Petrus Canisius: Catechismus maior

Aus kathPedia
Version vom 11. März 2024, 09:20 Uhr von Oswald (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Summa doctrinae christianae
(Summe der christlichen Lehre)

Quelle: Kurzer Inbegriff der christlichen Lehre oder Katechismus des ehrwürdigen Lehrers Petrus Canisius Theologen. Aus dem lateinischen Originalwerke in das Deutsche übersetzt, Druck und Verlag von Joseph Thomann Landshut 1826 (in Fraktur abgedruckt; Dritte sehr verbesserte und um sieben Druck Bogen vermehrte Auflage, 270 Seiten; 222 Fragen); (1. Auflage 1823; 2. Auflage 1824; 4. Auflage 1846). Digitalisierung: Einige Wörter wurden behutsam der heutigen Zeit angepasst. Holprige Sätze wurden durch Wortumstellungen leichter lesbar gemacht. Die deutsche Rechtschreibreform aus dem Jahre 2006 wurde angestrebt, veraltete Zeichensetzungen jedoch teils belassen. Die Anmerkungen wurden weggelassen.

Hintergrund: Von den drei Katechismen des Kirchenlehrers Petrus Canisius, wird dieser der Große Katechismus genannt. Er wurde auf Wunsch von König Ferdinand I. (1503-1564) für Gebildete verfasst. Der Katechismus wurde erstmals 1555 in Wien mit 211 Fragen herausgegeben. Eine Neubearbeitung nach dem Catechismus Romanus 1566, arbeitete die Dekrete des Konzils von Trient mit ein und hat ingesamt 222 Fragen. Er wurde durch kaiserliches Edikt in ganz Österreich eingeführt. In nur 10 Jahren erschien das Werk in 55 Auflagen, in neun Sprachen und wurde allein bis zum Tod des Kirchenlehrers 200 mal nachgedruckt.<ref> Engelbert Maximilian Buxbaum in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 2, Artikel Canisius, Petrus, Sp. 923; Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt, Petrus Canisius - Katechismus, Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt von von Dr. Siegfried Hofmann, abgerufen am 4. Dezember 2020; Petrus Canisius — der erste deutsche Jesuit sonderseiten.jesuiten.org, abgerufen am 4. Dezember 2020</ref>

Catechismus minimus, Catechismus minor.

Inhaltsverzeichnis

Erstes Hauptstück: Vom Glauben und dem Bekenntnis des Glaubens

I. Wer ist ein Christ zu nennen?

Der, welcher getauft ist und die heilsame Lehre Jesu Christi, des wahren Gottes und Menschen, in seiner Kirche bekennt.

Alle Religionen und Sekten demnach, die ausser der Lehre und Kirche Christi wo immer unter den Völkern gefunden werden, als nämlich die jüdische, heidnische, mohamedanische,häretische verwirft und verabscheut derjenige gänzlich, welcher in Wahrheit ein Christ ist und in der Lehre Christi standhaft verharrt.

II. Wie kann man die christliche Lehre kurz zusammenfassen?

So nämlich, dass ein Christ wisse und halte, was sowohl zur Weisheit, als auch zur Gerechtigkeit gehöre. Die Weisheit wie St. Augustin zeigt, besteht in den göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe, welche sowohl von Gott eingegossen werden, als auch wenn sie in diesem Leben lauter und fleißigst geübt werden, die Menschen selig und göttlich machen. Die Gerechtigkeit aber wird abgehandelt in zwei Teilen: Von Meidung des Bösen und Übung des Guten; denn hierher gehört was der königliche Prophet spricht: "Wende dich vom Bösen und tue Gutes." Aus diesen Quellen nun der Weisheit nämlich und der Gerechtigkeit kann man leicht alles Übrige schöpfen, was zur vollständigen christlichen Unterweisung und Lehre gehört.

III. Was wird in der christlichen Lehre zuerst vorgetragen?

Der Glaube, jene Tür unsers Heiles, ohne welchen kein Mensch in diesem Leben Gott finden und anrufen, Gott dienen und gefallen kann. Denn "glauben muss der, welcher zu Gott tritt", spricht der Apostel; "wer aber nicht glaubt, der wird verdammt," ja "er ist schon gerichtet," nach Christi Ausspruch.

IV. Was versteht man unter dem Wort Glaube?

Glaube ist eine Gabe Gottes und ein Licht, dadurch der Mensch erleuchtet, für wahr hält und fest daran hängt, was von Gott geoffenbart und von der Kirche zu glauben uns vorgestellt wird, als nämlich:

Dass Gott dreifach sei und Einer, dass die Welt aus nichts erschaffen, dass Gott Mensch geworden und für uns den Tod gelitten habe, dass Maria Jungfrau und Mutter Gottes sei, dass alle Toten zum Leben müssen erweckt werden, dass der Mensch aus dem Wasser und Heiligen Geistes wiedergeboren werde, dass in der Eucharistie (dem heiligsten Sakrament) der ganze Christus enthalten sei, und dergleichen noch andere ehrwürdige Geheimnisse unserer Religion, die von Gott geoffenbart, und nicht von des Menschen Sinn und Verstand stand begriffen, sondern einzig nur durch den Glauben erfasst werden können.

Darum spricht der Prophet "Wenn ihr nicht glaubet, so werdet ihr nicht verstehen." Denn der Glaube sieht nicht auf den Lauf der Natur, er traut nicht der Erfahrung der Sinne, auch nicht der menschlichen Macht und Vernunft, sondern er stützt sich auf Gottes Kraft und Ansehen, und hält für ganz gewiss, dass die höchste und ewige Wahrheit, die Gott selbst ist, weder jemals betrügen, noch betrogen werden kann.

Deshalb ist es auch ein vorzügliches Eigentum des Glaubens, dass er allen Verstand gefangen nimmt in den Gehorsam Christi, bei dem kein Ding schwer, ja keines unmöglich ist. Dieser Glaube ist das Licht der Seele die Türe des Lebens und die Grundfeste des ewigen Heiles.

V. Gibt es einen kurzen Inbegriff des Glaubens, eine Summe alles dessen, was wir glauben sollen?

Ja, jene nämlich, welche die zwölf Apostel in ihrem Bekenntnis übergeben, und die sie in zwölf Punkte oder Artikel schicklich geteilt haben. Wahrlich ein würdiges Werk diese zwölf Verfasser, die nach Christus dem Herrn die vornehmsten und heiligsten des christlichen Glaubens gewesen sind.

Dieses Bekenntnis ist wie ein Zeichen, an welchem man die Christen von Gottlosen, die entweder keinen oder nicht rechten Glauben bekennen, unterscheiden unter andern erkennen kann.

VI. Welche sind die Artikel des apostolischen Glaubens-Bekenntnisses?

1. Ich glaube an Gott Vater, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erde.

2. Und an Jesus Christus, seinen einigen Sohn, unsern Herrn.

3. Der empfangen ist vom Heiligen Geist, geboren aus Maria der Jungfrau.

4. Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben.

5. Abgestiegen zu der Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.

6. Aufgefahren zu dem Himmel, sitzet er zur rechten Hand Gottes, des allmächtigen Vaters,

7. Von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten.

8. Ich glaube an den Heiligen Geist.

9. Eine heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen.

10. Ablass der Sünden.

11. Auferstehung des Fleisches.

12. Und ein ewiges Leben. Amen .

VII. Wozu dienen hauptsächlich diese Worte des Bekenntnisses?

Dazu, dass wir die wahre Erkenntnis Gottes und göttlicher Dinge, die, um gut und selig zu leben, einem jeden notwendig ist, kurzgefasst besitzen.

Den ersten und vornehmsten Platz nimmt die Erkenntnis und das Bekenntnis der Heiligsten Dreifaltigkeit ein, damit auf keine Weise gezweifelt werde, dass Gott, über welchen nichts Größeres oder Vortrefflicheres, oder Weiseres mehr gedacht werden kann, im Wesen zwar oder in der göttlichen Natur nur Einer und einfach in drei Personen aber unterschieden sei, so, dass man vor allem für gewiss glauben muss, dass ein anderer der Vater, ein anderer der Sohn, ein anderer der Heilige Geist sei. Der Vater. welcher seinen Sohn von Ewigkeit erzeugt. ist die Quelle und der Schöpfer der Dinge; der Sohn, aus dem Wesen des Vaters erzeugt, ist der Erlöser der Welt und Heiland; der Heilige Geist, der auch Tröster genannt wird, ist der Kirche oder der Christgläubigen Beistand, Pfleger, Führer. Diese Drei nun sind Eins, das ist, der Eine, wahre, ewige, unbegreifliche Gott.

Schön also entsprechen dieser heiligsten und zugleich ungeteilten Dreifaltigkeit die drei Hauptteile des Bekenntnisses, der erste nämlich von der Schöpfung, der zweite von der Erlösung, der dritte von der Heiligung.

VIII. Was will der erste Artikel des Bekenntnisses sagen: Ich glaube an Gott den Vater?

Er zeigt uns erstens an, dass Gott ein Einziger und die erste Person in der Gottheit der himmlische Vater sei, der ewig, der an Macht und Majestät der Höchste, dem nichts unmöglich oder schwer ist, der alle Gewalt über Leben und Tod hat.

Eben dieser Vater hat den Sohn von aller Ewigkeit her gezeugt und uns zur Zeit der Gnade zu seinen Kindern angenommen. Seine Kraft ist so groß, dass er durch das Wort allein sowohl die sichtbaren, als auch die unsichtbaren Dinge aus Nichts hervorgebracht hat, was aber hervorgebracht ist, immer erhält und mit höchster Güte und Weisheit regiert, von dem und zu dem alle Dinge sind. Er ist der Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist, der Vater der Barmherzigkeit und der Gott alles Trostes; so (mächtig) endlich und so groß, dass seinem Winke alles plötzlich gehorcht, was im Himmel, auf Erde und unter der Erde ist. Unter seiner Führung und Obhut bleiben wir auch in den größten Übeln und Gefahren unverletzt und sicher bewahrt.

IX. Was enthält der zweite Glaubensartikel: Ich glaube an Jesus Christus?

Er lehrt uns die zweite Person in der Gottheit Jesus Christus, den wahren Gott und wahren Menschen, Jesus genannt; das ist, Seligmacher seines Volkes und Christus, das ist mit dem Heiligen Geist gesalbt, und voll aller Gnade und Wahrheit; den Messias, unsern König und Hohenpriester, der in allem den Vorzug hat, und in welchem leibhaftig wohnt alle Fülle der Gottheit.

Der zweite Artikel zeigt, dass der Genannte der Sohn Gottes sei, einzig vom Vater geboren, von Ewigkeit her erzeugt, natürlich Eines Wesens mit ihm und nach der Gottheit ihm durchaus gleich; dass er aber unser Herr sei, und Aller die an Ihn glauben, welche Er Selbst wie Verlorne aus der Knechtschaft des Satans freiwillig befreit, und da sie unter dem Joche der Sünde und Verdammnis geschmachtet, bloß aus Milde erlöst hat.

Auch über die Gottlosen herrscht Er; denn alles ist seinen Füßen unterworfen. Vorzüglich dann aber wird Er sich als den Herrn der Herrscher, und als den König der Könige den Gottlosen und der ganzen Welt öffentlich zeigen, wann Er alle seine Feinde bis auf den Letzten, gegen ihren Willen, seiner Macht unterwirft, und sie wie Spreu mit unauslöschlichem Feuer verbrennt. Dieser ist der geliebte Sohn, dieser unser Emmanuel und der Lehrmeister, den wir hören sollen, und ein anderer Name ist unter dem Himmel den Menschen nicht gegeben, in welchem wir sollen selig werden.

X. Was hält uns der dritte Artikel zu glauben vor: Der empfangen ist vom Heiligen Geist?

Er bezeugt uns, dass Jesus Christus, welcher von Ewigkeit her schon von Gott dem Vater erzeugt, ohne Mutter war, unsertwegen vm Himmel herabgestiegen sei und die menschliche Natur angenommen habe, in welcher er zu Nazareth auch in der Zeit empfangen und unter Kaiser Augustus zu Bethlehem ohne Vater aus der allzeit reinen, unversehrten Jungfrau geboren worden sei, da nämlich in ihr die Kraft des Heiligen Geistes so wirkte, dass was alle Bewunderung übersteigt das Wort Fleisch, Gott-Mensch wurde, und Maria zugleich Gottes Mutter und Jungfrau war.

Diese zeitliche Empfängnis und Geburt des Sohnes Gottes macht den Anfang des menschlichen Heiles und der Erlösung, und ist ein Bild unserer Wiedergeburt. Durch sie geschieht, dass wir dem Fluch unterworfene Adams Kinder, von sündlichem Samen empfangen, und als Kinder des Zorns geboren, gereinigt; dann, dass wir aus fleischlichen geistliche und wahrhaft Kinder Gottes werden in Christus, dem der ewige Vater die, welche er erwählt hat, gleichförmig haben wollte, auf dass, wie St. Paulus sagt, Er unter vielen Brüdern der Erstgeborne sei.

XI. Was enthält der vierte Artikel: Gelitten unter Pontius Pilatus?

Er zeigt an, dass Christus, da Er seine herrliche Lehre und Wunder beschlossen hatte, endlich seinen Kampf, uns Verlorne zu erlösen, vollendet habe. Ob Er nun schon das unschuldigste Lamm ohne Makel war, ja zu gleich auch der unsterbliche Gott, so wollte Er doch, damit Er seine überaus große Liebe gegen uns bewiese, von den boshaftesten Menschen alles Erdenkliche und Bittere leiden; daher entzog Er sich weder dem Urteile des gottlosen Richters Pilatus, obschon es das ungerechteste war, noch auch dem Kreuze, das die schmählichste Todesart ist, sondern ging für uns in den grausamsten Tod, und weigerte sich nicht, in ein fremdes Grabmal gelegt zu werden, auf dass Er lebend und sterbend ganz sich uns Menschen schenkte und uns nahe wäre.

Dieses Leiden Christi, Blut, Kreuz, Wunden und Tod bringen uns Sündern jederzeit Trost, Heil, Kraft und Leben, wenn wir anders gehorsam sind, und mit dem Haupte leiden, auf dass wir so mit Ihm zugleich auch verherrlichet werden. "Denn nachdem Er alles vollendet hatte, ist Er allen, die Ihm gehorsam sind, eine Ursache des ewigen Heiles geworden."

XII. Welches ist der Gebrauch und Nutzen, dass wir das Kreuz Christi mit den Fingern machen und diesem die Stirne bezeichnen?

Diesen wahrlich alten Gebrauch empfiehlt uns die Frömmigkeit und beständige Gewohnheit der Kirche. Daher auch üben wir ihn vorzüglich zum dankbaren Gedächtnisse des höchsten Geheimnisses und der größten Wohltat, die uns am Kreuze geschehen und aufs reichlichste geschenkt worden ist.

Zudem ist es eine Auffoderung, die wahre und heilige Ehre und den Anker unsers ganzen Heiles an das Kreuz unsers Herrn zu heften.

Überdies ist es ein Zeugnis, dass wir mit den Feinden des Kreuzes Christi, den Juden und Heiden nichts gemein haben, sondern dass wir gegen alle diese denjenigen frei bekennen, den wir verehren und anbeten, den Herrn Jesum und zwar den Gekreuzigten. Durch dieses Zeichen werden wir auch zum Eifer in der Geduld angetrieben, dass, wenn wir nach der ewigen Herrlichkeit heiß verlangen, (das aber müssen wir Alle) wir das Kreuz, welches wir verehren und den Weg des Kreuzes unter dem Herzoge Christus ohne Widerrede ergreifen.

Nicht minder erlangen wir von demselben auch siegreiche Waffen gegen den Satan, den einst die Kraft des Kreuzes zu Boden geschlagen hat, ja sogar gegen alle Feinde unsers Heiles werden wir durch das Zeichen des Kreuzes bewahrt.

