De arte sacra

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Instruktion

des Heiligen Offiziums
im Pontifikat von Papst
Pius XII.
an die Ordinarien
Anweisung über die sakrale Kunst
30. Juni 1952

(Quelle: Übersetzung und Überschriften der Herder-Korrespondenz, Herder Verlag Freiburg im Breisgau, 6. Jahrgang, Heft 12, September 1952, S. 580-581; im Osservatore Romano am 30. Juli veröffentlicht)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Einleitend

Die kirchliche Kunst hat, schon ihrem Namen nach, die Aufgabe und Pflicht, der Würde des Gotteshauses in vorzüglicher Weise zu dienen und Glauben und Frömmigkeit derer zu fördern, die sich in der Kirche versammeln, um den heiligen Feiern beizuwohnen und himmlische Gaben zu erflehen. Daher ist sie von der Kirche immer mit wachem Eifer und unermüdlicher Sorge gepflegt worden. Sie sollte völlig mit ihren Gesetzen übereinstimmen, die der Glaubenslehre und der rechten Askese entspringen, so dass sie mit vollem Recht den Titel einer "heiligen" Kunst für sich in Anspruch nehmen kann.

In diesem Zusammenhang verdienen die Worte des seligen Papstes Pius X. Erwähnung, der weise Richtlinien für die Kirchenmusik aufgestellt hat: "Nichts darf im Gotteshaus vor sich gehen, was die Frömmigkeit und Andacht der Gläubigen stören oder auch nur mindern könnte, nichts, was begründeten Anlass zu Widerwillen oder Ärgernis gäbe, nichts vor allem, was ... der Stätte des Gebetes und der Majestät Gottes nicht würdig wäre" (Motu proprio Tra le sollecitudini, 22. Nov. 1903, Acta Pii X., Vol. I. p. 75).

Rückblick auf die kirchliche Gesetzgebung zur sakralen Kunst

Deshalb hat schon von den ersten Jahrhunderten der Kirche an das zweite Nicänische Konzil die Häresie der Bilderstürmer verurteilt, die Verehrung der Heiligenbilder bestätigt und diejenigen mit den schwersten Strafen bedroht, die es wagen sollten, »ruchlos etwas zu ersinnen, was gegen die kirchlichen Satzungen verstößt" (Actio 7" et ultima definitio Synodi 2". Mansi, Sacr. Conc. XIII. col. 730).

Das Konzil von Trient veröffentlicht in seiner 25. Sitzung sehr weise Gesetze über die christliche Ikonographie und schließt mit der ernsten Mahnung an die Bischöfe: "Schließlich sollen die Bischöfe in dieser Angelegenheit die größte Wachsamkeit und Sorge aufwenden, dass nichts der Ordnung widerspricht, nichts verkehrt oder übereilt eingefügt wird, nichts weltlich und unehrbar wirkt, da dem Gotteshaus Heiligkeit ziemt" (Sess. XXV, De invocatione, vener. et Reliquiis Sanct. et sacris Imaginibus).

Damit die Vorschriften des Konzils von Trient über die heiligen Bilder getreu ausgeführt werden, fügt Urban VIII. besondere Weisungen hinzu. Er bestätigt: ": ... was den Augen der Gläubigen gezeigt wird, darf nicht ungeordnet und ungewohnt wirken, sondern soll Frömmigkeit und Andacht wecken . . ." (Sacrosancta Tridentina, § I die XV mensis Martii; anno MDCXLII, Bullarium Romanum, Taurinen. editio, XV, 171).

Schließlich fasst der Codex Iuris Canonici die gesamte Gesetzgebung der Kirche über die sakrale Kunst in ihren Hauptpunkten zusammen (Can. 485, 1161, 1162, 1164, 1178, 1261, 1268, 1269 § I, 1279, 1280, 1385, 1399).

Besondere Erwähnung verdienen die Vorschriften des Can. 2161, durch den die Ordinarien verpflichtet werden, darüber zu wachen, "dass vor allem in den Gottesdiensten nichts Glaubensfremdes oder mit der kirchlichen Überlieferung Unvereinbares zugelassen wird"; ferner Can. 1399, 12°, durch den "ohne weiteres der Druck jeglicher Art von Bildern ... verboten wird ... , die dem Sinn und den Vorschriften der Kirche nicht entsprechen".

