Augustinus von Hippo: Vier Buecher ueber das Symbolum an die Katechumenen
(Vier Bücher über das Symbolum an die Katechumenen)
Quelle: Ausgewählte Schriften des heiligen Augustinus, Kirchenlehrers, nach dem Urtexte übersetzt. 4. Band. (Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 37), Kempten 1877, S. 351-. Unter der Mitarbeit von: Uwe Holtmann. Vier Bücher über das Symbolum an die Katechumenen (Sermo de Symbolo; Buch 2-4 ist von Quodvultdeus)
Inhaltsverzeichnis
- 1 Erstes Buch
- 1.1 1. Bemerkungen über den Empfang des Symbolums; dasselbe lehrt zunächst den Glauben an den allmächtigen Vater, der Himmel und Erde und Alles, was darinnen ist, erschaffen hat. Den Menschen hat er zum Herrn über die Geschöpfe bestimmt, aber dieser ist durch die Sünde unter die Botmäßigkeit des Teufels gerathen, und daher erklären sich die Exorcismen
- 1.2 2. Der Sohn Gottes ist wahrer Gott wie der Vater; er ist ebenso allmächtig wie der Vater, aber Vater und Sohn sind nicht zwei Götter, sondern ein Gott
- 1.3 3. Zum Heile der Menschen wurde Gott der Sohn Mensch aus Maria der Jungfrau. Seine ewige Geburt aus dem Vater. Durch sein Leiden hat er uns einen großen Lohn verdient, wenn wir ihm und dem Dulder Job ähnlich uns bewähren
- 1.4 4. Christus ist im Himmel in der Seligkeit des ewigen Lebens; von dort kommt er, um die noch Lebenden und die Gestorbenen oder auch um die Guten und Bösen zu richten
- 1.5 5. Auch der hl. Geist ist Gott; denn Gott hat ihm unsere Leiber zum Tempel erbaut
- 1.6 6. Die Kirche ist der Tempel Gottes, siegreich im Kampfe gegen die Häresien
- 1.7 7. Durch die Taufe werden alle, auch die größten Sünden nachgelassen. Nach der Taufe soll man sich vor Sünden hüten; denn es werden zwar läßliche durch das Gebet, aber schwere nur auf dem Wege der öffentlichen Kirchenbuße nachgelassen
- 1.8 8. Die Taufe ist die unumgängliche Voraussetzung für jede Sündenvergebung
- 1.9 9. Die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben
- 2 Zweites Buch
- 2.1 1. In der vorausgehenden Nacht ist der Teufel aus den Competenten vertrieben worden, und sie haben ihm, seiner Pracht und seinen Engeln widersagt. Dadurch ist der Teufel noch mehr gereizt worden; aber ein tapferer Soldat Christi hat sich nicht zu fürchten, er setzt den beiden Hauptwaffen des Teufels, der Lust und der Furcht, Gebet und den Beistand Gottes entgegen
- 2.2 2. Dem Vergnügen der Rennbahn, der Amphitheater und schändlicher Schauspiele setzt die Kirche unschädliche, ja heilige Schauspiele aus der biblischen Geschichte entgegen; an diesen erfreue sich der Christ!
- 2.3 3. Gott heißt allmächtig, weil er Alles aus Nichts gemacht hat; Menschen können nicht allmächtig genannt werden. Nicht bloß der Vater ist allmächtig, sondern auch der Sohn und der hl. Geist. Der Sohn ist von Ewigkeit aus dem Wesen des Vaters geboren
- 2.4 4. Wie der Vater ist auch der Sohn Schöpfer Himmels und der Erde und wird ausdrücklich allmächtig genannt. Da die göttlichen Personen unzertrennlich verbunden sind, so sind auch die göttlichen Werke, wie die Schöpfung, das Gericht und die Heiligung des Menschen denselben gemeinsam zuzuschreiben
- 2.5 5. Der Sohn Gottes wird aus einer Jungfrau, seinem Geschöpfe, wunderbar geboren. Als Kind wird er wunderbar von der Grausamkeit des Herodes gerettet, besucht später mit seinen Eltern den Tempel in Jerusalem, wo sein Gottesbewußtsein hervortritt. Sein erstes Wunder zu Kana
- 2.6 6. Am Kreuze hat sich der himmlische Bräutigam mit der aus seiner geöffneten Seite gebildeten Braut, mit der Kirche, verbunden. Mit seinem Blute hat er uns gekauft und seine Knechte frei gemacht
- 2.7 7. Durch seine Himmelfahrt hat er uns ein Unterpfand der einstigen Vereinigung mit ihm gegeben. Das Sitzen zur Rechten bedeutet die ihm verliehene Gewalt, welche die Bekehrung einer bei Weitem größern Anzahl bewirkt, während seiner Thätigkeit auf Erden an ihn glaubt hatte
- 2.8 8. Der Gottmensch kommt mit den Wundmalen der Kreuzigung zum Gerichte, um die Ungläubigen zu überweisen. Wir sollen uns auf seine Ankunft vorbereiten
- 2.9 9. Der heilige Geist ist der Geist des Vaters und des Sohnes; er ist dem Vater und dem Sohne gleich. Die verschiedenen Gestalten, unter welchen die göttlichen Personen sichtbar erschienen sind, sprechen nicht für ihre innere Verschiedenheit. Die Theophanieen derselben Personen sind ja verschieden, und sie erfolgten nicht ausschließlich von Einer Person
- 2.10 10. Die Erlösung des Menschengeschlechtes bezweckte Vergebung der Sünden. Der Herr selbst zeigte durch sein Verhalten bei der Heilung des Gichtbrüchigen, daß er vor Allem die Seele heilen wolle
- 2.11 11. Zur Auferstehung sind nur die vernünftigen Geschöpfe bestimmt und daher die Thiere ausgeschlossen. Die Leiber werden unsterblich und unverweslich auferstehen
- 2.12 12. Im ewigen Leben sind die Heiligen von allen Leiden und Müheseligkeiten befreit und schauen die uns jetzt verborgenen Geheimnisse Gottes
- 2.13 13. Die Kirche ist die Braut Christi, unsere Mutter. Wir sollen ihr anhangen und ihre Ehre gegen die Ketzer vertheidigen. Warnung vor den Verlockungsmitteln der Arianer
- 3 Drittes Buch
- 3.1 1. Das Symbolum ist das Fundament des katholischen Glaubens, auf dem sich das Gebäude der Kirche erhebt. Der Kirche, dem Tempel Gottes, sollen wir eingefügt werden; daher müssen wir dem Teufel und seiner Pracht, d. h. der Fleischeslust, der Augenlust und der Hoffart des Lebens widersagen
- 3.2 2. Man muß an Gott glauben, um ihn zu erkennen. Der Götzendienst ist eine Folge der Sünde und der Verführung des Teufels. Weil der Mensch Gott verlassen hatte, wurde er dieser naturwidrigen Verirrung überantwortet, welche die Geschöpfe selbst widerlegen
- 3.3 3. Auch die bekannten Götter der Heiden sind nicht Gott, sondern sterbliche Menschen. Der wahre Gott ist unsterblich und unsichtbar und kann nur mit reinem Herzen geistiger Weise geschaut werden
- 3.4 4. Wir glauben an Jesus Christus, der als Sohn einer Jungfrau geweissagt und wirklich von einer Jungfrau geboren wurde. Obgleich durch wunderbare Erscheinungen den Menschen gezeigt, wurde er doch von Herodes verfolgt, und die Kinder von Bethlehem sind zu ihrem Heile die ersten Blutzeugen. Maria und Eva
- 3.5 5. Der Kreuzestod des Herrn ist Grund unseres Ruhmes. Die Juden wurden deßhalb verworfen, weil sie den Pontius Pilatus zur Verurtheilung nöthigten
- 3.6 6. Christus wird als der Jungfräuliche in ein neues Grab gelegt. Die drei Tage und Nächte seiner Grabesruhe bedeuten die Zeit vor und unter dem Gesetze und unter der Gnade. Das beweisen die Todtenerweckungen, nämlich der Tochter des Jairus, des Jünglings zu Naim und des Lazarus. Für jede Zeit besteht eine besondere Weckstimme zur Buße
- 3.7 7. Christus wurde als Mensch in den Himmel aufgenommen; denn als Gott ist er allgegenwärtig
- 3.8 8. Christus wird im Glanze der Majestät zum Gerichte kommen und nicht nach Menschenart richten
- 3.9 9. Vater, Sohn und der hl. Geist sind nur ein Gott. Ein Gleichnis dieser Wahrheit ist das Feuer, sein Glanz und seine Wärme
- 3.10 10. Alle Sünden ohne Ausnahme werden durch die Taufe vergeben
- 3.11 11. Es werden nicht bloß die Guten, sondern auch die Bösen auferstehen. Die jährliche Aussaat ist ein Bild der Auferstehung
- 3.12 12. Im ewigen Leben gibt es kein Leid, sondern unaussprechliche Freuden. Der Weg zu diesem Ziele ist die Kirche, der wir treu ergeben sein sollen
- 4 Viertes Buch
- 4.1 1. Die Kirche empfängt und gebiert ihre Kinder im Gegensatze zu Eva mit Freudigkeit. Sie erzieht dieselben für Christus und schützt sie gegen die Nachstellungen des Teufels, der durch Verführung in die gereinigten Seelen einzudringen sucht. Nachdem sie dem Teufel widersagt haben, dürfen sie an seiner Pracht keinem Theil mehr nehmen. Wir dürfen nicht der Welt, sondern müssen ganz Gott angehören
- 4.2 2. Wir müssen an Gott glauben, um den Lohn seiner Anschauung zu empfangen. Zur Zeit können wir Gott nur aus seinen Werken erkennen; er ist der unsichtbare König und Lenker der Welt
- 4.3 3. Auch Moyses hat Gott nicht wirklich gesehen, sondern geistiger Weise schaute er den Rücken Gottes, d. h. Christus
- 4.4 4. Christus ist wegen uns Menschen wunderbar von einer Jungfrau geboren worden. Als Kind wurde er vor den Nachstellungen des Herodes und der Juden bewahrt. Lob der Jungfräulichkeit
- 4.5 5. Das Kreuz des Herrn ist für den Christen Zeichen der Ehre; denn am Kreuze hat er den Teufel besiegt und uns gezeigt, wie wir kämpfen und siegen sollen. Der Sieg der Juden war scheinbar und schnell vergänglich, da der Herr auch den Tod besiegte
- 4.6 6. Nach den Weissagungen der Propheten stand Christus am dritten Tage von den Todten auf. Vergleichung zwischen Jonas und Christus
- 4.7 7. Die menschliche Natur Christi wurde in den Himmel aufgenommen; auch wir werden dorthin berufen
- 4.8 8. Der Gottmensch kommt, um die geistig Lebendigen und die geistig Todten oder um die noch Lebenden und die bereits Gestorbenen zu richten
- 4.9 9. Der hl. Geist ist wahrer Gott wie der Vater und Sohn; die drei Personen sind gleich, aber nur ein Gott. Warnung vor der Häresie der Arianer
- 4.10 10. Die Taufe entsündigt und erneuert den Menschen
- 4.11 11. Der Leib, die Wohnung der Seele, zerfällt, wird aber in einem besseren Zustande wiederhergestellt werden
- 4.12 12. Das ewige Leben beseligt den Menschen; Christus ist das ewige Leben
- 4.13 13. Die Kirche ist unsere Mutter, die Braut Christi. Jede Häresie ist Concubine, der nur für eine Zeitlang Gewalt eingeräumt wird
- 5 Weblinks
Erstes Buch
Inhalt
Nach einigen einleitenden Bemerkungen über das Symbolum und die Pflicht, es auswendig zu lernen, geht Augustinus zur Besprechung der einzelnen Artikel über. Der allmächtige Gott ist der Schöpfer des Himmels und der Erde; zum Herrn der Erde hat er den Menschen bestellt, aber dieser ist gefallen unter die Botmäßigkeit des Teufels gerathen. Gott Sohn ist ebenso allmächtig wie Gott der Vater; er ist kein zweiter Gott, sondern Vater und Sohn sind nur ein Gott (c. 1 u. 2).
Wegen der Erlösung des gefallenen Menschen ist Gott Sohn wunderbar aus Maria der Jungfrau Mensch geworden. Seine ewige Geburt aus dem Vater ist noch wunderbarer, da Vater und Sohn gleich ewig sind; ein Bild dieser Zeugung ist das Feuer und sein Glanz. Durch sein Leben wollte er uns seine Geduld lehren, eine Geduld, welche wie die des Job frei von selbstsüchtigen Gedanken sein soll. Christus, nun im Himmel in der ewigen Seligkeit, wird aber von dort kommen, um die dann noch Lebenden und die bereits Gestorbenen oder auch um die Guten und die Bösen zu richten (c. 3 u. 4).
Auch der hl. Geist ist wahrer Gott, da ihm Gott der Vater unsere Leiber zum Tempel gebaut hat. Ein anderer Tempel S. 352 Gottes ist die Kirche, die im Kampfe gegen die Häresieen immer siegreich ist. Durch die Taufe werden alle Sünden vergeben, nach der Taufe werden geringe Sünden durch das Gebet erlassen, schwere Sünden aber können nur durch die Kirchenbuße getilgt werden. Nichtgetaufte können überhaupt keine Vergebung der Sünden erwarten. Christus unser Haupt ist auferstanden, daher werden auch wir auferstehen und uns im ewigen Leben erfreuen (c. 5—9.).
1. Bemerkungen über den Empfang des Symbolums; dasselbe lehrt zunächst den Glauben an den allmächtigen Vater, der Himmel und Erde und Alles, was darinnen ist, erschaffen hat. Den Menschen hat er zum Herrn über die Geschöpfe bestimmt, aber dieser ist durch die Sünde unter die Botmäßigkeit des Teufels gerathen, und daher erklären sich die Exorcismen
Empfanget, Söhne, die Glaubensregel, welche Symbolum genannt wird. Wenn ihr dasselbe empfangen habt, S. 353 so schreibet es in euer Herz nieder und saget es täglich für euch; bevor ihr schlafet und bevor ihr das Schlafgemach verlasset, waffnet euch mit eurem Symbolum. Niemand schreibt das Symbolum auf, um es lesen zu können, das geschieht nur, um es zu überdenken, damit nicht etwa Vergeßlichkeit Das austilge, was die Sorgsamkeit übergeben hat. Euer Gedächtniß sei euer Buch! Was ihr hören werdet, das sollt ihr glauben, und was ihr glaubet, das sollt ihr mündlich wiedergeben. Denn es sagt der Apostel: „Mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde erfolgt das Bekenntniß zur Seligkeit.“
Das also ist das Symbolum, das ihr merken und wiedergeben sollet. Die Worte, die ihr gehört habt, sind in der Schrift zerstreut, aber sie wurden dort gesammelt zusammengestellt, damit nicht das Gedächtniß schwach begabter Menschen sich abmühen, sondern damit jeder Mensch sagen und behalten könne, was er glaubt. Habt ihr soeben nur gehört, daß Gott allmächtig sei? Nein. Denn ihr erhaltet ihn demnächst zum Vater, wenn ihr durch die Mutter, die Kirche, geboren seid. Daher habt ihr schon empfangen, überdacht und mit Bedacht festgehalten, daß ihr saget: „Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater.“ Gott ist allmächtig, aber trotz seiner Allmacht kann er nicht sterben, nicht getäuscht werden, nicht lügen und, wie der Apostel sagt: „kann er sich selbst nicht verläugnen.“ Wie Vieles kann er nicht und ist doch allmächtig, und zwar allmächtig, weil er es S. 354 nicht kann. Denn wenn er sterben könnte, so wäre er nicht allmächtig; wenn er lügen, täuschen, getäuscht werden und ungerecht handeln könnte, so wäre er nicht allmächtig, weil er bei solchen Eigenschaften der Allmacht unwürdig gewesen wäre. Unser allmächtiger Vater kann durchaus nicht sündigen. Er thut Alles, was er will; denn er ist die Allmacht selbst. Er thut Alles, was er gut, und Alles, was er gerecht will; was aber schlecht geschieht, das will er nicht. Niemand hindert den Allmächtigen zu thun, was er will.
Er selbst hat Himmel und Erde, das Meer und Alles, was darinnen ist, das Sichtbare und das Unsichtbare gemacht. Das Unsichtbare, wie im Himmel: die Thronen, die Herrschaften, die Fürstenthümer, die Erzengel und Engel, unsere Mitbürger, wenn wir gut leben werden. Er hat am Himmel Sichtbares gemacht: Sonne, Mond und Sterne. Durch seine Landthiere zierte er die Erde, er erfüllte die Luft mit Vögeln, das Land mit Thieren, die auf Füßen gehen oder kriechen, und das Meer mit Fischen: Alles hat er mit seinen eigenthümlichen Thieren angefüllt. Auch den Menschen hat er nach seinem Bilde und Gleichnisse dem Geiste nach erschaffen, daher kann der Geist als das Ebenbild Gottes nicht einmal von sich selbst begriffen werden. Wir sind erschaffen worden, um über die übrigen Geschöpfe zu herrschen, aber durch die Sünde sind wir im ersten Menschen gefallen und insgesammt zur Erbschaft des Todes herabgekommen. Wir wurden niedrige Sterbliche, von Furcht und Irrthum erfüllt, und zwar zur Strafe der Sünde; denn mit dieser Schuld und Strafe wird Jeder geboren. Daher wird, wie ihr heute mit eigenen Augen sahet und sonst schon wußtet, auch an den Kindern das S. 355 Ausblasen und Beschwören vorgenommen, um die seindliche Macht des Teufels zu vertreiben, welche den Menschen täuschte, um die Menschen in Besitz zu nehmen. Daher wird nicht das Geschöpf Gottes in den Kindern beschworen und ausgeblasen, sondern Jener, unter dem alle mit der Sünde Gebornen stehen; denn er ist der Fürst der Sünder. Und deßhalb ist wegen des Einen, der fiel und Alle dem Tode überantwortete, der einzige Sündenfreie gesendet worden, um Alle, die an ihn glauben, von der Sünde zu befreien und zum ewigen Leben zu führen.
2. Der Sohn Gottes ist wahrer Gott wie der Vater; er ist ebenso allmächtig wie der Vater, aber Vater und Sohn sind nicht zwei Götter, sondern ein Gott
Daher glauben wir auch an unsern Herrn, den einzigen Sohn desselben, nämlich Gottes des Vaters. Wenn du die Worte hörst: „den einzigen Sohn Gottes,“ so erkenne ihn als Gott! Es kann nämlich nicht ein Nichtgott der einzige Sohn Gottes sein. Was der Vater ist, das hat er gezeugt, obgleich er nicht Der ist, den er gezeugt hat. Wenn er aber der wahre Sohn ist, so ist er Das, was der Vater ist; wenn er nicht ist, was der Vater, so ist er nicht der wahre Sohn. Beachtet nur die sterblichen und irdischen Geschöpfe. Jedes Wesen zeugt, was es selbst ist. Der Mensch zeugt kein Rind, das Rind zeugt keinen Hund und der Hund kein Rind. Alles, was ist und zeugt, zeugt Dasjenige, was es selbst ist. Haltet daher standhaft und treu daran fest, daß S. 356 der Vater Das gezeugt hat, was er selbst, der Allmächtige, ist. Die sterblichen Geschöpfe zeugen auf dem Wege des Verderbens. Zeugt Gott auch so? Der sterblich Geborne zeugt, was er ist, und der Unsterbliche zeugt, was er ist: der Verwesliche zeugt einen Verweslichen, der Unverwesliche zeugt einen Unverweslichen, der Verwesliche zeugt verweslich, der Unverwesliche zeugt unverweslich; so sehr zeugt er Das, was er ist, daß er der Eine nur Einen und daher Einzigen zeugt. Als ich euch das Symbolum vorsagte, habe ich mich, wie ihr wißt, dahin ausgesprochene daß ihr glauben müsset: „Wir glauben an Gott den allmächtigen Vater und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn.“ Daher glaube nun, der Einzige sei allmächtig! Denn nicht Gott der Vater thut, was er will, und Gott der Sohn thut nicht, was er will. Vater und Sohn haben nur einen Willen, weil nur eine Natur, und der Wille des Sohnes kann vom Willen des Vaters nicht im Geringsten getrennt werden. Gott und Gott und Beide zumal nur ein Gott: der Allmächtige und der Allmächtige und Beide zumal nur ein Allmächtiger. Wir führen nicht zwei Götter ein, wie Einige sie einführen und sagen: Gott der Vater und Gott der Sohn, aber der größere Gott ist der Vater, und der kleinere Gott ist der Sohn. Was sind Beide? Zwei Götter? Du schämst dich, das zu sagen; schäme dich auch, es zu glauben!
Du sagst: Gott der Vater ist Herr, und Gott der Sohn ist Herr, und der Sohn selbst sagt: „Niemand kann zwei Herren dienen.“ In seiner Familie werden wir wie in einem großen Hause sein, wo ein Familienvater da ist, der einen Sohn hat. Sollen wir nun sagen der größere Herr und der kleinere Herr? Weiset einen solchen Gedanken S. 357 zurück! Wenn ihr euch solche Vorstellungen in eurem Herzen machet, dann stellt ihr Götzen in der einen Seele auf. Weiset sie entschieden zurück, glaubet zuerst und dann sehet ein. Wenn aber Gott sogleich nach dem Glauben das Verständniß verleiht, so ist das Gottes Gnade und nicht Werk der menschlichen Gebrechlichkeit. Wenn ihr es indessen noch nicht einsehet, so glaubet es! Ein Gott der Vater, Gott Christus der Sohn Gottes: was sind Beide? „Ein Gott.“ Und wie werden Beide ein Gott genannt? Wie? Du wunderst dich hierüber. In der Apostelgeschichte heißt es:^) „Und die Gläubigen hatten nur ein Herz und eine Seele.“ Viele Seelen waren es, aber der Glaube hatte sie zu einer gemacht: viele tausend Seelen waren es, sie liebten sich, und die vielen sind eine: sie liebten Gott im Feuer der Liebe und kamen von der Vielheit zur Einheit der Schönheit. Die Liebe also machte so viele Seelen zu einer Seele; aber welche Liebe ist bei Gott, bei dem keine Verschiedenheit, sondern vollkommene Gleichheit ist? Wenn auf Erden und unter Menschen eine so große Liebe herrschen konnte, daß sie aus viel tausend Seelen eine Seele machte, könnten dort, wo der Vater immer unzertrennlich war von dem Sohne und der Sohn vom Vater, Beide mehr als ein Gott sein? Aber jene Seelen konnte man viele Seelen und eine Seele nennen; hingegen kann Gott, in welchem die unaussprechliche und höchste Verbindung besteht, nur ein Gott genannt werden, nicht zwei Götter.
Es thut der Vater, was er will, und der Sohn thut, was er will. Glaubet ja nicht, der Vater sei allmächtig, der Sohn aber sei nicht allmächtig, das ist ein Irrthum! Vernichtet ihn in euch, entfernet ihn aus eurem Gedächt- S. 358 nisse, sauget ihn nicht in euren Glauben ein, und wer etwa eingesaugt hat, der gebe ihn von sich! Allmächtig ist der Vater, und allmächtig ist der Sohn. Wenn der Allmächtige nicht einen Allmächtigen gezeugt hat, so hat er nicht einen wahren Sohn gezeugt. Was sollen wir sagen, Brüder, wenn der größere Vater den kleinern Sohn zeugte? Was sagte ich, zeugte! Ein größerer Mensch zeugt einen kleinern Sohn: das ist wahr; aber Jener altert, und Dieser wächst und erreicht wenigstens durch Wachsen die Größe seines Vaters. Der Sohn Gottes wächst nicht, weil Gott auch nicht altern kann. Er wurde vollkommen geboren. Wenn er als vorkommen geboren nicht wächst und nicht kleiner blieb, so ist er gleich. Damit ihr wisset, daß er als Allmächtiger vom Allmächtigen geboren wurde, höret ihn selbst, der die Wahrheit ist! Was die Wahrheit von sich sagt, das ist wahr. Was sagt aber die Wahrheit? Was sagt der Sohn, der die Wahrheit ist? „Alles, was Vater thut, thut auf gleiche Weise auch der Sohn.“ Der Sohn ist also allmächtig, da er Alles thut, was er will. Wenn der Vater Einiges thut, was der Sohn nicht thut, so hat der Sohn irrthümlich gesagt: „Alles, was der Vater thut, thut auf gleiche Weise auch der Sohn.“ Weil aber der Sohn die Wahrheit gesagt hat, so glaubet, daß der Sohn gleicher Weise Alles thut, was der Vater thut, und ihr habt damit an den allmächtigen Sohn geglaubt. Obgleich ihr dieses Wort im Symbolum nicht genannt habt, so habt ihr doch gerade das ausgedrückt, als ihr euren Glauben an ihn als den einzigen Sohn Gottes aussprachet. Hat der Vater Etwas, was der Sohn nicht hat? Das sagen die häretischen Arianer, die Gotteslästerer, nicht ich. Aber was sage ich? Wenn der Vater Etwas hat, was der Sohn nicht hat, so lügt der Sohn, welcher sagt: „Alles, was der S. 359 Vater hat, ist mein.“ Es gibt viele, ja unzählige Zeugnis, welche beweisen, daß der Sohn der wahre Sohn Gottes des Vaters ist, und, daß Gott der Vater den wahren Gott Sohn gezeugt hat, und daß Vater und Sohn nur ein Gott sind.