Endlich damit wir unsere Geschäfte um so heiliger anfangen und dieselben einen desto glücklichern Ausgang nehmen, ergreifen wir dieses glänzende Siegeszeichen des Kreuzes, und da wir in diesem Zeichen auch siegen werden, so nehmen wir kein Bedenken, oft zu sagen: Im Namen des † Vaters und des † Sohnes und des † Heiligen Geistes.

XIII. Was hält uns der fünfte Artikel zu glauben vor: Abgestiegen zu der Hölle und wieder auferstanden?

Er lehrt, dass Christus, nachdem Er am Kreuze gestorben war, der Seele nach zur Hölle abgestiegen sei teils um als den Überwinder des Todes und des Satan, teils als den Befreier der Väter, die in der Vorhölle saßen, sich feierlich zu zeigen; dem Leibe nach aber, mit welchem Er im Grabe lag, am dritten Tage, da Er als Triumphierer aus der Hölle wiederkehren wollte, aus eigener Kraft zum unsterblichen Leben, und als der Erste von den Toten glorreich auferstanden sei.

Durch dieses herrliche Wunderwerk tröstet und lehrt er uns, dass die Auserwählten (Gottes) von der Macht des Satans, des Todes und der Hölle befreit werden, und Er bietet dadurch auch allen die Gnade der Auferstehung an und verleihet sie, auf dass die, so an Christus wahrhaft glauben, von den Lastern zur Tugend, vom Tod der Sünde zum Leben der Gnade und dann am Ende der Welt vom Tod des Leibes zum unsterblichen Leben auferstehen sollen; denn welcher Jesus auferweckt hat, der wird auch uns mit Jesus auferwecken.

XIV. Was trägt uns der sechste Artikel vor: Aufgefahren zu dem Himmel?

Er lehrt, dass der Herr Jesus, nachdem Er das Werk der Erlösung des menschlichen Geschlechtes vollendet hatte, den Seinigen wieder lebendig erschienen war und die Wahrheit seiner Auferstehung mit vielen Beweisen bekräftiget hatte, am vierzigsten Tage endlich in den Himmel aufgefahren sei, damit Er nach der menschlichen Natur über Alles erhöhet, und, unter Allen der Einzige, auch von Allen aufs Höchste gefeiert würde. Darum sitzt der Herr Jesus in dem Himmel zur Rechten der Kraft Gottes, und übt gleiche Gewalt mit dem Vater, und regiert alle Dinge und strahlet ganz und gar mit göttlicher Majestät, was nämlich zur Rechten Gottes sitzen heißt.

Diese erfreuliche Auffahrt Christi ist eine gewisse Versicherung unsers Glaubens und der Hoffnung, dass, wohin, nach sieghafter Überwindung der Feinde, das Haupt vorangegangen ist, eben dahin auch die Glieder zu gelangen aufs festeste vertrauen dürfen, wenn sie anders ihrem Haupte gehorchen und an demselben hangen. Er spricht (ja): Ich gehe, euch einen Ort zu bereiten.

XV. Was gilt uns der siebente Artikel zu glauben: Von dannen er kommen wird zu richten?

Er hält uns den schrecklichen Tag des Gerichtes vor, an welchem Christus im menschlichen Fleische von der Höhe des Himmels wieder herabsteigen, und als ein strenger, furchtbarer Richter der ganzen Welt einem jeden nach seinen Werken öffentlich vergelten wird. Auf dem Stuhle seiner Majestät wird er richten Alle, keinen ausgenommen, die Frommen und die Bösen, sei es, dass jener Tag des Gerichtes sie, noch im Fleische lebend, überrasche, oder dass sie schon gestorben sind.

Dadurch werden wir denn ermahnt, desto vorsichtiger und gottseliger zu leben, je gewisser wir wissen, dass alle unsere Handlungen, Gedanken und Lebensweisen immer vor den Augen desjenigen geschehen, der Alles sieht, und aufs gerechteste richtet, vor den Augen Gottes. Denn billig und gerecht ist jener Herzensforscher und Rächer der Bosheit, vor dessen Richterstuhl wir Alle müssen offenbar werden, so, dass ein jeder, wie er in seinem Leibe gehandelt hat, es sei gut oder böse, von ihm den Lohn empfange. Weder wird Er dem, welcher in diesem Leben Gutes getan hat, seine Belohnung vorenthalten, noch auch dem, der irgend etwas Böses verübt hat, es ungestraft hingehen lassen.

XVI. Welches ist die Summe der Artikel von der zweiten Person in der Gottheit?

Dies ist die Summe: dass Christus wahrer Gott und Mensch sei, der das wunderbare Werk der menschlichen Erlösung angefangen und vollendet hat, damit Er uns sei "der Weg, die Wahrheit und das Leben," durch welchen einzig wir, da wir alle verloren waren, erlöst und selig gemacht und Gott dem Vater versöhnet worden sind.

Von der Wohltat und dem wahren Nutzen seiner Erlösung steht also geschrieben: "Es ist erschienen die Gnade Gottes unsers Heilandes allen Menschen, die uns lehrt (und in Zucht nimmt,) dass wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen, und die weltlichen Lüste, nüchtern und gerecht und gottselig leben in dieser Welt, und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes, unsers Heilandes Jesu Christi, der sich selbst für uns dahin gegeben hat, auf dass Er uns erlöste von aller Sünde, und sich selbst ein Volk zum Eigentum reinigte, das da eifrig wäre zu guten Werken." So spricht der Apostel Paulus.

Und an einem andern Orte sagt er: "Wir sind Gottes Geschöpf erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott vorbereitet hat, dass wir in denselben wandeln." Und wieder spricht der Apostel: "Christus ist für Alle gestorben, auf dass auch die, Bekenntnisse welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem welcher für sie gestorben und auferstanden ist."

Daher muss man sich vorzüglich vor dem Irrtum derjenige hüten, welche Christus nicht ganz unversehrt, sondern verstümmelt bekennen, da sie denjenigen auf welchen wir vertrauen, nur als den Mittler und Erlöser anerkennen, Ihn aber nicht zugleich auch als den Gesetzgeber annehmen, dessen Geboten wir gehorchen, und als das Muster aller Tugenden, das wir nachahmen sollen, und als den gerechten Richter welcher die dem Werke eines jeden schuldige Belohnung oder Strafe gewiss erteilt.

XVII. Was lehrt der achte Artikel: Ich glaube an den Heiligen Geist?

Er lehrt uns bekennen die dritte Person in der Gottheit, den Heiligen Geist, der vom Vater und Sohn hervorgeht, und doch mit beiden Ein wahrer, ewiger, gleicher und wesentlicher Gott ist, und deshalb mit dem genannten Glauben und gleich-göttlichen Dienste geehrt werden muss.

Dieser ist jener Tröster und Lehrer der Wahrheit, der die Herzen der Gläubigen durch seine Gnade und Gaben erleuchtet, reiniget, heiliget und in aller Heiligkeit bestätiget.

Dieser ist das Pfand unserer Erbschaft, der unserer Schwachheit zu Hilfe kömmt, und Allen und jedem verschiedene Gaben ausspendet und mitteilt, wie er will.

XVIII. Was gibt der neunte Artikel: Ich glaube eine heilige Katholische Kirche?

Er gibt uns die Kirche zu erkennen, das ist, die sichtbare Versammlung aller Christgläubigen, für welche der Sohn Gottes die menschliche Natur angenommen und alles getan und gelitten hat, und er lehrt für's erste, dass die Kirche sei Eine, und im Glauben und in der Lehre des Glaubens, wie auch in der Austeilung der Sakramente einstimmig, und dass sie unter ihrem Einen Haupte, welches Christus ist, und unter einem Einzigen, der desselben Stelle auf Erden vertritt, höchsten Priester, dem Papst, regiert und in der Einigkeit erhalten werde.

Zweitens lehrt er, dass die Kirche sei heilig, weil sie von Christus durch den Heiligen Geist allzeit geheiligt wird, so, dass es in ihr niemals weder an heiligen Menschen, noch an heiligen Gesetzen mangle. Ausser ihrer Gemeinschaft kann keiner der Heiligkeit teilhaftig werden.

Drittens (lehrt er), dass die Kirche sei katholisch, das heißt, allgemein, so zwar, dass sie über den Erdkreis weit und breit ausgegossen, alle Menschen aller Zeiten, Orte und Völker, wenn sie nur in Christi Glauben und Lehre übereinkommen, in ihren Einen, gleichsam mütterlichen, Schoß aufnimmt, verschließt und selig macht.

Viertens dass in dieser Kirche sei eine Gemeinschaft der Heiligen, so dass die, welche in der Kirche, als in dem Hause und der Familie Gottes, wohnen, unter sich eine Gemeinschaft und unteilbare Einheit halten, und wie Eines Leibes Glieder durch wechselseitige Dienste, Verdienste und Gebete einander behilflich sind. Bei diesen ist Einheit des Glaubens, Einstimmigkeit der Lehre, und gleichförmiger Gebrauch der Sakramente, und in welche Irrtümer und Spaltungen einige von ihnen auch fallen mögen, so lassen sie es sich angelegen sein, Einheit des Geistes zuhalten im Bande des Friedens.

In dieser Gemeinschaft sind nicht nur die Heiligen der streitenden Kirche, die auf Erden noch pilgern, begriffen, sondern zugleich auch alle Seligen der Kirche, die mit Christus im Himmel aufs glückseligste triumphiert, und üerdies die Seelen der Frommen, welche zwar aus diesem Leben geschieden, aber doch noch nicht jene Seligkeit der Heiligen erlangt haben.

Ausser dieser Gemeinschaft der Heiligen ist (wie ausser der Arche Noe) der Untergang gewiss, und für die Menschen kein Heil: nicht für die Juden oder Heiden, welche den Glauben der Kirche niemals angenommen haben; nicht für die Häretiker, welche den angenommenen Glauben verlassen oder verdorben haben; nicht für die Schismatiker (welche Trennung und Spaltung angerichtet, und) den Frieden und die Einigkeit verlassen haben; endlich auch nicht für die Exkommunizierten, welche aus was immer für einer wichtigen Ursache verdient haben, dass sie als schädliche Glieder vom Leib der Kirche geschnitten und abgesondert werden. Denn dergleichen Alle, weil sie zur Kirche und ihrer heiligen Gemeinschaft nicht gehören, können der göttlichen Gnade und des ewige Heiles nicht teilhaftig werden, es sei denn, dass sie der Kirche, von welcher sie nun einmal aus eigener Schuld sich abgerissen haben, erst versöhnt und wieder mit ihr vereiniget werden. Denn es ist eine gewisse Regel der Heiligen Cyprian und Augustin: Der wird Gott nicht zu einem Vater haben, welcher die Kirche nicht zur Mutter haben wollte.

XIX. Was stellt uns der zehnte Artikel zu glauben vor?

Ablass - Vergebung der Sünden, ohne welche kein Mensch gerecht und selig wer den kann. Diesen wahrhaft reichen Schatz hat uns Christus durch seinen bittern Tod und kostbares Blut bereitet, auf dass die ganze Welt von ihren Sünden und ewigen Strafen erlöst würde. Dieses Schatzes aber werden durch die Gnade Christi nur diejenigen teilhaftig, welche durch den Glauben und die Taufe mit der Kirche Christi sich vereinigen und in ihrer Einheit und im Gehorsam verharren. Dann auch diejenigen, welche über die nach der Taufe begangenen Sünden ernstlich Buße tun, und jener Heilsmittel gegen die Sünden, die Christus eingesetzt hat, das ist, der Sakramente gehörig sich bedienen.

Und hierher gehört die sogenannte Schlüsselgewalt, welche Christus zur Vergebung der Sünden den Dienern der Kirche und vorzüglich dem Apostel Petrus und seinen rechtmäßigen Nachfolgern als den obersten Regenten der Kirche übergeben hat.

XX. Was enthält in sich der elfte Artikel?

Die Auferstehung des Fleisches, welche am jüngsten Tage den Guten und Bösen widerfahren wird. Denn dieser Leib, welchen wir mit uns umhertragen, der gebrechlich, hinfällig und viele Krankheiten und immer währenden Beschwernissen unterworfen ist, und nach dem Tode den Würmern zur Speise hingegeben werden muss, wird alsdann wiederum lebendig werden, wenn an jenem letzten Tage alle Toten auf den Ruf Christi, des Richters zum Leben und zugleich zum Gerichte werden auferweckt werden. Alle werden denn vor Christi Richterstuhl im Fleische erscheinen, auf dass ein jeder ohne Ausnahme, wie er in seinem Leibe gehandelt hat, entweder Gutes empfange oder Böses, was ihm wird vollkommen vergolten werden. Es werden aber die welche Gutes getan haben, hingehen zur Auferstehung des Lebens, welche aber Böses getan haben, in die Auferstehung des Gerichtes, und in die ewige Verdammnis. Kraft dieses Glaubens tröstet sich der fromme und geduldige Mann auch in den größten Mühseligkeiten, so dass er selbst im letzten Kampfe des Lebens spricht: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und dass ich am jüngsten Tage von der Erde auferstehen, und von meiner Haut werde umgeben werden, und in meinem Fleische Gott sehen werde. Diejenigen sind wahrhaft weise, welche diese irdischen und sterblichen Glieder in den Dienst der Gerechtigkeit und Tugend hingeben, und welche diesen Leib als ein reines Gefäß für die selige Unsterblichkeit vorbereiten.

XXI. Welches ist der letzte Artikel?

Vom ewigen Leben, welches wie wir nicht im mindesten zweifeln, die Auserwählten nach dem Tode erwartet. Und dieses ist die Frucht und das Ziel und Ende des Glaubens, der Hoffnung, der Geduld und christlichen Übung. Um das ewige Leben zu erlangen, muss der wahre Gläubige kein Werk der Frömmigkeit für hart, keine Mühe für schwer, keinen Schmerz für bitter, und keine Zeit zu arbeiten und zu leiden für lang und beschwerlich halten. Wenn man schon dieses Leben, das doch übrigens voll Drangsalen ist, für süßer und erwünschter, als Alles hält, um wie viel höher müssen wir dann jenes Leben schätzen, welches von aller unangenehmen Empfindung und Furcht frei ist, das von himmlischen und ohne Ende unaussprechlichen Freuden, Annehmlichkeiten und Vergnügungen nach allen Seiten hin alle Zeit überfließt?!

Von diesem Leben spricht Christus: Fürchte dich nicht, du kleine Herde; denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben. Davon auch wird er am jüngsten Gerichtstage zu den Auserwählten sagen: Kommet her ihr Gebenedeiten meines Vaters, besitzet das Reich, welches euch bereitet ist vom Anbeginn der Welt. Zu den Gottlosen aber wird er also sprechen: Gehet hin von mir; ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, welches bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. Solches erstreckt sich nicht nur auf die Heiden, Häretiker, Schismatiker (welche nämlich Spaltung anrichten), und auf die offenbar Lasterhaften, sondern es muss auch auf die Christen bezogen werden, welche der Tod in einer Todsünde überrascht.

Endlich wird das Schlusswörtchen Amen angehängt, zum Beweise dass das Zeugnis des Glaubens und dieses christlichen Bekenntnisses bei uns unbezweifelt und fest sei.

XXII. Ist es einem Christen wohl genug, das allein zu glauben, was das apostolische Bekenntnis in sich enthält ?

</ref> Ambros. lib. 3. de virgin. Aug. lib. 1. de Symb. ad Catech. cap. 1. et lib. 2. cap. 1. </ref> Allererst und vorzüglich muss zwar ein jeder glauben und öffentlich bekennen, was im apostolischen Bekenntnisse gelehrt wird. Solches aber wird noch klarer durch die Vergleichung, teils mit dem Glaubensbekenntnis der Väter, teils mit demjenigen, welches sich vom heiligen Athanasius her schreibt.

Zweitens muss ein Christ alles glauben, was die göttliche oder Heilige Schrift enthält. Die gewissen und rechtmäßigen Bücher der Schrift aber, kann man nicht anders woher, als vom Urteil und Ansehen der Kirche erholen.

Drittens gehört hierher alles dasjenige, was zum Teil aus den Artikeln des apostolischen Glaubensbekenntnisses, zum Teil aus den heiligen Schriften, als aus göttlichen Quellen, durch eine notwendige Schlussfolge abgeleitet wird.

