Paul VI.

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Paul VI. (* 26. September 1897 in Concesio bei Brescia; † 6. August 1978 Castel Gandolfo) war von 1963 bis 1978 Papst.

Papst Paul VI. (1963)

Biographie

Priester in Kurienämtern

Paul VI. wurde als Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini am 26. September 1897 in dem kleinen Ort Concesio, nahe der norditalienischen Bischofsstadt Brescia, als Sohn des Journalisten, Verlegers und späteren Abgeordneten Giorgio Montini (1861 - 1943) und Giuditta Alghisi (1874 - 1949) geboren. Er wurde dort am 30. September 1897 getauft (dem Todestag der Hl. Therese von Lisieux). Die Erste Hl. Kommunion empfing er am 6. Juni 1907 in Brescia, bei den Schwestern vom Kinde Maria (Firmung am 21. Juni 1907), nachdem er schon im April zuvor an einer ersten Romreise teilnehmen durfte. Dabei kam es in einer Audienz für die Familie zu einer Begegnung des Jungen mit dem Hl. Papst Pius X. G.B. Montini hatte zwei Brüder, Ludovico (1896-1990, Jurist, Senator) und Francesco (1900-1971, Arzt). Nach dem Abitur 1916 in Brescia besuchte er das Priesterseminar der Stadt, seiner schwachen Gesundheit wegen durfte er jedoch fast durchgehend zuhause wohnen. Bereits 1917 nahm der junge Montini mit seinem Vater an einer Audienz bei Benedikt XV. teil und begegnete bei dieser Gelegenheit auch Achille Ratti, dem späteren Pius XI. Bischof Giacinto Gaggia von Brescia erteilte Montini am 29. Mai 1920 in der Kathedrale die Priesterweihe.

Anschließend führte Montini seine Studien in Mailand fort, wo er im selben Jahr zum Doktor des Kirchenrechtes promovierte. Im November 1920 wechselte er nach Rom, wo er sich an der Gregoriana und der staatlichen Universität immatrikulierte. Im Jahr darauf besuchte Montini die päpstliche Diplomatenakademie, worauf eine steile Kirchenlaufbahn begann.

Im Mai 1923 wurde Montini für einige Monate als Beigeordneter an die Apostolische Nuntiatur in Warschau entsandt. Nach seiner gesundheitsbedingt frühen Rückkehr nach Rom holte ihn Substitut Mons. Giuseppe Pizzardo im Oktober 1924 in das päpstliche Staatssekretariat. Zugleich übernahm Montini die Funktion des geistlichen Assistenten der katholischen Studenten (FUCI) in Rom, von 1925 bis 1933 auch auf nationaler Ebene. Pizzardo, der zukünftige Kardinal, förderte den jungen Montini in den Folgejahren konsequent. Im Staatssekretariat lernte Montini auch Domenico Tardini kennen, dessen Lebensweg über lange Zeit parallel zu seinem eigenen verlaufen sollte. Nach Abschluss weiterer theologischer Studien lehrte Montini seit 1931 auch als Dozent für Geschichte an der päpstlichen Diplomatenakademie.

Schon 1925 wurde Montini zum Minutanten, also leitenden Beamten, im Staatssekretariat befördert. Papst Pius XI. ernannte ihn am 13. September 1937 zum Substituten im Staatssekretariat. Damit war er Stellvertreter des Kardinalstaatssekretärs Eugenio Pacelli, der zwei Jahre darauf unter dem Namen Pius XII. neuer Papst wurde. Zeitgleich mit Montinis Beförderung wurde Mons. Tardini Sekretär für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten und damit für die römischen Außenbeziehungen zuständig, während der Substitut einem Innenminister vergleichbar ist.

Als Pacellis Nachfolger, Kardinal Luigi Maglione, 1944 starb, ernannte Pius XII. weder Montini noch Tardini zum neuen Staatssekretär, sondern übernahm diese Funktion bis 1952 selbst. Beide Prälaten beförderte er für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich jedoch am 29. November 1952 zu Pro-Staatssekretären, ohne sie jedoch in den Bischofsrang zu erheben.

