Pius XI.
Papst Pius XI. (*31. Mai 1857 in Desio bei Mailand, Italien † 10. Februar 1939 im Vatikan)
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Biographie
Papst Pius XI. wurde als Achille Ratti geboren, damals im österreichisch regierten Königreich Lombardo-Venetien gelegen. Als vierter Sohn der gut bürgerlichen Eheleute Francesco und Teresa Ratti (geb. Galli di Saronno) wurde er am 1. Juni 1857 auf die Namen Ambrosius Damian Achill getauft. Die Priesterweihe erfolgte am 20. Dezember 1879 in Rom, wo er in der Kirche S. Carlo al Corso die Primizmesse feierte. Nach Studien an der Sapienza, der Gregoriana und der Akadamie S. Tommaso in Rom dreifach promoviert (1881 Dr. jur.can., 1882 Dr. theol. / Dr. phil.), wurde Ratti vor der Heimkehr als Professor (1882 an das Große Seminar nach Mailand) von Papst Leo XIII. in Privataudienz empfangen. Seit 1888 dort als Mitarbeiter tätig, war der Gelehrte 1907 zum Präfekten der berühmten Ambrosianischen Bibliothek zu Mailand bestellt worden, bevor ihn Papst Pius X. 1911 nach Rom berief. Hier trat er 1914 die Nachfolge des Präfekten der Apostolischen Vatikanischen Bibliothek, des Jesuiten Franz Ehrle an. Überraschend betraute ihn Papst Benedikt XV. im Jahr 1918 mit einer besonders schwierigen diplomatischen Mission: als Visitator und seit 1919 als Nuntius im neu erstandenen Staat Polen (mit zusätzlichen Aufgaben in Litauen und Russland). Ratti wurde am 28. Oktober 1919, als Titularerzbischof von Lepanto, in Warschau zum Bischof geweiht. Nach der erforderlich gewordenen Rückkehr nach Rom wurde er 1921 zum Erzbischof von Mailand erhoben und alsbald am 15. Juni 1921 zum Kardinal ernannt (Titelkirche: Ss. Silvestre e Martino ai monti).
Pontifikat
Nur wenige Monate nach der Kardinalserhebung Rattis starb der Friedenspapst Benedikt XV. am 22. Januar 1922 plötzlich an einer Lungenentzündung, nach einem nur 7-jährigen Pontifikat. Das langwierige Konklave mit 53 Kardinälen entschied erst im 14. Wahlgang am 6. Februar 1922 für Ratti, als Kompromisskandidaten zwischen "Politikern" und "Eiferern". Weder Kardinal Maffi noch Kardinal Gasparri konnten genügend konservative Kardinäle überzeugen, die Merry del Val favorisierten. Der neue Papst erreichte, den Aufzeichnungen des Kardinals La Fontaine (Venedig) zufolge, schließlich 48 Stimmen. Er nahm den Namen Pius XI. an. In Erinnerung an die großen Vorgänger dieses Namens sagte er: "Pius bedeutet Frieden". Als erster Papst seit dem Verlust des Kirchenstaates 1870 trat der Neugewählte auf die Außenloggia des Petersdoms, um urbi et orbi den Segen zu erteilen. Drei Vorgänger hatten den ersten Segen nur im Innern der Basilika erteilt, um so gegen das Königreich Italien zu protestieren. Die Krönung mit der Tiara erfolgte am 12. Februar 1922 in der Petersbasilika. Pius XI. bestätigte den moderaten Kardinalstaatssekretär seines Vorgängers, Pietro Gasparri, den Mitschöpfer der Kodifikation des Kirchenrechts von 1917, sofort im Amt.
