Dominici gregis custodiae (Wortlaut)
Dominici gregis custodiae |
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von Papst
Pius IV.
von den durch den heiligen Kirchenrat des Conciliums von Trient dafür erwählten Vätern entworfen und von
Zehn Regeln über die verbotenen Bücher
(Quelle: Das heilige allgültige und allgemeine Concilium von Trient, Beschlüsse und heil. Canones nebst den betreffenden Bullen treu übersetzt von Jodoc Egli; Verlag Xaver Meyer Luzern 1832 [2. Auflage], S. 356-363; Empfehlung des Bischofs von Basel Joseph Anton, Solothurn, den 25. Hornung 1832; [in deutscher Sprache in gebrochenen Buchstaben=Fraktur abgedruckt]; Denzinger-Hünermann Nrn. 1851-1861).
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Die Bücher der Erzketzer, die vor dem Jahre 1515 entweder von den höchsten Päpsten oder von ökumenischen Konzilien verdammt und in diesem Verzeichnisse nicht enthalten sind, sollen für ebenso verdammt gehalten werden, wie sie ehmals verdammt worden sind.
Die Bücher der Erzketzer, sowohl derer, welche vor dem obengenannten Jahre Ketzereien erfanden oder erweckten, als derer, welche Häupter oder Anführer von Ketzern sind oder waren, dergleichen Luther, Zwingli, Kalvin, Balthasar Friedberg, (Pacimontanus) Schwenchfeld und dergleichen sind, wessen namens, Titels oder Vorgebens sie immer sein mögen - werden durchaus verboten. Die Bücher anderer Irrlehrer aber durchaus verdammt, wenn sie des Eigentlichen von der Religion handeln, zugelassen dagegen, wenn sie nicht von der Religion handeln und auf Befehl der Bischöfe und Inquisitoren von katholischen Gottesgelehrten geprüft und genehmigt sind. Auch die katholische geschriebenen Bücher sowohl von jenen, die nachher in Ketzereien verfielen, als von denjenigen, welche nach dem Falle wieder in den Schoß der Kirche zurückkehrten, können zugelassen werden, wofern sie von der theologischen Fakultät einer katholischen Universität oder von der allgemeinen Inquisition genehmigt sind.
Auch die Übersetzungen kirchlicher Schriften, die bis dahin von verdammten Autoren herausgegeben wurden, werden zugelassen, sofern sie nichts enthalten, was der gesunden Lehre entgegen ist. Die Übersetzungen der Bücher des Alten Bundes aber können allein, nach dem Urteil des Bischofs, gelehrten und frommen Männern erlaubt, solche Übersetzungen sollen jedoch nur als Beleuchtungen der Vulgata-Ausgabe, zum Verständnis der Heiligen Schrift, nicht aber als echter Text gebraucht werden. Allein die von den Autoren erster Klasse dieses Verzeichnisses (Siehe darüber das obenerwähnte Verzeichnis) gemachten Übersetzungen des neuen Testaments sollen niemanden erlaubt werden, weil aus ihrer Lesung für die Leser wenig Nutzen, dagegen sehr viel Gefahr zu sprossen pflegt. Falls aber mit dergleichen zugelassenen Übersetzungen oder mit der Vulgata-Ausgabe zugleich einige Anmerkungen in Umlauf gesetzt werden. So können auch sie, mit Ausstreichung der verdächtigen Stellen durch die theologische Fakultät einer katholischen Universität oder durch die allgemeine Inquisition, ebendenselben, welchen die Übersetzungen selbst, zugelassen werden. Unter diesen Bedingnissen kann frommen und gelehrten Männern auch der ganze Umfang der heiligen Schriften, der gemeinhin die Vatabelbibel genannt wird oder Theile von ihr, erlaubt, von den Bibeln des Isidors Klarius von Brixen aber sollen die Vorrede und Einleitungen weggeschnitten werden und niemand dessen Text für den Text der Vulgata-Ausgabe halten.