Endlich Bischof

Schließlich ernannte Pius XII. Monsignore Montini, einen seiner engsten Mitarbeiter, am 1. November 1954 als Nachfolger des Sel. Ildefonso Schuster OSB zum neuen Erzbischof von Mailand. Obwohl dieser Sitz einer der ältesten und der bedeutendste ganz Italiens ist, kam sofort die Vermutung auf, der Papst habe Montini auf Betreiben seiner Gegner in der Kurie, insbesondere der deutschen Jesuiten um Pius XII., nach bewährter vatikanischer Sitte "weg" befördert. Tatsächlich verzichtete Pius XII. in den nächsten vier Jahren auf die Kreierung neuer Kardinäle, um bewusst keinen Nachfolger zu bezeichnen. Trotzdem erhielt Erzbischof Montini beim kommenden Konklave bereits einige "Proteststimmen". Er hatte sich in Mailand mit neuen pastoralen Methoden als aufgeschlossener "Erzbischof der Arbeiter" profiliert, so dass eine Wahl zum nächsten Pontifex nicht mehr wahrscheinlich war. Glaubwürdigen Berichten des Journalisten Jean d'Hospital zufolge hat Montini die Kardinalswürde, die Pius XII. ihm 1952 antrug, nach dem Beispiel von Tardini, aus freiem Willen abgelehnt. Manche unterstellen dem Papst aber das Ziel, die Wahlchancen des päpstlichen "Kronprinzen" Giuseppe Siri von Genua zu stärken. Da sich Pius XII. über den Ernst der Situation der Kirche im klaren war, ist es jedoch eher wahrscheinlich, dass er, anders als sein Vorgänger zu seinen Gunsten, das Konklave in keinerlei Richtung vorentscheiden wollte, sondern bewusst einen Einschnitt riskierte.

Kardinal Eugène Tisserant erteilte Erzbischof Montini am 12. Dezember 1954 im Petersdom die Bischofsweihe (Wappenspruch: In nomine Domini), und am 6. Januar 1955 erfolgte die Inbesitznahme der Kathedra. Die Mailänder Jahre fanden ihren Höhepunkt in einer großen Volksmission im Jahr 1957. Im Jahr darauf starb Pius XII.; Angelo Giuseppe Roncalli, der Patriarch von Venedig, wurde Papst Johannes XXIII. In seinem ersten Konsistorium am 15. Dezember 1958 nahm er Erzbischof Montini als den ersten seiner Kardinäle in den "Senat des Papstes" auf und übertrug ihm die Titelkirche Ss. Silvestro e Martino ai Monti. Gemeinsam mit Montini erhielt auch der zum Staatssekretär ernannte Tardini den Kardinalspurpur. Noch als Erzbischof verteidigte Montini im Jahr 1963 das Andenken Pius XII. gegen die damals inszenierte Medienkampagne. (Er ehrte das Andenken desselben auch beim ersten Papstbesuch in Jerusalem 1964.)

Das Pontifikat

Wahl und Konzil

Medaille zum II. Vatikanum

Nach der ersten Sitzungsperiode, in der Montini den Konzilsplan von Kardinal Leo Suenens unterstützte, des 1962 einberufenen Zweiten Vatikanischen Ökumenischen Konzil starb Johannes XXIII. am 3. Juni 1963. Kardinal Montini ging nunmehr, auch dank zahlreicher neuer Kardinalserhebungen, als hoher Favorit in das Konklave, und am 21. Juni erfolgte seine Wahl durch 80 Wähler im 5. Wahlgang zum neuen Bischof von Rom. (Laut Philippe Levillain erhielt er 60 Stimmen.) Er wählte den Namen Paul VI., in direkter Bezugnahme auf den Völkerapostel, nach dessen Vorbild er zum ersten reisenden Papst seit Jahrhunderten wurde (siehe unten). Am 30. Juni 1963 setzte Kardinal Alfredo Ottaviani ihm auf der Piazza von St. Peter die modern gestaltete Tiara auf. Im Jahr darauf legte Papst Paul die Tiara, ein Geschenk der Mailänder Diözesanen, im November, vor Verabschiedung der Konzilskonstitution Lumen gentium, auf dem Altar der Peterskirche nieder. Sie wurde zu Gunsten der Armen vom Heiligtum der Immakulata, Washington (USA) erworben, wo sie noch heute ausgestellt ist. Er ist der letzte Pontifex, der sich hat krönen lassen, da sein Nachfolger dieses Ritual abschaffte.