Viertens endlich muss man alles für heilig halten und fest glauben, was der Heilige Geist zu glauben uns offenbart und durch die Kirche verkündigt, es mag durch die Schrift oder durch die Übergabe lebendigen Wortes uns empfohlen werden. Davon füglicher nachher.

Um dieses alles nun dreht sich der rechte unverfälschte Glaube, ohne welchen alle Sektierer sich und Andern vergeblich Gnade und Heil in Christus versprechen.

Zweites Hauptstück: Von der Hoffnung und dem englischen Gruß

Von der Hoffnung

I. Was ist die Hoffnung ?

Sie ist eine Tugend von Gott eingegossen, kraft welcher wir die Güter unsers Heiles und des ewigen Lebens von Gott mit gewisser Zuversicht erwarten.

Es ist übrigens nicht genug, dass man an Gott und Gottes Wort glaube, und die göttlichen Glaubenslehren, die in der Kirche gepredigt werden, bekenne, sondern der Christ soll auch von der Güte Gottes, die er schon (so vielfältig) erfahren hat, Hoffnung fassen und Vertrauen, die Gnade und das ewige Heil zu erlangen. Diese Hoffnung stärkt den Gerechten in den größten Bedrängnissen so mächtig, dass, wenn er auch von aller Hilfe, von allem Schutze der Welt verlassen ist, er dennoch unerschrocken spricht: Und wenn Er mich auch tötet, so will ich auf Ihn hoffen. Und: auf Gott hoffe ich; ich werde mich nicht fürchten, was soll mir ein Mensch tun? Mein Gott auf dich vertraue ich, ich werde nicht zu Schanden werden.

II. Wie kann man diese Hoffnung erlangen?

Erstens gehört dazu heißes und häufiges Gebet zu Gott: hernach muss die Hoffnung genährt werden durch die tägliche Betrachtung der Güte und Wohltaten Gottes, besonders derjenigen, welche Christus der Herr, nach seiner unermesslichen Liebe gegen uns, auch sogar den Unverdienten erzeigt und verheißen hat. Endlich muss man damit Reinigkeit des Gewissens verbinden, und diese durch fromme Werke und durch eine in Widerwärtigkeiten unbesiegte Geduld allzeit bewähren. Denn welchen das Zeugnis eines guten Gewissen oder der Vorsatz eines bessern Lebens mangelt, diese fördern nicht die Hoffnung, die sich geziemt, sondern vielmehr die Vermessenheit, und sie prahlen verwegen mit einem durchaus eiteln Vertrauen, so sehr sie sich auch der Verdienste Christi und der Gnade Gottes rühmen.

Der Prophet spricht: Hoffe auf den Herrn und tu Gutes. Und der Genannte wiederum: sei Untertan dem Herrn und bitte ihn. Und ein anderer: Gütig ist der Herr allen die auf ihn hoffen; der Seele, die ihn sucht. Doch soll man diese Hoffnung nicht von aller Furcht trennen, wie es die Stelle hinreichend beweist: Der Herr hat Wohlgefallen an denjenigen, die ihn fürchten und an jenen, welche auf seine Barmherzigkeit hoffen.

III. Welche Güter gehören unter die Hoffnung, und welche darf ein Christ hoffen?

Vorzüglich zwar die Güter des himmlischen Reiches, die den Menschen selig machen, und in keinem Teil unglücklich sein lassen; dann aber kann man auch alles dasjenige unter die Güter, die wir hoffen und erwarten dürfen, zählen, was immer als in diesem Leben dem Menschen dienlich und heilsam auf die rechte Weise verlangt und erbeten wird. Solches leuchtet aber vorzüglich aus dem Gebet des Herrn hervor, welches nämlich Christus der Herr mit seinem hochgeweihten Munde gelehrt und mit bewunderungswürdiger Weisheit allen vorgeschrieben hat. die ihre Hoffnungen und Wünsche Gott im Gebet vortragen wollen.

IV. Welches ist die Gebetsweise des Herrn?

Diese: Vater unser der du bist in den Himmeln:

1. Geheiligt werde dein Name.

2. Dein Reich komme.

3. Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erde.

4. Gib uns heute unser tägliches Brot.

5. Und vergib uns unsre Schulden wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

6. Und führe uns nicht in Versuchung.

7. Sondern erlöse uns vom Übel. Amen.

V. Was begreift in Kürze das Gebet des Herrn?

Es werden in demselben sieben Bitten vor gelegt, auf welche alle Formen und Weisen aller Gebete zurückgebracht werden können und sollen, sei es denn, dass man um Erlangung des Guten oder um Tilgung der Sünden, oder um Abwendung aller Übel die göttliche Hilfe anflehe. In den drei ersten Bitten begehren wir ordentlich, was eigentlich zum Ewigen gehört, in den übrigen vier aber auch Zeitliches, was wegen des Ewigen zu erlangen uns notwendig ist.

VI. Was will der Anfang des Gebetes sagen: Vater unser, der du bist in den Himmeln?

Er ist eine kurze Vorrede und erinnert uns die höchste Wohltat, durch welche Gott der Vater, jene ewige Majestät, die im Himmel höchst selig herrscht, uns zu Gnaden und um Christi seines Sohnes willen auch zu seinen Kindern und zu Erben des himmlischen Reiches durch den Heiligen Geist angenommen hat.

Diese Erinnerung an so große Wohltaten weckt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern fordert uns auch auf, als Kinder den Vater wieder zu lieben und ihm zu gehorchen, wie es auch nicht minder das Vertrauen mehrt zu bitten und zu erlangen, um was wir bitten.

VII. Welches ist der Sinn der ersten Bitte: Geheiligt werde dein Name?

Wir bitten, dass in uns, wie auch in allen Andern, allezeit befördert und vermehrt werde, was zur Ehre unsers höchsten und besten Vaters gehört.

Solches aber geschieht vorzüglich, wenn das Bekenntnis des wahren Glaubens, auch die Hoffnung und Liebe, und zugleich ein heiliger Wandel eines christlichen Lebens an uns leuchten und ihre Kraft beweisen, so, dass auch Andere, die es sehen, den Vater preisen.

VIII. Was enthält die zweite Bitte: Dein Reich komme?

Wir bitten, dass Gott durch seine Gnade und Gerechtigkeit in der Kirche, ja auch in der ganzen Welt herrsche und regiere, daher alle feindlichen Mächte überwältige und alle bösen Begierden vertreibe.

Alsdann wünschen und flehen wir, dass wir aus dieser Welt, als aus einer beschwerlichen Pilgerschaft und (hartem) Kriegsdienste baldmöglichst in das Reich der Herrlichkeit und ewigen Seligkeit übersetzet werden, auf dass wir mit Christus und seinen Heiligen ewiglich herrschen.

IX. Was schließt die dritte Bitte in sich: Dein Wille geschehe?

Wir bitten dass wie die Engel und alle Heiligen im Himmel, also auch wir auf Erde, obgleich schwach und gering, Gott einen vollkommenen Gehorsam leisten mögen, und uns nichts so groß (und lieb) sein lassen, als dass wir sowohl im Glück, als auch im Unglück dem göttlichen Willen uns gerne unterwerfen, und nachdem wir unser Willen, der zum Bösen geneigt ist, aufgegeben, in dem göttlichen Willen allezeit ruhen.

X. Was enthält die vierte Bitte in sich: Gib uns heute unser tägliches Brot?

Wir begehren als Arme und Bettler vom Urheber und Quell alles Guten das, was hier zum Lebensunterhalt des Leibes täglich genug ist, nämlich Nahrung und Kleidung; überdies (begehren wir auch) was zum Leben der Seele förderlich ist, nämlich das Wort Gottes, die geistige Nahrung der Seele, das hochheiligste Sakrament, jenes Himmelsbrot, und die übrigen heilsamen Sakramente der Kirche und Gaben Gottes, welche den innern Menschen nähren, heilen und stärken, um heilig und selig zu leben.

XI. Wie versteht man die fünfte Bitte: Vergib uns unsere Schulden?

Hier bitten wir, dass wir von der Seuche der Sünde (denn nichts ist gräulicher, nichts für die Seele ansteckender, als sie) gnädig gereinigt, und uns die Schulden, in welche wir durch die Sünde gefallen sind, nachgelassen werden. Auf dass aber unsere Bitte nicht vergeblich sei, wenn das Herz gegen den Nächsten übel gesinnt ist, so fügen wir noch an, dass wir alle Rachgierde und Feindschaft aufgeben, mit den Nächsten uns versöhnen und eines jeden Schuld von ganzem Herzen nachlassen. Denn gerade da ist es, was Christus dort gewollt hat, da er sagte: Vergebt, so wird euch vergeben. Und wiederum: Wenn ihr nicht den Menschen vergeben werdet, so wird auch euer Vater euch Sünden nicht vergeben.

XII. Was enthält die sechste Bitte: Führe uns nicht in Versuchung?

Weil dieses gegenwärtige Leben nichts anderes, als ein Kriegsdienst auf der Erde ist, da wir allezeit von verschiedenen Versuchungen angefochten werden, und mit der Welt, dem Fleische und dem Teufel hart zu kämpfen haben, so flehen wir eben deswegen die göttliche Hilfe andächtig und sorgfältig an, nicht nur, dass wir bei Angriffen solcher Feinde nicht unterliegen, und bei einer solchen Niederlage verdammt werden, sondern auch, dass wir in diesem Kampf standhaft ausharren und auf die Rechte Gottes uns verlassen und der Macht des Teufels tapfer widerstehen, die Welt verachten, das Fleisch züchtigen, und so endlich als unbesiegbare Kämpfer Christi nach dem Siege gekrönt werden; denn wie der Apostel bezeugt, es wird Niemand gekrönt, als welcher rechtmäßig gekämpft hat.

XIII. Was liegt in der siebten und letzten Bitte: Erlöse uns vom Übel?

Wir bitten zuletzt, dass uns Gott in Trübsalen dieser Welt, mit welchen auch die Frommen zu kämpfen haben, nicht verderben und mit den Gottlosen umkommen lasse, sondern dass er uns durch seine Güte erlöse, so weit es unserm Seelenheile förderlich ist, und vor allem Übel, sowohl des Leibes, als der Seele, sei es in diesem oder künftigen Leben, gnädig bewahre. Denn Er selbst hat es so verheißen: Rufe mich an am Tage der Trübsal und ich will dich herausreißen und du wirst mich ehren.

Endlich schließen wir das ganze Gebet mit dem Einen Worte Amen, auf dass wir im Gebete zugleich und in Gewährung desselben unser Vertrauen bewähren:

erstens um der Verheißung Christi willen, der nicht trügt, da er spricht: Bittet, und es wird euch gegeben;

zweitens wegen der unermesslichen Güte und übergroßen Barmherzigkeit des (himmlischen) Vaters gegen uns alle, wie darum Joannes spricht: Um was wir immer bitten werden nach seinem Willen, (darin) erhört er uns.

XIV. Welches ist die Summe des Gebetes des Herrn?

Es enthält die vollkommenste Weise, nicht nur zu beten und zu begehren, was gut ist, sondern auch um Abwendung und Meidung aller Übel zu bitten.

Unter dem Guten soll man aber allererst um das bitten, dass der himmlische Vater von Allen allzeit und überall geehrt und gepriesen werde. Dann aber, dass wir seines Reiches teilhaftig gemacht werden. Endlich, dass uns die Mittel nicht mangeln, dadurch man füglich zum Reiche Gottes gelangt. Solches geschieht von Seite unserer Seele, dass wir uns dem göttlichen Willen gleichförmig machen, und von Seite des Leibes, dass wir den notdürftigen Lebensunterhalt haben.

Was aber vom zweiten Teil an bis zum Ende des ganzen Gebets angefügt wird, drückt die herzliche Bitte um Abwendung der Übel aus, damit diese durch Gottes Gnade und Macht entweder ganz beseitigt werden, nämlich die Sünden, welche die Zerstörung alles Guten und ein Pfuhl aller übrigen Übel sind, oder damit sie doch so beschränkt werden, dass sie bei ihrer Macht der Erlangung unsers Heiles kein Hinderniss sein können. Übel dieser zweiten Gattung sind die verschiedenen Anfechtungen in dieser Welt, und alle Trübsale des gegenwärtigen und künftigen Lebens.

Was vom Gebet noch abzuhandeln nötig ist, das wollen wir bis dahin aufbehalten, wo die dreierlei guten Werke erklärt werden.

Vom englischen Gruß

XV. Was pflegt man mit dem englischen Gruß zu sagen ?

Das was der heiligsten Jungfrau und Mutter Gottes in diesen Worten vorgetragen wird: Gegrüßt seist du Maria, du bist voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitt für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unsers Absterbens. Amen

===XVI. Woher kommt diese Weise, die Gottesgebärerin und Jungfrau zu grüßen?

Zu allererst kommt dieser Gruß von den Worten und Beispielen des Evangeliums, da der große Erzengel Gabriel und die Mutter des Vorläufers des Herrn, die heilige Elisabeth, vom göttlichen Geist angehaucht, uns so lehren.

Alsdann aber bekräftigen uns diese Grußweise auch die einhellige Meinung, und der beständige Gebrauch der Kirche, welchen die heiligen Väter und unsere Voreltern bis auf diesen Tag hoch und heilig gehalten und auch von uns also gehalten wissen wollten.

Zweitens wegen der unermesslichen Güte und übergroßen Barmherzigkeit des (himmlischen) Vaters gegen uns alle, wie darum Johannes spricht: Um was wir immer bitten werden nach seinem Willen, (darin) erhört er uns.

XVII. Was nützt es diesen Gruß zu gebrauchen?

Durch diese vortrefflichen Worte werden wir zu allererst der größten Wohltat erinnert, welche der ewige Vater durch Maria die Gottesgebärerin in Christus anfangen und dem menschlichen Geschlecht durch die Erlösung gnädig erweisen wollte.

Alsdann ist dieser Gruß der vortrefflichste Preis der heiligsten und bewunderungswürdigen Jungfrau, die Gott verordnet hat, uns eine Erfinderin der Gnade und eine Gebärerin des Lebens zu sein.

Daher soll man sich nicht wundern, wenn wir nach den frommen Bitten, die wir im Gebete des Herrn Gott empfohlen haben, in diesem Gruß, der empfangenen Gnade durch Christus eingedenk, nicht nur die Mutter Christi, sondern auch Gott den Vater in der Jungfrau Gottesgebärerin loben, und mit den Engeln frohlocken, und dieselbe ehrerbietig und oft grüßen.

XVIII. Welches ist der Sinn diese Grußes?

In den ersten Worten begrüßen wir Maria, freudig und in diesem freudigen Gruß preisen wir sie, die uns eine zweite und zwar glückliche Eva geworden ist. Denn welches Weh des Fluches jene erste Eva der Welt gebracht hat, das hat diese durch ihre heilbringende Geburt hinweggenommen, und diesen Fluch der Kinder Adams in ewigen Segen verwandelt.

Sie, würdig, voll der Gnade gepriesen zu werden, weil voll von Gott, voll von Tugenden; hat einzig und allein (denn wir wollen die Worte des heiligen Ambrosius gebrauchen) die Gnade, die keine andere verdient hatte, erlangt, dass sie mit dem Urheber der Gnade erfüllt wurde. Und wie hätte in ihrer Seele oder in ihrem Leibe für Sünden ein Platz sein können, da sie zum Tempel des Heiligen der Heiligen gemacht war?

Es wird weiter beigefügt: der Herr ist mit dir. Denn auch die Kraft des Vaters hat sie besonders umschattet, und der Heilige Geist kam reichlichst über sie herab, und das Wort ist Fleisch geworden und aus ihr, wie der Bräutigam aus seinem Brautgemach wunderbar hervorgegangen.

