinieren. Wie sollte das junge Mädchen, das ebenfalls außer dem Hause in einer Fabrik, einem Betrieb, einem Büro arbeitet, das von der erregten Welt, in deren Mitte es lebt, betäubt, durch den Glanz eines falschen Luxus geblendet wird, das begierig ist nach wirren Vergnügungen, die zerstreuen, aber nicht erfrischen und Erholung bieten, das Revuen und Tanzsäle besucht, wie sie überall, häufig mit parteipropagandistischen Absichten aufschießen und die Jugend verderben - wie sollte dieses junge Mädchen, wenn es eine ,Dame' geworden ist, die die guten alten Lebensregeln verachtet, sein bescheidenes Heim nicht ungastlich und noch trauriger finden, als es in Wirklichkeit ist? Wenn es sich dort wohlfühlen, wenn es wünschen soll, sich dort eines Tages selber festzusetzen, müsste es imstande sein, diesem natürlichen Eindruck durch den Ernst seines geistigen und sittlichen Lebens, durch die Kraft seiner religiösen Erziehung und seines übernatürlichen Ideals entgegenzuwirken. Aber welche religiöse Bildung hat es dafür unter derartigen Verhältnissen empfangen? Das ist noch nicht alles. Ihre vor der Zeit gealterte, von den ihre Kräfte übersteigenden Anstrengungen, von Tränen und Sorgen verbrauchte und zermürbte Mutter findet in späteren Jahren an der Tochter, die spät abends erst heimkommt, keinerlei Hilfe, keine Unterstützung und muss für sie, die in den häuslichen weiblichen Arbeiten ganz unerfahren und unbrauchbar ist, alle Arbeiten einer Dienstmagd verrichten. Nicht besser ist das Los des Vaters, wenn er ins fortgeschrittene Alter kommt und Krankheiten, Gebrechlichkeit, Arbeitslosigkeit ihn zwingen, sich für seine bescheidenen Bedürfnisse in die Abhängigkeit von dem guten oder schlechten Willen seiner Kinder zu begeben. Die erhabene, heilige Autorität von Vater und Mutter ist so all ihrer Majestät entkleidet! "(4)
Am 17. Juli 1948 sandte Papst Pius XII. an die Führer und Führerinnen des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend in Haus Altenberg, der bereits 750.000 Mitglieder aufwies, ein Schreiben, in dem er seiner Freude über das Wiedererstehen der katholischen Jugendverbände Ausdruck gibt. Der Papst mahnt, nicht an alten starren Formen festzuhalten, sondern den veränderten Verhältnissen und der Notlage der Jugend gerecht zu werden.
" ... Ganz allgemein wird es die Aufgabe der bestehenden Jugendorganisationen sein, im Bereich der ihnen nach Alter, Bildungsstätten, Laufbahn und Beruf artgleichen Jugendlichen Ausschau zu halten nach den Glaubensgenossen und -genossinnen außerhalb der eigenen Reihen, nach denen vor allen, die den vielfältigen Gefahren der vergangenen unglückseligen Periode und der gegenwärtigen unnatürlichen Verhältnisse erlegen sind und an Glaube und Sitte irgendwie Schiffbruch erlitten haben. Je tiefer der Fall und je größer die seelische Not sind, um so mehr möget ihr es euch angelegen sein lassen, nach ihnen zu suchen. Nur eine starke Liebe wird sie gewinnen können und nur mit eurer Hilfe wird es sich durchführen lassen. Der Priester ist hier auf eure Hilfe angewiesen ... Jugend ist nicht etwas in sich Abgeschlossenes, Fertiges und Bleibendes. Jugend ist die Zeit der Vorbereitung fürs Leben, der Entwicklung zur Vollreife des christlichen Menschen. Jugend weist notwendig über sich hinaus; ihr Ziel liegt nicht nur in ihr selbst. Ihr Ziel ist der den Forderungen des Lebens gewachsene, in lebendigem Glaubem fest begründete Mensch. Es ist deshalb naturgemäß, und ihr tut gut daran, wenn eure Organisationen in gesunder Verbindung mit denen der Erwachsenen stehen und zwischen beiden Gattungen von Verbänden ein gutes Verhältnis gegenseitigen Vertrauens herrscht. Gilt dies allgemein, so besonders für die weiblichen Organisationen.
Man hörte aus den Reihen der katholischen Jugend früher das Wort der ,Jungen Kirche'. Wir haben einmal die Befürchtung ausgesprochen, es möchte sich dieses Wort nicht ganz vereinbaren lassen mit der katholischen Liebe. Die Kirche umfasst alle ohne Unterschied des Alters mit derselben Muttersorge; alle haben sie dasselbe Recht, von ihr zur innigsten Verbindung mit Christus und Gott und zur höchsten Heiligkeit geführt zu werden. Wir denken auch, dass die in langen und bitteren Jahren gemeinsam durchlittenen Heimsuchungen, Gefahren und Nöte bei euch das Band zwischen jung und alt enger geschlungen haben. Uns schweben aus eurem Volk tiefergreifende Beispiele vor Augen, wie Väter und Mütter in diesen Jahren des Hungers sich buchstäblich das Notwendigste vom Mund absparten, auch wenn es ihre Gesundheit untergrub, nur damit ihre heranwachsenden Kinder in der Entwicklung nicht zu Schaden kommen sollten. Kennt ihr nicht alle solche Beispiele? Katholische Jugend Deutschlands! Vergiss es nicht, lass dich an Ehrfurcht vor den Eltern und der älteren Generation von keiner anderen Jugend übertreffen! "(5)
Im September 1948 begingen die italienischen Jugendorganisationen der Katholischen Aktion ihr achtzigjähriges Jubiläum. An zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen kam die weibliche (am 7. September 1948) und die männliche Jugend (am 14. September 1948) nach Rom und huldigte dem Heiligen Vater. Vor etwa zweihunderttausend Mädchen hielt Papst Pius XII. am 7· September eine Ansprache, in der er sie in herzlichen und dringlichen Worten mahnte, in ihrem Eifer des Apostolates nicht nachzulassen und ihre Aufgaben in dieser glaubensmüden Zeit zu erfüllen.
"Vorwärts also, vorwärts, geliebte Töchter, ohne Zögern, ohne euch aufzuhalten, vorwärts, ihr besonders, junge Arbeiterinnen, Töchter des Volkes; macht alle weiter, gleich welcher Klasse und welchen Standes, in der Stadt, auf dem Land, überall, wo eure Schwestern zu Christus zurückzuführen sind, überall, wo es eine heilige, religiöse, moralische, soziale Sache gibt, die es zu bestärken, zu fördern, zu verteidigen gilt!
Was für eine Begeisterung für die geistige Eroberung ist bei eurem Apostolat erforderlich! Wir aber wissen sehr gut, wie seine Ausübung nicht selten, wenigstens in einigen Gegenden und unter besonderen Umständen, euch nicht nur Widerständen aussetzt, sondern auch der Ironie, dem Spott, sogar niedrigen Ungerechtigkeiten und Drohungen, wenn es auch nicht zu richtigen Gewalttaten kommt. Aber ihr lasst euch keine Furcht einjagen. Das katholische junge Mädchen, bescheiden, aber nicht ängstlich und furchtsam, mit freier Stirn, mit klarem und sauberem Auge, mit geradem Blick, mit aufrechtem Gang, mit schnellem und offenherzigem Wort, mit einer festen und liebenswürdigen, aber auch, wenn es nötig ist, zwingenden Entgegnung, fürchtet sich nicht. Es freut sich eher, würdig befunden zu sein, Beschimpfungen um des Namens Christi willen erdulden zu können, ,pro nomine Jesu contumeliam pati' (Apg 5, 41). Wenn es Schmerz fühlt, dann nicht um sich, sondern um die, die es beleidigen und die oft noch so junge Opfer einer falschen Erziehung, schlechter Kameraden, bösartiger Verhetzung sind, weil diese Einflüsse in ihnen jeden Sinn für Anstand und Güte ausgelöscht haben ... Dieser Weg kann nicht sprungweise gemacht werden, sondern nur unter großen Opfern, deren Heroismus selbst den Willen anstachelt und den Mut aufrecht erhält. Und die ausharrende Treue der gewohnten täglichen Pflicht Gott gegenüber, dem Nächsten gegenüber, sich selbst gegenüber; das Gebet, das Beispiel, die immer wache Nächstenliebe, die Hilfe und die Unterstützung für die Elenden und Niedergeschlagenen; die stille Ergebung, die sich unter einem gleichbleibenden Lächeln verbirgt; die vollständige Erfüllung der Pflichten eures Standes, in der Familie, bei der Arbeit, in der Gemeinschaft; die unerschütterliche Festigkeit in den Grundsätzen, verbunden mit einer Gefälligkeit, die keine Grenzen kennt; der Verzicht auf die Eigenliebe und die eigenen Interessen: was kostet das alles! Aber wie wirksam ist es auch, die Gemüter, die Herzen, die Seelen zu gewinnen! ... "(6)
Bei dem Empfang der Teilnehmer der italienischen Vereinigung katholischer Lehrer, die zu gleicher Zeit in Rom tagten, sprach Pius XII. über den guten Eindruck, den er von dieser Kundgebung der 200.000 Mädchen und 250.000 Jungmänner erhalten hatte:
"In diesen Wochen sind mehr als Hunderttausende von Mädchen und Jungen Italiens nach Rom gekommen und kommen immer noch hierher. Jugend in einer solchen Menge kann nicht täuschen: sie zeigt sich als das, was sie wirklich ist. Ihr habt diese Jugend gesehen, in den Kirchen, in den Straßen, beim Besuch der Monumente der Stadt, bei den großen Zusammenkünften auf dem Petersplatz, eine gerade, fröhliche, frische, offene, für alles Schöne, Große und Gute begeisterte, aber gleichzeitig tief fromme und von Gott erfüllte Jugend. Nun wohl, diese Jugend ist durch eure Schulen hindurchgegangen; ihr habt an ihrer Erziehung mitgearbeitet, sie ist euer Ruhm, euer Trost und euer Ansporn. "(7)
Am 24. Juli 1949 spricht der Papst nochmals zu den italienischen Frauen der Katholischen Aktion zum 40jährigen Bestehen ihrer Organisation. Er verweist auf seine vielen Ansprachen, die er bereits vor Frauen und Mädchen zu allgemeinen und besonderen Gelegenheiten gehalten hat: vor Arbeiterinnen, Angestellten, Lehrkräften, aber er fühle sich wiederum dazu gedrängt, zu ihnen über die Familie und die Jugend zu sprechen. "Man kann vielleicht sagen, dass das Urteil einstimmig dahin geht, dass die Moral der Jugend in ständigem Verfall begriffen ist. Auch in den Gegenden, wo früher eine gesunde, sittliche Auffassung herrschte, ist der moralische Niedergang nur wenig geringer, da vieles, was in der Stadt zum Luxus und zum Vergnügen treibt, freien Eingang auch in das Dorf gefunden hat. Es ist überflüssig, daran zu erinnern, wie viel das Radio und die Leinwand für die Verbreitung jenes ,Materialismus' gebraucht und missbraucht worden sind, wie viel sie und das schlechte Buch, die sittenlose Illustrierte, das schamlose Schauspiel, der unmoralische Tanz, die Sittenlosigkeit des Strandes zur Vermehrung der Oberflächlichkeit, der Weltlichkeit und der Sinnlichkeit der Jugend beigetragen haben. Die Berichte, die aus den verschiedensten Gegenden kommen, weisen auf diese Gelegenheiten als auf die Hauptgründe hin, aus denen heraus die Jugendlichen vom Religiösen und Ethischen abstehen. Aber an erster Stelle ist die Auflösung der Ehe verantwortlich ...
Wir möchten von Unserer Seite aus eure Aufmerksamkeit auf drei Punkte lenken:
1. Wir schicken voraus, dass man immer auf die wirksame Unterstützung der Kirche rechnen kann, wenn es sich darum handelt, einen Beitrag zu einer gesunden Sozialpolitik zum Wohl der Familie und der christlichen Jugend zu leisten ...
2. Der Schaden für die Familie wie für die Jugend besteht in der Schwächung des Glaubens und der Gottesfurcht, der Frömmigkeit und der Gewissenhaftigkeit, im Einsickern des Materialismus, nicht nur in die Gedanken und in das Urteil, sondern auch in die Lebenspraxis, selbst bei nicht wenigen, die wahre Gläubige sind und bleiben wollen.
Gegen diese Übel gibt es nur ein Heilmittel: Festigkeit im Glauben bei den Eltern, die durch das Beispiel und die religiöse Unterweisung und die moralische Erziehung auch in den Kindern einen unzerstörbaren Glauben begründen ...
3. Die moralische Erziehung der Jugend! Sie ist von so großer Wichtigkeit, dass sie, obwohl sie in den vorhergehenden Punkten mit einbegriffen war, noch besonders behandelt zu werden verdient ... Die heutige Jugend ist nicht weniger als die der Vergangenheit geneigt und bereit, Gutes zu tun und Gott zu dienen. Aber sie muss dazu erzogen werden. Setzt der Gier nach Luxus und nach Vergnügungen die Erziehung zur Reinheit und Einfachheit entgegen! Die Jugend muss von neuem lernen, sich zu beherrschen, Entbehrungen kennenzulernen. Es darf nicht geschehen, dass sie die Eltern immer mehr mit Forderungen belastet, die für diese unmöglich zu erfüllen sind. - Erzieht die Jugend zur Reinheit, erzieht sie zum Gehorsam und zur Achtung gegenüber der Autorität! Es ist sehr leicht, wenn der Mensch sich Gott unterwirft und den unbedingten Wert seiner Gebote erkennt ... Helft ihr, wenn sie ein erklärendes Wort, einen Rat, eine Führung nötig hat! Vergesst jedoch nicht, dass eine gute Erziehung, die das ganze Leben umfasst, und besonders die Gewöhnung zur Selbstbeherrschung auch die beste Bildung auf diesem Gebiet sind! Das sind natürlich alles elementare Wahrheiten, doch sie werden nur zu oft außer acht gelassen und vernachlässigt. Die Wiedergesundung aber kann nur erreicht werden, wenn jene grundlegenden Forderungen genau erfüllt werden. Geliebte Töchter! Geht also an die Arbeit, oder besser gesagt, führt sie eifrig weiter in einer klaren Sicht des Zieles, das ihr anstrebt: der Rettung der christlichen Ehe, der Familie und der Jugend! Die Mühen und die Prüfungen, denen ihr ausgesetzt seid, dienen wahrhaftig der Sache Gottes und der Kirche ebenso wie den höchsten Interessen eures Volkes und eures Vaterlandes. Daher gilt der Grundsatz: Ein Volk, in dem sich die Ehe und die Familie auflösen, ist früher oder später zum Untergang bestimmt ... "(8)
Die Anerkennung, die Pius XII. im September 1948 der italienischen Jugend aussprach, klingt auch durch in der Ansprache des Papstes vom 1. Juli 1951 an die spanische weibliche Jugend der Katholischen Aktion, die ihren 5. Jahrestag feierte, und besonders in der Ansprache desselben Monats an die weibliche italienische Arbeiterjugend.
Die Spanierinnen fordert der Heilige Vater in einer Radioansprache auf, in ihrem eifrigen Streben weiterzumachen: »Fahrt fort mit eurer Frömmigkeit, mit eurem sozialen Sinn und endlich auch mit eurem Apostolat ... "(9) Der italienischen weiblichen Arbeiterjugend aber öffnet er sein gütiges Vaterherz, das gerne lobt und anerkennt:
"In der unvergesslichen Audienz vom 5. September 1948 haben Wir der weiblichen Jugend der Katholischen Aktion Italiens zugerufen: ,Vorwärts, vorwärts, besonders ihr, junge Arbeiterinnen'. Und tatsächlich habt ihr große Fortschritte gemacht, an erster Stelle äußerlich. Zweifellos ist auch die Zahl der Gleichgesinnten von nicht geringem Wert. Ihr selber erfahrt es täglich.
Das Gefühl, im Kampfe für die Sache Jesu Christi allein zu sein oder jedenfalls eine Überzahl von Feinden gegen sich zu haben, ist bitter und vermindert oder tötet das Vertrauen. Ihr könnt euch die Lage eines reinen, aufrechten, frommen jungen Mädchens vorstellen, oder euch an es erinnern, das gleichsam in einem Meer von Feindschaft und Gleichgültigkeit ertrinkt und in der Werkstatt, in der Fabrik oder im Büro, beim Kommen und Gehen, tage-, monate- und jahrelang immer allein ist, wie ein Lamm unter den Wölfen (vgl. Mt 10, 16), ohne Schutz und Hilfe, und dabei trotz allem seinen Glauben, seine Frömmigkeit und seine Tugend bewahren soll. Wie viele sind tapfer genug, da immer weiter auszuharren?
Wenn sich aber einige solcher Mädchen treffen und sich zu kleinen treuen Gruppen zusammenschließen, so werden sie mit ihrem Apostolatseifer immer mehr andere anziehen, die bis dahin zu schüchtern waren, und jede einzelne wird sich sicherer und stolzer fühlen. So werden sie dadurch, dass sich ihre Zahl erhöht, zu einer Macht, mit der auch die Gegner rechnen müssen und die sie zugleich instandsetzt, sich auch die äußeren Mittel zu verschaffen, die zur Förderung ihrer Bewegung notwendig sind. Das ist der Grund, warum Wir Uns freuen, euch so an Zahl und Entfaltung eurer sichtbaren Organisation gewachsen zu sehen. Wichtiger aber ist, dass ihr auch im inneren Geist gewachsen seid. Wir haben einen Blick auf euren Katechismus geworfen, in dem ihr kurz die Soziallehre der Kirche zusammengefasst habt, die Unser Vorgänger seligen Angedenkens, Leo XIII., in seiner Enzyklika ,Rerum novarum' so wunderbar dargelegt hat. Dieser Katechismus wird in der Hand jedes eurer Mitglieder sein und von euch gemeinschaftlich in euren Gruppen gelesen werden. Wie werden sich euch da die Ziele klären, denen ihr zustrebt! Wie werden euch jene weisen Lehren geradezu greifbar werden, die ihr in den konkreten Verhältnissen des Lebens und eurer Arbeit anwenden müsst! Und welche Überlegenheit und Sicherheit wird euch die vernünftige und gründliche Einsicht in jene durchsichtig klare Lehre über eure Gegner geben, die häufig nichts weiter verstehen, als die üblichen leeren Formeln einer oberflächlichen Propaganda zu wiederholen! Mit welcher Sicherheit und Leichtigkeit wird jede von euch sie widerlegen und zum Schweigen bringen können!
Ihr seid also innerlich gewachsen. Mit lebhaftem Interesse haben Wir die Behandlung des Themas überflogen, das euch eure schöne Zeitschrift ,Squilli' zum Wettbewerb vorgelegt hatte. Wir waren erstaunt zu sehen, was die jungen Teilnehmerinnen am Wettbewerb ohne große Studien zuwege gebracht haben. Wir loben besonders die sechs tüchtigen Siegerinnen dieses Wettbewerbs, aber auch die übrigen, die unanfechtbare Beweise ihrer Tüchtigkeit geliefert haben.
Ihr seid innerlich gewachsen, weil ihr kämpft. Euer Kampf ist häufig hart, aber immer tapfer. Mit innerer Anteilnahme haben Wir die Brief-Fragmente gelesen, die eine lebendige Spiegelung eures täglichen Lebens sind, und Wir haben an das Wort des göttlichen Meisters gedacht: , Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen' (Joh 15, 20). Diese Kämpfe, die ihr führen müsst, die Drohungen, Beleidigungen und Gewalttätigkeiten, die ihr erleidet, sind das Siegel der wahren Nachfolger Christi, die der Erlöser glücklich und selig genannt hat (Mt 5, 11I). Ihr seid innerlich gewachsen, weil all eure Schriften, Berichte und Programme nicht Hass und Klassenneid verraten, sondern den Wunsch, dass ihr selber und alle, mit denen ihr es zu tun habt, bessere Christen werden mögen, vollkommenere Christen in allen Lebenslagen, Christen der sozialen Gerechtigkeit und der sozialen Liebe. Worauf ihr hinauswollt, ist die Würde des Arbeiters, besonders der Frau und des jungen Mädchens. Die neuen Gesetzmaßnahmen, die ihr fordert, die bessere Beobachtung der bestehenden Gesetze, die ihr verlangt, haben kein anderes Ziel. Dieses Ziel hat seine Wurzel im heiligen Willen Gottes; er will, dass alle in der Welt der Arbeit, Vorgesetzte und Abhängige, Unternehmer und Arbeiter, immer und überall die menschliche Würde achten und Tag für Tag im Geiste Christi Gerechtigkeit und Liebe üben.
Fahrt also fort, mit jugendlichem Eifer diesen Geist unter das arbeitende Volk eures Vaterlandes zu tragen, und ruht nicht, bis die Flamme eures Eifers auch dort glüht, wo jetzt leider die Gier nach Gewinn und Erfolg von keinem sozialen Verantwortungsbewusstsein durchdrungen ist. Möge euer Beispiel und euer entschlossener Wille, vollkommene Christen zu sein, alle die anderen mitreißen. Das ist euer Apostolat, das Wir von neuem segnen. "(10)
Von großer Bedeutung ist die Ansprache an die weibliche Jugend, die Pius XII. am 19. April 1952 an die Teilnehmerinnen des Kongresses der "Féderation Mondiale des Jeunesses Féminines Catholiques" hielt, in der er gegen den Begriff der Situationsethik angeht, der gerade in der Jugend viel Verwirrung anrichtet. Die Ansprache soll hier in ihrem vollen Wortlaut folgen, da die Fragen der "Neuen Moral" und der katholischen Sittenlehre noch immer, zumal bei der Jugend, volles Interesse in Anspruch nehmen.
"Herzlich willkommen, liebe Töchter vom Weltverband der katholischen Frauenjugend ! Wir begrüßen euch mit der gleichen Freude, mit der gleichen Zuneigung, mit der Wir euch vor fünf Jahren in Castel Gandolfo anlässlich des großen internationalen Treffens der katholischen Jugend empfangen haben.
Die Anregungen und der Rat zur Umsicht, die euch jener Kongress gegeben hatte, wie auch die Worte, die Wir damals an euch gerichtet haben, sind wahrlich nicht ohne Frucht geblieben. Wir wissen, wie sehr ihr euch in dieser Zwischenzeit angestrengt habt, um die ganz bestimmten Ziele, die ihr klar erkannt hattet, zu erreichen. Das beweist Uns auch die Denkschrift, die ihr Uns anlässlich der Vorbereitung des gegenwärtigen Kongresses überreicht habt: ,Der Glaube der Jugend - ein Problem unserer Zeit' . Ihre 32 Seiten haben das Gewicht eines dicken Bandes, und Wir haben mit großer Aufmerksamkeit davon Kenntnis genommen; denn sie fasst die Ergebnisse zahlreicher Rundfragen über den Glaubensstand in der katholischen Jugend Europas zusammen, und diese Ergebnisse sind außerordentlich lehrreich.
Eine ganze Reihe von Fragen, die darin berührt worden sind, haben Wir selber in Unserer Ansprache vom 11. September 1947, bei der ihr zugegen wart, wie auch in anderen Ansprachen vorher und nachher behandelt. Heute möchten Wir die Gelegenheit dieses Zusammenseins mit euch benützen, um zu sagen, was Wir über eine gewisse Erscheinung denken, die sich mehr oder weniger überall im Glaubensleben der Katholiken zeigt; sie hat mehr oder weniger alle, ganz besonders aber die Jugend und ihre Erzieher befallen, und auch eure Denkschrift weist an verschiedenen Stellen Spuren davon auf, so, wenn ihr sagt: ,Die Jugend verwechselt das Christentum mit einer Summe von Vorschriften und Verboten und hat daher das Gefühl, in dieser "imperativen Moral" zu ersticken; und es ist nicht nur eine unbeträchtliche Minderheit, die den "lästigen Ballast" über Bord wirft.' Wir können diese Erscheinung ,eine neue Auffassung des sittlichen Lebens' nennen, da es sich um eine Tendenz auf dem Gebiet des Sittlichen handelt. Aber die Prinzipien der Sittlichkeit stützen sich auf die Glaubenswahrheiten; und ihr wisst, von welch grundlegender Bedeutung für die Erhaltung und die Entfaltung des Glaubens es ist, dass das Gewissen des jungen Mannes und des jungen Mädchens sehr frühzeitig nach wichtigen und gesunden sittlichen Normen gebildet und entwickelt wird. So ist die ,Neue Auffassung der christlichen Sittenlehre' aufs engste verknüpft mit dem Problem des Glaubens der Jugend. Wir haben von der ,neuen Moral' schon in Unserer Rundfunkansprache an die christlichen Erzieher vom 23. März gesprochen. Was Wir heute sagen, ist nicht nur eine Fortführung dessen, was Wir damals behandelt haben; heute wollen Wir die tiefsten Quellen dieser Auffassung freilegen. Man könnte diese Auffassung ,ethischen Existentialismus', ,ethischen Aktualismus' , ,ethischen Individualismus' nennen, in jenem einschränkenden Sinn, von dem Wir sogleich reden werden und in dem man diese Ausdrücke anderswo in der sogenannten ,Situationsethik' anwendet. Das besondere Merkmal dieser Moral besteht darin, dass sie nicht von den allgemein gültigen Moralgesetzen, wie zum Beispiel den zehn Geboten, ausgeht, sondern von den tatsächlichen konkreten Umständen und Bedingungen, in denen der Mensch handeln muss und denen entsprechend das individuelle Gewissen zu wählen und zu entscheiden hat. Dieser Tatbestand ist einmalig und ist nur einmal für jede menschliche Handlung gültig. Darum kann nach Auffassung der Anhänger dieser Ethik die Gewissensentscheidung nicht von allgemeingültigen Ideen, Prinzipien und Gesetzen diktiert werden.
Der christliche Glaube gründet seine sittlichen Forderungen auf die Kenntnis der wesentlichen Wahrheiten und ihre Beziehungen; so macht es der hl. Paulus im Römer-Brief (1, 19-21) für die Religion als solche, sowohl für die christliche wie für die vorchristliche: Von der Schöpfung an, sagt der Apostel, ahnt und fasst der Mensch in irgendeiner Weise den Schöpfer, seine ewige Macht und seine Gottheit, und das mit solcher Evidenz, dass er sich verpflichtet weiß und fühlt, Gott anzuerkennen und ihn zu verehren, und dass die Vernachlässigung dieser Verehrung oder ihre Verkehrung in Götzendienst für alle Menschen und zu allen Zeiten eine schwere Schuld ist.
Das ist nun ganz und gar nicht das, was die Ethik, von der Wir jetzt reden, lehrt. Sie leugnet nicht ohne weiteres die allgemeinen Sittenbegriffe und -prinzipien (obgleich sie manchmal einer solchen Leugnung bedenklich nahekommt), aber sie verrückt sie aus dem Zentrum gegen die äußerste Peripherie. Es kann vorkommen, dass die Gewissensentscheidung ihnen entspricht. Aber sie sind sozusagen nicht eine Sammlung von allgemeinen Sätzen, aus denen das Gewissen für den Einzelfall, den sogenannten ,einmaligen' Fall, die logischen Folgerungen zieht. Nein. Im Mittelpunkt steht der Wert, den es in seiner realen und individuellen Werthaftigkeit zu verwirklichen oder zu erhalten gilt: zum Beispiel auf dem Gebiet des Glaubens die persönliche Beziehung, die uns an Gott bindet. Wenn das ernstlich gebildete Gewissen entschiede, dass die Aufgabe des katholischen Glaubens und der Übertritt zu einer anderen Konfession näher zu Gott führe, so wäre dieser Schritt ,gerechtfertigt', auch wenn man ihn gewöhnlich als ,Abfall vom Glauben' bezeichnet. Oder im Bereich des Sittlichen die körperliche und geistige Hingabe unter jungen Menschen. Hier würde das wohlgebildete Gewissen entscheiden, dass auf Grund der aufrichtigen gegenseitigen Zuneigung Vertraulichkeiten des Leibes und der Sinne das Entsprechende sind und dass sie, obwohl sie sonst nur unter den Eheleuten gestattet sind, hier erlaubte Äußerungen werden. Das offene Gewissen von heute würde so entscheiden, weil es aus der Werthierarchie das Prinzip ableiten würde, dass die Werte der Persönlichkeit als die höchsten sich der untergeordneten Werte des Leibes und der Sinne bedienen oder sie zurückweisen können, je nachdem es die Situation erfordert. Man hat sogar mit Nachdruck behauptet, dass man gerade auf Grund dieses Prinzips bei einem Konfliktfall im Bereich der ehelichen Rechte dem ernsthaften und aufrichtigen Gewissen der Eheleute je nach den Erfordernissen der konkreten Situation die Entscheidung überlassen müsse, gegebenenfalls die Verwirklichung der biologischen Werte zugunsten der Persönlichkeitswerte aus zu schalten.
Sosehr auch solche Gewissensentscheidungen auf den ersten Blick den göttlichen Geboten zu widersprechen scheinen, sollen sie dennoch vor Gott gültig sein, weil, wie man sagt, das aufrichtige und wohlgebildete Gewissen auch vor Gott mehr gilt als das ,Gebot' und das ,Gesetz'. Eine solche Entscheidung nimmt also die Entscheidung des Gesetzes, das Gott in das Herz eines jeden geschrieben hat, oder gar die Zehn Gebote, die der Finger Gottes auf Tafeln von Stein geschrieben hat, damit menschliche Autorität sie verkünde und bewahre, nicht einfach ,passiv' und ,rezeptiv' entgegen, sondern sie verhält sich ,aktiv' und ,schöpferisch' .