Das Konzil, dessen Zielsetzung durch Johannes XXIII. er als vom Hl. Geist inspiriert ansah, setzte Paul VI. ohne Zögern fort und eröffnete am 29. September 1963 die zweite Sitzungsperiode. Während des Konzils reist der Papst ins Heilige Land und nach New York an den Sitz der Vereinten Nationen (UNO) sowie nach Bombay in Indien, um die Absichten der Bischofsversammlung durch päpstliche Gesten zu unterstreichen. Am 8. Dezember 1965 schloss er die größte Kirchenversammlung der Geschichte ab und sorgte energisch für die Umsetzung der Beschlüsse in den Alltag der Ortskirchen. Er nahm eine vorsichtig fortschrittliche Position ein. Im Verlauf des Konzils setzte er sich jedoch mehrfach für berechtigte Anliegen der konservativen Minderheit ein, insbesondere um den Charakter der katholischen Kirche als "Papstkirche" und die Autorität des geistlichen Amtes zu bewahren. Die vom Konzil 1963 in vollem Konsens gewünschte Erneuerung der Liturgie nach der Norm der Väter, unter gleichzeitiger Anpassung an die pastoralen Ziele der Kirche heute, machte sich Paul VI. zum persönlichen Anliegen, das von ihm mit größtem Nachdruck fortgesetzt und bis 1975 vorläufig vollendet wurde (vgl. insb. das Missale Romanum 1970).

Lehramt

Paul VI. veröffentlichte sieben Enzykliken: "Ecclesiam Suam" (1964), "Mense maio" und "Mysterium fidei" (1965), "Christi matri rosarii" (1966), "Populorum progressio" und "Sacerdotalis coelibatus" (1967), und, als letzte und am meisten diskutierte, "Humanae vitae" (1968). Während die beiden marianischen Rundbriefe von 1965 und 1966 die Marienverehrung im Mai und im Oktober (für den Frieden der Welt) betonen, widmen sich die fünf weiteren Lehrschreiben allesamt thematischen Komplexen, die vom Konzil nicht mit dieser Detailgenauigkeit bearbeitet werden konnten. Priesterzölibat und Ehelehre hatte sich der Papst vorbehalten. Mit Ecclesiam suam und Populorum progressio sind zwei katholische Programmschriften konzilsgemäß "ad intra" und "ad extra" formuliert, deren Tragweite bis heute noch nicht wirklich rezipiert zu sein scheint. Die nachkonziliare Krise wäre milder verlaufen, hätten manche Konzilstheologen, Bischöfe und Kleriker wenigstens der Antrittsenzyklika von 1964 den geschuldeten Gehorsam konsequenter erwiesen. Zum Abschluss des Glaubensjahres (anno della fede; 1967/68 zur Feier der 1900. kalendarischen Wiederkehr des Martyriums Petri und Pauli) am 30. Juni 1968 sprach der Papst das Credo des Gottesvolkes.