Es folgt: gebenedeit unter den Frauen, weil sie in der Jungfrauschaft eine Braut, und in der Fruchtbarkeit zugleich eine Mutter ist, die man deswegen mit höchstem Recht die Selige nennt, und alle Geschlechter immerhin so nennen werden. Sie ist die Frau, ganz schön und unbefleckt, eine Jungfrau vor der Geburt, in der Geburt und nach der Geburt, allzeit unversehrt von aller Befleckung der Sünde frei, über alle Himmel erhöht, die nicht weniger zur Herstellung des Lebens genützt, als die unglückliche Eva den Menschen geschadet hat durch den Tod, den sie über sie gebracht.

Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus, als welcher aus der Wurzel Maria wie eine Blume aufging, und der als eine Frucht der Erde sich erzeigte, und die Frucht ewiger Seligkeit seinen Gliedern eben so, wie der Weinstock den Reben Saft und Kraft mitteilt. Wahrhaft selig ist der Leib, der dich getragen und der Welt den Erlöser gegeben hat, Wahrhaft selig sind die Brüste, welche voll des Himmels, den Sohn Gottes gesäugt haben.

Endlich wird auch von der Kirche beigefügt: Heilige Maria Mutter Gottes, bitt für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unsers Absterbens. Denn wir, die den Fußstapfen der heiligen Väter folgen, grüßen nicht nur jene lobwürdige und wunderbarliche Jungfrau, die wie die Lilie unter den Dornen ist, sondern wir glauben auch und bekennen, dass sie mit so überflüssiger Kraft Gottes begabt ist, dass sie den armen Menschen Nutzen, Gunst, Erhörung und Beistand gewähren könne, besonders wenn diese sich und ihre Gebete ihr empfehlen, und die göttliche Gnade durch die Fürbitte der Mutter flehentlich suchen.

XIX. Zeugnisse der heiligen Väter von Maria der Jungfrau

Irenäus: Wie Eva durch die Rede eines (bösen) Engels ist verführt worden, dass sie sich durch Ungehorsam von Gott entfernte, so ist Maria durch einen (guten) Engel beredt worden, dass sie Gott gehorsamte, damit die Jungfrau Maria eine Fürsprecherin würde der Jungfrau Eva. Und wie das menschliche Geschlecht dem Tod unterworfen wurde durch eine Jungfrau, so wird es erlöst durch eine Jungfrau, so ist das Gleichgewicht wieder hergestellt, (gut gemacht) der Ungehorsam einer Jungfrau, durch den Gehorsam einer Jungfrau.

Chrysostomus: Wie es in der Tat würdig und recht ist, dass wir dich hoch erheben, Gottesgebärerin, allzeit seligste und ganz unbefleckte Mutter unsers Gottes, die du geehrter, als alle Cherubim und ohne Vergleich ruhmwürdiger, als alle Seraphim bist, da du ohne (jungfräuliche) Verletzung Gott geboren hast, so preisen wir dich auch mit allem Rechte Gottesgebärerin (mit den Worten): sei gegrüßt Maria! du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, weil du den Retter unserer Seelen geboren hast.

Ambrosius: Die jungfräuliche Reinigkeit und das ganze Leben Marias soll uns immer vor Augen sein, wie in einem Bilde dargestellt, aus welchem, als aus einem Spiegel, die Anmut der Keuschheit strahlt, und Schönheit der Tugend. Was ist vortrefflicher, als die Mutter Gottes? Was ist glänzender als sie, die der Glanz erwählt hat? Was keuscher als sie, die als unversehrte geboren hat? So vortrefflich war Maria, das Leben dieser Einzigen eine Schule für alle ist.

Augustinus (Serm. 2, de annun. dom.): Heilige Maria, komme den Elenden zu Hilfe, unterstütze die Schwachen, tröste die Weinenden, bitte für das Volk, für die Geistlichkeit, vertritt das Frauengeschlecht. Alle sollen deine Hilfe erfahren, die immer dein Gedächtnis feiern.

Fulgentius: Durch Maria ist der Himmel geöffnet, denn durch sie hat Gott das wahre Licht über die Welten ausgegossen. Maria ist eine Leiter des Himmels geworden, weil Gott durch sie auf die Erde herabgestiegen ist, damit die Menschen verdienten, durch sie den Himmel aufzusteigen. Maria ist die Wiederherstellung der Frauen geworden, durch sie, wie es erwiesen ist, vom Verderben des ersten Fluches errettet sind.

Bernhard: Diese königliche Jungfrau ist der Weg, auf welchen der Heiland zu uns gekommen ist, da er aus ihrem Leib hervorging, wie der Bräutigam aus seinem Brautgemach. Mögen wir durch dich Zugang haben zum Sohn, o gebenedeite Erfinderin der Gnade, Gebärerin des Lebens, Mutter des Heiles, dass durch dich uns aufnehme der, welcher durch dich uns ist gegeben worden.

Drittes Hauptstück: Von der Liebe und den zehn Geboten

Von der Liebe

I. Ist es wohl dem Christen genug, in der Lehre des Glaubens und der Hoffnung unterwiesen zu sein?

Es liegt hauptsächlich daran, dass derjenige welcher zu Glaube und Hoffnung gelangt ist, auch die Liebe habe. Denn von diesen insgesamt dreien lehrt Paulus, da er spricht: Nun bleiben noch Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Davon aber die Liebe die größte ist.

Gewiss groß ist der Glaube, der allein vermag, Berge zu versetzen und Wunder zu wirken. Groß auch die Hoffnung, ein Helm und Anker des Heiles, welche den Erwägung der Gute Gottes und der Größe der Belohnung sowohl den Leidenden den größten Trost, als auch den Flehenden außerordentliches Vertrauen einflößt. Die größte aber ist die Liebe, die Fürstin aller Tugenden, die kein Maß und Ziel weiß, und uns auch im Tod nicht verlässt, die stärker ist als der Tod, ohne welche zwar Glaube und Hoffnung dem Christen einwohnen, aber zu einem heiligen und seligen Leben durchaus nicht hinreichen können. Daher von Johannes gesagt ist: Wer nicht liebt, der bleibt im Tod, obgleich ein solcher inzwischen glaubt und hofft, wie die törichten Jungfrauen in dem Evangelium uns zum (warnenden) Beispiele dienen können.

II. Was ist aber die Liebe?

Eine Tugend, von Gott eingegossen, kraft welcher Gott wegen seiner selbst und der Nächste um Gottes willen aufrichtig geliebt wird.

Denn allererst ist Gott in Allem und über Alles und allein wegen seiner selbst zu lieben, als der ganz einzig das ewige und höchste Gut ist, welches allein unsere Herzen erfüllt und sättigt, dessen Liebe und Ehre der Anfang und das Ziel unseres Willens sowohl, als auch unsers Tuns und Lassens sein soll.

Darnach sollen wir den Nächsten um Gottes willen lieben, das heißt, einen jeden Menschen ohne Unterschied, nachdem wir alle unter einander die Nächsten, und durch die engste Verwandtschaft mit einander verbunden sind, nämlich nach der menschlichen Natur, welche die Kinder Adams mit einander gemein haben, und wegen der göttlichen Gnade und ewigen Herrlichkeit, die allen zu teil werden kann, welche nur wollen.

III. Wie viele Gebote der Liebe gibt es?

Zwei Hauptgebote. Das erste von der Liebe zu Gott, das in dem alten und neuen Gesetze mit diesen Worten gegeben ist: Du sollst Gott deinen Herrn lieben aus ganzem Herzen, und aus ganzer Seele, und aus ganzem Gemüte und aus allen deinen Kräften. Das ist das erste und größte Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Diese Liebe ist die Fülle des Gesetzes und die Vollendung der Gerechtigkeit, das heißt, das Band der Vollkommenheit, die Liebe, sage ich, von reinem Herzen und guten Gewissen und unverfälschtem Glauben.

IV. Wie gibt sich die wahre Liebe zu erkennen?

Die Probe der wahre Liebe ist die Ausübung des Werkes, und die Beobachtung der göttlichen Gebote.

Daher spricht der von Christus geliebte Johannes: Das ist die wahre Liebe Gottes, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer.

Und wiederum: Wer da sagt, er kenne Gott und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in ihm ist nicht die Wahrheit. Wer aber sein Wort hält, in einem solchen ist wahrlich die Liebe Gottes vollkommen. Darin erkennen wir, dass wir in ihm sind.

Ja es lehrt auch Christus selbst: Wenn ihr mich liebet, so haltet meine Gebote. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es der mich liebt. Wer aber mich liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden und ich will ihn lieben und mich ihm offenbaren. Wer mich nicht liebt, der hält meine Gebote nicht.

Von den zehn Geboten Gottes

V. Welches sind die Gebote Gottes, die vorzüglich auf die Liebe sich beziehen?

Die zehn Worte Gottes die zuerst durch Moses den Juden gegeben und hernach durch Christus und die Apostel allen Christen anbefohlen worden sind, die auch den Namen der zehn Gebote Gottes erhalten haben, und so aufgezählt werden.

Ich bin der Herr dein Gott

I. Du sollst keine fremde Götter neben mir haben. Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen, um es anzubeten.

II. Du sollst den Namen deines Gottes nicht eitel in den Mund nehmen

III. Gedenke dass du den Sabbat heiligst

IV. Ehre deinen Vater und deine Mutter, auf dass du lange lebst auf der Erde, welche dir der Herr dein Gott geben wird

V. Du sollst nicht töten

VI. Du sollst nicht ehebrechen

VII. Du sollst nicht stehlen

VIII. Du sollst gegen deinen Nächsten kein falsches Zeugnis geben

IX. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau

X. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, noch Feld, Knecht, Magd, Ochs, Esel, noch etwas, das sein ist

VI. Was will dieser Eingang sagen: Ich bin der Herr dein Gott?

Die zehn Gebote fängt Gott an von der Erkenntnis seiner und von der Offenbarung seiner Majestät, auf dass wir den Gesetzgeber, wenn wir ihn erkennen, auch mehr verehren, und seine Gebote die er uns gegeben, bei allen ein größeres Ansehen hätten. Er handelt nämlich mit uns ernstlich, so dass wenn wir anders selig werden wollen, wir dann als in dem klarsten Spiegel, den Willen der göttlichen Majestät und die ganze Weise recht zu leben, klar schauen, und jenes heiligste Gesetz, wenn wir es erkannt haben, mit Hilfe des Geistes Christi genau halten.

Denn unser Gesetzgeber gebietet nicht nur, sondern verheißt auch Segen, und verleiht Hilfe. Er spricht: Ich will meinen Geist in euch geben, und machen, dass ihr in meinen Geboten wandelt und meine Rechte haltet und (darnach) tut. Darum auch Christus, da er befohlen hatte: Nehmt mein Joch auf euch, damit nicht jemand über die Schwere der Last klagen könnte, anfügte: denn mein Joch ist süß und meine Bürde leicht, nämlich denjenigen, welche, mit dem Geiste der Gnade begabt, in ungefärbter Liebe wandelnd.

VIII. Was fasst das erste Gebot in sich?

Es verbietet und verdammt den Götzendienst, die abergläubischen Meinungen, wie auch den Gebrauch der Zauber- und Wahrsagerkunst.

Es lehrt aber und fordert, dass wir gar kein Geschöpf, sei es so vortrefflich, als es wolle, für Gott halten, sondern allein an den einzigen wahren, ewigen und unermesslichen Gott glauben und denselben bekennen, und ihm einzig das Opfer und die besondere Ehre, den höchsten Dienst den die Griechen Latria nennen, erzeigen.

Solches geschieht so, dass wir dieses höchste und ewige Gut über alles verehren, anrufen und anbeten, den besten und mächtigsten Schöpfer, Erlöser, Seligmacher, den Einen und unsterblichen Gott, der über alles hoch gelobt ist, den Geber aller Gnade und Herrlichkeit.

VIII. Wie ehren und rufen wir nebst Gott die Heiligen an?

Wir handeln hier nicht von den Heiligen, das ist, den Geheiligten und in Christus Wiedergebornen, wie Paulus diesen Namen häufig auf alle Christen anwendet; sondern wir verstehen darunter diejenigen, welche die Belohnungen ihrer Heiligkeit im Himmel wirklich schon erlangt haben. Von diesen bezeugt der Genannte Paulus, dass sie durch den Glauben Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit geübt, und die Verheißungen erlangt haben.

Diese sind denn die wahrhaft Heiligen und Unbefleckten, ohne Makel und Runzel, diese vortrefflichen Glieder der Kirche und ganz auserlesenen Werkzeuge und Gefäße des göttlichen Geistes, in welche keine Sünde, nichts Böses mehr fallen kann. Diese Heiligen bestehen teils aus englischen (Engeln) teils aus menschlichen Wesen und sind jene edelsten und seligsten aller Geschöpfe welchen es gegeben ist, dass sie im Himmel die höchsten und ewigen Güter im vollsten Maße genießen und mit Christus dem Herrn allezeit in innigster Vereinigung leben.

Deswegen können sie auch wissen, was bei uns auf Erde vorgeht und weil sie von einer außerordentlichen Liebe zu den auch abwesenden Brüdern brennen, so tragen sie Sorge für unser Heil, sind beständig uns gewogen, und wünschen uns alles was heilsam ist und sie nehmen sich unserer Sache um so eifriger an, als sie um sich selbst nicht mehr besorgt sein dürfen, und je vollkommener und reiner die Liebe ist, die sie ununterbrochen hegen, und alle Tugend, die den Seligen zukommt.

Das ist es, warum wir diese Lichter des Himmels, diese Grundfesten und zugleich Zierden der Kirche, nach Gott überaus hoch verehren. Das ist es, warum wir diese Heiligen vor den übrigen Sterblichen, sie mögen so ausgezeichnet sein, als sie wollen, so hoch schätzen, preisen, nachahmen und innigst lieben. Das ist es, warum wir eben diesen, welche mit so großer und herrlicher Würde so reichlich beglückt sind, große Ehre erzeigen, wie es unsere Schwachheit vermag. Das ist es endlich, warum wir sie, nach christlicher Frömmigkeit, ansprechen oder anrufen, wahrlich nicht, als vermöchten sie durch sich selbst etwas zu verleihen, sondern dass sie bei Gott, dem Geber alles Guten, mit uns bitten, und für uns, die alles Verdienstes entblößt sind, günstige und wirksame Fürsprecher seien.

Eine solche Verehrung und Anrufung wenn sie recht geschieht, nämlich so, dass jene höchste Ehre, jener dem höchsten Gott gebührende Dienst, den wir Latria genannt, unverletzt bestehe, hat wahrlich nichts Schädliches, auch widerstreitet sie nicht der Schrift, sondern ist durch die kräftigsten Zeugnisse der Kirche bewiesen, und gewährt vielen Nutzen.

Dass wir aber auf diese Weise die Heiligen verehren und mit der Kirche anrufen, verdunkelt nicht nur nicht die Ehre Christi, unseres Heilands und Herrn, sondern verherrlichet, vermehrt und breitet sie vielmehr aus. Denn hier strahlt die außerordentliche Kraft und Herrlichkeit Christi des Erlösers, weil Er nicht nur in Sich selbst sondern auch in seinen Heiligen ist und erscheint - mächtig, herrlich, wunderbar; weil Er selbst dieselben ehrt im Himmel und auf der Erde überaus geehrt wissen will, weil Er auch durch sie und ihrer wegen vieles reichlich gibt, und oft derjenigen, die es nicht verdienen, schont. Denn es ist unbekannt, dass Abraham, Isaak, Jakob, David, Jeremias, auch als sie schon gestorben waren, doch noch den Lebendigen nützlich gewesen sind, wie man es denn (in der göttlichen Schrift) lesen mag.

Daher nennen die Väter, wenn sie von den Heiligen reden, dieselben häufig unsere Fürsprecher, Vertreter und Patrone. Wahrlich nicht zu unrecht, da die Erfahrung Zeugnis gibt, dass die treuen Fürbitten der Heiligen vielen gute Hilfe gewähren, wenn sie demütig und andächtig im Namen Christi angerufen werden.

Deswegen wurden schon längst die Vigilantianer verdammt, welche die Heiligen und die geweihten Reliquien derselben ihrer Ehren berauben wollen, die ihnen die rechtgläubige Kirche erweist.