Schon in der Antrittsenzyklika vom 23. Dezember 1922 bekannte sich der Papst dazu, das Werk beider Vorgänger, die er beide lange persönlich kannte und verehrte, fortzusetzen unter dem Leitwort "Pax Christi in regno Christi". Pius XI. entfaltete eine rastlose Aktivität sowohl auf politischem Gebiet ("Konkordatsära") als auch in pastoraler Hinsicht. Sein Regierungsstil war offen autoritär, sein persönliches Auftreten unkompliziert und privat anspruchslos. Er hielt gern frei formulierte Ansprachen vor den zu Generalaudienzen versammelten Rompilgern, auch auf Deutsch. Den Gedanken, das I. Vatikanum, das 1870 abgebrochen wurde, wieder einzuberufen, verwarf er jedoch angesichts der Zeitumstände. Pius XI. verfasste 30 bedeutende Enzykliken und führte im Hl. Jahr 1925, das fast 900.000 Pilger nach Rom brachte, das Christkönigsfest ein. (Es folgte 1929 ein außerordentliches Jubiläum anläßlich seines Priesterjubiläums und der Lateranverträge, 1933-34 überdies ein außerordentliches Heiliges Jahr der Erlösung zum Gedenken an die 1900. kalendarische Wiederkehr des Ostertages.) Unbeirrt hielt Pius XI. daran fest, dass sich die katholische Religion vor allen anderen Konfessionen und Religionen dadurch auszeichnet, dass sie, im Bewusstsein ihres geistlichen Ziels, zugleich einen öffentlichen Anspruch in der zeitlichen Ordnung vertritt. Aus dieser Position musste Pius XI. zeitweilig zugleich gegen autoritäre und totalitäre Übergriffe gegen die Kirche in Mexiko, Rußland, Spanien, Italien, Deutschland und Österreich antreten. Energisch kämpfte er auch gegen die totalitäre Versuchung in Gestalt der Action francaise in Frankreich, deren politische Ideologie bereits Papst Pius X. 1914 verurteilt hatte. Die kriegsbedingt aufgeschobene Publikation dieser Verurteilung in modifizierter Form ordnete Pius XI. dann Ende 1926 an, was den frz. Katholizismus in starke Loyalitätskonflikte stürzte, aus denen das Papsttum jedoch gestärkt hervorging.
In der Weiterentwicklung der katholischen Soziallehre führte der Papst neue Ansätze durch, deren Aufnahme in politische Programme jedoch in den stürmischen und kriegerischen Zeiten generell fehlschlug. Pius XI. aktivierte die Missionen und den diplomatischen Wirkungskreis des Papsttums. (Er entsandte u.a.den späteren Johannes XXIII., den er lange persönlich kannte, auf schwierige Außenposten.) Er vollzog etliche Selig- und Heiligsprechungen (u.a. der Hl. Therese von Lisieux, die er den "Stern meines Pontifikats" nannte).
Pius XI. leistete den Verzicht auf den Kirchenstaat, indem er mit dem Königreich Italien 1929 die Lateranverträge abschloß. Somit wurde er zum Gründer des Vatikanstaates, der bewusst nur ein Minimum an staatlicher Eigenexistenz darstellen soll, damit das Papsttum künftig nicht als Teilnehmer weltlicher Politik wahrgenommen werden kann. Er kümmerte sich als Bauherr persönlich um die Ausgestaltung "seines" Ministaates, bis ins Detail, gründete auch Radio Vatikan und schuf die heutige Gestalt des päpstlichen Sommersitzes Castel Gandolfo. Die Doppelrolle des Papstes als universales Kirchenoberhaupt und Monarch des Kirchenstaates hatte auch die Zeit von 1815 bis 1870 belastet, ohne dass die Päpste vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 zu einer geeigneten supranationalen Lösung finden konnten. Nach längerer Krankheit starb der Papst am 10. Februar 1939 plötzlich im Vatikan, am Vorabend der Zehnjahresfeier des Vertragswerks der Aussöhnung. Bei seinem Ableben galt der kämpferische "Christkönigs"-Papst als eine der eindrucksvollsten Persönlichkeiten der gesamten Papstgeschichte. Die weltweite Anteilnahme an seinem Tod kannte bis dahin kein Vorbild.