3. Zum Heile der Menschen wurde Gott der Sohn Mensch aus Maria der Jungfrau. Seine ewige Geburt aus dem Vater. Durch sein Leiden hat er uns einen großen Lohn verdient, wenn wir ihm und dem Dulder Job ähnlich uns bewähren
Aber sehen wir, was jener Gott, der einzige Sohn Gottes des allmächtigen Vaters, für uns gethan und unsertwegen gelitten habe. „Er ist geboren vom hl. Geiste und der Jungfrau Maria.“ Jener große dem Vater gleiche Gott, geboren vom heiligen Geiste und der Jungfrau Maria, ist demüthig, um die Hochmüthigen zu heilen. Es erhöhte sich der Mensch und fiel, es erniedrigte sich Gott und richtete ihn auf. Was ist Christi Erniedrigung ? Gott reichte dem gefallenen Menschen die Hand: wir sind gefallen, und Jener stieg herab; wir lagen zu Boden. und er beugte sich zu uns nieder. Wir wollen ihn anfassen und aufstehen, um nicht der Strafe zu verfallen. Das also ist seine Herablassung, daß er geboren wurde vom hl. Geiste und der Jungfrau Maria. Seine menschliche Geburt selbst ist niedrig und erhaben. Warum niedrig? Weil er als Mensch von Menschen geboren wurde. Warum erhaben? Weil er von einer Jungfrau geboren wurde. Eine Jungfrau empfing, eine Jungfrau gebar und blieb auch nach der Geburt Jungfrau. Was folgt dann? „Gelitten unter Pontius Pilatus.“ Dieser Pontius Pilatus begleitete die Präseswürde und war selbst Richter, als Christus gelitten hat. Durch den Namen des Richters wurde die Zeit bezeichnet, zu der er unter Pontius Pilatus gelitten hat, also die Zeit seines Leidens, seiner Kreuzigung, seines Todes und seiner Begräbniß. Wer? Was? Für wen? Wer? Der einzige Sohn Gottes S. 360 unser Herr. Was? Er wurde gekreuziget, starb und wurde begraben. Für wen? Für gottlose Sünder! Das ist eine große Ehre und Gnade! „Wie will ich dem Herrn vergelten für Alles, was er mir erwiesen hat?“
Er wurde geboren vor allen Zeiten, geboren vor allen Generationen. Er wurde „vor“ geboren. Vor was, da es dort kein „vor“ gibt? Denkt euch durchaus keine Zeit vor der Geburt Christi aus dem Vater! Ich spreche nämlich von jener Gehurt, gemäß welcher unser Herr der alleinige Sohn des allmächtigen Gottes ist; von dieser rede ich zuerst. Denket bei dieser Geburt nicht an den Anfang einer Zeit, denket euch keinen Moment der Ewigkeit, da der Vater war und der Sohn nicht war! Seitdem der Vater ist, seitdem ist auch der Sohn. Und was sage ich „seitdem“, da es dort keinen Anfang gibt? Daher ist der Vater immer ohne Anfang, und der Sohn ist immer ohne Anfang. „Aber wie ist er geboren, wenn er keinen Anfang hat?“ Vom Ewigen als der Mitewige. Niemals ist der Vater gewesen, ohne daß der Sohn war, und doch ist der Sohn vom Vater gezeugt! Was bietet uns irgend ein Gleichniß? Wir leben in irdischen Dingen, auf der sichtbaren Welt. Es gebe mir die Erde ein Gleichniß; sie gibt keines! Es gebe mir das Element des Wassers irgend ein Gleichniß; es hat keines aufzuweisen. So gebe mir irgend ein Thier ein Gleichniß; auch Dieß vermag es nicht! Das Thier zeugt zwar und es gibt ein Zeugendes und ein Gezeugtes; aber der Vater ist vorher und nachher wird der Sohn geboren. Lasset uns einen Gleichzeitigen finden und an einen Gleichewigen glauben! Es wird uns vielleicht Jemand in Spannung versetzen und sagen: Wie kann ein seinem Sohne gleichzeitiger Vater und ein seinem Vater gleichzeitiger Sohn gefunden werden? Um zu zeugen geht der Vater dem Alter nach voraus, und um geboren zu werden folgt ihm der Sohn S. 361 an Alter nach; aber wie kann denn unter diesen Verhältnissen ein seinem Sohne gleichzeitiger Vater oder ein seinem Vater gleichzeitiger Sohn gefunden werden? Denkt euch das Feuer als Vater, seinen Glanz als Sohn, und wir haben Gleichzeitige gefunden. Vom Momente seines Entstehens an zeugt das Feuer den Glanz, und es ist weder das Feuer vor dem Glanze, noch der Glanz nach dem Feuer. Und wenn wir nach dem Zeugenden fragen, ob es das Feuer oder der Glanz sei, so fällt es euch durch euer natürliches Gefühl als die dem Geiste angeborne Klugheit sofort ein, und ihr ruft alle: Das Feuer zeugt den Glanz und nicht der Glanz das Feuer. Sehet ein anfangender Vater, sehet zugleich mit ihm ein Sohn, der ihm weder vorhergeht noch nachfolgt. Daher haben wir einen anfangenden Vater und einen zugleich mit ihm anfangenden Sohn. Wenn ich euch nun einen anfangenden Vater und einen zugleich mit ihm anfangenden Sohn gezeigt habe, so glaubet an den nicht anfangenden Vater und mit ihm an den ebenfalls nicht anfangenden Sohn; jener ist ewig, dieser mitewig. Wenn ihr fortschreitet, werdet ihr es verstehen; geht euch nur Mühe, fortzuschreiten! Den Anfang habt ihr, aber ihr müßt wachsen, weil Niemand vollkommen entwickelt anfängt. Dem Sohne Gottes war es gestattet, vollkommen geboren zu werden, weil er zeitlos geboren wurde, als gleichewig dem Vater und Allem vorangehend nicht durch Alter, sondern durch die Ewigkeit. Jener Geborne ist also mit dem Vater gleich ewig, und von dieser Zeugung sagte der Prophet: „Wer wird seine Zeugung erzählen?“
Zeitlos wurde er vom Vater geboren, in der Fülle der Zeiten ist er aus der Jungfrau geboren worden. Dieser Geburt sind in Rückficht auf eine günstige Zeit Zeiten vorausgegangen. Als er wollte, als er seine Zeit erkannte, ist er geboren worden; denn er wurde nicht gegen seinen Willen geboren. Niemand von uns wird geboren, S. 362 weil er es will, und Niemand stirbt, wann er will. Jener wurde geboren, als er wollte, und starb, als er sterben wollte; wie er wollte, wurde er von einer Jungfrau geboren, und er starb, wie er wollte, am Kreuze. Er that, was er wollte, weil er so Mensch war, daß Gott in ihm sich verbarg. Der annehmende Gott und der angenommene Mensch sind ein Christus, Gott und Mensch. Was soll ich von seinem Kreuze sprechen und welcher Worte mich bedienen? Die äusserste Todesart wählte er, damit seine Märtyrer sich vor keiner fürchteten. Seine Lehre zeigte er uns in seinem Menschenwandel, und ein Beispiel der Geduld gab er uns am Kreuze. Im Kreuze liegt sein Werk, denn er wurde gekreuziget: das Kreuz ist demnach ein Beispiel des Werkes und die Auferstehung die Belohnung des Werkes. Am Kreuze zeigte er uns, was wir tragen, und in seiner Auferstehung, was wir hoffen sollen. Als der höchste Kampfspielgeber sagte er: „Thu’ und nimm. Thu’ das Werk und empfange den Preis, kämpfe im Wettstreite, und du wirst gekrönt werden.“ Was ist das Werk? Gehorsam. Was ist die Belohnung? Auferstehung ohne Tod. Warum fügte er hinzu „ohne Tod“? Weil Lazarus auferstand und wieder gestorben ist; Christus aber stand auf, und er stirbt nicht mehr, der Tod hat keine Gewalt mehr über ihn.
Die Schrift sagt: „Von der Geduld des Job habt Ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen.“ Wenn man liest, was Job ertragen, wird man aufgemuntert, man erschrickt und bebt. Und was erhielt er hiefür? Das Doppelte von Dem, was er verloren hatte. Soll also der Mensch wegen zeitlicher Belohnungen sich Geduld wünschen und sagen: Wenn ich Schaden erleide, so wird mir Gott doppelt so viel Söhne zurückgeben? Job erhielt S. 363 Alles doppelt zurück, und doch zeugte er nur so viele Söhne, als er hinausgetragen hatte. Es ist also nicht das Doppelte? Es ist in allweg das Doppelte, weil auch diese lebten. Niemand sage: Ich will die Leiden tragen, und Gott wird mir wie Job das Doppelte zurückgeben. Das wäre nicht mehr Geduld, sondern Habsucht. Denn wenn jener Heilige nicht Geduld gehabt und Alles, was ihn traf, standhaft ertragen hätte, so würde ihm nicht der Herr ein Zeugniß ausgestellt und gesagt haben: „Hast du beachtet meinen Knecht Job? Denn ihm ist Keiner gleich auf Erden, ein Mann ohne Klage, ein wahrer Verehrer Gottes!“ Welches Zeugniß, meine Brüder, verdiente dieser hl. Mann vom Herrn? Und doch wollte ihn sein böses Weib durch ihre Überredung tauschen, indem auch sie die Rolle jener Schlange spielte, welche den ersten Menschen im Paradiese Gott abwendig gemacht hat, und ebenso jetzt einen gottgefälligen Menschen durch Einflüsterung von Gotteslästerung verführen zu können glaubte. Wie Vieles hat er erduldet, Brüder? Wer kann so Vieles dulden in seiner Habe, in seinem Hause, in seinen Söhnen, in seinem Fleische und in Jener, die allein übrig geblieben war, in seinem Weibe, der Versucherin? Aber auch sie, die übrig geblieben war, hätte er (der Teufel) längst ihm genommen, wenn er sich nicht eine Gehilfin bewahrt hätte; da er den ersten Menschen durch Eva besiegt hatte, so hat er eine Eva vor dem Tode bewahrt. Wie Vieles hat er also erduldet? Er verlor seine ganze Habe, sein Haus stürzte zusammen, leider nicht allein, es begrub auch seine Söhne! Aber da die Geduld in ihm einen hohen Rang einnahm, so höret seine Antwort: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, also ist es geschehen. S. 364 Der Name des Herrn sei gepriesen!“ Der nahm es, der es gegeben; kam der Geber deßhalb auch um? Er hat nur genommen, was er gab. Gleichsam als sagte Job: Er hat mir Alles genommen, nehme er immerhin Alles und entlasse mich nackt, nur sich selbst lasse er mir! Denn was wird mir fehlen, wenn ich Gott habe? Oder was nützt mich Anderes, wenn ich Gott nicht habe?
Man ging an sein Fleisch: vom Kopfe bis zu den Füßen wurde er von Verwundung getroffen, der Eiter floß herab, er wimmelte von Würmern, und doch zeigte er sich unerschütterlich in seinem Gotte und befestigte sich noch mehr in ihm. Sein Weib, die Gehilfin des Teufels, nicht die Trösterin ihres Mannes, suchte ihn zur Lästerung zu bereden. „Wie lange,“ sprach sie, „willst du all Dieß leiden? Lästere den Herrn und stirb!“ Weil er also erniedrigt worden war, sollte er erhöht werden! Und auch Das hat Gott gethan, bloß um es den Menschen zu zeigen; denn er selbst hat im Himmel seinem Knechte Größeres aufbewahrt. Den erniedrigten Job erhöhte er, den erhöhten Teufel erniedrigte er; denn „Diesen erniedrigt und Jenen erhöhet er.“ Wenn Jemand, geliebteste Brüder, derartige Heimsuchungen duldet, so erwarte er ja nicht hienieden den Lohn; wenn er z. B. zeitlichen Schaden leidet, spreche er die Worte: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gepriesen,“ nicht in der Absicht aus, das Doppelte zu erhalten. Die Geduld lobpreise den Herrn und nicht die Habsucht! Wenn du das Verlorene doppelt wieder zu erhalten suchst, so lobst du ihn aus Begierlichkeit und nicht aus Liebe. Als Job Alles ertrug, hoffte er nicht das Doppelte zu erhalten, weder bei seinem ersten Bekenntnisse, nachdem er zeitlichen Schaden gelitten und seine Söhne begraben hatte, noch bei seinem S. 365 zweiten Bekenntnisse, als er schon die Qualen der Wunden in seinem Fleische fühlte. Die Wahrheit meiner Worte kann man leicht nachweisen. Die Worte seines ersten Bekenntnisses lauten: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; wie es dem Herrn gefiel, also ist es geschehen. Der Name des Herrn sei gepriesen.“ Er hätte sagen können: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, er kann wieder geben, was er genommen hat, ja er kann mehr zurückbringen, als er nahm. So drückte er sich nicht aus, sondern er sprach: „Wie es dem Herrn gefiel, also ist es geschehen;“ weil es ihm gefällt, soll es auch mir gefallen! Was dem guten Herrn gefiel, das mißfalle nicht dem untergebenen Knechte; was dem Arzte gefiel, das mißfalle nicht dem Kranken. Höre sein zweites Bekenntniß! „Du redest,“ sagte er zu seinem Weibe, „wie eine von den thörichten Weibern. Haben wir das Gute von der Hand Gottes empfangen, warum sollten wir das Böse nicht ertragen?“ Er fügte nicht hinzu, was er ohne zu lügen hätte hinzusetzen können: „Der Herr kann auch mein Fleisch in den alten Stand versetzen und Dasjenige vermehren, was er genommen hat.“ Er wollte selbst den Schein vermeiden, als habe er in dieser Hoffnung seine Leiden ertragen. Er sagte es nicht und hoffte es nicht. Aber zu unserer Belehrung hat es ihm der Herr gegen seine Hoffnung gewährt. Daran sollen wir erkennen, daß ihm Gott beistand. Denn wenn ihm Gott jene Güter nicht zurückgegeben hatte, so könnten wir auch seine verborgene Krone nicht im Mindesten wahrnehmen.
Um uns zur Geduld und zur Hoffnung auf die Zukunft und nicht um uns zur Erwerbung des Lohnes für die Gegenwart zu ermahnen, sagt deßhalb die Schrift: „Ihr habt von der Geduld des Job gehört und das Ende des Herrn gesehen.“ Warum heißt es: „Ihr habt von der Geduld des Job gehört und das Ende des Herrn selbst gesehen?“ Wenn du deinen Mund öffnetest, um Doppeltes zu S. 366 sagen, so würdest du damit sagen: Gott Dank! Ich will aushalten, ich empfange Doppeltes wie Job: die Geduld des Job und das Ende des Herrn. Wir kennen die Geduld des Job und kennen das Ende des Herrn. Welches Ende des Herrn? „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das sind die Worte des am Kreuze hängenden Herrn. Er hat ihn bezüglich des gegenwärtigen Glückes verlassen, aber er verließ ihn nicht in Hinsicht auf die ewige Unsterblichkeit. Das ist das Ende des Herrn! Die Juden halten ihn fest, die Juden verhöhnen ihn, die Juden binden ihn, sie krönen ihn mit Dornen und entehren ihn durch den Auswurf ihres Mundes, sie geisseln ihn und bedecken ihn mit Schmach, sie hängen ihn am Kreuze auf und durchbohren ihn mit einer Lanze, und zuletzt begraben sie ihn, als wäre er verloren. Aber für wen ist er verloren? Für sie, die ihn verhöhnten. Deßhalb habe Geduld, damit du auferstehest und nicht sterbest d. h. niemals sterbest wie Christus. Denn so lesen wir: „Da Christus auferstand ist von den Todten, stirbt er nicht mehr.“
4. Christus ist im Himmel in der Seligkeit des ewigen Lebens; von dort kommt er, um die noch Lebenden und die Gestorbenen oder auch um die Guten und Bösen zu richten
Er stieg auf zum Himmel. Glaubet es! Er sitzt zur Rechten des Vaters, Glaubet es! Unter „Sitzen“ verstehet „Wohnen“, wie wir von jedem Menschen sagen: Er sitzt schon drei Jahre in seiner Vaterstadt. Auch die Schrift sagt, daß Einer so lange in seiner Vaterstadt gegessen sei. Ist er denn immer gesessen und nie aufgestanden? Daher S. 367 heissen die Wohnungen der Menschen Wohn-“Sitze“. Sitzt man denn immer, wo es Wohnsitze gibt? Man steht doch auch auf, geht einher, legt sich nieder, und doch sagt man „Sitze“. So glaubet auch, daß Christus zur Rechten des Vaters wohne! Dort ist er! Euer Herz sage nicht: Was thut er? fraget nicht nach Demjenigen, was man nicht finden kann; er ist dort, und das genügt euch! Er ist selig, und von der Seligkeit, welche die Rechte des Vaters heißt, kommt der Name der Seligkeit selbst — die Rechte des Vaters! Denn wenn wir die Worte: „Er sitzet zur Rechten des Vaters“ fleischlich auffassen, so sitzt der Vater zur Linken. Ist es aber Recht, sich Vater und Sohn so vorzustellen, daß der Sohn zur Rechten und der Vater zur Linken ist? Dort gibt es nur eine Rechte (keine Linken weil es dort kein Elend gibt.
Von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todten. Die Lebendigen sind Jene, die noch am Leben sein werden, die Todten, die schon vorausgegangen sind. Man kann jedoch unter den Lebendigen auch die Gerechten und unter den Todten die Ungerechten verstehen. Denn er richtet Beide und vergilt einem Jeden das Seinige. Den Gerechten wird er beim Gerichte sagen: „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, und empfanget das Reich, das euch von Anbeginn der Welt bereitet ist.“ Auf dieses bereitet euch vor, dieses hoffet, deßhalb lebet, deßhalb glaubet und deßhalb laßt euch taufen, damit man euch sagen kann: „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, und empfanget das Reich, das euch von Anbeginn bereitet ist.“ Was wird er Jenen zur Linken sagen? „Gehet in’s ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist!“ So S. 368 werden von Christus die Lebendigen und die Todten gerichtet werden. Ich habe von der ersten zeitlosen Geburt Christi gesprochen, ich habe dann die zweite Geburt in der Fülle der Zeiten aus Maria der Jungfrau erwähnt und vom Leiden und dem Gerichte Christi geredet. Damit ist Alles gesagt, was von Christus, dem einzigen Sohne Gottes, unserm Herrn zu sagen ist. Aber die Dreiheit ist noch nicht vollständig!
5. Auch der hl. Geist ist Gott; denn Gott hat ihm unsere Leiber zum Tempel erbaut
Es folgt im Symbolum: „Und an den heiligen Geist.“ Jene Dreiheit ist ein Gott, eine Natur, eine Substanz, eine Macht, die höchste Gleichheit, keine Theilung, keine Verschiedenheit, die ewige Liebe. Wollt ihr kennen lernen, daß der hl. Geist Gott ist? Laßt euch taufen, und ihr werdet sein Tempel sein. Der Apostel sagt: „Wisset ihr nicht, daß euere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, der in euch ist, den ihr von Gott habt?“ Einen Tempel hat nur Gott. Denn auch der König und Prophet Salomon erhielt den Befehl, Gott einen Tempel zu bauen. Hatte ihn nicht Gott verdammt, wenn er der Sonne, dem Monde, einem Sterne oder einem Engel einen Tempel erbaut hätte? Weil er also Gott einen Tempel erbaute, so zeigte er sich als Verehrer Gottes. Und woraus erbaute er ihn? Aus Holz und Steinen, weil Gott durch seinen Knecht sich auf Erden ein Haus bauen ließ, um dort angebetet und gefeiert zu werden. Daher sagt der hl. Stephanus: „Salomon erbaute ihm ein Haus, aber der Höchste S. 369 wohnt nicht in Tempeln von Menschenhänden erbaut.“ Wenn also unsere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, so fragt es sich, wie beschaffen der Gott ist, welcher dem hl. Geiste einen Tempel gebaut hat. Aber es ist Gott. Denn wenn unsere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, so hat Derjenige dem hl. Geiste einen Tempel gebaut, der auch unsere Leiber gemacht hat. Beachtet die Worte des Apostels: „Gott hat den Leib so eingerichtet, daß er Demjenigen mehr Ehre beilegte, dem es daran gebrach.“ Das sagte er bei der Besprechung der verschiedenen Glieder, daß im Leibe keine Spaltungen unter ihnen seien. Gott hat unsern Leib erschaffen. Gott erschuf das Gras. Wie beweisen wir, daß Gott das Gras erschafft? Der es kleidet, der schafft es! Lies das Evangelium; denn es sagt: „Wenn also Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet:“ also erschafft es Jener, der es kleidet. Und der Apostel sagt: „Du Thor, was du säest, wird nicht belebt, es sterbe denn zuvor. Und was du säest, nicht der Körper ist es, der werden soll, was du säest, sondern ein bloßes Korn, nämlich etwa des Weizens oder eines anderer Art. Gott aber gibt ihm einen Körper nach seinem Wohlgefallen und einem jeglichen Samen seinen eigenen Körper.“ Wenn also Gott unsere Leiber erbaut, wenn Gott unsere Glieder erbaut und unsere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, so zweifelt nicht, daß der hl. Geist Gott sei. Rechnet ihn aber nicht als einen dritten Gott hinzu, weil der Vater, der Sohn und der hl. Geist nur ein Gott sind. Also glaubet.
6. Die Kirche ist der Tempel Gottes, siegreich im Kampfe gegen die Häresien
Nach der Empfehlung der hl. Dreieinigkeit folgt: „Eine heilige Kirche.“ Ich habe euch Gott und seinen Tempel S. 370 gezeigt; denn „der Tempel Gottes,“ sagt der Apostel, „ist heilig, und der seid ihr.“ Die Kirche selbst ist die heilige Kirche, die einige Kirche, die wahre Kirche, die katholische Kirche, im Kampfe gegen alle Häresieen. Sie kann kämpfen, kann jedoch nicht niedergekämpft werden. Alle Häresieen sind von ihr ausgegangen, wie nutzlose Wasserschößlinge vom Weinstocke abgeschnitten; sie selbst aber bleibt an ihrer Wurzel, an ihrem Weinstocke und in ihrer Liebe. „Die Pforten der Hölle werden sie nicht besiegen.“
7. Durch die Taufe werden alle, auch die größten Sünden nachgelassen. Nach der Taufe soll man sich vor Sünden hüten; denn es werden zwar läßliche durch das Gebet, aber schwere nur auf dem Wege der öffentlichen Kirchenbuße nachgelassen
„Nachlassung der Sünden.“ Ihr habt das Symbolum in vollkommener Weise in euch, wenn ihr getauft werdet. Niemand sage: Ich habe Jenes gethan, vielleicht wird mir nicht vergeben! Was du auch gethan hast, wie groß es sei, und wenn du etwas Außerordentliches, etwas Schweres und Schauervolles gethan hast, an das du nur mit Schauder denken kannst, so hast du trotz alledem nicht Christus getödtet. Etwas Schlechteres als jene Frevelthat gibt es nicht, weil es auch nichts Besseres gibt als Christus. Welch S. 371 furchtbare That ist es, Christus zu tödten? Gleichwohl tödteten ihn die Juden; später glaubten viele an ihn und tranken sein Blut: es wurde ihnen die begangene Sünde nachgelassen. Wenn ihr getauft seid, so führet nach Norm der göttlichen Gebote ein gutes Leben, um die Taufgnade bis an’s Ende zu bewahren. Ich sage euch nicht, daß ihr hienieden ohne Sünde leben könnet; aber jene Sünden, von welchen dieses Leben nicht frei sein kann, sind läßliche. Die Taufe ist wegen aller Sünden eingeführt worden, das Gebet aber wegen der leichten, für uns unvermeidlichen Sünden. Was sagt das Gebet? „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ Einmal werden wir abgewaschen durch die Taufe; täglich werden wir gereinigt durch das Gebet. Aber begehet ja Nichts, weßhalb ihr vom Leibe Christi getrennt werden müßtet. Das sei ferne von euch. Jene, welche ihr Buße thun sehet, haben Verbrechen begangen. Ehebrüche oder sonst ausserordentliche Unthaten; deßhalb thun sie Buße. Denn wenn ihre Sünden leichte wären, so würde zu ihrer Tilgung das tägliche Gebet genügen.
S. 372
8. Die Taufe ist die unumgängliche Voraussetzung für jede Sündenvergebung
Auf drei Arten werden also in der Kirche die Sünden nachgelassen, in der Taufe, im Gebete und in der größern Verdemüthigung der Buße. Gott vergibt aber die Sünden nur den Getauften. Die Sünden, die er zuerst vergibt, läßt er nur den Getauften nach. Wann? In der Taufe. Die Sünden, welche nachher den Betern und Büßern, die Verzeihung erlangen, nachgelassen werden, werden nur Getauften vergeben. Denn wie sagen die noch nicht Getauf-ten: „Vater unser“? So lange sie noch Katechumenen sind, sind alle Sünden über ihnen. Wenn das von den Katechumenen gilt, wie viel mehr von den Heiden und den Häretikern! Wir geben aber den Häretikern keine neue Taufe. Warum? Weil sie die Taufe schon haben. Wie der Ausreisser sein Merkmal hat, so haben sie die Taufe; sie ist nur Ursache der Verdammung, nicht Mittel zur Er- S. 373 langung der Krone. Wenn aber ein Ausreisser sich bessert und wieder anfängt zu dienen, so wagt es Niemand, sein Merkmal zu ändern.
9. Die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben
Wir glauben auch an eine Auferstehung des Fleisches. Diese ist in Christus vorausgegangen, damit auch der Leib erwarten könne, was im Haupte vorausgegangen ist. Christus ist das Haupt der Kirche, und die Kirche ist der Leib Christi. Unser Haupt ist auferstanden und in den Himmel aufgestiegen; wo das Haupt ist, dort werden auch die Glieder sein. Wie glauben wir, daß die Auferstehung des Fleisches sein werde? Damit nicht etwa Jemand glaube, sie werde wie die des Lazarus sein, wurde zu deiner Aufklärung beigefügt: „und ein ewiges Leben.“ Gott gebäre euch wieder, Gott erhalte und schütze euch, und Gott, der selbst das ewige Leben ist, führe euch zu sich. Amen. S. 377
Zweites Buch
Inhalt
Der Verfasser schildert zunächst in kurzen Zügen die Ceremonien vor der Uebergabe des Symbolums, besonders den feierlichen Exorcismus und die Abschwörung des Teufels, seiner Pracht und seiner Engel. Hiedurch wird der Teufel ein erbitterter Feind der Katechumenen und sucht sie durch Lust und Furcht zu verderben. Viel gefährlicher ist die Lust, die er besonders durch die öffentlichen Schauspiele auf der Rennbahn, aus der Bühne und im Amphitheater zu erwecken sucht. Der Christ vergegenwärtige sich die viel herrlichern Schauspiele der Bibel. (1 u. 2.)
Sodann geht er zur Besprechung des Symbolums über und zeigt, daß Gott, der allmächtige Schöpfer der ganzen Welt, allein allmächtig sei, daß jedoch der Sohn und der heilige Geist seine Allmacht und Ewigkeit theilen. Der Sohn ist von Ewigkeit aus dem Wesen des Vaters hervorgegangen. Schöpfung, Erlösung und Heiligung darf man nicht einer* Person ausschließlich zuschreiben, sie sind allen Personen gemeinsam. (2 u. 4.)
Christus wurde von einer unverletzten Jungfrau geboren; schon die Geschichte seiner Jugend beweist seine übermenschliche Würde. In seinem Tode wurde er wunderbar mit seiner Braut, der Kirche, verbunden und mehrt und beschenkt sie vielmehr nach S. 378 seiner Himmelfahrt als bei seiner Anwesenheit auf Erden. Mit seinem verklärten Leibe, aber mit den Wundmalen der Kreuzigung wird er erscheinen, um seine Feinde zu beschämen und zu verdammen. (5—8)
Der heilige Geist ist der Geist des Vaters und des Sohnes, gleichen Wesens wie sie. Die Verschiedenheit der Theophanieen beruht nicht auf einer Wesensverschiedenheit. c. 9.
Die Macht, Sünden zu vergeben, zeigte der Herr durch die Heilung des Gichtbrüchigen. Alle Menschen werden auferstehen, aber nicht die übrigen Geschöpfe; die gerechten werden sich im ewigen Leben frei von allen Widerwärtigkeiten selig in Gott erfreuen. Zu diesem Ziele führt die Kirche, die jungfräuliche und fruchtbare Braut Jesu Christi. Von ihr soll man sich weder durch Drohungen noch durch Versprechungen abwendig machen lassen. (10—13)
1. In der vorausgehenden Nacht ist der Teufel aus den Competenten vertrieben worden, und sie haben ihm, seiner Pracht und seinen Engeln widersagt. Dadurch ist der Teufel noch mehr gereizt worden; aber ein tapferer Soldat Christi hat sich nicht zu fürchten, er setzt den beiden Hauptwaffen des Teufels, der Lust und der Furcht, Gebet und den Beistand Gottes entgegen
Ich habe mir vorgenommen, eurer Heiligkeit den Grund der Geheimnisse der vergangenen Nacht und des euch soeben übergebenen Symbolums zu erklären, wenn Jener es mir verleiht, der mildreich gibt und es nicht vorrückt; S. 379 „denn er ist reich gegen Alle, die ihn anrufen.“ Er kann unsere Absicht fördern und euer Gebet für uns wohlgefällig aufnehmen. Empfanget daher nach eurem gläubigen Verlangen das Wort Gottes als die euch angemessene Speise; der Herr wirke euch daraus Gedeihen! Ihr seid zwar durch das Sakrament der Taufe noch nicht wieder geboren, aber durch das Zeichen des Kreuzes seid ihr im Schooße der hl. Mutter der Kirche schon empfangen worden. Es mache sich also diese Mutter daran, die Kinder, die sie trägt, durch geeignete Speisen zu nähren, um sich nach ihrer Geburt darüber zu freuen, daß sie solche aufgenommen habe, welche die geistige Nahrung verdienen. Was ist in euch, Geliebteste, gefeiert worden? Was ist mit euch gegen die bisherige Gewohnheit in dieser Nacht geschehen, daß ihr einzeln aus geheimen Orten vor die ganze Gemeinde geführt wurdet, und daß dort mit euch, während ihr den früher zu eurem Verderben aufgerichteten Nacken beugtet und mit bloßen Füßen auf eurem Bußgewande knietet, die Prüfung vorgenommen und der stolze Teufel durch Anrufung des demüthigen und doch hoch erhabenen Christus aus euch vertrieben wurde? Ihr alle wäret daher demüthig und betetet S. 380 demüthig unter Psalmengesang und Aussprechen der Worte: „Prüfe mich Gott und durchschaue mein Herz.“ Er hat geprüft und erforscht die Herzen seiner Knechte, er hat sie mit seiner Furcht berührt, er hat den Teufel durch seine Macht in die Flucht geschlagen und seine Familie von dessen Herrschaft befreit. Hiebei wurde der Arme nicht anders als der Reiche und der Herr nicht anders als der Knecht geprüft; denn wir alle kommen auf demselben Wege ins Leben. Und wenn Alle auf demselben Wege in dieses gebrechliche und hinfällige Leben kommen, wie viel mehr zu jenem unsterblichen und ewigen?