Man soll also die Verleumder nicht anhören, welche erdichten, dass auf solche Weise von den Katholiken die göttliche Verehrung auf Menschen übergetragen, die Heiligen als Götter angebetet, und die Geschöpfe dem Schöpfer gleichgesetzt werden.

Denn dass sich die Sache ganz anders verhalte, haben wir viele Gegenbeweise. Auch bezeugt es jene alte und feierliche Anrufung, die man Litanei nennt, wo Gott und die göttlichen Personen allererst, und zwar viel höher als die Heiligen, und als alle Chöre der Heiligen verehrt und angerufen werden.

Daher auch die Einsetzung jener (festlichen) Tage von den Heiligen, welche St. Augustin, da er gegen Faustus den Manichäer, schreibt, so verteidigt. Er spricht: Das christliche Volk begeht mit andächtiger Feier die Gedächtnisse der Märtyrer, damit es zur Nachfolge erweckt, zur Gemeinschaft ihrer Verdienste gezogen und durch ihr Gebet ihm geholfen werde.

IX. Streitet wohl der Gebrauch der Bilder Christi und der Heiligen nicht gegen dieses erste Gebot?

Ganz und gar nicht. Weil wir nicht, nach der Weise der Heiden, geschnitzte Bilder, Holz und Stein anbeten, als wären sie Götter (denn das wird durch dieses Gebot aufs schärfste verboten), sondern weil wir nach christlicher Weise und mit andächtigem Herzen Christus selbst und die Heiligen dort verehren, wo sie durch Bilder uns vorgestellt werden. Also lehrt die jetzige und die alte Kirche mit größter Einhelligkeit und empfiehlt uns die christlichen und ehrwürdigen Bildnisse, als deren Gebrauch wir auch von apostolischer Übergabe belobt, empfangen haben und durch die heilige Versammlung der Väter gut geheißen bewahren und halten. Ja sogar der alttestamentischen Kirche hat Gott Bilder gegeben.

Darum ist der Irrtum der Bilderstürmer verdammt, als welche zwischen den heidnischen Götzenbildern und den Bildnissen Christi und der Heiligen keinen Unterschied machten, und nicht die Art und Weise der Gnadenzeit und des neuen Gesetzes bedachten, in welcher Gott Mensch geworden und sein Bild und Gleichnis, das er im Anfang erschaffen, selbst angezogen, und in demselben sich uns vor Augen gestellt hat. Es ist das nicht nur ein Irrtum aus Unwissenheit, sondern sogar eine überaus schändliche Wut derjenigen, welche diese Bilder und unter diesen auch das Kreuz des Herrn aus geweihten Orten werfen und mit gottlosen Händen beinahe alles Heilige, wo sie können, zerstören.

X. Was schreibt uns das zweite Gebot vor?

Es verbietet den Missbrauch und die Verunehrung des göttlichen Namens, was von Meineidigen, Gotteslästerern und von denjenigen geschieht, die bei Gott, den Heiligen und was heilig ist, leichtfertig zu schwören gegen den Spruch Christi: wollet nicht schwören. Eure Rede sei: Ja! Ja! Nein! Nein!

Hingegen fordert das Gebot, dass wir nach rechtem Gebrauch der Zunge dem göttlichen Namen die größte Ehrerbietung erzeigen, den Eid halten, die Gelübde, die wir Gott und der Kirche gemacht haben, nicht brechen, endlich das Wort Gottes mit Ehrerbietung behandeln.

XI. Was befiehlt das dritte Gebot?

Es fordert, dass man den Sabbatfesttag in der Kirche mit gottseligen Werken zubringe. Es will daher, dass das Gemüt aller Sorgen ledig sei, damit es frei dem innern und äußern Gottesdienst sich ergeben könne, der in Glaube, Hoffnung und Liebe Gott gefeiert werden soll. Es will dass wir ungehindert die göttlichen Wohltaten erwägen, mit heiligen Dingen uns beschäftigen, Gott bitten und anbeten sowohl für sich selbst zu Hause, als auch öffentlich mit andern im Geiste und in der Wahrheit.

Es verbietet aber an den festlichen Tagen zu arbeiten, knechtische Arbeiten zu verrichten und weltlichen Geschäften sich zu ergeben, damit wir dem Herrn feiern, da wir in die Kirche gehen, den öffentlichen Gottesdienst der Kirche oder die Messe und die festgesetzte Predigt hören, wie denn dieses Gebot der Kirche die Frommen zu halten immer gewohnt waren.

XII. Welches ist der Hauptinhalt dieser drei Gebote?

Diese drei ersten Gebote, welche auf der ersten Tafel stehen, unterweisen uns in dem, dass wir Gott die wahre Verehrung erzeigen, innerlich nämlich und äußerlich, Mit Herz, Mund und Werk, zu Hause und öffentlich.

Die andern sieben aber welche weiter folgen heißen die Gebote der zweiten Tafel, und sind darum hinzugegeben, dass sie uns lehren was wir unsern Nächsten schuldig sind.

XIII. Was gebietet und hält uns das vierte Gebot vor?

Es werden hier die Kinder gelehrt, was sie ihren Eltern schuldig sind, durch deren Hilfe sie zum Leben gebracht und durch deren Bemühung sie liebreich erzogen worden sind. Auch werden die Untergebenen gelehrt gegen die Obern ihre Pflicht zu beobachten, das ist, gegen alle diejenigen, welche an Würde und Gewalt andern vorgehen, es sei in geistlichen oder in weltlichen Ämtern.

Es sind aber jene ihren Eltern und diese ihren Obern eine gewisse innere, sowohl als auch äußere Ehrerbietung und Hochachtung, dann auch Hilfe und Gehorsam schuldig.

Überdies wird verboten, solche höhere Personen auf keine Weise zu beleidigen oder zu betrüben, es geschehe mit Worten, Gebärden oder Werken.

XIV. Was schließt das fünfte Gebot in sich?

Es verbleibt nicht nur den äußern Todschlag und alle Gewalttätigkeit, welche Leib und Leben des Nächsten verletzt, sondern es untersagt auch allen Zorn, Haß, Groll, Widerwillen, Rachsucht und alle böse innerliche Bewegung, unordentliche Neigung und Hang, den Nächsten zu verletzen.

Es fordert hingegen Sanftmut, Menschlichkeit, Güte, Leutseligkeit, Mildtätigkeit, nämlich, dass wir die Unbild leicht vergessen, und nicht Rache fordern, sondern die Beleidigungen einander so vergeben wie Gott in Christus uns vergeben hat.

XV. Was enthält das sechste Gebot?

Es verbietet Hurerei, Ehebruch und allen ungesetzlichen Beischlaf und jede unreine Lust.

Es will zugleich vermieden und abgeschnitten wissen die Gelegenheiten, die des Fleisches böse Lust reizen und entzünden, als da sind schandbare Reden, unzüchtige Lieder, unverschämte Gebärden.

Es gebietet hingegen eheliche Treue, dann alle Schamhaftigkeit und Reinigkeit, sei es des Herzens, in Gedanken und Begierden, oder des Leibes mit der Zunge, dem Angesicht, den Augen, Ohren, mit Betastung und endlich mit allem äußeren Anzüge und Schmuck, so, dass wir, wir mögen allein oder mit andern leben, nicht nur jede Art Verschwendung und Unmäßigkeit fliehen, sondern auch Eingezogenheit, Nüchternheit und Enthaltsamkeit fleißig üben.

XVI. Was wird in dem siebenten Gebote gelehrt?

Es wird dadurch verboten alle unerlaubte Berührung und Aneignung einer fremden Sache durch Diebstahl, Raub, Simonie, Wucher, unrechten Gewinn, bösen Betrug und durch was immer für andere Verträge dadurch die brüderliche Liebe verletzt, und der Nächste listig hintergangen wird.

Hingegen fordert dieses Gebot, dass in jedem Geschäfte oder Handel die Billigkeit unverletzt gehalten und der Nutzen des Nächsten, so wie sich eine Gelegenheit darbietet, auf alle Weise und durch unsere Hilfe befördert werde.

XVII. Was ist im achten Gebote enthalten?

Es ist uns darin verboten falsches und betrügliches Zeugnis gegen Einen zu geben, und die Sache des Nächsten bei dem Gericht auf irgend eine Weise zu verkehren, oder auch außer Gericht den guten Ruf und Namen desselben zu verletzen, wie solches gewiss von den Ohrenbläsern, Ehrabschneidern, Lästerern, Anklägern und Schmeichlern geschieht. Kurz es wird hier alle Lüge und jeder Missbrauch der Zunge gegen den Nächsten untersagt.

Dagegen werden wir gelehrt vom Nächsten gut und wohl zu reden, nämlich zu seinem Schutze und Nutzen ohne Falschheit, Verstellung und Hinterlist.

XVIII. Was enthalten die zwei letzten Gebote in sich?

Sie verbieten die Begierde nach eines andern und fremdem Gute, so dass wir uns nicht nur von eines andern Ehefrau, von unerlaubten Handelschaften, und von äußerlicher und offenbarer Ungerechtigkeil enthalten, sondern auch nicht einmal mit Willen Jemand schaden oder zu schaden vorhaben oder raten sollten.

Hingegen fordern diese beiden Gebote Aufrichtigkeit des Herzens und reines Wohlwollen gegen alle Menschen, dass wir was zu des Nächsten Heil und Nutzen dient von Herzen wünschen und in die Begierde dem Nächsten auch nur im Geringsten Unrecht zu tun, niemals einwilligen.

XIX. Worauf endlich beziehen sich alle zehn Gebote?

Auf die Liebe, welche zweifach ist, und die uns jene zwei Tafeln, auf welche der Finger Gottes diese Gebote geschrieben hat, empfehlen. Denn die Gebote der ersten Tafel lehren was zur Liebe Gottes, die Gebote der zweiten Tafel, aber was zur Liebe des Nächsten gehört.

Von diesen zehn Geboten lehren uns die beiden ersten, dass wir uns vorzüglich vor Sünden, welche dem Dienste und der Verehrung Gottes zuwider sind, nämlich vor Götzendienst und Meineid hüten sollen.

Das dritte Gebot aber ermahnt uns, (Gott) den wahren und reinen Dienst mit Herz, Mund und Werk gläubig zu erzeigen. Wo solcher recht und wohl gehalten wird, da wird gewiss Gott allein in Allem und über Alles geliebt und verherrlichet.

Der Inbegriff der Gebote aber, welche auf die Liebe des Nächsten sich beziehen, fasst sich in das Eine (bekannte Wort): Was du nicht willst, dass dir von einem andern geschehe, siehe zu, dass du es auch ihm nicht tust. Mit diesem stimmt jener Ausspruch Christi überein: Alles was ihr wollt das euch die Leute tun, das tut auch ihnen. Denn das ist das Gesetz und die Propheten.

XX. Welches sind die Eigenschaften und Proben der brüderlichen Liebe?

Von diesen lehrt Paulus so: Die Liebe ist geduldig, ist gütig. Die Liebe ist nicht eifersüchtig, treibt nichts Böses, bläht sich nicht auf, ist nicht ehrgeizig. Sie sucht nicht das Ihrige, lässt sich nicht erbittern, denkt nichts Böses. Sie freut sich nicht über Unrecht. Sie freut sich aber der Wahrheit. Sie erträgt Alles. sie glaubt Alles. Sie hofft Alles. Sie duldet Alles.

Christus aber, um sich selbst zum Beispiel der wahren und vollkommnen Liebe uns zu geben, sprach bei jenem letzten Abendmahl, welches er durch Zeichen seiner außerordentlichen Liebe wunderbar gewürzt hat, diese ernsten Worte: Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt. So wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Und wieder: Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt wie ich euch geliebt habe.

Und dieses (Gebot) ist wahrlich von solchem Gewichte, dass St. Paulus es mit diesen Worten bekräftigt: Wer den Nächsten liebt hat das Gesetz erfüllt.

Wir beschließen dieses Hauptstück von der Liebe mit einem göttlichen Spruch: Erwähle das Leben, damit sowohl du lebest, als auch deine Nachkommen und liebe den Herrn deinen Gott, und gehorche seiner Stimme und hang ihm an. Denn Er ist dein Leben und die Länge deiner Tage.

Damit aber Niemand zweifeln möge, dass in diesem Stück das Evangelium Christi mit dem Gesetze genau zusammenstimme, so werden wir an das Wort erinnert das Christus gesagt hat: Wenn du willst zum Leben eingehen, so halte die Gebote. Und an einem andern Orte, nachdem er die Gebote und Werke der Liebe empfohlen hat, fügt er diese Worte an: Tue das und du wirst leben. Denn nicht die das Gesetz hören sind vor Gott gerecht, sondern die das Gesetz tun, werden gerechtfertigt.

Die das Gesetz getan haben, waren Abel, Noe, Abraham, Zacharias und die Übrigen, welchen die Schrift das Zeugnis gibt, dass sie vor Gott gerecht gewesen, als die da Gott und den Nächsten im Werke und in der Wahrheit liebten.

Daher denn David, unter ihnen nicht der Letzte, und der sich hoch rühmen darf, singt: Ich laufe den Weg deiner Gebote, da du mein Herz tröstest. Ich liebe, halte und bewahre deine Gebote und Zeugnisse. Wer sie bewahrt hat großen Lohn. Verflucht sind, die von deinen Geboten abweichen.

Von den Geboten der Kirche

I. Gibt es außer den zehn Geboten noch andere Gebote die ein Christ halten muss?

Ja es gibt solche, weil unser Gesetzgeber und Meister Christus nicht nur die zehn Gebote gelehrt, sondern auch im Allgemeinen befohlen hat in allen apostolischen und kirchlichen Geboten Gehorsam zu leisten.

Hierher gehören jene evangelischen Sprüche: Wie mich der Vater gesandt hat, also sende ich euch. - Wer euch hört der höret mich. Und wer euch verachtet der verachtet mich. - Wenn er diese nicht hört, so sage es der Kirche. Wenn er aber die Kirche nicht hört, so sei er dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder. In diesen Stellen überträgt Christus der Kirche das höchste und letzte Urteil, und heißt es ihr übertragen, das ist, den Vorstehern und Regenten der Kirche, wie es Chrysostomus auslegt, und die alsbald darauf folgenden Worte des Evangeliums es erklären und davon überweisen.

Nicht umsonst ist vom Apostel Paulus geschrieben: Er zog durch Syrien und Zilizien und stärkte die Kirchen, und befahl die Gebote der Apostel und Ältesten zu halten.

II. Welche sind die Gebote der Apostel und Ältesten die Paulus zu halten befohlen?

Wer Gott erkennt, der hört uns, wer nicht aus Gott ist, der hört uns nicht: darin erkennen wir den Geist der Wahrheit, und den Geist des Irrtums.

St. Pauli Schüler, Dionysius der Areopagita, bezeugt, dass es dieser Gebote zwei Gattungen gebe, nämlich teils geschriebene, teils nicht geschriebene. Zu beiden gehört, was Johannes, der Evangelist schreibt:

Die erste Gattung, die in Schrift verfasst ist, und in geschriebenen Gesetzen besteht, ist klar genug denn sie steht in den Büchern vor jedermanns Augen.

Die zweite Gattung aber besteht in Geboten und Satzungen welche von den Vätern mit dem einzigen Worte: Traditionen (Übergabe, Überlieferungen) begriffen und benannt zu werden pflegen. Denn diese sind nicht, wie die obbemeldten, in Schriften verfasst, sondern mit lebendiger Stimme übergeben und von unsern Voreltern wie von Hand zu Hand an uns überlassen und der Kirche empfohlen, in steter Übung erhalten auf uns gekommen.

III. Ist es denn notwendig diese beiden Gattungen der Gebote zu halten?

Steht (nun liebe Brüder) und haltet die Überlieferungen, die ihr gelernt habt, es sei durch unsere Rede, oder durch unsern Brief. Daher lobt er in dieser Sache die Korinther, dass sie die Gebote der Apostel, die sie mit lebendiger Stimme übergeben empfangen haben, so fleißig bewahrten. Hierauf ermahnt er die Thessalonicher, dass sie sich einem jeden Bruder entziehen sollen, der da unordentlich und nicht nach der Übergabe, die sie von den Aposteln empfangen haben, wandelt.