Die flammende Kritik an "Humanae vitae" (z.B. auf dem Katholikentag in Essen 1968) legte bald darauf den versteckten Dissens offen, dass weite Teile des Katholizismus im Westen und Norden, vielleicht schon seit den 1950-er Jahren, keinerlei päpstliche Weisung mehr für ihre Lebensgestaltung akzeptieren wollten. Wobei es dem Lehramt in der offenen Gesellschaft nicht um autoritäre Kontrolle individueller Lebensstile gehen kann. Sondern das Amt kämpft um die Wahrheit, um dem Leben in Freiheit und Gerechtigkeit zu dienen. Der Papst konnte aus seiner Sicht also nicht akzeptieren, dass er zukünftig zwar "soziale Sünden" anprangern, das Eheleben aber privater Beliebigkeit überlassen sollte: Kein Papst vermutet, dass seine Mahnungen die Sünde ausrotten können, aber er darf sie beim Namen nennen. Die weitere demographische Entwicklung in den Wohlstandsregionen scheint Paul VI. darin jedenfalls Recht zu geben, dass es naturgemäß für die Weitergabe des Lebens offensichtlich nicht genügt, sich zwar allgemein für Kinder "offen" zu erklären, aber sich im einzelnen ehelichen Akt anders zu verhalten. Dass es Paul VI. dabei um das Gesamtbild christlicher Liebe und Ehe ging, nicht nur um "repressive Sexualmoral", das hat Johannes Paul II. eindrucksvoll weiter fortgeführt.

Aus späterer Zeit sind einige Apostolische Schreiben zu nennen, insbesondere Octogesima adveniens zur Soziallehre (das eine legitime Pluralität politischer Meinungen in der Kirche gutheißt) von 1971, sowie das zum Heiligen Jahr erschienene Schreiben Gaudete in Domino von 1975. Es ist die erste und bislang einzige päpstliche Lehräußerung über die christliche Freude. Angesichts der konfliktreichen Ära rief es Verwunderung hervor, wurde aber kaum rezipiert. Von großer Wichtigkeit ist das (erste postsynodale) Lehrschreiben, gleichfalls von 1975, Evangelii nuntiandi, dem der Papst wohl bewusst kein weiteres Lehrwerk mehr nachschickte. Es ist sein, gleichfalls noch wenig verarbeitetes "Testament".

Reisen

Papst und Patriarch in Jerusalem (1964)

Nachdem Johannes XXIII. eine erste Reise innerhalb Italiens unternommen hatte (nach Assisi und Loreto), führte Papst Paul diese Seelsorgepraxis weiter und unternahm als erster Papst seit dem Untergang des Kirchenstaates 1870 auch Auslandsreisen. Sie führten ihn noch während des II. Vatikanum in das Heilige Land (1964; Amman, Bethanien, Jerusalem, Bireh, Ta Anach, Megiddo, Nazareth, Kanaa, Tabgha, See Genezareth, Kapharnaum, Berg der Seligpreisungen, Tabor, Bethlehem), in den Libanon und nach Indien (1964; Beirut, Bombay) und zur UNO-Hauptversammlung nach New York (4. Oktober 1965; siehe: UNO-Ansprache des Papstes). Es folgten Reisen nach Fatima (1967), in die Türkei (1967; Istanbul, Izmir, Ephesos), nach Kolumbien und auf die Bermudas (1968; Bogotá, Hamilton), in die Schweiz (1969; Genf), nach Uganda (1969; Entebbe, Kampala, Namunongo) und nach Fernost (1970; Teheran, Dacca, Colombo, Manila, Pago Pago, Apia, Sydney, Djakarta, schließlich Hong Kong). Er soll zu seinem Sekretär Pasquale Macchi gesagt haben: Man werde sehen, wieviele Reisen erst sein Nachfolger unternehmen werde. (Vedrete, il mio successore, quanti viaggi farà. Zit. nach J.M. Mayeur.)

Seine bedeutendste Reise war ohne Zweifel die erste. In Jerusalem traf er sich mit Athenagoras, dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. In einer historischen Geste hoben die Oberhäupter der katholischen und der orthodoxen Christen das gegenseitige Anathema des Jahres 1054 auf und begannen so erste Schritte des ökumenischen Dialogs, der beim Papstbesuch im Fanar 1967 fortgesetzt wurde.

