Protestantismus

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Protestantismus (urspr. von pro testatio, Zeugnis für (das Evangelium)) ist der Oberbegriff für das nichtorthodoxe, mehr oder weniger papstfeindliche Christentum. Der Protestantismus umfasst Staatskirchen und ehem. Staatskirchen (Kirche von England, EKD) sowie, im weiteren Sinn, auch die Freikirchen, die von ersteren als Sekten gebrandmarkt und verfolgt wurden. Der ursprüngliche Protestantismus hat nichts mit der Idee der Religionsfreiheit gemeinsam, denn idealtypisch sollte allein das Evangelium die Herzen der Menschen regieren. Der Zerfall in Tausende von Konfessionen (davon ca. 200 von relevanter Größe) ist jedoch mit der Preisgabe des kirchlichen Amtes schon dem Anfang der Reformation 1517 innewohnend gewesen. Diese Tragödie wird nur nachträglich als Ausdruck der "Freiheit des Christenmenschen" interpretiert. Ursprünglich meinte diese Freiheit nichts anders als die totale Unterwerfung der Religion unter die Landesherren, was sie aber angeblich von der "Hure Babylon" (=Rom) "befreite".

Dieser "Altprotestantismus" (ca.1555-1789) hat die unter Einfluss der Aufklärung stehende deutsche Exegese der Bibel nie verwunden und ist, bis auf geringfügige Reste, im 19. Jahrhundert untergegangen. Da die staatskirchlichen Strukturen aber den späteren Untergang der deutschen Fürstentümer im Jahr 1918 überlebt hatten, wurde "evangelischer" Predigtinhalt nunmehr, in moralisierender Kontemplation, der "neue Staat" (zeitweilig so auch der Nationalsozialismus, seither wahlweise Liberalismus oder Sozialismus) bzw. das Christsein nach Maßgabe der "Gegenwart". Dagegen protestierte wiederum seit 1933 die bekennende Kirche, in deren Tradition sich heutige "Kirchenoffizielle" wie u.a. Wolfgang Huber gern sehen, nicht immer zu Unrecht.

Im internationalen Kontext ist das helvetische Bekenntnis (der Calvinismus), neben den Freikirchen, bedeutender als das Luthertum, dessen Einflussbereich kaum über die deutsch-skandinavischen Gebiete hinausreicht (abgesehen von einigen Missionen und kleinen Gemeinden in Amerika). Dieser "deutsche Sonderweg" nimmt sich im ökumenischen Dialog sehr wichtig, wie es für den deutschen Nationalismus typisch ist. Religiös darf im Protestantismus inzwischen nahezu jede Lehre vertreten werden, die mithilfe irgendeiner Interpretation an Bibelzitate anzuknüpfen vorgibt. "Gestrichen" aus der Bibel wurde jedoch Mt. 16,18 und die Funktion des Hl. Petrus in den Evangelien und der Apostelgeschichte, da diese Texte das Papsttum stützen. Denn: "Wir sind nicht Papst" (W. Huber, Berlin).

Wie zu Beginn des Protestantismus besteht dort auch heute und vermutlich in Zukunft der einzige Konsens darin, die Ablehnung des im Kollegium der Bischöfe verbindlich und supranational handelnden Petrusnachfolgers als "vom Evangelium" gefordert zu behaupten. "Was" das Evangelium positiv fordert, darüber gibt dann fast jeder leitende protestantische Kirchenpolitiker eine andere Auslegung ab; im Zweifel argumentiert man "christlich" zugunsten der Staatsraison. Die Freikirchen verzichten jedoch weitestgehend auf eine öffentlich wirksame Funktion der Religion und rekrutieren ihre Anhängerschaft nach elitären Kriterien (z.B. mühselige Unterrichtung vor der Erwachsenentaufe), die mit dem Missionsauftrag der Kirche nur scheinbar vereinbar sind. Seitdem der Katholizismus seine Position zur Religionsfreiheit (vgl. Dignitatis humanae, 1965) neu akzentuiert hat, ergeben sich mehr und mehr ökumenische Kooperationsmöglichkeiten zwischen frommen Katholiken und frommen "Freikirchlern". Zwischen diesen beiden "Flügeln" des Christentums verlieren die protestanischen Großorganisationen zunehmend an Bedeutung, insbesondere in Europa.