Die neue sich den Umständen anpassende Ethik ist, wie ihre Urheber sagen, hervorragend ,individuell'. In der Gewissensentscheidung begegnet der einzelne Mensch unmittelbar Gott und entscheidet sich vor ihm ohne die Dazwischenkunft irgendeines Gesetzes, einer Autorität, einer Gemeinde, eines Kultes oder einer Konfession irgendwelcher Art. Hier gibt es nur das Ich des Menschen und das Ich des persönlichen Gottes; nicht des Gottes des Gesetzes, sondern des Vater-Gottes, mit dem sich der Mensch in kindlicher Liebe vereinigen muss. So gesehen, ist die Gewissensentscheidung also ein persönliches ,Wagnis' gemäß der eigenen Erkenntnis und Wertung in aller Aufrichtigkeit vor Gott. Diese beiden Dinge, die rechte Absicht und die aufrichtige Antwort, sind das, worauf Gott schaut; die Handlung selbst ist ihm gleichgültig. Die Antwort könnte also auch ein Wechsel des katholischen Glaubens gegen andere Grundsätze, Ehescheidung, Schwangerschaftsunterbrechung, Gehorsamsverweigerung gegenüber der zuständigen Autorität in Familie, Kirche und Staat und vieles andere sein.
All das soll vollkommen dem Stand der ,Mündigkeit' des Menschen und in der christlichen Ordnung den Kindheitsbeziehungen entsprechen, die uns nach Christi Lehre beten lassen: Vater unser. Diese persönliche Sicht erspart es dem Menschen, jeden Augenblick untersuchen zu müssen, ob die zu treffende Entscheidung den Gesetzesparagraphen und abstrakten Normen und Regeln entspricht; sie bewahrt ihn vor der Heuchelei einer pharisäischen Gesetzestreue; sie bewahrt ihn ebenso vor pathologischen Skrupeln wie vor Oberflächlichkeit und Gewissenlosigkeit, weil sie die ganze Verantwortung vor Gott auf dem Christen persönlich lasten lässt. So reden die, die ,neue Moral' predigen. In dieser ausdrücklichen Form steht die neue Ethik dermaßen außerhalb des Glaubens und der katholischen Grundsätze, dass selbst ein Kind, das seinen Katechismus kann, es begreifen und fühlen wird. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass die neue Morallehre aus dem Existentialismus hervorgegangen ist, der entweder von Gott absieht oder ihn geradewegs leugnet, auf jeden Fall aber den Menschen ganz auf sich stellt. Möglich, dass die gegenwärtigen Lebensbedingungen zu dem Versuch geführt haben, die ,neue Moral' auf katholischen Boden hinüberzupflanzen, um den Gläubigen die Schwierigkeiten des christlichen Lebens erträglicher zu machen. Tatsächlich werden von Millionen von ihnen heute in außerordentlichem Maße Festigkeit, Geduld, Standhaftigkeit und Opfersinn verlangt, wenn sie ihrem Glauben unter all den Schicksalsschlägen oder in einer Umwelt, die alles, was ein leidenschaftliches Herz ersehnen und wünschen kann, in Reichweite bringt, vollkommen treu bleiben wollen. Aber ein solcher Versuch kann niemals gelingen.
Man wird fragen, wie das Sittengesetz, das allgemein gültig ist, für den einzelnen Fall, der in seiner konkreten Situation immer einzig und ,einmalig' ist, genügen und selbst verpflichtend sein kann. Es kann und tut dies, gerade weil es auf Grund seiner Allgemeingültigkeit notwendig und ,intentioneIl' alle Einzelfälle umschließt, in denen seine Begriffe sich verwirklichen. In sehr vielen Fällen tut es dies mit einer so schlüssigen Logik, dass selbst das Gewissen des einfachen Gläubigen die zutreffende Entscheidung sofort und mit vollkommener Sicherheit einsieht.
Das gilt besonders von den negativen Verpflichtungen des Sittengesetzes, die ein Nichttun, ein Vermeiden verlangen. Doch keineswegs nur von diesen. Die grundlegenden Verpflichtungen des Sittengesetzes gründen sich auf das Wesen und die Natur des Menschen und seine wichtigsten Beziehungen und gelten daher überall, wo es Menschen gibt. Die Grundverpflichtungen des christlichen Gesetzes gründen sich, soweit sie sich über das Naturgesetz erheben, auf das Wesen der vom göttlichen Erlöser eingesetzten übernatürlichen Ordnung. Aus den wesentlichen Beziehungen zwischen Mensch und Gott, zwischen Mensch und Mensch, zwischen den Gläubigen, zwischen Eltern und Kindern, den wesentlichen Beziehungen der Gemeinschaft in Familie, Kirche und Staat folgt unter anderem, dass Gotteshass, Blasphemie, Götzendienst, Abfall vom wahren Glauben, Glaubensleugnung, Meineid, Mord, falsches Zeugnis, Verleumdung, Ehebruch, Missbrauch der Ehe, Selbstbefleckung, Diebstahl und Raub, Entziehung des zum Leben Notwendigen, Vorenthalten des gerechten Lohnes (vgl. Jak 5, 4), Anhäufung der zum Leben unbedingt notwendigen Nahrungsmittel, ungerechtfertigte Erhöhung der Preise, vorgetäuschte Zahlungsunfähigkeit, ungerechte Spekulation vom göttlichen Gesetzgeber aufs strengste verboten sind. Da gibt es nichts zu prüfen. Wie immer die persönliche Lage sein mag, es gibt keinen anderen Ausweg als den, zu gehorchen.
Im übrigen stellen Wir der ,Situationsethik' drei Betrachtungen oder Maximen entgegen. Die erste: Wir geben zu, dass Gott vor allem und immer die gute Absicht verlangt; aber diese genügt nicht. Er will auch das gute Werk. - Die zweite: Es ist nicht erlaubt, Böses zu tun, damit daraus Gutes entstehe (vgl. Röm 3, 8). Doch diese Ethik handelt - vielleicht ohne sich davon Rechenschaft abzulegen - nach dem Prinzip, dass der Zweck die Mittel heilige. - Die dritte: Es kann Umstände geben, in denen der Mensch und besonders der Christ sehr wohl wissen sollte, dass er alles, selbst das Leben opfern muss, um seine Seele zu retten. Alle Märtyrer erinnern uns daran. Und diese sind auch heute sehr zahlreich. Hätten denn die Mütter der Makkabäer und ihre Söhne, die heiligen Perpetua und Felizitas trotz ihrer neugeborenen Kinder, Maria Goretti und tausend andere Männer und Frauen, die die Kirche verehrt, in ihrer ,Situation' den blutigen Tod umsonst oder selbst fälschlich auf sich genommen? Gewiss nicht, und sie sind mit ihrem Blut die Zeugen der Wahrheit gegenüber der ,neuen Moral'.
Da, wo es keine absolut verpflichtenden und von allen Umständen und Eventualitäten unabhängigen Normen gibt, erfordert die ,einmalige' Situation in ihrer Einzigkeit tatsächlich eine sorgfältige Prüfung, um zu entscheiden, welche Gebote hier anzuwenden sind und in welcher Weise. Die katholische Sittenlehre hat dieses Problem der persönlichen Gewissensbildung mit vorhergehender Prüfung der Umstände des zu entscheidenden Falles immer ausgiebig behandelt. Alles, was sie lehrt, bietet ebenso den theoretischen wie den praktischen Gewissensentscheidungen eine kostbare Hilfe. Wir brauchen nur auf die unübertrefflichen Darlegungen des hl. Thomas über die Kardinaltugenden der Klugheit und die mit dieser verknüpften Tugenden hinzuweisen (S. Th. lI-I!, q. 47-57). Sein Traktat beweist einen Sinn für persönliches Handeln und Aktualität, der alles umfasst, was an der ,Situationsethik' richtig und positiv ist, vermeidet aber alle Verwirrungen und Irrtümer. Der moderne Moralist braucht also nur auf derselben Linie fortzufahren, wenn er sich in neue Probleme vertiefen will.
Die christliche Gewissenserziehung ist weit davon entfernt, die Persönlichkeit, selbst die des jungen Mädchens und des Kindes, zu vernachlässigen und ihre Initiative zu unterbinden. Denn es ist das Ziel jeder gesunden Erziehung, nach und nach den Erzieher überflüssig und den Erzogenen in den richtigen Grenzen unabhängig zu machen. Das gilt auch von der Gewissenserziehung durch Gott und die Kirche: ihr Ziel ist, wie der Apostel sagt (Eph 4, 13 f.), den ,vollkommenen Menschen nach dem Maß des Vollalters Christi', also den mündigen Menschen, der auch den Mut zur Verantwortung hat, zu erziehen. Nur muss diese Reife in der richtigen Ordnung stehen. Jesus Christus bleibt der Herr, das Haupt und der Lehrer jedes einzelnen Menschen, in jedem Alter und Stand, durch seine Kirche, in der er zu wirken fortfährt. Der Christ seinerseits muss die schwere und große Aufgabe übernehmen, die Wahrheit, den Geist und das Gesetz Christi in seinem persönlichen Leben, in seinem Berufsleben, in seinem sozialen und öffentlichen Leben nach besten Kräften zur Geltung zu bringen. Das ist die katholische Moral, und sie lässt der Initiative und persönlichen Verantwortung des Christen weiten Raum.
Das haben Wir euch sagen wollen. Die Gefahren für den Glauben unserer Jugend sind heute außerordentlich zahlreich. Jeder wusste und weiß das; aber eure Denkschrift ist in dieser Hinsicht besonders aufschlussreich. Wir glauben jedoch, dass wenige dieser Gefahren für den Glauben so groß und so folgenschwer sind wie die der ,neuen Moral'. Die Verirrungen, zu denen solche Missbildungen und Verweichlichungen der moralischen Verpflichtungen, die ganz natürlich aus dem Glauben folgen, führen, würden mit der Zeit zur Verderbnis der Quellen selbst führen. So stirbt der Glaube.
Aus allem, was Wir über den Glauben gesagt haben, werden Wir also zwei Schlussfolgerungen, zwei Richtlinien ableiten, die Wir euch zum Schluss übergeben wollen, damit sie eure ganze Aktion und euer ganzes Leben als christliche Vorkämpferinnen bestimmen:
Die erste: Der Glaube der Jugend muss ein betender Glaube sein. Die Jugend muss lernen zu beten. Gewiss immer in dem Maß und der Form, die ihrem Alter entspricht. Doch immer in dem Bewusstsein, dass es ohne das Gebet unmöglich ist, dem Glauben treu zu bleiben. Die zweite: Die Jugend muss stolz auf ihren Glauben sein und es auf sich nehmen, dass er sie etwas kostet: Sie muss sich von frühester Kindheit daran gewöhnen, Opfer für den Glauben zu bringen, mit geradem Gewissen vor Gott zu wandeln und zu verehren, was er gebietet. Dann wird sie von selbst in der Liebe Gottes wachsen. Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes (2 Kor 13, 13) seien mit euch, das wünschen Wir euch in väterlicher Zuneigung. Zum Zeugnis geben Wir jeder von euch und euren Familien, eurer Bewegung, allen ihren Zweigen in der ganzen Welt, allen Gefährtinnen, die ihr anhangen, aus ganzem Herzen den Apostolischen Segen. "(11)
Papst Pius XII. richtete an die deutsche Jugend zum Tage ihrer Bekenntnisfeier ein Schreiben vom 23. Mai 1952, in dem er sie wiederum zu festem, treuem Glauben und einem danach ausgerichteten sittlichen Leben aufruft.
" ... Trotz eurer noch jungen Jahre habt ihr es bereits erlebt, dass die Systeme, die wähnen, ohne Gott oder gegen Gott zu Wohlstand, Glück und Macht führen zu können, nur zur Geißel des eigenen Volkes und fremder Völker werden, um schließlich unter Verhängnissen ohnegleichen zusammenzubrechen. Die Völker dürfen Wohlstand und Macht, sollen sie ihnen und anderen zum Segen und nicht zum Fluch sein, nur aufbauen auf Gott, auf der Anerkennung seiner unbedingten Herrschaft und der Erfüllung seines heiligen Willens.
Ihr seid so glücklich, im Vollbesitz der Wahrheit über Gott und des ganzen Reichtums zu sein, der uns in Jesus Christus, in seiner Erlösung und der Kirche geworden ist. Dieser Reichtum, euer katholischer Glaube, verpflichtet euch. Er tut es zunächst euch selbst gegenüber. Wandelt vor Gott, lebt eurem Glauben entsprechend, und zwar nicht nur zu bestimmten, engbegrenzten religiösen Feierstunden. Die Trennung von Religion und Leben, als ob für die Wirklichkeit des Daseins, für den Beruf, die Wirtschaft, alle die öffentlichen Bereiche Gott überhaupt nicht existierte - diese Trennung ist ja gerade eines der Zeichen für den Verfall der christlichen Kultur; sie ist ebenso Ursache wie Wirkung der Verweltlichung des gesamten Menschen. Gegen diesen Verfall müsst ihr euch schützen. Seid also Christen, die immer und überall sich vor Gott wissen, am Alltag wie am Sonntag, in der Werkstätte wie in der Kirche, in Erholung und Sport wie in ernster Arbeit, im wogenden Leben draußen wie in Heim und Familie. Dieser Wandel vor Gott verlangt den ganzen Menschen. Man hört bittere Klage über eine geradezu sinnlose Sucht nach Vergnügen und Luxus; ihr werdet Front dagegen machen und euch selbst dort Halt gebieten, wo die christliche Einfachheit und der Ernst der Zeit die Grenzlinie ziehen. Beängstigend ist ferner das Abgleiten der öffentlichen Sittlichkeit. Wenn der Staat auf dem Wege der Gesetzgebung Dämme aufwirft gegen Verführung und Schmutz in Wort, Bild und lebendiger Darstellung durch Film und Bühne, so tut er seine selbstverständliche Pflicht. Allein das stärkste Bollwerk gegen die Flut der Sittenlosigkeit müsst ihr selber sein, durch euren festen und harten Willen, nicht mitzutun, wo das Gebot Gottes und die Würde des Menschen mit Füßen getreten werden; durch euren festen und harten Willen, selbst Besseres zu schaffen, das Gott und seine Rechte nicht einfach übergeht, das erhebt, läutert und heiligt. Die Losung der Stunde heißt wahrlich nicht auflockern und nachgeben, sondern standhaft sein, treu stehen zu Gottes Gebot und heiliger Sitte, wie je in den besten und schwersten Zeiten, welche die Kirche erlebt hat. Nur Jugend, die so denkt und handelt, wird einmal ein glückliches und menschenwürdiges Ehe- und Familienleben aufbauen können; nur solche Jugend darf es einmal wagen, an Gottes Altar zu treten und sich vorbehaltlos dem Dienst des Herrn zu weihen. Mit Feigheit wird der Himmel nicht erstürmt; er wird nur gewonnen mit Mut und Opferbereitschaft.
Der katholische Glaube verpflichtet euch aber auch den anderen gegenüber: gegenüber den vielen, die aus euren eigenen Reihen sich verloren haben und in die Irre gegangen sind. Es darf euch keine Ruhe lassen, bis ihr sie zurückgeführt habt. Dann gegenüber jenen, die nicht wie ihr das Glück hatten, dass ihnen der wahre Glaube gleichsam in die Wiege gelegt wurde, die aber nach ihm suchen und sich nach ihm sehnen. Die kostbarste Hilfe, die ihr ihnen zu bieten vermögt, eine Hilfe, ohne die andere Wege oder Versuche zur Wiedervereinigung der Durchschlagskraft entbehren, ist das Gebet und das Beispiel eines in sich geschlossenen, wahrhaft katholischen Lebenswandels. Wenn Wir euch aufrufen, mit der Gnade Gottes die religiösen Kräfte des katholischen Menschen in euch zu entwickeln, so tun Wir dies auch in der festen Überzeugung, dass jene, die echte Glieder der Kirche sind, dadurch auch echte Glieder der menschlichen Gesellschaft sind. Dies glauben Wir euch, der katholischen Jugend Deutschlands, gerade im gegenwärtigen Augenblick sagen zu sollen. Ein lastendes Erbe der Vergangenheit, eine mühsam gewonnene und behauptete Gegenwart, eine sorgenumdunkelte Zukunft kennzeichnen die Lage eures Vaterlandes.
Zweifach ist die Gefahr, die hier der Jugend droht. Selbstsüchtig, nur in sich gekehrt, entziehen sich die einen nach Möglichkeit der Verpflichtung für das Vaterland; sie stehen den Dingen des öffentlichen Lebens teilnahmslos gegenüber und suchen ausschließlich irgendwie und irgendwo ihr eigenes Wohlergehen. Andere erwarten und erstreben nur schnelle Lösungen, einen Aufstieg von heute auf morgen. Katholische Jugend darf weder zu den einen noch zu den anderen gehören.
Gewiss, manch jungen Deutschen mag Bitterkeit überkommen, wenn er heute an sein Vaterland erinnert wird. Zerstörte, verlorene Heimat; zerredete, missbrauchte Worte über nationale Belange; der Alltag verzehrt von der Sorge um das materielle Dasein; der Sonn- und Feiertag bedroht von der Flut sinnlichen Genusses: soll dies das Vaterland sein? Aber der Christ sieht mehr und sieht tiefer. Er sieht auch das, was aus Gottes Mitgift der Heimat und dem Volk geblieben ist oder nach dem Zusammenbruch wiedergeschenkt wurde, und was sich in den Millionen und aber Millionen gerade der Stillen im Lande zum Besten aller auswirkt: ein gesunder Familiensinn und der feste Wille zur staatlichen Existenz, zum Aufbau einer Rechts- und Friedensordnung nach innen und nach außen. Gerade dies ist der Segen eures Unglücks, dass euch nach dem Überschwang des Nationalsozialismus die Augen für diese beiden unentbehrlichen Grundmauern des Daseins eines jeden Volkes wieder geöffnet wurden. In der Tat: ein Volk kann ohne jene Werte nationale Größe nicht bewahren - dies zeigte die Vergangenheit -, es kann aber mit ihnen nationale Würde bewahren - dies zeigt die Gegenwart. Deutschland hat anderen Völkern, die der Versuchung ausgesetzt sein mögen, das Nationale zu übersteigern, eine bittere Erfahrung voraus. Möge es dieses Wissen nie mehr verlieren!
Katholische Jugend Deutschlands! Heute ist weniger als je Ort und Zeit für Klassenkämpfe, für den Egoismus wirtschaftlicher und sozialer Gruppen, für die Schicht jener, die nur fordern und nichts geben. In der Selbstdisziplin des Bürgers liegt die Stärke des Staates, zumal des demokratischen, wenn er dies ganz echt und in Wahrheit sein will. Seid also treu der Stimme und dem Willen des Schöpfers und stellt euch dem Staat zur Verfügung zum Aufbau jener dauerhaften Rechts- und Friedensordnung nach innen und nach außen ... "(12)
In einem Schreiben an den Kongress des Internationalen Verbandes der christlichen Arbeiterbewegung, der im Mai 1955 in Düsseldorf tagte, äußerte sich der Heilige Vater am 8. Mai 1955 über Fragen der jugendlichen Arbeiter:
" ... Das Bild einer auf internationalem Feld geeinten katholischen Arbeiterschaft mag vor allem Ihre Jugend anziehen und begeistern. Aus nicht wenigen Ländern kommen Klagen, dass der junge Mensch, gerade wenn seine engsten persönlichen, meist materiellen Interessen einigermaßen gesichert sind, für die Fragen und Notwendigkeiten der Allgemeinheit wenig aufgeschlossen ist. Er hält sich von ihnen fern. Indes kann es doch nicht sein, dass er nicht ansprechbar wäre. Er darf nicht versagen gerade jetzt, wo vielfach lang gehegte Bestrebungen der Arbeiterschaft im gesellschaftlichen Leben Wirklichkeit werden. Ihr internationaler Zusammenschluss möge den Eifer des jungen Arbeiters für die katholische Sache und ihre Ausstrahlung in das ganze Dasein anspornen; sie möge Wege und Mittel finden, dass er seinen geistigen Horizont erweitere.
Wir sehen in Ihrem internationalen Zusammenschluss die Gewähr, dass in weiten Kreisen des schaffenden katholischen Volkes eine einheitliche Linie wirksam wird, den Staat und die Gesellschaft zu gestalten. Gerechtigkeit und Liebe in den persönlichen Beziehungen der Menschen leiden fast überall, weil man, und das gerade im Namen der Gerechtigkeit und Liebe, zuviel oder am falschen Platz organisiert hat. Der Soziallehre der Kirche entspricht das nicht. Man soll das Gewissen, die persönliche Verantwortung nicht wegorganisieren; man soll die kleineren Lebenskreise erhalten oder wieder anregen; man soll von unten her der Verantwortlichkeit der Menschen für ihre gemeinsamen Ziele wieder Raum schaffen. Dann wird auch der Staat auf Bürger zählen können, die von ihrem Stimmrecht guten Gebrauch zu machen wissen, und auf Volksvertreter, die nicht wie Schilfrohr im Winde zufälliger und unsachlicher Interessen sind. "(13)
In einer Ansprache an italienische Landwirte vom 18. Mai 1955 kommt Papst Pius XII. auf Fragen der Ausbildung der ländlichen Jugend und den Schutz der Landfrau zu sprechen. Zunächst nimmt er Worte aus seiner Rede vom 29. Februar 1952 auf:
" ... Bemüht euch, die ländliche Jugend zu gewinnen; zeigt diesen jungen Menschen ein vom Herzen kommendes Interesse: bildet sie und bereitet sie durch Sonderkurse auf ihre Pflichten als Landleute vor. Erzieht sie zu weitläufigeren und höheren geistigen und sozialen Gesichtspunkten ... "(14)
Dann fährt der Heilige Vater anschließend fort:
" ... Diese Ermahnung habt ihr kindlich befolgt. Nun könnt ihr die Jugend zu beruflichen und gewerkschaftlichen Vorbereitungskursen anhalten, die sie in die Lage versetzen werden, ihre Aufgabe fähig und mit der Sicherheit, ihrer sozialen Verantwortung gewachsen zu sein, erfüllen zu können.
Aber im Schoß der Bauernfamilie füllt die Frau, über ihre Aufgabe als Mutter und Frau hinaus, einen mehr oder minder wichtigen Platz im Betrieb selbst aus. Eine Bauerngenossenschaft müsste sich darum bemühen, die Landfrau für die Teilnahme am Genossenschaftsleben zu interessieren. Ihr könnt schon mit Genugtuung auf die Frucht eurer Anstrengungen in dieser Hinsicht zurückblicken.
Auf diese Weise wird euch die Familienstruktur eurer Wirtschaft die große Versuchung unserer Tage besiegen lassen, der so viele erliegen: die Versuchung nämlich, das Streben nach einem immer höheren Lebensstandard und einer immer gesteigerteren Produktivität der Arbeit mit dem Verlangen nach Wohlstand zu verwechseln. Denn die Familie repräsentiert auch in der Wirtschaft das Dauerhafte, das der Reihe der kommenden Generationen Sicherheit gibt. Die bloße Fülle von Gütern zu billigem Preis, die bloße Erleichterung und Herabsetzung der Anstrengung der Arbeit sind ein zweifelhaftes Ergebnis, weil sie die Sorge um die Zukunft nicht aufheben, sondern eher noch steigern, insofern sie die ungeordneten Begierden wecken und den Menschen niemals befriedigen."(15)
Da für die Mehrzahl der weiblichen Jugendlichen der Sport die erste und beste Erholung bietet, ist uns die Meinung des Papstes auch in diesem Punkte von großem Wert. Mehrmals nahm Pius XII. vor Verbänden des Sports Stellung zu dieser Frage, so Pfingsten 1945, im November 1951, vor allem aber am 8. November 1952, als er die Teilnehmer des Wissenschaftlichen Nationalkongresses für Sport und Leibeserziehung empfing. Im gleichen Jahr hatte er am 8. März 1952 in einer Audienz den Pfarrern und Fastenpredigern der Stadt Rom gesagt:
"Zweifellos ist in den letzten fünfzig Jahren viel auf geistigem Gebiet getan worden. Aber wenn in der Vergangenheit große Ergebnisse erzielt worden sind, um den damaligen Nöten des Augenblicks zu begegnen, haben diese nicht aufgehört, mit immer größerer Schnelligkeit zu wachsen. Es wäre notwendig, dass die Gläubigen und besonders die Jugend überall in der Pfarrei, in den Vereinigungen, in den bestehenden katholischen Organisationen die Befriedigung ihrer angemessenen Erwartungen finden würden. Sonst werden sie sie anderswo suchen, und zwar da, wo ihr christliches Leben und selbst das Heil ihrer Seelen den größten Gefahren ausgesetzt sein würden. So haben Wir beispielsweise gebilligt, dass auch die weibliche Jugend in ihren Organisationen die Möglichkeit zu einer gesunden sportlichen Tätigkeit erhält. Denn wohin würden andernfalls vielleicht manche gehen wollen? Man wagt es nicht zu sagen, aber man weiß es nur allzu gut."(16)
In der November-Rede 1952 gibt Pius XII. mehrere Richtlinien, von denen einige hier angeführt werden sollen. "Die gesunde Lehre lehrt, den Leib zu achten, aber ihn nicht über das rechte Maß hinaus zu achten. Die Maxime lautet so: Sorge für den Körper, Kräftigung des Körpers, ja; Kult und Vergöttlichung des Körpers, nein - ...
Die Triebe und Kräfte des Leibes drängen sich hervor, ersticken die Stimme der Vernunft und überwiegen die Energien des guten Willens seit dem Tage, an dem ihre völlige Unterordnung unter den Geist mit dem Sündenfall verlorenging.
Beim intensiven Gebrauch und der Übung des Leibes muss man dieser Tatsache Rechnung tragen. Wie es eine Gymnastik und einen Sport gibt, die mit ihrer Strenge dazu beitragen, die Triebe zu zügeln, so gibt es auch andere Formen von Sport, die sie wecken, sei es durch gewalttätige Kraft oder durch Verführung der Sinne. Auch von der ästhetischen Seite her kann der Trieb mit der Freude an der Schönheit, mit der Bewunderung des Rhythmus in Tanz und Gymnastik sein Gift in die Seele träufeln. Zudem gibt es beim Sport und bei der Gymnastik, bei der Rhythmik und dem Tanz eine gewisse Nacktkultur, die weder nötig noch anständig ist. Nicht ohne Grund hat vor einigen Jahrzehnten ein völlig unparteiischer Beobachter gesagt: ,Was die Masse auf diesem Gebiet interessiert, ist nicht Schönheit des Nackten, sondern die Nacktheit des Schönen.' Vor dieser Art, Gymnastik und Sport zu treiben, legen das religiöse Gefühl und die Moral ihr Veto ein. Mit einem Wort: Sport und Gymnastik dürfen nicht befehlen und herrschen, sondern müssen dienen und helfen. Das ist ihre Aufgabe und darin finden sie ihre Rechtfertigung. "(17)
Das Thema der christlichen Sporterziehung griff Papst Pius XII. nochmals am 9. Oktober 1955 in einer Ansprache an die Mitglieder des italienischen Sportverbandes "Centro sportivo italiana" auf.
" ... Die Jugend möge in erster Linie davon überzeugt sein, dass die Pflege des Leibes kein Selbstzweck ist, sondern der intellektuellen und sittlichen Vervollkommnung der Seele dienen muss; dass sportliche Betätigung sie nicht an der Erfüllung ihrer Standespflichten als Studenten, Arbeiter, Angestellte hindern darf, sondern ihnen deren Erfüllung vielmehr, zum mindesten indirekt, durch Freilassung von Kräften erleichtern soll; dass kein Motiv den Sportler von der Achtung vor dem allgemeinen Sittengesetz mit seinem dreifachen Gegenstand: Gott, die Familie und Gesellschaft, und die eigene Person, dispensiert ...
Positiv wird die Sporterziehung sich das Ziel setzen, die Fähigkeiten der Intelligenz und des Willens, zumal bei den Wettkämpfen, zu entwickeln: die erstere soll die jungen Menschen zum Nachdenken, zum Überlegen, zur vorausschauenden Kräfteökonomie, zur intuitiven Einschätzung der taktischen Manöver des Gegners befähigen, um den richtigen Moment für den Einsatz der eigenen Kraftreserven und der eigenen Geschicklichkeit zu erkennen. Schwieriger ist die Erziehung des Willens, dessen Standhaftigkeit man im Wettkampf als das entscheidende Element für einen guten Erfolg betrachten kann, während er gleichzeitig auch der offensichtlichste Gewinn ist, den der Jugendliche aus dem Sport für sein Leben als Mensch und Christ ziehen kann. Alles kann zu dieser Erziehung beitragen: das Bewusstsein der Pflicht, das rechtmäßige Verlangen nach dem Sieg, das kleine Opfer wie die Freude und das richtige Ehrgefühl.
Der zum Wettkampf wohl vorbereitete Wille manifestiert sich in der sorgfältigen methodischen Vorbereitung, in der Beharrlichkeit nach einem schlechten Ausgang, im Widerstand gegen den Stärkeren, im Ertragen der Unbequemlichkeiten, im Wagemut und in der Selbstüberwindung... Die sportliche Erziehung will außerdem die Jugend zu den dieser Betätigung eigentümlichen Tugenden erziehen. Das sind unter anderem Ehrlichkeit, die es nicht gestattet, seine Zuflucht zu Listen zu nehmen, Fügsamkeit und Gehorsam gegenüber den vernünftigen Anordnungen derer, die eine Mannschaftsübung leiten, der Geist des Verzichtes, wenn einer im Schatten bleiben muss zum Nutzen der eigenen ,Farben', Treue gegenüber den Verpflichtungen, Bescheidenheit beim Sieg, Hochherzigkeit gegenüber den Besiegten, Gleichmut, wenn man Pech hat, Geduld gegenüber dem nicht immer maßvollen Publikum, Gerechtigkeit, wenn der Wettkampf mit finanziellen Interessen verknüpft ist, über die man freiwillig Verträge eingegangen ist, und ganz allgemein Keuschheit und Mäßigkeit, wie sie schon die Menschen der Antike empfahlen. Alle diese Tugenden sind, wenn ihr Gegenstand auch eine physische, äußere Betätigung ist, echte christliche Tugenden, die sich ohne einen tiefinneren religiösen Geist nicht in hervorragendem Maße erwerben und ausüben lassen, und, so möchten Wir hinzufügen, auch nicht ohne häufige Zuflucht zum Gebet.