Reformen

mit Karol Wojtyla

Innerkirchlich setzte Paul VI. in enormem Tempo zahlreiche Reformen um, deren Umfang die Kirche auf die epochal neue Weltlage im 20. Jahrhundert und so für das III. Jahrtausend ausrichten soll. So strukturierte er die päpstliche Kurie neu, indem er bereits 1964 das Sekretariat für die Nichtchristen errichtete und 1965 das Heilige Offizium in die Heilige Kongregation für die Glaubenslehre umwandelte, deren Vorsitz er an den Kardinalpräfekten Ottaviani abgab (bis 1968 im Amt). Schließlich begründete er 1965 das Sekretariat für die Nichtglaubenden und, vor allem, als Konsequenz des Konzils und síchtbares Zeichen der Kollegialität der Bischöfe, die Bischofssynode, die 1967 zum ersten Mal zusamentrat, um die unerwartet heftige nachkonziliare Krise zu erörtern. Auch 1967 folgte die Einrichtung des Päpstlichen Rates für die Laien und der Päpstlichen Kommission "Iustitia et Pax". In demselben Jahr schaffte der Papst überdies zahlreiche rein zeremonielle Funktionen und Ehrenämter ab, die nur sehr wenige nostalgisch vermissen.

Innerhalb des Kardinalkollegiums erweiterte Paul VI. die bereits von Johannes XXIII. überschrittene Höchstzahl von 70 Papstwählern (seit Sixtus V.) auf 120, schloss jedoch die über 80-jährigen von der Mitgliedschaft in den Dikasterien der Kurie und vom Recht zur Papstwahl aus. Dieser Schritt wurde von den Betroffenen als Maßnahme zur Entmachtung aufgefasst, insbesondere seitens des einflussreichen Kardinaldekans Eugène Tisserant. Für Bischöfe führte Paul die Altersgrenze von 75 Jahren ein, bei deren Erreichen sie dem Heiligen Stuhl ihre Demission einzureichen haben. Altbischöfen wird seit 1970 kein Titularsitz mehr übertragen, sondern sie führen ihren bisherigen Titel als Emeriti fort.

Der Ausklang

Papst Paul mit Patriarch Luciani (1972, Venedig)

Im Jahr 1975 feierte der bereits gesundheitlich angeschlagene Papst das Heilige Jahr, das der innerkirchlichen Versöhnung gewidmet war. Mit ca. 11 Mio. Besuchern war dieses das bislang meistbesuchte Heilige Jahr der Kirchengeschichte (2000: 20 Mio.). Im Folgejahr 1976 suspendierte der Papst den ihm persönlich seit langen Jahren bekannten traditionalistischen Erzbischof Marcel Lefebvre vom Priester- und Bischofsamt auf Grund unerlaubter Priesterweihen. Im Sommer 1977 kreierte er seine letzten vier Kardinäle, darunter seinen langjährigen Substituten im Staatssekretariat, den Erzbischof von Florenz Giovanni Benelli und den späteren Nachfolger Joseph Ratzinger (Benedikt XVI.). Ein Jahr später, als Italien vom Terror der Roten Brigaden erschüttert wurde, setzte der Papst sich vergeblich für das Leben des entführten und mit ihm befreundeten Spitzenpolitikers Aldo Moro ein. Starke Beachtung fand sein Gebet für den ermordeten Moro anlässlich einer Gedenkmesse in S. Giovanni in Laterano am 13. Mai 1978.

Am 6. August 1978 starb Paul VI. auf Castel Gandolfo an den Folgen einer Herzattacke. Er wurde am 12. August in der Krypta von St. Peter in einem Erdgrab beigesetzt. Zu seinem Nachfolger wählten die 111 im Konklave versammelten Kardinäle Albino Luciani, den Patriarchen von Venedig, der den Namen Johannes Paul I. annahm.