Da es sich aus der Erfahrung zeigt, dass, wenn die heiligen Bücher allerorts ohne Unterschied in der gemeinen Sprache zugelassen werden, von daher, wegen der Vermessenheit der Menschen, mehr Nachteil, als Nutzen entspringt. So sei es in diesem Stücke dem Urteil des Bischofs oder Inquisitors anheimgestellt, dass mit dem Rat des Pfarrers oder Beichtvaters die Lesung der von katholischen Autoren übersetzten heiligen Bücher in der gemeinen Sprache denjenigen erlaubt werden könne, von denen sie erkennen, dass sie aus dieser Lesung nicht Schaden, sondern Vermehrung des Glaubens und Frömmigkeit zu schöpfen vermögen. Diese Erlaubnis sollen dieselbigen schriftlich besitzen. Wer dagegen ohne solche Erlaubnis sich vermisst, jene zu lesen oder zu besitzen, soll die Lossprechung von den Sünden nicht erhalten können, bis er vorerst die Bibeln dem Ordinarius zugestellt hat. Die Buchhändler aber, welche jemanden, der diese Erlaubnis nicht hat, Bibeln, die in gemeiner Sprache geschrieben sind, verkaufen oder auf irgend eine andere Weise zugestehen, sollen des Bücherwertes - der von dem Bischof für fromme Zwecke zu verwenden ist - verlustig sein und nach dem Gutachten des gleichen Bischofs, je nach Beschaffenheit des Vergehens, anderen Strafen unterliegen, die Ordensgeistlichen dagegen jene nicht anders lesen oder kaufen dürfen, als nachdem sie von ihrem Prälaten die Erlaubnis dafür erhalten haben.
Jene Bücher, die bisweilen durch die Bemühung ketzerischer Autoren heraufkommen, denen diese aber nichts oder wenig eigenes besitzen, sondern darin die Aussprüche anderer sammelten - solcher Art, wie die Lexika, Konkordanzen, Denksprüche, Gleichnisse, Verzeichnisse und dergleichen sind - werden zugelassen, wofern das, was ihnen etwa der Ausreinigung Bedürftiges beigemengt ist, nach dem Rat des Bischof und Inquisitors und katholischer Gottesgelehrten zugleich gestrichen oder gebessert ist.
Die Bücher, die in gemeiner Sprache über Streitgegenstände zwischen den Katholiken und Irrlehrern unsere Zeit abhandeln, sollen nicht allerorts zugelassen, sondern rücksichtlich ihrer das Gleiche beobachtet werden, was rücksichtlich der in der gemeinen Sprache geschriebenen Bibeln verordnet ist. In Bezug auf diejenigen aber, welche über die rechte Lebens-Betrachtungs-Lebensweise und ähnliche Argumente in gemeiner Sprache geschrieben sind, ist keine Ursache da, warum sie, wenn sie eine gesunde Lehre enthalten, verboten werden sollen. Ebenfalls so auch in Bezug auf die Vorträge an das Volk, die in gemeiner Sprache gehalten wurden. Und wenn bisanhin irgend in einem Reiche oder einer Provinz einige Bücher verboten waren, weil sie einiges enthielten, dessen Lesung nicht allen ohne Unterschied frommen mag, so können auch sie, falls ihre Verfasser Katholiken und nachdem sie verbessert sind, vom Bischof und Inquisitor zugelassen werden.
Bücher, welche des Eigentlichen schlüfrige oder schändliche Dinge behandeln, erzählen oder lehren, werden durchaus verboten und wer sie hält, soll von Bischöfen nachdrücklich bestraft werden, zumal nicht nur auf den Glauben, sondern auch auf die Sitten, die durch Lesung solcher Bücher leicht verdorben zu werden pflegen, Rücksicht genommen werden muss. Die alten, von den Heiden geschriebenen dagegen werden wegen der Eleganz und Eigentümlichkeit der Sprache zugelassen, sollen aber doch auf keine Weise der Tugend vorgelesen werden.