Wenn der Sport auf diese Weise ausgeübt und in den übernatürlichen Bereich eingeordnet wird, so wird er fast zu einer Askese, da ja der heilige Apostel Paulus dazu ermahnt, alles, was der Christ tut, zur Ehre Gottes zu tun (vgl. 2 Kor 10, 31) ...
Wenn der Sport in christlichem Sinn aufgefasst wird, ist er schon von selbst eine wirksame Schule für jenes große Wagnis, das das irdische Leben ist, dessen Ziele die Vollkommenheit der Seele, der Lohn der ewigen Seligkeit, die unvergängliche Glorie der Heiligen sind. Von diesem höchsten Wettkampf gibt der Sport nur ein schwaches Abbild, doch mit welchen Unterschieden! Während man an den sportlichen Übungen teilzunehmen frei ist, müssen bei dem geistigen Wettkampf alle mitmachen und ausharren; während bei jenen ein einziger von vielen die Palme gewinnt, ist die Siegesgöttin bei diesem bereit, alle und jeden zu krönen; vor allem aber, wo bei jenem, wenn die Kräfte versagen, nichts anderes übrigbleibt als sich zurückzuziehen und sich besiegt zu erklären, ist bei diesem die Kraft Gottes selber stets bereit, die nachlassenden Kräfte wieder zu heben und zu stärken, denn Er will alle Menschen heil und siegreich sehen. Daher ermahnen Wir euch, geliebte Jugend, in eurer Lebensfreude, Kraft und Begeisterung, das Beste eurer Ambitionen und Kräfte für diesen geistigen Wettkampf aufzusparen im festen Vertrauen darauf, dass ihr siegreich die Palme gewinnt durch unbezwinglichen Willen und mit der Gnade und dem Beispiel des einzigen Besiegers der Welt, Christus ... "(18)
Eine der großen Sorgen des Papstes in der Erziehung der Jugend gilt einer guten religiösen Ausbildung. Diesen Wunsch drückt Pius XII. in sehr vielen Ansprachen an die Mütter aus, an Lehrer und Erzieher, an die Priester, an die Jugend selbst. So heißt es in einer Rede vor den Diözesan-Jugendseelsorgern Italiens vom 9. September 1953:
" ... Es bedarf präziser Ideen und tiefer Überzeugungen, weil diese die Begeisterung, die Widerstandskraft, die Hochherzigkeit wecken, während man wenig oder nichts mit jungen Menschen erreicht, die zerstreut, träge und oberflächlich sind. Man hüte sich vor bloßen Gedächtnisformeln, deren Sinn nicht verstanden worden ist. Deshalb betonen Wir die dringende Notwendigkeit einer genauen und vollständigen katechetischen Durchbildung, die gewiss nicht die Hilfe des Gedächtnisses und des Gemütes außer acht lassen soll, die sich aber doch auf die Vernunft stützt und zum Beispiel klar hervorhebt, dass der aufrichtige und bewusste Akt des Glaubens ein durchaus rationaler und überlegter menschlicher Akt ist. Vermittelt den jungen Menschen eine möglichst organische Schau der katholischen Lehre! Wirket dahin, dass sie in Jesus die Befriedigung des lebendigen Bedürfnisses ihrer Vorstellungswelt nach Fülle, Harmonie und Licht erblicken. Dennoch macht kein Studium und keine noch so ernste Beschäftigung einen Menschen unfehlbar; um wie viel weniger die Jugendlichen, die wegen ihres Mangels an Erfahrung mehr als die Erwachsenen der Gefahr des Irrtums ausgesetzt sind. Deshalb muss sich in einem jungen Katholiken der Reichtum an klaren Ideen mit einem gelehrigen Willen verbinden. Das besagt nicht, wie einige vielleicht glauben, dass der junge Mensch schlapp, träge und unfähig zu eigenem Urteil werden müsste und damit fast unbrauchbar für die Kirche, die ihn voll von erfinderischem, unermüdlich lebendigem Geiste sehen möchte. Aber andererseits muss er einen Willen besitzen, der stark genug ist, dem Willen dessen, den er über sich gesetzt sieht, in sich aufzunehmen und sich zu eigen zu machen. Wer kann und soll denn nun über die jungen Katholiken wachen und sie schützen? Selbstverständlich der Jugendseelsorger. Wenn er das Steuer mit Festigkeit und Takt zu handhaben versteht, wird er seine Gruppe nicht davon gleiten sehen, um so weniger, als ja auch die Laienführer ihrerseits sich nach geeigneter geistlicher Führung sehnen und froh darüber sind. Besonders ist es notwendig, die Empfehlung auszusprechen, dass in der Pfarrei, in der Diözese und in der Hauptstelle nichts in Druck gegeben wird, was der geistliche Assistent nicht zuvor geprüft hat. Wenn die jungen Menschen klare Ideen, tiefe Überzeugungen und einen starken und gelehrigen Willen besitzen, könnt ihr sie mit um so größerem Erfolg auf große Aufgaben hinweisen, die sie im Leben erwarten ...
Eine Aufgabe aber gibt es, der alle Jugendlichen entgegentreten müssen, welches auch immer ihre besondere Berufung ist. Die Stunde der Gegenwart ist in Wahrheit die Stunde des Evangeliums, nachdem die Systeme und Lehren, die Gott entbehren zu können meinten, gescheitert oder am Scheitern sind. Wir brauchen deshalb junge Menschen von kompromissloser Gläubigkeit, mit der Bereitschaft, auf die Mittelmäßigkeit zu verzichten und der Zweideutigkeit zu entsagen, wenn sie ihr verfallen waren; junge Menschen, die das Leben in Gott ersehnen und es in Fülle ersehnen; junge Menschen, die beim Studieren oder Arbeiten, beim Reden, Beten und Ertragen die leidenschaftliche Liebe zu Jesus und zu den Seelen der Menschen als verzehrende Flamme im Herzen tragen. "(19)
Nur wenige Tage später, am 30. September 1953, nimmt Pius XII. das Thema der religiösen Ausbildung in einer Ansprache vor etwa 800 Schülern und Schülerinnen italienischer höherer Schulen, die der religiös-kulturellen Bewegung "Veritas" angehören, auf. Der Papst gibt ihnen drei Richtlinien:
"1. Niemand wird von euch nach Ausbreitung und Tiefe die Bildung erwarten, die der Besuch eines regelrechten Kursus der Theologie verleiht; aber hüten sollt ihr euch vor gewissen kleinen Handbüchern der Religion, die durchaus ungenügend für gebildete Menschen sind, und von einer Oberflächlichkeit, die sich leicht Illusionen hingibt und dann zu den unvermeidlichen Enttäuschungen führt, denen der ausgesetzt ist, der sich zum Beispiel mit mnemotechnischen Formeln begnügt.
Es ist sicher - und Wir ergreifen gern die Gelegenheit, es zu betonen -, dass die katholische Jugend in jedem Bildungszweig hervorragen muss: das ist die Pflicht, und die Kirche verlangt es, denn sie muss heute wie seit je die christliche und menschliche Kultur gegen die Angriffe eines oft gut verkleideten Materialismus verteidigen. Aber es ist ebenso gewiss, dass die ständig wachsende Ausbildung eures historischen, literarischen, wissenschaftlichen Wissens ohne eine entsprechende Vertiefung der Religion für eure Seelen außerordentlich gefährlich sein könnte ... Gebt euch nicht zufrieden, ehe ihr, soweit eben möglich, in den tiefsten Sinn der religiösen Wahrheiten eingedrungen seid und ehe nicht die Wahrheit selber tief in euch eingedrungen ist: in euren Verstand, eure Phantasie, euer Herz, euer ganzes Wesen.
2. Das eifrige, aufmerksame und tiefgehende Studium wird nicht nur die Grundlagen eures Glaubens sichern, sondern auch die Klippen des Zweifels vermeiden oder überwinden lassen: eine andere Gefahr, der die Seele des jungen Menschen ausgesetzt ist. Wir wollen hier nicht von dem Zweifel sprechen, den man ,dynamisch' nennen könnte und der fruchtbar, konstruktiv ist, von dem Zweifel also, der am ,Fuß der Wahrheit entspringt' und Antrieb zu erneutem Studium und zu neuen Eroberungen gibt. Wir meinen vielmehr den ,statischen' Zweifel, dessen Wurzeln fast immer in der Unwissenheit oder zum mindesten in der geringen und unvollkommenen Kenntnis liegen ... Habt keine Angst, dass euer Verlangen nach Klarheit, euer Forschergeist - wie manche irrigerweise glauben - gegen die Klippe irgendeiner abweichenden wissenschaftlichen Wahrheit prallen könnte. Die wahre Wissenschaft kann niemals gegen den Glauben sein, weil keine Wahrheit je in wirklichem Widerspruch zu einer anderen Wahrheit stehen kann, da ein und derselbe, der wahre Gott, der Urheber jeglicher Wahrheit ist.
3. Wir fügen, geliebte Söhne und Töchter, ein letztes Wort hinzu, und Wir möchten es euch mehr mit dem Herzen als mit den Lippen sagen. Nur zu oft wird der Zusammenbruch des Glaubens bei der Jugend nicht von der geringen Gründlichkeit ihrer religiösen Bildung noch von den Klippen des Zweifels verursacht, sondern vom Sumpf einer Leidenschaft, die heute mehr denn je ihre Opfer fordert, weil der Teufel und die Söhne des Teufels die Angriffe auf eure Tugend ins Unabsehbare gesteigert haben ...
Wenn die Seelen fast blind geworden sind, bedarf es einer wahren Sturzflut von Gnadenlicht, um die Dunkelheit zu zerstreuen und sie aus der Betäubung zu wecken.
Hört, geliebte Söhne und Töchter, auf die beschwörende Stimme eures Vaters: schaut nach oben, wie es menschlichen Wesen geziemt, ja erhebt den Blick immer höher, bis über die Sterne, wie es Kindern Gottes ansteht. Dort im Himmel ist euer Vaterland; dort wartet auf euch Gott, euer Vater, mit seiner Krone, seiner Ehre, seiner Freude ... "(20)
Im Marianischen Jahr 1954 fand ein Weltkongress der "Töchter der unbefleckten Jungfrau Maria" statt. Bei dieser Gelegenheit sprach der Heilige Vater am 17. Juli in St. Peter zu den Teilnehmerinnen gütige, aber ernste Worte über die religiösen und sittlichen Pflichten von Marienkindern:
"Setzt großes Vertrauen in die Fürsprache der Allerseligsten Jungfrau und bittet sie inständig, euch zu helfen, eure Versprechen zu halten. Ihr könnt ihnen wahrhaftig ohne besondere Hilfe nicht treu bleiben, denn in jeder Beziehung verführt euch die Welt zur Ungebundenheit, Leichtfertigkeit, ja oft zur Sünde; während ihr treu versucht, das Gute zu tun, dringt sie durch ihre Bilder, ihre Reklame, ihre Schauspiele in euch ein und sie drängt eurem Geist ihre Lebensregeln, eurem Geschmack ihre Mode auf, und ihr werdet allein ihren Hinterhältigkeiten und Entartungen nicht entgehen. Das ist der Grund, weshalb eure Vereinigung eine von Gott vorgesehene Hilfe darstellt, indem sie euch erleuchtet und euch Halt bietet im geistigen Kampf, der sich notwendigerweise zwischen der Welt und euch ergibt.
Ihr benötigt vor allem eine ernste religiöse Bildung. Die Erklärung des Katechismus, die ihr im Alter von zehn oder zwölf Jahren erhalten habt, wird nicht für das ganze Leben genügen, selbst wenn sie noch so sorgfältig gewesen ist. Im gleichen Verhältnis, wie ihr heranwachst, werdet ihr neuen Schwierigkeiten und Problemen begegnen, welche Aufklärung und Beratung durch jene verlangen, die im Namen der Kirche zu euch sprechen. Es muss euch auch Herzenssache sein, die Zeitschrift eurer Vereinigung zu lesen, die sich an eine gewaltige Zahl von Bezieherinnen wendet und die, durch eine umfangreiche Information unterrichtet, auf die Fragen antwortet, die jedes Marienkind sich stellt.
Studiert daneben selbst die christliche Lehre aus den Werken, die man euch angeben wird; betrachtet die großen Mysterien, welche die Frömmigkeit stärken; lest die Evangelien, in denen der göttliche Meister in seinen Worten der Wahrheit und in seinem barmherzigen Wirken in der erhabenen Einfalt seines gütigen und demütigen Herzens weiterlebt. Macht euch gern mit dem Leben der Heiligen, diesen Helden des Christentums, die so menschlich und zugleich so mutig sind, vertraut und sucht darin alles, was euren Glauben fördern, vertiefen und stärken kann.
Ihr lebt tatsächlich in einer Welt, die Gott und das Jenseits vollständig vergessen hat, in der die einzige Beschäftigung der Menge in der Befriedigung der zeitlichen Bedürfnisse liegt, im Wohlbefinden, im Vergnügen und in der Eitelkeit. Um eure Freiheit diesem eigennützigen Anruf gegenüber zu bewahren, der sich allseits an euer Sinnen, an euer Begehren wendet, der eure Aufmerksamkeit, eure Zeit, euer Geld, oft selbst euer Herz in Anspruch nimmt, müsst ihr in euch eine geistige Festung aufrichten, in der ihr in Sammlung und Schweigen euch beständig bemühen müsst, ehrfürchtig auf die Stimme Gottes zu lauschen; in einem Wort, habt ein inneres Leben, das von einem festen und erleuchteten Glauben genährt wird!
Dieser Grund allein würde genügen, euch aufzurufen, euch zu vereinigen und gemeinsam die Lehre der Kirche zu studieren; aber darüber hinaus gibt es noch andere, die nicht weniger wichtig sind. In eurer Vereinigung werdet ihr nicht nur Erleuchtung, sondern auch Kraft finden. Ist das nicht ein mächtiger Halt im täglichen Wirken, dass ihr euch in so großer Zahl im Ideal eures christlichen Lebens einig wisst? Denn es genügt nicht, zu wissen, man muss auch entsprechend handeln. Man muss wagen, sich ohne Rücksicht auf menschliches Ansehen bloßzustellen. Die klare Haltung, die ein junges Mädchen, das für sich allein steht, kaum zu zeigen wagt, werden mehrere, die gemeinsam betrachtet und gebetet haben, ohne Furcht annehmen. Es ist überflüssig, hier viele Einzelheiten anzugeben. Ihr kennt sehr wohl die Punkte, in denen die christliche Moral von der Jugend eine großmütige Anstrengung und eine entschiedene Haltung verlangt: es sind da vor allem das Benehmen, dann die Gespräche, die Lektüre, die Schauspiele, die Bekanntschaften. Wie viele jungen Mädchen glauben nichts Böses zu tun, wenn sie gewisse schamlose Moden mitmachen. Sicherlich würden sie erröten, wenn sie eine Vorstellung von dem Eindruck und den Gefühlen derjenigen hätten, die sie anschauen. Sehen sie das Unrecht nicht, das durch manche Ausschreitungen in Turn- und Sportübungen verursacht wird, die sich für tugendhafte junge Mädchen nicht schicken? Wie viele Sünden werden begangen oder hervorgerufen durch allzu freie Gespräche, durch unanständige Schauspiele, durch gefährliche Lektüre! Wie sind die Gewissen lax geworden und die Sitten heidnisch! Die Mehrzahl von euch, liebe Marienkinder, sieht ihre Bestimmung in der Ehe. Bemüht euch bei euren Versammlungen, unter der klugen Führung erfahrener Berater, im Lichte eurer zukünftigen Verantwortung zu erkennen, welches euer Verhalten in der Gegenwart sein muss und wie man sich in würdiger Weise auf die hohe Aufgabe einer Familienmutter vorbereitet. Wie werdet ihr vor Gott die Seele eurer Kinder verantworten können, wenn ihr nicht schon jetzt euch selbst die Zurückhaltung und die Selbstzucht aufzuerlegen versteht, ohne die es unmöglich wird, die Gebote Gottes zu beobachten und die Pflichten eines Erziehers zu erfüllen.
Und wenn die Gnade Gottes euch zu einem Leben der Vollkommenheit einlädt, dann habt Furcht davor, dass ihr gegenüber seinem Ruf taub bleiben und euch eines so großen Geschenkes unwürdig machen könntet durch Nachlässigkeiten und schuldhafte Sinnlichkeit." ...
Zum Schluss empfiehlt der Papst den jungen Mädchen nochmals dringendst, auf das Beispiel der Gottesmutter zu schauen und sich ihr, die Jesus selbst vor seinem Tode uns zur Mutter schenkte, anzuvertrauen.(20)
Wie somit aus den vorhergehenden Ansprachen zu entnehmen ist, legt Pius XII. den größten Wert auf eine tiefgründige und allseitige Ausbildung der Jugendlichen, zumal in der Religion. Dies Verlangen hat der Papst in allen Reden vor Studenten und Akademikern, in denen er sie zur Verantwortung, zur geistigen Führung erzieht, immer wieder zum Ausdruck gebracht, von seiner ersten großen Ansprache vom 20. April 1941 an, die er vor italienischen Studierenden hielt.
.In der Aufrichtigkeit des wahren Christen sind die Wahrheit des Glaubens und die Ordnung der Sitten unzertrennlich, weil die Kenntnis von den göttlichen Dingen die notwendige Grundlage für ein gutes Leben und den Lebensweg aufzeigt und erhält.
Ebenso wie ein intellektuelles müßt ihr auch ein inneres moralisches Leben besitzen: es sind also zwei Leben, die ein einziges bilden, das Leben des Kämpfers, der auf seiner Stirne das Zeichen des guten Soldaten Christi trägt. "22
Ostermontag 1947 äußerte er sich französischen Studenten gegenüber:
.Wer wird siegen? ... Der Geist des Bösen, der nie ruht, verdoppelt in diesem Augenblick seine Anstrengungen im Kampf gegen die heilige Kirche und gegen jede geordnete menschliche Gemeinschaft, gegen Gott selbst und gegen Christus. Die Hartnäckigkeit, die er dabei entfaltet, könnte darauf schließen lassen, dass dieser Kampf vor einem endgültigen Abschluss stände, wenn man nicht wüsste, dass er so lange wie die Welt dauern wird und dass er mit dem Sieg Gottes und dem endgültigen Triumph der Kirche endet. Inzwischen setzt dieser Geist des Bösen seine Zerstörungen fort; seine Opfer sind zahllos: Opfer, die sich blindlings besiegen, mitreißen, von ihm unterjochen lassen; und Opfer - und das sind glückliche, wenn auch schmerzliche Opfer -, die sich die heilige Freiheit der Kinder Gottes nur um den Preis heldenhafter Leiden bewahren. Wer wird siegen? Die Starken! Die Starken aber seid ihr, ihr, die Jungen, die wahrhaft Jungen, deren Jugend sich gesund und kräftig entfaltet, deren Geist gerade dem Licht des Wortes Gottes entgegenwächst, deren Herz rein, stolz und großmütig den Geist des Bösen zuerst in sich selbst hat besiegen können. ,Fortes estis, verbum Dei manet in vobis, vicistis maiignum.' Man weiß nur zu gut, dass eure Jugend der erste Einsatz in diesem Kampf ist. Sie will man vor allem haben. Wenn der Geist des Bösen sie einzuschüchtern oder zu verführen sucht, um sie für sich zu gewinnen, um sie in seine Armee, in seine Stoßtruppe einzureihen, dann ruft auch die Kirche sie zur Tat auf; und Wir selber sagen euch laut, dass Wir auf euch zählen. Ihr seht ja auch, wie sehr Wir Uns für alles interessieren, was euch betrifft, für euren Schutz, für euren Fortschritt, für eure Tätigkeit in jedem Bereich, dem physischen, geistigen, sittlichen und übernatürlichen ... "(23)
In einer Ansprache an französische Dozenten und Studierende am Karsamstag 1949 heißt es:
"Es ist offenkundig, dass die Welt heute mehr denn je von einem Rausch des Wissens ergriffen ist, nicht mehr wie einst in den mit Unrecht für kenntnislos gehaltenen Zeiten, wo doch jeder den Wunsch hatte, mit der Kenntnis der zu einem würdigen und ehrenhaften irdischen Leben und zum ewigen Heil notwendigen Dinge auch eine möglichst gründliche Kompetenz in allem, was zu seiner Kunst und zu seinem Handwerk gehörte, zu erwerben. Heute will jeder alles wissen oder behauptet, alles zu wissen, begnügt sich jedoch mit einer oberflächlichen Tünche in den aller verschiedensten Fragen, gerade so viel, dass er zur Befriedigung seiner Eitelkeit damit glänzen kann. Ist diese Neugier ein Gut? Ist sie ein Übel? Ob sie nun dieses oder jenes sei, sie ist eine Tatsache, und diese Tatsache beherrscht die Mentalität des Volkes. Es ist sehr gefährlich und in trauriger Weise lächerlich, wenn man sich ohne die nötigen Kenntnisse und ohne Vorbereitung auf jede intellektuelle Weise in die Philosophie, Soziologie oder Wirtschaftslehre, in die Wissenschaften der Physik, Chemie und Biologie stürzen will. Aber noch einmal, es ist eine Tatsache; - sie beherrscht alles, und indem sie alles beherrscht, diktiert sie euch eure Aufgabe und Pflicht ...
Eure Aufgabe ist weit strenger und vielfältiger; denn sie besteht darin, die Wissenschaft, der ihr euch widmet, zu erwerben, auszubreiten, zu vertiefen, fortzuführen und zugleich ständig im Kontakt und in Beziehung zu den anderen Zweigen des Wissens zu bleiben und sie dann sozusagen in kleine Münze umzusetzen, um sie den Geistern zugänglich zu machen, so dass sie gerne aufgenommen und von ihnen assimiliert wird und vor allem, damit sie sie erleuchtet und nährt ...
Ein anderes Motiv verpflichtet euch zu der gewissenhaften gründlichen Mühe des Studiums und des Unterrichtes durch das Wort oder die Feder: ein Motiv der Würde und der Ehrfurcht. Was ist in der Tat der Gelehrte, der Schriftsteller, der Lehrer, der Redner, jeder Intellektuelle, wenn nicht in mehr oder minder hohem Maße irgendwie ,homo missus a Deo ... ut testimonium perhibiat de lumine', ,ein Mann, von Gott gesandt ... um Zeugnis abzulegen vom Lichte' (Joh 1, 7-8)? Wie er vom Gefühl dieser Würde durchdrungen ist, mit der Gott ihn bekleidet hat, muss er es auch von dem Gefühl der Ehrfurcht sein; Ehrfurcht vor allem gegenüber dem ewigen Lichte, dessen Widerschein auf die ganze Schöpfung zu werfen er beauftragt ist. Aber infolgedessen auch Ehrfurcht gegenüber der Wissenschaft selber, das heißt gegenüber der Wahrheit, die er niemals aus Selbstsucht oder Leidenschaft, aus Schüchternheit oder eitler Prahlerei verändern, verstümmeln oder dadurch auch diskreditieren darf, dass er etwas als Gewissheit ausgibt, was nur Hypothese oder Wahrscheinlichkeit ist. Ehrfurcht auch, fügen Wir hinzu, gegenüber der Sprache, die berufen ist, die Wahrheit mit einem Mantel von Licht und Schönheit zu bekleiden. "(24)
Gleichsam eine Fortsetzung bilden die Worte aus der Ansprache vom 22. September 1950 vor französischen Dozenten und Studierenden.
"Alle Wissenschaften haben eine direkte oder indirekte Beziehung zur Religion, nicht nur Theologie, Philosophie, Geschichte, Literatur, sondern auch die anderen Wissenschaften: Rechtswissenschaft, Medizin, Physik, Naturwissenschaften, Kosmologie, Paläontologie, Philologie. Selbst wenn sie keinerlei positive Beziehungen zu dogmatischen und sittlichen Fragen hätten, wären sie doch oft in Gefahr, sich in Widerspruch zu diesen zu setzen. Daher muss der Unterricht, auch wenn er nicht direkt die religiöse Wahrheit und das religiöse Gewissen berührt, doch ganz von Religion, von der katholischen Religion durchdrungen sein. "(25)
Am 15. Juni 1952 äußert Pius XII. vor den Studenten Roms die Gedanken:
" ... Wenn also jemand meinen sollte, für sein religiöses Leben genüge die kleine halbe Stunde der Sonntagsmesse, wie könnte er vermeiden, dass es abnimmt und erstarrt? Bedenkt außerdem, dass euch die religiösen Wahrheiten im Kindesalter und in der Schule in einer Form beigebracht worden sind, die dem Verständnis des Kindes und Halbwüchsigen entsprachen. Die intellektuelle Reife, die gestattet, Probleme und Zusammenhänge tiefer zu erfassen, ist erst mit den Jahren gekommen, und erst jetzt habt ihr sie vollkommen erreicht. Wenn ihr also, während ihr in den Profanwissenschaften von Stufe zu Stufe fortschreitet, in den religiösen Kenntnissen und im Leben des Geistes keine analogen Fortschritte macht, könnt ihr euch da wundern, dass ihr solchen Krisen unterworfen seid? Erkennt daher eure Verantwortung: Vervollkommnet das intellektuelle Verständnis eures Glaubens ständig und sucht nach den großen Normen der christlichen Tugenden. "(26)
Väterlich mahnend ruft er den Studierenden der Sorbonne am Osterfest 1953 zu:
"Geliebte Söhne und Töchter! Wenn Wir an euch eine Osterbotschaft richten, so wollen Wir gern folgendes sagen: Bleibt treu im Gebet, im täglichen persönlichen und glühenden Gebet; denkt an den Gnadenstrom der Sakramente, besonders der heiligen Eucharistie. Man hat euch das oft gesagt. Wir können Uns jedoch nicht enthalten, es zu unterstreichen, weil es von grundsätzlicher Wichtigkeit ist.
Fordert von euch moralische Anstrengungen, ohne euch mit dem Minimum zu begnügen. Die Kirche wird dann auch an euch Forderungen stellen können und muss es auch. Denn heute mehr denn je fordern ihre wichtigen inneren und äußeren Aufgaben - Wir sagen es mit allem Nachdruck - Christen, die fest im Glauben sind und ein makelloses Leben führen. Die Feigen erobern weder die Erde noch den Himmel.
Seid in eurem Studium und in euren wissenschaftlichen Forschungen davon überzeugt, dass zwischen den sicheren Glaubenswahrheiten und den erkannten wissenschaftlichen Tatsachen ein Widerspruch unmöglich ist. Die Natur und die Offenbarung kommen von Gott, und Gott kann sich nicht widersprechen. Lasst euch nicht verwirren, selbst wenn ihr hört, dass das Gegenteil nachdrücklich behauptet wird, selbst wenn die Forschung Jahrhunderte lang auf die Lösung von augenscheinlichen Gegensätzen zwischen der Wissenschaft und dem Glauben warten müsste. Übt Nächstenliebe durch die Tat und bestärkt euren Sinn für soziale Gerechtigkeit; aber übt eine soziale Gerechtigkeit für alle Stände und Klassen ... Erweitert euren Blick und euer Herz; dehnt sie auf alle Länder und Völker aus. Niemand verfügt wie die katholische Kirche über Kräfte der Versöhnung, des Verstehens, der Einheit, die fähig sind, auf die letzten tiefsten Überzeugungen einzuwirken, die das Leben beherrschen. Es ist die Pflicht der Kinder der Kirche, diese Kräfte in die Tat umzusetzen; aber besonders euch, die ihr zur führenden Schicht gehört, verpflichtet diese Mission.
Ihr habt Führer, die zu euch im Namen der Kirche sprechen; folgt ihnen, wie es der Jugend angemessen ist, und bereitet euch so auf die Aufgaben von morgen vor. Die Kirche rechnet auf euch. Vergrabt die Talente nicht, die ihr empfangen habt. Strahlt das Licht aus, seid das Salz der Erde, und ihr werdet darüber hinaus das reinste Glück genießen, das einem Menschen auf der Erde gegeben wird, nämlich Gott nachzufolgen."(27)
In Rom war im Jahre 1951 ein Zentrum für die katholische Jugend der Welt, die "Domus Pacis" gegründet worden, wo die Jugend zusammenkommen, Kurse abhalten und Ferien verleben sollte. Zu Studierenden und Jugendführern der italienischen Katholischen Aktion, die dort im Juli 1952 zu einem 14tägigen Ferienkurs zusammengetroffen waren, sprach der Papst bei einer Audienz vom 23. Juli über das Thema "Katholiken und übernatürliches Leben":
"Der Zusammenschluss der Welt macht bemerkenswerte Fortschritte trotz schwerer und nur langsam überwindbarer psychologischer Widerstände. Denn der technische Fortschritt, die wirtschaftlichen und politischen Notwendigkeiten und der Zwang zu gemeinsamer Verteidigung drängen dahin und scheinen genügend stark und motivkräftig zu sein, das Ziel zu erreichen. Diese Tatsache legt der Kirche und den Katholiken eine Pflicht auf, die wache Aufmerksamkeit und großen Ernst fordert.
