Integrae servandae (Wortlaut)

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Motu proprio
Integrae servandae

von Papst
Paul VI.
an alle Ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe
und die anderen Oberhirten, welche in Gnade und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle stehen
über die Änderung des Namens und der Ordnung des Heiligen Offiziums
7. Dezember 1965

(Offizieller lateinischer Text: AAS LVII [1965] 952-955)

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Die Päpste haben in Gemeinschaft mit dem Bischofskollegium durch die Jahrhunderte und im Wandel der menschlichen Ereignisse das ihnen von Gott anvertraute Gut der geoffenbarten Religion treu bewahrt. So haben sie dieses Gut unverfälscht bis in unsere Tage überliefert, freilich nicht ohne göttlichen Beistand, denn durch sie handelt der Heilige Geist, der gleichsam die Seele des mystischen Leibes Christi ist.

Die Kirche, die sich als göttliche Einrichtung mit göttlichen Dingen befasst, setzt sich aus Menschen zusammen und lebt unter den Menschen. Um ihre Aufgaben zu erfüllen, bedient sie sich je nach den Umständen der Zeit und der menschlichen Kultur unterschiedlicher Instrumente. Denn sie muss sich zahlreicher wichtiger Angelegenheiten annehmen, denen die Päpste und die Bischöfe, die von zahllosen Obliegenheiten in Anspruch genommen sind, allein nicht gerecht werden könnten. Es entspricht daher der Natur der Sache, dass Organe der Verwaltung, also der Kurie, ins Leben gerufen wurden. Ihre Aufgabe besteht darin, die Leitung der Kirche zu unterstützen, indem sie die Beachtung der erlassenen Gesetze einfordern, Initiativen zum Erreichen der eigenen Ziele der Kirche fördern und eventuell entstandene Streitfälle lösen.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass mit dem Wandel der Zeiten auch diese Organe verändert wurden. In der Tat haben unsere Vorgänger auf dem Stuhl Petri mehr als einmal für Reformen im Gefüge der Römischen Kurie Sorge getragen. Diesbezüglich ist vor allem an die Konstitutionen Immensa Aeterni Dei von Sixtus V. und Sapienti Consilio des hl. Pius X. zu erinnern, deren Vorschriften fast vollständig in den Codex des kanonischen Rechtes übernommen worden sind.

Nach diesen Konstitutionen und auch nach der Promulgation des Codex haben sich die Umstände und die Zeiten stark gewandelt, wie Wir selbst in der Ansprache an die Kardinäle und die Mitarbeiter der Kurie am 21. September 1963 dargelegt haben (vgl. AAS 55 [1963] 793ff).

In Anbetracht dieser Situation und nach Beratung mit unseren Ehrwürdigen Brüdern, den Kardinälen und den Bischöfen, haben Wir beschlossen, eine gewisse Reform der Römischen Kurie durchzuführen. Zweifellos muss diese Reform gerade bei der Kongregation des Heiligen Offiziums beginnen, der die wichtigsten Angelegenheiten der Römischen Kurie anvertraut sind, nämlich die Lehre über den Glauben und die Sitten sowie die Angelegenheiten, die mit dieser Lehre eng verbunden sind.

Am 21. Juli 1542 hatte Unser Vorgänger seligen Angedenkens Paul III. mit der Apostolischen Konstitution Licet ab initio die Heilige Kongregation der Römischen und Universalen Inquisition gegründet. Als eigene Bestimmung wies er dieser Kongregation die Aufgabe zu, Häresien zu verfolgen und in Konsequenz dazu Straftaten gegen den Glauben zu bekämpfen, gefährliche Bücher zu verbieten und die Inquisitoren in der gesamten Kirche zu ernennen. Sehr häufig wurde ihre Kompetenz auch auf weitere Angelegenheiten ausgedehnt, entweder aufgrund deren Schwierigkeit oder deren besonderer Bedeutung.

Im Jahr 1908 änderte der Hl. Pius X die Bezeichnung Römische und Universale Inquisition, die nicht mehr den Gegebenheiten der Zeit entsprach, mit der Konstitution Sapienti Consilio in Kongregation des Heiligen Offiziums ab.