Nachdem also die Familie des Erlösers gereiniget war und den Gesang des Heiles gesungen hatte, empfing sie gegen das Gift der alten Schlange das Heilmittel des Symbolums, damit der Erlöste, wenn etwa der Widersacher, der Teufel, auf neue Nachstellungen sinnt, demselben mit dem Geheimnisse des Symbolums und mit der Fahne des Kreuzes entgegentrete. Es soll der Christ, über dessen Unterdrückung der ruchlose Teufel früher boshaft triumphirt hatte, in dieser Waffenrüstung leicht den Sieg erringen. Hauptsächlich deßhalb ist der Teufel unser Gegner geworden, weil er Diejenigen frei sieht, die er früher gefangen hielt, weil er Jene gesund erblickt, die er mit seinen Geschoßen verwundet und niedergeworfen hatte, weil er Jene mit Unsterblichkeit bekleidet sieht, die er durch Verführung zur Ungerechtigkeit ausgeplündert hatte, und weil „seine Mäusefallen zerbrochen und wir frei geworden sind. Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.“ Wenn aber unsere Hilfe im Namen des Herrn ist, so laßt uns dem Teufel, seiner S. 381 Pracht und seinen Engeln widersagen! Das habt ihr gehört, und das habt auch ihr gelobt, daß ihr widersaget dem Teufel, seiner Pracht und seinen Engeln. Sehet, Geliebteste, dieß euer Gelöbniß bringet ihr an den englischen Hof; denn die Namen der Gelobenden werden nicht von einem Menschen, sondern von einer höhern himmlischen Macht ins Buch des Lebens eingetragen.
Beste Rekruten Gottes, tapfere Soldaten Christi! Indem ihr die Waffen der Sakramente ergreifet, kündiget ihr dem Teufel den Krieg an; indem ihr seinen Werken widersaget, fordert ihr seine Wuth um so heftiger gegen euch heraus. Aber ein Streiter Christi fürchte sich nicht; denn ihr werdet mit Christus selbst bekleidet werden, um durch ihn euern Widersacher, den Teufel, schnell zu besiegen! Mir welchen Waffen kämpft dieser? Zwei sehr starke Arten von Waffen hat er, gegen die jeder Streiter Christi wachsam und tapfer Stand halten muß, wenn er zu triumphiren wünscht und die Macht des Teufels überwältigen will. Was sind das für zwei Arten von Waffen? Lust und Furcht. Die Einen gewinnt er durch Lust, und die Andern bricht er durch Furcht. Auch unsere Schlachtreihe ermanne sich und ziehe die geistigen Waffen! Gegen die Furcht des Teufels diene die heilige Furcht des Herrn, die währet für und für. Gegen die Lust der schändlichsten Ergötzung mangle uns nicht das Vertrauen zum Gebete! Und warum fürchtet sich S. 382 ein Christ, da er zu einem solchen Gebete, zu einer solchen Zuversicht und zu solchem Vertrauen ermahnt wird, daß er sagt: „Der Herr ist mein Helfer, und ich werde meine Feinde verachten“? Ihr wisset jedoch, Geliebteste, daß der Teufel mehr Gefangene macht durch Lust als durch Furcht. Denn warum stellt er täglich die Mausefalle der Schauspiele, den Wahnsinn der Parteileidenschaften und schändlichen Vergnügungen auf, als um durch diese Ergötzlichkeiten die Verlorenen wieder zu fangen und sich über die Wiedergewinnung der Entkommenen zu erfreuen?
2. Dem Vergnügen der Rennbahn, der Amphitheater und schändlicher Schauspiele setzt die Kirche unschädliche, ja heilige Schauspiele aus der biblischen Geschichte entgegen; an diesen erfreue sich der Christ!
Was brauche ich lange Umwege zu machen? Ihr seid kurz zu ermahnen, was ihr verachten und was ihr fliehen sollet. Fliehet, Geliebteste, die Schauspiele, fliehet die schändlichen Höhlen des Teufels, damit euch nicht die Bande des Arglistigen festhalten! Wenn ihr den Geist vergnügen wollet und an der Schaulust euch ergötzet, so bietet auch die heilige Mutter, die Kirche, ehrwürdige und heilsame Schauspiele; diese sollen euern Geist durch ihre Ergötzlichkeit erfreuen und in euch nicht den Glauben zerstören, sondern ihn bewahren. Ist Jemand ein Liebhaber der Rennhahn? Was ergötzt auf der Rennbahn? Die Wagenlenker im Wettkampfe dahinrennen, das Volk in unsinniger Wuth sich drängen, einen Schnellern vorfahren und das Pferd S. 383 seines Gegners lahmen zu sehen. Das also ist die Ergötzlichkeit, zu schreien, weil Einer siegte, den der Teufel besiegt hat, zu jubeln und zu höhnen, weil der Gegner sein Pferd verloren hat, während doch ein Mensch, der an einem solchen Schauspiele sich ergötzt, schon den Verstand verloren hat. Betrachte auf der Gegenseite unsere heiligen, vernünftigen und höchst anmuthigen Schauspiele! Betrachte in der Apostelgeschichte den Lahmen, der vom Mutterschooße an nie gehen konnte; ihn brachte Petrus zum Laufen. Siehe, der ist plötzlich gesund, den du vorher krank erblicktest. Wenn nun in dir noch ein vernünftiger Geist ist, wenn in dir noch ein Funke von Billigkeit und Freude am Heile schimmert, so sieh dich vor, was du erwarten und wo du schreien sollest, ob dort, wo gesunde Pferde gelahmt, oder hier, wo gelähmte Menschen gesund gemacht werden? Wenn dich aber jene Pracht, die Schönheit der Pferde, die Zusammensetzung der Wagen, die reich geschmückte Kleidung des daraufstehenden, die Pferde lenkenden und siegbegierigen Wagenlenkers ergötzt, wenn dich, wie gesagt, diese Pracht ergötzt, so versagt dir selbst diese Derjenige nicht, der dir befahl, der Pracht des Teufels zu widersagen. Auch wir haben unsern geistigen Wagenlenker, den hl. Propheten Elias, der auf einem feurigen Viergespanne so weit fuhr, daß er die Pforten des Himmels erreichte. Und wenn du die Gegner, welche die wahre Tugend besiegt, an denen er im Fluge vorbei fuhr, durch deren Besiegung er zur Palme der hohen Erhabenheit gelangte, sehen willst: „die Wagen des Pharao und sein ganzes Heer warf er ins Meer.“
Ein anderer Liebhaber des Theaters muß vielleicht auf Dasjenige aufmerksam gemacht werden, was er fliehen und woran er sich ergötzen soll, damit er nicht die Lust zu sehen ablege, aber einen andern Gegenstand suche. Auf den S. 384 Theatern herrscht die Pest der Sitten, Dinge schändlich zu lernen, unanständig zu hören und verderblich zu sehen! Aber mit Hilfe Gottes wollen wir sie entschlossen aus euern Herzen vertreiben. Wir wollen die Dinge einzeln vergleichen. Dort sehen die Zuhörer irgend einen erdichteten Gott, den Juppiter, dargestellt, der die Ehe bricht und donnert; hier erblicken wir den wahren Gott Christus, der die Keuschheit lehrt, die Unreinheit zerstört und Heilsames prediget. Dort wird dargestellt, daß derselbe Juppiter Juno zur Schwester und zur Gattin habe; hier preisen die hl. Maria, Mutter und Jungfrau zugleich. Dort wird das Auge in Staunen gesetzt bei dem Anblicke eines Menschen, der auf einem Seile geht; hier sehen wir ein großes Wunder, wie Petrus zu Fuß auf dem Meere geht. Dort wird durch die mimische Schändlichkeit die Keuschheit verletzt; hier wird durch die keusche Susanna und den keuschen Joseph die Begierlichkeit niedergehalten, der Tod verachtet, Gott geliebt und die Keuschheit erhöht. Dort lockt der Chor und der Gesang des Schauspielers durch das Gehör, aber er zerstört ein gesundes Herz. Und warum soll etwas Solches unserm Gesange verglichen werden, in welchem der liebende Sänger sagt: „Es erzählten mir die Sünder ihre Ergötzlichkeiten; aber sie sind nicht wie dein Gesetz, o Herr! Alle deine Gebote sind Wahrheit“?
Vielleicht dürfte Mancher die Übung der Seiltänzer bewundern, daß nämlich Kinder in der Luft spielen und verschiedene Geschichten darstellen. Aber betrachtet die Spiele unserer Kinder! Im Schooße der Rebekka streiten zwei Kinder; während der ältere hervortritt, wird seine Ferse von der Hand des Jüngern festgehalten. In dem Kampfe derselben ist ein großes Geheimniß angedeutet, daß nämlich S. 385 der Jüngere den ältern überflügelte und ihm das Recht der Erstgeburt und den Segen nahm. In diesen gleichsam spielenden und, wie gesagt, ein großes Geheimniß darstellenden Kindern werden (zwei Klassen) gezeigt und zwar in Esau die verworfenen Juden und in Jakob die vorherbestimmten Christen. Denn jener eine Knabe Jakob stellte so plaudernd in seiner Person viele Prädestinirte und darunter auch Kinder vor; es sind Kinder, die vom Mutterschooße an von den Händen der Gläubigen aufgenommen und von ihnen so durchgebildet werden, daß sie nicht in der Luft hängen, sondern wiedergeboren im Himmel leben. An diesen Freuden ergötze sich der Geist, daran weide sich die christliche Seele, sie bewahre diese Nüchternheit des Geistes und fliehe die Betäubung des Teufels!
Ebenso wenig sollen einen Christen die Kämpfe des Amphitheaters verführen und an sich ziehen. Zu diesem läuft man um so begieriger, je seltener es gegeben wird. Aber auch dort wird nur Gefährliches für die Augen und grausames ausgeführt. Dort verurtheilt, wie der hochselige Cyprian sagt, der böse Wille unschuldige Menschen zu Thierkämpfen. Daher lade euch, Geliebteste, jenes grausame Schauspiel nicht dazu ein, zwei Jäger mit neun Bären kämpfen zu sehen, sondern es ergötze euch, unsern Daniel durch sein Gebet sieben Löwen überwinden zu sehen. Unterscheide, geistiger Liebhaber, die Kämpfe; siehe zwei aus freiem Willen Schuldige und einen Unschuldigen voll S. 386 des Glaubens. Jene geben ihr Leben um irdischen Lohn den wilden Thieren preis, und dieser ruft im Gebete: „Überliefere nicht Seelen, die dich bekennen, den Thieren.“ Bei jenem Schauspiele ist der Festgeber traurig, wenn ein Jäger, der ihm mehrere Thiere getödtet hat, unverletzt davon kommt; in unserm Kampfe aber kämpft man ohne Waffen, weder Daniel wird verletzt noch ein Thier getödtet, und der Sieg erfolgt so, daß der König sich wundert und sich bessert, daß die Völker sich fürchten und die Feinde zu Grunde gehen. Wunderbar ist unser Schauspiel, ganz wunderbar ein Kampf, in welchem Gott hilft, der Glaube Kraft verleiht, die Unschuld kämpft, die Heiligkeit siegt und einen solchen Preis erlangt, daß der Sieger empfängt und der Festgeber Nichts verliert. Habet Verlangen nach solchen Kampfspielen, kommt freudig in der Kirche zusammen, um sie zu betrachten und mit aller Sicherheit zu erwarten. Machet den Vorsatz eures Herzens von jeder fleischlichen Begierde frei und überlasset Gott eure Sorgen, damit sich der Widersacher scheue, wenn er an euch Nichts findet, was sein ist. Da ihr ihn verschmähet und seiner Pracht widersaget, so finde jener Ruchlose, nachdem eure Freiheit von seinen Nachstellungen gerettet ist, euch nicht leer; denn wir wissen, daß er auch Jene zu fesseln sucht, die ihm nicht angehören!
3. Gott heißt allmächtig, weil er Alles aus Nichts gemacht hat; Menschen können nicht allmächtig genannt werden. Nicht bloß der Vater ist allmächtig, sondern auch der Sohn und der hl. Geist. Der Sohn ist von Ewigkeit aus dem Wesen des Vaters geboren
Glaubet treu an Gott den allmächtigen Vater. Wir S. 387 glauben an den allmächtigen Gott, der Alles gemacht hat, ohne selbst erschaffen zu sein; der deßhalb allmächtig ist, weil er all seine Geschöpfe aus Nichts gemacht hat. Denn es stand ihm kein Stoff zu Diensten, an dem er die Macht seiner Kunst hätte zeigen können, sondern er hat, wie gesagt, Alles aus Nichts erschaffen. Denn das heißt allmächtig sein, daß nicht nur die Bildung selbst, sondern auch der Stoff als von ihm seiend befunden werde, der keinen Anfang des Seins hatte, und daß der Ewige nicht Dasjenige schuf, was er selbst ist, sondern was von ihm das Dasein empfangen habe. Alles, was ist, das ist von ihm; er selbst aber ist von sich selbst, da er nicht von irgend Jemand gemacht worden ist. Daher hat er, selbst nicht gemacht, Alles gemacht, was gemacht ist, und selbst ungeschaffen das Geschöpf erschaffen: er ist es, welcher auch selbst seiner Schöpfung in entsprechenden Abstufungen durch seine verschiedenen Anordnungen Gewalten verliehen hat. Denn es kann jeder Engel oder Mensch nach der ihm verliehenen Gewalt mächtig heissen; darf er aber allmächtig genannt werden? Es kann Einer König oder Kaiser heissen, weil er Vieles kann, was er will; ein Mensch von gesundem Verstande wird ihn aber nicht allmächtig zu nennen wagen; denn wenn er ihn aus Schmeichelei so loben wollte, würde er Jenen und sich zu belügen und zu täuschen anfangen. Wie kann er es denn wagen, Jemand allmächtig zu nennen, da Dieser, wie er sieht, den dringenden Wunsch hat zu leben und doch sein Leben durch den Eintritt des Todes endiget? Wenn er allmächtig ist, so sterbe er nicht und sei vom Gesetze des Todes ausgenommen. Wenn ihm aber der Tod sein Ziel setzte, so hat gerade der Tod bewiesen, daß er nicht allmächtig gewesen sei. Daher wird Niemand wagen, irgend ein himmlisches oder irdisches Geschöpf allmächtig zu nennen. Allmächtig ist nur die Dreieinigkeit, nämlich der Vater, der Sohn und der hl. Geist. Denn wenn wir sagen, wir S. 388 glauben an Gott den allmächtigen Vater, so läugnen wir nicht mit den häretischen Arianern, daß der Sohn allmächtig sei oder der hl. Geist. Wenn du läugnest, daß der Sohn allmächtig sei, läugnest du auch, daß der Vater allmächtig sei. Aber der Vater ist größer, sagen sie, und der Sohn ist kleiner. Das ist bei den Menschen und bei allen Geschöpfen der Fall, und all Dieß bringt dich in Verlegenheit. Betrachte die göttliche Natur, denke, daß es Gott ist, denn du wirst ohne Grund verlegen! Wenn der Vater ewig ist, so ist gewiß auch der Sohn ewig; denn wenn der Sohn einmal nicht Sohn gewesen ist, so war auch der Vater einmal nicht Vater. Und wenn der Vater einmal nicht Vater war, so ist er nicht allmächtig gewesen; denn er besaß darin weniger, daß er später Vater geworden ist. Wenn du dem Sohne einen Anfang gibst, so schreibst du auch dem Vater einen Anfang zu; denn der Vater ist in seinem Verhältnisse zum Sohne Vater genannt worden. Wenn aber der Vater immer war, so war auch der Sohn immer, und wenn der Vater Gott ist, so ist auch der Sohn Gott; denn aus Gott konnte nur Gott hervorgehen. Wenn also der Vater Gott ist, so ist auch der Sohn Gott, und wenn der Vater ewig ist, so ist auch der Sohn ewig; da der Vater ihm an Alter und Würde nicht vorausgegangen ist, so hat er auch seine Gleichheit nicht geschmälert. Höre, was der Apostel von Gott dem Sohne sagt! „Als er in der Gestalt Gottes war, hielt er es nicht für Raub, Gott gleich zu sein.“ Er raubte die Gleichheit nicht, weil er sie von Natur aus hatte. Daher ist die Allmacht des Vaters im Sohne und die Allmacht des Sohnes im Vater, weil weder der Vater jemals ohne den Sohn noch der Sohn jemals ohne den Vater gewesen ist.
S. 389 Jene göttliche Geburt aus dem Vater, durch welche der Sohn aus dem Vater hervorging, durch die er als Gott von Gott, ohne Anfang, ohne Zeit, ohne alle Gebrechlichkeit und Verringerung geboren wurde, vermögen wir nicht zu begreifen. Es sagt ja der Prophet: „Wer wird seine Geburt erzählen?“ Und in der That, wer kann begreifen oder sagen, wie Derjenige geboren wurde, welcher immer im Vater ist und nie vom Vater weicht? Geziemend, wie gesagt, können wir das nicht angeben, aber wir müssen unsere Herzen dem Sohne selbst bereiten, daß er durch seine Erleuchtung und durch die Leitung des Glaubens uns zur Anschauung seiner Wahrheit führe, damit wir nicht in der Finsterniß unseres Unglaubens bleiben. Wenn wir ihm eine andere Wesenheit beilegten als die des Vaters, so würde der Sohn selbst nicht im Tone der Belohnung, sondern des Tadels uns wie den Philippus mahnen: „Philippus, wer mich steht, der sieht auch den Vater. Oder erkennst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist?“ Wie er also als Gott von Gott, als Licht vom Lichte, als Tag vom Tage geboren wurde, so auch als Allmächtiger vom Allmächtigen. Denn bei unserer sterblichen Zeugung ist der, welcher jetzt Vater ist, nicht immer Vater gewesen, und der jetzt Sohn ist, bleibt nicht immer Sohn, sondern wenn er mit der Zeit seinen Vater verliert, eine Gattin freit und selbst Nachkommenschaft erhält, wird er nicht mehr Sohn sein, sondern selbst Vater heissen; und jeder Vater wird, bevor er einen Sohn bekommt, nicht Vater genannt werden. Im Laufe der Zeit tritt also etwas zeitlich Vorangehendes hinzu. Wir dürfen ja glauben, so verhalte es sich auch im Wesen der Gottheit und in jener ewigen Zeugung! Denn dort nimmt nicht der Vater an Kräften ab und stirbt, damit der Sohn heran- S. 390 wachse und zur Würde des Vaters gelange; auch sind dort keine Zeiten, weil durch ihn die Zeiten gemacht wurden.
4. Wie der Vater ist auch der Sohn Schöpfer Himmels und der Erde und wird ausdrücklich allmächtig genannt. Da die göttlichen Personen unzertrennlich verbunden sind, so sind auch die göttlichen Werke, wie die Schöpfung, das Gericht und die Heiligung des Menschen denselben gemeinsam zuzuschreiben
Worin soll denn, Häretiker, nach deiner vermessenen Behauptung der Sohn, den wir dem Vater gleichstellen, kleiner sein als der Vater? Im Alter? Dort gibt es keine Zeiten. In der Gottheit? Der Vater ist Gott, und auch der Sohn ist Gott! In der Wirksamkeit? Alles ist durch den Sohn gemacht worden! Es sagt zwar die Schrift, daß Gott die Welt erschaffen habe, wie es denn im Buche Genesis heißt: „Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde;“ aber wenn wir Gott Vater nennen hören, so erkennen wir in ihm auch den Sohn und den heiligen Geist. Du sagst vielleicht: Gott Vater hat die Welt erschaffen. Aber höre, was der Evangelist Johannes sagt: „Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Alles ist durch dasselbe gemacht worden, und ohne dasselbe ist Nichts gemacht worden.“ Siehe er sagt, daß ohne den Sohn Nichts gemacht worden sei, weil Alles durch ihn gemacht wurde. Ohne den Sohn ist Nichts gemacht worden. Was hat der Vater gemacht, das der Sohn nicht gemacht, während doch der Evangelist S. 391 ihm sagt, daß ohne den Sohn Nichts gemacht worden sei? Wenn du aber, wie der wahre katholische Glaube angibt, in dem wirkenden Sohne den Vater mitsetzest und im wirkenden Vater den Sohn mitsetzest, weil der Sohn im Vater und der Vater im Sohne ist, so wird der Sohn, da in ihm der allmächtige Vater ist, als allmächtig befunden werden. Wenn aber der Sohn nicht allmächtig ist, wie ein häretischer Arianer schreit, so ist in ihm nicht der allmächtige Vater, und nach den Arianern ist falsch der Ausspruch des Sohnes: „Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir.“ Ferne sei es aber, daß die Wahrheit etwas Falsches sagt: es werde der Arianer beschämt, welcher der Wahrheit widerspricht!
Wir zeigen aus der Schrift, daß der Sohn allmächtig benannt worden sei wie der Vater, damit nicht allein eine wahre Schlußfolgerung, sondern auch göttliche Zeugnisse die unverschämte Stirne der Häretiker treffen. Der Vater ist allmächtig genannt worden, indem der Prophet sagt: „Dieß sagt der Herr der Allmächtige.“ Auch der Sohn ist allmächtig genannt worden, indem der Apostel Johannes in der Offenbarung sagt: „Von Jesus Christus unserm Herrn, der ist und der war und der kommen wird der Allmächtige.“ Der heilige Geist ist allmächtig genannt, in dem Salomon weissagte: „Der Geist des Herrn erfüllte den Erdkreis, und der Alles zusammenholt, hat Wissenschaft.“ Oder ist Derjenige nicht allmächtig, der Alles zusammenhält?
Die Schrift sagt, daß Gott Richter sei, wie denn der S. 392 Apostel sagt: „Wir alle werden vor dem Richterstuhle Christi stehen, auf daß Jeder empfange, was er im Leibe gethan hat, Gutes oder Böses.“ Wenn wir aber hören, daß Gott Richter sei, so verstehen wir darunter die ganze Dreifaltigkeit. Du aber, Häretiker, sage, wer Gott der Richter sei, der Vater oder der Sohn. Wenn du sagst: „der Vater“, so läugnest du, daß der Sohn Richter sei, und doch bekennst auch du im Symbolum, daß er kommen werde zu richten die Lebendigen und die Todten. Du widersprichst auch dem Evangelium, welches sagt: „Wenn der Sohn des Menschen in seiner Herrlichkeit kommen wird, so werden alle Völker vor ihm versammelt werden, und er wird sie voneinander scheiden, gleichwie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.“ An dieser Stelle wurde vom Evangelisten das Richteramt des Sohnes noch deutlicher gezeigt, so daß auch sein Urtheilsspruch angeführt wurde: „Und die Gottlosen werden zur ewigen Feuerstrafe, die Gerechten aber in das ewige Leben gehen.“ Wenn du einer solchen Auctorität nicht entgegentreten willst und das Richteramt des Sohnes zugestehst, wirst du demnach läugnen, daß der Vater Richter sei? „Nein“, sagst du, „ich leugne nicht, daß der Vater Richter sei.“ Warum läugnest du es nicht? „Weil der Vater die Gewalt hiezu gegeben und der Sohn sie empfangen hat.“ Ich sehe, Häretiker, auf welchen Punkt du mit starren Augen blickst, und worauf die Absicht deiner Geistesschärfe gerichtet ist. Du willst mir aus dem Evangelium vorlesen und sagen: „Der Vater richtet Niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohne übergeben.“ S. 393 „Darin,“ sagst du, „daß der Vater gegeben und der Sohn empfangen hat, ist der Vater größer und der Sohn kleiner.“ Wegen dieses Ausspruches rühme sich deine Eitelkeit nicht, denn die göttliche Autorität widerlegt dich aus demselben. „Der Vater richtet Niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohne übergehen.“ Wir kennen Dieß, denn der gesunde Glaube weiß, wie es zu verstehen sei. Jener angenommene Mensch, der ebenfalls der Sohn Gottes genannt worden ist, empfing die Gewalt, aber so, daß sie der Vater und der Sohn ihm übertrugen, weil der Sohn im Vater ist und der Vater im Sohne.
Wenn aber du, Häretiker, nach eurer verkehrten Lehre Dieß jener Gottheit zuschreiben willst, nach welcher der Sohn dem Vater gleich ist, so frage ich dich sorgfältiger und dringe darauf, daß du mir schnell beantwortest, wer Jener sei, der im Buche Deuteronomium zu Moyses sagte: „Am Tage des Gerichtes werde ich ihnen vergelten.“ Du kannst nicht sagen: „es ist der Vater,“ weil nach dem von dir vorgebrachten Ausspruche des Evangeliums der Vater Niemand richtet. Demnach sagte der Sohn: „Am Tage des Gerichtes werde ich ihnen vergelten.“ Ist es der Sohn? Antworte! Was bedenkst du dich? Hat der Sohn das gesagt oder nicht? Du kannst nur sagen, der Sohn habe gesagt: „Am Tage des Gerichtes werde ich ihnen vergelten,“ da ja „der Vater Niemand richtet.“ Aber sieh’, wie dich die folgenden Worte dieses Buches bloßstellen und überführen! Als er gesagt hatte: „Am Tage des Gerichtes werde ich ihnen vergelten,“ fügt er in kurzer Abfolge bei: „Sehet, daß ich Gott bin, und daß kein Anderer ist ausser mir.“ Was thust du, Arianer? Du hast keinen Ausweg mehr. Sage keck, der Sohn allein habe Dieß gesagt, und S. 394 du läugnest, daß der Vater Gott und Richter sei. Da du überführt bist, so lege deine Gereiztheit ab, höre die Wahrheit und erkenne als Gott den Richter die Dreieinigkeit! Höre, daß auch der heilige Geist Richter sei. Der Herr selbst sagt im Evangelium: „Wenn der Tröster kommt, so wird er die Welt überweisen von der Sünde, von der Gerechtigkeit und vom Gerichte.“ Was willst du mehr? Ebenso zeigt die göttliche Schrift, daß der Vater, der Sohn und der heilige Geist zugleich in einem Menschen als ihrem Tempel wohnen. Im Evangelium sagt der Sohn: „Wemn mich Jemand liebt, so wird er von meinem Vater geliebt werden, und ich und der Vater werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Das thun der Vater und der Sohn! Wie verhält es sich mit dem heiligen Geiste? Höre den Apostel! „Wisset ihr nicht;“ sagt er, „daß ihr ein Tempel Gottes seid, und daß der Geist Gottes in euch wohnt?“ Ebenso wird bewiesen, daß der Vater, der Sohn und der heilige Geist zugleich die Gottlosen verlassen. Der Prophet Salomon sagt: „Verkehrte Gedanken trennen von Gott.“ Siehe, Gott der Vater verläßt verkehrte Gedanken! Was thut der Sohn? Es folgt: „Weil die Weisheit nicht in eine boshafte Seele eingehen wird.“ Christus ist aber „Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ Siehe, der Sohn verläßt eine boshafte Seele, und in dieser sind die verkehrten Gedanken, die der Vater verlassen hat. Es erübriget noch vom heiligen Geiste zu reden. Höre, was kurz darauf folgt. „Der heilige Geist der Zucht fliebt vor dem Heuchler und weicht von Gedanken, die ohne Verstand sind.“ Vernimm, daß der heilige Geist einen Menschen ohne Verstand verläßt. Als derselbe heilige Geist diese S. 395 Worte durch den Propheten sprach, hatte er euch im Auge. So wird durch das Zeugniß der göttlichen Schriften von jener unzertrennlichen Freiheit nachgewiesen, daß sie zugleich wohne, zugleich herrsche, zugleich besitze und zugleich verlasse. Diese laßt ihr, Arianer, dadurch, daß ihr sie trennt und durch verschiedene Abstufungen dem Sohne und dem heiligen Geiste Unrecht thut, nicht in euch wohnen, weil der Vater sich den verkehrten Gedanken in euch entzieht, weil die Weisheit in eine übelwollende Seele nicht eingehen wird und ihr durch die Bosheit eurer Seele wie den Vater vom Sohne, so die Heerde vom höchsten Hirten trennt, und weil der heilige Geist fliebt einen Heuchler, d. h. die Heuchelei eurer verkehrten Lehre, von welcher nachgewiesen wurde, daß weder der Vater noch der Sohn noch der heilige Geist in ihr bleihe.