Die Katholiken sind an erster Stelle befähigt, bei der Schaffung der Atmosphäre mitzuarbeiten, ohne die eine gemeinsame internationale Aktion weder Bestand noch Zukunft haben kann. Es ist die Atmosphäre der gegenseitigen Verständigung, deren grundlegende Elemente die folgenden sind: gegenseitige Achtung, gegenseitige Loyalität, die dem anderen ehrlich dieselben Rechte zugesteht, die man für sich selbst in Anspruch nimmt, und eine Haltung des Wohlwollens gegenüber den Menschen anderer Nationalität, wie sie Brüdern und Schwestern gebührt.
Die Katholiken der ganzen Welt sollten eigentlich immer in dieser Atmosphäre leben. Sie sind geeint im ganzen Reichtum ihres Glaubens, und das heißt im Erhabensten und Innerlichsten der menschlichen Natur, ebenso aber auch durch das, was ihr Glaube in das soziale und kulturelle Leben hineinstrahlt ...
Es gibt keine andere Gruppe von Menschen, die in der Breite und Tiefe so günstige Vorbedingungen für internationale Verständigung mitbrächte. Das legt den Katholiken schwere Verantwortlichkeiten auf. Sie müssen sich vor allem berufen fühlen, alle nationalen Beengungen zu besiegen und zu sprengen und die wahre brüderliche Begegnung zwischen den Völkern zu suchen ... Ihr kennt die Anstrengungen, die gemacht werden, eine europäische Kultur nicht-christlichen Charakters, Geistes und Wesens zu schaffen. Ihr habt als Kinder der Kirche - und deren sind in Europa weder zu wenige noch zu schwache - die heilige Pflicht, solchen Bestrebungen entgegenzutreten. Ihr werdet dem Europa der Zukunft einen unschätzbaren Dienst leisten, wenn es euch zu erreichen gelingt, dass die wahre christliche, auf dem katholischen Glauben gegründete Kultur überall der Achtung ihrer Kräfte und Freiheiten begegnet oder wenigstens das volle Bürgerrecht erhält ... "(28)
Am 26. Juli 1955 hielt der Heilige Vater in einer Audienz der Führerinnen der Belgischen Katholischen Aktion (Jeunesse Indépendante Catholique Féminine), die das 25jährige Bestehen ihres Zusammenschlusses feierten, eine Ansprache, in der er das geistige Leben der apostolischen Frau schildert:
" ... Ihr wisst, dass die Kirche unter ihren Kindern besonders jene liebt, die die Verantwortung ihres christlichen Lebens ernst nehmen und in die Reihen der Katholischen Aktion eintreten, um in ihr ihren Eifer zu entfalten. Die Lebensumstände der modernen Zivilisation machen dem Gläubigen eine gleichgültige Haltung im Hinblick auf die sozialen Anschauungen immer mehr unmöglich; man muss sich nicht nur in Worten, sondern auch in Werken offen für oder gegen Christus entscheiden. Die persönliche Frömmigkeit, die Tugenden, die eine gläubige Seele schmücken, müssen Früchte des Heiles für den Nächsten tragen. Und da die verstreuten Anstrengungen nicht ernstlich von den Institutionen, den Gruppen und im allgemeinen von dem sozialen Rahmen, der die menschliche Tätigkeit bedingt, ergriffen werden, fasst die Katholische Aktion die einzelnen Kraftleistungen wie in ein festes Bündel zusammen und lenkt sie. - Das habt ihr wohl verstanden und ihr habt den edlen Ehrgeiz, in eurer Mitte das Feuer des christlichen Geistes wieder auflodern zu lassen. Seid davon überzeugt, dass man euch auf dem Wirkungsfeld der Katholischen Aktion ein besonders heikles Gebiet anvertraut hat. Die Frau wirkt hauptsächlich in und durch die Familie, die die Hauptzelle des sozialen Organismus ist. Auch die Tätigkeit draußen, die das Mädchen aus dem Familienkreis herausnimmt, soll schließlich dazu beitragen, die künftige Gattin und Mutter vorzubereiten; ihre Tätigkeit muss ihr die unentbehrlichen Fähigkeiten für die Erzieherin des Herzens verleihen. Ihr Apostolat wird sie dann zunächst in ihrer Familie ausüben, doch wird es sich später auch auf die moralische und geistige Erhebung anderer weniger begünstigter Familien erstrecken. Deshalb möchten Wir eure Aufmerksamkeit auf die brennende Notwendigkeit richten, in euch eine christliche Persönlichkeit zu formen, die bei sich von außen einmischenden, ja selbst tyrannischen Einflüssen vollkommen die Aufgabe der Erziehung auf sich nehmen kann.
Das Problem der modernen Mittel zur Verbreitung von Ideen beschäftigt die Verantwortlichen der Katholischen Aktion außerordentlich; man stellt fest, dass die Presse, das Radio, das Kino und das Fernsehen einen ständigen Druck auf den Geist ausüben und unaufhörlich eine Fülle von den ausgezeichnetsten bis zu den schlechtesten Bildern und Eindrücken, Meinungen und Urteilen bietet. Die Menschen jeden Alters und jeder Stellung sind fortwährend diesem Überfall, gegen den sie sich oft nur unvollkommen verteidigen, ausgesetzt. Was bedeutet dann das übernatürliche Leben, was bedeutet dann die Kenntnis der Wahrheiten des Glaubens, was wird aus der Ausübung der Tugenden der Entsagung, der Treue, der Großmut, was wird aus dem Bewusstsein der Gegenwart Christi im Nächsten, was wird aus der Haltung der Nächstenliebe? - Wie wird eine christliche Mutter im häuslichen Kreise die Haltung, die das Evangelium fordert, und die im wahrsten Sinne des Wortes von der Wahrheit des Christentums zeugt, bewahren und ihre Kinder dazu erziehen können? Bedarf sie nicht fester Überzeugungen, wahrhaft christlichen Empfindens und Denkens? Stets muss sie unter den zahllosen Einflüssen, die in die Familie eindringen und sie interessieren, diejenigen erkennen, die die christlichen Werte achten und fördern, und den anderen wird sie zuvorzukommen wissen, oder sie beseitigen können, oder sie wird sie durch die Glut eines inneren Lebens, das sich unwillkürlich in ihren Worten, in ihren Gesten und in ihrer ganzen Haltung spiegelt, ausgleichen. Damit ihr dorthin gelangt und auf die Länge der Jahre diese unendlich schwierige Arbeit auf euch nehmen könnt, von der schließlich das geistige Niveau eines Familienkreises abhängt, müsst ihr von jetzt an diese schwierige Kunst erlernen. Ihr tragt sicherlich sehr viel Begeisterung in die euch anvertrauten apostolischen Aufgaben, aber lernt auch nachzudenken und zu beten, lernt, entweder in der Gruppe oder jeder für sich, die Grundsätze zu prüfen, die euch zugleich inspirieren sollen, und erforscht das Milieu mit seinen Mängeln und Vorteilen und die Lehre der Kirche, die euer Wirken leiten wird. Ihr werdet euch bemühen, immer stärker mit dem Heiligen Geist verbunden zu sein unter der Kraft der Gnade, die ihr aus den Quellen der Sakramente schöpft. Dann besteht keine Gefahr, dass ihr den hinterlistigen Versuchungen einer materialistischen Zivilisation erliegt, die hier auf Erden ein falsches Paradies errichten möchte und Gefahr läuft, die reinsten geistigen Kraftquellen durch Leichtsinnigkeit, Luxus und Bequemlichkeit zum Versiegen zu bringen. Wir wünschen euch von ganzem Herzen eine neue Glut des inneren Lebens und des Apostolats als Frucht eurer Pilgerschaft und eurer Berührung mit dieser Erde, die mit dem Blut der großen Apostel Petrus und Paulus, der berühmten Zeugen Christi im heidnischen Rom der Antike, benetzt ist. - Wir rufen den himmlischen Segen auf die jungen Gatten, die euch begleiten, herab, damit euer glückliches und fruchtbares Familienleben jene Liebe Christi widerstrahle, jene Liebe, die euch im Sakrament der Ehe vereint hat und die stets Licht und Kraft in euren Freuden und Prüfungen sein wird ... "(29)
Tiefe Worte über das geistige Leben sprach der Heilige Vater auf dem Internationalen Kongress der Katholischen Führerinnen, "guides", am 26. August 1955:
" ... Wir sind glücklich, geliebte Töchter, euch anlässlich der 5. internationalen Tagung der katholischen Jugendführerinnen, deren Präsidentin eure würdige Führerin Maria Massirno Lancelotti ist, zu empfangen und so viele Nationen in eurer Gruppe vor Unseren Augen vereinigt zu sehen. Aus vollem Herzen und mit väterlicher Liebe nehmen Wir die Ehrfurchtsbezeigungen eurer töchterlichen Ergebenheit an und Wir richten sehr gerne an euch die Worte der Ermutigung, die ihr für eure hohe Aufgabe als katholische Erzieherinnen erbeten habt.
... Eine Führung, die eine solche Aufgabe auf sich nimmt, muss sowohl den Ausgangspunkt der Reise wissen, das zu erreichende Ziel im Auge haben, wie auch den Weg, der zu durchmessen ist und die Kräfte der Reisenden kennen.
... Eure Vereinigung gewöhnt euch daran, den modernen Luxus zu entbehren, diesen künstlichen Rahmen, der die physische Kraft raubt und den Willen schwächt - eure Vereinigung regt euch zu einem herberen Lebensstil an, sie entfacht euren Großmut und eure Hingabe an eure jüngeren Schwestern. Wer sozusagen in jedem Augenblick darauf bedacht ist, seinen Launen genüge zu tun, wie könnte der für die Not, für das Leid anderer aufgeschlossen sein? Wie könnte dieser die Notwendigkeit des inneren Lebens, der Sammlung, des Gebetes für sich selbst erfahren, die Notwendigkeit des Gebetes, das allein die Kraft schenkt, alle selbstsüchtigen Neigungen abzutöten und selbstlose Nächstenliebe zu üben?
Deshalb seid ihr mehr als andere fähig, die Bedeutung der Worte Jesu zu verstehen und aus ihnen alle Konsequenzen zu ziehen. Das Führertum gibt euch die Möglichkeit, eure Persönlichkeit zu entfalten, es lässt euch eure Anlagen entwickeln, so dass ihr eines Tages den Verantwortungen, die euch zufallen werden, mit Entschlusskraft entgegentreten und sie mit Mut tragen könnt. Aber über die menschlichen Tugenden hinaus ist es das christliche Ideal, das ihr erstrebt, das aber unmöglich ohne beharrlichen Kampf gegen sich selbst zu erreichen ist. - Aber ist hier kein Widerspruch? Ohne Zweifel doch, wenn es sich einzig um ein Sich-lösen, um ein Opfern ohne irgendwelchen Ausgleich handeln würde. Aber während Christus schwere Entsagungen auferlegt, bildet er zugleich die Seele des Christen um, ihr wisst das, er hilft ihm, das Mysterium seines Werkes zu durchdringen, er lädt ihn ein, dabei mitzutun und schenkt ihm zu diesem Ziele eine ständig sich steigernde Inbrunst. So ist die christliche Lehre von der Erziehung die forderndste und herbste, aber auch die beste von allen, denn sie gründet sich nicht auf die menschlichen Kräfte allein, sondern auf das Vermögen eines jeden einzelnen, ein Kind Gottes zu werden. "Seht" - sagt der hl. Johannes - "welch eine Liebe uns der Vater erwiesen hat: wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es." (Joh 3, 1)
Die pädagogischen Methoden sind verschieden, selbst unter den Katholiken, und das ist gut so. Je nach dem Charakter und der Lage der Erzieher und Schüler wird die eine Methode bessere Resultate erzielen als die andere. Alle jedoch sollen auf den Sätzen der heiligen Offenbarung beruhen, auf deren Weg das Geheimnis der Erlösung liegt ... "(30)
Die letzten Ansprachen zeigten, wie sehr es dem Seelsorger-Papst Pius XII. angelegen ist, dass die Jugend in ihrer Arbeit in der Katholischen Aktion auf dem geistigen Wege voranschreitet, dass sie immer innerlicher und echter in ihrer Arbeit wird. Darum vertieft der hohe priesterliche Lehrer seine Forderungen und Mahnungen an die Jugend. Die schönste Rede über den Fortschritt im geistigen Leben hielt der Heilige Vater am 3. April 1956 vor dem 13. Kongress der "Féderation Mondiale des Jeunesses féminines catholiques". Wie bereits in früheren Ansprachen kommt der Papst zunächst auf die Ablenkung vom geistigen Wege durch die Unruhe der Welt, durch Radio, Kino und Fernsehen zu sprechen. Dann führt er weiter aus:
" ... Euer Apostolat setzt bei dieser tief wurzelnden Unruhe ein; aber um andere zur Entdeckung des Übernatürlichen in seiner ganzen Fülle führen zu können, müsst ihr selbst diesen langen und schwierigen Weg zurücklegen. Ihr müsst diesen Weg betrachten, der von dem spontanen Glauben von Kindern und einfachen Seelen bis zur vollkommen durchdachten Angleichung an den vollen christlichen Auftrag mit all seinen Forderungen führt. Die moderne Zivilisation bestrickt durch ihre Zeitgemäßheit: sie ist auf die Zukunft, auf Eroberung, auf die Organisation einer Gesellschaft hingerichtet, die die politischen und ethnischen Grenzen überschreitet und sich auf das Universum ausdehnt. Wie könnt ihr von der Zeitgemäßheit des geistigen Lebens, das in seiner Macht und seinen Impulsen nicht weniger hinreißend ist, überzeugt sein, wenn ihr es nicht in irgendeiner Form erprobt habt, wenn ihr euch nicht täglich bemüht, in diese Welt einzudringen, die geheimnisvoller, aber wirklicher und wunderbarer ist als jene andere, und sie unter Gottes Führung selbst zu entdecken.
Aber die Schwierigkeit beginnt im gleichen Augenblick, da sich die unvermeidlichen Bedingungen dieser Entdeckung aufdrängen. Der Lärm, die Unruhe, die Eile verlieren hier alle ihre Rechte. Hier handelt es sich darum, in das innere Heiligtum vorzudringen, in die Ruhe und das Schweigen, vor allem geduldig und demütig die Gnade von oben zu erwarten, den Willen eines Anderen anzunehmen, von dem der heilige Johannes der Täufer sagte: ,Er muss wachsen und ich abnehmen.' (Joh 3,30) Das tägliche und ausdauernde Gebet ist der einzige Weg, der in die Gegenwart Gottes führt, doch wie viele junge Mädchen haben den Mut, sich ihm zu unterziehen! Geliebte Töchter, erhofft nicht, ein Apostolat, das dieses Namens würdig ist, ausüben zu können, wenn ihr nicht zunächst diese elementaren Forderungen annehmt, deren Bedeutung die christliche Tradition niemals zu betonen aufhörte. "
Der Papst spricht dann von den Anklagen, die so viele gegen den absoluten Charakter des Dogmas erheben, gegen die Moral, die sich der modernen Zeit anpassen solle. Er weiß, wie viel der Gehorsam gegen die Kirche die Jugendlichen kostet, aber der Eifer, den sie in einem Leben unter der Gnade eifersüchtig beschützen und erhalten sollen, wird ihre Seelen vollständig prägen und ihren Verstand durchdringen, um die Wahrheit zu erkennen, und die moralischen Richtlinien anzunehmen.
" ... Wer anders als der Heilige Geist wird euch lehren, in eurem Erfolg demütig zu bleiben und euch unwiderruflich hinzugeben, vielleicht ohne greifbare Resultate, aber in einer unveränderlichen und schweigenden Treue. Ihr werdet dann keine Niederlage oder Ernüchterung mehr zu fürchten haben, sondern ihr werdet sie tapfer mit einem ausgeglichenen Herzen ertragen.
Leider sieht man oft junge Mädchen, die guten Willens, aber in ihrem Glauben oberflächlich und ohne durchdachte Überzeugungen sind, den Verlockungen großherziger Gesinnung, offensichtlich sehr schöner Ideen und kühner apostolischer Schritte erliegen, die ohne Unterscheidungsvermögen diesen Neigungen nachgeben mit der Gefahr, häufig schwere Unklugheiten zu begehen und deren traurige Folgen tragen zu müssen. Die religiöse Durchformung fehlte ihnen nicht, aber sie war weder ausreichend noch fest gegründet; ihr Geist nährte sich lieber von glänzenden Formulierungen als von einer feststehenden Lehre, begeisterte sich leichter für ins Auge springende Gebärden als für ein verborgenes und großherziges Dienen. Darum, geliebte Töchter, strebt nach einem beständigen und wohl ausgeglichenen inneren Leben; vernachlässigt keinen Gesichtspunkt der christlichen Lehre, sondern erforscht mit Ernst und Geduld ihre unerschöpflichen Reichtümer. Bemüht euch in der Ausübung aller Tugenden, ohne eine zu verachten. Wenn ihr den Beweggrund dieser oder jener Beschränkung, dieser oder jener Maßnahme der Autorität nicht versteht, dann wisset mit echter Unterwerfung zu gehorchen, und die Gnade, die ihr euch durch diese Unterwerfung verdient, wird euch bald erleuchten ... "
" ... Der Kampf, den ihr durch die Katholische Aktion führt, ist wesentlich ein innerer und geistiger Kampf; aus diesem Grunde müsst ihr durch den Verzicht auf euch selbst über die Widerstände der Natur gegen das übernatürliche Leben, das in euren Seelen keimt und sich entfalten will, triumphieren. Die Frucht eurer Liebe und eurer Werke wird umso reicher und dauerhafter, als diese von einem tiefen Verwurzeltsein in der wahren Übernatur Zeugnis ablegen werden.
Wir wissen wohl, geliebte Töchter, dass der Weg, den Wir euch weisen, viel Mut und Selbstverleugnung fordert. Aber denkt an viele eurer Schwestern, die gegenwärtig heroisch für die Rettung ihres Glaubens kämpfen und nicht zögern, sich dem Martyrium des Herzens und des Leibes darzubieten. Ihre Liebe zu Christus und ihr unerschütterlicher Mut mögen eure täglichen Bemühungen stärken! Wenn es euch manchmal so scheint, dass ihr nur einen bescheidenen Beitrag zum unendlichen Werke, das zu tun bleibt, leistet, dann dankt unserem Herrn, der bereit ist, ihn entgegenzunehmen, und der eure Treue dadurch belohnt, dass Er euch die Gnade gibt, Ihm besser und eifriger zu dienen ... "(31)
Zum Abschluss des Abschnitts über die Jugend sollen noch zwei Ansprachen des Papstes angeführt werden, die er nicht an die Jugend selbst hielt, sondern an ihre Erzieher und Lehrer. Aus einer Reihe solcher Ansprachen möchten wir zunächst eine herausnehmen, die das weitgehende und gütige Verständnis des obersten Lehrers der Kirche für die aufopferungsvolle, oft undankbare, immer aber segensreiche und verantwortungsvolle Arbeit des Lehrers der Jugendlichen zeigt. Am 10. April 1950 hören wir Pius XII. zu französischen Professoren und Lehrern die Worte sprechen:
"Den Geist der Kinder und der Heranwachsenden, die zum Leben erwachen, allmählich zu öffnen, zu weiten, zu erleuchten und zu bereichern, die aufnahmebereite, eifrige und in gesunder Weise nach der Entdeckung der Wahrheit begierige Jugend anzuleiten, die sich drängt, von allen Zweigen des Wissens die Früchte dieser Wahrheit zu pflücken, - gibt es eine schönere, größere, in ihrer wunderbaren Einheit vielfältigere Aufgabe als diese? Denn letzten Endes handelt es sich in allen Lebensaltern und auf allen Gebieten des Studiums um dieses eine, um die Aneignung und den Besitz eines immer volleren, immer reineren Lichtes, damit man es liebe und verkoste, damit man es verteidige und verbreite, damit man es allen gebe, jedem nach seiner Fähigkeit, und damit sich seine Wohltaten vervielfältigen und überallhin ausbreiten.
Wir beglückwünschen euch also, katholische Lehrer, euch, deren Sendung sehr schwer ist, und deren Aufgabe häufig undankbar erscheinen würde, wenn ihr nicht getragen wäret von eurem Ideal. Ohne dieses Ideal, ohne das höchste Ideal, wer würde den Mut haben, ja wer würde das Recht haben, scheinbar so viel zu opfern: das Forschen und Schaffen des Geistes, dessen Reichtum und Überfluss er in sich spürt, glänzende Eroberungen eines apostolischen Lebens, das ihn drängt, sich im Dienste der Kirche und der Seelen auszugeben, die Freuden eines Familienlebens in den vielfach sehr kurzen Stunden der Muße und in einer häufig bescheidenen, aber des morgigen Tages doch sicheren Häuslichkeit? Wer würde den Mut haben, all das zu opfern, um sich ohne Zögern und rückhaltlos der Unterrichtung der Kinder anderer zu widmen, und zwar in einem noch wankelmütigen Lebensalter, wo der geistige Nutzen und der geistige Fortschritt noch kaum in Erscheinung treten oder sich gerade erst in dem Moment ahnen lassen, wo der Schüler in die nächste Klasse übergeht. Und bei jedem fragt man sich: Was wird wohl aus diesem Kinde werden? (Lk 1, 66). So häufig täuscht man sich. So oft und so bitter wird man getäuscht. Aber während eure Stimme des Sprechens müde wird, während eure Augen dabei ermatten, die Schulaufgaben zu entziffern und zu korrigieren, erhebt sich, Gott sei Dank, eure Seele zu Christus, zu dem ihr diese Kinder führen wollt, die er euch anvertraut hat. Wie viele schulden euch, auch wenn sie euch wieder vergessen, die Kraft und die Klarheit ihres christlichen Lebens. Und die meisten der Abfallenden werden in der letzten Stunde sich der Überzeugungen und Gefühle ihrer Kindheit erinnern ... "(32)
Endlich möge eine der schönsten Ansprachen des Heiligen Vaters nahezu vollständig folgen, die er am 30. Dezember 1953 vor Ordensfrauen und Delegierten einer Gruppe der Katholischen Aktion Italiens über die Erziehung hielt, in der er Gleicherweise für die Erzieher der heutigen Jugend wie für letztere selbst sehr viel Verständnis zeigt.
"1. ... Ihr müsst bei der Erziehung der Kinder, natürlich in Zusammenarbeit mit der Familie, deren Funktion unerlässlich ist, ständig überzeugt sein, eines der auserwähltesten Werke zu vollbringen. Eure Arbeit ist vielleicht wenig auffallend, sie erfordert große Anstrengungen und einen Geist der Selbstverleugnung; sie ist aber auch eine der wichtigsten Formen des Apostolats für das Geschick der Kirche und des Vaterlandes.
Haltet euch immer vor Augen, dass diejenigen, die ihr mit dem schönen Wort ,Engelchen' [Angeletti] benennt, eure Kleinsten, die Jüngsten und Aspirantinnen, euch von Gott anvertraut wurden, damit ihr sie bis an die Schwelle des Erwachsenseins führt. Ihr dient ihnen als Führer und befasst euch mit ihnen in der Zeit der größten Aufnahmefähigkeit, in der Zeit, in der sie am leichtesten entweder vom Guten oder vom Bösen beeinflusst werden. Seid euch dieser Tatsache bewusst und gebraucht eure Autorität in kluger Weise. Tragt Sorge, dass euer Einwirken nicht zu sehr auf ihrem Gemüt lastet. Sie würden dann Furcht und tiefe Angst leiden, und anstatt sich dem Vertrauen und der Freude zu öffnen, sich in sich selbst zurückziehen, und die Erinnerung an die erlittene Behandlung würde noch für lange Jahre auf ihrem Charakter lasten. Nicht selten können schwere psychologische Störungen der Erwachsenen aus dem Unverständnis erklärt werden, das ihnen in der Kindheit von Seiten ihrer Erzieher entgegengebracht wurde. Aber ihr, geliebte Töchter, kennt sehr wohl die Konsequenz eurer Arbeit, die dazu beiträgt, in den Kindern Haltungen und Neigungen zu formen und zu bilden, die in Zukunft eine beträchtliche Rolle in ihrem Leben spielen werden. Eure Erziehertätigkeit wird sich so in ausgeglichener Ruhe, in Gleichgewicht und in der Konsequenz jeder einzelnen Handlung entwickeln.
2. Die Achtung für eure Arbeit wird euch die Kinder lieben lassen. Sie sind ja die Hoffnung der Familie, des Vaterlandes, der Kirche, da sie zum größten Teil die künftigen Mütter sein werden. Und sie sind auch die Lieblinge Jesu, wie sie es zu der Zeit waren, als der göttliche Meister über die Wege Palästinas schritt. Es steht in ihrer Macht, Gnade zu erbitten; sie sind lebendige Vorbilder für den, der in das Himmelreich eingehen will; sie halten die göttlichen Strafen von unseren Familien und Städten ab; sie verdienen deshalb eure zärtlichste Liebe, eure liebevollste Aufmerksamkeit.
Ihr werdet jedoch zu große äußerliche Bekundungen eurer Zuneigung vermeiden, da sie leicht zu schädlicher Schwäche führen und die Kinder herrschsüchtig und arrogant machen würden; ihr dürft auch nicht die Liebe mit der Freude verwechseln, die sie euch allein schon durch ihre Gegenwart, durch ihre Unschuld, durch ihre reine Frische geben können. Eine solche Freude wird sicherlich dazu beitragen, euch Ansporn und Begeisterung bei der Erfüllung eurer Pflicht zu geben; aber ihr werdet euch immer daran erinnern, dass die Liebe Schenken ist, Opfer, Verzicht. Deswegen sucht euch nicht selbst in eurer vollkommenen Hingabe an die Jugend; versucht nicht, die ausschließliche Zuneigung der Kinder für euch zu gewinnen. Wenn ihr sie wahrhaft und aufrichtig liebt, werdet ihr einen Abstand des Herzens erstreben, der zwar oft hart, aber notwendig ist. Die übernatürlichen und apostolischen Ziele, die ihr verfolgt, machen das um so notwendiger, weil ihr in jenen reinen Seelen die Liebe zu Jesus Christus zur Blüte bringen wollt, zu Jesus Christus, dem sie gehören und der sie mit seinem kostbaren Blut erlöst hat. Diese großmütige Zurückhaltung wird euch erlauben, eure eigenen Fehler besser kennenzulernen und mit einem Lächeln auf den Lippen die Schwierigkeiten und die denkbaren Misserfolge zu ertragen. Seid so würdige Mitarbeiterinnen des Erlösungswerkes, lebendige Abbilder Christi und seiner Liebe für die Kinder.
3. Aber sucht außerdem, geliebte Töchter, die vollkommene Bildung eurer Kinder, und da Liebe nicht genügt, um eine gute Erzieherin zu sein, bemüht euch zu lernen, was nötig und nützlich ist, um den Eifer bei euren erzieherischen Aufgaben aufrechtzuerhalten. Deswegen ermahnen Wir euch zu einem ernsten und eifrigen Studium.
Erforscht vor allem die Kinder selbst, erforscht die beste Methode, um sie zu unterrichten, um sie zu erziehen. Viele Jahre lang studieren der Physiker, der Chemiker, der Biologe, der Arzt, interessieren sich für die Analyse eines Lichtstrahls, für die Betrachtung einer Blume und erstreben eine tiefgehende Kenntnis der physiologischen Phänomene und Gesetze. Um wie viel schöner ist das Studium eines spontanen und freien Geistes, der im Werden ist und das Geheimnis eines Lebens birgt.
Ihr dürft nicht die charakteristischen Züge der Jugend ignorieren, ihre Ängste, ihre Wünsche, ihre Abneigungen, ihre Vorlieben. Sie hat die Liebe zur Bewegung, die Unrast der Sinne, die Unruhe eines in der Entwicklung begriffenen Verstandes. Die Jugend liebt das Spiel, verlangt nach Zuneigung; sie neigt zu Phantastereien, lebt von Illusionen und Träumen; sie ist spontan und besitzt den Instinkt zur Nachahmung.
Aber sie entwickelt auch wertvolle religiöse und moralische Energien. Wir beschränken uns hier darauf, zwei Beispiele anzugeben, die Resultaten der Experimentalpsychologie entnommen sind: ,Die zweite Kindheitsperiode von sechs bis neun Jahren - schreiben die Autoren - ist durch die Liebe zu den Eltern, zu Gott und zur Wahrheit charakterisiert'. Ferner: ,Die Jahre vom siebenten bis zum zehnten Lebensjahr zählen zu den wichtigsten zur Verhütung der Jugendkriminalität.' Eine tröstende Ermutigung und zu gleicher Zeit eine schwerwiegende Ermahnung an jene, die die Verantwortung für die Jugend bis zu den Pubertätsjahren haben.
Dieses Wissen werdet ihr zweifellos dank der Gabe der psychologischen Durchdringung erlangen; ein Wissen, das für jede Erzieherin unerlässlich ist, aber außerdem bedeutsam dadurch, dass ihr die Ergebnisse der neuesten Forschungen und Erkenntnisse auf dem Gebiet der Erziehung anwendet. Es wird nicht verlangt, dass ihr Wissenschaftler auf dem Gebiet der allgemeinen menschlichen Psychologie oder speziell der Kinderpsychologie werdet, aber ihr könnt die neuen Erkenntnisse der Pädagogik nicht ignorieren und noch weniger verachten. Nicht alle Versuche sind bedingungslos zu loben; jedoch könnt ihr so, ohne die vertrauten Prinzipien und die erprobte christliche Tradition außer acht zu lassen, eure Methode nutzbringend auf den neuesten Stand bringen und vervollkommnen. Die katholische Erzieherin darf hier noch weniger als anderswo - nicht zurückbleiben. Die schnelle Entwicklung der heutigen Lebensbedingungen macht euer Amt noch schwieriger und komplizierter. Es wäre zu leicht, sich mit den bequemen Gewohnheiten zu begnügen und die notwendigen Fortschritte außer acht zu lassen. Macht daher beizeiten die Anstrengung, euch anzupassen, so werdet ihr in der Lage sein, den Zweck jeder Erziehung zu erreichen: eine vollkommene Bildung der Persönlichkeit, die in vollem Einklang mit den absoluten Forderungen ihrer übernatürlichen Bestimmungen und den Gegebenheiten der heutigen Gesellschaft ist.