Würdigung

Während "der gute Papst" Johannes, sein Vorgänger, mehr aber noch der große Nachfolger Johannes Paul II. in der katholischen Welt weithin populär und geachtet sind, wird die Amtsführung des zweiten Konzilspapstes Montini von Konservativen wie Liberalen als inkonsequent kritisiert. Die Bedeutung seiner Entscheidungen wird aber allmählich entdeckt, zumal die große Leistung des Wojtyla-Pontifikats, von einigen Korrekturen abgesehen, voll und ganz die programmatische Linie Pauls VI. verfolgte und diese eigentlich erst zum Erfolg führte. Nicht Johannes XXIII., der in Theologie und Frömmigkeit ganz dem 19. Jahrhundert angehört, sondern Giovanni Battista Montini markiert den Übergang von den bedeutenden Pius-Päpsten zu den nachkonziliaren Päpsten.

Johannes Paul II. über Paul VI.

"..das Bewusstsein der Kirche [muss sich] mit einer weltweiten Öffnung verbinden, damit alle in ihr »den unergründlichen Reichtum Christi« finden können, von dem der Völkerapostel spricht. Diese Öffnung, die vom Bewusstsein der eigenen Natur und von der Gewissheit der eigenen Wahrheit getragen und begleitet ist, von der Christus gesagt hat: »es ist nicht meine, sondern die des Vaters, der mich gesandt hat«, bestimmt den apostolischen, das heißt missionarischen Dynamismus der Kirche, wobei sie unverkürzt die ganze Wahrheit bekennt und verkündet, die ihr von Christus überliefert worden ist. Gleichzeitig muss sie jenen Dialog führen, den Paul VI. in seiner Enzyklika Ecclesiam Suam einen »Heilsdialog« genannt und dabei die einzelnen Bereiche genau unterschieden hat, in denen er geführt werden soll. Während ich mich heute auf dieses programmatische Dokument des Pontifikates Paul VI. beziehe, höre ich nicht auf, Gott dafür zu danken, dass dieser mein großer Vorgänger und zugleich wahre Vater es verstanden hat - trotz der verschiedenen internen Schwächen, die die Kirche in der nachkonziliaren Periode befallen haben, ihr wahres Antlitz »ad extra«, nach außen hin, darzustellen. Auf diese Weise ist auch ein großer Teil der Menschheitsfamilie, so meine ich, in den verschiedenen vielschichtigen Lebensbereichen sich dessen bewusster geworden, wie notwendig für sie die Kirche Christi, ihre Sendung und ihr Dienst wirklich sind. Dieses Bewusstsein hat sich mitunter als stärker erwiesen als die verschiedenen kritischen Einstellungen, mit denen man die Kirche, ihre Institutionen und Strukturen, die Männer der Kirche und ihre Tätigkeit »ab intra«, von innen her, angegriffen hat.
Diese wachsende Kritik hat zweifellos verschiedene Gründe; andererseits sind wir sicher, dass sie nicht immer ohne echte Liebe zur Kirche erfolgt ist. Gewiss hat sich unter anderem darin auch die Tendenz gezeigt, den sogenannten Triumphalismus zu überwinden, von dem während des Konzils so oft die Rede war. Wenn es richtig ist, dass die Kirche, indem sie dem Beispiel ihres Meisters folgt, der »demütig von Herzen« war, auch selbst in der Demut begründet ist, die allem gegenüber, was ihre Eigenart und ihr menschliches Wirken betrifft, eine kritische Haltung bewahrt und an sich selbst immer hohe Ansprüche stellt, so muss ebenso auch die Kritik ihre angemessenen Grenzen haben. Andernfalls hört sie auf, konstruktiv zu sein, offenbart sie nicht mehr die Wahrheit, die Liebe und Dankbarkeit für die Gnade, deren wir hauptsächlich und in vollem Maße in der Kirche und durch die Kirche teilhaftig werden. Ferner bringt sie nicht die Haltung des Dienens zum Ausdruck, sondern den Willen, die Meinung der anderen nach der eigenen Meinung zu dirigieren, die man mitunter noch auf allzu unbedachte Weise verbreitet.
Wir schulden Paul VI. Dank, weil er jedes Körnchen Wahrheit, das sich in jeder Meinung findet, geachtet und zugleich die providenzielle Ausgeglichenheit des Steuermanns des Schiffes bewahrt hat. Die Kirche, die mir - über Johannes Paul I. - fast unmittelbar danach anvertraut worden ist, ist gewiss nicht frei von Schwierigkeiten und internen Spannungen. Zur gleichen Zeit aber ist sie im Innern mehr gefestigt gegen Übertreibungen der Selbstkritik: man könnte sagen, dass sie kritischer ist gegenüber den verschiedenen unbesonnenen Kritiken, widerstandsfähiger hinsichtlich der verschiedenen »Neuheiten«, reifer im Geist der Unterscheidung, besser ausgerüstet, um aus dem bleibenden Schatz »Neues und Altes« hervorzuholen, mehr konzentriert auf ihr eigenes Geheimnis und darum verfügbarer für ihre Sendung zum Heil aller: Gott »will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen«."