Da es sich also um die Einheit der Dreiheit des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes handelt, so wagen wir nicht, diese Einheit drei Götter, drei Allmächtige, drei Unsichtbare und drei Unsterbliche zu nennen, sondern wir nennen sie den einen Gott, von welchem der Apostel sagt: „Dem unsterblichen, dem unsichtbaren, dem unwandelbaren, einzigen Gott sei Preis und Ehre!“ Lasset uns daher, Geliebteste, nicht verschiedene Würden des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, nicht ein unterscheidbares und ungleiches Alter, nicht größere oder geringere Gewalten in unsern Herzen erdichten, damit nicht der Teufel, weil Christus unser Erlöser Götzenbilder und Tempel durch seine Kraft und Majestät völlig gestürzt hat, in den Herzen der Christen wieder Götzen verfertige. Das also ist der katholische Glaube, zu glauben an den allmächtigen, unsterblichen und S. 396 unsichtbaren Gott Vater und zu glauben an den allmächtigen, unsterblichen und unsichtbaren Gott Sohn. Dieser ist unsichtbar nach seiner göttlichen Geburt, aber nach der angenommenen Menschheit ist er sichtbar, sterblich und geringer als die Engel geworden. Endlich haben wir zu glauben an den allmächtigen, unsterblichen und unsichtbaren heiligen Geist, unsichtbar nach der gleichen Gottheit, aber in Gestalt einer Taube erschienen wegen der Bezeugung des Sohnes. Dieß ist die Dreieinigkeit, die einfache Einheit, der unzertrennliche, unaussprechliche, immer währende, immer gegenwärtige, überall herrschende, eine Gott, von welchem der Prophet David sagt: „Du allein bist der große Gott.“
5. Der Sohn Gottes wird aus einer Jungfrau, seinem Geschöpfe, wunderbar geboren. Als Kind wird er wunderbar von der Grausamkeit des Herodes gerettet, besucht später mit seinen Eltern den Tempel in Jerusalem, wo sein Gottesbewußtsein hervortritt. Sein erstes Wunder zu Kana
Wir glauben an Jesus Christus seinen Sohn, geboren vom heiligen Geiste aus Maria der Jungfrau. Ungläubiger! Warum erschrickst du vor dieser Geburt? Glaube es nicht, wenn der Geborene nur Mensch war, wenn aber dieser Mensch Gott war, so wurde er von Jener geboren, von der er geboren werden wollte, weil er so, wie er wollte, geboren worden ist. Wundere dich vielmehr darüber, daß das Wort Fleisch angenommen hat und nicht in Fleisch verwandelt wurde, weil es Gott blieb und die Menschheit annahm. Warum wunderst du dich übrigens, daß die Gebärerin ihren Erzeuger gebar und das Geschöpf seinen Schöpfer schuf? So wollte der erhabene Niedrige geboren S. 397 werden, daß er gerade in seiner Erniedrigung seine Majestät zeigte. Unberührt trug die Mutter den Sohn, sie wunderte sich selbst über den Anblick des Sprößlinges, den nicht die Umarmung eines Gatten gebildet hatte. Aber, Ungläubiger, höre die Weissagung und erkenne die Erfüllung. Der Prophet David sagt: „Mutter Sion wird der Mensch sagen, und ein Mensch ist geboren in ihr, und er selbst hat sie begründet der Höchste.“ Er selbst der Höchste, der sie gegründet, ist in ihr der höchste Mensch geworden, weil der Höchste eine solche zur Mutter schuf und sich so in ihr bildete, daß er aus ihrem Schooße hervorging und ihr einen Sohn gab, ohne ihre Unversehrtheit zu verletzen. Welches ist die Gnade dieser Mutter und Jungfrau? welches ist die Gnade dieses Weibes, das einen Mann nicht erkennt und einen Sohn trägt? Höret den Gruß des Erzengels Gabriel! „Gegrüßt sei du,“ sagt er, „du bist voll der Gnade, der Herr it mit dir.“ Als der Engel jene Jungfrau so grüßte, da befruchtete sie der heilige Geist, da empfing jenes Weib ohne Mann einen Mann, da wurde sie voll der Gnade, da nahm sie den Herrn auf, damit ihr Schöpfer in ihr wohne. Geliebteste! Wir dürfen auch nicht glauben, daß in seiner Gegenwart und unter seinem Schutze die Verderbnis über jenes Weib Gewalt erhielt; denn in ihr brannte nicht leidenschaftliche Begierde. Doch die Jungfrau erkenne, den sie getragen, und die Mutter erkenne ihn; es weiche das Staunen, und der Glaube trete ein.
Derjenige, den die Jungfrau trägt, wird geboren; er spricht noch nicht und erschüttert die Welt. Es schreit der Himmel den Glanz eines neuen Gestirnes ausstrahlend, S. 398 und es schreit die durch Herodes erschreckte Erde; die Magier kommen auf die Mahnung herbei, und die erschreckten Juden suchen ihn: jene fragen, wo der sei, der überall ganz ist, und man sucht in der Welt den Schöpfer der Welt. Man suchte ihn aber nicht, um ihn anzuerkennen, sondern um ihn zu tödten, weil „die Welt durch ihn gemacht worden ist und die Welt ihn nicht erkannt hat.“ O unmenschliche Menschheit! Es kommt dein Erlöser, und du erschrickst. Du willst ihn verderben, während er dich zu befreien beschlossen hat! O gottloses Judenland, du bist mit dem Himmel im Widerspruche! Der Himmel zeigt das Kind zum Anbeten, und du suchst es zum Morden? Jener verkündet dir, daß Gott für dich die Menschheit angenommen habe, und du willst Denjenigen verderben, der zu deiner Erlösung kam. Warte noch ein wenig; denn er kam zwar zu dem Zwecke, um auch deinen ruchlosen Willen zu erfüllen, aber warte noch, damit er selbst sich seine Erbschaft sammle. Sammle, Erlöser, sammle doch, es rühme sich nicht der Zerstreuer. Räche dich an ihnen, die dich als Kind verfolgen; ihre Kinder sollen für dich sterben! Wenn sie selbst grausam gegen dich sind, dann mögen ihre Kinder für dich sterben! Räche dich also, räche dich auf diese Weise. Noch nicht sprachfähige Kinder sollen ihre Eltern verspotten und die Wüthenden widerlegen; Unmündige sollen ein Zeugniß für deine Unschuld ablegen, daß in dir keine Bosheit ist, und daß Jene, die dich unschuldig getödtet wissen wollen, nur den Vortheil haben, daß du ihre Kinder von ihnen trennest! Möget ihr trauern, Juden, und euere Kinder beklagen; nicht Jene sterben, die vom Leben aufgenommen werden, es wird ihnen die Herrlichkeit der Unsterblichkeit geboten, aber über euch wird die Strafe der Kinderlosigkeit verhängt. Ihr habt dem Herodes gemeldet, wo der Sohn S. 399 Gottes zum Morden gefunden werden könne; aber Jener tödtete euere Söhne anstatt des Sohnes Gottes, belegte euch als Verrätber unwissentlich mit der Strafe der Kinderlosigkeit und machte euere Söhne zu Erben Gottes! So spottete euer, der im Himmel wohnte und auf der Erde lag, so heilte er euere und des Königs Wuth, indem er eure Sünden gegen euch kehrte und selbst von euren Sünden viel Gutes that!
Jungfrau Mutter! Du hast die Kindheit deines Sohnes kennen lernen, lerne auch sein Knabenalter kennen. Das Evangelium sagt: Es eilten mit dem Knaben Jesus seine Eltern nach Jerusalem, um nach dem Gesetze ein Opfer für ihn darzubringen. Und als Jene zurückkehrten, blieb der Knabe im Tempel zurück und unterredete sich mit den älteren und den Schriftgelehrten und Alle, wunderten sich über die Weisheit, die in ihm war und Viele in Staunen setzte. Als sie aber ihn suchend zurückgekehrt waren, fanden sie ihn in Mitte der Älteren sitzen, sie fragend und ihnen antwortend. Und es sagte ihm jene Mutter: „Sohn, was hast du uns gethan? Siehe, besorgt und ängstlich suchten wir dich!“ Da sagte Jener: „Warum warst du besorgt? Weißt du nicht, daß ich in dem wirken muß, was meines Vaters ist ?“ Als die Mutter Solches von ihrem Sohne hörte, erschrack sie in ihrem Herzen; denn Jener nannte nicht einen Vater, den er auf der Erde nicht kannte, sondern nannte Denjenigen Vater, der Himmel und Erde erschaffen hat. Sie lerne auch seine Jugend kennen und sehe die vielen und großen Wunder, die Verwandlung des Wassers in Wein! Bei diesem ersten Wunder versuchte jenes Weib, S. 400 ob sie dem Sohne nicht als Mutter befehlen könne, sie eine Herrin, die sich doch als Magd erkannte. „Sohn,“ sagte sie, „sie haben keinen Wein;“ mache du hingegen, daß Wasser in Wein verwandelt werde! Da Jener als Mensch geringer und Unterthan, als Gott aber über Allen war, so sagte er, um zwischen Gott und dem Menschen zu unterscheiden: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Hiemit hat er ihr gleichsam gesagt: Es wird die Stunde kommen, wo Dasjenige, was von dir geboren wurde, am Kreuze hängend dich anerkennt und dich dem geliebten Jünger empfiehlt. was habe ich bei diesem Wunder mit dir zu schaffen? Denn die Wunderkraft ist nicht aus dir hervorgegangen, sondern ist in Jenem, der dich gemacht hat; es steht dir nicht zu, Gott zu befehlen, sondern es steht dir zu, Gott unterthan zu sein. Aber die fromme Mutter, welche die Ermahnung ihres Sohnes: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen?“ nicht ungütig aufnahm, sehe in den übrigen Wundern den wirklichen Gott, den sie als heranwachsenden Sohn hatte, sie sehe die Erleuchtung der Blinden, die Reinigung der Aussätzigen, das Gehen der Lahmen, das Hören der Tauben, die Flucht der Dämonen und, was größer als all Dieß ist, die Auferstehung der Todten! Aber die Mutter lerne es erst noch kennen und scheue sich auch vor der Jugend ihres Sohnes!
6. Am Kreuze hat sich der himmlische Bräutigam mit der aus seiner geöffneten Seite gebildeten Braut, mit der Kirche, verbunden. Mit seinem Blute hat er uns gekauft und seine Knechte frei gemacht
Was bleibt dem Jünglinge zu thun übrig, als wie ein S. 401 Bräutigam aus seinem Brautgemache zu treten? Es empfange der Bräutigam die Braut, man suche und finde sie, um sie mit ihm zu verbinden. Er ist nicht bloß Mensch, sondern er ist Gott und Mensch; daher suche man eine solche, die ihm angetraut werden kann. Eine, wie seine Mutter ist, werde für ihn gefunden, eine solche, die eine fruchtbare Mutter gibt und doch die Jungfräulichkeit unverletzt bewahrt, der Sohn einer beständigen Jungfrau erhalte eine beständige Jungfrau. Siehe es ist Zeit; mögen nur die Juden bald ihren Willen erfüllen, wann er ihnen Macht dazu gehen will. Betreibet, ihr Juden, nur in eurer Unwissenheit die Hochzeit des Lammes, gebt dem schlechten Bösewicht Judas Geld, machet, daß der von der Jungfrau geborene von Pontius Pilatus ans Kreuz gehängt werde. Unser Bräutigam besteige das Holz seines Brautgemaches, unser Bräutigam besteige das Bett seines Brautgemaches. Sterbend schlafe er ein, es öffne sich seine Seite, und die Kirche trete als Jungfrau hervor, damit wie Eva aus der Seite des schlafenden Adam, so die Kirche aus der Seite des am Kreuze hängenden Christus gebildet werde! Denn seine Seite wurde, wie der Evangelist sagt, durchbohrt und sogleich floß Wasser und Blut heraus. Das sind die Zwillingsgeheimnisse der Kirche: im Wasser ist sie gereiniget worden, und das Blut wurde ihr als Mitgift gegeben. In jenem Blute haben die heiligen Märtyrer, die Freunde des Bräutigams, ihre Kleider gewaschen, sie machten dieselben weiß, kamen auf die Einladung zum Hochzeitsmahle des Lammes, erhielten vom Bräutigame den Becher, tranken daraus und überreichten ihm denselben. Sie tranken sein Blut und vergoßen für ihn ihr Blut. Was trieb doch die S. 402 wahnsinnige Gottlosigkeit der Juden, daß sie auf die Einladung nicht kommen wollten, sondern noch obendrein den Bräutigam tödteten? Warum verkaufte der ruchlose Judas Denjenigen, von welchem er hatte losgekauft werden sollen? Weder Judas behielt den Preis, noch behielten die Juden Christum, den sie gekauft hatten. Dem Judas sage ich: Wo ist das Geld, das du empfangen hast? Dem Juden sage ich: Wo ist Derjenige, den du gekauft hast? Jenem sage ich: Als du ihn verkauftest, hast du dich getäuscht. Und Diesem sage ich: Was du gekauft hast, das konntest du nicht besitzen. Frohlocke, Christ. Beim Schacher deiner Feinde hast du gesiegt; was Judas verkaufte und der Jude kaufte, das hast du erworben!
Frohlocke in hl. Freude, Braut Kirche; denn wenn das nicht an Christus geschehen wäre, so wärest du von ihm nicht gebildet worden. Der Verkaufte erkaufte dich, der Getödtete liebte dich, und wegen seiner überaus großen Liebe zu dir wollte er deinetwegen sterben. O großes Geheimnis dieses Ehebundes. O großes Mysterium dieses Bräutigames und dieser Braut. Es kann mit menschlichen Worten nicht geziemend dargelegt werden. Vom Bräutigame wird die Braut geboren, und sogleich nach der Geburt wird sie ihm angetraut; beim Tode des Bräutigams heirathet die Braut, und er verbindet sich mit ihr bei seiner Trennung von den Sterblichen. Wenn Jener über die Himmel erhöht wird, wird Diese auf der ganzen Erde befruchtet. Was heißt das? Wer ist jener abwesende und gegenwärtige Bräutigam? Wer ist jener gegenwärtige und doch verborgene Bräutigam, den seine Braut, die Kirche, nur durch den Glauben empfängt, und dem sie ohne alle Umarmung täglich Glieder gebiert? Wer wurde so geboren, wuchs heran und starb auf diese Weise? Wer erschreckte als Kind einen König, widerlegte als Knabe die Juden und brachte als Jüngling den Pontius Pilatus in Verlegenheit? Wer ist er? Wollt ihr ihn kennen? „Der Herr der Heerschaaren selbst S. 403 ist der König der Herrlichkeit.“ Wenn der Herr der Heerschaaren selbst der König der Herrlichkeit ist, so fürchtete er weder die bewaffnete Ankunft der Juden, noch das ungerechte Urtheil des Richters, noch den Spott der Soldaten, noch den Hohn der Feinde, noch die ihm aufs Haupt gesetzte Dornenkrone, noch die Vertheiler seiner Kleider, noch Galle und Essig, noch Lanze und Tod. Denn als diese Dinge mehr die Juden als Pilatus verübten, da führte der Herr der Herrschaften unsere Sache, was er nicht geraubt hatte, das bezahlte er. Er hatte nicht die Ungerechtigkeit geraubt und übernahm für die Ungerechten den Tod, damit die Schriftstelle erfüllt werde: „Was ich nicht geraubt hatte, bezahlte ich damals.“
„Christus ist für die Gottlosen gestorben“ und hat hiemit für uns geleistet, was er nicht schuldig war. Damit wir Dieß einsehen möchten, öffnete er am Kreuzesholze den Geldbeutel seines Fleisches und gab dem Erpresser unsern Preis. Dort machte er sogleich den Räuber zum Bekenner, um durch ihn den Fall der Gottlosen gutzumachen. Sehet den erlösten Menschenmörder, den der Teufel besessen hatte, sehet den Herrn der Heerschaaren, der selbst im Tode Wunder wirkte! Damals bekannte ihn der Räuber, als Petrus erschrack, damals erkannte er ihn, als ihn Petrus verläugnete. Hat aber der Herr deßhalb seinen Verläugner, den Petrus, verloren, weil er den Räuber gewann? Das sei bei Weitem ferne. Der den Preis bezahlte, führte ein Geheimniß vor und zeigte in Petrus, daß kein Gerechter vermessen auf sich vertrauen dürfe, und im Räuber zeigte er, daß kein Gottloser zu Grunde gehen könne, wenn er sich bekehrt hat. Der Gute fürchte sich, durch Hochmuth verloren zu gehen, und der Böse verzweifle nicht ob seiner S. 404 Bosheit. Die Vermessenen sollen gebrochen und die zweifelnden aufgerichtet werden!
Wir wissen, daß ein großer Preis für uns bezahlt wurde, weil wir mit Christi Blut losgekauft worden sind. Lasset uns darnach streben, einem solchen Herrn nicht zu mißfallen! Siehe er liebte die Knechte, kaufte sie los und schenkte ihnen die Freiheit! Ja er begnügt sich nicht, ihnen die Freiheit zu schenken, er gewährt ihnen Brüderschaft und verspricht ihnen die Erbschaft. Was kannst du weiter erwarten? Durch seine Ankunft nahm er deinen Tod auf sich, und durch seine Auferstehung schenkte er dir das Leben. Was kannst du weiter erwarten? Jener, der für dich gekreuziget wurde, ist am dritten Tage von den Todten auferstanden, hat dich über die Himmel erhöht und dich zum Kinde Gottes gemacht. Was kannst du weiter verlangen? „Was werden wir dem Herrn erstatten für Alles, was er uns gethan hat?“ Er machte uns, bevor wir waren, er schenkte uns Leben, Alter, freien Willen, Habe, Talent, Vernunft, Wissenschaft; all das Seinige gab er her, damit es Dein werde. Wir haben all diese Güter mißbraucht, sind hochmüthig geworden und haben den Schöpfer, der uns so große Güter schenkte, durch die Schuld unserer Übertretung beleidigt. Wir gingen verloren, und er suchte uns; wir wurden gefangen fortgeführt, und er kam uns zu Hilfe; wir wurden zum ewigen Tode geschleppt, und er befreite uns. Was hat dir Jener vorbehalten, der sich selbst für dich hingegeben hat? Und du zweifelst, ob der dir sein Leben schenke, der seinen Tod mit dir getheilt hat? Was sollen wir ihm vergelten? Wenn wir Nichts haben, um ihm zu vergelten, so wollen wir es von ihm selbst in Empfang nehmen, um es ihm anzubieten. Das verlangt Christus von dir, und das sagt er dir: „Was ich für dich gethan habe, das thue du für mich! Ich habe mein Leben für dich S. 405 hingegeben, gib auch du für deine Brüder dein Leben hin! Fürchte nicht den Tod; denn während deines Unvermögens zu siegen bin ich gestorben, damit du siegest und zwar siegest nicht durch dich, sondern durch mich, weil auch ich nicht meinetwegen, sondern deinetwegen gestorben bin. Du kanntest den Tod, aber du kanntest nicht die Auferstehung; ich habe den dir bekannten Tod auf mich genommen und Dir die dir unbekannte Auferstehung gezeigt. Liebe im Glauben den Auferstandenen, damit auch du durch ihn auferstehest.“ Wir haben gesprochen und nach Maßgabe seiner Mittheilung die drei Sätze erklärt, daß er geboren wurde aus Maria der Jungfrau, daß er gekreuzigt wurde unter Pontius Pilatus, daß er begraben wurde und am dritten Tage von den Todten auferstand. Wenn wir vom Einzelnen geziemend sprechen könnten, würde die Weitläufigkeit der Rede eher Eckel als Vergnügen verursachen.
7. Durch seine Himmelfahrt hat er uns ein Unterpfand der einstigen Vereinigung mit ihm gegeben. Das Sitzen zur Rechten bedeutet die ihm verliehene Gewalt, welche die Bekehrung einer bei Weitem größern Anzahl bewirkt, während seiner Thätigkeit auf Erden an ihn glaubt hatte
Weil wir besprochen haben, wie tief der Allerhöchste unsertwegen niederstieß, so wollen wir auch besprechen, wie er das von uns Angenommene in den Himmel erhöhte, zur Rechten des Vaters stellte und uns ein sicheres Unterpfand unseres Glaubens gab. In Folge dessen können die Glieder wegen des Hauptes sicher sein und dürfen hoffen, daß auch sie zu ihm gelangen können, der nach ihrem Glauben zur Rechten des Vaters sitzt. „Er wurde in den Himmel aufgenommen.“ Glaubet nicht, Geliebteste, daß dieses Sitzen auf menschlichen Gliedern erfolge, als sitze der Vater zur Linken, damit der Sohn zur Rechten sitze, andern verstehet unter der Rechten die Macht, die der von Gott S. 406 angenommene Mensch erhielt, damit er komme, um zu richten, da er früher gekommen war, um gerichtet zu werden. Deßhalb fuhr er zum Himmel empor, damit der Glaube seine Aufgabe erfülle; denn man findet, daß Dieses vom Propheten David vorhergesagt worden ist. Dieser sagt nämlich: „Die Versammlung der Völker wird dich umgeben, ihretwegen kehre in die Höhe zurück; der Herr richtet die Völker.“ Er sagt also: Weil du in der Knechtesgestalt bis zur Schmach des Kreuzes erniedriget worden bist und von Denjenigen, die dich am Kreuze sahen, Einige glaubten und Viele zweifelten, so kehre nach deiner Auferstehung von den Todten in die Höhe zurück und würdige dich über die Himmel emporzusteigen, damit die Menge des gläubigen Volkes sich durch den Glauben in Einigkeit versammle, auf daß der Glaube sie zum Schauen führe. Denn das ist die Kraft deiner Allmacht, daß du in den Gläubigen mehr vermagst, wenn deine Abwesenheit in der angenommenen Menschheit von ihnen gefühlt wird. Übrigens gehst du nach der Gegenwart deiner Majestät niemals aus den Herzen deiner Gläubigen. Sehet aber, Geliebteste, was uns Derjenige geschenkt hat, „der aufgefahren ist in die Höhe, die Gefangenschaft gefangen geführt und Gaben den Menschen ausgetheilt hat.“ Sehet, was er uns geschenkt hat. Er kam wunderbar, er wuchs wunderbar, er wirkte viele Wunder, die wir oben erwähnt haben, und er, das ewige Heil, verlieh vielen Menschen Heil. Der unsere Schwachheiten auf sich nahm, heilte viele und verschiedene Krankheiten. Auch damals war er von einer Menge Völker umgeben, die nicht der Glaube, sondern die Neugierde der Augen herbeigeführt hatte. Schließlich lobten Viele die gesehenen Wunder, Andere aber verkleinerten sie. Daher S. 406 stammt die Verleumdung, daß er „die Teufel in Belzebub, dem Obersten der Teufel, ausgetrieben habe.“ Obgleich er so große Wunder wirkte, wurde er verachtet; aber er wurde nicht bloß unterschätzt, sondern auch noch obendrein getödtet. Nur deßhalb sammelte er die Zahl der Auserwählten nicht durch seine eigene Gegenwart, weil Alles erfüllt werden mußte, was von ihm geschrieben stand. Denn bei jenen Vorgängen wurden dieselben von ihm selbst schon vorbereitet und die Gefangenschaft gefangen geführt. Man wartete, daß der Herr auffuhr und seine Gaben austheilte. Welche Gaben? Jene Gaben, welche die Jünger empfingen, welche Petrus empfing, durch die Petrus bestimmt wurde, für den Abwesenden zu sterben, den er in seiner Gegenwart aus Verzweiflung verläugnet hatte. Sehet, was derselbe Petrus in seinem Briefe sagt, was er aus jener Gnadengabe des hl. Geistes ergießt! „Da ihr an Denjenigen, den ihr nicht sehet, glaubt, so freuet euch mit unaussprechlicher Freude.“ Auch wir wollen uns freuen, indem wir an Jenen glauben, den wir nicht sehen, damit wir ihn gewiß sehen, wenn wir zu ihm gelangen. Er wird auch selbst kommen, aber nicht so, wie er früher gekommen ist.
8. Der Gottmensch kommt mit den Wundmalen der Kreuzigung zum Gerichte, um die Ungläubigen zu überweisen. Wir sollen uns auf seine Ankunft vorbereiten
Er wird kommen zu richten die Lebendigen und die S. 408 Todten. Der unter dem Richter stand, wird kommen Gericht zu halten und zwar in jener Gestalt, in der er gerichtet wurde, damit die Juden sehen, wen sie geschlagen haben, und Denjenigen erkennen, den sie verläugnet; auf daß sie jener angenommene und von ihnen gekreuzigte Mensch überweise. Die evangelische Wahrheit verschwieg nicht, daß er, der von seinem auferweckten und verherrlichten Leibe nach seinem Belieben jede Makel aller Wunden hätte entfernen können, mit seinen Wunden auferstanden sei, und zwar weil er mit bewußter Absicht die Wunden an seinem Leibe bewahren wollte, um die Wunden des Zweifels in den Herzen seiner Jünger zu heilen. Daher wird er, Geliebteste, vielleicht auch seinen Feinden seine Wunden zeigen wollen, wie er sie dem Thomas zeigte, der nicht glauben wollte, wenn er ihn nicht berühre und sehe. Deßhalb ist durch den Propheten gesagt worden: „Sie werden sehen, wen sie geschlagen haben.“ Er zeigt seine Wunden nicht, um ihnen wie dem Thomas zu sagen: „Weil du gesehen hast, so hast du geglaubt,“ sondern um sie von der Wahrheit zu überweisen und ihnen zu sagen: Sehet den Menschen, den ihr gekreuziget habt, sehet den Gott-Menschen, an den ihr nicht glauben wolltet. Ihr sehet die Wunden, die ihr geschlagen habt, ihr erkennet die Seite, die ihr durchbohrt habt; denn durch euch und euretwegen ist sie öffnet worden, und doch wolltet ihr nicht eintreten. Da ihr nicht durch den Preis meines Blutes losgekauft seid, so gehöret ihr nicht mir an! „Gehet hinweg von mir in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist.“ Aber ihr Verderben gereiche uns zum Nutzen. Wenn ihn Jene verachteten, wollen wir ihn fürchten, der so S. 409 zum Gerichte kommen wird! Während seines Lebens beeifere sich Jeder wahrhaft zu leben, er laufe, um durch sein kostbares Blut losgekauft zu werden, um nicht unter der Zahl der Verworfenen zu bleiben, wenn er nicht unter der Zahl der Auserwählten gefunden wird. Während dieses Lebens erwähle man einen bessern Ort! Hier ist die Zeit des Glaubens! Es sagt übrigens der Prophet: „Wer wird dich in der Hölle bekennen?“ Wer immer leben und den Tod nicht fürchten will, der halte das Leben fest, damit von diesem der Tod überwunden werde. Wer das Gericht des gerechten Richters nicht fürchten will, der ziehe ihn jetzt schon als Vertheidiger bei!
9. Der heilige Geist ist der Geist des Vaters und des Sohnes; er ist dem Vater und dem Sohne gleich. Die verschiedenen Gestalten, unter welchen die göttlichen Personen sichtbar erschienen sind, sprechen nicht für ihre innere Verschiedenheit. Die Theophanieen derselben Personen sind ja verschieden, und sie erfolgten nicht ausschließlich von Einer Person
Wir glauben auch an den heiligen Geist. Wir glauben, daß der hl. Geist Gott gleich sei dem Vater und dem Sohne, weil er zugleich im Vater und im Sohne ist. Wie ist er im Vater? Höre den Sohn! „Der Geist,“ sagte er, „der vom Vater ausgeht, wird euch alle Wahrheit lehren.“ Wie ist er im Sohne? Als der Sohn selbst nach seiner Auferstehung seine Jünger zur Verkündigung des Evan- S. 410 geliums aussandte, da hauchte er sie an und sprach: „Empfanget den heiligen Geist!“ Wie ist er der Geist des Vaters? Der Herr selbst sagt im Evangelium: „Nicht ihr seid es, die da reden, sondern der Geist eures Vaters, der in euch redet.“ Wie ist er auch der Geist des Sohnes? Der Apostel sagt: „Wenn einer den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein.“ Wie bezeugt derselbe Geist des Vaters und des Sohnes, der vom Vater und vom Sohne ausgeht, daß der Sohn Fleisch angenommen habe? Evangelist Johannes sagt: „Der Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlichet worden war.“ Als aber der Sohn verherrlichet wurde, da wurden nach seinem eigenen Worten „die Himmel geöffnet, und es stieg über den getauften Jesus der hl. Geist in Gestalt einer Taube herab, und eine Stimme vom Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe.“
Wenn du, häretischer Arianer, hörst oder liesest, daß der Sohn verherrlichet und der hl. Geist in Gestalt einer Taube vom Himmel gesendet wurde, so stellt auf Grund dieser unbestreitbaren Thatsache dein fleischlicher Sinn und die Vorspiegelung des in den Söhnen des Unglaubens wirksamen Teufels den Vater als größer hin, weil er nicht erschien; den Sohn als kleiner, weil er in Menschengestalt erschien; und den hl. Geist als viel geringer denn der Sohn, weil er in Gestalt einer Taube erschien. In verkehrter Weise machst du deine Folgerungen und sagst: Wie weit S. 411 das Sichtbare von dem Unsichtbaren absteht, so weit steht der Sohn vom Vater ab, und wie weit die Gestalt eines Menschen die Gestalt einer Taube übertrifft, so weit überragt die Ehre des Sohnes die Ehre des heiligen Geistes. Durch diesen Gedanken bist du dem Abgrunde eines bekannten Irrthumes sehr nahe gekommen. Denn es fehlte nicht an Leuten, die Dasselbe von der menschlichen Seele dachten, was du vom göttlichen Wesen behaupten willst; es glauben ja einige, daß die Seelen nach ihrem Verdienste verschiedenen Körpern gegeben werden, und daß es Hin- und Herwanderungen gebe. Ihre Netze zerreißt David mit göttlicher Stimme und spricht: „Die Gottlosen gehen im Kreise herum.“ Die Solches glauben oder verkündigen, sind gottlos. Und gleichsam als sagte ihm Gott: Was denkst du von der Fortpflanzung der Menschen? fügte er sofort bei: „Nach deiner Hoheit vermehrst du die Menschenkinder.“ Das ist aber eine andere Frage, bei welcher ich mich nicht aufzuhalten brauche. Mit dir, Häretiker, habe ich über die Gestalt eines Menschen und einer Taube zu verhandeln; denn du sagst, gerade in dieser Hinsicht sei der Sohn mehr als der hl. Geist und willst zwischen dem Sohne und heiligen Geiste nach der Würde ihres Ranges einen solchen Abstand behaupten, wie der zwischen der Natur eines Menschen und einer Taube ist. Ich könnte dir zwar antworten, daß ein Mensch nicht die Unschuld einer Taube habe, ich sage es jedoch nicht, weil wir jetzt von jenem Menschen reden, der ohne Sünde kam.