4. Sorgt euch also darum, dass sich eure Mädchen als Menschen entwickeln, ohne zu vergessen, dass sie Seelen haben, die vom Blut Christi erlöst wurden und des göttlichen Lebens teilhaftig sind.
Wenn ihr ihnen auch nicht die physische Schönheit geben könnt, die ein Geschenk Gottes ist, so setzt doch alles daran, um ihnen zu helfen, dass sie jene Anmut und Harmonie und besonders jenes Lächeln erlangen, das auch die weniger anziehenden Gesichtszüge erhellt und verwandelt. Eure Kinder sollen freundlich und ungezwungen, stark und treu sein; verlangt darum, dass sie nichts unterlassen, um die Wahrheit, die sie besitzen, und die Jugend, die ihre Zierde ist, sichtbar und anziehend werden zu lassen.
5. Ein letztes Wort, geliebte Töchter, eine letzte Ermahnung ... . Wir ermahnen euch dringend, euch nicht eher zufriedenzugeben, als bis ihr eure Mädchen geformt und tief verwandelt seht. Ihr habt sie oft in einem Zustand der Unordnung, der Unruhe und einer fast absoluten Herrschaft des instinktiven Impulses bekommen: ihr müsst sie zu einem Zustand des Gleichgewichts, der Zucht, des Gehorsams gegenüber einem höheren Gesetz hinführen. Ihr müsst in ihnen die logische Ordnung der Kenntnisse aufbauen; ihr müsst ihnen die Beherrschung der Affekte einschärfen, die Übereinstimmung der Taten mit den moralischen Prinzipien; ihr müsst sie vor allen Dingen lehren, erst zurückhaltender und später ständig, eine wirkliche Verbindung mit Gott aufzunehmen.
Ihr müsst nicht glauben, dass das jugendliche Alter ein Hindernis sei auf dem Weg zu seiner Vervollkommnung, zur Heiligkeit. ,Es wird Heilige unter den Kindern geben', rief Unser Heiliger Vorgänger Pius X. aus, als er ihnen den eucharistischen Tabernakel öffnete. Er wusste - wie auch Wir es wissen -, dass das physische Alter kein Nachteil für die Seele ist, da der Mensch auch im Kindesalter die Vollkommenheit der seelischen Reife erlangen kann.
Wenn Christus die geistige Kindschaft als Bedingung für die Aufnahme in den Himmel fordert und bittet: ,Lasst die Kleinen zu mir kommen', kann man dann vielleicht verneinen, dass das Kind selbst in der Lage ist, die evangelische Vollkommenheit zu erlangen?
Seht nach oben, geliebte Töchter, weist mit Einfachheit, aber mit Klarheit und Kraft euren Mädchen hohe Ziele; dann begleitet sie mit Geduld, stützt sie mit Zuneigung, richtet sie mit Liebe auf dem Wege wieder auf ... "(33)
VIII. DIE RELIGIÖSE FRAU
Eine besondere Liebe und Fürsorge lässt Papst Pius XII. der religiösen Frau zuteil werden. Diesen Eindruck können wir aus vielen seiner Ansprachen vom Beginn seines Pontifikates an, zum Beispiel aus den Selig- und Heiligsprechungen gewinnen; gekrönt aber hat er seine Anschauung und Wertschätzung der freiwilligen Jungfräulichkeit durch die Enzyklika "De sacra virginitate" vom 25. März 1954. Wenn wir hier von der religiösen Frau sprechen, so ist damit nicht der alltägliche Begriff einer Frau, die ihre Religion hochhält und danach lebt, zu verstehen; sonst ständen bestimmt die katholischen Mütter in der ersten Reihe, da sie tagtäglich eine Fülle von Opfern und Pflichten still vollbringen, ohne dass sie ins Auge fallen und von anderen groß gewertet werden. Hier denken wir an die Frauen, die sich in besonderer Weise Gott geweiht haben und Gott das Ganzopfer ihres Lebens darbringen. Dabei sind drei Unterscheidungen zu machen: 1. die Frauen, die in der Welt leben, ohne dass sie sich an irgendeinen Orden oder ein Institut binden; 2. die Frauen, die sich äußerlich nicht von anderen unterscheiden, tatsächlich aber Ordensfrauen in der Welt sind, die einem Weltlichen Institut angehören, und 3. die Klosterfrauen der alten Orden und Kongregationen.
I.
Aus allen bisher angegebenen Reden ist zu entnehmen, dass Pius XII. von den katholischen Frauen, die in der Welt einem Beruf leben, eine tüchtige Ausbildung, Weltoffenheit, vor allem aber tiefe religiöse Kenntnisse und ein vorbildliches Leben nach ihrer Religion verlangt, damit sie in ihrer Arbeit bestehen und ein wirksames Apostolat ausüben können. Unter diesen Berufstätigen sind die Unverheirateten in der Mehrzahl. Bei ihnen ist aber wieder ein Unterschied zu machen zwischen denen, die freiwillig ihre Jungfrauschaft gewählt haben, und denen, die aus irgendeinem anderen Grund unvermählt bleiben. Letzteren sagt der Papst das schöne ermutigende Wort:
"Jedoch auch das christliche junge Mädchen, das wider seinen Willen unverheiratet geblieben ist, das aber fest an die Vorsehung des himmlischen Vaters glaubt, erkennt in den Wechselfällen des Lebens die Stimme des Meisters: ,Magister adest et vocat te!' (Joh 11, 28). ,Der Meister ist da und ruft dich!' Sie antwortet ihr, sie verzichtet auf den lieben Traum ihrer Jungmädchenzeit und Jugend, einen treuen Lebensgefährten zu besitzen, eine Familie zu gründen. Und in der Unmöglichkeit zu heiraten, erblickt sie den klaren Hinweis auf ihren Beruf. Dann weiht auch sie sich mit verwundetem, aber doch ergebenem Herzen ganz den edelsten und vielfältigen Werken des Guten. "(1)
Für die anderen aber, die freiwillig Gott ihre Jungfräulichkeit darbringen, sagt er in der gleichen Ansprache:
"Nun aber verzichten seit fast zwanzig Jahrhunderten in jeder Generation Tausende und aber Tausende Männer und Frauen aus den Reihen der Besten auf eigene Familie, auf die heiligen Pflichten und Rechte des Ehelebens. Wird dadurch nicht etwa das Gemeinwohl der Völker und der Kirche gefährdet? Im Gegenteil! Diese großherzigen Menschen anerkennen die Gemeinschaft der beiden Geschlechter in der Ehe als ein hohes Gut. Wenn sie nun vom gewöhnlichen Weg, von der Heerstraße abweichen, verlassen sie nicht den Dienst an der Menschheit, sondern sie weihen sich ihm ohne jegliche Rücksicht auf sich selbst und ihre eigenen Interessen in einer unvergleichlich viel größeren und umfassenderen Tätigkeit. Beobachtet diese Männer und Frauen! Seht, wie sie dem Gebet und der Buße sich hingeben, der Unterweisung und Erziehung der Jugend und der Unwissenden sich widmen, über das Bett der Kranken und Sterbenden sich beugen mit offenem Herzen für alles Elend und alle Schwäche, um sie zu stärken und zu ermutigen, zu erheben und zu heilen!
Wenn man an die jungen Mädchen und Frauen denkt, die freiwillig auf die Ehe verzichten, um sich einem höheren Leben der Betrachtung, des Opfers und der Nächstenliebe zu weihen, kommt einem sogleich das lichtvolle Wort auf die Lippen:
Berufung! Es ist das einzige Wort, das einer so hohen Gesinnung entspricht! Diese Berufung, dieser Ruf der Liebe macht sich in den verschiedenen Formen fühlbar, wie die Modulationen der Stimme Gottes unendlich verschiedenartig sind: unwiderstehliche Einladungen, liebevoll anregende Eingebungen, leise Antriebe ... Jede Frau ist dazu bestimmt, Mutter zu sein: Mutter im leiblichen Sinne oder in einem höheren geistigeren, aber nicht weniger wirklichen Sinne."(2)
Als Vorbild für die berufstätige jungfräuliche Frau von heute möchten wir an das Bild erinnern, das Pius XII. von der hl. Katharina von Siena in einer Predigt zeichnet, die er am 5. Mai 1940 in der Kirche Santa Maria sopra Minerva hielt:
"Katharina wurde mit dem Herzen einer Frau und der Kühnheit eines Märtyrers geboren, mit einem schnellen Verstand und einem männlichen Geist. In ihr seht ihr ein glänzendes Beispiel dafür, was eine starke Frau in den bewegtesten Zeiten leisten kann. Wenn sie sich aus diesem Altar lebend unter uns erheben könnte, würdet ihr, besser als aus ihren wunderbaren Briefen, das brennende und zuchtvolle Ungestüm eines apostolischen Eifers in der Stimme einer Jungfrau vernehmen, die kein anderes Vaterland als den Himmel kennt, und die auch dieses Vaterland hier unten gern in einen Himmel verwandeln würde ... Und ihr versteht gut, geliebte Söhne, wie Katharina in diesem Dienst an der Kirche unserer Zeit vorauseilte mit einer Tatkraft, die die katholische Seele erweitert und sie den Verwaltern des Glaubens zur Verfügung stellt, Dienerin und Mitarbeiterin in der Verbreitung und Verteidigung des Wahren und in dem moralischen und sozialen Aufbau des bürgerlichen Lebens."(3)
Am Tage nach der Verkündigung des Dogmas der Aufnahme der Allerseligsten Jungfrau Maria mit Leib und Seele in den Himmel (2. November 1950), hielt Papst Pius XII. eine Ansprache an die Kardinäle und Bischöfe. Darin weist er auf die Jungfräulichkeit mit folgenden Worten hin:
"Wo aber die reine Ehe in christlicher Zucht blüht, da blüht zugleich auch die Jungfräulichkeit, die ihre Kraft aus der Liebe Christi empfängt. Wir bitten euch, ermahnt euren Klerus, diese Lebensform, die die Menschen den Engeln ähnlich macht, hochzuhalten, sie in Gottesfurcht zu pflegen und auch andere auf diesen vornehmen Tugendweg zu führen, besonders das weibliche Geschlecht, da die Kirche großen Schaden leidet, wenn die Hilfe nachlässt, die Frauen im Apostolat leisten. "(4)
Während die Apostolische Konstitution "Sponsa Christi" vom 21. November 1950 Richtlinien zur Förderung der weiblichen Orden und Kongregationen gibt, verdanken wir Pius XII. in seiner Enzyklika "De sacra virginitate" vom 25. März 1954 ein Hohelied auf die gottgeweihte Jungfräulichkeit. In ihr gibt er seine Gedanken über diesen Stand, seine Sorgen über die immer mehr abnehmende Hochachtung der Welt vor dem freiwilligen Zölibat katholischer Männer und Frauen kund. Die Enzyklika ist von großer Bedeutung und Feinheit; sie soll hier, wenig gekürzt, folgen. Nachdem Pius XII. zunächst einige geschichtliche Zeugnisse für die Jungfräulichkeit gegeben hat, fährt er fort:
"Unzählbar ist die Schar derer, die seit den Anfängen der Kirche bis auf unsere Zeit ihre Keuschheit Gott dargebracht haben, sei es, dass sie ihre Jungfräulichkeit unberührt bewahrten, sei es, dass sie nach dem Tod ihres Ehegefährten Gott ihren Witwenstand für immer weihten, sei es, dass sie in Reue über ihre Sünden ein keusches Leben wählten; alle zeichnen sich aus durch den einmütigen Entschluss, für immer um Gottes willen geschlechtliche Enthaltsamkeit zu beobachten. Was also die Kirchenväter über die Hoheit und das Verdienst der Jungfräulichkeit lehrten, soll für sie alle Einladung, Festigung und Bestärkung sein, dass sie unentwegt in dem dargebrachten Opfer beharren und nichts, auch nicht das Geringste von dem auf Gottes Altar gelegten Ganzopfer wegnehmen und für sich beanspruchen.
Wenn aber eines der drei Gelübde des Ordensstandes auf dieser vollkommenen Keuschheit beruht und wenn diese von den Klerikern mit den höheren Weihen in der lateinischen Kirche und von den Mitgliedern der Weltlichen Institute verlangt wird, so blüht sie gleichwohl auch bei nicht wenigen, die ganz dem Laienstand angehören. Gibt es doch Männer und Frauen, die zwar nicht dem öffentlichen Stand der Vollkommenheit zugehören, die aber dennoch kraft ihres Entschlusses oder eines Privatgelübdes der Ehe und der geschlechtlichen Befriedigung vollständig entsagen, um mit größerer Freiheit den Nächsten dienen sowie leichter und inniger ihren Geist mit Gott vereinen zu können.
Allen und den einzelnen dieser geliebten Söhne und Töchter, die irgendwie Leib und Seele Gott geweiht haben, gilt Unser väterliches Wohlwollen, und Wir ermahnen sie eindringlichst, ihren heiligen Entschluss zu festigen und sorgsam auszuführen. Nun gibt es aber heute manche, die diesbezüglich vom rechten Weg abweichen und die Ehe so sehr erheben, dass sie ihr tatsächlich den Vorzug vor der Jungfräulichkeit geben und damit die gottgeweihte Keuschheit und den kirchlichen Zölibat herabsetzen. Darum verlangt es die Verantwortung des apostolischen Amtes von Uns, dass Wir die Lehre von der hohen Aufgabe der Jungfräulichkeit gerade heute darlegen und sichern, um die katholische Wahrheit gegen jene Irrtümer zu verteidigen.
1. Die christliche Lehre von der Jungfräulichkeit
Vor allem glauben Wir darauf hinweisen zu sollen, dass die Kirche die Hauptpunkte ihrer Lehre über die Jungfräulichkeit den Worten ihres göttlichen Bräutigams selbst entnommen hat ... In diesem Satz ["Wer es fassen kann, der fasse es" (Mt 19, 12)] spricht also der göttliche Meister nicht von den körperlichen Hindernissen gegen eine Eheschließung, sondern von dem geistlichen Entschluss des freien Willens, für immer der Ehe und der geschlechtlichen Befriedigung zu entsagen. Wenn er nämlich die freiwillig Ehelosen mit denen vergleicht, die von Natur oder durch Menschengewalt zum gleichen Verzicht gezwungen werden, lehrt uns damit der göttliche Erlöser nicht gerade dies, dass zur wahren Vollkommenheit der Keuschheit ihre immerwährende Dauer gehört? ... Es können also nicht diejenigen Männer und Frauen die Ehre der christlichen Jungfräulichkeit für sich beanspruchen, die sich aus übergroßer Selbstsucht der Ehe enthalten oder aus Scheu vor deren Lasten, wie der hl. Augustinus bemerkt, und auch nicht jene, die nach Pharisäerart die Unversehrtheit ihres Leibes hochmütig zur Schau tragen möchten ...
Tatsächlich verwirklichen jene am meisten und am vollkommensten den Ausspruch Christi über den dauernden Verzicht auf die Ehe, die sich durch ein ewiges Gelübde dazu verpflichten. Und man kann nicht mit Recht behaupten, dass der Vorsatz jener, die sich einen Weg zum Widerruf offenhalten wollen, besser und vollkommener sei.
Dieses Band vollkommener Keuschheit betrachteten die heiligen Väter als eine Art geistlicher Ehe, wodurch die Seele mit Christus vereinigt wird; einige gingen daher so weit, dass sie in diesem Falle die Verletzung des gegebenen Wortes dem Ehebruch gleich achteten ...
An dieser Stelle, ehrwürdige Brüder, halten Wir es für angebracht, näher zu begründen und eingehender zu erklären, wieso die Liebe Christi hochherzige Seelen zum Verzicht auf die Ehe bewegt und welche geheimnisvollen Beziehungen zwischen der Jungfräulichkeit und der Vollkommenheit christlicher Liebe bestehen. Schon in dem vorhin angeführten Ausspruch Jesu Christi wird angedeutet, dass ein vollständiger Verzicht auf die Ehe die Menschen von deren schweren Aufgaben und Pflichten befreit. Auf Eingebung des Geistes Gottes legt der Völkerapostel den Grund dieser Befreiung mit folgenden Worten dar: ,Ich möchte, dass ihr ohne Sorge seid ... Der Verheiratete ist aber um weltliche Dinge besorgt, wie er der Frau gefalle. So ist er geteilt.' (1 Kor 7, 32-33.) Dazu ist jedoch zu bemerken: Der Apostel missbilligt hiermit nicht die Männer, weil sie um ihre Frauen besorgt sind, und er tadelt nicht die Frauen, weil sie ihren Gatten zu gefallen sich bemühen; er sagt vielmehr nur, dass ihre Seelen zwischen Gatten- und Gottesliebe geteilt und von zwiespältigen Sorgen bedrängt sind, durch die sie es, infolge der Pflichten des Zusammenlebens, nicht leicht haben, sich der Betrachtung göttlicher Dinge zu widmen ...
Aus diesem Grund muss vor allem gesagt werden, worin die klare Lehre der Kirche, dass die heilige Jungfräulichkeit durch ihren hohen Wert die Ehe überrage, besteht ... Wenn Wir auch Geziemenderweise nichts von den Verdiensten und apostolischen Früchten jener wegnehmen wollen, die, in den Reihen der Katholischen Aktion kämpfend, durch ihr frommes Bemühen auch solche erreichen können, an die nicht selten Priester und Ordensleute beiderlei Geschlechts nicht herankommen, so wissen Wir doch, dass jene Werke der Nächstenliebe zweifellos zum größeren Teil diesen letzteren zuzuschreiben sind. Sie nämlich begleiten und leiten hochherzig das Leben der Menschen jeden Alters und jeden Standes, und wenn sie ermüdet oder krank zusammenbrechen, übergeben sie die Fortführung ihrer heiligen Aufgabe anderen als Erbteil ... Überdies ist die Jungfräulichkeit nicht nur fruchtbar durch die Unternehmungen und Werke nach außen, denen sich jene leichter und vollständiger widmen können, die den jungfräulichen Lebensstand ergreifen, sondern auch durch die Form der vollkommenen Liebe zu den Mitmenschen, nämlich durch die inbrünstigen Fürbitten für sie und durch die freiwillige Übernahme schwerer Opfer zum gleichen Zweck. Dem haben ja die Diener Gottes und die Bräute Jesu Christi ihr ganzes Leben gewidmet, jene Männer und Frauen besonders, die ihre Jahre hinter Klostermauern verbringen. Endlich bezeugt die Christus geweihte Jungfräulichkeit schon durch sich selbst einen solchen Glauben an das, was das Himmelreich betrifft, und sie beweist eine solche Liebe zum göttlichen Heiland, dass es nicht verwunderlich ist, wenn sie reiche Früchte der Heiligkeit hervorbringt. Kaum zu zählen sind die Jungfrauen und alle jene, die sich dem Apostolat hingeben, vollkommener Keuschheit befleißigen und durch ihren ganz gottgefälligen Wandel eine Zier der Kirche bilden. Die Jungfräulichkeit gibt ja eine solche innere geistige Kraft, dass sie, wenn nötig, auch zum Martyrium anzuspornen vermag. Dies bezeugt offenkundig die Geschichte, die allen so viele siegreiche Scharen von Jungfrauen zur Bewunderung vor Augen stellt, angefangen von der Römerin Agnes bis zu Maria Goretti ...
Besonders möchten Wir das erwägen, was die köstlichste Frucht der Jungfräulichkeit ist: dass nämlich die geweihten Jungfrauen die vollkommene Jungfräulichkeit der Mutter Kirche selbst sowie die Heiligkeit ihrer eigenen innigen Verbindung mit Christus offenbaren und gleichsam vor Augen führen.
2. Moderne Irrtümer
Diese Lehre, wonach die Jungfräulichkeit und der Zölibat klar den Vorrang haben und höher stehen als die Ehe, wurde, wie Wir sagten, schon vom göttlichen Erlöser und vom Völkerapostel verkündet. Ebenso wurde sie auf dem Konzil von Trient (Sess. XXIV, can. 10) feierlich als Glaubenssatz definiert und allezeit von den heiligen Vätern und den Kirchenlehrern einmütig erklärt. Wie ferner Unsere Vorgänger, so haben auch Wir selbst, sooft sich Gelegenheit bot, sie immer und immer wieder dargelegt und eindringlich empfohlen. Da es jedoch in jüngster Zeit nicht an solchen fehlte, die eben diese von den Vätern der Kirche überlieferte Lehre bekämpften, nicht ohne schwere Gefahr und Schaden für die Gläubigen, so hielten Wir im Bewusstsein Unserer Pflicht es für angezeigt, den Gegenstand neuerdings in diesem Rundschreiben zusammenzufassen sowie die Irrtümer aufzudecken und zu verwerfen, die häufig und unter falschem Schein des Wahren vorgetragen werden.
Vor allem ist es zweifellos ein Abweichen vom allgemeinen gesunden Denken der rechtschaffenen Menschen, das die Kirche immer in Ehren hielt, wenn man den natürlichen Geschlechtstrieb als die zentrale und beherrschende Neigung des ganzen Menschen betrachtet und daraus den Schluss zieht, der Mensch könne nicht sein ganzes Leben lang diesen Trieb beherrschen, ohne schwere Gefahr, Lebenselemente seines Körpers und besonders die Nerven in Unordnung zu bringen und damit das Gleichgewicht der menschlichen Person zu schädigen.
Wie der hl. Thomas mit vollem Recht bemerkt, ist die in der Seele am tiefsten verwurzelte Strebung in Wirklichkeit der Selbsterhaltungstrieb, während der aus der geschlechtlichen Anlage stammende Trieb den zweiten Platz einnimmt. Außerdem gehört es zum Wirk- und Befehlsbereich der menschlichen Vernunft, die das einzigartige Vorrecht unserer Natur ist, diese inneren Regungen und Triebe zu zähmen und sie durch ihre geordnete Beherrschung zu veredeln ... Die Tugend der Keuschheit verlangt nicht von uns, dass wir den Stachel der Begierlichkeit nicht fühlen, sondern dass wir sie vielmehr der rechten Vernunft und dem Gesetz der Gnade unterordnen und aus allen Kräften nach dem streben, was im menschlichen und christlichen Leben das Edlere ist.
Um die Herrschaft der Seele über die körperlichen Sinne vollkommen zu erlangen, ist es nicht genug, sich nur der Akte zu enthalten, die unmittelbar gegen die Keuschheit sind; es ist auch unbedingt notwendig, willig und großmütig alles aufzugeben, was den Akten dieser Tugend mehr oder weniger entfernt entgegensteht; denn dann herrscht die Seele vollständig im Leibe, und dann kann sie ihr geistiges Leben in Frieden und Freiheit entfalten. Wer unter denen, die auf dem Boden der katholischen Religion stehen, sähe darum nicht, dass die vollkommene Keuschheit und Jungfräulichkeit dem natürlichen Wachstum der Männer und Frauen und dem natürlichen Fortschritt nicht nur nicht entgegensteht, vielmehr dies alles in hohem Maße steigert und veredelt?
Vor kurzem haben Wir zu Unserer Betrübnis den Satz jener verwerfen müssen, die sich bis zu der Behauptung versteigen, dass die Ehe das einzige sei, was das natürliche Wachstum der menschlichen Person und ihre gebührende Vervollkommnung gewährleisten könne (Ansprache an die Generaloberinnen, 15. September 1952). Einige behaupten nämlich, die im Sakrament der Ehe ex opere operato gegebene göttliche Gnade mache den Gebrauch der Ehe in der Weise heilig, dass er ein Werkzeug werde, um die einzelnen Seelen wirksamer als selbst die Jungfräulichkeit mit Gott zu verbinden, da ja die christliche Ehe, nicht aber die Jungfräulichkeit ein Sakrament sei. Diese Lehre erklären Wir als falsch und schädlich. Gewiss vermittelt jenes Sakrament den Brautleuten göttliche Gnade zur rechten Erfüllung der ehelichen Pflichten; gewiss bestärkt es die Bande gegenseitiger Liebe, von denen dieselben umschlungen werden; aber es ist nicht dazu eingesetzt, dass es den Gebrauch der Ehe gleichsam zu einem Werkzeug mache, das an sich geeigneter wäre, die Eheleute selig durch das Band der Liebe mit Gott selbst zu verbinden. Gesteht nicht vielmehr der Apostel Paulus den Eheleuten das Recht zu, sich zeitweilig vom Gebrauch der Ehe zu enthalten, um dem Gebet zu obliegen, und zwar deshalb, weil solche Enthaltsamkeit die Seele freier macht, wenn sie sich den ewigen Dingen und dem Bittgebet vor Gott hingeben möchte?
Man kann endlich auch nicht behaupten, wie es einige tun, die ,gegenseitige Hilfe', welche die Vermählten in der christlichen Ehe suchen, sei ein vollkommeneres Mittel zur Selbstheiligung als die Einsamkeit des Herzens, wie sie es nennen, der Jungfrau und Ehelosen. Denn wenn auch alle im Stande vollkommener Keuschheit Lebenden auf menschliche Liebe dieser Art verzichtet haben, so kann doch deshalb von ihnen nicht behauptet werden, sie hätten durch diesen Verzicht ihre menschliche Persönlichkeit gleichsam vermindert oder beraubt. Empfangen sie doch von dem Spender aller himmlischen Gaben selbst eine geistliche Gabe, welche die von den Eheleuten einander geleistete ,gegenseitige Hilfe' unermesslich übertrifft ... Darum urteilt die Kirche sehr weise, dass die Ehelosigkeit der Priester festzuhalten sei; sie weiß nämlich, dass dieselbe eine Quelle geistlicher Gnaden ist und bleiben wird, Gnaden, die den Priester immer enger mit Gott verbinden. Wir halten es fernerhin für angebracht, kurz den Irrtum derer zu berühren, die in der Absicht, Jugendliche von den Seminarien und Mädchen von den Ordensinstituten fernzuhalten, ihnen einzureden suchen, die Kirche brauche heute die Hilfe und den Tugendeinsatz der Christen, die als Eheleute das Leben mit den anderen Menschen in der Welt teilen, notwendiger als den der Priester und gottgeweihten Jungfrauen, die durch ihr Keuschheitsgelübde der menschlichen Gesellschaft gleichsam entzogen würden. Dass diese Ansicht, ehrwürdige Brüder, durchaus falsch und äußerst gefährlich ist, muss jeder sehen ...
Denen aber, die darauf ausgehen, junge Menschen vom Eintritt ins Seminar oder in religiöse Orden und Genossenschaften und von der Ablegung der heiligen Gelübde dadurch abzuhalten, dass sie ihnen einreden, sie könnten in der Ehe als Familienväter und Familienmütter durch ein offenes und für alle Welt sichtbares Bekenntnis ihres christlichen Lebens höhere religiöse Werte erreichen, ihnen allen können Wir aus der Gewissenverpflichtung, die Uns Unser Amt auferlegt, Unseren scharfen Tadel nicht ersparen. Sie würden wahrlich besser und richtiger daran tun, die zahllosen Eheleute mit aller Hingabe anzuspornen zu Werken eines eifrig mithelfenden Laienapostolats, als dass sie die jungen Menschen - heute leider nicht viele -, die sich dem Dienst Gottes weihen wollen, von der Jungfräulichkeit abzuhalten sich bemühen ...
Wir glauben auch daran erinnern zu sollen, dass die Behauptung irrig und falsch ist, nach der diejenigen, die sich vollkommener Keuschheit geweiht haben, sozusagen außerhalb der menschlichen Gemeinschaft ständen. Sind denn die gottgeweihten Jungfrauen, die ihr Leben dem Dienst der Armen und Kranken ohne Unterschied von Herkunft, sozialer Stellung oder Glaubensbekenntnis widmen, nicht mit deren Elend und Schmerzen innig verbunden, und fühlen sie nicht eine so zarte Liebe zu ihnen, als ob sie ihre Mütter wären? ...
Und auch die, die ein beschauliches Leben führen, tragen durch ihr Gebet und ihre Fürbitten, wie auch durch das Opfer ihrer selbst, das sie Gott darbringen für das Heil der übrigen, wahrhaft viel zum Wohl der Kirche bei; ja, wenn sie sich bei der heutigen Lage der Dinge auch den Werken des Apostolats und der Nächstenliebe widmen, nach den Grundsätzen, die Wir in dem apostolischen Schreiben ,Sponsa Christi' ... aufstellten, verdienen sie auch deshalb höchste Anerkennung; man kann nicht sagen, dass sie der menschlichen Gemeinschaft fernstehen, wo sie doch in dieser zweifachen Weise für das geistliche Wohl der Mitmenschen arbeiten.
3. Praktische Folgerungen
... Darum verlangt einerseits die vollkommene Keuschheit von den Christen die freie Entscheidung, bevor sie sich Gott ganz anbieten und weihen; andererseits erbittet sie von Gott selbst das übernatürliche Geschenk und die übernatürliche Gnade (vgl.1 Kor 7, 7). Schon der göttliche Erlöser erinnert uns daran mit folgenden Worten: ,Nicht alle fassen dieses, sondern nur die, denen es gegeben ist ... Wer es fassen kann, der fasse es!' (Mt 19, 11.12) ...