Ja wohl, wenn wir anders dem Lehrer Paulus folgen, der da so befiehlt:

Und das ist es eben, was die heilige Versammlung von Nicäa, der göttlichen Schrift gemäß, mit so klaren Worten ausdruckt: Es geziemt uns, die kirchlichen Überlieferungen, sie jenen entweder durch Schrift, oder Gewohnheit in der Kirche bewahrt worden, einmütig und unverbrüchlich zu halten. - Und bei Cyprian lesen wir, dass es eben so gültig und gewiss sei, was die Apostel auf Einspruch des Heiligen Geistes übergeben, als was Christus selbst gelehrt hat. Denn gleichwie der Heilige Geist und Christus die gleiche Gottheit haben, eben so haben beide in ihren Satzungen gleiches Ansehen und gleiche Gewalt.

IV. Wie mögen wir erkennen, welche die apostolischen und bewährten Überlieferungen in der Kirche sind?

Darüber schreibt uns St. Augustin eine denkwürdige Regel vor, indem er spricht: Wenn dasjenige was wir nicht aus der Schrift, sondern aus der Überlieferung beobachten, auf dem ganzen Erdkreise beobachtet wird, so erhellet hieraus, dass es als etwas entweder von den Aposteln selbst, oder von allgemeinen Kirchenversammlungen (deren Ansehen in der Kirche sehr heilsam ist) Empfohlenes oder Eingesetztes gehalten werde.

der Genannte Augustin spricht ebenso gegen die Donatisten, ja gegen alle Häretiker, und ermahnt mit Nachdruck in diesen Worten: Was die ganze Kirche hält, und wenn es auch nicht von den Konzilien eingesetzt, aber immer beobachtet worden ist, davon glaubt man ganz recht, dass es nicht anders, als aus Autorität der Apostel eingesetzt worden sei.

Mit ihm stimmt auch Leo der Große überein, da er sagt: Es ist nicht zu zweifeln, dass alles was in der Kirche immer als fromme Übung gepflogen worden ist, von der Überliefernng der Apostel und von der Lehre des Heiligen Geistes herkomme.

V. Welches sind die apostolischen Überlieferungen die die Christen beobachten sollen?

Es gibt hinreichend viele Beispiel bei den Vätern und denjenigen, welche schon vor tausend Jahren öffentlichen Glauben verdient haben. So lehren nämlich Origenes und St. Augustin nach der Übergabe, dass man die Kinder taufen müsse.

Dionysius und Tertullian zeigen an, dass am Altare Bitten und Opfer für die Verstorbenen geschehen müssen.

Daher beweisen Hieronymus und Epiphanius, dass die eingesetzten Fasten der Kirche besonders die vierzigtägige zu halten sei.

So bestätigen auch Ambrosius und Chrysostomus die Würde jener Dinge, welche im heiligen Amte der Messe feierlich vollbracht werden.

Auf gleiche Weise bezeugen auch außer Damascenus die Väter, welche die zweite Versammlung von Nicäa anführt, dass es sich gezieme die Bilder Christi und der Heiligen zu ehren.

Endlich um die übrigen Väter zu übergehen, will jener große Basilius wegen der Überlieferung den heiligen Chrisam und andere feierliche Gebräuche gehalten wissen, die bei den heiligsten Sakramenten angewendet werden.

Und Basilius setzt bei: Wenn wir einmal daran gehen, die Satzungen und Gebräuche, die nicht geschrieben sind, als wäre an denselben nicht viel gelegen, zu verwerfen, so werden wir heimlich und allmählich die gewissen Sprüche des Evangeliums selbst umstoßen, oder vielmehr die Predigt desselben zu einem eitel Namen machen. Ich aber, sagt er, halte dafür, dass es apostolisch sei auch jenen Überlieferungen anzuhangen, welche nicht geschrieben sind.

VI. Wie sehr irrt man heut zu Tage in Betreff der apostolischen und kirchlichen Überlieferungen?

Sehr viel, da die meisten sie verachten, andere sie unterlassen, oder gewiss nicht mehr davon halten, als von den Verordnungen weltlicher Obrigkeiten, und fälschlich vorgeben, dass sie nur menschliche Einrichtungen seien, die zu halten oder zu unterlassen jedem frei stehen, und von einem geringen oder gar keinem Nutzen sind. Sie nennen sie Adiaphora (d.i. gleichgültige Dinge).

Andere gibt es aber, welche wollen, dass beinahe alle Überlieferungen gleichen Gewichtes seien, und welche die Schriftstellen so schändlich vermischen, als ob man gleichviel halten sollte von den pharisäischen und apostolischen Überlieferungen, von den jüdischen und kirchlichen, von den privaten oder einzelnen und von denjenigen, welche mit Einstimmung der ganzen Kirche angenommen und durch den allgemeinen Gebrauch der Frommen, so viele Jahrhunderte bewährt, und wie von Hand zu Hand auf uns gekommen, fast überall angetroffen werden.

VII. Was muss man aber von denjenigen halten, welche die Überlieferungen der Kirche verwerfen und für nichts achten?

Diese straft und verdammt das Wort Gottes, weil es bestimmt erklärt, dass man die Überlieferungen halten solle, indem es die Kirche hören und die Gebote der Apostel und Ältesten bewahren heißt. Das Wort Gottes ist es, welches uns sowohl den weltlichen als auch geistlichen Obrigkeiten unterwirft, den gelinden, wie auch den wunderlichen, um des Gewissens willen, und ernstlich verlangt, dass man ihren Gesetzen die tiefste Ehrerbietung und den strengsten Gehorsam erzeige, Gottes Wort sagt: seid gehorsam euren Vorgesetzten und seid ihnen untertan - Alles was sie euch sagen das haltet und tut; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht tun.

Deshalb verachten sie nicht so fast die Menschen, als den höchsten Gott selbst, den sie doch wahrlich in den Aposteln und ihren Nachfolgern hören und verehren sollen. Sie widerstehen daher geradezu dem Worte Gottes, indem sie der Gewalt und Anordnung Gottes widerstehen, und bringen sich daher in die Verdammnis, wenn wir dem heiligen Paulus glauben.

Diese Ordnung ist nun einmal göttlich, und kann durch menschliche Autorität nicht abgeschafft werden, nämlich, dass die Kirche durch gewisse Gesetze, teils geschriebene teils nicht geschriebene, die uns durch die apostolische Überlieferung gegeben sind, regiert, die Glaubenslehren bewahrt, die heilige Religion verteidigt, die Eintracht genährt und die Zucht erhalten werde.

VIII. Was haben die Väter von dieser Sache gehalten?

Origenes, der ein berühmter und sehr alter Schriftsteller ist, hat davon in diesen Worten geschrieben: Ein jeder ist von uns für einen Häretiker zu halten, der da bekennt, dass er an Christus glaube, und von der Wahrheit christlichen Glaubens etwas anderes halte, als es die Bestimmung der kirchlichen Überlieferung hat. der Genannte spricht an einem anderen Orte: Das allein ist für die rechte Wahrheit zu halten, was in keinem Stücke der kirchlichen Überlieferung entgegen ist. Und der heilige Hieronymus sagt: Ich halte für gut, dich kurz zu ermahnen, dass man die Überlieferungen der Kirche, besonders wenn sie nicht gegen den Glauben streiten, so halten solle, wie sie von unser Vorfahren übergeben worden sind.

Augustin aber lehrt so: Wenn die Autorität der göttlichen Schrift etwas vorschreibt, so ist kein Zweifel, dass man es so tun müsse, wie wir es lesen. Eben das auch sollte geschehen, wenn die Kirche etwas durch den ganzen Erdkreis in beständiger Übung hat. Darüber noch streiten, ob man es tun solle, ist stolze, hochmütige Torheit." Und wieder spricht der Genannte heilige Vater: In denjenigen Dingen, welchen die göttliche Schrift nichts Gewisses festgesetzt, sollen der Gebrauch des Volkes Gottes oder die Satzungen der Vorfahren für ein Gesetz gehalten werden. Und wie die Übertreter der göttlichen Gesetze, so sollen auch die Verächter der kirchlichen Gewohnheiten gestraft werden.

Tertullian endlich, der gelehrteste und älteste Schriftsteller der Kirche handelt in einem ganzen Buch gegen diejenigen, welche nichts zulassen was nicht ausdrücklich in den heiligen Schriften steht, und er behauptet mit Nachdruck, dass einige Satzungen und Gebräuche der Kirche nicht geschrieben seien, die nur von den Häretikern verworfen werden können. Wenn aber jemand Lust zu zanken hat, (um uns der Worte St. Pauli zu bedienen) der wisse, dass weder wir einen solchen Gebrauch haben, noch auch die Kirche Gottes.

IX. Nun aber, was ist die Kirche?

Die Kirche ist die Versammlung aller Menschen, welche Christi Glauben und Lehre bekennen, und die Christus, der Fürst der Hirten, sowohl dem Apostel Petrus, als auch allen seinen Nachfolgern zu weiden und zu regieren übergeben hat.

Alle Häretiker und Schismatiker welche nämlich Spaltungen anrichten verdienen daher nicht den Namen der Kirche, sondern sie maßen sich denselben nur fälschlich an. Obschon sie den Glauben und die Lehre Christi zu bekennen scheinen, so verschmähen sie doch, Schafe zu sein des obersten Hirten und Bischofes, welchen Christus statt Seiner dem Schafstall der Kirche vorgesetzt, und durch eine ununterbrochene Folgenreihe der römischen Kirche bis diesen Tag erhalten hat.

Diejenigen welche diesen Stuhl Petri, diesen Vorzug der Kirche leugnen und bestreiten, verstehen erstens nicht die großen Verheißungen, welche Christus dem Petrus gemacht hat, nicht die geheimnisvollen Schlüssel des Himmelreiches, die der Herr ihm einzig übergeben hat, und vieles andere nicht, was von Petrus, dem Fürsten, dem Munde und Haupte der Apostel, geschrieben steht. Dann stören sie offenbar den Frieden und die bestimmte Ordnung der Kirche, welche ohne einen höchsten Vorsteher und ohne desselben überwiegende Autorität, weder recht regiert, noch auch in der Einheit und in einer gegen die Pforten der Hölle notwendigen Festigkeit lange erhalte werden könnte. Endlich sprechen sie auf unverschämte Weise den Vätern Hohn und ihre Versammlungen und Schriften, welche über dieses vorzügliche Merkmal der Kirche übereinstimmen, ja sogar der Einstimmigkeit der ganzen christlichen Welt.

Diese Kirche und ihre Würde hat der heilige Hieronymus erkannt, dessen Worte so lauten: Wer mit dem Stuhle Petri vereinigt ist, der ist der Meinige. Erkannt hat sie auch Optatus, der Afrikaner, welcher bezeugt, dass unter den wahren Merkmalen der Kirche der Stuhl Petri das erste sei. Erkannt hat sie Augustin welcher deutlich schreibt, dass in der römischen Kirche allzeit der Vorrang des apostolischen Stuhles gewesen sei. Erkannt hat sie Cyprian, welcher die Ursache aller entstehen Häresien und Spaltungen darein gesetzt, dass man dem Einen und höchsten Priester und Richter, dem Statthalter Christi, nicht gehorcht. Erkannt hat sie Ambrosius, wenn er sagte, dass er der römischen Kirche in Allem folgen verlange.

Der aber älter ist, als alle diese, und den der Apostel nahe lebte, und ein wahrhaft apostolischer Mann war, Irenäus, gibt römischen Kirche diesen Lobspruch: Es ist notwendig, dass die ganze Kirche, das heißt alle Gläubigen allenthalben mit dieser Kirche übereinstimmen wegen ihres mächtigen Vorrangs, in welcher allzeit die von den Apostel kommende Überlieferung sich bei den Gläubigen, sie mögen sein, wo sie wollen, erhalten hat.

X. Welches ist nun die Würde und das Ansehen der Kirche?

Dieses nämlich, dass Gott seine Kirche mit vielen und wahrlich außerordentlichen Gaben, Verheißungen und Wohltaten verherrlichet. Nichts ist ihm auf Erden teurer, als sie.

Diese schmückt, erhält, verteidigt und rettet er allzeit.

Diese hat er auch zu seinem Hause gemacht, in welchem alle Kinder Gottes genährt, unterwiesen und geübt werde sollen.

Er hat gewollt, dass sie eine Säule sei und Grundfeste der Wahrheit, damit wir an der Lehre derjenigen nicht zweifeln, welche als eine Lehrerin, Bewahren und Auslegerin der Wahrheit Glauben und unverletzliche Autorität hat. Überdies hat er beschlossen, dass diese Kirche auf den starken Felsen gebaut sei, da mit wir gewiss seien, dass sie unbeweglich und unumstößlich fest stehe, und selbst von den Pforten der Hölle, das ist von den heftigsten Angriffen der Feinde, nicht überwunden werden könne.

Endlich will er, dass sie jene heiligste Stadt sei, auf einen Berg erbaut, die alle sehen, und zu der man leicht kommen könne, damit nicht jemand sie verlasse, die giftigen Gruben und Winkel der Häretiker aufsuche, und durch jene falschen Stimmen: Siehe hier ist Christus, siehe dort ist er! betäubt von ihr weiche und sich trenne.

Diese Kirche, wie die göttliche Schrift sie uns darstellt und preist, ist Christi Freundin, Schwester und einzige Braut, welche zu erlösen, zu reinigen, zu heiligen, zu sammeln und sich mit ihr ganz zu vereinigen, der Sohn Gottes alles getan und gelitten hat, so, dass er in seiner Liebe kein Bedenken trug, auch seinen hochheiligen Leib und Blut für sie hinzugeben.

Für diese Kirche hat er gebetet und auch erlangt, dass ihr Glaube, ihre Einheit und Stärke nimmermehr abnehme.

Dieser Kirche hat er verheißen und treu gesendet und zurückgelassen einen Lehrer, Vorsteher und Regenten, den Heiligen Geist, von dem er sagt: Er wird euch alles lehren und euch alles eingeben, was ich euch gesagt habe Er wird den euch bleiben ewiglich. Er wird euch alle Wahrheit lehren, was nämlich zu wissen und zu glauben notwendig ist.

XI. Durch welche endlich lehrt uns der Heilige Geist in der Kirche die Wahrheit?

Ganz gewiss durch diejenigen, welche wie, wie der Apostel bezeugt vom Heiligen Geist gesetzt sind, dass sie die Kirche regieren, und welche er Bischöfe nennt, Vorsteher, Hirten und Lehrer. Und diese waren nach den Aposteln immer, und sie sind auch noch die vornehmsten Diener Gottes und der Kirche, und die Vorzüglichen Ausspender der Geheimnisse Gottes.

Ihre Autorität aber erkennt man in verschiedenen Dingen, und hauptsächlich in den Versammlungen, wo sie nicht nur über Glauben und die Religion manches beschließen, sondern auch kraft ihres Rechtes und der apostolischen Gewalt bezeugen können und sagen: Es hat dem Heiligen Geist und uns gefallen, wie solches aus den Verhandlungen des ersten Konzils erhellt, das in Jerusalem gefeiert worden ist. Einst war es wahrlich Sünde und Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wurde, wenn jemand dem Ausspruch des Hohenpriesters der den Stuhl des Mose regierte nicht gehorcht hätte. Nun aber hat die Kirche jetzt keine geringere Gewalt, zu regieren, zu urteilen und zu beschließen, als damals die Synagoge hatte. Hatten die Juden schon immerhin das Gesetz, zu gehorchen, so liegt es auch den Christen ob, dass die Aussprüche jener Priester, welche zur Würde der Vorsteher erhoben sind, über Sachen der Religion gerne angenommen und treu gehalten werden.