Pius XI. und die Überlieferung

Auch in neuerer Zeit hat der Apostolische Stuhl abwegige und unwürdige Formen der kirchlichen Kunst verurteilt. Kein Gewicht besitzt der Einwand, die kirchliche Kunst müsse sich den Bedürfnissen und Verhältnissen der neuen Zeit anpassen. Mit der christlichen Gemeinschaft entstanden, hat die sakrale Kunst ihre eigenen Ziele, von denen sie niemals abweichen, ihre eigene Aufgabe, gegen die sie sich niemals verfehlen darf. Als Pius XI. seligen Angedenkens bei der Eröffnung der neuen Vatikanischen Pinakothek über die sakrale Kunst sprach, erwähnte er die sogenannte "neue Kunst" und fügte die ernsten Worte hinzu: "Im übrigen haben Wir es schon mehrfach gegenüber Männern der Kunst und kirchlichen Oberhirten ausgesprochen: Unsere Hoffnung, Unser brennender Wunsch, Unser Wille kann nur der sein, dass das kanonische Gesetz befolgt werde, wie es im Codex Iuris Canonioi klar formuliert und festgelegt ist, dass nämlich eine solche Kunst in Unseren Kirchen nicht zugelassen, noch viel weniger aber aufgefordert werde, sie zu bauen, umzuformen und auszuschmücken. Dagegen öffnen Wir weit alle Tore und begrüßen aufs herzlichste jede gute fortschrittliche Weiterentwicklung der guten und ehrwürdigen Überlieferungen, die in so vielen Jahrhunderten christlichen Lebens, bei so großer Verschiedenheit der Umwelt und der sozialen und ethnischen Verhältnisse, einen so starken Beweis unerschöpflicher Fähigkeit abgelegt haben, Zu neuen und schönen Formen anzuregen, sooft sie unter dem doppelten Gesichtspunkt des Genies und des Glaubens befragt oder studiert oder gepflegt worden sind" (Sermo diei 27. Okt. 1932, AAS XXIV 1932, p. 356).

Pius' XII. Enzyklika "Mediator Dei"

Kürzlich hat dann der gegenwärtig regierende Papst Pius XII. in seiner Enzyklika über die heilige Liturgie vom 20. November 1947 die Aufgabe der christlichen Kunst kurz und klar dargelegt: " ... Der Kunst unserer Zeit, die dem Gotteshaus und den heiligen Handlungen in gebührender Schuldigkeit und Ehrerbietung dient, muss unbedingt Freiheit gelassen werden. So kann sie ihre Stimme mit dem wunderbaren Lobgesang vereinen, den die größten Männer durch die Jahrhunderte bereits zum Ruhm des katholischen Glaubens haben ertönen lassen. Wir können jedoch nicht umhin, im Bewusstsein Unserer Pflicht die jüngst da und dort geförderten Bilder und Darstellungen zu missbilligen und abzulehnen, weil sie Entstellungen und Entartungen gesunder Kunst sind. Zuweilen stehen sie auch in offenem Widerspruch zur christlichen Würde, Zurückhaltung und Frömmigkeit und verletzen den wahrhaft religiösen Sinn tief. Derartiges ist von Unseren Kirchen unbedingt fernzuhalten und aus ihnen zu verbannen, wie ,überhaupt alles, was der Heiligkeit des Ortes nicht entspricht' (Can. 1178)" (AAS XXXIX 1947, p. 550).

In sorgfältiger Erwägung alles dessen hat diese Oberste Heilige Kongregation, in ernster Sorge darum, dass Glaube und Andacht im christlichen Volk durch die kirchliche Kunst unversehrt erhalten werden, beschlossen, allen Ordinarien des Erdkreises die folgenden Richtlinien in Erinnerung zu bringen, damit die Formen der sakralen Kunst und ihre Prinzipien der Würde und Heiligkeit des Hauses Gottes in jeder Weise entsprechen.

Richtlinien für die kirchliche Architektur

Mag sich die kirchliche Architektur auch neuer Formen bedienen, so kann sie sich doch unmöglich profanen Bauten angleichen. Sie muss vielmehr immer ihre dem Haus Gottes und Haus des Gebetes eigentümliche Aufgabe erfüllen. Hinzukommen soll beim Kirchenbau die Sorge, dass die Gläubigen möglichst leicht den gottesdienstlichen Handlungen mit dem Auge und dem Geist folgen können. Die neue Kirche soll sich auch durch einfache, schöne Linienführung auszeichnen, die falschen Schmuck nicht braucht. Alles aber ist zu vermeiden, was auf Nachlässigkeit in Plan und Ausführung hindeutet.