Die Jungfräulichkeit ist nämlich eine schwierige Tugend. Um sie zu üben, ist nicht nur der feste und ausdrückliche Vorsatz notwendig, ganz und für immer auf die rechtmäßigen Freuden der Ehe zu verzichten, sondern auch über die widerstrebenden körperlichen und seelischen Regungen ständig zu wachen, sie in mühevollem Ringen zu zähmen und zu beschwichtigen, die Lockungen der Welt zu fliehen und die Angriffe des bösen Feindes zurückzuschlagen. Wie wahr ist darum das Wort des hl. Chrysostomus: ,Wurzel und auch Frucht der Jungfräulichkeit ist eine ,vita crucifixa, ein Leben des Gekreuzigtseins' (de virginitate 80; P. G. XLVIII, 592) ...
Bevor sie darum diesen äußerst steilen Weg einschlagen, sollen alle, die aus Erfahrung wissen, dass sie auf diesem Gebiet an allzu großer Schwäche leiden, mit Demut die Mahnung des hl. Apostels Paulus hören: ,Wenn sie aber nicht enthaltsam sein können, so mögen sie heiraten. Es ist doch besser zu heiraten, als (vor Begierde) zu brennen' (1 Kor 7, 9). Für viele ist nämlich die Last ständiger Enthaltsamkeit zu schwer, als dass man sie ihnen anraten könnte ...
Wenn nun also die gottgeweihte Keuschheit auch eine schwierige Tugend ist, so kann sie trotzdem treu und vollkommen von denen beobachtet werden, die der Einladung Jesu Christi nach sorgfältiger Überlegung großmütig entsprechen und alles ihnen Mögliche zur Erreichung des Zieles tun. Nachdem sie nämlich einmal den Stand der Jungfräulichkeit oder der Ehelosigkeit erwählt haben, werden sie von Gott das Gnadengeschenk erhalten, mit dessen Hilfe sie ihren Vorsatz durchführen können. Wenn darum einige ,glauben, die Gabe der Keuschheit (auch wenn sie sie gelobt haben) nicht zu besitzen' (vg1. Conc. Trid., sess. XXIV, can. 9), so sollen sie deshalb nicht behaupten, sie könnten ihren Verpflichtungen hierin nicht entsprechen; denn ,Gott befiehlt nichts Unmögliches, sondern wenn er befiehlt, mahnt er zu tun, was du kannst, um zu erbitten, was du nicht kannst' (vgl. S. Augustin, De natura et gratia c 43, m 50; P. L. XLIV, 271), und ,er hilft, damit du es kannst' (Con. Trid., sess. VI, can. 11). An diese trostvolle Wahrheit erinnern Wir auch die, deren Willen durch nervöse Störungen geschwächt ist und denen manche Ärzte, zuweilen auch katholische - unter der schönklingenden Begründung, sie könnten ohne Schaden für ihr seelisches Gleichgewicht die Keuschheit nicht bewahren -, allzu leicht den Rat geben, sich von dieser Verpflichtung befreien zu lassen. Wie viel nützlicher und angebrachter ist es, solchen Kranken zur Festigung ihres Willens zu helfen, und sie daran zu erinnern, dass auch ihnen die Keuschheit nicht unmöglich sei nach dem Wort des Apostels: ,Gott ist getreu. Er lässt euch nicht über eure Kraft versucht werden, sondern schafft mit der Versuchung auch den guten Ausgang, dass ihr sie bestehen könnt' (1 Kor 10, 13). Hilfsmittel, die uns vom göttlichen Erlöser selbst empfohlen wurden, unsere Tugend wirksam zu schützen, sind die aufmerksame und ständige Wachsamkeit, mit der wir alles leisten, was in unserer Macht steht; außerdem das anhaltende Gebet, mit dem wir von Gott erbitten, was wir bei unserer Schwäche nicht erreichen können ...
Darum tut es not, besonders auf die Regungen der Begierden und der Sinne zu achten und diese auch in freiwilliger Lebensstrenge und körperlicher Abtötung so zu bezähmen, dass wir sie der rechten Vernunft und dem Gesetz Gottes unterwerfen ... Wenn eine schwache Gesundheit oder andere Gründe jemandem keine größeren körperlichen Abtötungen gestatten, so entschuldigen sie ihn doch niemals von der Wachsamkeit und inneren Selbstüberwindung ...
Diese Flucht und eifrige Wachsamkeit, durch die wir uns sorgfältig von den Gelegenheiten zur Sünde entfernen müssen, wurden von den heiligen Männern und Frauen aller Zeiten für die beste Art gehalten, auf diesem Gebiet zum Siege zu kommen. Heute jedoch scheinen nicht alle dieser Ansicht zu sein. Manche meinen nämlich, alle Christen, besonders aber die Diener des Heiligtums, seien nicht wie in früheren Zeiten von der Welt abzusondern, wie sie sich ausdrücken, sondern sie müssten in der Welt stehen und darum notwendigerweise das Wagnis auf sich nehmen und ihre Reinheit auf die Probe stellen, damit sich auf diese Weise klar zeige, ob sie eine starke Widerstandskraft haben oder nicht; darum sollten die jungen Kleriker alles sehen, um sich daran zu gewöhnen, alles gelassenen Sinnes anzuschauen und sich so unempfindlich zu machen gegenüber allen Reizen. Darum behaupten sie auch unbedenklich, die jungen Leute könnten ohne Scheu frei alles anschauen, was sich ihnen darbiete; sie könnten das Kino besuchen, auch von der kirchlichen Zensur verbotene Filme; sie könnten alle Zeitschriften einsehen, auch die unsittlichen, ja auch die Liebesromane lesen, die im Verzeichnis der verbotenen Bücher aufgeführt werden oder schon vom Naturrecht verboten sind. Dies halten sie für erlaubt, weil sie urteilen, diese Schauspiele und Schriften seien heute die Geistesnahrung der großen Masse, deren Denken und Fühlen die verstehen müssten, die ihr helfen wollten. Es ist aber leicht einzusehen, dass dies ein falscher und äußerst schädlicher Grundsatz für die Heranbildung des Klerus und für die Anleitung zur Heiligung der ihm anvertrauten Berufe ist. Denn, wer die Gefahr liebt, kommt darin um' (Sir 3, 27 [Neo-vulgata]) ...
Richtiger, sicherer und nützlicher handeln die Erzieher der zum Heiligtum berufenen Jugend, wenn sie dem Gemüt der jungen Menschen die Vorschriften christlicher Schamhaftigkeit einschärfen, die so machtvoll die jungfräuliche Unversehrtheit bewahrt und die man wirklich die Klugheit der Keuschheit nennen kann. Die Schamhaftigkeit sieht ja die hereinbrechende Gefahr voraus, sie verbietet, sich der Gefahr auszusetzen, und gebietet, auch den Umständen aus dem Weg zu gehen, die ein weniger Kluger nicht flieht ... Die Schamhaftigkeit legt dann auch den Eltern und Erziehern geeignete Worte nahe und gibt sie ihnen an die Hand, um damit das Gewissen der Jugend in Dingen der Herzensreinheit zu bilden. ,Deshalb ist', wie Wir vor nicht langer Zeit in einer Ansprache bemerkten, ,dieses Zartgefühl nicht so zu verstehen, als ob es einem ständigen Schweigen über diesen Gegenstand gleichkomme und bei der sittlichen Erziehung nicht einmal in ruhig-nüchterner und vorsichtiger Weise je von ihm die Rede sei!' (Alloc. Magis quam mentis, d. 23. sept. 1951; A. A. S. XLIII, 1951, p. 736.) Doch halten es heute manche Lehrer und Erzieher allzu oft für ihre Aufgabe, unschuldige Knaben und Mädchen in die Geheimnisse des Werdens des menschlichen Lebens einzuführen, auf eine Weise, die ihre Schamhaftigkeit verletzt. Es sind auf diesem Gebiet der richtige Takt und das richtige Maß anzuwenden, wie sie von der christlichen Schamhaftigkeit gefordert werden.
Dieses keusche Zartgefühl aber wird von der Gottesfurcht genährt, das heißt von jener Kindesfurcht, die, begründet auf der Tugend tiefer christlicher Demut, uns vor allem, was Sünde ist, zurückschrecken lässt ...
Etwas anderes ist darüber hinaus sehr zu berücksichtigen, dass nämlich zur Bewahrung der unversehrten Reinheit weder die Wachsamkeit noch das Zartgefühl genügen. Es sind da Hilfen nötig, die wesentlich über die Kräfte der Natur hinausgehen: das Gebet zu Gott, die Sakramente der Buße und der Eucharistie sowie die warme Liebe zur Muttergottes ...
Ein wirklich ausgezeichneter und im Laufe der Jahrhunderte immer und immer wieder durch Erfahrung erprobter Weg, die unversehrte und vollkommene Reinheit zu bewahren und zu pflegen, ist die gediegene Liebe zur jungfräulichen Gottesmutter. Sie umfasst sozusagen alle anderen Kraftquellen; denn wer von ihr ehrlich und tief durchdrungen ist, der fühlt sich zweifellos heilsam angetrieben, zu wachen, zu beten, zur Beichte zu gehen und sich dem Tisch des Herrn zu nahen ...
Ihr sollt euch aber, geliebte Söhne und Töchter, nicht damit begnügen, die Tugenden der allerseligsten Jungfrau Maria zu betrachten; nehmt mit größtem Vertrauen zu ihr eure Zuflucht nach dem Rat des hl. Bernhard, der mahnt: ,Suchen wir die Gnade, und suchen wir sie durch Maria'. Stellt ihr ganz besonders die Sorge für euer geistliches Leben und eure Vervollkommnung jetzt im Laufe des Marianischen Jahres anheim ...
4. Förderung der Berufungen
In den großen Schwierigkeiten, die die Kirche heute meistern muss, erfüllt es Uns, den Obersten Hirten, mit tiefem Trost, ehrwürdige Brüder, zu sehen, dass die Jungfräulichkeit in ihrer Blüte über die ganze Welt hin auch heute, wie in früheren Zeiten, in hohen Ehren steht, wenn sie auch, wie erwähnt, von Irrtümern angegriffen wird, die aber, so hoffen Wir, vorübergehend sind und bald verschwinden werden.
Trotzdem gestehen Wir, dass Unsere Freude etwas von Trauer überschattet ist: Wir wissen nämlich, dass in nicht wenigen Ländern die Zahl derer von Tag zu Tag abnimmt, die auf göttlichen Ruf hin den Stand eines jungfräulichen Lebens erwählen. Da Wir die besonderen Gründe dafür bereits oben ausführten, brauchen Wir die Frage nicht wieder zu berühren. Wir vertrauen aber darauf, dass die Jugenderzieher, die in dieser Frage geirrt haben, ihre Irrtümer möglichst bald erkennen und davon abrücken; darum sollen sie es sich auch angelegen sein lassen, sie wieder gutzumachen und alles daranzusetzen, denen, die sich durch übernatürlichen inneren Zug zum Priestertum oder zum Ordensleben berufen fühlen und die ihrer Sorge anvertraut sind, mit allen Mitteln zu helfen, ihr hohes Ziel zu erreichen. Möge es gelingen, dass neue und größere Scharen von Priestern, Ordensmännern und Ordensschwestern, an Zahl und Tugend den gegenwärtigen Bedürfnissen der Kirche gewachsen, möglichst bald ausziehen, den Weinberg des Herrn zu bebauen.
Wir ermahnen ferner, wie es das Bewusstsein Unseres Apostolischen Amtes erheischt, die Familienväter und -mütter, dem Dienst Gottes gern die Kinder zu opfern, die dazu berufen sind ... Bevor Wir nun aber, ehrwürdige Brüder, zum Ende Unseres Rundschreibens kommen, möchten Wir Unsere ganze Aufmerksamkeit in besonderer Weise den Männern und Frauen zuwenden, die, dem Dienste Gottes geweiht, in nicht wenigen Ländern harte und unheilvolle Verfolgungen erdulden. Sie sollen sich die gottgeweihten Jungfrauen der Urkirche zum Beispiel nehmen, die für ihre Jungfräulichkeit starkmütig und unbesiegt ins Martyrium gingen ...
Gegen sie, die Priester sowohl wie die Ordensmänner und gottgeweihten Jungfrauen, die ihren Glauben bis zum Martyrium standhaft bekennen, hegen Wir in Unserem Herzen Gefühle väterlicher Liebe und väterlichen Mitgefühls. Und nicht nur für sie, sondern für alle, die sich in irgendeinem Teile der Welt dem Dienste Gottes hingeben und weihen, bitten Wir flehentlich zu Gott, dass er sie ermutige, stärke und tröste; und euch, ehrwürdige Brüder, mahnen Wir eindringlich, jeden einzelnen und alle zusammen, wie auch eure Gläubigen, mit Uns im Gebet ihnen den göttlichen Trost, die göttlichen Gaben und Hilfen zu erbitten, deren sie alle so notwendig bedürfen. Vermittlung dieser göttlichen Gaben und Beweis Unseres besonderen Wohlwollens soll der Apostolische Segen sein, den Wir euch, ehrwürdige Brüder, den übrigen Dienern des Heiligtums und den gottgeweihten Jungfrauen, besonders aber denen, ,die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen' (Mt 5, 10), und allen euren Christgläubigen aus der Fülle des Herzens im Herrn erteilen.
Gegeben zu Rom bei St. Peter, am 25. März, dem Fest Mariä Verkündigung im Jahre 1954, dem sechzehnten Unseres Pontifikates. Pius PP. XII."(5)
Anschließend an die letzte große Sorge des Papstes, die er in seiner Enzyklika ausspricht, ist eine ernste, aber liebevolle Ansprache zu nennen, die Pius XII. am 25. März 1942 vor Brautleuten hielt und in der er das gleiche Problem des mangelnden Nachwuchses in den jungfräulichen Standesberufen aufgriff.
"Wenn Wir sehen, dass sich beständig vor Uns neue Wege der evangelischen Predigt auftun unter den fernen noch heidnischen Völkern und solche des Apostolats in der Nähe unter den beunruhigten, verstörten Seelen, die vielleicht unbewusst kraft eines göttlichen Triebes nach der ewigen Wahrheit hungern, dann stimmt es Unser Herz überaus traurig zu wissen, wie so gar nicht die Zahl jener Edelmütigen dem Bedürfnis genügt, die Unser Sehnen ihnen zu Hilfe schicken kann. Wer weiß, ob nicht ein für den Himmel Erwählter, der versprengt lebt un-ter dem christlichen Volke oder in ungläubigen Gegenden umherirrt, nach göttlichem Ratschluss betraut werden wird mit dem Wort und dem Dienst von einem der Kinder, die der Herr euch schenken wird? ... Aus der Familie, die nach dem Willen Gottes auf der rechtmäßigen Verbindung zwischen dem Mann und der Frau beruht, ziehen Christus und die Gesamtkirche die Diener und Sendboten des Evangeliums, die Priester und die Herolde, die das christliche Volk weiden und über die Meere fahren, um die Seelen zu erleuchten und zu retten ...
Oh, da bitten Wir euch flehentlich im Namen Gottes: nein, verhindert es doch nicht mit brutaler und selbstsüchtiger Geste, dass der Ruf Gottes in eine Seele dringt und gehört wird! Ihr kennt doch nicht Aufgang und Untergang der Sonne Gottes über dem Meer eines jungen Herzens, seine Bekümmernis und seinen Atem, seine Wünsche und seine Hoffnungen, sein flammendes Aufglühen und Erlöschen. Das Herz hat Tiefen, die auch für einen Vater und für eine Mutter unerforschlich sind, aber der Heilige Geist, der unserer Schwäche hilft, bittet für uns ... Ohne Zweifel haben die Eltern das Recht - in gewissen Fällen auch die Pflicht -, wenn der Wunsch nach dem Leben im Priester- und Ordensstande auftaucht, sich zu vergewissern, dass es sich nicht um einen einfachen Trieb der Phantasie handelt oder um eine Gefühlsregung, die von einem schönen Traum außerhalb des Hauses schwärmt, sondern um einen reichlich erwogenen und überlegten Entschluss, der von Gott kommt und von einem weisen und klugen Beichtvater oder Seelenführer geprüft und gebilligt worden ist. Wenn man aber der Verwirklichung eines solchen Verlangens willkürliche, unberechtigte und unvernünftige Hindernisse in den Weg legen wollte, würde man einen Kampf gegen die Ratschlüsse Gottes führen ... Als wahre Christen, die die Größe und Tiefe des Glaubens an die göttliche Leitung der Familien und der Kirche in sich spüren, möget ihr den Wert und den Vorzug einer solchen Gnade für den erwählten Sohn oder die erwählte Tochter, für euch und eure Familie zu würdigen wissen, wenn Gott euch eines Tages die ausgezeichnete Ehre zuteil werden lässt, einen eurer Söhne oder eine eurer Töchter zu seinem Dienst zu berufen. Es ist ein großes Geschenk des Himmels, das in euer Haus kommt. Es ist eine Blume, die eurem Blute entspross, betaut ist mit Himmelstau und duftet von jungfräulichem Geruch, die ihr dem Altare und dem Willen des Herrn darbringt, damit sich ein Leben entfalte, das ihm und den Seelen geweiht ist. Für den, der in rechter Weise der göttlichen Einladung entspricht, gibt es kein anderes Leben, das schöner und wahrhaft glücklicher gelebt werden könnte hienieden auf Erden; ein Leben, das auch für euch und die Eurigen zu einer Segensquelle wird. Uns kommt es vor, als sehen Wir, wie dieser Sohn oder diese Tochter, die ihr Gott geschenkt habt, sich vor ihm niederwerfen und die Fülle der himmlischen Gnade über euch herab rufen als Entgelt für das Opfer, das von eurer Liebe verlangt wurde, als ihr sie ihm schenktet. Wie viele Wünsche, wie viele Gebete werden für euch, für ihre Brüder, für ihre Schwestern emporsteigen! .... Glaubt nicht, dass jene Herzen, die ganz unserem Herrn und seinem Dienst geschenkt worden sind, euch weniger stark oder weniger zart liebten oder lieben müssten: die Liebe zu Gott verleugnet und zerstört die Natur nicht, sondern vervollkommnet sie und trägt sie in eine höhere Sphäre, in der die Liebe Christi und die menschliche Liebe sich begegnen, in der die Liebe die Schläge des Menschenherzens heiligt und beide sich verbinden und umarmen ...
Gebt Gott die Ehre und dankt ihm dafür, dass er aus eurem Blute bevorzugte Helden und Heidinnen seines Dienstes gewählt hat, und steht nicht zurück hinter vielen christlichen Eltern, die ihn darum anflehen, er möge in Gnaden seinen Teil nehmen im schönen Kreise ihres Heimes, die sogar bereit sind, den einzigen Spross ihrer Hoffnungen ihm zu opfern."(6)
Es lässt sich nicht berechnen, in welcher Form das jungfräuliche Leben einer Frau am verdienstvollsten, am leichtesten oder schwersten ist. Das kommt nicht nur auf die Wesensart der einzelnen an, sondern hängt auch von den Lebensumständen ab, ob diese ihr zum Beispiel Pflichten der eigenen Familie gegenüber auferlegen oder eine zarte oder gefährdete Gesundheit ein Gemeinschaftsleben unmöglich macht. Eine echte Berufung zum Ganzopfer wird da den rechten Weg zeigen. Durch die Berufstätigkeit der Frau ist längst die Scheu vor dem einsamen Altwerden überholt, die Missachtung der alten Jungfrau verschwunden; denn selbst dem Sieges bewusstesten Mann ist klar geworden, dass ein Unverheiratetsein der berufstätigen Frau, zumal wenn sie in hoher Stellung ist, nicht gleichzusetzen ist einem Nichtbegehrtwordensein. Keine Regierung, kein großer Betrieb und keine Behörde möchten heute wohl die zuverlässigen, treuen Mitarbeiterinnen entbehren. Welche Möglichkeiten es gibt, hier echtes Apostolat auszuüben, erlebten wir im "Dritten Reich" zum Beispiel in der unbeugsamen Haltung der katholischen Lehrerinnen. Es ist schon etwas Großes um ein tapferes Frauenleben, das einsam, aber ohne Verbitterung, sich für das Wohl der Mitmenschen einsetzt. Das ist aber nur möglich, wenn die Kraftquelle dieses Lebens aus Gott strömt. In der Freiwilligkeit dieses Einsambleibens liegt der Grund, dass solche Frauen trotz aller Arbeit und sehr vieler Enttäuschungen jung bleiben in ihrem Wesen, was ihnen wiederum den Erfolg in ihrer Arbeit verbürgt. Eine Lehrerin, Kindergärtnerin, Krankenpflegerin darf nicht altjüngferlich, gehemmt, verbittert werden, sonst kann sie Kindern und Kranken nichts mehr geben.
Heute haben wir Berufe, die die Frau ganz in den Dienst der Religion, der Kirche stellen. Das sind die Seelsorgehelferinnen, die in der Pfarrarbeit und im Religionsunterricht der Volksschulen eingesetzt sind, und die Katechetinnen, die in Volks- und Berufsschulen unterrichten. Dazu kommen in steigendem Maße die akademisch ausgebildeten Laientheologinnen, die zum Vollstudium der Theologie an den Universitäten bereits nach dem ersten Weltkrieg zugelassen wurden. Die Seelsorgehelferinnen und Katechetinnen werden an vielen von der Kirche selbst eingerichteten oder anerkannten Instituten ausgebildet, so dass sie nach Abschluss ihrer Vorbereitungszeit ihren Vorgesetzten und der kirchlichen Behörde bekannt sind und als zuverlässig in die Arbeit entlassen werden können. Dann erfolgt ihr Wirken nicht nur unter dem Pfarrer, sondern geradezu unter den Augen einer ganzen Pfarrgemeinde, was den jungen Menschen eine große Hilfe bedeuten kann. Den Studienassessorinnen und Studienrätinnen, die Theologie studierten, steht die Kirche im ganzen noch abwartend gegenüber. Der Mangel an Priestern macht ihren Einsatz notwendig, und tatsächlich werden sie auch im Religionsunterricht an der höheren Schule beschäftigt, aber ein gewisser Vorbehalt von Seiten vieler kirchlicher Behörden ist spürbar. Es ist eine Frage, die noch in der Zukunft zu lösen sein wird, wie die Laientheologinnen während der Studentenzeit über das Studium hinaus in kirchliche Aufsicht kommen. Da natürlich die meisten dieser Frauen in der Welt bleiben, ohne jeden Zölibatszwang, kann die Konviktserziehung der angehenden Kleriker nicht einfach übernommen werden. Das Zeugnis, das die theologischen Fakultäten nach den neuesten Prütungsordnungen vor der Zulassung von Laientheologen zum Staatsexamen vom zuständigen Ortspfarrer einholen, dürfte kaum genügen, zumal nicht, wenn die Laientheologin aus einer Großstadt-Pfarre kommt. Aber eine Lösung muss gefunden werden, damit der jeweiligen bischöflichen Behörde über das formal-theologische Wissen hinaus eine Gewähr für den Charakter der Religionslehrerin gegeben ist. Das entspricht auch den mahnenden Worten des Papstes Pius XII. in seiner Ansprache vom 31. Mai 1954 vor 350 Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen, die zur Heiligsprechung Pius' X. nach Rom gekommen waren, über das ,Lehramt der Bischöfe', wenn er sagt:
"Was aber nun die Laien angeht, so weiß man, dass auch sie von den zuständigen Inhabern des Lehramtes bei der Verteidigung des Glaubens als Helfer und Helferinnen berufen und zugelassen werden. Es genügt, an den Religionsunterricht, den Tausende von Männern und Frauen geben, wie an andere Formen des Laienapostolats zu erinnern. Dies alles verdient hohes Lob und kann, ja muss mit allem Eifer gefördert werden. Aber all diese Laien sollen unter der Autorität, Führung und Aufsicht derer stehen und bleiben, die durch göttliche Einsetzung in der Kirche Christi als Lehrer bestellt sind. Es gibt nun einmal in der Kirche in Sachen des Seelenheils keine Lehrtätigkeit, die dieser Gewalt und Aufsicht entzogen wäre."(7)
Außer dem gründlichen Wissen müssen eine religiöse Gesamthaltung, innere und äußere Disziplin eine notwendige Forderung sein. Das Interesse und die Liebe für das theologische Wissen entsprechen dem religiösen Charakter der Frauen, aber das Studium darf dabei nicht zu einer Konjunkturfrage entwertet werden. Dieses Problem fiel bei den Laientheologinnen der Zwanzigerjahre fort, da wir damals kaum mit der Auswertung unseres Studiums in der Schule rechnen konnten, jedenfalls nicht im Religionsunterricht. Eine ideale Lösung, allerdings Teillösung, wäre der Zusammenschluss von Laientheologinnen in einem weltlichen Institut, wie denn auch tatsächlich schon einige solchen Instituten angehören. Aber eine volle Lösung ist damit nicht gegeben, denn das Theologiestudium schließt ja keineswegs den Weg in die Ehe aus, noch kann es zu einem Opferleben nach den Evangelischen Räten verpflichten.
II.
Für die Menschen, die in sich die Berufung zur Jungfräulichkeit spüren, sich durch die drei Evangelischen Räte binden, aber andererseits inmitten der Welt in ihrem Beruf das Apostolat ausüben möchten, hat die Kirche den Weg der Weltlichen Institute eingerichtet. Der Gedanke ist keineswegs neu, das wissen wir aus der Kirchengeschichte, wenn wir an den hl. Franz von Sales, an den hl. Vinzenz von Paul, an die hl. Angela Merici denken. Immer aber mussten sich die Neugründungen dem Klausurzwang ihrer Zeit fügen, um anerkannt zu werden. Erst im letzten Jahrhundert bilden sich daher Institute, die ihre Mitglieder verpflichten, der religiösen und sozialen Not unserer Zeit durch ihr vorbildliches Leben nach den Evangelischen Räten in der Welt, in ihrem Beruf und ohne geistliches Kleid Hilfe zu bringen. Besonders für die Frau ist diese Einrichtung ein großer Segen, denn nach ihrer Veranlagung kann sie nur schwer die Zugehörigkeit zu einem gleichgesinnten Freundeskreis oder zu einem Heim entbehren. Das Weltliche Institut gibt ihr den seelischen Halt und den sicheren Hintergrund. So wurde die Apostolische Konstitution für die Weltlichen Institute "Provida mater", die Papst Pius XII. am Lichtmeßtage, dem 2. Februar 1947, herausgab und durch die er die Weltlichen Institute kirchenrechtlich als weltliche Ordensformen anerkannte, vor allem für die Frau ein großes Geschenk.
Hier soll ein Auszug aus der Konstitution "Provida Mater" folgen:
"Im Laufe der Jahrhunderte hat unsere Kirche, als treue Braut Christi und sich selber immer gleich, unter der Führung des Heiligen Geistes und in ständigem sicheren Fortschreiten bis zur Gründung des heutigen Kodex des kirchlichen Rechts die Regeln des Standes der Vollkommenheit allmählich weiterentwickelt. Sie beugte sich mütterlich über diejenigen, die freiwillig in verschiedenen Formen die Vollkommenheit des Lebens öffentlich und nach außen bekannten, und stand ihnen allen in ihrem heiligen Vorhaben unermüdlich in doppelter Hinsicht bei. Dadurch, dass dies alles weise, klug und liebevoll geregelt worden war, war für die Zahl der Seelen, die die Welt verlassen und einen neuen, im strengen Sinn kanonischen Stand ergreifen wollten, der einzig und vollständig der Erlangung der Vollkommenheit geweiht wäre, in weitestem Maße gesorgt worden. Indessen hat der gütigste Gott, der ohne Ansehen der Person (Röm 2, 11 ; Eph 6, 9; Kol 3, 25) alle Gläubigen immer wieder aufruft, überall die Vollkommenheit zu suchen und zu üben (Mt 5, 48; 19, 12; Kol 4, 12; Jak 1, 4), es nach dem Rate seiner wunderbaren göttlichen Vorsehung so gefügt, dass auch in der Welt, die zumal in unserer Zeit von zahllosen Lastern entstellt ist, eine große Zahl auserwählter Seelen geblüht haben und immer noch blühen, die nicht nur im Verlangen nach persönlicher Vollkommenheit brennen, sondern einem besonderen Ruf Gottes folgen, wenn sie in der Welt bleiben und hier hervorragende neue Formen von Genossenschaften finden, die den Erfordernissen der Zeit genau entsprechen und in denen sie ein Leben führen wollen, das mit der Erlangung der christlichen Vollkommenheit vereinbar ist.
Indem Wir nun die edlen Familien der Vollkommenheit in foro interno von Herzen der Klugheit und dem Eifer der einzelnen geistlichen Führer empfehlen, wenden Wir selber Uns den Genossenschaften zu, die sich bemühen, ihre Anhänger vor der Kirche sozusagen, in foro externo, zu einem Leben echter Vollkommenheit zu führen. Es handelt sich hier jedoch nicht um alle Vereine, die in der Welt aufrichtigen Herzens nach christlicher Vollkommenheit streben, sondern nur um jene, welche durch ihre innere Struktur, durch die hierarchische Gestalt ihres Aufbaues, durch die vollständige, auf Grund keiner anderen Bindungen beschränkte Hingabe, die sie von ihren eigentlichen Mitgliedern verlangen, durch das Gelübde der Befolgung der Evangelischen Räte und schließlich durch ihren Zweck, Priestertum und Apostolat auszuüben, ihrem Wesen nach dem kanonischen Stand der Vollkommenheit und insbesondere den Genossenschaften ohne öffentliche Gelübde (tit. XVII) nahekommen, wenn sie sich auch nicht zum religiösen Gemeinschaftsleben, sondern zu anderen äußeren Formen entschließen.