Deswegen begehen jene ein großes Verbrechen, welche den geistlichen Obrigkeiten das Ansehen und den Gehorsam nicht beweisen, so, dass sie es sogar wagen, sie öffentlich anzugreifen und zu bekämpfen, als nämlich die heiligen Satzungen der Päpste, den welchen allzeit die höchste Gewalt, über das Heilige zu bestimmen, gewesen ist. Dann auch die ehrwürdigen Verordnungen der allgemeinen Versammlungen deren Gewalt in der Kirche so überaus heilsam ist wie St. Augustin spricht. Endlich auch die bestimmten und gewissen Aussprüche der Väter über den Glauben, derer gemeinsame Sinn und Einmütigkeit in einer und der genannten Sache das kräftigste Zeugnis der christlichen Wahrheit ist. Vortrefflich ist jenes Wort, das die frommen Kaiser gesprochen: Unrecht tut derjenige dem Ausspruch einer Versammlung, welcher das, was einmal erklärt und rechtmäßig beschlossen worden ist, umstürzen und öffentlich bestreiten will.

XII. Wozu dient diese göttliche Ordnung, dass die Hirten und Lehrer in der Kirche erhalten werden?

Diese göttliche Ordnung ist uns sehr nützlich und heilsam, vermöge welcher die geistliche Gewalt und Hierarchie alle weltliche Macht und Obrigkeiten weit übertrifft. Denn diese geistliche Macht ist es, wodurch das Christenvolk gefördert wird, die geistlichen und ewigen Güter zu erlangen.

Vorerst nützt sie, um uns der Worte St. Pauli zu bedienen, zur Vollendung der Heiligen, das heißt damit diejenigen, welche diese Gewalt üben jeden Menschen in Christus vollkommen machen wie der genannte Paulus an einem andern Orte spricht und durch ihren Eifer die Gläubigen zur vollkommenen Heiligkeit, wozu sie berufen sind, bringen.

Auch nützt sie zum Werke des Dienstes, damit die welche vorzüglich Diener der Kirche sind und heißen, etwas haben, worüber sie allzeit wachen und dafür sie sorgen, vermöge des höchsten Amtes, welches ihnen anvertraut ist.

Überdies nützt sie zur Erbauung des Leibes Christi, damit diese geistlichen und weisen Baumeister mit dem geheimnisvollen Leibe Christi, welcher in seiner Erbauung eine besondere Anstrengung fordert, sich beständig beschäftigen wissen, auf dass sie bald den Grund des wahren Glaubens legen und befestigen, bald das Übrige was zur vollkommenen Gerechtigkeit notwendig ist, weiter aufbauen.

Endlich nützt sie, dass wir nicht wie Kinder schwanken und von jedem Winde der Lehre hin und her geworfen werden durch die Schalkheit der Menschen. Wegen der Schwächeren, die immer der Kirche die Mehrzahl machen, ist das Amt der geistlichen Vorsteher notwendig, vorzüglich da die Winde der Häresien und die Stürme der Verfolgungen an das Haus der Kirche gewaltig stossen. Denn alsdann ist der Schutz und Beistand derjenigen notwendig, welche vermöge der Gewalt die Wölfe abtreiben, die Schafe verteidigen, das Unkraut entwurzeln und die gesunden Glaubenslehren befestigen können und wollen, damit nicht die sonst Einfältigen durch Worte, Schriften und Beispiel trügerischer und verdorbener Menschen dem königlichen Wege der Wahrheit abgeführt werden, ja dass vielmehr alle die Wahrheit nicht nur erkennen, sondern auch tun, und in Dem, der das Haupt ist, Christus, zunehmen und gedeihen wie der genannte Paulus noch hinzugefügt hat.

XIII. Wie mögen wir diese vortrefflichen Früchte erlangen?

So nämlich, dass wir nicht hoch, sondern nüchtern, weise sein wollen, und allezeit besorgt seien, zu halten die Einheit des Geistes im Bande des Friedens, auf dass wir uns als demütige und gehorsame Schäflein Christi erweisen.

Die Eigenschaft dieser Schäflein ist, dass sie die Wölfe fliehen, nicht fremden, sondern ihren Hirten folgen, diesen als den ordentlichen Vorstehern des Schafstalles des Herrn sich unterwerfen und in denselben den Geist der Wahrheit hören.

Dieser Geist der Wahrheit ist es, welcher auch durch böse Vorgesetzte die Herde des Herrn zu lehren, zu weiden und zu erhalten sich würdigt, welcher auch durch dieselben die Gebote, sowohl Gottes des Vaters, als auch de Kirche der Mutter uns in diesen Worten empfiehlt: Höre, mein Sohn, die Lehre deines Vaters und verlass nicht das Gesetz deiner Mutter. Und wieder schärft es uns der Genannte ein, da er spricht: Mein Sohn, bewahre die Gebote deines Vaters, und verlass nicht das Gesetz deiner Mutter.

XIV. Welches sind die Gebote der Kirche?

Es werden vorzüglich fünf gezählt, welche einem jeden Christen zu wissen und zu halten notwendig sind.

1. Du sollst die festgesetzten Feiertage der Kirche halten.

2. Du sollst das heilige Amt der Messe an Festtagen andächtig hören.

3. Du sollst, die an gewissen Tagen und Zeiten verordnete Fasten halten, als nämlich in der vierzigtägigen Fasten, an den vier Zeiten des Jahres (zur Quatember), und an den Vorabenden einiger hochgefeierten Feste, welche unsere Vorfahren Vigilien (d.i. Wachen) nannten, weil an denselben des Nachts in den Tempeln gewacht worden.

4. Du sollst deine Sünden dem eigenen Priester alljährlich beichten.

5. Du sollst das Heiligste Sakrament des Altars wenigstens das Jahr einmal und zwar um das Osterfest empfangen (Und du sollst zu verbotenen Zeiten keine Hochzeit halten.)

XV. Was bringt es für Frucht, wenn man diese Gebote hält?

Diese und dergleichen andere Satzungen und Gebote der Kirche, welche schon so viele Jahrhunderte an und aufgenommen, durch große Einhelligkeit und Übung der frommen Christen bestätigt, und der Frömmigkeit und Vernunft sehr gemäß sind, bringen überaus großen Nutzen mit sich.

Denn sie sind heilsame Übungen des Glaubens, der Demut und des christlichen Gehorsams. Sie fördern Zucht und Ehrbarkeit und die Einigkeit des christlichen Volkes. Sie stehen da als schöne Wahrzeichen der Religion, endlich geben sie Zeichen und Merkmale unserer innern Frömmigkeit, durch welche wir zur Erbauung sowohl mit den Frommen leuchten als auch den Bösen vorleuchten sollen.

Kurz, diese dienen uns dazu, dass wir jene apostolische Regel auf´s genaueste halten: Alles geschehe bei euch mit Anstand und Ordnung.

XVI. Wozu ist uns das Ansehen der Kirche notwendig?

Allererst dazu, damit wir die kanonischen und wahren Schriften von den falschen sicher zu unterscheiden wissen.

Daher bezeugt Hieronymus und spricht: Wir nehmen das alte und neue Testament in jener Zahl der Bücher, welche das Ansehen der heiligen katholischen Kirche übergibt. Und der heilige Augustin sagt: Ich würde dem Evangelium nicht glauben, wenn mich nicht das Ansehen der katholischen Kirche bewegen würde.

Zweitens bedürfen wir der Autorität der Kirche, damit wir des wahren Sinnes und Auslegung der Schrift gewiss sind, und so nicht ohne Ende zweifeln und über den Sinn und Verstand der Worte immer uns streiten. Denn alle Häretiker, wie der genannte Augustinus spricht, bemühen sich ihre falschen und betrügerischen Meinungen aus den heiligen Schriften zu verteidigen. Die Schrift besteht wahrlich nicht im Lesen, sondern im Verstehen, wie Hieronymus bezeugt.

Drittens ist die Autorität der Kirche nötig, damit in wichtigen Fragen und Streitsachen, die über den Glauben vorfallen können, ein Richter vorhanden sei, und desselben gesetzliches Ansehen sich in das Mittel lege. Denn nur zu wahr ist, was der heilige Epiphanius gegen die Häretiker lehrt, dass nicht alles aus der göttlichen Schrift genommen werden könne, was auch der heilige Augustin sehr wohl bestätiget, wenn er sagt: Es ist offenbar, dass in einer zweifelhaften Sache die Autorität der katholischen Kirche zum rechten Glauben und zur Gewissheit sehr viel helfe. Denn der Heilige Geist kann der Kirche nicht mangeln, der sie in alle Wahrheit leitet, wie Christus selbst es verheißen hat.

Zum vierten bedarf es der Autorität der Kirche, damit nach Verhältnis der Personen, Orte und Zeiten, Satzungen gegeben, die Zucht unverletzt gehalten, und Recht gesprochen werde. Denn Gott hat diese Gewalt der Kirche verliehen zur Erbauung und nicht zur Zerstörung.

Endlich ist die Autorität der Kirche auch notwendig, damit die Hartnäckigen die Gewalt, zu strafen und auszuschließen, welche Christus gegeben, und schon Paulus auch ausgeübt hat, empfinden, und dadurch gebessert und bezwungen werden. Hören wir hierüber den heiligen Augustin, der da spricht: Diejenigen, durch welche die Kirche regiert wird, haben die Gewalt gegen die Gottlosen und Boshaften Zucht und Strafe zu üben, doch so, dass der Friede nicht leidet.

Aus diesen Ursachen, um alle andern zu übergehen, ist es gewiss, dass die Autorität der Kirche nicht nur nützlich, sondern auch notwendig sei, so, dass ohne dieselbe das ganze Christentum für nichts anderes als für eine babylonische Verwirrung zu achten wäre. Deshalb, gleichwie wir der Schrift um des Zeugnisses willen des Heiligen Geistes, der in ihr redet, glauben, anhangen und das größte Ansehen ihr zuschreiben. Eben so sind wir auch der Kirche Glaube, Ehrerbietung und Gehorsam schuldig, weil sie von Christus ihrem Haupte und Bräutigame, durch denselben Geist gelehrt, begabt zugleich und gestärkt wird, dass sie nichts anderes sein kann, als sie vom heiligen Paulus genannt wird: eine Säule und Grundfeste der Wahrheit.

XVII. Welches ist der Nutzen und die Frucht der ganze Lehre von den Geboten und Überlieferungen der Kirche?

Der Nutzen ist wahrlich sehr groß und verschieden, und zwar erstens, dass wir einsehen, dass wir ganz und gar nicht an die Buchstaben oder die göttlichen Schriften allein gebunden sind. Denn, um uns der Worte des heiligen Irenäus zu bedienen, wenn uns die Apostel auch keine Schriften hinterlassen hätten, müssten wir nicht doch der Ordnung der Überlieferung folgen, die sie denjenigen übergeben haben, welchen sie die (ersten) Kirchen anvertrauten? Klar spricht daher solches der heilige Basilius aus: Einige Lehren, welche in der Kirche bewahrt und gepredigt werden, haben wir aus der schriftlich aufgezeichneten Lehre, einige hingegen haben wir aus der Überlieferung der Apostel, die im Geheimnis, das ist, in geheim übergeben worden ist, empfangen. Diese beiden haben gleiche Kraft zur Gottseligkeit, und dem widerspricht niemand, der auch nur ein wenig weiß, was geistliche Rechte sind.

Es kann auch kein Zweifel sein dass Christus und die Apostel Vieles sowohl getan, als auch gelehrt haben, was, wenn es schon nicht geschrieben steht, doch für uns und unsere Nachkommen höchst wichtig ist. Hierüber ermahnt uns Paulus überhaupt, da er spricht: Im Übrigen, Brüder, was immer wahrhaft ist, was ehrbar, was gerecht, was heilig, was liebenswürdig, was rühmlich, wenn irgend eine Tugend, wenn irgend eine löbliche Tat ist, dem sinnt nach. Was ihr gelernt und empfangen und gehört, und gesehen habt an mir, das tut. Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.

Der nächste Nutzen (oben beschriebener Lehre) ist dieser, dass man die christliche Freiheit recht gebrauche, welche die Menschen, die von Müßiggang und fleischlicher Lust gefangen sind, wenn jemals, jetzt am meisten, zur Begierlichkeit des Fleisches missbrauchen, wie der Apostel spricht: Unter dem Vorwand der christlichen Freiheit dienen sie den schändlichsten Wollüsten, und fast alles, was ihnen beliebt, glauben sie, sei ihnen erlaubt, auch sogar die Satzungen der Religion ändern zu dürfen. Nun von dieser ruchlosen Neuerung, von diesem Frevel ziehen uns zurück, schützen und schrecken uns ab die Lehren und Satzungen der Apostel und der Kirche. Sie bezähmen die menschliche Frechheit, und lehren die christliche Freiheit weise gebrauchen, so nämlich, dass wir vom Joch der Sünde und von der Dienstbarkeit des alten Gesetzes durch Christus frei gemacht, freiwillig und gerne die Christenpflicht erfüllen, Gott in Gerechtigkeit und Heiligkeit dienen, in dem Gesetz der Liebe dem Führer, dem Heiligen Geist, folgen als Knechte der Gerechtigkeit, Kinder des Gehorsam, Verehrer der Demut, Bewahrer der Geduld, Liebhaber der Buße und des Kreuzes. Brüder, sagt der Apostel, ihr seid zur Freiheit berufen, nur sollt ihr die Freiheit nicht zum Dienst des Fleisches missbrauchen, sondern einander im Geiste der Liebe dienen. Diese Liebe des Geistes durch den Gehorsam heiligen Dienstes zu nähren und zu erhalten, nützen alle schönen Übungen, und auch die Überlieferungen der Kirchen. Wenn sie fromm gehalten werden, sind hierzu von grossem Gewicht.

Der letzte Nutzen, den wir aus der Lehre von den Geboten der Kirche schöpfen, ist, dass wir den wahren Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern der Kirche, oder zwischen den Katholiken und Häretikern daraus entnehmen. Denn jene (die Katholiken) finden ganz einfältig ihre Ruhe in der Lehre der Kirche, sie sei geschrieben, wie sie in der Bibel gegeben ist, oder sie sei durch die Überlieferung der Väter bewährt. Denn sie folgen dem Worte Gottes: Du sollst nicht übertreten die alten Grenzen, welche deine Väter gesetzt haben.

Diese aber (die Häretiker) weichen von dieser Einfalt des Glaubens und vom bewährten Ausspruch der ehrwürdigen Mutter, der Kirche, und der heiligen Väter ab, und vertrauen zu viel auf sich und auf diejenigen, welche die Kirche treulos verlassen haben, und wenn schon ermahnt, bekehren sie sich doch nicht. Daher hat der heilige Paulus ihrer wegen so ernstlich das Gecbot gegeben, da er spricht: Einen häretischen Menschen meide, nachdem er ein und zweimal ist ermahnt worden, und wisse, dass ein solcher verkehrt ist. Nun damit wir mit dem heilige Cyprian schließen: Ein jeder der von der Einheit der Kirche abweicht, findet sich notwendig unter den Häretikern.

XVIII. Welches ist nun die Summe alles Vorhergehenden?

Alles was vom Anfang bis hierher von der Summe der christlichen Lehre abgehandelt worden ist, zielt dahin, dass die wahre Weisheit eines Christenmenschen hergestellt werde, welche in den drei Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe begriffen ist. Durch den Glauben hält sich die Seele kräftig an die Wahrheit Gottes und stützt sich fest auf dieselbe. Durch die Hoffnung aber ergreift sie die Güte Gottes noch mehr die anfänglich durch den Glauben erkannt und begriffen worden ist. Durch die Liebe endlich wird sie mit Gott und dem Nächsten um Gottes willen verbunden und vereinigt.

Übrigens lehrt uns vom Glauben das apostolische Bekenntnis, da es uns dasjenige vorhält, was ein Christ hauptsächlich glauben und bekennen muss. Von dem aber, was man hoffen und verlangen muss, lehrt uns das Gebet des Herrn. Zur Liebe endlich gehört, was die zehn Gebote auf den zwei Tafeln uns vorlegen.

Vortrefflich spricht daher Origenes: Ich halte dafür, dass der erste Anfang und Grund des Heiles der Glaube sei. Der Fortgang aber und die Zunahme des Gebäudes die Hoffnung. Die Vollendung aber und der Gipfel des ganzen Werkes die Liebe.