In Can. 1162, § I, ist vorgesehen: "Keine Kirche soll gebaut werden ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Ortsordinarius, die auch der Generalvikar nicht ohne besonderen Auftrag geben kann."

In Can. 1164, § I: "Die Oberhirten sollen, wenn notwendig nach Anhören von Fachleuten, Sorge tragen, dass beim Bau von Kirchen oder ihrer Wiederherstellung die von der christlichen Überlieferung verbürgten Formen und die Gesetze der kirchlichen Kunst beachtet werden." Streng aber verlangt diese Oberste Heilige Kongregation, dass die Vorschriften des Can. 1268, § II und 1269, § I heiliggehalten werden: "Die heilige Eucharistie soll am hervorragendsten und vornehmsten Platz der Kirche aufbewahrt werden, gewöhnlich auf dem Hochaltar, wenn nicht ein anderer der Verehrung und dem Kult eines so großen Sakramentes angemessener und geziemender erscheint ... Die heilige Eucharistie soll in einem unverrückbaren Tabernakel mitten auf dem Altar aufbewahrt werden."

Richtlinien für die bildenden Künste

1. Zur Vorschrift des Can. 1279: "Niemandem soll es gestattet sein, in den Kirchen, auch nicht den exempten, oder an anderen heiligen Orten irgendein ungewohntes Bild aufzustellen oder aufstellen zu lassen, wenn es nicht vom Ortsordinarius genehmigt ist" (§ I).

2. "Der Ordinarius soll keine heiligen Bilder für die öffentliche Verehrung durch die Gläubigen gutheißen, die mit dem bewährten Brauch der Kirche nicht übereinstimmen" (§ II).

3. "Niemals darf der Ordinarius zulassen, dass in Kirchen oder an anderen heiligen Stätten Bilder aufgestellt werden, die falsche Lehren darstellen oder dem gebotenen Anstand und der gebotenen Ehrbarkeit widersprechen oder Ungebildeten Anlass zu gefährlichem Irrtum bieten" (§ III).

4. Fehlt es in den Diözesanausschüssen an Fachleuten oder erheben sich Zweifel oder gegensätzliche Meinungen, dann sollen die Ortsordinarien die Ausschüsse der Erzdiözese oder die römische Kommission für kirchliche Kunst um Rat fragen.

5. Nach Can. 485 und 1178 sollen die Ordinarien dafür sorgen, dass aus sakralen Gebäuden alles entfernt wird, was zur Heiligkeit des Ortes und zur gebührenden Ehrfurcht vor dem Haus Gottes in irgendeiner Weise im Widerspruch steht. Sie sollen auch strengstens untersagen, dass eine große Anzahl von Statuen und Gemälden minderwertiger Art, gewöhnlich Serienarbeit, auf den Altären oder an den benachbarten Kapellenwänden zur Verehrung der Gläubigen geschmacklos und wirr durcheinander aufgestellt werden.

6. Bischöfe und Ordensobere sollen die Erlaubnis zur Herausgabe von Büchern, Blättern und Zeitschriften verweigern, in denen Bilder abgedruckt sind, die vom Geist und den Vorschriften der Kirche abweichen (vgl. Can. 1385 und 1399, 12°).

Damit aber die Ordinarien vom Diözesanausschuss für kirchliche Kunst um so sicherer einen Rat erfragen und erhalten können, der mit den Vorschriften des Apostolischen Stuhles und dem Ziele der kirchlichen Kunst vollkommen in Einklang steht, sollen sie dafür sorgen, dass in diesen Ausschuss Männer berufen werden, die nicht nur Sachverständnis besitzen, sondern auch im christlichen Glauben feststehen, von echter Frömmigkeit geprägt und in freier Zustimmung bereit sind, den bestimmten, von der kirchlichen Obrigkeit festgelegten Richtlinien zu folgen.

Die Ausführung von Werken der Malerei, Bildhauerei und Baukunst soll nur Männern anvertraut werden, die in ihrem Fach hervorragen und echten Glauben und echte Frömmigkeit, das Ziel jeglicher religiösen Kunst, auszudrücken vermögen.

Schließlich ist dafür zu sorgen, dass die Priesterkandidaten in den philosophischen und theologischen Schulen je nach Anlage und Alter in der kirchlichen Kunst unterwiesen werden. Sie sollen zu deren Verständnis von Lehrern erzogen werden, die Sitte und Einrichtungen der Vorfahren ehren und den Vorschriften des Heiligen Stuhles gehorchen.