Diese Vereinigungen, die daher den Namen ,Weltliche Institute' erhalten haben, sind nicht ohne besondere Fügung der göttlichen Vorsehung zuerst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts gegründet worden, ,um die Evangelischen Räte in der Welt genau zu befolgen und die Werke der Nächstenliebe in größerer Freiheit vollbringen zu können, an deren Ausübung die Orden durch die Ungunst der Zeit ganz oder fast ganz verhindert wurden' (S. C. Episcoporum et Regularium dec. ,Ecclesia Catholica', d. 11. augusti 1889, siehe A. S. S. XXIII, 634). Da ältere Einrichtungen dieser Art gute Proben ihres Wirkens abgelegt haben und da sie durch Taten und Werke hinreichend und immer mehr bewiesen, dass durch kluge und strenge Auslese der Mitglieder, durch deren sorgsame lange Ausbildung, durch eine angemessene, zugleich feste und biegsame Lebensregel gewiss auch in der Welt auf Grund einer besonderen Berufung Gottes und mit Hilfe der göttlichen Gnade eine sehr strenge und wirksame und nicht nur innerliche, sondern auch äußerliche, fast ordensmäßige Weihe an Gott stattfinden und damit ein sehr brauchbares Instrument für die Durchdringung der Welt und das Apostolat geschaffen werden können; aus diesen vielfältigen Gründen wurden jene Genossenschaften von Gläubigen ebenso wie die wahren Ordensverbände vom Heiligen Stuhl ,mehr als einmal gelobt' (S. C. Episcop. et Regul. dec. ,Ecclesia Catholica').
Bei der erfreulichen Zunahme dieser Institute wurde es von Tag zu Tag deutlicher, in wie vielfältiger Hinsicht sie zur Hilfe der Kirche und der Seelen eingesetzt werden konnten. Um die Durchführung eines Lebens der Vollkommenheit immer und überall ernstlich zu ermöglichen; um es in Fällen, in denen ein kanonisches Ordensleben unmöglich oder unzuträglich ist, dennoch überhaupt zugänglich zu machen; um die große christliche Erneuerung der Familie, der Berufe, der ganzen bürgerlichen Gesellschaft durch die innige tägliche Berührung mit einem völlig und ganz der Heiligung geweihten Leben zu fördern; bei vielfältigen Aufgaben des Apostolats und zur Abhaltung von Gottesdiensten an Orten, zu Zeiten oder Umständen, die Priestern oder Ordensleuten verboten oder unzugänglich sind: zu alle dem können diese Institute leicht verwendet und eingesetzt werden. Andererseits hat die Erfahrung gezeigt, dass es nicht an Schwierigkeiten und Gefahren fehlt, die dieses frei geführte Leben der Vollkommenheit ohne die äußere Hilfe eines Ordenskleides und den Halt eines gemeinsamen Lebens, ohne die Wachsamkeit der Ordinarien, die manchmal nichts von ihnen wissen, und der Vorgesetzten, die oft lange abwesend sind, leicht mit sich bringt. Man fing auch an, sich über die rechtliche Stellung dieser Institute und über die Absichten des Heiligen Stuhles bezüglich ihrer Approbation zu streiten. In diesem Zusammenhang scheint es Uns richtig, an das Dekret ,Ecclesia Catholica' zu erinnern, das die Heilige Kongregation der Bischöfe und Regularen herausgegeben hat und das am 11. August 1889 von Unserem Vorgänger unvergänglichen Angedenkens Leo XIII. bestätigt worden ist (vgl. A. S. S. 23, 634). In diesem wurde die Belobigung und Anerkennung dieser Institute nicht verboten, jedoch betont, dass die Heilige Kongregation, wenn sie jene Institute lobte und billigte, sie ,nicht als Orden feierlicher Gelübde oder echter Ordenskongregationen einfacher Gelübde, sondern als fromme Genossenschaften' lobe und billige, da in ihnen neben anderem, was nach der heutigen Kirchendisziplin gefordert wird, keine eigentliche Ordensprofess verlangt wird, sondern Gelübde, deren Erfüllung als Privatsache gilt, die aber nicht öffentlich im Namen der Kirche von einem Oberen entgegengenommen werden.' Außerdem können - so fügte die Kongregation hinzu - diese Genossenschaften nur unter der ausschlaggebenden Bedingung gelobt und gebilligt werden, dass sie ihren jeweiligen Ordinarien voll und ganz bekannt sind und sich deren Jurisdiktion unterwerfen. Diese Verordnungen und Erklärungen der Heiligen Kongregation der Bischöfe und Regularen trugen wesentlich dazu bei, die Natur dieser Institute zu klären; sie gaben ihrer Entwicklung und Fortbildung eine Richtung, ohne sie dadurch zu beengen. In unserem Jahrhundert haben sich diese Institute in der Stille vervielfältigt und verschiedene voneinander stark abweichende Formen, teils selbständiger Art, teils in unterschiedlicher Anlehnung an Orden und Genossenschaften, entwickelt. Über sie hat die Apostolische Konstitution ,Conditae a Christo', die sich um die religiösen Genossenschaften so eingehend kümmerte, nichts festgelegt. Auch der Codex Juris Canonici schweigt mit Absicht über diese Institute, und da die Frage, wie ihre Verhältnisse zu regeln seien, noch nicht spruchreif erschien, hat er dies einer künftigen Gesetzgebung überlassen. Dies alles haben Wir bei Uns als Aufgabe Unseres Gewissens und aus der väterlichen Liebe, die Wir jenen Seelen entgegenbringen, die inmitten der Welt so hochherzig nach Heiligkeit streben, wieder und wieder bedacht; Wir haben uns von der Überlegung leiten lassen, dass es notwendig sei, eine zugleich weise und strenge Unterscheidung der Genossenschaften durchzuführen und jene als echte Institute anzuerkennen, die das Gelöbnis eines uneingeschränkten Lebens der Vollkommenheit gültig ablegen, um damit der Gefahr vorzubeugen, dass immer neue Institute gegründet werden: denn sie werden häufig unüberlegt und unvorsichtig gegründet. Damit aber jene Institute, die eine Bestätigung verdienen, eine derartige, besonders rechtliche, Ordnung erhielten, wie sie ihrer Natur, ihren Zielen, ihren Mitgliedern entspricht, erwogen und beschlossen Wir, für die Weltlichen Institute eben das zu tun, was Unser Vorgänger unvergänglichen Angedenkens Leo XIII. für die Kongregationen mit einfacherem Gelübde durch die Apostolische Konstitution, Conditae a Christo' (vergleiche Leonis XII. Acta, vol. XX, p. 317-327) so klug und weise getan hat. Daher erlassen Wir durch das vorliegende Schreiben ein Generalstatut für die Weltlichen Institute, das von der Obersten Heiligen Kongregation des Heiligen Offiziums, soweit es dessen Kompetenz angeht, sorgfältig geprüft und von der Heiligen Religionskongregation auf Unseren Wunsch und Befehl hin sorgsam geordnet und redigiert worden ist. Alles, was folgt, erklären, beschließen und verordnen Wir kraft Unserer Apostolischen Autorität ... "(8)
Hierauf folgt in zehn Artikeln das "Besondere Gesetz für die Weltlichen Institute".
Ein Jahr später gab Pius XII. am 12. März 1948 ein Motu proprio über die Belobigung und Bestätigung Weltlicher Institute heraus, worin er weitere "Erklärungen, Entscheidungen und Verordnungen" bekanntmacht.
Zu Anfang schreibt der Papst:
"Das erste Jahr seit Veröffentlichung Unserer Apostolischen Konstitution ,Provida Mater' (vgl. A. A. S. 39,4 S. 114) ist erfolgreich verlaufen. Wenn Wir uns die große Zahl ,mit Christus in Gott' (Kol 3, 3) verborgener Seelen vor die Augen führen, die inmitten der Welt nach Heiligkeit streben und ,hochherzig und bereitwillig' (2 Makk 1, 3) in den neuen Weltlichen Instituten ihr ganzes Leben mit Freuden Gott weihen, dann können Wir nicht umhin, der göttlichen Güte für diesen neuen Heereszug zu danken, durch den sie die Schar jener vermehrt hat, die sich zu einem Leben nach den Evangelischen Räten inmitten der Welt bekennen. Danken müssen Wir in gleicher Weise auch für die Hilfe, die dem katholischen Apostolat unserer aus den Fugen geratenen unheilvollen Zeit in überaus großer Vorsehungsweisheit Verstärkung brachte.
Dem Heiligen Geist ist es eigen, das Angesicht der Erde, das durch so viele und so große Übel ständig verwüstet und entstellt wird, neu zu erschaffen und ohne Unterlass zu erneuern (vg1. Ps 103, 30). Er ist es auch, der eine so große Zahl vielgeliebter Söhne und Töchter, denen Wir voll Liebe im Herzen Unseren Segen erteilen, zu sich berief, auf dass sie, in den Weltlichen Instituten vereint und wohlgeordnet, das nie ermangelnde Salz einer geistlosen und umnachteten Welt seien, an der sie zwar keinen Anteil haben (vgl. Joh 15, 19), in der sie aber dennoch nach göttlicher Anordnung ausharren müssen ... "(9)
Durch den Artikel III § 4 bestimmt Papst Pius XII., dass die Weltlichen Institute "doch für den Notfall und aus Nützlichkeitsgründen ein oder mehrere gemeinsame Häuser" haben müssen als Sitz der Leitung, Ausbildungsort, für geistliche Übungen und ähnliche Zwecke und für kranke Mitglieder und solche, die nicht für sich wohnen können oder sollen. Damit ist das Heim, das Herz der religiösen Familie, gegeben, ohne das Frauen, die ganz ohne eigene Familie, ganz auf sich selbst gestellt sind, nur schwer auskommen, falls sie sich gesund und gradlinig entwickeln sollen.
III.
Wenn Papst Pius XII. durch die Konstitution ,Provida Mater' einer Forderung unserer Zeit entsprach, die ihre Apostel möglichst unauffällig überallhin entsendet sehen muss, so gilt seine Liebe und Fürsorge darum keineswegs geringer den alten Orden und Kongregationen. Hier waren seit vielen Jahrhunderten die Frauen zu finden, die in Gebet, Arbeit und Opfer Sühne leisten für das, was ihre Mitschwestern - denn das bleiben jene trotz ihrer Irrwege - durch ihre Schuld gegen ihren Schöpfer sündigen. Auf der einen Seite Frauen, die sich gegen die Empfängnis mehrerer Kinder oder auch nur eines einzigen auflehnen, auf der anderen Frauen, die ihre Mütterlichkeit fremden Kindern oder Kranken schenken. Auf der einen Seite Missbrauch der hohen Frauenwürde, selbst in der Ehe, bis zu den widernatürlichsten Sünden, auf der anderen Frauen, die das Ganzopfer ihres Lebens bringen und in schweren einsamen Stunden und Kämpfen ihres Lebens, die umso stärker sein können, je echter ihre Fraulichkeit ist, tapfer und beharrlich ihre Reinheit bewahren: ein Ausgleich, der als Sühne der Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes geschuldet wird.
Aus dem Schluss der angeführten Worte aus der Enzyklika: »De sacra virginitate" und aus der Ansprache vom 25. März 1942 geht die Sorge des Papstes hervor, die er um den Bestand der Klöster, um die treuen Helfer der Kirche hat und fühlt. Wie kann er Abhilfe schaffen, wodurch kann er selbst zum Neuaufbau beitragen? Das ist die große sorgende Frage des Heiligen Vaters, aus der seine Konstitution "Sponsa Christi" und seine Ansprache an den Ordenskongress vom 8. Dezember 1950 und an die weiblichen Orden vom 15. September 1952 entstanden sind.
Die Apostolische Konstitution "Sponsa Christi" vom 21. November 1950 gibt Richtlinien des Papstes zur Förderung der weiblichen Orden. Nach einem historischen Rückblick auf den Beginn des gemeinschaftlichen Lebens, in dem er die Verdienste der Nonnenklöster, ihre strenge Zucht darstellt, geht er auf die Ende des 16. Jahrhunderts erfolgte Unterscheidung zwischen den alten Orden und den neuen Kongregationen ein, sodann auf die Teilung in rein kontemplative und tätige apostolische Orden, um schließlich die Erfordernisse der Gegenwart ins Auge zu fassen.
" ... Im Gegensatz dazu [zu dem kontemplativen Ziel] gibt es gewisse Züge in der Institution der Frauenorden, die zu diesem Ziel nicht notwendig sind und es nicht ergänzen, die vielmehr äußerlich und historisch sind, das heißt solche, die zweifellos aus den Verhältnissen vergangener Zeiten hervorgegangen sind; und diese haben sich geändert. Wenn diese Elemente nicht mehr nützen oder ein größeres Gut verhindern können, so lässt sich kein besonderer Grund einsehen, an ihnen festzuhalten.
So haben Wir Uns denn entschlossen, während Wir die ursprünglichen und wesentlichen Elemente der ehrwürdigen Einrichtung der Ordensfrauen vollständig beibehalten, hinsichtlich der anderen Elemente, die man äußerlich und nebensächlich nennen könnte, ihnen mit Weisheit und Klugheit gewisse Anpassungen an die gegenwärtigen Verhältnisse zu gewähren, die dieser Einrichtung nicht nur größeren Glanz, sondern auch vollere Wirksamkeit verleihen können.
Wir sind geneigt und selbst gezwungen, der Institution der Klosterfrauen diese vernünftigen Modernisierungen zu gewähren, auf Grund der Informationen, die Wir aus allen Gegenden der Welt empfangen und die Uns mit Sicherheit die große Notlage erkennen lassen, in der sich häufig, um nicht zu sagen immer, die Klosterfrauen befinden. Ja, es gibt zahlreiche Klöster, deren Mitglieder - ach - fast vor Hunger, Elend und Entbehrungen sterben; es gibt viele andere, die infolge von materiellen Schwierigkeiten ein hartes und meist unerträgliches Leben führen. Es gibt außerdem Klöster, die zwar nicht im Elend leben, die aber, weil sie von jedem anderen Kloster getrennt und isoliert sind, häufig zugrunde gehen. Außerdem bringen die zu strengen Gesetze der Klausur oft große Schwierigkeiten mit sich. Schließlich wachsen die Bedürfnisse der Kirche und der Seelen ständig und verlangen die Mitwirkung aller, die dringend notwendige, vielfache Hilfe aufzubringen. So scheint der Augenblick gekommen, das monastische Leben im allgemeinen, selbst bei den Klosterfrauen, die ganz der Kontemplation geweiht sind, mit einer maßvollen Teilnahme am Apostolat zu verbinden. "(10)
Dann folgen neue Regelungen über Gelübde und Klausur. Pius XII. wünscht sie jedoch so, dass das "wirkliche und aufrichtig kontemplative Leben der ganzen Gemeinschaft wie jeder einzelnen Nonne nicht nur gewahrt, sondern auch ständig genährt und gestärkt wird". - "Die feierlichen Gelübde ... stellen das kanonisch unerlässliche und hauptsächliche Kennzeichen der Orden dar", und die Klosterfrauen dürfen "nicht der Ehre, des Verdienstes und der Freude beraubt werden, die feierlichen Gelübde abzulegen, die ihnen zukommen." Dann unterscheidet der Papst zwischen der großen Klausur der ausschließlich kontemplativen Orden und der kleinen, gemilderten päpstlichen Klausur für "Klöster kontemplativen Lebens, aber ohne feierliche Gelübde und mit Ausübung gewisser Dienste", die sich "mit dem kontemplativen Leben vertragen". Pius XII. fordert aus verschiedensten Gründen den Zusammenschluss gewisser Klöster und spricht weiterhin über die geistige und körperliche Arbeit der Ordensfrauen, zu der sie verpflichtet sind. Diese muss einerseits den "überlieferten Bräuchen jedes Ordens und den Kräften der Ordensfrauen angemessen sein", soll aber andererseits einen gesicherten Lebensunterhalt gewährleisten. Zum Schluss spricht Pius XII. von den Werken der Nächstenliebe, die vornehmlich zum Apostolat der Ordensfrauen gehören; ihr Beispiel, ihr Gebet und ihre Abtötungen sind dafür unerlässlich.
Hierauf folgen ausführlich die allgemeinen Statuten.
Während Papst Pius XII. in der Konstitution "Sponsa Christi" den Ordensfrauen Richtlinien gab für die Anpassung an die heutige Zeit, war es die Aufgabe des Kongresses der männlichen Orden, der als "einmaliges Ereignis der Kirchengeschichte" Anfang Dezember 1950 in Rom tagte, die gleichen Entschlüsse für die männlichen Ordensgemeinschaften zu fassen. Aus der lateinischen Ansprache, die der Papst am 8. Dezember an den Kongress richtete, entnehmen wir nun einige Sätze.
"... Sind im übrigen solche Mönche und Nonnen, die an den Unternehmungen zur Ausbreitung des Evangeliums teilnehmen, die die Kranken pflegen, die Jugend erziehen, in der Schule arbeiten, etwa von der menschlichen Gemeinschaft abgesondert und haben sie ihren Willen ihr entfremdet? Kämpfen vielmehr nicht viele von ihnen ebenso wie die Weltgeistlichkeit und deren Laienhelfer in den ersten Schlachtreihen für die Sache der Kirche? ... Wenn die Zahl derer, besonders der jungen Mädchen, die in den geschlossenen Garten des Ordenslebens eintreten wollen, abnimmt, so geschieht das meist deswegen, weil es ihnen zu hart erscheint, ihr eigenes Urteil aufzugeben und ihre Entscheidungsfreiheit niederzulegen, was das Gehorsamsgelübde seiner Natur nach mit sich bringt ... Ihr wisst, dass man häufig davon spricht, die tätige Nächstenliebe verliere allmählich ihre religiöse Natur und werde von der Welt übernommen (laisiert). Aber die Wohltätigkeit, die ihre Wurzel nicht im Glauben hat, sondern anderen Ursprungs ist, ist nicht Caritas und kann nicht katholisch genannt werden. Die Caritas hat eine Würde, eine Tiefe, hat Kräfte, die die bloße Philanthropie, selbst wenn sie an Werken und Hilfsmitteln reich ist, nicht besitzt. Ebenso, wenn man die katholischen Ordensschwestern in der Krankenpflege mit den Krankenpflegerinnen vergleicht, die diesen Beruf nur aus Menschenliebe oder um des Lohnes willen ausüben, so besitzen jene etwas, was anders und größer ist. Sie können allerdings hinter anderen zurückstehen, was die technischen Hilfsmittel anbelangt; und Wir ermahnen sie daher auch jetzt, dass sie in dieser Hinsicht mit den anderen Schritt halten, ja sie sogar übertreffen. Doch wo Ordensschwestern arbeiten, in denen der Geist ihres Ordens lebendig ist, da wird eine Atmosphäre verbreitet, in der die Tugend Erstaunliches leistet, denen weder die technischen Erfindungen noch die ärztliche Kunst gleichkommen.
Daher sollen die Orden und Kongregationen, die sich einem aktiven Leben weihen, all das im Auge behalten und pflegen, worin ihrem Wirken die heiligen Richtlinien voranleuchten, und in der Tiefe eines reinen Gewissens sollen sie das Feuer des Heiligen Geistes wachhalten."(11)
Im September 1951 fand in Rom der Erste internationale Kongress der weiblichen Erzieherorden statt. Die Ordensschwestern hatten am 14. September Audienz beim Heiligen Vater, der an sie eine Ansprache über die Mädchenerziehung in der heutigen Zeit hielt. Der Papst greift darin eine Reihe von Fragen auf, die insbesondere die Erziehung an Klosterschulen betreffen; er gibt Anregungen und stellt klare Forderungen und Wünsche an die Ordensschwestern.
Die Ansprache wird ohne Kürzung hier wiedergegeben:
"Besonders willkommen ist uns die Gelegenheit, die eure Teilnahme am Kongress der religiösen Erzieherinnen uns gibt, um ein Wort des herzlichen und väterlichen Lobes über die Tätigkeit der Ordensfrauen auf dem Gebiet der Schule und der Erziehung in Italien und in der ganzen Welt auszusprechen.
Wie hätte die Kirche in der vergangenen und in der jüngsten Zeit voll und ganz ihre Sendung erfüllen können, ohne die Arbeit, die Hunderttausende von Ordensfrauen mit so viel Eifer in der Erziehung und in der Nächstenliebe vollbringen? Und wie hätte sie sie unseren Jugendlichen gegenüber erfüllen können? Zweifellos arbeiten viele andere wertvolle Kräfte mit den Ordensfrauen oder neben ihnen in der Schule und in der Erziehung und widmen sich dem Laienapostolat. Wir denken besonders an das Heer der guten katholischen Lehrkräfte an den staatlichen Schulen. Aber sie selbst werden sich nicht wundern, wenn Wir heute, geliebte Töchter, zu euch sprechen, die ihr euch hier um Uns als Vertreterinnen der Orden und Kongregationen, die sich dem Apostolat der Schule und der Erziehung widmen, versammelt habt. Mögen die Hingabe, die Liebe und die Opfer, die ihr zumeist im stillen und verborgenen um der Liebe Christi willen zum Vorteil der Jugend erduldet, in der Zukunft wie in der Vergangenheit hundertfache Früchte des Guten bringen! Der Herr möge euch dafür belohnen und über euch die Fülle seiner göttlichen Gnade ausgießen. Unsere Glückwünsche kommen umso inniger aus Unserem Herzen, weil Wir mit euch die Krisis fühlen, die eure Schulen und eure Erziehungsinstitute durchmachen. Diese Krisis wird durch die Gegenüberstellung gekennzeichnet; heutige Jugend - Schule von Ordensfrauen. Zweifellos konntet ihr euch bei eurem Kongress ausführlich über dieses Thema besprechen. Viele Punkte, die für euch ebenso wie für die Ordensbrüder gelten und sich auf die Frage eurer Tätigkeit beziehen, sind von Uns schon in der Rede vom 8. Dezember 1950 dargelegt worden. Deswegen können Wir Uns hier auf die eine oder die andere Seite eures Problems beschränken, das nach Unserer Meinung einer Betrachtung wert ist.
1. Wenn ihr die schmerzliche Erfahrung macht, dass die geistliche Erzieherin und das junge Mädchen von heute sich nicht mehr gut verstehen, so ist das kein besonderes Phänomen für eure Krisis. Den anderen Lehrkräften und oft den Eltern selbst geht es manchmal nicht besser. Es ist tatsächlich nicht nur eine leere Phrase, wenn man sagt, dass die Jugend sich geändert hat und ganz anders geworden ist. Vielleicht ist der Hauptgrund des Anders-seins der heutigen Jugend derselbe, der der Gegenstand häufiger Beobachtungen und Klagen ist: die Jugend ist respektlos gegenüber vielen Dingen, die früher bis in die spätere Jugend hinein mit viel größerer Achtung angesehen wurden. Für diese Haltung trifft allerdings die heutige Jugend nicht die ganze Schuld. Sie hat in den Jugendjahren Furchtbares erlebt und hat vor ihren Augen viele hochgeschätzte Ideale vergehen und erbärmlich fallen sehen. Infolgedessen ist sie misstrauisch und abweisend geworden. Man muss außerdem hinzufügen, dass diese Klage des Nichtverstehens nicht neu ist; sie findet sich in jeder Generation und wird gegenseitig vorgebracht: zwischen dem reifen Alter und der Jugend, zwischen den Eltern und den Kindern, zwischen den Lehrern und den Schülern. Vor ungefähr einem halben Jahrhundert wurde das Problem mit viel Sentimentalität erörtert. Man liebte es, sich unverstanden zu fühlen. Heute verschiebt sich die Klage, die eines gewissen Hochmuts nicht entbehrt, auf das intellektuelle Gebiet. Dieses Nichtverstehen hat eine zweifache Wirkung zur Folge, die manchmal die Grenzen der Gerechtigkeit überschreiten kann, einmal eine Tendenz, jede Neuerung oder sogar den Anschein einer Neuerung zurückzuweisen, und einen übertriebenen Argwohn vor der Auflehnung gegen jede Tradition - andererseits einen Mangel an Vertrauen, der von jeder Autorität wegführt und der ohne jedes maßgebende Urteil mit einer Art mehr naiven als vernünftigen Haltung Lösungen und Ratschläge sucht.
Wenn man versuchen wollte, die Jugend zu reformieren und zu überzeugen, indem man sie unterwirft, sie zu überreden, indem man sie zwingt, so wäre das nutzlos und nicht immer gerecht. Ihr werdet viel leichter dazu gelangen, ihr Vertrauen zu erwerben, wenn ihr euch eurerseits darum bemüht, sie zu verstehen und von ihr verstanden zu werden - unbeschadet jener unveränderlichen Wahrheiten und Werte, die keine Veränderung im Geist und Herzen des Menschen zulassen. Die Jugend verstehen bedeutet gewiss nicht, alles billigen und alles in ihren Ideen, ihrem Geschmack, ihren phantastischen Launen, ihren künstlichen Begeisterungen hingehen lassen. Es besteht vor allem darin, zu unterscheiden, was daran begründet ist, und dies ohne Bitterkeit und ohne Unwillen anzuerkennen; dann darin, die Ursache ihrer Entgleisungen und Irrtümer zu suchen, die häufig nur einen unglücklichen Versuch darstellen, wirkliche und schwierige Probleme zu lösen; schließlich darin, mit Aufmerksamkeit die Geschehnisse und Verhältnisse der gegenwärtigen Zeit zu verfolgen.
Sich verständlich zu machen bedeutet nicht, die Missbräuche, Ungenauigkeiten, Verwirrungen, unklaren neuen Wortbildungen der heutigen Sprache und Syntax nachzuahmen, sondern in wechselnder und immer genauer Form den eigenen Gedanken klar auszudrücken, indem man zugleich versucht, den der anderen zu erraten, und indem man ihre Schwierigkeiten und ihre Unkenntnis und Unerfahrenheit in Rechnung stellt. Im übrigen ist es wahr, dass auch die heutige Jugend den wahren und ursprünglichen Werten durchaus zugänglich ist. Und gerade hier setzt eure Verantwortung ein. Ihr müsst die Jugend mit Natürlichkeit und Einfachheit behandeln, so wie jede von euch gemäß ihrem Charakter ist; aber alle müsst ihr zugleich jene religiöse Heiterkeit und jene Zurückhaltung zeigen, die auch die Welt von euch erwartet und hinter der sie eure Verbindung mit Gott fühlen muss. Es ist nicht nötig, dass ihr, wenn ihr mit den jungen Mädchen zusammen seid, andauernd von Gott sprecht. Aber wenn ihr es tut, soll es so sein, dass sie erkennen: ja, hier ist ein ursprüngliches Gefühl, das aus einer tiefen Überzeugung entspringt. Dann werdet ihr das Vertrauen eurer Schülerinnen gewinnen.
2. Und jetzt kommen Wir zu dem, was euch ganz besonders betrifft: das Ordensleben, euer Kleid, die Keuschheit, eure Regeln und Konstitutionen. Machen sie euch vielleicht weniger geeignet oder gar ungeeignet für den Unterricht und die Erziehung der heutigen Jugend?
Stellen wir vor allem fest: Diejenigen, die das Recht der Erziehung besitzen, die Eltern, sind nicht dieser Meinung. Die Schulen der Schwestern werden immer noch, sogar von vielen, die am Rande des religiösen Lebens stehen oder ihm gar fernstehen, gesucht und vorgezogen. In wie vielen Ländern sind die Berufe der weiblichen Erzieherorden und die Zahl ihrer Schulen bei weitem nicht zureichend für die Nachfrage! Und das ist kein bloßer Zufall. Darum kann man, nicht nur für Italien, sondern im allgemeinen, hinzufügen: Man muss von denen, die an der Gestaltung der Schulgesetzgebung mitwirken, so viel Gerechtigkeitsgefühl und - Wir möchten sagen - demokratischen Sinn erwarten, dass sie dem Willen der Eltern entsprechen und dafür sorgen, dass die von religiösen Instituten gegründeten und geleiteten Schulen keine schlechteren Existenzbedingungen haben als die staatlichen Schulen und dass ihnen jene Freiheit gewährt wird, die sie zu ihrer Entfaltung brauchen.
Nun wollen Wir kurz vom Ordensleben als solchem sprechen. Das Ordenskleid: wählt es so, dass es Ausdruck der inneren Natürlichkeit, der Einfachheit und der religiösen Bescheidenheit sei; dann wird es allen, auch der modernen Jugend, zur Erbauung dienen.
Die Keuschheit, die Jungfräulichkeit (die auch den inneren Verzicht auf jede menschliche Bindung einschließt), bewirkt keine Entfremdung der Seelen von der Welt. Sie löst und entfaltet vielmehr die Energien für umfassendere und höhere Aufgaben, die die Grenzen der einzelnen Familien überschreiten. Es gibt heute nicht wenige Ordenserzieherinnen und Krankenpflegerinnen, die im besten Sinne des Wortes dem Leben näher stehen als die durchschnittlichen Menschen in der Welt.
Auch die Normen der Konstitutionen erleichtern und verschaffen, wo sie nach dem Buchstaben und Geist genommen werden, der Ordensfrau alles, was sie in unserer Zeit braucht und tun muss, um eine gute Lehrerin und Erzieherin zu sein. Das zeigt sich auch auf rein technischem Gebiet. Zum Beispiel gebrauchen die Schwestern heute in vielen Ländern in den gebührenden Formen das Fahrrad, wenn ihre Arbeit es notwendig macht. Das war anfangs eine ganz neue Sache, widersprach aber nicht der Regel. - Es ist möglich, dass einige Punkte des Stundenplanes, einige Vorschriften, die bloße Anwendung der Regel sind, einige Gewohnheiten, die vielleicht vergangenen Verhältnissen entsprachen, aber heute das Erziehungswerk nur behindern, den neuen Umständen angepasst werden müssen. Die Oberinnen und die Generalkapitel mögen dafür sorgen, dass in diesen Angelegenheiten gewissenhaft, mit Weitsicht, Klugheit und Mut vorgegangen wird; wo der Fall es verlangt, sollen sie nicht versäumen, die vorgeschlagenen Änderungen den zuständigen kirchlichen Autoritäten vorzulegen.