Wenn dich aber der Umstand bestimmt, daß der Sohn den Menschen angenommen hat und der hl. Geist in Ge- S. 412 stalt einer Taube erschienen ist, so kann auch der Umstand nicht ohne Eindruck auf dich sein, daß der vom Sohne angenommene Mensch Lamm genannt wurde. Denn Johannes der Täufer sagt: „Sehet an das Lamm Gottes, welches auf sich nimmt die Sünde der Welt.“ Und der Prophet Esaias sagt: „Wie ein Schaf ist er zur Schlachtbank geführt worden, und wie ein Lamm vor dem Scheerer öffnete er seinen Mund nicht.“ Und der Apostel Johannes sagt in seiner Offenbarung: „Ich sah das Lamm stehen, als ob es erwürgt wäre.“ Sage mir, wenn du es erklären kannst, warum der Sohn Gottes Lamm genannt worden ist, und ich will dir die Taubengestalt des hl. Geistes erklären. Wenn du mir sagst: „Der Sohn Gottes heißt Lamm wegen seiner Unschuld,“ so erwidere ich dir Dasselbe vom hl. Geiste, und daher ist auch der heilige Geist wegen seiner Unschuld Taube. Wenn also Christus wegen seiner Unschuld ein Lamm und der hl. Geist wegen seiner Unschuld eine Taube ist, so „bewahre die Unschuld und sieh die Gleichheit.“ Du siehst die Gleichheit, wenn du die Einheit des Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes erkennst. Aber noch muß die katholische Lehre deine nichtigen Kunstgriffe und die verschiedenen Vergleichungen vom Wesen des Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes untergraben, damit dein auf Sand und nicht auf einen Felsen erbautes Haus durch das Wehen des Windes der göttlichen Aussprüche und durch den herabströmenden Regen der göttlichen Gnade einstürze und ein großer Trümmerhaufen werde.
Obgleich wir die ganze Dreieinigkeit als unsichtbar erkennen, glauben und festhalten, so sage uns doch, Häretiker, wer Jener sei, der dem Moyses auf dem Berge Sina in einer Feuerflamme erschien, dessen Rücken Moyses sah, da S. 413 sich ihm der Herr selbst zeigte. Denn da Jener das Angesicht Gottes zu sehen wünschte, sprach er: „Wenn ich Gnade vor dir gefunden habe, so zeige mir dein Angesicht.“ Gott antwortete ihm: „Steig auf den Berg Horeb und stelle dich auf einen Felsen, und meine Herrlichkeit wird vor dir vorübergehen, und meinen Rücken wirst du sehen, mein Angesicht aber kannst du nicht sehen.“ Wer ist Derjenige, welcher die Söhne Israel führte, als sie Ägypten verließen? Das Buch Exodus sagt: „Gott ging vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule und bei Nacht in einer Feuersäule.“ Wer ist dieß? Ist es der Vater oder der Sohn? Wenn du sagst: „Es ist der Vater,“ so ist also auch der Vater in irgend einer Gestalt erschienen. Du wagst aber nicht zu sagen: „Es ist der Sohn,“ um nicht wieder das Zeugniß des Moyses: „Du bist der einzige Gott, einen andern kennen wir nicht ausser dir,“ in Verwirrung gebracht zu werden. Daher wirst du es dem Vater zuschreiben, daß er in einer Wolkensäule oder in einer Feuersäule erschien. Wenn du es dem Vater zuschreibst, so kehre doch zu deiner Schlußfolgerung zurück und sage mir, welches die bessere Natur sei, die der Wolke, des Feuers oder des Menschen. Und wenn du sagst: „die Natur der Wolke oder des Feuers,“ so wirst du nicht bloß von allen Menschen verlacht, nämlich von allen denjenigen, welche mit einer zuverläßigen Vernunft begabt und nicht durch eure Verführung getäuscht sind, sondern auch von den Thieren. S. 414 Obgleich diese keinen vernünftigen Verstand haben, so haben sie doch ein natürliches Gefühl, das dem Feuer oder der Wolke nicht zugetheilt wurde. Wenn du aber sagst: „Die Natur des Menschen ist besser“, so beweisest du, daß der Sohn größer sei als der Vater, weil der Sohn in Menschengestalt, der Vater aber in Feuergestalt erschienen ist.
Das, Arianer, sei von eurem Standpunkte aus gesprochen; aber nach der richtigen und wahren Lehre ist der Sohn nicht größer als der Vater, weil der Sohn in Menschengestalt und der Vater in der Gestalt des Feuers erschienen ist, noch ist der hl. Geist kleiner als der Sohn, weil er in Gestalt einer Taube erschien. Jenes göttliche Wesen der Dreieinigkeit bleibt in sich, wie es ist; um das Zerstörte zu erneuern und unsern Fall wieder gut zu machen, hat es sich im Einklange mit de menschlichen Fassungsvermögen und nach Verhältnis der Umstände sichtbar gezeigt, ohne seine Einheit und Gleichheit zu verlieren. Gott ist im Feuer, aber er ist nicht Feuer; der Sohn ist im Menschen, aber er war nicht bloß, was er schien, sondern auch was verborgen war. Denn wenn er nur Dasjenige war, was er schien, warum sagte er dann zu seinen Jüngern: „Wer mich liebt, der wird von meinem Vater geliebt, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren“? Was hätte er denn offenbaren sollen, wenn er nur war, was er schien? Es gab daher in ihm auch etwas Verborgenes. Ebenso erschien auch der hl. Geist in Gestalt einer Taube, aber der hl. Geist war keine Taube. Alles, was geschah, o Mensch, ist deinetwegen geschehen. Thn Demjenigen kein Unrecht, der dich deßhalb gemacht hat, daß du von ihm erlangest, was im Symbolum folgt, Nachlassung der Sünden.
S. 415
10. Die Erlösung des Menschengeschlechtes bezweckte Vergebung der Sünden. Der Herr selbst zeigte durch sein Verhalten bei der Heilung des Gichtbrüchigen, daß er vor Allem die Seele heilen wolle
Nachlassung aller Sünden. Nenne Denjenigen geringer, der dich in der Nachlassung der Sünden zum Himmelreiche führt. Wenn Einer ohne diesen Glauben zur Taufe hinzutritt, so verschließt er sich selbst das Thor der Verzeihung. Nur deßhalb, Geliebteste, sandte der Vater den Sohn, nur deßhalb übernahm der Sohn selbst die Heilung des Menschen, und nur deßhalb ergoß der hl. Geist diese Gnade, um unsere Seelen von der Last der Sünden zu befreien. Der Sohn übernahm zwar die Heilung des ganzen Menschen, aber er zeigte, daß man der Seele eine grössere Sorgfalt zuwenden müsse als dem Leibe. Denn als der Heiland unter Anderm, was er während seiner Gegenwart that, einen Gichtbrüchigen von einer alten Krankheit schwer bedrängt sah, glaubte er zuerst seine Seele heilen zu müssen, dann erst würdigte er sich, ihm auch die Gesundheit des Leibes zu schenken. „Sohn“, sagte er, „habe Vertrauen, deine Sünden sind dir vergeben.“ Das ist ein großes, nicht zu verachtendes Heil. Nach ihm muß Jener drehen, der innerlich und äusserlich gesund sein will. „Reiniget,“ sagt der Herr selbst, „was innerlich ist, und das äusserliche wird rein sein.“ Da aber die Juden nach ihrer verkehrten Absicht Christo nicht gläubig nachfolgten, sondern deßhalb häufig zu ihm kamen, weil die Listigen ihm listig Nachstellungen bereiteten, so entstand, als sie den Herrn zum Gichtbrüchigen sagen hörten: „Vertraue Sohn. Deine Sünden sind dir vergehen“, sogleich jene Regung des schlechtesten Gedankens. Als der Herzensprüfer sie sagen S. 416 hörte: „Wer ist dieser, daß er Sünden vergibt? Er lästert, denn Niemand kann Sünden vergeben als Gott allein,“ da sprach er, um seine Gottheit zu beweisen, ihre Bosheit aufzudecken und seine Macht zu zeigen: „Was denkt ihr Böses in euren Herzen? Was ist leichter zu sagen: Deine Sünden sind Dir vergehen, oder zu sagen: Steh auf und wandle? Damit ihr aber wisset, daß der Sohn des Menschen die Macht habe, auf Erden die Sünden zu vergeben, so sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause. Und er stand sogleich auf, nahm sein Bett und ging fort.“
O wie viel besser wäre es ihm gewesen, nach der Vergebung der Sünden nicht vom Bette wieder zum Sündigen aufzustehen, sondern frei und sicher vom Grabe zum wahren Leben zu erstehen. Denn er ist nicht frei, Geliebteste, da ihm gesagt wurde: „Nimm dein Bett und geh nach Hause.“ Der Herr wollte ihn äusserlich so geheilt haben, daß er auch innerlich genese. Was sollen aber die Worte: „Nimm dein Bett“ anders sagen als: Trag wieder die Last deiner Sünden? Deine Schultern werden nicht frei sein, du wirst eine drückende Last tragen und von ihr niedergebeugt werden, dein schon freies Haupt wird wieder vom Joche der Knechtschaft beengt werden. Es sagt ja der Herr: „Jeder, der Sünde thut, ist der Knecht der Sünde.“ Wenn jener Gichtbrüchige nach Vergebung der Sünden aus diesem Leben geschieden wäre, so hätte er die volle Freiheit erlangt. Weil ihm aber noch ein ferneres Leben hienieden gestattet wurde, so hat er, wenn auch vielleicht gegen alle Vermuthung nicht gesündiget, jedenfalls viele Gefahren bestanden, weil „das Leben hienieden eine Versuchung ist.“ Wer S. 417 also, Geliebteste, treu glaubt und das Bekenntniß seines Glaubens, in dem alle Sünden vergeben werden, unbezweifelt festhält und umfängt, der überlasse seinen Willen dem Willen Gottes. Wenn ihn Gott nach der Taufe noch eine kleine Weile in diesem Leben festhält, so bete er unaufhörlich und spreche: „Sei mein Helfer, verlasse mich nicht!“ Wenn er sich aber würdiget, ihn frei und von jedem Schmutze der Sünde gereiniget zu sich zu berufen, so eile er ohne Zögern und ohne Traurigkeit zu Demjenigen, mit welchem und durch welchen er seine Herrschaft beginnen soll. Er scheue sich nicht vor dem Fahrzeuge des Todes, denn der ihn beruft, hat es selbst zuerst bestiegen. Wie es ihn in Folge der Auferstehung zum Vater führte, so hat Jener durch seine Auferstehung auch dich vorgestellt; denn er ist, um dich in den Himmel einzuladen, auf die Erde niedergestiegen, ohne den Himmel zu verlassen.
11. Zur Auferstehung sind nur die vernünftigen Geschöpfe bestimmt und daher die Thiere ausgeschlossen. Die Leiber werden unsterblich und unverweslich auferstehen
Auferstehung des Fleisches. Lasset uns gläubig daran festhalten, daß alles Fleisch, d. h. jedes vernünftige Geschöpf auferstehen werde. Das ist der Hauptpunkt unseres Glaubens, der uns von den Ungläubigen trennt; denn wir haben kein Recht über die Landthiere und die übrigen belebten Wesen, denen das Ebenbild Gottes nicht zugetheilt wurde, zu streiten. Wir wissen ja, daß alle jene Wesen S. 418 zu unserm Gebrauche erschaffen worden sind. Es lese Jemand, was Gott zu dem Menschen sprach, als er ihn bildete und segnete, und er wird im Buche Genesis geschrieben finden: „Gott erschuf den Menschen, nach seinem Bilde schuf er ihn, Mann und Weib schuf er sie. Und er segnete sie und sprach: Wachset und mehret euch, erfüllet die Erde und machet sie euch Unterthan, herrschet über die Fische des Meeres, über dieThiere des Landes und über das Geflügel des Himmels.“ All diese Wesen sind also, wie besagt, zum Gebrauche unserer Schwäche erschaffen worden. Wie nun unsere Verweslichkeit und unsere Schwäche nicht mit uns aufersteht, so auch nicht jene Geschöpfe, die für unsere Schwäche nothwendig sind.
Die Beschaffenheit unserer zukünftigen Leiber schildert der Apostel Paulus mit den Worten: „Gesäet wird in Verweslichkeit und auferstanden in Unverweslichkeit! Es wird gesäet in Schwäche, und auferstanden wird in Kraft! Gesäet wird in Schmach und auferstanden in Herrlichkeit! Ein thierischer Leib wird gesäet, und ein geistiger wird auferstehen!“ Diese Unverweslichkeit, Kraft, Herrlichkeit und dieser Lebensgeist werden uns nach der gnädigen Verheissung des Herrn selbst den Engeln Gottes gleich machen, so daß wir mit ihnen im ewigen Leben in einer Unsterblichkeit und in einem ewigen Vaterlande leben. In diesem Vaterlande wird Christus selbst unser ewiges Leben sein, denn er ist der wahre Gott und das ewige Leben.“ Dieß folgt auch in euerem hl. Symbolum, weil wir nach der Auferstehung des Fleisches an ein ewiges Leben glauben.
12. Im ewigen Leben sind die Heiligen von allen Leiden und Müheseligkeiten befreit und schauen die uns jetzt verborgenen Geheimnisse Gottes
Und ein ewiges Leben. Wenn wir unsterblich leben S. 418 und im ewigen Leben verharren, so herrscht über uns nicht mehr die Verderbniß. Dort, wo wir mit Unsterblichkeit werden bekleidet sein, werden wir nicht der Kleidung bedürfen, noch wird uns Speise fehlen, wenn er selbst, das lebendige Brod, das unsertwegen vom Himmel auf die Erde niedergestiegen ist, durch seine Gegenwart unsere Seelen sättigen wird; dort, wo die Quelle des Lebens gegenwärtig ist, werden wir keinen Durst leiden! Denn er wird uns sättigen von dem Überflusse seines Hauses und mit dem Strome seiner Wonne unsere Herzen tränken. Dort haben wir keine Hitze zu ertragen, denn Derjenige ist unsere Erfrischung, der uns unter dem Schatten seiner Flügel schützte und schützt. Auch Kälte werden wir dort nicht erdulden, denn dort ist die Sonne der Gerechtigkeit, die mit ihrer Liebe unsere Herzen erwärmt und mit den Strahlen ihrer Gottheit unsere Augen erleuchtet, damit sie die Gottheit und Gleichheit des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes sehen. Dort werden wir nicht müde werden, denn mit uns ist unsere Stärke, zu der wir jetzt sagen: „Ich will dich liehen, Herr, meine Stärke.“ Wir werden dort nicht schlafen, denn dort gibt es keine Finsterniß, die den immerwährenden Tag ausschließen könnte. Dort gibt es keine Beschäftigung, keinen Knechtesdienst und keine Tagesarbeit!
Was werden wir dort thun? Vielleicht was geschrieben steht: „Seid müssig und sehet ein, daß ich Gott bin.“ Die freie Zeit der Betrachtung wird das Werk unserer Thätigkeit sein, damit wir betrachtend uns ergötzen und das S. 420 Schauen ergötzlich betrachten. Was werden wir schauen? „Die Güter des Herrn.“ Welche Güter? Können wir das ausdrücken, was weder ein Auge gesehen noch ein Ohr gehört hat noch in eines Menschen Herz gekommen ist? Können wir erklären, wie Gott Alles in Allen sein wird? Können wir erklären, wie der Sohn selbst, wenn er Gott und dem Vater das Reich, d. h. die Versammlung der Gläubigen übergeben hat, dennoch den angenommenen und noch mehr verklärten Menschen so beibehält, daß er gleichwohl die Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, ehe die Welt ward, unverzüglich den Gläubigen zeigt? Können wir erklären, wie die Braut, die Kirche, obgleich sie aus Männern und Frauen besteht, ganz in einen vollkommenen Mann verwandelt wird und so, ohne den Namen zu verlieren, die Würde eines Mannes empfange? Können wir begreifen, wie die erweckten Leiber der Heiligen von einer Herrlichkeit zur andern übergehen? Können wir erklären, wohin die Jungfrauen Christus folgen, ohne daß ihm dahin die Nichtjungfrauen sollen können, und wohin er, der überall Bleibende, sie denn führe, ohne die Nichtjungfrauen zu verlassen? Wer sollte in diesem sterblichen Fleische, das den Geist beschwert, es wagen, über diese Dinge Etwas zu sagen, da dieselben der Apostel S. 421 Paulus nicht erklären konnte, obgleich er in seinem sterblichen Leben durch die Wirkung der Gnade bis in den dritten Himmel aufzusteigen vermochte? Wir wollen nicht so neugierig sein, Dasjenige zu erforschen, was die Apostel keineswegs ausdrücken konnten. Mich wenigstens frage Niemand über Dasjenige, was ich nicht zu wissen bekenne, es sei denn, daß er das nicht zu wissen lerne, was offenbar nicht gewußt werden kann. Aber durch Glauben, durch Geduld und durch die hl. Mutter, die Kirche, wollen wir Dasjenige zu empfangen hoffen, was Jener Großen und Kleinen zu schenken sich gewürdiget hat!
13. Die Kirche ist die Braut Christi, unsere Mutter. Wir sollen ihr anhangen und ihre Ehre gegen die Ketzer vertheidigen. Warnung vor den Verlockungsmitteln der Arianer
Die hl. Kirche, welche die bindende Kraft dieses Sakramentes ausschließlich besitzt, ist Mutter und Jungfrau von keuschem Leibe und fruchtbar an Nachkommenschaft, sie, die oben geschilderte Braut nährt in frommer Anhänglichkeit die Söhne, die sie Gott dem Vater als würdig übergeben will. Als gute Söhne liebet eine solche Mutter, als gute Söhne verlasset sie nicht, die euch täglich sucht; vergeltet ihr Gleiches mit Gleichem und liebet die Liebende. Sie ist groß und liebreich, edel und fruchtbar an königlicher S. 422 Nachkommenschaft! Lasset sie nicht durch die Beleidigungen und die Nachstellungen schlechter Söhne und grundverderbter Sklaven zerreissen, führet die Sache euerer Mutter, vertretet ihre hocherlauchte Würde! Ein schlechter Sklave verhöhne nicht die Herrin, ein häretischer Arianer verspotte nicht die Kirche! Er ist ein Wolf, erkennet ihn. Er ist eine Schlange, zertretet ihr den Kopf! Er schmeichelt, aber er täuscht; er verspricht viel, aber er betrügt. „Kommet,“ sagt er, „ich werde euch schützen, ich werde euch die nothwendige Nahrung verabreichen, ich will eure Blöße bekleiden, ich will euch Geld geben und für Jeden eine tägliche Gabe festsetzen.“
O böser Wolf, o ruchlose Schlange, o nichtswürdiger Knecht! Die Herrin trittst du mit Füßen, die wahre Mutter bekämpfest du, du bläst Christus aus und taufst einen Katholiken wieder, und was noch das Schlimmste an deiner Kunst ist, du unterdrückst die Einen durch Gewalt, um sie zu verderben, und die Andern kaufst du um Geld, um sie zu tödten. Deßhalb also, Häretiker, bekleidest du einen Nackten, um ihn, der mit Christus bekleidet ist, zu berauben? Deßhalb speisest du einen Hungernden, um der Seele die himmlische Nahrung zu entreissen? Deßhalb zahlst du Geld, S. 423 damit dir jene Menschen Christus zum Wiedertaufen verkaufen, wie ihn Judas den Juden zum Kreuzigen verkaufte? „Dein Geld sei mit dir zum Verderben.“ Schlechteres thust du, Häretiker, als der Jude that. Obgleich der Jude Christus mit Geld erkaufte, um ihn zu tödten, so durchbohrte er doch nur einmal die Seite des am Kreuze Hängenden, den ganzen Leib aber bewahrte er unversehrt. Du hingegen kaufst ihn täglich um Geld, um die verschiedenen Glieder des im Himmel Sitzenden zu zerreißen. Ihr aber, Geliebteste, die ihr von Anfang an von den Brüsten der hl. Mutter, der Kirche, genährt und von ihr bis zur festen Speise gebracht worden seid, bleibet in ihr . Wenn einer ihre Zucht oder eine Rüge mit Unwillen ertrug und zornig hinwegging, so erkenne er sie dennoch als Mutter und kehre gerne zu ihr zurück. Diese nimmt ja auf, was sie sucht, und freut sich, daß der verlorene Sohn bekehrt worden sei. Wenn sie aber über die Bekehrung eines verlorenen Sohnes große Frende hat, so preist sie doch ohne Unterlaß die würdevolle Beständigkeit jener Söhne, die bei ihr verbleiben. S. 427
Drittes Buch
Inhalt
In der Taufe wird der Mensch Gottes Tempel, daher muß er dem Teufel widersagen. Ein Werk der Sünde und des Teufels ist der von der Natur selbst widerlegte Götzendienst; denn die Erkenntniß eines Gottes kann schon aus der Betrachtung der Geschöpfe gewonnen werden (1—3).
Jesus Christus wurde als Sohn einer Jungfrau geweissagt und wurde als solcher geboren; aber die Juden wollten ihn nicht anerkennen, sondern verfolgten schon das göttliche Kind, wie sie später den Heiland an’s Kreuz schlugen. Er blieb nur drei Tage im Grabe, und diese drei Tage sind ein Sinnbild der drei großen Zeitperioden: vor dem Gesetze, unter dem Gesetze und unter der Gnade. Als Mensch ist Jesus Christus im Himmel, als Gott ist er überall gegenwärtig; er kommt als Richter, aber er richtet nicht nach den Formalitäten menschlicher Gerichte, weil Alles offenkundig ist (4—8).
Der hl. Geist ist wahrer Gott wie der Vater und der Sohn, aber alle drei Personen sind nur ein Gott. Durch die Taufe werden alle Sünden nachgelassn. Vor dem Gerichte werden die Guten und die Bösen auferstehen, wie das erstorbene Samenkorn sich entwickelt. Die Guten kommen in das ewige Leben, S. 428 wo sie frei von allen Leiden und voll unausprechlicher Freude sind. Der Weg zur Seligkeit ist die Kirche, die fruchtbare und jungfräuliche Mutter der Kinder Gottes (9—12).
1. Das Symbolum ist das Fundament des katholischen Glaubens, auf dem sich das Gebäude der Kirche erhebt. Der Kirche, dem Tempel Gottes, sollen wir eingefügt werden; daher müssen wir dem Teufel und seiner Pracht, d. h. der Fleischeslust, der Augenlust und der Hoffart des Lebens widersagen
Das Sakrament des Symbolums, das ihr empfangen und eurem Gedächtnisse eingeprägt habt, und das ihr zu eurem Heile behaltet, ist die Grundlage des katholischen Glaubens, auf welcher das von den Händen der Apostel und der Propheten aufgeführte Gebäude der Kirche sich erhob. Das Gebäude ist Gottes Haus, die Steine sind lebendig, und das seid ihr! So schreibt der Apostel an die Gläubigen: „Wisset ihr nicht, daß ihr ein Tempel Gottes seid, und daß der Geist Gottes in euch wohnt?“ Auch der Apostel Petrus redet die Gläubigen mit den Worten an: „Ihr werdet als lebendige Steine zu einem geistigen Hause erbaut.“ Wer diesem Gebäude eingefügt werden will, der widersage dem Teufel, seiner Pracht und seinen Engeln. Pracht des Teufels sind alle unerlaubten Begierden, welche die Seele nicht zieren, sondern sie schänden, und das sind die Begierden des Fleisches, die Begierden S. 429 der Augen und die Hoffart des Lebens. Zur Fleischeslust gehören die Lockungen der Begierden, zur Augenlust die Thorheit der Schauspiele, und zur Hoffart des Lebens der wahnsinnige Hochmuth. Das ist aufgeblasener Rauch, daß ein mit einer Gewalt betrauter Mensch sein Menschenbewußtsein verliert, wenn er über einen Menschen richtet! Wer also die Welt besiegen will, besiege jene drei, die in der Welt sind, und durch sie besiegt er auch Denjenigen, der durch seine Einflüsterung aus Hochmuth die Welt täuscht.
2. Man muß an Gott glauben, um ihn zu erkennen. Der Götzendienst ist eine Folge der Sünde und der Verführung des Teufels. Weil der Mensch Gott verlassen hatte, wurde er dieser naturwidrigen Verirrung überantwortet, welche die Geschöpfe selbst widerlegen
Wenn der Mensch durch Abschwörung des Teufels diesen schlimmsten Eindringling aus sich ausgeschlossen hat, so führe er Gott, den besten Besitzer, ein: er glaube an Gott den allmächtigen Vater! Es ist ein großes Geschenk der Gnade, an Gott zu glauben und ihn zu erkennen. Aber was sagt der Prophet? „Wenn ihr nicht glaubet, werdet ihr nicht einsehen.“ Wir wollen daher glauben, um einzusehen, aber beten, daß wir den Gegenstand unseres Glaubens zu schauen verdienen. Denn die Sünden und der Urheber der Sünde, der Teufel, haben die Seelen von Gott getrennt. Das Geschöpf folgte dem Verführer und verließ seinen Retter; dadurch wurde es schwer beschädigt, und die S. 430 Seele verirrte sich so sehr, daß sie anstatt des wahren Gottes Götzen verehrte und ihre eigenen Gebilde anbetete, weil sie ihren Schöpfer verlassen. Dadurch, daß sie einen leblosen Stein anbetet, geht sie selber zu Grunde, indem sie Gott, ihr wahres und ewiges Leben verläßt. Daher kommt aller Irrthum und das Preisgeben der wahren Güter, daher kommt der Götzendienst der Heiden und die Verkehrtheit der Häretiker.