Bücher, deren Hauptinhalt gut, denen aber mitunter doch einiges beigemischt ist, welches sich auf Irrlehre oder Gottlosigkeit, Wahrsagerei oder Aberglaube bezieht, können erlaubt werden, wenn sie mit der Autorität der Generalinquisition von katholischen Gottesgelehrten gereinigt sind. Das gleiche Urteil gelte auch auch rücksichtlich der Vorreden, Summierungen oder Anmerkungen, die von verdammten Autoren nicht verdammten Büchern beigesetzt sind; allein künftig sollen sie nicht anders, als verbessert gedruckt werden.
Alle Bücher und Schriften der Geomantie, Hydromantie, Äromantie, Pyromantie, Onomantie, Chiromantie, Nekromantie oder in welchen Sortilegien, Giftmischereien, Vogeldeutungen, Wahrsagereien, Zaubereien magischer Kunst enthalten sind, werden durchaus verworfen. Die Bischöfe aber sollen sorgsam dafür vorsorgen, dass keine Bücher, Abhandlungen, Verzeichnisse aburtheilender Sterndeuterei, welche über künftige Ereignisse, Erfolgnisse oder zufällige Fälle oder solche Handlungen, die vom menschlichen Willen abhangen, etwas, dass es gewiss geschehen werde, zu behaupten wagen, gelesen oder gehalten werden. Zugelassen dagegen werden die Beurteilungen und natürlichen Beobachtungen, welche zur Erleichterung der Schifffahrt, der Agrikultur oder der Arzneikunst geschrieben sind.
Beim Drucke der Bücher oder anderer Schriften soll dasjenige beobachtet werden, was (Siehe auch oben Sitzung 4 den Beschluss von der Herausgabe der heiligen Bücher) in den Concilium vom Lateran unter Leo X. in der 10. Sitzung verordnet wurde und deswegen, wenn in der erhabenen Stadt Rom irgend ein Buch gedruckt werden soll, dasselbe durch den Vikar des höchsten Papstes und Magister des heiligen Palastes oder andere von unserm heiligsten Herrn zu bestellende Personen, zuerst geprüft werden. An andern Orten aber soll dessen Genehmigung und Prüfung dem Bischof oder jemanden anderm, der Kunde von dem Buche oder der Schrift, die gedruckt werden soll, besitzend, vom gleichen Bischof dafür zu bestellen ist und dem Inquisitor ketzerischer Bosheit der Stadt oder Diözese, in welcher der Druck statt finden soll, zugehören und durch ihre Hand, die sie unter den in dem gleichen Beschlusse enthaltenen Strafen und Zensuren, vermittelst eigener Unterschrift, unentgeltlich und ohne Verzögerung dafür zu verwenden haben, genehmigt werden. Doch sei die Vorschrift und Bedingung beigefügt, dass ein authentisches und von der Hand des Autors unterschriebenes Exemplar des zu druckenden Buches bei dem, der es prüfet, zurück bleiben soll. Diejenigen aber, welche handschriftliche Bücher, ehe sie vorher geprüft und genehmigt sind, bekannt machen, müssen, nach dem Urteile der abgeordneten Väter, den gleichen Strafen, wie die Drucker unterworfen und jene, die sie besitzen und lesen, ohne die Verfasser anzugeben, sollen selbst für die Verfasser gehalten werden. Die Genehmigung der Bücher dieser Art dagegen selbst soll schriftlich gegeben und authentisch dem geschriebenen oder gedruckten Buche vorangesetzt werden und die Genehmigung und Prüfung und das Übrige unentgeltlich geschehen. Überdies sollen in jeglichen Städten und Diözesen die Häuser oder Orte, wo die Druckkunst ausgeübt wird und die Bibliotheken verkäuflicher Bücher von Personen, die dafür vom Bischof zu bestellen sind oder von dessen Vikar und von dem Inquisitor ketzerischer Bosheit öfters visitiert werden, auf das nichts Verbotenes, weder gedruckt, noch