Ihr wollt der Sache Jesu Christi und seiner Kirche dienen, wie es die Welt von heute verlangt. Es wäre daher nicht vernünftig, auf Formen und Gebräuchen zu bestehen, die diesen Dienst behindern oder vielleicht unmöglich machen könnten. Die Lehrschwestern und Erzieherinnen müssen so gut vorbereitet und so auf der Höhe ihres Berufes sein, müssen so in allem bewandert sein, mit dem die Jugend in Berührung kommt und von dem sie beeinflusst wird, dass die Schülerinnen bald ausrufen: Wir können mit unseren Problemen und Schwierigkeiten zu der Schwester gehen, sie versteht uns und hilft uns.
3. Damit sind wir zu jenen Anforderungen an die Schule und Erziehung gekommen, die Wir euch ganz besonders ans Herz legen wollen. Viele eurer Schulen werden Uns als sehr gut geschildert und gelobt. Aber nicht alle. Es ist Unser lebhafter Wunsch, dass alle sich bemühen, zu den Besten zu gehören. Das setzt jedoch voraus, dass eure Lehrschwestern ihre Materie kennen und vollkommen beherrschen. Sorgt also für ihre gute Vorbereitung und Ausbildung, die auch der vom Staat geforderten Qualität und den staatlichen Vorschriften entsprechen muss. Gebt ihnen großzügig alles, was sie brauchen, ganz besonders auch die Bücher, damit sie auch später noch den Fortschritten in ihrem Fach folgen und so der Jugend eine reiche und solide Ernte von Kenntnissen bieten können. Das entspricht der katholischen Auffassung, die mit Dank alles aufnimmt, was von Natur wahr, schön und gut ist.
Dazu kommt, dass die meisten Eltern euch ihre Töchter aus Gründen des christlichen Gewissens anvertrauen. Und das darf nicht dazu führen, dass sie davon den Schaden eines Unterrichtes von geringerer Qualität in euren Schulen haben. Im Gegenteil sollt ihr euren Ehrgeiz darein setzen, diesen Eltern die beste Bildung für ihre Töchter schon von den Volksschulen an zu sichern. Vergesst nicht, dass auch das Wissen und der gute Unterricht der Schwester Achtung und Respekt bei ihren Schülerinnen einbringt. Sie kann einen um so tieferen Einfluss auf ihren Charakter und ihr religiöses Leben gewinnen.
In dieser Hinsicht brauchen Wir euch nicht zu wiederholen, was ihr sehr wohl wisst und was auch zweifellos Gegenstand ausführlicher Diskussionen auf eurem Kongress gewesen ist. Es ist nämlich nach katholischer Auffassung das Ziel der Schule und Erziehung, den vollkommenen Christen zu erziehen oder, um dieses Prinzip auf eure Verhältnisse anzuwenden, einen solchen religiösen und sittlichen Einfluss auszuüben und das Kind und das junge Mädchen zu einer solchen Gewöhnung zu bringen, dass es, wenn es später sich selber überlassen ist, im katholischen Glauben fest bleibt und ihn bis zu den täglichen praktischen Folgen in die Tat umsetzt, oder dass wenigstens die begründete Hoffnung besteht, die Schülerin werde später gemäß den Grundsätzen und Normen ihres Glaubens leben. Euer ganzes Schul- und Erziehungssystem wäre vergeblich, wenn dieses Ziel nicht im Mittelpunkt eurer Arbeit stände. Für dieses Ziel mit allen euren Kräften zu arbeiten ist das, was der Herr von euch verlangt. Er hat euch zu der Aufgabe berufen, die weibliche Jugend zu erziehen, um sie zu echten Christinnen zu machen. Dafür verlangt er eure völlige Hingabe, und darüber wird er von euch eines Tages genaue Rechenschaft fordern. Das moderne junge Mädchen! Ihr könnt besser als viele die noch ungelösten Probleme und ernsten Gefahren ermessen, die die neuesten Entwicklungen der Frauenwelt, ihre jüngst erfolgte Einführung in alle Gebiete des öffentlichen Lebens mit sich gebracht haben. Hat es je eine Zeit gegeben, in der das junge Mädchen so wie in der heutigen für die Sache Christi und für einen tugendhaften Lebenswandel gewonnen und gebildet werden muss, und zwar innerlich zu ihrer Überzeugung und ihrem Willen, so dass sie Christus und den christlichen Forderungen treu bleiben kann trotz aller Versuchungen und aller Hindernisse, angefangen von der bescheidenen Kleidung bis zu den ernstesten und beängstigendsten Lebensfragen?
Möge es nie geschehen, dass ihr wegen materieller Vorteile, wegen des Ansehens der Person, wegen Reichtums und politischer Macht oder aus anderen Rücksichten euer Erziehungsideal verleugnet und eurer Aufgabe untreu werdet! Eine Gewissenserforschung während eures Kongresses kann da sehr heilsam sein.
Diese väterliche Ermahnung entspringt aus nichts anderem als aus Unserem Wohlwollen für euch, denn eure Sorgen sind auch Unsere Sorgen, euer glücklicher Erfolg ist auch der Unsrige.
Zur Erreichung dieses günstigen Ergebnisses kann auch die Eintracht und hochherzige Verständigung zwischen den verschiedenen Ordensfamilien beitragen. Gegenseitige Kenntnis und Ermutigung, ein heiliger Wetteifer können nur von gegenseitigem Vorteil sein. Vorzügliche Ansätze haben sich schon gezeigt; ihr braucht also nur fortzufahren.
Eure Aufgabe ist nicht leicht, wie überhaupt die christliche Erziehung heute ein nicht leicht zu erreichendes Ziel ist. Doch was die innere Bildung des jungen Mädchens anbetrifft, so bietet euch eure religiöse Berufung eine mächtige Hilfe. Der lebendige Glaube, die Vereinigung mit Gott, die Liebe Christi, mit der jede von euch sich gemäß dem Geist eurer Kongregation seit den Tagen eures Noviziats hat erfüllen können, die gemeinsame Arbeit unter einer einzigen Führung und in der gleichen Richtung: das alles wirkt stark auf die jungen Menschen - immer natürlich vorausgesetzt, dass ihr selber eurer Berufung gewachsen seid. Die göttliche Vorsehung lenke und leite alle eure Vorsätze und eure Unternehmungen! Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus erfülle eure Geister und Herzen! Die allerseligste Jungfrau und Mutter Maria sei euer Vorbild, euer Schutz und eure Fürsprecherin! Mit diesem Wunsch erteilen Wir euch, die ihr hier anwesend seid, allen euren lieben Mitschwestern und der ganzen eurer Sorge anvertrauten Jugend von Herzen Unseren Apostolischen Segen. "(12)
Im folgenden Jahr 1952 griff Papst Pius XII. die immer mehr zum Problem werdende Frage des Ordensnachwuchses nochmals auf bei Gelegenheit eines Kongresses der weiblichen Orden in Rom. Am 15. September 1952 empfing der Heilige Vater die Generaloberinnen der verschiedenen Orden in Audienz und gab ihnen in seiner Ansprache, in der er an die obige Rede anknüpft, weitere Richtlinien:
"Wir richten Unseren väterlichen Gruß an euch, geliebteste Töchter, die ihr in so großer Zahl zum Internationalen Kongress der Generaloberinnen der weiblichen Orden und Kongregationen gekommen seid. Am Ende eurer Arbeiten bittet ihr nun, da ihr die Ergebnisse eurer Überlegungen in die Tat umsetzen wollt, Uns um den Segen des Stellvertreters Christi.
Als die Heilige Kongregation der Religiosen Uns vorschlug, diesen Kongress zusammenzurufen, glaubten Wir zögern zu müssen; eine Unternehmung von internationalem Charakter wie diese fordert immer erhebliche Opfer an Zeit, Geld und persönlichem Einsatz. Man konnte jedoch die Notwendigkeit oder jedenfalls den großen Nutzen nicht leugnen. In der Tat haben Wir geglaubt, der guten Begründung nachgeben zu sollen, und die imponierende Versammlung, die Wir vor Unseren Augen haben, eure Anliegen, eure ganze Haltung zeigen Uns, dass ein ungeheurer guter Wille während dieser Tage am Werk war. Ja, geliebteste Töchter, das Echo des Kongresses, der gerade zu Ende geht, hat gezeigt, mit welchem Ernst ihr im Dienste Gottes steht und wie ihr euch verzehrt für eure klösterlichen Gemeinschaften und für die Kirche. Deshalb wolltet ihr von Uns ein Wort des Trostes, der Ermutigung und einige Richtlinien hören.
Vor genau einem Jahr haben Wir eine Anzahl Fragen, die die rechte Verfassung der weiblichen Erzieherorden und -kongregationen und ihre angemessene Anpassung an die gegenwärtige Lage betrafen, im einzelnen behandelt. Ein Teil der Hinweise, die Wir damals gegeben haben, wenn nicht die meisten, gelten auch für alle anderen weiblichen Kongregationen. Die Erfahrungen des inzwischen verflossenen Jahres legen es Uns nahe, eure Aufmerksamkeit auf die damals gegebenen Richtlinien zu lenken. Wir fordern euch auf, ihnen mutig zu folgen, wenn eure Schwestern und eure eigene Erfahrung euch sagen, dass der Augenblick gekommen ist, in vernünftiger Weise den Formen des gegenwärtigen Lebens Rechnung zu tragen. Wir haben einen ganz besonderen Anlass, so zu euch zu sprechen. Ihr wisst, dass die Frauenorden eine recht ernste Krise durchmachen: Wir meinen damit den Rückgang der Berufungen. Diese Krise hat gewiss noch nicht alle Länder erreicht. Und auch dort, wo sie sich bemerkbar macht, ist ihre Heftigkeit nicht überall gleich groß. Aber schon jetzt ist sie in einer Anzahl europäischer Länder beunruhigend. In einer Gegend, wo das weibliche Ordensleben vor zwanzig Jahren in voller Blüte stand, ist die Zahl der Berufenen heute auf die Hälfte herabgesunken. Und doch stellten sich früher der Berufung eines jungen Mädchens ernste Hindernisse entgegen, während heute die äußeren Verhältnisse geradezu dahin zu drängen scheinen und man fast glauben sollte, man müsse sich eher gegen unechte Berufungen vorsehen.
Wir wollen nicht im einzelnen über die Krise, die Uns große Sorge macht, reden. Wir werden darauf bei einer anderen Gelegenheit zurückkommen. Heute wollen Wir Uns ausschließlich an all die Priester und Laien, Prediger, Redner und Schriftsteller wenden, die kein Wort des Lobes mehr für die Christus geweihte Jungfräulichkeit haben; die seit Jahren trotz der Mahnungen der Kirche und entgegen ihrer Auffassungen die Ehe prinzipiell höher stellen als die Jungfräulichkeit; die selbst so weit gehen, die Ehe als das einzige Mittel zur vollen Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und zu ihrer natürlichen Vollendung darzustellen. Diejenigen, die in diesem Sinne reden und schreiben, mögen sich ihrer Verantwortung vor Gott und der Kirche bewusst werden.
Sie gehören zu den Hauptschuldigen an einem Sachverhalt, von dem Wir nur mit Trauer reden können: Während der Ruf nach den katholischen Schwestern in der christlichen Welt und sogar auch anderswo dringlicher denn je ist, sind Wir gezwungen, darauf mehr und mehr mit Nein zu antworten; Wir sind zuweilen sogar gezwungen, alte Werke, Krankenhäuser und Erziehungsanstalten aufzugeben, nur weil die Berufungen nicht dem Bedürfnis entsprechen.
Für euch nun sind dies Unsere Empfehlungen: angesichts dieser Krise der Berufungen wacht darüber, dass die Sitten, die Lebensweise oder die Askese eurer Ordensfamilien kein Hindernis bilden und keinen Fehlschlag verursachen. Wir reden von gewissen Gebräuchen, die vielleicht früher einmal ihren Sinn in ihrer kulturellen Umwelt hatten, ihn heute aber nicht mehr besitzen, und in denen ein wahrhaft gutes und tapferes Mädchen nur Hemmnisse für ihre Berufung fände. In Unseren Ausführungen im vergangenen Jahr haben Wir einige Beispiele dazu angeführt. Um mit einem Wort auf die Frage der Tracht zurückzukommen: das Ordenskleid soll stets die Weihe an Christus ausdrücken; das erwarten und wünschen alle. Im übrigen aber soll das Kleid praktisch und hygienisch sein. Wir konnten nur Unsere Genugtuung ausdrücken, als Wir im Laufe des letzten Jahres schon die eine oder andere Kongregation praktische Folgerungen in dieser Hinsicht ziehen sahen. Kurz, in diesen nicht wesentlichen Dingen passt euch an, soweit es euch Vernunft und wohlgeordnete Liebe raten.
Nun aber wollen Wir euch, geliebte Töchter, zwei dringende Mahnungen ans Herz legen:
1. Eine mütterliche Liebe bei der Leitung eurer Schwestern:
Zweifellos hat die Psychologie recht, wenn sie behauptet, die mit Autorität ausgestattete Frau finde nicht so leicht wie der Mann die richtige Dosierung, das Gleichgewicht zwischen Strenge und Güte. Ein Grund mehr für euch, die mütterlichen Gefühle zu pflegen. Sagt euch immer, dass die Gelübde von euren Schwestern ebenso wie von euch ein großes Opfer verlangt haben. Sie haben auf ihre Familien, auf das Glück einer Ehe und die Intimität des eigenen Heims verzichtet. Ein Opfer von hohem Preis, gewiss nötig für das Apostolat der Kirche, aber eben doch ein Opfer. Gerade die edelsten und zartesten eurer Schwestern werden diesen Verzicht besonders lebhaft empfinden. Das Wort Christi: ,Wer die Hand auf den Pflug legt und zurückblickt, ist nicht tauglich zum Reich Gottes' findet hier seine volle und heute noch bedingungslose Anwendung. Aber der Orden muss die Familie, soweit wie möglich, ersetzen, und ihr, Generaloberinnen, habt an erster Stelle die Pflicht, dem gemeinsamen Leben der Schwestern die Wärme der gegenseitigen Liebe in einer Familie einzuhauchen.
Darum sollt ihr auch selber in eurem äußeren Gehaben, euren Worten und Schriften mütterlich sein, selbst wenn ihr euch manchmal beherrschen müsst; seid es vor allem in euren innersten Gedanken, euren Urteilen und soweit wie möglich in eurem Empfinden. Bittet täglich Maria, die Mutter Jesu und unsere Mutter, darum, euch zu lehren, mütterlich zu sein.
2. Die Ausbildung eurer Schwestern zu der ihnen obliegenden Arbeit und Aufgabe: Hier darf es keine Enge geben, sondern seid weitherzig. Ob es sich um Erziehung, Pädagogik, Krankenpflege, künstlerische oder andere Betätigungen handelt, die Schwester muss fühlen: die Oberin ermöglicht mir eine Ausbildung, die mich auf gleichen Fuß mit meiner Kollegin in der Welt stellt. Gebt ihnen auch die Möglichkeit und Mittel, ihre beruflichen Kenntnisse auf dem laufenden zu erhalten. Auch davon haben Wir schon im vergangenen Jahre gesprochen.
Geliebteste Töchter! Ihr kommt aus allen Teilen der Welt, von nah und fern. Sagt euren Schwestern, dass Wir ihnen für ihr Gebet danken, dessen Wir so sehr bedürfen; danken für ihr gutes Beispiel, das machtvoll hilft, viele Katholiken in ihrem Glauben zu bestärken und viele zur Kirche hinzuführen, die ihr nicht angehören; danken für ihre Arbeiten im Dienste der Jugend, der Kranken und der Armen, in den Missionen und anderen Gebieten, die alle für das Wachsen und die Ausbreitung des Reiches Christi in den Seelen wichtig sind. Sagt euren Schwestern, dass Wir sie in Unsere Liebe einschließen, dass ihre Sorgen Unsere Sorgen sind, ihre Freuden Unsere Freuden, und dass Wir ihnen vor allem anderen die doppelte Stärke des Mutes und der Geduld für das Werk ihrer eigenen Vervollkommnung und für das Apostolat wünschen, das ihr göttlicher Meister und Gefährte ihnen zugewiesen hat. Zum Zeichen Unseres väterlichen Wohlwollens und als Pfand der siegreichen Gnade und Liebe des göttlichen Herzens spenden Wir euch, geliebteste Töchter, euren Schwestern und eurem Werk Unseren Apostolischen Segen."(13)
Als Abschluss soll ein Wort des Papstes aus seiner Ansprache an die Kardinäle und Bischöfe vom 2. Juli 1947, dem Feste des hl. Eugenius, folgen:
"Die Zukunft gehört den Glaubenden, nicht den Ungläubigen und Zweiflern. Die Zukunft gehört den Mutigen, die stark hoffen und handeln, nicht den Kleinmütigen und Unentschlossenen. Die Zukunft gehört den Liebenden, nicht den Hassenden. Die Sendung der Kirche in die Welt, die weit davon entfernt ist, beendet zu sein, geht neuen Bewährungen und neuen Zielen entgegen. "(14)
Anmerkungen
I. Kapitel
1 Die Reden des Heiligen Vaters an Braut- und Eheleute wurden im Rex-Verlag, Luzem, veröffentlicht, und zwar die Reden 1939 bis 1941 unter dem Titel "Das Ideal der christlichen Ehe" (2. Aufl. 1946), die Reden 1942 unter dem Titel "Eheleben und Familienglück" (2. Aufl. 1948). Ferner brachte der Verlag Josef Habbel, Regensburg, eine Ausgabe von 41 Ansprachen des Papstes an Neuvermählte aus den ersten fünf Jahren seines Pontifikats nach dem Text des "Osservatore Romano" heraus, die von DDr. Friedrich Zimmermann übersetzt und eingeleitet worden sind. Die kurzen Ansprachen an Jungvermählte wurden in dem inoffiziellen Blatt des Vatikans veröffentlicht, nicht in den Apostolischen Akten. Im folgenden wurden mit freundlicher Genehmigung der Verlage die beiden Ausgaben herangezogen - "Ansprachen Pius' XII. an Neuvermählte", übersetzt und eingeleitet von DDr. Friedrich Zimmermann; Verlag Habbel Regensburg 1953, S. 125. (Wir zitieren kurz mit Z.) vgl. Ansprachen an Neuvermählte Pius' XII.,
2 Z. a. a. O. S. 197.
3 z. a. a. O. s. 126 (vgl. Das Ideal der christlichen Ehe, S. 120).
4 Rede vom 19. Juni 1940 (Z. S. 40 - vgl. Das Ideal ... S. 76).
5 Stellen aus der Rede vom 5. März 1941. Pius XII., "Das Ideal der christlichen Ehe", S. 143 ff. (ab jetzt zitieren wir kurz "Ideal").
6 Rede vom 23. Oktober 1940 (Z. S. 98. - vgl. Ideal, S. 107).
7 Rede vom 22. April 1942 (Pius XII., "Eheleben und Familienglück", S. 101. - Ab jetzt zitieren wir "Eheleben").
8 Rede vom 12. November 1941 (Z. s. 110. - vgl. Ideal, S. 217 f.).
9 Rede vom 12. November 1941 (Z. S. 109. - vgl. Ideal, S. 216 f.).
10 Rede vom 12. November 1941 (Z. s. 111. - vgl. Ideal, S. 219).
11 Rede vom 8. Juli 1942 (Z. S. 186 f. - vgl. Eheleben, S. 136/37).
12 Rede vom 8. April 1942 (Z. S. 149. - vgl. Eheleben, S. 86).
13 Rede vom 20. August '941 (Z. S. 138 f. - vgl. ldeal, S. 183/84).
14 Rede vom 18. März 1942 (Z. S. 121. - vgl. Eheleben S. 56).
15 Rede vom 18. März 1942 (Z. S. 121-123· -vgl. Eheleben, S·57-59).
16 Rede vom 4. November 1942 (Eheleben, S. 229).
17 Ebendas. S 230.
18 Ebendas. S. 230/31.
19 Ebendas. S. 231.
20 Stellen aus der Rede vom 11. März 1942 (Eheleben, S. 37 ff.).
21 Rede vom 8. April 1942 (Z. S. 145 f. - vgl. Eheleben, S. 8.).
22 Rede vom 15. April 1942 (Z. S. 151 f. - vgl. Eheleben, S. 90).
23 Rede vom 10. September 1941 (Ideal, S. 196).
24 Rede vom 10. September 1941 (Ideal, S. 197).
25 Rede vom 21. Oktober 1942 (Z. S. 166 ff. - vgl. Eheleben, S. 210ff.).
26 Ebendas. (Z. S. 170. - vgl. Eheleben, S. 216).
27 Rede vom 4. November 1942 (Z. S. 173. - vgl. Eheleben, S. 218 ff.).
28 Rede vom 4. November 1942 (Z. S. 174 ff. - vgl. Eheleben, S. 222 ff.).
29 Rede vom 15. Juli 1942 (Eheleben, S. 150).
30 Ebendas. (S. 151).
31 Rede vom 9. Dezember 1942 (Eheleben, S. 240 f.).
32 Ebendas. (S. 245).
33 Rede vom 29. April 1942 (Eheleben, S. 225).
34 Rede vom 10. September 1941 (Ideal, S. 193/94).
35 A. A. S. (Acta Apostolicae Sedis) vol. 38 ('946) p. 391 ss. - Hd. (Herder-Korrespondenz) I, 225.
36 A. A. S. vol. 39 (1947) p. 480-486. - Hd. II, S. 75 ff.
37 Rede vom 9. Juli 1941 (Z. S. 269).
38 Rede vom 12. Februar 1941 (Z. S. 274. - vgl. Ideal, S. 138).
II. Kapitel
1 A. A. S. vol. 33 (1941) p. 450-458.-"Gerechtigkeit schafft Frieden." Reden und Enzykliken des Heiligen Vaters Papst Pius XII. Herausgegeben von W. Jussen S.J., Hansa Verlag, Hamburg 1947. S. 237 f. (zit. als "Jussen").
2 Jussen, S. 237.
3 Ebendas. S. 238 f.
4 vgl. Jussen, a. a. o. S. 239-249.
6 Rede vom 25. Februar 1942 (Z. S. 162 f. - vgl. Eheleben, S. 34 f.).
6 Rede vom 16. Oktober 1940 (Z. s. 92 f. - vgl. Ideal, S. 101 f.).
7 Rede vom 8. April 1942 (Z. S. 146. - vgl. Eheleben, S. 82).
8 Rede vom 21. Oktober 1942 (Z. S. 167. - vgl. Eheleben, S. 212).
9 Rede vom 24. September 1941 (Z. s. 228 ff. - vgl. Ideal, S. 201 ff.).
III. Kapitel
1 Stellen aus: "Summi Pontificatus" - A. A. S. vol. 31 (1939) p. 581 s. - Jussen, S. 156 ff.
2 Rede vom 26. Juni 1940 (Z. S. 44 f. - vgl. Ideal, S. 79/80).
3 Rede vom 19. Juli 1939 (Z. S. 17. - vgl. Ideal, S. 33).
4 Hd. I (1946/47). S. 119 f.
5 Ansprache vom 2. Juni 1947, A. A. S. vol. 39 (1947) p. 258 ss. Hd. I, 524.
6 Brief vom 1. März 1948. - Hd. II, S. 346.
7 A.A. S. vol. 41 (1949) p. 551 ss. - teilweise; Hd. IV, 112 ff.
8 A. A. S. vol. 43, 2 (1951) p. 730 ss. - Hd. VI, 68.
9 A. A. S. vol. 43, 2 (1951) p. 855 55. - Hd. VI, 170 ff.
10 Vgl. S. 252 ff.
11 Wir verweisen auf die Rede im folgenden Kapitel S. 100 ff.
12 A. A. S. vol. 44, 1 (1952) p. 270 ss. - Hd. VI, S. 360 ff.
13 Schreiben vom 14. Juli 1952. A. A. S. vol. 44, 2 (1952) p. 625. Hd. VII (1952/53) S. 18.
14 A. A. S. vol. 46 (1954) p. 18 ss. - Hd. VIII, S. 229 f.
15 A. A. S. vol. 46, (1954) p. 369 ss. - Hd. VIII, S. 450 f.
16 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 775 ss.
17 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 733 ss.
18 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 501 SS. - Hd. X S. 25 ff.
19 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 816 ss. - Hd. X S. 130 ff.
20 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 282 SS. - Hd. IX. S. 355 f.
21 A. A. S. vol. 48 (1956) p. 15 ss. - Hd. X S. 175 ff.
22 A. A. S. vol. 48 (1956) p. 184 ss. - Hd. X S. 374 ff.
IV. Kapitel
1 Rede vom 17. Juni 1942 (Eheleben, S. 132).
2 Rede vom 10. Jänner 1940 (Z. S. 31 f. - vgl. Ideal, S. 50).
3 Rede vom 5. März 1941 (Ideal, S. 146 ff.).
4 Rede vom 9. Dezember 1942 (Eheleben, S. 243/44).
5 A. A. S. vol. 43,2 (1951) p. 835 ss. - Hd. VI, 112 ff.
6 A. A. S. vol. 43, 2 (1951) p. 855 ss- Hd. VI, 170 ff.
7 A. A. S. val. 41 (1949) p. 557 ss. - Hd. IV, 113 f.
8 Vergleiche a. a. O. - Die Stelle: A. A. S. val. 43, 2 (1951) p. 850. - Hd. VI, 118.
9 A. A. S. val. 48 (1956) p. 82 ss. - Hd. X, S. 224 ff.
10 A. A. S. vol. 48 (1956) p. 467 ss. - Hd. X, S. 462 ff.
V. Kapitel
1 Osteransprache 1939, vgl. Jussen, S. 228 ff.
2 A. A. S. vol. 31 (1939) p. 587.
3 A. A. S. vol. 31 (1939) p. 593.
4 A. A. S. vol. 32 (1940) p. 369 s.
5 ,In den Zeiten, in denen es Gegenstand des Hasses der Welt ist, bedarf das Christentum nicht überzeugender Worte, sondern der Größe.' (ad Romanos 3, 3) - Dieser Satz stand zu Beginn der Ansprache. A. A. S. vol. 39 (1947) p. 58-63. - Hd. I, 358 ff.
6 Stellen aus A. A. S. vol. 43, 1 (1951) p. 375 ss. - Hd. V, 400 ff.
7 A. A. S. vol. 43, 2 (1951) p. 784 ss. - Hd. VI, 120 ff.
8 A. A. S. vol. 44, 1 (1952) p. 158 ss. - Hd. VI (1951/52), S. 267 ff.
9 A. A. S. vol. 44, 1 (1952) p. 420 ss. - Ausgabe des Katholischen Deutschen Frauenbundes in: "Papst Pius XII. zu den heutigen Aufgaben der Frau". - Köln, S. 36 ff.
10 A. A. S. vol. 46 (1954) p. 529 ss. - teilw. Hd. IX, S. 79 f.
11 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 596.
12 A. A. S. vol. 46,2 (1954) p. 768 ss.
VI. Kapitel
1 A. A. S. vol. 37 (1945) p. 212 ss. - Ausgabe des Kath. Deutschen Frauenbundes, a. a. O., S. 6 ff. 193
2 A. A. S. vol. 37 (1945) p. 290 ss. - Ausgabe des Kath. Deutschen Frauenbundes, a. a. O., S. 18 ff.
3 A. A. S. vol. 39 (1947) p. 480-486. - Hd. II, 1947/48, S. 75 ff.
4 M. I. I. C. (Mouvement International des Intellectuels Catholiques) und M. I. E. C. (Mouvement International des Etudiants Catholiques).
5 A. A. S. vol. 42 (1950) p. 635 ss. - "Auftrag des Geistes", Jahrbuch des Kath. Akademikerverbandes 1951/52, 7 ff.
6 A. A. S. vol. 45,1 (1953) p. 413 s. - Hd. VII, 456.
7 A. A. S. vol. 44, 2 (1952) p. 717 ss.
8 A. A. S. vol. 45, 2 (1953) p. 787 ss.
9 A. A. S. vol. 46 (1954) p. 662 ss. - Hd. IX, 120 f.
10 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 15 ss. - Hd. IX, S. 212 ff.
11 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 392 s.
12 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 780 ss.
13 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 605 s.
14 Aus einem Abzug des Originalschreibens vom 15. Mai 1956.
VII. Kapitel
1 A. A. S. vol. 32 (1940) p. 409 ss.
2 A. A. S. vol. 33 (1941) p. 184 ss.
3 A.A.S.vol.35 (1943) p.137.
4 A. A. S. vol. 37 (1945) p. 289 s. - Ausgabe des Katholischen Deutschen Frauenbundes, 17 f.
5 Hd. II (1947/48), S. 549.
6 A. A. S. vol. 40 (1948) p. 406.
7 Hd. III, S. 63.
8 A. A. S. vol. 41 (1949) p. 417 ss.
9 A. A. S. vol. 43, 2 (1951) p. 558 ss.
10 Hd. V (1950/51), S. 477 f.
11 A. A. S. vol. 44, 1 (1952) p. 413 ss. - Hd. VI, 411 ff.
12 A. A. S. vol. 44, 2 (1952) p. 527 ss. - Hd. VI, S. 461 ff.
13 A. A. S. vol. 47 (1955) p. 390 ss.
14 Discorsi e Radiomessaggi, vol. XIII p. 482.
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VIII. Kapitel
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