Caritas in veritate
Mit dem Incipit Caritas in veritate (dt.: Liebe in der Wahrheit) beginnt die Sozialenzyklika, die Papst Benedikt XVI. unter dem Datum vom 29. Juni 2009 zum Abschluss des Paulusjahres veröffentlicht hat. Er hebt darin besonders die bleibende Bedeutung der Enzyklika Populorum progressio hervor, die Papst Paul VI. 1967 im Kontext des II. Vatikanums publizierte. Der Papst nimmt auch Stellung zu aktuellen Sorgen der Weltwirtschaft. Generell vorsichtig im Urteil, greifen die päpstlichen Äußerungen aber auf weite Gebiete des öffentlichen und sozialen Lebens vor.
Zitat (Nr. 78): Der Humanismus, der Gott ausschließt, ist ein unmenschlicher Humanismus. Nur ein für das Absolute offener Humanismus kann uns bei der Förderung und Verwirklichung von sozialen und zivilen Lebensformen – im Bereich der Strukturen, der Einrichtungen, der Kultur, des Ethos – leiten, indem er uns vor der Gefahr bewahrt, zu Gefangenen von Moden des Augenblicks zu werden. Es ist das Wissen um die unzerstörbare Liebe Gottes, das uns in dem mühsamen und erhebenden Einsatz für die Gerechtigkeit und für die Entwicklung der Völker zwischen Erfolgen und Mißerfolgen in der unablässigen Verfolgung rechter Ordnungen für die menschlichen Angelegenheiten unterstützt. Die Liebe Gottes ruft uns zum Aussteigen aus allem, was begrenzt und nicht endgültig ist; sie macht uns Mut, weiterzuarbeiten in der Suche nach dem Wohl für alle, auch wenn es sich nicht sofort verwirklichen lässt, auch wenn das, was uns zu verwirklichen gelingt – uns und den politischen Autoritäten und Wirtschaftsfachleuten –, stets weniger ist als das, was wir anstreben. Gott gibt uns die Kraft, zu kämpfen und aus Liebe für das gemeinsame Wohl zu leiden, weil er unser Alles, unsere größte Hoffnung ist.
Vornehmlich die weniger exponierten Medien haben relativ fair berichtet. Die Nordwest-Zeitung (Osnabrück) z.B. schrieb über CiV so: "- Als einen Meilenstein in der Reihe der Sozialenzykliken der Päpste und einen wichtigen Leittext für die globalisierte Welt haben die Bischöfe von Osnabrück und Münster, Franz-Josef Bode und Felix Genn, gegenüber dieser Zeitung die Enzyklika „Caritas in veritate“ (Die Liebe in der Wahrheit) von Papst Benedikt XVI. bezeichnet, die am Dienstag in Rom vorgestellt wurde. Bischof Bode (Osnabrück) nannte sie grundsätzlich genug, um in schnell sich wandelnden Zeiten nachhaltige Wirkung zu zeigen, aber auch konkret genug, um in den derzeit brennenden Fragen gutes Gehör zu finden. Bode: „Wann und wie immer neu über Verantwortung und Werte in Politik und Wirtschaft nachgedacht wird, wird man an diesem großen Schreiben nicht mehr vorbeigehen können.“ (...) Im Telefongespräch mit dieser Zeitung bezeichnete [Bischof Genn] es als sehr wichtig, dass Papst Benedikt auf eine Arbeit von Paul VI. zurückgreife. Darin heiße es bereits, „Entwicklung ist der neue Name für Frieden“. Mit dem wichtigen Leitwort, so Genn, erhebe die Kirche ihre Stimme und mache deutlich, dass Nächstenliebe weder Romantik sei noch ausschließlich im engeren Umfeld gelte: „Die uns immer näher rückende globale Welt wird mittlerweile zu unserem Nächsten.“ Insofern sei auch die Frage nach einer wirkungsvollen Weltautorität immer wieder zu stellen. Auf ein positives Echo stieß die Enzyklika auch bei weiteren kirchlichen Vertretern sowie deutschen Politikern, während die evangelische Kirche nicht offiziell Stellung bezog, weil es „guter Brauch“ sei, sich nicht gegenseitig zu kommentieren", meinte ein EKD-Sprecher.
Wie weit in "führenden" deutschen Medien die Papstverachtung im Jahr 2009 bereits zur Pflichtübung gemacht wird, zeigt besonders drastisch der Kommentar von Daniel Deckers (FAZ: "Trauerspiel"; Link). Auch Papstkritiker Matthias Dobrinski (SZ) zieht, listig "differenziert", ein Fazit gemäß eigenem Vorurteil: "Weltfremd." Anscheinend ist man in den meisten "wichtigen" Redaktionen wenige Minuten nach der Veröffentlichung übereingekommen, das Dokument sofort abzuqualifizieren. Wie wär's denn mal mit Lesen?