Seine Ökumenischen Bestrebungen
Papst Pius XI. hatte Pläne, Teile der orthodoxen Kirche mit Rom wiederzuvereinen. Zu diesem Zwecke sollten u.a. in Deutschland orthodoxe Benediktinerklöster gegründet werden. Als Vorbereitung hierfür sollte zunächst die Errichtung byzantinischer Dekanien in vorhandenen Benediktinerklöstern dienen. Dies gelang jedoch nur in der Abtei Niederaltaich. Durch die politischen Umstände (u.a. des 2. Weltkrieges) wurden diese Pläne zunichte gemacht.
== Seine fünf wichtigsten Schreiben == (nennt er selbst:)
- 31. Dezember 1929 Enzyklika Divini illius magistri über die Erziehung der Jugend.
- 31. Dezember 1930 Enzyklika Casti connubii über die christliche Ehelehre (DH 3700 ff.).
- 15. September 1931 Enzyklika Quadragesimo anno Soziallehre der Kirche (DH 3725 ff.).
- 3. Mai 1932 Enzyklika Caritate christi compulsi über die in der gegenwärtigeN Menschheitskrise dem Heiligsten Herzen Jesu schuldigen Gebete und Sühneleistungen.
- 20. Dezember 1935 Enzyklika Ad catholici sacerdotii über das katholische Priestertum.
Die Schreiben des Papstes werden in der Liste von Lehramtstexten gesammelt. Im Original in deutscher Sprache erschien die Enzyklika Mit brennender Sorge vom 14. März 1937 (Weblink unten) gegen den Nationalsozialismus.
Literatur
- Michael Gatterer (Hrg), Rundschreiben Pius XI., Papstworte zu drückenden Lebensfragen, Felizian Rauch Innsbruck 1936 (Die fünf wichtigsten Rundschreiben Pius XI.).
- Rundschreiben Pius XI., Sammlung (der meisten Rundschreiben), Lateinischer und deutscher Text (in deutscher Schrift), Herder´sche Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau, Autorisierte Ausgabe → Druckerlaubnis, einzeln herausgegeben.
- Rundschreiben Pius XI., Sammlung, übersetzt von Generalvikar Dr. von Meurers (ohne den lateinischen Urtext) Paulinusdruckerei, Trier.
- Leo XIII. - Lumen De Caelo. Erweiterte Ausgabe des "Leo XIII. der Lehrer der Welt". Praktische Ausgabe der wichtigsten Rundschreiben Leo XIII. und Pius XI. in deutscher Sprache (in deutschen Buchstaben) mit Übersicht und Sachregister. Herausgegeben von Carl Ulitzka Päpstlicher Hausprälat, Ratibor 1934. Mit kirchlicher Druckerlaubnis.
Sekundärliteratur
- Friedrich Ritter von Lama, Papst Pius XI. Sein Leben und Wirken dargeboten zu seinem goldenen Priesterjubiläum, Augsburg (Haas und Grabherr) 2. Aufl. 1930.
- (Alfons Erb), Von Pius XI. zu Pius XII. Herausgegeben vom Bischöflichen Ordinariat Berlin, Freiburg i. Br. (Herder) 1939.
- Carlo Confalonieri, Pius XI. Aus der Nähe gesehen, Aschaffenburg (Pattloch) 1958.
- Achille Ratti - Pape Pie XI. (Collection de l'école francaise de Rome, 223), Rom 1996 (Akten eines Kolloquiums von 1989; frz./ital.)
Weblinks
- Enzyklika Mit brennender Sorge (dt.) 14. März 1937
- Ansprache Johannes Paul II. an das Kolloquim über Pius Xi. 17. Mäörz 1989 (ital.)
- Eintrag im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
Vorgänger Benedikt XV. |
Papst 1922 - 1939 |
Nachfolger Pius XII. |