Zeugnis
Immer wieder wird unter verschiedenen Wegen der Evangelisierung der des Lebenszeugnisses hervorgehoben und seine besondere Bedeutung herausgestellt.
Es ist dies ein Zeugnis der Treue zu Jesus, der Armut und inneren Loslösung sowie der Freiheit gegenüber den Mächten dieser Welt. Dadurch ist eine Hingabe an Gott und an den Nächsten in grenzenloser Einsatzbereitschaft möglich.
Uneinigkeit und Zwietracht sind für die Evangelisierung ebenfalls ein großes Hindernis. “Die Uneinigkeit in Lehre und Moral erscheint als ein mehr oder weniger typisches Symptom des ´reichen` Westens und somit auch Europas.”
Dem zu großen Vertrauen auf die Tugenden des Appells und des Moralismus muß ein Erwecken des christlichen Denkens und der schöpferischen Glaubenskraft entgegenstehen. Es wird daher zu einer entscheidenden Bedingung für die Evangelisierung, über und trotz der Uneinigkeit das echte Empfinden der Gläubigen zu erreichen und zu beleben.
Auch fehlt bei so vielen Menschen die Freiheit, auf das Wort Gottes zu antworten. Nur freie Menschen sind in der Lage, ihre Identität als Kinder Gottes anzunehmen und zu leben. Nicht zuletzt ist diese fehlende Freiheit durch Macht- und Besitzstreben verursacht, da sie den Menschen versklaven und auf andere Ziele hin lenken.
Jeder kulturelle Raum verlangt nach anderen Zeichen. “Glaubt ihr wirklich an das, was ihr verkündet? Lebt ihr, was ihr glaubt? Predigt ihr wirklich, was ihr lebt?” Glaubensverkündigung erfordert un-bedingt die existentielle Glaubwürdigkeit dessen, der von Gott spricht. Wer die Frohe Bot-schaft verkündet - in welcher Form auch immer -, wird über seine persönliche Aufrichtigkeit hinaus nach der Art und Weise seiner Christusnachfolge in allen Bereichen seines Lebens - Spiritualität, liturgische Vollzüge, Verkündigung, Lebensweisheit, persönliche Lebensgestaltung - gefragt.
Papst Paul VI. schreibt in der Enzyklika Evangelii Nuntiandi: “Die Welt verlangt und erwartet von uns Einfachheit des Lebens, Sinn für das Gebet, Nächstenliebe gegenüber allen, besonders gegenüber den Armen und Schwachen, Gehorsam und Demut, Selbstlosigkeit und Verzicht. Ohne diese Zeichen der Heiligkeit gelangt unser Wort nur schwer in die Herzen der Menschen unserer Zeit. Es läuft Gefahr, hohl und unfruchtbar zu sein.”(EN 76) Damit die Verkündigung die Herzen der Menschen erreicht, muß der Verkünder sie im Herzen tragen. Ihm muß am Leben seiner Mitmenschen liegen, sie sind Thema seines Gebetes und seiner Verkündigung.
Der Verkünder muß die Zeit, in der er lebt, und die Menschen, denen er die Botschaft bringen soll, kennen. Darüber hinaus setzt das Werk der Evangelisierung “im Verkündiger eine stets wachsende brüderliche Liebe zu den Menschen voraus, denen er das Evangelium verkündet.” Es ist eine väterliche und mütterliche Liebe, die sich um die Wahrheit und Einheit sorgt und die den Menschen im Prozeß der Annäherung an Christus - gemäß sei-nen Fähigkeiten und Möglichkeiten - begleitet. Zeichen dieser Liebe wird es sein, daß sich der Verkünder ohne Vorbehalt und Abkehr der Verkündigung Jesu Christi weiht. Er wird ihr seine ganze Zeit und alle seine Kräfte widmen und, falls notwendig, für sie auch sein eigenes Leben opfern.
Die lebendige Vereinigung mit Christus schenkt dem Apostel die Fruchtbarkeit seiner Arbeit und ist ihm immer wieder Impuls zu weiterem Engagement.(EN 79) Die Antwort, die er seinen Mitmenschen anbietet, entspringt der persönlichen und durch nichts anderes zu er-setzenden Begegnung mit Christus. Die Liebe Christi ist es, die ihn hindrängt zu den Menschen und ihn immer nach neuen Möglichkeiten suchen läßt, das Wort Gottes in Worten und Werken zu bezeugen. Sein Bemühen, daß die ganze Menschheit zu einer großen Familie zusammenwachse, entspringt dem Verständnis, daß jeder Mensch zum Leib Christi gehört und dort eine lebenswichtige Funktion hat.