Weil aber die Liebe „die Furcht vertreibt“ (1 Joh 4,18), wird der Glaube heute besser dadurch verteidigt, dass man seine Lehre fördert, so dass die Verkünder des Evangeliums neue Kraft gewinnen, während man die Irrtümer korrigiert und die Irrenden behutsam zum Guten zurückführt. Der Fortschritt der menschlichen Kultur, dessen Bedeutung im religiösen Bereich nicht unterschätzt werden darf, trägt zudem dazu bei, dass die Gläubigen mit größerer Anhänglichkeit und Liebe den Weisungen der Kirche folgen, wenn ihnen, soweit dies auf dem Gebiet von Glaube und Sitten möglich ist, die Begründungen der Definitionen und Gesetze klar verständlich gemacht werden.

Damit also diese Heilige Kongregation von nun an ihre Aufgabe vollkommener erfüllen kann, die gesunde Lehre und die Tätigkeit der Kirche in den wichtigsten Werken des Apostolates zu fördern, haben Wir kraft Unserer höchsten Apostolischen Autorität die folgenden Normen festgelegt, um ihren Namen und ihre Ordnung zu ändern:

1. Das bisher Heilige Kongregation des Heiligen Offiziums genannte Dikasterium trägt in Zukunft die Bezeichnung Kongregation für die Glaubenslehre. Ihre Aufgabe es ist, die Lehre über den Glauben und die Sitten in Bereich der ganzen katholischen Welt zu schützen.

2. Den Vorsitz hat der Papst, und die Leitung liegt beim Kardinal-Sekretär, dem ein Assessor, ein Substitut und ein Kirchenanwalt zur Seite stehen.

3. Die Kompetenz der Kongregation erstreckt sich auf alle Fragen, welche die Lehre über den Glauben und die Sitten betreffen oder mit dem Glauben unmittelbar verbunden sind.

4. Sie untersucht neue Lehren und neue Meinungen, die auf welche Weise auch immer verbreitet werden, fördert Studien in diesem Bereich und unterstützt Kongresse von Gelehrten. Sie verurteilt jene Lehren, die den Prinzipien des Glaubens widersprechen, jedoch nach Anhören der Meinung der Bischöfe der Regionen, die von den jeweiligen Fragen besonders betroffen sind.

5. Sie untersucht sorgfältig die ihr anzeigten Bücher und verurteilt sie, wenn dies notwendig ist, jedoch nach Anhören des Autors, dem die Möglichkeit gegeben wird, sich – auch schriftlich – zu verteidigen. Zudem ist vorher der Ordinarius zu informieren, wie dies schon in der Konstitution Sollicita ac provida unseres Vorgängers seligen Angedenkens Benedikt XIV. vorgeschrieben wurde.

6. Ebenso ist es ihre Aufgabe, die Fragen zur Auflösung von Ehen zugunsten des Glaubens (Privilegium fidei) rechtlich und sachlich zu behandeln.

7. Auch steht es ihr zu, Vergehen gegen den Glauben gemäß den Normen für den ordentlichen Prozess zu beurteilen.

8. Sie sorgt für den Schutz der Würde des Sakramentes der Buße und handelt dabei gemäß den eigenen verbesserten und promulgierten Normen, die den Ordinarien noch mitgeteilt werden. Dem Sünder wird die Möglichkeit eingeräumt, sich zu verteidigen und einen Anwalt aus denen zu wählen, die dafür von der Kongregation zugelassen sind.

9. Sie unterhält angemessene Beziehungen zur Päpstlichen Kommission für die biblischen Studien.

10. Die Kongregation bedient sich einer Gruppe von Konsultoren, die der Papst in aller Welt unter den Personen auswählt, die sich durch Gelehrsamkeit, Weisheit und Erfahrung auszeichnen. Wenn die zu behandelnde Materie es erfordert, können den Konsultoren weitere Fachleute zugesellt werden, die vor allem unter den Universitätsprofessoren ausgewählt werden.

11. Die Kongregation geht auf zweifache Weise vor: entweder auf dem Verwaltungs- oder auf dem Gerichtsweg, je nach dem unterschiedlichen Charakter der zu behandelnden Fragen.

12. Die innere Verfahrensordnung der Kongregation wird in Form einer besonderen Instruktion veröffentlicht.

Wir ordnen an, dass die in diesem Schreiben Motu proprio gegebenen Bestimmungen unter Aufhebung alles Entgegenstehenden rechtskräftig und gültig sein sollen.

Gegeben zu Rom, bei St. Peter, am 7. Dezember 1965,

in dritten Jahr unseres Pontifikates

Paul VI. PP.

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