verkauft, noch gehalten werde. Alle Buchhändler und jegliche Verkäufer von Büchern sollen in ihren Bibliotheken ein Verzeichnis der verkäuflichen Bücher, die sie halten, mit der Unterschrift der genannten Personen besitzen und ohne Erlaubnis eben derselbigen, die dafür abzuordnen sind, unter der Strafe des Bücherverlustes und andern, nach dem Gutachten der Bischöfe oder Inquisitoren zu verhängenden Strafen, keine andere Bücher halten oder verkaufen oder auf was immer für Weise abliefern. Die Käufer aber, die Leser oder die Drucker nach dem Gutachten ebenderselben bestraft werden. Und wenn jemand was immer für Bücher in eine Stadt einbringt, so sei er gehalten, es den gleichen Abzuordnenden zu verzeigen oder falls für Ware dieser Art ein öffentlicher Ort bestimmt ist, so sollen die öffentlich Bediensteten dieses Ortes es den vorgemeldeten Personen anzeigen, dass Bücher eingebracht worden seien. Allein niemand erfreche sich, ein Buch, das er selbst oder jemand anderer in die Stadt eingebracht hat, jemanden zum Lesen zu übergeben oder auf irgend eine Weise zu veräußern oder zu leihen, ehe er es vorgewiesen und von den abzuordnenden Personen dafür die Erlaubnis erhalten hat oder wofern es nicht notorisch bekannt ist, dass es ein schon allen erlaubtes Buch sei. Das Nämliche werde auch von den Erben und Vollziehern letzter Willenserklärungen beobachtet, so dass sie die von den Hingeschiedenen zurückgelassenen Bücher oder deren Verzeichnis jenen abzuordnenden Persoenen vorlegen und von ihnen die Erlaubnis erhalten sollen, ehe sie dieselbigen gebrauchen oder auf was immer für Weise an andere Personen übertragen dürfen. Bei diesem allem und jeglichem aber soll, nach dem Gutachten ebenderselben Bischöfe oder Inquisitoren, die Strafe des Bücherverlustes oder eine andere, je nach Beschaffenheit der Widersetzlichkeit oder des Vorgehens, angeordnet werden.
Rücksichtlich derjenigen Bücher dagegen, welche die abgeordneten Väter geprüft oder gereinigt oder zur Reinigung übergeben oder unter gewissen Bedingungen wieder zu drucken erlaubt haben, sollen sowohl die Buchhändler als andere dasjenige, was bekannt ist, dass jene verordnet haben, beobachten. Doch stehe es den Bischöfen oder Generalinquisitoren frei, gemäß der Vollmacht, die sie besitzen, auch diejenigen Bücher, die nach diesen Regeln erlaubt seinen zu verbieten, wofern sie dies in ihren Reichen oder Provinzen oder Diözesen für ersprießlich erachten. - Übrigens hat der Sekretarius der abgeordneten Väter die Namen sowohl der Bücher, die von ebensenselben Abgeordneten gereinigt worden sind, als derjenigen, welchen jene diese Provinz einberaumt haben, auf Befehl unseres heiligsten Herrn schriftlich dem Notarius der heiligen allgemeinen römischen Inquisition übergeben.
Endlich aber wird allen Gläubigen befohlen, dass sich niemand erfrechen soll, gegen die Vorschrift dieser Regeln oder das Verbot dieses Verzeichnisses irgend einige Bücher zu lesen oder zu behalten. Und wenn jemand Bücher von Irrlehrern oder Schriften von was immer für einem Autor, welche wegen Ketzereien oder dem Verdachte falscher Glaubenslehre verdammt und verboten sind, liest oder behält, so verfalle er sogleich in die Verurteilung der Exkommunikation. Wer dagegen Bücher, die unter anderem Namen verboten sind, liest oder behält, der soll, nebst der Verschuldung einer schweren Sünde, mit der er sich behaftet, nach dem Urteile der Bischöfe strenge bestraft werden.