Die Seelen verirrten sich in so verschiedene und verkehrte Gelüste, daß einige die Sonne verehrten, andere den Mond und die Sterne, andere die Berge, andere Steine und beliebige Gesträucher, wie eben einer nicht den helfenden Gott, sondern den verführenden Teufel gefunden zu haben glaubt. Nach so verschiedenen Richtungen irrte die Seele von ihrem Schöpfer ab, daß sie Alles, was Gott ihr zum Dienste gegeben hatte, als Gott verehrte. Ist nicht Alles wegen des Menschen erschaffen worden? Es lese Einer die hl. Schriften, und er wird finden, daß Gott zu dem von ihm aus Lehm gebildeten Menschen gesagt habe: „Wachset und vermehret euch; erfüllet die Erde und machet sie euch unterthan; herrschet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über die Thiere der Erde.“ Und kurz darauf sagt er: „Siehe, ich habe euch Alles zum Gebrauche und zur Speise gegeben.“
Diejenigen aber, welche die hl. Schriften nicht lesen wollen, überweist die Natur der Dinge und die Welt selbst durch die Werke ihres Dienstes so zu sagen mit lauter Stimme ihres Unglaubens, schilt die verkehrte Seele und sagt: „Warum, Unglückselige, täuschest du dich in mir und hast entartet vergessen, von wem du so groß erschaffen wurdest, da für dich Himmel und Erde ohne vorausgehende Verdienste als so schönes Haus erbaut worden sind?“ Auch alle einzelnen Elemente antworten und zeigen mit lauter Stimme durch ihre Werke ihren Künstler. Es ruft S. 431 der Himmel: Ich bin nicht Gott, denn wenn ich Gott wäre, so könnte mich keine Wolke beschatten, noch könnte die Finsternis meinem Lichte folgen: mein Licht würde vielmehr ungeschwächt, unwandelbar und unverletzt bleiben, wie jenes wahre Licht bleibt, das dieses zeitliche Licht in mir deinetwegen erschaffen hat. Es ruft auch die Sonne: Warum, o Mensch, verehrst du mich als Gott, da du doch siehst, daß ich durch Auf- und Untergang umschlossen werde? Gott hat weder Auf- noch Untergang, du aber hast dadurch, daß du ihn verließest, einen großen Niedergang genommen. Aber du bedenkst, daß ich groß und wunderbar sei; ich dagegen erkenne, daß ich Einen über mir habe, der mich und dich erschaffen hat. Da aber die Wirkungen meines Glanzes und meiner Wärme dir dienen, so willst du mich nur deßhalb als Gott verehren, weil dir die Verehrung des wahren Gottes unbekannt ist! Auch Mond und Sterne führen eine ähnliche Sprache. Sie sagen: Warum siehst du nicht, o Mensch, daß wir den nächtlichen Raum in Bewegung setzen und des Lichtes beraubt die uns gesetzten Grenzen nicht überschreiten, die der allmächtige Künstler zum Troste deiner Ruhe geordnet hat? Wir sind nicht Gott. Wir widerlegen deine Fälschung, indem wir dir zu deiner Strafe dienen. Es ruft das Meer und Alles, was in ihm ist. Wir sind nicht Gott. Nach erhaltenem Befehl leiste ich dir Dienst; ich lasse mich vom Schiffe durchfahren, erhalte entsprechende Bewegungen und das Wehen der Winde und lenke deine Richtung, damit du, selbst wenn dich die Habsucht dahinreißt, ohne Aufenthalt in den erwünschten Hafen gelangest. Ebenso ist dir bekannt, daß die in mir entstan- S. 432 denen Thiere dir zur Speise geschenkt worden sind. Da nun ich mein bescheidenes Maaß in allweg anerkenne, warum verläßt du deine Ordnung, indem du Gott den Schöpfer des All verlässest? Es ruft die Erde: Mir also, Mensch, schreibst du den Namen der Gottheit bei. Erkennst du deßhalb mein Wesen nicht, weil du dein eigenes vergessen hast? Kennst du deinen Stoff nicht? Weißt du nicht, daß du mein Lehm bist, daß aber ich, obgleich du aus mir gebildet wurdest, nicht beseelt bin? Weißt du nicht, daß unter allen Geschöpfen, die aus mir geschaffen wurden, du allein unter Gottes Hoheit fast zum Herrn der Welt bestellt worden bist? Mit Recht siehst du das nicht ein, weil du, als du in Ehre warest, es nicht einsahest; deßhalb bist du den unvernünftigen Thieren gleichgestellt und ihnen ähnlich geworden.
3. Auch die bekannten Götter der Heiden sind nicht Gott, sondern sterbliche Menschen. Der wahre Gott ist unsterblich und unsichtbar und kann nur mit reinem Herzen geistiger Weise geschaut werden
Wir aber, Geliebteste, denen der Glaube geschenkt worden ist, wollen nicht an die Sonne als Gott und König des Himmels glauben, noch an das Meer oder als dessen König an einen gewissen Neptunus, den eitle Einbildung und nicht die Wahrheit gebildet hat; wir wollen auch nicht an die Erde und Pluto, sondern an Gott den allmächtigen Vater, den Schöpfer des All und den König der Himmel glauben. Denn Jener, der nach seinem Willen Alles aus Nichts gemacht hat, regiert auch seine Geschöpfe. Denn die von uns oben erwähnten Unsterblichen sind nicht Götter, weil sie begriffen und mit unsern Augen geschaut werden S. 433 können: daß aber die Übrigen, welche die Thoren thöricht verehren, daß Jupiter, Saturnus, Mars, Juno, Minerva, Venus und die übrigen Ungeheuer — nicht gute Namen, sondern schlimme Vorzeichen! — sterbliche Menschen gewesen seien, gestehen selbst Jene, die sich an diesen Irrthümern ergötzen, in ihren Schriften offen zu. Was für einen Gott aber unsere hl. Schriften preisen, darüber höret den Apostel Paulus: „Dem unsterblichen, unwandelbaren Gott sei Preis und Ehre.“ Unser Gott wird nicht mit den Augen des Fleisches, sondern mit den Augen des Geistes, nicht für eine Zeit lang, sondern ewig gesehen. Aber der Heide sagt: Zeige mir Denjenigen, den du verehrest. Ich antworte: Ich könnte ihn dir zwar sogleich zeigen, aber du hast nicht die Augen, um ihn zu sehen. „Selig,“ sagt unser Heiland, „sind, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott anschauen.“ Ein unreines, von der Finsterniß der Sünde bedecktes Herz will Gott sehen? „Das Licht leuchtet in der Finsterniß, aber die Finsterniß hat es nicht begriffen.“ Leuchtet denn das Licht deßhalb nicht, weil es der Blinde nicht sieht? Wenn du, Ungläubiger, zum wahren Gotte beten könntest: „Erleuchte meine Augen“, so würdest du mit uns „jetzt im Spiegel räthselhaft sehen, um von Angesicht zu Angesicht“ sehen zu können.
Wenn du den Künstler aus den Werken erkänntest, so würdest du vom Geschöpfe auf den Schöpfer schließen. Wenn du in dir Schauder empfändest, weil du dich nicht ganz begreifst, so würdest du Gott deinen Schöpfer aner- S. 434 kennen. Du siehst auch deine Seele nicht, obgleich deine Seele Alles durch Vermittlung der Sinne sieht. Oder wenn du deine Seele siehst, so gib mir ihre Beschaffenheit oder Größe an, ob sie viereckig oder rund, weich oder hart, warm oder kalt, beliebig gefärbt oder ganz farblos sei. Wie ich sehe, hast du mir die Beschaffenheit deiner Seele nicht gezeigt, und du kannst es nicht! Siehe, deine Seele ist unsterblich und belebt dein sterbliches Fleisch! Unsterblich aber nenne ich deine Seele zu einem doppelten Zwecke. Wenn sie glaubt, so ist sie unsterblich zum Leben; wenn sie aber nicht glaubt, so ist sie unsterblich zur Strafe. Daher glauben wir an den unsterblichen und unsichtbaren Gott und nicht an Denjenigen, den ihr Ungläubige als Gott erdichtet, der zugleich ehebricht und donnert; sondern wir glauben an den wahren Gott, den Schöpfer und Lenker der ganzen Welt.
4. Wir glauben an Jesus Christus, der als Sohn einer Jungfrau geweissagt und wirklich von einer Jungfrau geboren wurde. Obgleich durch wunderbare Erscheinungen den Menschen gezeigt, wurde er doch von Herodes verfolgt, und die Kinder von Bethlehem sind zu ihrem Heile die ersten Blutzeugen. Maria und Eva
Wir halten auch gläubig an seinem Sohne Jesus Christus fest, der einstens durch die Propheten verheissen wurde; diese Verheissung ist, wie wir wissen, schon in Erfüllung gegangen. Aber wir erhalten deßhalb den Befehl, zu glauben, weil wir bei diesem Ereignisse nicht gegenwärtig waren: es waren nur die Juden dabei, und aus diesem Volke erwählte der Heiland selbst die Apostel, durch welche sein S. 435 Glaube zu uns gelangte. Unter diesem seinem Geburtsvolke aber hatte ihn der Prophet Esaias lange vorher mit den Worten angekündigt: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sein Name wird genannt werden Emmanuel d. h. verdollmetscht Gott mit uns.“ Und an einer andern Stelle sagt er: „Und ein Reis wird hervorkommen aus der Wurzel Jesses und eine Blume aufgehen aus seiner Wurzel;“ mit dem Reise bezeichnet er die Jungfrau Maria und mit der Blume des Reises den Sohn der Jungfrau, den Herrn Jesus Christus. Das lasen die Juden, bevor es geschah; die Verheissung begann in Erfüllung zu gehen, aber sie freuten sich nicht darüber, sondern waren voll Mißgunst. Wie die Blume aus dem Reise, wird Christus ohne Vermischung des Samens geboren: der große König wird als kleines Kind geboren. Zuverlässige Andeutungen und Kennzeichen gehen dem großen Könige voraus: Engel verkündigen ihn den Hirten, und durch einen Stern als eine neue Sprache rufen die Himmel. Die Magier werden von der Ferne herbeigeführt, sie kommen, um den noch in der Krippe liegenden, aber doch im Himmel und auf Erde herrschenden König anzubeten.
Als die Magier die Geburt des Königes meldeten, erschrickt Herodes und will ihn tödten, um das Reich nicht zu verlieren; und doch würde er, wenn er an ihn glaubte, hienieden in Sicherheit und in jenem Leben ohne Ende regieren! Herodes fragt die Juden, wo der Christus geboren werde. Sie suchen ihn miteinander, nicht um ihn wie S. 436 die Magier anzubeten, sondern um ihn zu tödten. Warum fürchtest du dich, Herodes, bei der Kunde von der Geburt des Königes? Jener kam nicht, um dich zu verdrängen, sondern um den Teufel zu besiegen. Das siehst du freilich nicht ein; daher erschrickst und wüthest du und wirst um den Einen, den du suchst, zu verderben durch den Mord so vieler Kinder ein grausamer Magier. Es hält dich weder die Liebe wehklagender Mütter, oder den Tod ihrer Söhne betrauernder Väter noch das Geschrei und das Seufzen der Kinder zurück. Du tödtest die Kleinen dem Leibe nach, da dich die Furcht im Herzen tödtet, und glaubst nach Erfüllung deines Wunsches lange leben zu können, während du doch das Leben selbst zu tödten suchst! Aber jener kleine und doch große Quell der Gnade, der in Krippe liegt und deinen Thron erschüttert, führt durch ohne daß du es weißt, seine Sache und befreit Seelen von der Gefangenschaft des Teufels. Er nahm die Kinder seiner Feinde in die Zahl seiner Adoptirten auf. Ohne ihr Wissen sterben die Kleinen für Christus; die Eltern beklagen die sterbenden Martyrer; Jener aber macht die noch stummen Kinder zu seinen geeigneten Zeugen. Siehe wie Derjenige herrscht, der so zu herrschen gekommen war: schon befreit der Befreier und der Heiland verleiht Heil! Aber das weißt du nicht, Herodes, und daher erschrickst und wüthest du; aber während du gegen das Kind wüthest, leistest du ihm ohne dein Wissen Gehorsam. Denn jener große König ist dazu gekommen, um durch dich und Andere die Seinigen hienieden zu sammeln, und du schickst ihm das unzählbare Heer von vielen Tausenden weißgekleideter Kinder in das Himmelreich voraus. Auf diese Schaar wies die Offenbarung des hl. Apostels Johannes mit den Worten hin: „Ich sah eine große Schaar, die Niemand zäh- S. 437 len konnte, aus allen Stämmen; sie standen vor dem Angesichte Gottes, angethan mit einem weissen Kleide und Palmen in ihren Händen.“ O großes Geschenk der Gnade! Welchen Verdiensten der Kinder wurde ihr Sieg verliehen? Sie sprachen noch nicht und bekennen Christus, sie können nicht einmal durch die Bewegung ihrer Glieder den Kampf aufnehmen und tragen schon die Siegespalme davon. Wie regierst du, Herodes, da du so besiegt wirst? Jenes Kind hat dich nicht mit einem Heere tapferer, bewaffneter Männer überwunden, sondern es hat dich mit einer unzählbaren Schaar sterbender Kinder besiegt. Willst du wissen, was du den von dir geschlachteten Kindern gegeben hast? Du bist ihnen eilig an das Leben gegangen, damit sie nicht mit ihren Eltern das wahre Leben tödten möchten: das hat Jener durch dich gethan, der auch deine Uebelthaten gut gebrauchen konnte. Er befreite ihre Seelen von der Theilnahme an seinem durch die Eltern bewirkten Tode und ließ dich allein getäuscht in deiner Frevelthat. Die Gnade führte und führt ihre Sache auch durch ihre Feinde und zwar durch sie und für fie; denn auch die Ermordeten waren Kinder des Zornes wie die Übrigen. Aber die Gnade erwirkte ihnen Befreiung von der Macht der Finsterniß. Aber Christus verlieh ihnen den Tod für Christus; er verlieh ihnen, durch ihr Blut von der Erbsünde abgewaschen zu werden. Sie sind zum Tode geboren worden, aber sogleich gab sie der Tod dem Leben zurück.
Geliebteste! Auf demselben Wege, auf dem die menschliche Natur verloren gegangen ist, wurde sie von unserm Herrn Jesus Christus wieder hergestellt. Adam war stolz, Christus demüthig; durch ein Weib kam der Tod und durch ein Weib das Leben; durch Eva kam der Untergang, und durch Maria kam die Rettung. Jene ließ sich verderben und folgte dem Verführer, Diese blieb unverdorben und gebar den Heiland. S. 438 Jene nahm den ihr von der Schlange dargereichten Becher gerne in Empfang und gab ihn auch dem Manne, damit beide miteinander den Tod verdienten: in Diese wurde vom Himmel die Gnade eingegossen, und sie brachte das Leben hervor, durch welches das erstorbene Fleisch wieder erweckt werden konnte. Das hat nur der Sohn der Jungfrau, der Bräutigam der Jungfrauen, gewirkt; dieser brachte der Mutter Fruchtbarkeit, ohne ihr die Jungfräulichkett zu nehmen. Was er seiner Mutter gab, das schenkte er auch seiner Braut. Daher gebiert die heilige Kirche, die selbst unversehrt dem Unversehrten angetraut wurde, täglich seine Glieder und ist dennoch Jungfrau.
5. Der Kreuzestod des Herrn ist Grund unseres Ruhmes. Die Juden wurden deßhalb verworfen, weil sie den Pontius Pilatus zur Verurtheilung nöthigten
„Gekreuziget unter Pontius Pilatus und begraben.“ Auch Dieß glauben wir und zwar so, daß wir uns deßhalb rühmen. Es sagt ja der Völkerapostel Paulus: „Ferne sei es von mir, mich in Etwas zu rühmen als im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt wurde und ich der Welt.“ Hierin wollen auch wir uns rühmen, wir wollen auf ihn hoffen und ihm anhangen; denn zugleich mit ihm ist der alte Mensch in uns an das Kreuz geschlagen worden. Ohne seinen Kreuzestod wäre die Welt nicht erlöst worden: jene Strafe ist unsere Rettung! Was Juden und Heiden verabscheuen, das ist der Grund des Heiles für die Christen. Aber warum verabscheuen ihn die Juden? Weil, wie der Apostel sagt, „durch ihre Verbrechen das Heil den Heiden zu Theil wird.“ Welches Verbrechen begingen die Juden? Sie nahmen Christus gefangen, übergaben ihn gebunden dem Pontius S. 439 Pilatus und schrieen: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“ Warum, aus welchem Grunde? Weil er einen Todten auferweckt hat! Es verhört ihn Pilatus und findet ihn unschuldig; er sieht das wüthende Volk und entschuldigt sich mit den Worten: „Ich finde an ihm keine Schuld; nehmet ihr ihn und kreuziget ihn.“ Damit hat er nur gesagt: Ihr seid dem Anscheine nach mit einem Schuldigen zum Richter gekommen, aber ihr habt einen Unschuldigen den Gesetzen überliefert und gegen ihn kein Verbrechen zu beweisen vermocht. Ich bin nicht gerecht, wenn ich eurem Wunsche entsprechend einen Unschuldigen tödte; ich stehe einer solchen That und euerer Empörung fremd gegenüber, wenn ich denselben euch übergebe. „Nehmet ihr ihn hin,“ sagt er, „und richtet ihn nach eurem Gesetze!“ Und Jene sagten: „Wir wissen, daß er des Todes schuldig ist.“ Was weiß ein Mensch, der blind ist im Herzen, wenn er auch mit leiblichen Augen sieht? Er schreit, was er nicht weiß, und um seine Wuth zu befriedigen, versichert er Etwas zu wissen, was er nicht weiß.
Wiederum verhörte ihn Pilatus und faßte, durch seine Antworten in Furcht versetzt, den Plan, ihn zu entlassen. Daher trat er zu den Juden hinaus und sprach: „Es ist Gewohnheit bei euch, daß ich euch am Osterfeste Einen losgebe. Wollet ihr, daß ich euch den König der Juden losgeben soll?“ Da schrieen sie und sprachen: „Nicht Diesen gib los, sondern den Barabbas.“ Barabbas aber war, wie der Evangelist erzählt, ein berüchtigter Räuber. O Blindheit der Juden, o Wuth der Todsüchtigen! „Nicht ihn gib los, sondern den Barabbas.“ Das will doch nur sagen, daß Christus der Heiland getödtet werden soll, weil er einen Todten auferweckt hat, und daß Barabbas freigegeben werde, damit er wieder Mord verübe. Aber schreiet nur! Warum schreit ihr in eurer Unwissenheit? Es werde S. 440 Christus von euch getödtet, und die Heiden sollen erlöst werden! Jener Arzt der Seele, der euch an der Hirnwuth leiden sah, brachte euch den Schlaf der Genesung bei, und deßhalb wollte er auch selbst für uns schlafen. Es ist, als sagte er: Ich bin Arzt, und ihr seid krank; eure große Schwäche verscheucht den Schlaf der Genesung. Sehet, ich schlafe euretwegen, damit bei meinem Anblicke auch euch der Schlaf ergötze und ihr von dem Tode der Strafe frei werdet. Diese Worte galten nur Denjenigen, welche, wie er wußte, später an ihn glauben sollten; für Diese hat er am Kreuze hängend seinen Vater mit den Worten: „Vater, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun.“ Unter ihnen war der berühmte Hirnwüthige, früher Saulus, später Paulus genannt, früher hochmüthig, später demüthig; auch er litt an der Hirnwuth und verschmähte den Schlaf der Rettung. Aber was that ihm der Arzt? Er warf ihn zu Boden, als er wüthete, und richtete ihn auf, als er glaubte; er warf den Verfolger nieder und richtete den Prediger auf: der zur Erde niedergeworfene Hirntolle schlief, er stand auf und wurde Arzt. Er begann in Andern die Krankheit zu heilen, an welcher er selbst gelitten, und wurde ein Schüler des himmlischen Oberarztes: er trank das aus dem Blute des Arztes bereitete Gegengift selbst zuerst, und dann reichte er es den Liebhabern zum Trinken dar. Dieses aus dem Blute des Gekreuzigten bereitete Gegengift tranken selbst die Könige der Erde: und sie, die Verfolger der Kirche waren, sind ihre Vertheidiger geworden. S. 441
6. Christus wird als der Jungfräuliche in ein neues Grab gelegt. Die drei Tage und Nächte seiner Grabesruhe bedeuten die Zeit vor und unter dem Gesetze und unter der Gnade. Das beweisen die Todtenerweckungen, nämlich der Tochter des Jairus, des Jünglings zu Naim und des Lazarus. Für jede Zeit besteht eine besondere Weckstimme zur Buße
Von dem Begräbnisse dieses Gekreuzigten berichtet das hl. Evangelium, daß er von Joseph genommen, in Leinwand eingewickelt und in ein neues Grab gelegt worden sei. Der neue Mensch, der ohne alle Verderbniß aus einer Jungfrau geschaffen worden war, wurde in ein neues gelegt, in welches noch kein Todter gelegt worden war, mit die Heiligkeit des Jungfrauschooßes in Allem durch ein unverletztes Grab angemessen geschmückt werde. Am dritten Tage stand er von den Todten auf. Viele Heilige haben aber hierüber Vieles gedacht und ausgesprochen. Denn einige wollten die drei Tage und drei Nächte bis zum Sonntage selbst ausdehnen: sie verbanden nämlich die Zeit vom Vorabende des Freitags und den Freitag selbst zu einem Tage, ebenso die Nacht vor dem Samstage und den Samstag und dann die Nacht vor dem Sonntage und den Tag der Auferstehung selbst. Andere wollten vom Freitage selbst und von der Nacht an, die mitten am Tage erfolgte, drei Tage und drei Nächte bis zum Tage des Herrn ausrechnen wegen des im Evangelium aufgeführten Ausspruches des S. 442 Herrn: „Wie Jonas drei Tage und drei Nächte im Bauche des Fisches war, so muß der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Schooße der Erde sein.“ Ohne eine dieser beiden Ansichten zu verwerfen, wollen wir lieber den geistigen Sinn erforschen, warum nämlich der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Schooße der Erde gewesen sei. Die drei Tage drücken die drei Epochen aus, nämlich die Zeit vor dem Gesetze, die Zeit unter dem Gesetze und die Zeit unter der Gnade; die drei Nächte aber sinnbilden die drei Todesarten d. h. die drei Todten, welche der Herr während seiner Anwesenheit im Fleische auferweckt hat. Die Tochter des Synagogenvorstehers erweckte er in ihrem Hause, den Sohn der Wittwe draussen unter dem Thore und den schon vier Tage ruhenden Lazarus im Grabe. Denn woher kommt der Tod als von der Sünde, und was sind die Sünden als große Finsternisse, die eine schwere Nacht verursachen?
Diese mögen daher so zusammenstimmen, daß ein Tag vor dem Gesetze ist, als die Sünde noch verborgen war, und hiemit fällt jene Nacht zusammen, als das Mädchen im Hause lag, also die Sünde so zu sagen im Gewissen verborgen war. Der zweite Tag sei unter dem Gesetze, als dem Menschen gesagt wurde: „Du sollst nicht begehren“ und die Sünde in die Öffentlichkeit trat: hiezu paßt jene Nacht, als der Sohn der Wittwe ausserhalb des Thores wie die innerlich verborgene Sünde der Seele in die Öffentlichkeit trat. Der dritte Tag sei unter der Gnade, wenn S. 443 sich die Seele schon schwerer versündiget, weil sie den Willen ihres Herrn kennt und doch der Strafe Würdiges thut, die Fülle der Gnade vereitelt und zur Strafe ihrer Sünden schon stinkt: hiemit fällt zusammen jene Nacht des Todes des im Grabe liegenden Lazarus, ein Sinnbild einer mit Sünden bedeckten und schon stinkenden Seele! In diesen drei Tagen und Nächten war Christus im Schooße der Erde, d. h. es lag der Glaube an Christus in den Herzen der Erdenbewohner. Daher haben in diesen Tagen und Nächten die Seelen die Vorschriften des Gesetzes und die Weckstimmen zur Buße, um mit Christus auferstehen zu können. An dem Tage und in der Nacht der verborgenen Sünde ergeht das allgemein gültige Gesetz: „Thue Keinem, was du nicht willst, daß dir von einem Andern widerfahre.“ Die Bußstimme hiezu aber lautet: „Gedenke nicht der Vergehen meiner Jugend und meiner Unwissenheit!“ Auf den folgenden Tag der offenkundigen Sünde bezieht sich das Gesetz: „Du sollst nicht begehren;“ und seine Buß- S. 444 stimme heißt: „Dir allein habe ich gesündiget und Böses vor dir gethan!“ Zum dritten Tage und zur dritten Nacht der von der Gewohnheit der Sünde schon begrabenen Seele gehört das Gesetz: „Siehe, du bist gesund geworden, sündige nun nicht mehr;“ die Bußstimme hiezu lautet: „Herr, befreie meine Seele vom Tode.“ und : „Du hast meine Seele aus der Hölle zurückgeführt.“ Durch diese drei Zeiten als durch drei Tage werden die Seelen mit Christus auferstehen, denen durch den Propheten gesagt wird: „Die Todten werden auferstehen und die in den Gräbern sind, erweckt werden: frohlocken werden Alle, die auf der Erde sind.“ Ihnen sagt auch der Apostel: „Wache auf, der du schläfst, stehe auf von den Todten, und Christus wird dich erleuchten!“ Den Auferstandenen aber, d. h. den von Sünden Befreiten sagt er: „Wenn ihr auferstanden seid mit Christus, so suchet, was oben ist, wo Christus ist zur Rechten des Vaters sitzend,“ weil der Herr Jesus auferstanden von den Todten aufgenommen wurde in den Himmel und sitzt zur Rechten Gottes des Vaters.
7. Christus wurde als Mensch in den Himmel aufgenommen; denn als Gott ist er allgegenwärtig
Wer sitzt zur Rechten des Vaters? Der Mensch Christus. Denn nach seiner Gottheit ist er immer bei dem Vater und aus dem Vater, und als er zu uns kam, hat er den Vater nicht verlassen. Gott sein heißt ja überall ganz S. 445 sein. Ganz ist also der Sohn beim Vater, ganz im Himmel, ganz auf Erden, ganz im Schooße der Jungfrau, ganz am Kreuze, ganz in der Hölle und ganz im Paradiese, wohin er den Räuber geführt hat. Wir sagen nicht, daß er zu verschiedenen Zeiten oder an verschiedenen Orten jedesmal ganz sei, so daß er jetzt dort und ein ander Mal anderswo ganz wäre, sondern, daß er immer und überall ganz sei. Denn Gott hat dem Sonnenlichte, das wir mit unsern Augen sehen, die Eigenschaft verliehen, daß es zugleich überall ganz sei; denn wenn es hier ist, so ist es auch im Oriente und in andern Erdtheilen, und zwar ist es überall und in Allem ganz, erfüllt die Augen Aller und bleibt selbst unversehrt. Wenn das ein Geschöpf kann, wie viel mehr der Schöpfer selbst! Der Umstand, daß es heißt, der Sohn sitze zur Rechten des Vaters, zeigt, daß gerade der Mensch, den Christus angenommen hat, die Richtergewalt empfangen habe.
8. Christus wird im Glanze der Majestät zum Gerichte kommen und nicht nach Menschenart richten
„Von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todten.“ Seine Ankunft zeigt die Apostelgeschichte an. Nach seiner Auferstehung verweilte er nämlich vierzig Tage und vierzig Nächte bei seinen Jüngern, ging bei ihnen ein und aus, aß und trank, nicht als ob er eine Schwäche fühlte, sondern um sie von der Wahrheit zu über- S. 446 zeugen. Als sie ihn am vierzigsten Tage sahen und so zu sagen mit ihren Augen in den Himmel begleiteten, da „standen zwei Männer bei ihnen im weissen Gewande und sprachen: Ihr Männer von Galiläa, was stehet ihr da und schauet zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch in den Himmel aufgenommen wurde, wird so wieder kommen, wie ihr ihn in den Himmel habt gehen sehen.“ Er wird also kommen, meine Brüder, er wird wirklich kommen; der früher verborgen kam, wird sichtbar in Gewalt kommen. Der Gerichtete kommt, um zu richten; der vor einem menschlichen Richter stand, wird jeden Menschen richten. „Gott wird sichtbar kommen.“ Was bedeuten die Worte: Gott wird sichtbar kommen? Er wird nicht wie früher als demüthiger Mensch, sondern als Gott-Mensch in erhabener Majestät kommen und richten. Und wie wird er richten? Er wird nicht wie ein irdischer Richter Zeugen verhören, um dich zu überweisen, noch die Wahrheit durch Folter erforschen, um den Geständigen zu bestrafen, weil dort die Gerechtigkeit selbst zu Gericht sitzt und das böse Gewissen gegen sich selbst zeugt. Geliebteste! Jener Richter wird weder durch Gunst gewonnen, noch durch Mitleid gerührt, noch durch Geld bestochen, noch durch Genugthuung besänftiget. Hienieden so lange es Zeit ist, so lange noch der Barmherzigkeit eine Stelle eingeräumt ist, führe jede Seele ihre Sache; denn dort, wo nur die Gerechtigkeit allein herrscht, kann sie ihre Sache nicht mehr führen. Hier thue die Seele Buße, damit der Richter seinen Urtheilsspruch abändern kann; hier theile sie Brod aus, um dort Heil zu empfangen; hier übe sie Barmherzigkeit, um dort Verzeihung zu erlangen. S. 447
9. Vater, Sohn und der hl. Geist sind nur ein Gott. Ein Gleichnis dieser Wahrheit ist das Feuer, sein Glanz und seine Wärme
Wir glauben an den hl. Geist.“ Wir sagen, daß der hl. Geist Gott sei, wir nennen aber den Vater, den Sohn und den hl. Geist nicht drei Götter, sondern nur einen Gott, weil es nur eine Ewigkeit, eine Majestät und eine Macht gibt. Der Vater ist nicht der Sohn, sondern der Vater des Sohnes; der Sohn ist nicht der Vater, sondern der Sohn des Vaters; und der hl. Geist ist weder der Vater noch der Sohn, sondern der Geist des Vaters und des Sohnes: es sind drei Personen, aher nur ein Gott. „Wie nennst du drei und meinst Einen? Zeige uns das durch deine Rede oder durch irgend ein Gleichniß, welches diese Thatsache erkennen läßt.“ Welcher Gedanke und welches Gleichniß könnte jener unsichtbaren Sache verglichen werden? Seine Majestät erlaube, daß unsere Schwäche ein in seiner Schöpfung uns begegnendes Gleichniß aufstellt, durch das eure Liehe Dieß einsehen kann. Denn ohne seine Erlaubniß könnte Keiner von uns es wagen, über seine Gottheit zu sprechen. Bekanntlich ist jedes Geschöpf seinem Schöpfer unterworfen, aber unser Gott wollte doch nur unter der Gestalt des Feuers erscheinen. Dem hl. Moyses erschien er nämlich im Dornbusche in Flammengestalt, den Kindern Israel gab er in einer Feuersäule das Geleit, und über die versammelten Jünger ergoß er die Gabe des hl. Geistes in Gestalt feuriger Zungen. Denn dieses Element schließt ein großes Geheimniß in sich, welches das Talent des Untersuchenden üben kann. Sehet, im Feuer nehmen wir drei Dinge wahr: das Licht des Feuers, seinen Glanz und seine Wärme; obgleich Dieß drei Dinge sind, so ist es nur ein Feuer, sie entstehen und bestehen mit ein- S. 448 ander. Das Feuer ist nicht vor dem Glanze und der Glanz nicht vor der Wärme; sie sind nicht unterschiedslos Eines, noch getrennte Drei. Obgleich sie nur Eines sind, sind es doch drei, sie wirken zumal, aber trotz ihrer unzertrennlichen Wirkungsweise werden dem Feuer, dem Glanze und der Wärme andere Wirkungen beigelegt. Wenn du mit dem Feuer das Verbrennen in Zusammenhang bringst, so wirken doch bei diesem Akte auch der Glanz und die Wärme, wenn du die Erleuchtung auf den Glanz beziehst, so sind hiebei das Feuer und die Wärme mitthätig; und wenn du die Erwärmung von der Wärme ableitest, so sind auch hiebei Feuer, Wärme und Glanz mit einander in Thätigkeit. Ebenso wird, wenn man Gott die Schöpfung der Welt zuschreibt, der Vater mit dem Sohne und durch den Sohn und mit dem hl. Geiste verstanden. Und wenn wir sagen, der Sohn habe für uns gelitten, so verstehen wir darunter, daß der Vater, der Sohn und der hl. Geist das Leiden des Sohnes bewirkt haben. Und wenn die Nachlassung der Sünden dem hl. Geiste beigemessen wird, so verstehen wir es so, daß die Dreieinigkeit auch dieses Gnadengeschenk wirke. Dieß wurde eurer Liebe wegen der häretischen Arianer oder wegen Anderer gesagt, die von Gott anders denken, als sich ziemt. Übrigens kann Dasjenige, was unaussprechlich und unbegreiflich ist, auch mit den Worten der Engel nicht erklärt werden, geschweige denn mit menschlichen.