Vgl.: Enz. Redemptor hominis, 1979, Nr. 4.


Benedikt XVI. über Paul VI.

Im Blick auf den 30. Todestag des Vorgängers formulierte Papst Benedikt beim Angelus in Brixen am 3. August 2008 auf Italienisch einen Dank, dass die göttliche Vorsehung Paul VI. berufen und befähigt habe, zu der fast übermenschlichen Leistung, die das Pontifikat auszeichne.

"Liebe Freunde, ich lade euch nun ein, zusammen mit mir in kindlicher Ehrerbietung des Dieners Gottes Papst Paul VI. zu gedenken, dessen 30. Todestag wir in wenigen Tagen begehen werden. Es war am Abend des 6. August 1978, als sein Geist zu Gott heimkehrte; am Abend des Festes der Verklärung des Herrn, Geheimnis des göttlichen Lichtes, das von je her eine einzigartige Faszination auf seine Seele ausgeübt hatte. Als oberster Hirte der Kirche führte Paul VI. das Volk Gottes hin zur Betrachtung des Antlitzes Christi, des Erlösers des Menschen und Herrn der Geschichte. Und gerade die liebevolle Hinführung des Geistes und des Herzens zu Christus war einer der Angelpunkte des Zweiten Vatikanischen Konzils, eine grundlegende Haltung, die mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. übernommen und im Jubeljahr 2000 mit neuem Leben erfüllt hat. Im Mittelpunkt von allem steht immer Christus allein: im Mittelpunkt der Heiligen Schrift und der Tradition, im Herzen der Kirche, der Welt und des ganzen Universums. [Und dann wörtlich:]

La Divina Provvidenza chiamò Giovanni Battista Montini dalla Cattedra di Milano a quella di Roma nel momento più delicato del Concilio – quando l’intuizione del beato Giovanni XXIII rischiava di non prendere forma. Come non ringraziare il Signore per la sua feconda e coraggiosa azione pastorale? Ma mano che il nostro sguardo sul passato si fa più largo e consapevole, appare sempre più grande, direi quasi sovrumano, il merito di Paolo VI nel presiedere l’Assise conciliare, nel condurla felicemente a termine e nel governare la movimentata fase del post-Concilio. Potremmo veramente dire, con l’apostolo Paolo, che la grazia di Dio in lui “non è stata vana” (cfr 1 Cor 15,10): ha valorizzato le sue spiccate doti di intelligenza e il suo amore appassionato alla Chiesa ed all’uomo. Mentre rendiamo grazie a Dio per il dono di questo grande Papa, ci impegniamo a far tesoro dei suoi insegnamenti."