10. Alle Sünden ohne Ausnahme werden durch die Taufe vergeben
„Nachlassung der Sünden.“ Die hl. Taufe tilgt alle Sünden ohne Ausnahme, ererbte und persönlich begangene, S. 449 Worte, Werke, Gedanken, Bekanntes und Unbekanntes wird nachgelassen. Der den Menschen erschuf, erneuert ihn auch, und Derjenige schenkt uns unsere Vergehen, der nicht Verdienste sucht. Die Gnade kommt selbst den Kindern vorher entgegen, damit Diejenigen, welche vorher in Adam von dem Teufel gefangen gehalten wurden, durch Christus befreit, wahrhaft frei seien.
11. Es werden nicht bloß die Guten, sondern auch die Bösen auferstehen. Die jährliche Aussaat ist ein Bild der Auferstehung
„Auferstehung des Fleisches.“ Alle Hoffnung unseres Glaubens beruht auf der Auferstehung. „Wir werden alle auferstehen,“ sagte der Apostel, „aber wir werden nicht alle verwandelt werden.“ Es werden die Guten auferstehen, und die Bösen werden auferstehen: aber die Guten, um die ewige Seligkeit zu genießen, und die Bösen, um durch das ewige Feuer gestraft zu werden. Dort wird der Gläubige vom Ungläubigen geschieden werden, damit der Glaube seinen Lohn empfange und der Unglaube den Ort der Qual einnehme. Die Ungläubigen, welche die Worte des Psalmes: „Die Gottlosen werden im Gerichte nicht auferstehen“ hören, mögen sich nicht mit eitlen Hoffnungen schmeicheln! Es heißt, sie werden im Gerichte nicht auferstehen, nämlich nicht auferstehen, um gerichtet zu werden, weil sie gemäß des Ausspruches des Herrn: „Wer nicht glaubt, der ist schon gerichtet,“ schon längst wegen ihres Unglaubens verdammt sind. Um aber jeden Zweifel aus dem Herzen der Gläubigen zu reissen, stellt der Apostel ein Gleichniß von einem Säenden vor und sagt: „Du Thor! Was du säest, S. 450 das wird nicht belebt, es sterbe denn zuvor.“ Wohl Jeder von euch weiß, was mit dem Samen geschieht, wie die gedroschenen, gereinigten und aufbewahrten Körner hervorgebracht, ausgestreut und zugedeckt werden. Wenn nicht der Fruchtertrag der Ernte bekannt wäre, so würde man das für unsinnig halten. Werden sie nun zugedeckt, und entziehen sie sich den Blicken, so liegen sie todt unter der Erde. Will sie die Neugierde vor Eintritt des Regenwetters sehen, so erblickt sie Dasjenige verfault und verwest, was sie unversehrt eingestreut hatte. Fehlt nun die Hoffnung auf Ernte, so fühlt das Herz brennenden Schmerz, weil er Dasjenige für verloren hält, was er schon aufbewahrt hatte. Wenn aber Regen eintritt, so macht es großes Vergnügen, zu sehen, wie die Pflanze grünt, wie der Halm sich erhebt, wie er Knoten ansetzt, einen Kolben bildet und Ähren hervorbringt. Macht es also Vergnügen, Dasjenige, was todt in der Erde lag, aufleben zu sehen? Aber die Erde schreibe sich die Fruchtbarkeit zu, weil Gott erweichendes Wetter schenkt. Denn wenn nicht der Regen von oben kommt, so bringt auch ein gutes Land nicht Ähren, sondern Dornen, welche dem Feuer übergeben und nicht in die Scheune gebracht werden. In ähnlicher Weise schreibe unser Land d. h. unser Fleisch sich weder hier noch dort Verdienste bei, sondern erkenne, daß es auch dort Gnade für Gnade erlangen werde.
12. Im ewigen Leben gibt es kein Leid, sondern unaussprechliche Freuden. Der Weg zu diesem Ziele ist die Kirche, der wir treu ergeben sein sollen
„Im ewigen Leben.“ Jenes ganze Glück, daß wir auf- S. 451 erweckt werden, und daß wir von Sünden frei sein werden, ist ein ewiges und wird deßhalb ein immerwährendes Gut sein, weil es im ewigen Leben bleiben wird. Wer sollte aber das Wesen des von Gott seinen Heiligen verheissenen Gutes mit Worten erörtern? Leichter können wir indessen angeben, was im ewigen Leben nicht sein wird, als was dort sei. Dort ist kein Tod, keine Trauer, keine Müdigkeit, keine Schwäche, kein Hunger, kein Durst, keine Hitze, keine Verweslichkeit, kein Bedürfniß, keine Trübfal, keine Niedergeschlagenheit. Hiemit haben wir gesagt, was dort nicht sein wird. Wollt ihr aber wissen, was dort sei? „Kein Auge hat es gesehen, und kein Ohr hat es gehört, und in keines Menschen Herz ist es gekommen, was der Herr denen bereitet hat, die ihn lieben.“ Wenn es in keines Menschen Herz gekommen ist, so schwinge sich das Menschenherz dort hinauf. Das Herz reinige sich von jeder Unreinigkeit, auf daß es Gott, die wahre und ewige Gerechtigkeit, in sich tragen könne. Es bleibt Gott in dem Herzen Desjenigen, der glaubt und ihn liebt, und es bleibt der Mensch in Gott d. h. im ewigen Leben, der Belohnung eines Gott liebenden Herzens.
Wer nicht in seiner Kirche ist, der kann weder glauben noch ihn lieben; denn Jeder, der ausser ihr steht, ist nicht bei Gott, dem ewigen Leben. Daher erfolgt der Schluß dieses Sakramentes durch die Kirche, weil sie die fruchtbare, unversehrte, keusche und überall verbreitete Mutter ist. Diese gebiert Gott geistige Kinder, nährt die Kleinen mit S. 452 der geistigen Milch seiner Worte, lehrt die Knaben Weisheit, bewahrt die Jünglinge durch ihre heilige Keuschheit vor Üppigkeit und Unreinheit, waffnet die Männer mit der Kraft der Tugend gegen den Teufel und lehrt Greise Klugheit, welche die an Jahren weit vorgerückten Alten verehrungswürdig macht. Durch sie loben Jünglinge und Jungfrauen, Ältere und Jüngere, jedes Alter und jedes Geschlecht den Namen des Herrn. Sie ruft die irrenden Söhne zurück, beweint und beklagt die erstorbenen und weidet unermüdet die treuergebenen. Diese wollen wir, Geliebteste, alle lieben, einer so liebevollen und für uns so ängstlich beforgten Mutter wollen wir anhängen, um zugleich mit ihr und durch sie Gott dem Vater ewig verbunden zu werden. S. 455
Viertes Buch
Inhalt
Die Wiedergeburt durch die Kirche ist im Gegensatze zur Geburt Evas eine freudige. Der alte Drache bereitet uns wie den Stammeltern Nachstellungen; aber er kann uns nicht schaden, wenn wir nach unserer Abschwörung nur Gott anzugehören trachten. (c. 1.)
Zur Erlangung des Heiles ist der Glaube nothwendig; denn nur durch das Glauben gelangen wir zur Anschauung des unsterblichen und unsichtbaren Königes, der die ganze Welt regiert. Auch Moyses hat ihn nicht mit Leibesaugen gesehen, sondern nur den Rücken Gottes, d. i. Christus im Geiste geschaut. (2 u. 3.) Christus wurde wunderbar von einer Jungfrau geboren und schon in seiner Kindheit als der Sohn Gottes kund gegeben. Durch sein Kreuz und Leiden zeigte er uns, daß man das Irdische verachten müsse, um das Himmlische zu gewinnen, während der Teufel umgekehrt irdische Verheissungen macht. Nach seinem nahrhaft ehrenvollen Tode stand er als Gegenstück des Propheten Jonas am dritten Tage auf und wurde uns zum Vorbilde auch als Mensch in den Himmel aufgenommen und mit Macht bekleidet. Am Ende der Tage kommt er als Richter, um seine S. 456 Feinde zu beschämen und die Lebenbigen und die Gestorbenen, die Guten und die Bösen zu richten. (4—8).
Der hl. Geist hat dieselbe göttliche Würde wie der Vater und der Sohn, was die Häretiker mit Unrecht bestreiten.
Die Taufe tilgt jede Sünde und erneuert den Menschen. Beim Tode des Menschen zerfällt wohl die gebrechliche Hütte seines Leibes, aber seine Seele wird durch die Auferstehung eine bessere Wohnung erhalten und im ewigen Leben, in Christus dem Herrn, sich ewig erfreuen. Zum ewigen Leben gelangt der Mensch durch die Kirche; denn er kann Gott nicht zum Vater haben, wenn er die Kirche nicht zur Mutter hat. Obgleich die Kirche die allein berechtigte Braut Chrsti ist, wird sie doch zeitweilig von der Magd der Häresie mißhandelt, bis die Langmuth des Bräutigames erschöpft ist. (10—13.)
1. Die Kirche empfängt und gebiert ihre Kinder im Gegensatze zu Eva mit Freudigkeit. Sie erzieht dieselben für Christus und schützt sie gegen die Nachstellungen des Teufels, der durch Verführung in die gereinigten Seelen einzudringen sucht. Nachdem sie dem Teufel widersagt haben, dürfen sie an seiner Pracht keinem Theil mehr nehmen. Wir dürfen nicht der Welt, sondern müssen ganz Gott angehören
Da die hl. Mutter, die Kirche, euch wie euere Brüder durch das hochheilige Zeichen des Kreuzes zu ihrer höchsten Freude in ihrem Schooße empfangen hat, so muß sie den neuen Sprößling einer großen Mutter, bis sie dieselben durch das hl. Bad dem wahren Lichte wiedergibt, durch S. 457 angemessene Nahrungsmittel in ihrem Schooße nähren und die Freudigen freudig zum Tage ihrer Geburt führen; denn sie ist nicht von der Strafe der Eva getroffen, die in Traurigkeit und Seufzen Kinder gebiert, die sich ebenfalls nicht freuen, sondern weinen. Die Kirche löst, was Eva gebunden hatte, um den Sprößling, den Eva durch ihren Ungehorsam dem Tode überliefert, durch ihren Gehorsam dem Leben zurück zu geben. Alle Geheimnisse, welche an durch den Dienst der Knechte Gottes durch Gebete, geistige Lieder, Anblasungen, Bußkleid, Beugung des Nackens und Blöße der Füße vollzogen wurden und werden, und selbst der Schrecken, der mit aller Sicherheit zu erstreben ist, all Dieß sind, wie gesagt, Speisen, welche euch im Mutterschooße erquicken, damit euch die Kirche nach eurer Wiedergeburt durch die Taufe als fröhliche Kinder Christus darreiche. Ihr habt auch das Symbolum empfangen, das Schutzmittel der Mutter gegen das Gift der Schlange. In der Offenbarung des hl. Johannes steht geschrieben, daß sich der Drache vor das Weib stellte, welches gebären sollte, um, wenn sie geboren hätte, ihr Kind zu S. 458 verschlingen. Jeder von euch weiß, daß der Drache Teufel sei. Jenes Weib bedeutet die Jungfrau Maria, die selbst unversehrt unser unversehrtes Haupt gebar und selbst ein Vorbild der hl. Kirche darstellte, damit, wie sie selbst trotz der Geburt eines Sohnes Jungfrau blieb, so auch diese zu jeder Zeit seine Glieder gebäre, ohne die Jungfräulichkeit zu verlieren. Wir haben es auf uns genommen, gerade die Lehrsätze des hochheiligen Symbolums mit der Hilfe des Herrn zu erklären, um den Inhalt der einzelnen Sätze euren Sinnen einzuprägen. Euer Herz ist bereit, weil der Feind aus demselben vertrieben ist. Euer Haus ist gereinigt, es bleibe nicht leer, damit nicht der Ausreisser es unbesetzt finde und sieben andere Geister mit sich nehme, die schlimmer sind als er, und die letzten Dinge jenes Menschen nach dem Ausspruche des Evangeliums schlimmer werden als die ersten. Sofort nach der Vertreibung des schlimmsten Eindringlings führe man den besten Besitzer ein. Wer ist der Eindringling? Der Teufel. Was hat er sich angeeignet? Den Menschen, den er nicht gemacht und noch obendrein getäuscht hat. Er versprach ihm Unsterblichkeit und verführte ihn zur Ungerechtigkeit. Ihr habt gelobt, ihm zu widersagen, und bei diesem Gelöbnisse, das nicht Menschen, sondern Gott und die Engel aufschrieben, habt ihr gesagt. Ich widersage. Widersaget ihm nicht bloß mit Worten, sondern auch durch euere Sitten, nicht bloß dem Tone der Stimme, sondern auch mit der That des Lebens; nicht nur die Lippen sollen sich bewegen, son- S. 459 dern auch die Werke sollen es verkündigen! Wisset, daß ihr mit einem arglistigen, alten und fintenreichen Feinde den Kampf aufgenommen habt; nach eurer Widersagung finde er in euch nicht seine Werke, damit er euch nicht mit Recht in seine Knechtschaft fortschleppe! Denn du wirst ertappt und entdeckt, o Christ, wenn deine Thaten deinem Gelöbnisse widersprechen. Treugläubig deinem Namen nach zeigst du Anderes durch die That, wenn du dein Gelöbniß nicht treu hältst, sondern bald eine Kirche betrittst, um zu beten, und bald darauf in das Theater gehst, um mit den Schauspielern unverschämt zu schreien. Was hast du mit der Pracht des Teufels zu schaffen, der du widersagt hast? „Warum hinket ihr auf beiden Seiten?“ Wollt ihr Gott, so folget ihm; wollt ihr die Welt, so folget ihr! Wenn Gott gewählt wird, so diene man ihm nach seinem Willen, und wenn die Welt gewählt wird, warum richtet man sein verstelltes Herz scheinbar nach Gott? Wenn du Gott verachtest und der Welt folgst, so läßt die Welt selbst dich im Stiche. Du willst nicht als guter Christ den Willen Gottes erfüllen, und an dir, Bösewicht, erfüllt sich der göttliche Wille. Folge so viel du kannst, dem flüchtigen Teufel, ergreife ihn, wenn du kannst und halte ihn fest; aber wie ich sehe, vermagst du es nicht und täuschest dich. Denn indem jener seine leichten Bewegnngen mit der Schnelle eines Gießbaches ausführt, reißt er dich, wenn er dich an sich hängen und festhalten sieht, mit sich fort, nicht um dich zu retten, sondern um dich zu verderben. Liebhaber Christi! Was hast du mit der Pracht des Teufels zu thun? Täusche S. 460 dich nicht! Menschen, die Gott seine Wege verlassen sieht, haßt Gott und rechnet sie nicht unter seine Bekenner. Siehe, die Welt liegt in Trümmern; siehe, mit großen Unglücksfällen hat Gott die Welt erfüllt; siehe, bitter ist die Welt und wird doch so sehr geliebt. Was würden wir thun, wenn sie süß wäre? O unreine Welt. In deinem Untergange noch willst du festgehalten werden; was würdest du thun, wenn du bliebest? Wen würdest du nicht durch Süßigkeit täuschen, da du mit deinen bittern Unterhaltsmitteln betrügst? Wollt ihr, Geliebteste, nicht der Welt anhängen? Ziehet es vor, den Schöpfer der Welt zu lieben und der Pracht der Welt zu widersagen; denn der Fürst derselben ist der Teufel mit seinen Engeln.
2. Wir müssen an Gott glauben, um den Lohn seiner Anschauung zu empfangen. Zur Zeit können wir Gott nur aus seinen Werken erkennen; er ist der unsichtbare König und Lenker der Welt
Glaubet! Glaube so, daß du den Gegenstand deines Glaubens zu sehen wünschest. Es sagt Einer: Siehe ich glaube und wünsche den Gegenstand meines Glaubens zu sehen: möchte er mir nun gezeigt werden, damit mein Glaube sich der Anschauung erfreue. Wenn du jetzt sähest, so glaubtest du nicht; denn deßhalb glaubst du, weil du nicht siehst: aber glaube so, daß du sehest. Der Glaube ist S. 461 das Werk, und die Anschauung Gottes ist der Lohn dafür. Du willst vor der Zeit den Lohn empfangen, wenn du nicht am Werke gearbeitet hast. Wird nicht jedem Arbeiter bei dir mit Recht der Lohn zurückbehalten, bis das Werk vollendet ist? Was du mit deinem Sklaven thust, das erbitte von dem Herrn deinem Gotte. Es ist dir von Nutzen, daß er durch Aufschieben seiner Anschauung dich durch den Glauben erprobt; er empfiehlt sein Geschenk, aber er versagt es nicht, um in dir eine größere Sehnsucht nach dem vorenthaltenen Geschenke zu erwecken und zu verhüten, daß es an Werth verliere, wenn es schnell gegeben wird. Derjenige, der dir zu deinem Nutzen für jetzt seine Anschauung entzieht, verläßt dich dessen ungeachtet nicht, nur deine Augen fassen ihn nicht, er aber beachtet dich zu jeder Zeit. Wende also die Augen des Glaubens an! Erblickst du nicht sein Angesicht, wenn du an seinen eingebornen Sohn glaubst? Siehst du nicht seine Hände, wenn du die ganze Schöpfung erblickst? Hörst du nicht seinen Mund, wenn du seine Vorschriften vorlesen hörst? Du verrichtest dein Gehet nur deßhalb, weil du weißt, daß es zu Demjenigen gelange, von welchem der Prophet sagt: „Siehe, die Augen des Herrn sind über den Gerechten und seine Ohren bei ihren Bitten.“ Wenn du aber auch seine Füße kennen lernen willst, so höre, welche er als seine Füße betrachtet wissen will. „Wie kostbar,“ sagt er, „sind die Füße derer, die Frieden verkündigen und verkündigen, was gut ist!“ Wir haben ihn in seinen Gliedern beschrieben, aber in diesen menschlichen Gliedern ist Gott nicht eingeschlossen, weil er nicht an einem Orte, sondern überall ganz gegenwärtig ist. Wir haben nach Maß der menschlichen Einsicht gesprochen, nicht nach der unaussprechlichen Kraft der göttlichen Majestät.
Willst du seine Macht kennen lernen? Betrachte das S. 462 Geschöpf, und du wirst den Schöpfer erkennen; erforsche, was er gemacht hat, und du wirst Denjenigen erkennen, der Alles erschaffen hat! Siehe, der Prophet sagt zu Gott: „Die Himmel der Himmel fassen dich nicht.“ Und Denjenigen, den die Räume der Himmel nicht fassen, faßt ein enges Menschenherz, da er selbst sagt: „Ich werde unter ihnen wandeln und in ihnen wohnen.“ Und der Herr Jesus selbst sagt: „Wer mich liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung in ihm nehmen.“ Siehe, wie dich dein allmächtiger Schöpfer geschaffen hat. Erkenne zuerst dein eigenes Wesen, und du wirst das Wesen deines Schöpfers erkennen. Ein irdischer König ist deßhalb sterblich, weil er sichtbar ist; der himmlische König ist unsterblich, weil er unsichtbar ist. Ein irdischer König hat Nichts erschaffen und doch über Alles Macht erhalten; und du glaubst nicht, daß der König, der Alles erschaffen hat, Alles lenkt und regiert? Du sagst: Wie lenkt und regiert er Alles, da so viel Böses in der Welt geschieht, ohne daß er seine Strafgerichte verhängt? O Mensch! Deßhalb läugnest du seine Macht, weil er seine große Geduld zeigt. Er läßt den Sünder nicht ungestraft, sondern er bewahrt ihn auf, um ihn durch Buße zu bessern oder durch das letzte Gericht zu strafen. Wer immer sich über die Bösen beklagt, möge bedenken, daß wir alle böse sind; wenn also Gott nach deinem Wunsche das Böse sogleich bestrafen würde, so wäre Keiner übrig, der sich über einen Andern beklagen könnte. Aber jener große König, der seine Geschöpfe wohl zu regieren weiß, vollzieht deßhalb nicht verkehrte Wünsche, sondern seinen eigenen guten Willen, um dich Geduld zu lehren. Unterlaß es, Gott zu deiner S. 463 Wuth zu verleiten, sondern laß dich von deinem Schöpfer regieren; denn unter deiner eigenen Leitung wirst du sogleich durch dich fallen. So lange stand der erste Mensch, als er Gott anhing; er verließ Gott und wurde verlassen. Er wollte seine eigenen Kräfte versuchen und fand sein und unser Elend. Wie gut wäre es für ihn gewesen, wenn er die Mahnung des Psalmisten befolgt hätte: „Wirf deine Sorge auf den Herrn, und er wird dich pflegen.“ Wenn damals der erste Mensch nicht vorsichtig sein wollte, so hüte sich wenigstens jetzt der Mensch, da er bittere Erfahrungen gemacht hat. Wir wollen bekennen und einsehen, daß wir einen unsterblichen und unsichtbaren König haben, den nach den Worten des Apostels keiner der Menschen je sah noch mit diesen Augen sehen kann.
3. Auch Moyses hat Gott nicht wirklich gesehen, sondern geistiger Weise schaute er den Rücken Gottes, d. h. Christus
Wenn ihn keiner der Menschen sah, wie sprach er denn mit Moyses von Mund zu Mund, wie ein Freund mit seinem Freunde spricht? Damit ist uns eine große Frage begegnet. Denn es sagt der Herr: „Nicht wie mit den Übrigen durch Räthsel will ich zu meinem Knechte Moyses reden, sondern von Mund zu Mund spreche ich mit ihm.“ Und die Schrift fügte das oben Gesagte bei, daß nämlich Moyses mit Gott von Mund zu Mund gesprochen habe, wie Einer mit seinem Freunde redet. Wenn er aber mit ihm von Mund zu Mund redete und ihn sah, wie bewahrheitet sich dann der Ausspruch des Apostels, daß Keiner je Gott sah noch sehen könne? Wenn ihn aber Moyses gesehen hat, warum bittet er kurz darauf um eine große S. 464 Gnade und sagt: „Wenn ich Gnade vor dir gefunden habe, so zeige mir dein Angesicht“? Und der Herr sprach zu ihm: „Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch sieht mein Angesicht und lebt.“ Was sah er also? Und wenn er Etwas sah, warum wünschte er Dasjenige zu sehen, was er schon gesehen hatte? Oder warum wurde ihm Dasjenige verweigert, was ihm schon gezeigt worden war? Das stellt den Scharfsinn des Untersuchers auf die Probe. Moyses sah Gott nicht mit körperlichen Augen, sondern mit den Augen des Geistes. Und weil das ewige Lichte das Gott ist, ihn mehr als die Übrigen erleuchtete, deßhalb ist gesagt worden: „Er sprach zu ihm von Mund zu Mund,“ als hieße es: er wurde ihm mehr als den Übrigen geoffenbart. In den Worten: „Niemand kann Gottes Angesicht sehen und leben“ ist gezeigt worden, daß Niemand Gott mit seinen leiblichen Augen sehen könne.
Euere Liebe muß aber noch erkennen, was dem treuesten Knechte Gottes Moyses gestattet wurde, um sein großes Verlangen nicht in allweg zu vereiteln. Wie dieselbe Schrift erwählt, wurde ihm vom Herrn gesagt: „Gehe, steige auf einen Felsen auf dem Horeb und stelle dich dort hin. Und meine Herrlichkeit wird an dir vorübergehen, und meinen Rücken wirst du sehen; mein Angesicht wird dir aber nicht erscheinen.“ Damit sich nicht ein verkehrtes Verständnis oder ein häretischer Sinn einschleiche und Jemand glaube, Gott sei körperlich, sei der fromme Glaube und die katholische Lehre behutsam. Denn die göttliche Schrift spricht in geheimnisvollen Bildern; sie behält den Dingen ihre angemessenen Zeiten vor, um nach ihrer Offenbarung den Geist durch offenkundige Wahrheit zu üben. So ist auch der Umstand, daß Moyses Befehl erhielt auf dem Berge S. 465 Horeb auf einen Felsen zu stehen und sich dort hinzustellen, nicht ohne geheimnisvollen Sinn. Das ist jener Felsen, der geschlagen, dem dürstenden Volke Wasser hervorbrachte, von welchem der hl. David sagt: „Er sprengte den Felsen, und die Wasser floßen hervor.“ Der Apostel erklärt dieß mit den Worten: „Unsere Väter aßen dieselbe geistige Speise und tranken denselben geistigen Trank; sie tranken aus dem geistigen, ihnen folgenden Felsen; und der Fels war Christus.“ Der Rücken Gottes ist also der Gesalbte Gottes. Was Moyses prophetisch sah, das erklärt Paulus mit den Worten: „Als die Fülle der Zeit gekommen war, da sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe.“ Er sagt „Weib,“ weil er den hebräischen Sprachgebrauch beibehält, der alle Frauen Weiber nennt. Denn es steht geschrieben: „Lasset alle Weiber leben, die einen Mann nicht erkannt haben.“ Und von Eva ist gesagt worden: „Gott bildete sie zum Weibe.“
4. Christus ist wegen uns Menschen wunderbar von einer Jungfrau geboren worden. Als Kind wurde er vor den Nachstellungen des Herodes und der Juden bewahrt. Lob der Jungfräulichkeit
Der Glaube und die Wahrheit verkünden, daß Christus von einer Jungfrau geboren worden sei. So habt ihr es überkommen, und so habt ihr euren Glauben bekannt: Ich glaube. Diese Geburt Gottes und des Menschen erfolgte S. 466 wegen des Menschen; jene erhabene Majestät, die aus dem Herzen des Vaters hervorgeht, ergoß sich in den Schooß der Mutter. Es war ein Erfordernis der Liebe, daß der verlorene Mensch gefunden und, wiedergefunden, durch den Mittler Gott dem Vater zurückgestellt wurde. Wunderbar ist indessen diese zweite Geburt, geliebteste Brüder. Denn wer wird denn die erste Geburt, nach der er ohne Mutter vom Vater geboren wurde, erzählen? Wenn wir die zweite nicht erklären können, wie vermögen wir die erste auch nur anfangen zu erörtern? Wenn uns seine menschliche Geburt so viele Schwierigkeiten bereitet, daß wir sie nur im Glauben fassen können, wie werden wir seine göttliche Geburt berühren, die nicht einmal der Sinn der Propheten zu begreifen vermochte? Aber von der zweiten wunderbaren und unaussprechlichen Geburt wollen wir doch Etwas angeben, was für uns geschah, daß nämlich das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat. Wer sollte nicht erschrecken, wenn er hört, daß Gott geboren wurde? Du hörst von seiner Geburt, sieh, wie er schon bei seinem Entstehen Wunder wirkt. Es schwillt der Schooß der Jungfrau, und die Scham ist unverletzt; ohne alle Umarmung des Vaters füllt sich der Schooß der Mutter; sie, die keinen Mann erkennt, fühlt ihren Sprößling. Der Engel spricht zur Jungfrau, diese bereitet ihr Herz. und durch den Glauben wird Christus empfangen. Du wunderst dich hierüber, aber wundere dich noch mehr. Die Jungfrau und Mutter, die Fruchtbare und Unverletzte gebiert; es wird der Sohn, der selbst seine Mutter geschaffen, ohne menschlichen Vater geboren. Der Schöpfer des Weltalls wird im Weltalle geboren, und der Lenker des ganzen Erdkreises wird von den Händen seiner Mutter getragen. Der die Sterne regiert, säugt ihre Brüste, und es schweigt das Wort!