[Übersetzung: "Die göttliche Vorsehung rief Johann Baptist Montini von der Kathedra zu Milano auf die von Rom im zerbrechlichsten Moment des Konzils, als die Eingebung des Sel. Johannes XXIII. gefährdet war, keine Form anzunehmen. Wie nicht dem Herrn danken für seine fruchtbare und mutige Hirtentat? Je mehr und mehr aber unser Blick auf die Vergangenheit weiter und bewusster wird, erscheint er immer größer, sagen wir: fast übermenschlich, der Verdienst von Paul VI. darin, der konziliaren Versammlung vorzustehen, sie glücklich zum Abschluss zu bringen und die bewegte Phase nach dem Konzil zu leiten. Wir können wahrhaftig sagen, mit dem Apostel Paulus, dass die Gnade Gottes in ihm "nicht vergebens blieb" (vgl. 1 Kor 15,10): sie hat seine reichen Gaben der Intelligenz und seine leidenschaftliche Liebe zur Kirche und zum Menschen gewürdigt. Während wir Gott für das Geschenk dieses großen Papstes danken, verpflichtet uns das, den Schatz seiner Lehren zu nutzen."]

Die wichtigsten Dokumente

"Credo des Gottesvolkes" 30. Juni 1968

Die wichtigen Dokumente des Pontifikats Paul VI. nennt Papst Johannes Paul II. in seiner ersten Enzyklika Redemptor hominis (Anmerkung 14) von denen Papst Paul selbst einige in der Ansprache während der Messe zum 15. Krönungsjubiläum, am Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus im Jahre 1978 erwähnt hat, darunter besonders das Credo des Gottesvolkes.

  • 25. Juli 1968 Enzyklika Humanae vitae über den christlichen Sinn der Ehe und Familie und die rechte Ordnung der Weitergabe des Lebens (oft genannt: Pillen-Enzyklika).
  • 8. Dezember 1975 Nachsynodales Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi zur III. Ordentlichen Generalversammlung der Weltbischofsynode (vom 27.9.-26.10.1974) über die erneuerte Evangelisation in der Welt von heute.

Die Schreiben des Papstes werden in der Liste von Lehramtstexten gesammelt. Das Leben und Wirken des Papstes wird vom Istituto Paolo VI in Brescia wissenschaftlich erforscht.

Weitere Dokumente

Literatur

  • Andrea Lazzarini, Papst Paul VI. Sein Leben und seine Gestalt, (Herder) Freiburg u.a. 1964.
  • Georg Huber, Paul VI, (Bonifacius) Paderborn 1964.
  • Corrado Pallenberg, Paul VI. Schlüsselgestalt eines neuen Papsttums, (List) München 1965.
  • Jean Guitton, Dialog mit Paul VI., (Molden) Wien u.a. 1967.
  • Papst Paul VI., Christus und der Mensch von heute, (Molden) Wien u.a. 1968.
  • Jean d'Hospital, Drei Päpste. Pius XII., Johannes XXIII. und Paul VI., Wien-Hamburg 1971.
  • Nello Vian, Anni e opere di Paolo VI, Rom 1978.
  • Gustl Kernmayr, Papst Paul VI. Das Abenteuer seiner Jugend, (Franz Schneider) München-Wien 2. Aufl. 1978.
  • Paul VI. et la modernité dans l'église (= Collection de l'École française de Rome, Bd. 72), Rom 1984.
  • Luitpold A. Dorn, Paul VI. Der einsame Reformer, (Styria) Graz u.a. 1989.
  • Con Paolo VI verso il giubileo del 2000, Libreria Editrice Vaticana 1997.
  • Paolo VI. Tutti i principali documenti. Latino-italiano (collectio vaticana Bd. 5), Libreria Editrice Vaticana 2002.
  • Hermann-Josef Pottmeyer (Hg.), Paul VI. und Deutschland (Pubblicazioni dell'Istituto Paolo VI, Bd. 27); Brescia 2006.
  • Kardinal Carlo Maria Martini, Paolo VI “uomo spirituale” (= No. 27 der «Quaderni dell’Istituto Paolo VI - Brescia; Edizioni Studium), Rom 2008.

Weblinks

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Vorgänger
Johannes XXIII.
Papst
1963 - 1978
Nachfolger
Johannes Paul I.