S. 467 Er gab noch nicht mit Worten kund, wer er sei, und die ganze Schöpfung zeigt an, daß ihr Schöpfer geboren worden sei. Die Engel verkündigen ihn den Hirten, und ein Stern ladet die Magier ein; die bäuerliche Einfalt der Hirten erfordert die Belehrung der Engel, und die Neugierde der Magier wurde durch die Sprache des Himmels unterrichtet. Die Magier verkündigen den König der Juden, und die Juden verleugnen ihn; jene suchen ihn anzubeten, und die Juden suchen ihn zu tödten. Die Magier sagen dem Könige Herodes, welchen neugeborenen König sie suchen; die Juden aber sagen ihm, aus welcher Stadt der Christus sich zur Herrschaft erhebe. Beide verkündigen und bekennen ihn aber in verschiedener Absicht; die Magier, damit er gefunden und angebetet, und die Juden, damit er ergriffen und getödtet werde. O Juden! Deßhalb tragt ihr die Leuchte des Gesetzes in den Händen, damit ihr Andern den Weg zeiget und euch selbst die Finsterniß zuwendet! Die Magier, die Erstlinge der Heiden, bringen Geschenke dar, nicht bloß Gold, Weihrauch und Myrrhen, sondern auch ihre Seelen; euch aber verstößt eure eigene Ungerechtigkeit, daß ihr Denjenigen, der kam, eure Bande zu lösen, in Wuth versetzt zu tödten suchet. Was nützte es euch, daß ihr dem Herodes den Ort der Geburt des Christus verrathen habt? Habt ihr nicht vielmehr euch selbst verletzt als dem Christus geschadet? Als Jener von euch hörte, wo man den neugeborenen Christus finden könne, befahl er sogleich die Kinder eures Volkes zu tödten. Es wüthet Herodes, um unter den Vielen Einen zu tödten, er macht sich des Massenmordes schuldig und tödtet doch nicht den gesuchten Gottmenschen. Herodes! Deine Ruchlosigkeit ist groß, du mordest Kinder und häufst die Zeugen deiner Schlechtigkeit, und doch findest du Christus nicht, weil die Stunde seines Leidens noch nicht gekommen ist. Du kommst als Verfolger Christi und als Urheber seines Todes in Be- S. 468 tracht, obgleich du an ihm Nichts verübt hast. Aber da du gegen ihn Vieles versuchst, hast du dich selbst zu Grunde gerichtet. Warum fürchtest du einen König, der so zu herrschen kam, daß er dich nicht verdrängen will? Derjenige, den du suchst, ist der König der Könige; wenn du sicher dein Reich behaupten wolltest, würdest du ihn um Empfang des ewigen Reiches bitten.
Christus regiere, wie er zu regieren kam: er nehme die Gläubigen auf und verspotte die Verfolger; er erwecke sich Kämpfer und unterstütze die Bedrängten; er kröne die Sieger, verleihe Heiligkeit, liebe die Keuschheit und belohne die Jungfräulichkeit. Freuet euch, ihr hl. Jungfrauen, denn eine Jungfrau hat Christus geboren; seid nicht betrübt wegen eurer Unfruchtbarkeit; denn euer Glaube ist höchst fruchtbar. Beklaget es nicht, daß ihr nicht Mütter seid, da ihr geistiger Weise gebäret und Jungfrauen bleibet, da ihr Söhne empfanget, ohne die Jungfräulichkeit zu verlieren. Ihr habt von ihm den Namen seiner Mutter empfangen, damit in euch die ewige Zierde der Keuschheit verbleibe. Liebet, was ihr seid, und bewahret, was ihr empfangen habt. Ahmet gläubig die Mutter eures Hauptes und eures Bräutigames nach; der von der Jungfrau Maria Geborene verweigert euch kein Unterpfand. Was er seiner Mutter verlieh und im eigenen Fleische bewahrte, das hat er auch euch geschenkt, Christus mit seinem jungfräulichen, mütterlichen, von aller Bedeckung unversehrten, heiligen Fleische. Aber nicht einmal sein Fleisch ist unfruchtbar, da er durch dasselbe in Folge seiner Predigt geistige Söhne wiedergebar und nach seinem Leiden auf der ganzen Welt das Erstorbene befruchtete. S. 469
5. Das Kreuz des Herrn ist für den Christen Zeichen der Ehre; denn am Kreuze hat er den Teufel besiegt und uns gezeigt, wie wir kämpfen und siegen sollen. Der Sieg der Juden war scheinbar und schnell vergänglich, da der Herr auch den Tod besiegte
Des Gekreuzigten. Da die christliche Seele hieraus jede Freiheit gewonnen hat, so fasse sie Vertrauen auf sich selbst; sie darf sich also nicht schämen, an Christus den Gekreuzigten zu glauben. Jenes Kreuz ist für die Gläubigen keine Schmach, sondern Siegesfreude. Das Kreuz ist unser Banner gegen unsern Widersacher, den Teufel; denn unser König kämpfte für uns gegen denselben. Unser Widersacher, der Teufel, schreckte uns durch Todesdrohungen, aber Christus verhieß uns das ewige Leben. Der feindliche Teufel drohte, das Fleisch zu tödten, aber unser König lehrte uns, wie sein Heer siege, und zeigte daher für seine eigene Person, daß man den Tod des Leibes nicht fürchten dürfe, da er zuerst für Alle sterben wollte, damit nicht die Seelen seines Heeres vom Teufel gemordet würden. Das beabsichtigte nämlich der Teufel bei diesem Kampfe, im Falle der Einwilligung wünschte er die Seelen zu verderben, und den Leibern verhieß er Rettung. Christus aber lehrte, auf kurze Zeit zu sterben und mit Leib und Seele ewig zu leben. Jener sagte: Wenn ihr mir zustimmet, so will ich euch dieses zeitliche Leben geben. Christus sagte: Wenn ihr mich nicht verlasset, so werdet ihr das zeitliche Leben nicht verlieren und das ewige gewinnen. Der Teu- S. 470 fel sagte: Verlieret nicht dieses Lebenslicht! Christus sagte: Ich habe dieses gemacht und werde euch ein besseres geben. Was Jener verspricht, sagt unser Christus, steht nicht in seiner Gewalt, denn dieses Licht ist mein, und dieses Leben wurde von mir erschaffen, aber jenes, das ich bei meiner Ankunft lehrte, ist viel vortrefflicher und besser. Schreitet vom Guten zum Bessern, um nicht durch Einwilligung mit den Forderungen des Teufels im Schlechtern zu bleiben. Bei diesem großen Kampfe nimmt der Teufel gefangen und Christus befreit, täuscht der Teufel und Christus erlöst, mordet der Teufel und Christus erweckt. Bei all dem glaubte der Widersacher, der Teufel, unsern König selbst dem Fleische nach tödten zu sollen, um nach Niederwerfung des Hauptes die Glieder um so leichter unterjochen zu können. Die Rechnung war falsch. Nach dem bloßen Anblicke glaubte er keineswegs, daß Gott im Fleische verborgen sei, und da er das große Geheimniß nicht kannte, daß jener Mittler sei und daher Gott in Menschengestalt Verbindung des Menschen mit Gott anstrebe, so tödtete er ihn als einen mächtigen Menschen und Vertheidiger der Menschen und fühlte den Gott, der alle Menschen erlöste, die er geschaffen hatte!
Doch sehet im Leiden selbst das Schauspiel des großen Kampfes! Judas wird bestimmt, um Geld seinen Meister zu verkaufen, und der ehemalige Jünger wird Theilnehmer am Plane der Juden; er gibt dem Meister einen falschen Kuß, das Kennzeichen seiner Ruchlosigkeit; voll Bosheit im Herzen heuchelt er Frieden. Die Juden werden aufgeboten, sie kommen mit Fackeln, Laternen und Waffen, Viele suchen Einen, es kommen die Söhne der Finsterniß mit S. 471 dem Lichte in der Hand, um andern das wahre Licht zu zeigen, das sie selbst wegen Verblendung des Herzens nicht behalten konnten. Der Herr Jesus wußte genau, wozu er gekommen war, und wußte daher Alles, was gegen ihn geschehen sollte. Er trat also zu ihnen und sprach: „Wen suchet ihr?“ Sie sagten: „Jesus von Nazareth.“ Er antwortete ihnen: „Ich bin es.“ Als er ihnen aber sagte: Ich bin es, da wichen sie zurück und fielen zur Erde. Sehet, ein Strahl des wahren Lichtes, noch verborgen unter der Wolke des Fleisches, erblickte die Finsterniß und warf sie auf die Erde. Wie werden die Juden es wagen, auf den Glanz seiner Herrlichkeit zu blicken, wenn sie diesen schwachen Schein nicht zu ertragen vermochten? Um aber den Zweck seiner Ankunft zu erfüllen, läßt er die Finsterniß sich wieder erheben, er gibt ihr Gewalt, und die Finsterniß ergreift das Licht, nicht um ihm zu folgen, sondern um es zu tödten. Das Licht läßt sich von der Finsterniß festhalten, führen, aufhängen und tödten, um von der Wolke des Fleisches befreit den Glanz seiner Majestät zu verbreiten. Was ist denn bei jenem Kampfe geschehen? Viel stärker däuchten sich die Diener des Teufels zu sein, als sie die Zähne fletschten, ihn verspotteten und das Haupt hin- und herwarfen, als sie ihm die Dornenkrone aufsetzten und seine Kleider zerrissen, als sie den am Kreuze erblickten, den sie hatten Wunder wirken sehen, als sie ihm Essig und Galle reichten und seine Seite mit einer Lanze durchbohrten. Welches Siegesgeschrei erhoben sie unter den Worten: „Wenn er der Sohn Gottes ist, so steige er herab vom Kreuze.“ Aber Dieses schrie Jener durch sie, der Christus die Geduld entreissen wollte, damit er gereizt durch die Verhöhnungen der Juden seine Macht zeige, aber seine Geduld verliere. Aber jener starke König und einzig weise Rath, durch den jeder gesunde Rath Ursprung und Richtung erhält, sah auf beide Kampfesarten und hielt beide, Geduld S. 472 und Macht, ein; und was er einhielt, das zeigte er auch deutlich. Denn er bewahrte die Geduld, weil er nicht vom Kreuze herabstieg, und zeigte die Macht, als er vom Grabe erstand. Während er am Kreuze hing, erfreuten sich die Juden eines falschen Sieges; als er vom Grabe auferstand, erfolgte die wahre Beschämung der Juden und der immerwährende Sieg der Christen. Als er am Kreuze hing, waren die Jünger traurig, niedergeschlagen und zerstreut, als er vom Grabe erstand, freudig und in einem Hause versammelt. Während er am Kreuze hing, hegten die Jünger Mißtrauen; als er auferstand, versammelten sich die Heiden. Während er am Kreuze hing, verläugnete ihn Petrus aus Furcht; als er vom Grabe erstand, glaubte die ganze Welt aus Liebe. Nicht bloß damals wurde dieser Kampf ausgestritten, sondern er wird auch jetzt noch geführt; die Glieder Christi leiden im Kampfe und werden vom Teufel bedrängt, sie leisten ihm jedoch tapfern Widerstand, weil unser Haupt schon im Himmel sitzt. Deßhalb hat Christus kämpfen wollen, um dich siegen zu lehren. Ist deine Kraft gering, so rufe deinen Retter und Helfer an! Wenn er, der für dich am Kreuze hing, dein gläubiges Gebet bemerkt, so wird er dir hienieden den Sieg und im Himmel die Siegeskrone bereiten.
6. Nach den Weissagungen der Propheten stand Christus am dritten Tage von den Todten auf. Vergleichung zwischen Jonas und Christus
Am drittenTage auferstanden von den Todten. Wie der dreitägige Tod des Herrn durch die Propheten vorher gesagt und verheissen worden war, so ging er auch in Erfüllung. Denn der Prophet Osee sagt: „Nach zwei Tagen S. 473 wird er uns erwecken, und am dritten Tage werden wir kommen und ihn vor Tagesanbruch gerüstet finden.“ Was soll ich von dem Vorbilde des Propheten Jonas sagen, auf welchen der Herr selbst ausdrücklich hinweist und zu den Juden sagt: „Dieß böse Geschlecht fordert ein Zeichen; und ein Zeichen wird ihm nicht gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jonas. Denn gleichwie Jonas drei Tage und drei Nächte im Bauche des Fisches war, so muß auch der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein.“ Dieß Vorbild des Propheten wollen wir Vergleichungsweise kurz durchgehen. Jonas wurde in die Stadt Ninive gesendet um ihr den Untergang anzukündigen, Christus wurde vom Vater gesendet, um Allen den Untergang der Welt zu erklären. Jonas floh vor dem Angesichte des Herrn nach Tharsis: die Flucht des Jonas bedeutet den kurzen Aufenthalt Christi, von dem der Prophet sagt: „Gleich einem Riesen jauchzte er den Weg zu laufen.“ Der Prophet bestieg auf seiner Flucht ein Schiff; Christus bestieg bei der Fahrt durch das Meer dieses Lebens das Kreuzesholz. Ein großer Sturm erhob sich im Meere; diese Aufregung des Meeres ist die Treulosigkeit der Juden. Es wurde das Loos geworfen, um den flüchtigen Propheten ins Meer zu werfen, und über Christi Kleider wurde das Loos geworfen, um der ganzen Welt die Einheit zu predigen. Jonas wurde aus dem Schiffe in’s Meer geworfen; der Tod Christi wurde in die Herzen der Völker eingegraben. Der Prophet wurde von einem Thiere zum Bewahren und nicht zum Verzehren aufgenommen. S. 474 Höre bei diesem Punkte durch den hl. David die Stimme Christi: „Du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen noch deinen Heiligen hingeben, die Verwesung zu schauen.“ Im Bauche des Seethieres betete Jonas, und Christus erweckte bei seiner Höllenfahrt die Todten. Am dritten Tage wurde der Prophet unversehrt ans Ufer gesetzt, am dritten Tage stand Christus vom Grabe auf und wurde über die Himmel erhöht. Auf die Predigt des Propheten Jonas hin wurde die Stadt durch Buße gerettet, durch die Predigt Christi wurde die hl. Stadt Jerusalem erlöst.
7. Die menschliche Natur Christi wurde in den Himmel aufgenommen; auch wir werden dorthin berufen
Aufgenommen in den Himmel. Der Apostel sagt: „Der niederstieg, ist Derselbe, welcher hinauffuhr über alle Himmel, auf daß er Alles erfülle.“ Wer stieg nieder? Der Gottmensch. Wer fuhr hinauf? Eben derselbe Gottmensch. Jeder Mensch erkenne seine Würde, weil Gott wegen des Menschen Mensch geworden ist. Was er deinetwegen angenommen hat, das hat er in den Himmel erhoben und den irdischen Leib zum himmlischen gemacht, damit auch du auf Grund deines Glaubens auferstehen und in den Himmel aufsteigen könnest; weil du eines großen Unterpfandes gewiß bist, so kannst du mit Ruhe einen solchen Lohn erwarten. Der von Christus angenommene Mensch herrscht schon zur Rechten des Vaters sitzend und ruft, reizt und ermuntert die Seinigen, das Reich von ihm zu empfangen. Jede ruhmbegierige Seele gehe zu ihm; sie eile zu einem solchen Kö- S. 475 nige, von dem sie nicht gegen eine Geldentschädigung Gewalt empfängt, sondern wenn sie den vollen vollendeten Glauben zu ihm bringt, wird sie auch die Engel richten.
8. Der Gottmensch kommt, um die geistig Lebendigen und die geistig Todten oder um die noch Lebenden und die bereits Gestorbenen zu richten
Von dannen er kommen wird. Von wem wird erwartet, daß er kommen werde die Lebendigen und die Todten zu richten, als von demjenigen Menschen, der sich würdigte, für uns am Kreuze zu hangen? Die Ankunft des angenommenen Menschen wird erwartet. In seiner Eigenschaft als Gott gleichen Wesens wie der Vater richtet er immer und ist immer gegenwärtig; aber er wird als unser Erlöser in derjenigen Gestalt, in welcher er aufgenommen wurde, erscheinen, um die Weissagung des Propheten Zacharias zu erfüllen: „Sie werden sehen, wen sie geschlagen haben.“ Die Juden werden also den immer herrschenden Gottmenschen sehen, den sie verläugnet und bei seinem Tode aufgegeben haben. Er, der kommen wird, die Todten zu erwecken, wird die in der Seele Todten richten. Dieser Ausspruch wird auf zwei Arten aufgefaßt: Die Lebendigen und die Todten in der Seele oder die Lebendigen und Todten im Leibe. Nach der ersten Auffassung wird er die in der Seele lebendigen Gläubigen und die in der Seele todten Ungläubigen richten; nach der zweiten Auffassung wird er die im Fleische Lebendigen richten, die er bei seiner Ankunft noch am Leben trifft, und die im Fleische Gestorbenen, die er, der erhabene Gott, auferwecken wird. Wir wollen es vorziehen, Geliebteste, daß seine Ankunft uns lebendig in der Seele findet, nicht in Folge der Sünde Leib und Seele zugleich S. 476 von ihm verdammt werde. Das Ende der Welt steht sehr nahe bevor, und wenn es, wie Einige glauben, nicht nahe bevorsteht, so ist doch der letzte Tag eines jeden Einzelnen ungewiß. Was zögern wir zum seligen Leben zu gelangen? So lange es Zeit ist, wollen wir uns bessern und uns bekehren, wir wollen eine gute Sache haben, um den künftigen Tag des Gerichtes nicht zu fürchten!
9. Der hl. Geist ist wahrer Gott wie der Vater und Sohn; die drei Personen sind gleich, aber nur ein Gott. Warnung vor der Häresie der Arianer
Ich glaube an den heiligen Geist. Der hl. Geist ist Gott, nicht geringer als der Vater und der Sohn, sondern eine Majestät, eine Macht, eine unzertrennliche Dreiheit, eine untheilbare und zugleich überall ganze Heiligkeit. Gott Vater, Gott Sohn und der hl. Geist sind nicht drei Götter, sondern die Dreiheit ist ein Gott. Der Sohn ist vom Vater weder zeitlich verschieden, da er das ewige Wort des Vaters ist, noch ist der Vater größer als der Sohn, weil Gott einen sich Gleichen zeugte, einen zeitlosen Gott, durch den er die Zeiten gemacht hat. Auch der hl. Geist ist nicht kleiner als der Vater und der Sohn, weil er die Liebe und Eintracht des Vaters und des Sohnes ist. Wie soll der Sohn nach der Behauptung eines häretischen Arianers kleiner sein als der Vater, da ihn der Apostel „Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ nennt? Wenn der Sohn die Kraft und die Weisheit des Vaters ist, so fügt Derjenige, welcher ihn kleiner nennt, dem Vater Schmach zu, indem er behauptet, er habe eine kleinere Weisheit und eine schwache Kraft in sich. Oder wie nennt er den hl. Geist noch kleiner als S. 477 den Sohn, da der Apostel die Glieder Christi zum Tempel des hl. Geistes macht? Er sagt: „Ihr seid Christi Leib und Glieder;“ und an einer andern Stelle: „Wisset ihr nicht, daß euere Glieder ein Tempel des hl. Geistes sind, der in euch ist?“ Soll der nicht Gott sein, der einen Tempel hat, oder soll er kleiner als Christus sein, da er dessen Glieder zum Tempel hat? Dort gibt es keine Abstufungen, wo eine Dreiheit und eine dreifache Ewigkeit ist; wer verschiedene Abstufungen annimmt, der trennt sich selbst von der Einheit. Warum. Arianer, brüstest du dich mit dem Besitze der Wahrheit, während dich der schlimme Irrthum von der katholischen Lehre scheidet und dich zum Häretiker erklärt, dich von der Gemeinschaft des ganzen Erdkreises trennt und in eine Ecke verbannt hat? Hütet euch, Brüder, vor den Lehren der Häretiker als vor Nachstellungen der Wölfe! Schafe Christi! Höret die Stimme eures Hirten! Er sagt: „Wer zur Thüre in den Schafstall eingeht, der ist der Hirt; wer aber anders woher einsteigt, der ist ein Dieb und Räuber.“ Hütet euch vor den Dieben und Räubern! Der Hirte hört nicht auf zu rufen; denn er läßt seine Hunde nicht schweigen. Kein Schaf trenne sich vom höchsten Hirten, um nicht selbst sich als Beute des schlechtesten Räubers, des Wolfes, anzubieten.
10. Die Taufe entsündigt und erneuert den Menschen
Zur Vergebung der Sünden. Haltet standhaft fest, hoffet zuversichtlich und wartet geduldig. Durch die Taufe weicht der alte Zustand und ein neuer wird S. 478 euch verliehen! Die Seele wird von der Last der Sünden frei, um mit der Freiheit des neuen Lebens bekleidet mit Hilfe Gottes tapfer gegen den Teufel zu kämpfen und ihren frühern Besieger so zu überwinden, daß sie unmittelbar nach Überwindung des Feindes ins Reich Gottes versetzt wird und dort sicher mit ihrem Haupte, Christus, herrscht.
11. Der Leib, die Wohnung der Seele, zerfällt, wird aber in einem besseren Zustande wiederhergestellt werden
Auferstehung des Fleisches. Es ist ein großer Glaube nothwendig, weil ein großer Lohn verheissen wird. Achtet nicht auf den gegenwärtigen Zustand, sondern auf den zukünftigen, denn der gegenwärtige macht auf Viele einen schlimmen Eindruck. Auf wen macht es nicht Eindruck, wenn er große Wohlgestalt, Schönheit und Anmuth, wenn er einen wohlgebildeten Menschen in Staub auflösen und seine Knochen zerstreuen, wenn er Staub dem Staube anvertrauen sieht? Dieß schrecke dich nicht, Christ! Der Mensch wird nur ausgesäet, aber er geht nicht verloren. Wenn die Seele scheidet, so zerfällt ihre Wohnhütte; denn die Herrin ist nicht mehr zur Hand, um für ein schmutziges Haus Sorge zu tragen und seine Schäden auszubessern. Sie geht ja, um für einen hohen Preis das ewige Reich zu erwerben. Was fürchtest du dich also, Seele? Du bist Christus dem Herrn geweiht worden, in Folge seiner Gnade führst du ein gutes Leben und bestrebst du dich, zum Reiche Gottes zu gelangen. Warum fürchtest du dich vor dem Fahrzeuge des Todes? Du gehst zwar fort, und dein Fleisch duldet für eine Zeit lang Unbild, aber du kehrst mit deinem Könige regierend zurück, und dann wird dir ein Fleisch wieder gegeben, das nicht verwesen kann und ewig bei dir bleibt. Wenn du im Geschäfte deiner Selbstverbesserung fortfährst, so wird dir gewiß eine bessere Wohnung bereitet, weil du auch einem Bessern im Himmelreiche sozusagen Dienst ge- S. 479 leistet hast. Wenn dir dieses irdische, kothige und gebrechliche Fleisch so viel Schönheit verschaffte, welchen Schmuck wird es dir bieten, wenn es wieder hergestellt und himmlisch geworden ist? Wenn du die Schönheit so liebst, die nur kurze Zeit bleibt und mit der Zeit vergeht, wie wirst du Jene lieben, die nie ohne Anmuth sein wird, weil sie im ewigen Leben bleiben wird?
12. Das ewige Leben beseligt den Menschen; Christus ist das ewige Leben
Es folgt im hl. Symbolum, daß wir den ganzen Gegenstand unsers Glaubens und unserer Hoffnung im ewigen Leben empfangen. Das ewige Leben wird, Geliebteste, nie werthlos und bleibt immer süß. Wenn man das Leben liebt, warum sucht man nicht das wahre? Wenn man das Leben liebt, so suche man ein solches, das kein Ende hat! Und wenn man es liebt, warum sucht man es nicht? Oder wenn man es sucht, warum eilt man, da es hienieden nicht gefunden werden kann, nicht an jenen Ort, wo es ist? Hat sich denn nicht das Leben selbst von freien Stücken bei uns eingeführt? Denn Christus ist der wahre Gott und das ewige Leben. Er kam zu uns Verlorenen und kaufte uns, als wir gefunden waren; er kam hieher in das Land der Sterblichen, und er selbst, das wahre Lehen, ließ uns seinen Geschmack verkosten; wir kosteten und sahen, daß er süß ist. Er ging uns voraus und hat uns zu seiner Nachfolge eingeladen; und wir fürchten uns, ihm zu einem so großen Gute zu folgen, dessen Süßigkeit wir gekostet haben? Das Leben kam zu dir, erwidere ihm den Besuch und geh auch du zu ihm. Er ist in das Fahrzeug des Todes getreten, um durch seine Hinüberfahrt dich zu befreien; nimm auch du den Tod auf dich, um bei deiner Ankunft von ihm so aufgenommen zu werden, daß du niemals sterbest. S. 480
13. Die Kirche ist unsere Mutter, die Braut Christi. Jede Häresie ist Concubine, der nur für eine Zeitlang Gewalt eingeräumt wird
Die heilige Kirche. Deßhalb erfolgt der Schluß dieses Sakramentes durch die Kirche, weil Jeder der Zahl der Söhne ferne steht, der nicht in ihr gefunden wird. Derjenige wird Gott nicht zum Vater haben, der die Kirche nicht zur Mutter haben will, und es ist für ihn ohne Nutzen, daß er glaubt und viel Gutes thut, wenn er das Endziel des höchsten Gutes nicht hat. Die Kirche ist die geistige Mutter und die Braut Christi, durch seine Gnade gereinigt und mit seinem kostbaren Blute ausgestattet. Sie besitzt Alles, was sie von ihrem Manne als Mitgift erhalten hat. Ich lese ihren Ehevertrag, ich will ihn laut vorlesen. Höret Häretiker, was geschrieben steht: „Christus mußte leiden und von den Todten auferstehen, und in seinem Namen mußte Buße und Vergebung der Sünden bei allen Völkern gepredigt werden.“ Alle Völker sind die ganze Welt. Die Kirche besitzt Alles, was sie von ihrem Manne als Mitgift erhielt. Jede Versammlung einer beliebigen Häresie sitzt in den Winkeln, sie ist die Concubine und nicht die Hausfrau. O arianische Ketzerei, warum bist du übermüthig, warum blasest du aus, warum massest du dir zur Zeit Vieles S. 481 an? Die Herrin wird von dir, der Magd, beleidiget; du fügst ihr viel Schmach zu; obgleich sie es beklagt, fürchtet dich die katholische Kirche, die große Braut Christi, nicht. Denn wenn der Bräutigam es bemerkt, wirst du als Magd mit deinen Söhnen hinausgeworfen werden, weil die Söhne der Magd nicht mit den Söhnen der Freien erben werden. Man erkenne die eine, heilige und wahre Königin, die katholische Kirche an, weil ihr Christus ein solches Reich verliehen hat, und weil er sie über die ganze Erde verbreitet, sie von jeder Makel und Runzel reiniget und sie durch seine Ankunft ganz schön gemacht hat.