Selig daher diejenigen welche das Wort Gottes hören und bewahren, und welche den Willen des Vaters erkennen und tun indem sie in Glaube, Hoffnung und Liebe unter der Leitung Christi wandeln und verharren.

Und das sei, unserm Vorsatz nach, genug von jenen höchsten Tugenden, welche, weil sie von Gott eingegossen werden und die Menschen zu göttlichen Wesen bilden, mit Recht die theologischen (die göttlichen) Tugenden heißen, und wohl zur christlichen Weisheit gezählt werden.

XlX. Gehört wohl nichts anderes mehr zur christlichen Lehre?

Ja wohl! denn hierher gehört offenbar die Lehre von den Sakramenten, damit die Christen wissen, welche von Gott eingesetzten Heilsmittel sie nötig haben, um Glaube, Hoffnung vorzüglich die Liebe zu empfangen, zu üben, zu vermehren, zu erhalten oder wenn sie verloren wären, wieder herzustellen. Überdies kann weder die christliche Weisheit, noch Gerechtigkeit ohne die Sakramente empfangen und erhalten werden, weil ohne dieselben die ganze Religion völlig untergehen müsste. Daher haben die heiligen Sakramente in der christlichen Lehre ein so überaus hohes Ansehen und sie müssen notwendig abgehandelt werden.

Viertes Hauptstück: Von den Sakramenten

I. Warum soll man die Christen von den Sakramenten unterrichten?

Weil die Erkenntnis und der Gebrauch der Sakramente bewirkt, dass sie durch die Gnade die sie aus den Verdiensten Jesu Christi empfangen, und die durch die Sakramente selbst verliehen wird, im göttlichen Dienste gesetzlich geübt erhalten und befördert werden.

II. Was und wie vielfach ist der göttliche Dienst?

Göttlicher Dienst wird genannt, welchen ein Christ als vorzüglichsten und höchsten Gehorsam Gott seinem Schöpfer und Erlöser schuldig ist und erzeigt.

Denn es ist kein Zweifel, dass der Mensch vorzüglich dazu, damit er Gott mit reinem und ganzem Herzen diene, anfänglich erschaffen, und nachher erlöst und dazu ganz und gar bestimmt worden sei.

Der göttliche Dienst aber ist zweifach: innerlich und äußerlich. Der innerliche, in welchem wir durch Verstand und Willen mit Gott vereiniget werden, wird durch Glaube, Hoffnung und Liebe, wie zuvor gesagt, vollbracht. Der äußerliche ist ein Bekenntnis des innern göttlichen Dienstes, den wir durch gewisse äußere und sichtbare Zeichen und Gebräuche offenbaren. Denn Gott, welcher zwar unserer Güter nicht bedarf, weil er in sich selbst selig und ganz vollkommen ist, wollte doch, dass, wie der ganze Mensch aus Leib und Seele besteht, derselbe eben so auch ganz, das ist, nach allen seinem Wesen und Vermögen, ihm aufrichtig und eifrig diene, und zwar mit der Seele nach dem innerlichen Gottesdienste, wie wir gelehrt haben, dann mit dem Leibe nach dem äußern Gottesdienste, der aber mit dem innen verbunden ist, was offenbar auf mannigfaltige Weise, hauptsächlichst aber und am heilsamsten durch den Gebrauch der Sakramente geschieht.

Denn so hat es der göttlichen Weisheit gut gedünkt, sich nach der Schwachheit der sterblichen Menschen zu bequemen und ihre Kraft durch gewisse äußere Dinge und Zeichen, die mit den Sinnen erfasst werden, wirken zu lassen. Denn unser unsterblicher Geist, der in diesem dunkeln und hinfälligen Leib, wie in einem Kerker, eingeschlossen ist, gebraucht meistens den Dienst der Sinne, und pflegt nicht anders, als durch Hilfe dieser zur Ergreifung göttlicher Dinge sich zu erheben. Daher hat Gott sowohl im alten, als auch im neuen Sakramente und vieles, was zum äußern Gottesdienste gehört, eingesetzt, und das Volk Gottes allzeit beobachtet.

III. Was ist ein Sakrament?

Es ist ein äußeres und sichtbares Zeichen der göttlichen und unsichtbaren Gnade von Christus eingesetzt, damit der Mensch durch dasselbe die Gnade Gottes und die Heiligung empfange.

Deshalb heißen nicht alle und jede Zeichen ohne Unterschied Sakramente der Kirche, sondern sie sind gewisse, hochheilige und wirksame Zeichen, die den Christen vermöge göttlich Einsetzung und Verheißung empfohlen sind.

Sie werden darum Zeichen genannt, weil sie durch eine äußere Gestalt und wie im Bilde das uns darstellen und anschaulich machen, was Gott durch dieselben unsichtbarer und geistlicher Weise an uns tut.

Sie sind aber gewisse, hochheilige und zugleich wirksame Zeichen, weil sie ohne allen Zweifel die Gnade, welche sie bedeuten, auch (in sich) enthalten und zu unserer Heiligung mittheilen. Denn die Sakramente, so viel an ihnen ist, können, (wie Cyprian spricht) nie ohne eigene Kraft sein, und es entzieht sich die göttliche Majestät den Geheimnissen auf keine Weise, wenn sie schon von Unwürdigen ausgespendet werden.

Dass wir ein Beispiel geben! Im Sakrament der Taufe ist die äußere Abwaschung, die den Leib von den Flecken reiniget, ein kräftiges Wahrzeichen der innern Abwaschung, als welcher sie ein gewisses Zeugnis gibt, dass die Seele geistlicher Weise gereinigt wird. Eben so werden auch andere sichtbare und äußere Dinge, als Öl, die Gestalten des Brotes und Weines, deren Gebrauch bei den Sakramenten notwendig ist, uns passend vorgestellt, um dem Menschen die göttliche Gnade und das Heil der Seele sowohl zu bezeichnen, als auch mitzuteilen, wenn er anders nicht unwürdig zu denselben hingeht.

Denn durch die Taufe werden wir wiedergeboren und erneuert, durch die Firmung reichlicher begabt und gestärkt, durch das Sakrament des Altars genährt und erquickt, durch die Buße wieder hergestellt und gesund gemacht im geistlichen Leben. In diesem werden wir auch durch die übrigen Sakramente unterstützt und gefördert, nach eines jeden Kraft und Wirkung, wie wir es hernach an seinem Ort auseinander setzen werden.

IV. Aus welchen Teilen besteht ein jedes Sakrament?

Aus dem Wort und Element (oder Zeichen). Durch das Wort verstehe hier einige gewisse und bestimmte Worte, in welchen besteht die Form, wie man es nennt, des Sakramentes. Durch das Element verstehe die äußern Dinge, welche eine wahre Materie der Sakramente sind, als nämlich Wasser, Öl, Brot, Wein und dergleichen.

Mit diesen beiden Stücken, wenn sie vollkommen angewendet werden, sind die übrigen Dinge, welche teils zur schicklichen Erteilung, teils zum würdigen Empfang eines jeden Sakramentes gehören, verbunden nämlich die göttliche Einsetzung, der ordentliche Diener (der Kirche), die rechte Meinung in dem Diener, der Glaube in dem, der sie empfängt, und was dergleichen anderes ist.

V. Wie viel Sakramente gibt es?

Sieben, welche die Braut Christi und die Säule der Wahrheit, die Kirche, von Christus durch die Apostel empfangen, bewahrt die Sakramente und bis jetzt treu ausgespendet hat. Es sind aber diese: die Taufe, die Firmung, das Sakrament des Altars, die Buße, die letzte Ölung, die Priesterweihe und die Ehe.

Es liegt aber wahrlich nichts daran, wenn schon diese Namen in der Schrift nicht alle ausgedrückt stehen, wenn nur ihr Wesen darin gegründet ist, und der Sakramente Wahrheit und Kraft durch göttliche Zeugnisse bewahrt wird. Diese Sakramente, welche die ganze Kirche, von den Aposteln überliefert, empfangen hat, bewahrt, und zu bewahren empfiehlt, auch wenn sie in der göttlichen Schrift nicht gefunden werden, verdienen gleichwohl unsern vollkommenen Glauben, wie wir vorher gelehrt haben. Von der Einsetzung eines jeden Sakramentes hernach an seinem Ort.

Die Kraft der Sakramente aber, wie der treueste Ausleger der Schrift, St. Augustin, spricht, vermag unaussprechlich viel, und deswegen macht sie die, welche sie verachten, zu Gottlosen. Denn nur mit Gottlosigkeit wird das verachtet, ohne was die Gottseligkeit nicht geübt werden kann. Und wie der Genannte an einem andern Ort lehrt: der Verächter des sichtbar Sakramentes kann auf keine Weise unsichtbar geheiligt werden.

VI. Warum sind die Sakrament eingesetzt?

Erstens, dass sie uns allzeit die gewissesten Arzneien seien gegen die Sünde, welche eine tötliche Krankheit der Seele ist, und wenn sie nicht in dieser Zeit geheilt wird, die ewige Verdammnis bringt. Deshalb übertreffen diese Sakramente des alten Gesetzes weit, denn sie sind größer in der Kraft, besser in der Nutzbarkeit, weniger an der Zahl, erhabener im Sinne, leichter in der Beobachtung, vortrefflicher an Bedeutung, welche außerdem, dass sie Heiliges bedeuten, auch heilig machen und das Heil gebe, wie es St. Augustin aus der Schrift aufs Beste gesammelt hat.

Zweitens sind die heiligen Sakramente eingesetzt, dass wir gewisse und wirksame Zeichen des göttlichen Willens und der Gnade gegen uns haben, die wenn sie in die äußern Sinne fallen, nicht nur den Glauben an Christus und an Gottes Barmherzigkeit und Güte erwecken, sondern auch lebendige Werkzeuge sind, durch welche es Gott gefallen hat, unser Heil kräftig zu wirken, wie denn schon vor Alters vortrefflich gesagt worden ist, dass das Sakrament auch durch sich selbst sehr mächtig wirke.

Drittens sind die Sakramente eingesetzt, damit gleichsam Wahrzeichen und äußere Merkmale des christlichen Bekenntnisses vorhanden seien, an welchen die Kinder Gottes und der Kirche sich wechselseitig erkennen, und damit sie sich in Einigkeit, Demut und Gehorsam fruchtbar üben und erhalten, und so als durch notwendige Bande und Bündnisse einer Religion mit einander vereinigt bleiben. Ohne das, nämlich ohne Sakramente, kann keine Religion weder bestehen, noch genugsam unterschieden werden.

VII. Was muss man von den Dienern der Kirche halten, welche die Sakramente ausspenden?

Man muss von ihnen denken, dass sie seien Christi Diener und Ausspender der Geheimnisse Gottes, welche die Gefäße des Herrn tragen, und dem Tabernakel dienen, welche auch den heiligen Ämtern öffentlich vorstehen, und sie mit einem gewissen Rechte verwalten. Denn nicht allen ohne Unterschied, sondern den Priestern und Bischöfen liegt es ob, und ihnen ist es von Gott befohlen, die Sakramente zu wirken, auszuspenden oder zu verwalten.

Damit wir aber nicht jemals glauben, die Sakramente hängen vom Leben und der Frömmigkeit der Kirchendiener ab, so schreibt uns St. Augustin diese Regel vor: Die Sakramente sind deswegen nicht wahrhafter und nicht heiliger, weil sie durch einen Frömmern gespendet werden. Denn sie sind an und für sich selbst wahrhaft und heilig, wegen des wahren und heiligen Gottes, dessen Eigentum sie sind. Und wiederum: Gedenke, dass die Sitten der bösen Menschen den Sakramenten Gottes keinen Abbruch tun, so, dass sie deshalb entweder gar nicht oder minder heilig sind. Damit stimmt auch jener Spruch des heilugen Ambrosius überein: Siehe nicht an die Verdienste der Personen, sondern die Ämter der Priester, nämlich in Verwaltung der Sakramente. Denn Gott ist gewohnt, auch durch Unwürdige zu wirken, und wegen des Priesters Leben wird an der Gnade des Sakramentes nichts geschwächt, wie Chrysostomus Zeugnis gibt.

VIII. Was ist von den Zeremonien zu halten, besonders von denjenigen, die man bei den Sakramenten feierlich gebraucht?

Die Zeremonien die von der Kirche bewährten, sind gewisse äußerliche Gebräuche, heilig und löblich eingesetzt, erstens: dass sie Zeichen seien, Zeugnisse und Übungen des innerlichen Gottesdienstes, den Gott vorzüglich fordert.

Zweitens sind Zeremonien angeordnet, damit es lebendige Reizmittel gebe der Religion, dadurch die menschliche Gebrechlichkeit gleichsam als durch Stützen gehalten und die Geheimnisse teils zu fassen, teils zu behalten wie bei der Hand geführt werde.

Endlich sind Zeremonien nützlich eingeführt, auf dass alles, was zur Förderung des göttlichen Dienstes und zur Erhaltung der öffentlichen Zucht und Eintracht gehört, mit Anstand und einer gewissen geziemenden Ordnung, wie es der Apostel befiehlt, in der Kirche behandelt werde.

Jene Zeremonien, aber welche bei Ausspendung der Sakramente gebraucht werden, und welche wir von den Vätern als wie von Hand zu Hand übergeben und bewährt empfangen haben, müssen wir mit besonders großem Fleiße behalten und beobachten. Denn außerdem, dass sie den Sakramenten ein Zierde geben und eine gewisse Ehrerbietung einflößen, sind sie auch wegen ihres hohen Alters uns ehrwürdig.

Dann haben sie außer der ältesten und apostolischen Einsetzung auch eine Fruchtbarkeit und Fülle der wichtigsten und herrlichsten Geheimnisse, wie die heiligsten und gelehrtesten Väter es uns aufgezeichnet haben. Von diesen und andern dergleichen Zeremonien spricht der heilige Damascenus in diesen vortrefflichen Worten: Die Dinge, welche die christliche Religion, die nicht irren kann, annimmt, und so viele Jahrhunderte schon fest hält, sind gewiss nicht vergeblich, sondern nützlich, Gott gefällig und zu unserm Heile sehr dienlich.

Die Sektierer lachen zwar der Zeremonien, die bei den Sakramenten gebraucht werden, vielmehr aber sind sie selbst zu belachen oder eigentlich zu beweinen, dass sie auf das blinde Urteil und den feindseligen Hass (die übelsten Ratgeber) sich verlassen, und gegen die klarste Wahrheit Krieg erheben. Von den Zeremonien der Taufe geben uns sogar die allerältesten Gottesgelehrten Zeugnis, als Dionysius, Klemens, Tertullian, Origenes, Cyprian, Basilius, Chrysostomus, Cyrillius.

Obschon die Gottlosen spotten und lästern, so empfehlen doch jene Väter mit großer Übereinstimmung die Entsagung des bösen Feindes, die Beschwörungen, das geweihte Wasser, den heiligen Chrisam, das Zeichen des Kreuzes. Vor beinahe zweimal sechshundert Jahren schrieb der heilige Basilius auf diese Weise: Wir weihen das Wasser der Taufe, und das Öl der Salbung und überdies den, der die Taufe empfängt."

Nun aber von den Zeremonien, die den allen und jeden Sakramenten angewendet werden, besonders zu handeln, ist eben so schwer, als weitschichtig und für dieses unser Vorhaben nicht einmal notwendig. Ja auch Origenes gestehet offenherzig, dass es in solchen kirchlichen Gebräuchen einige gebe, die von allen beobachtet werden müssen, der Grund aber, warum sie so gehalten werden sollen, sei noch nicht genugsam erkannt worden.

Vom Sakrament der Taufe

I. Was ist die Taufe, und ist sie Allen notwendig?

Sie ist das erste und allernotwedigste Sakrament des neuen Gesetzes, welches in der äußeren Abwaschung des Leibes besteht, und im rechten Aussprechen der Worte, nach Einsetzung Christi.

Ich sage aber, (dieses) Sakrament ist nicht nur den Erwachsenen, sondern auch den Kindern notwendig und für sie zugleich wirksam, das ewige Heil zu erlangen. Alle werden geboren als Kinder des Zorns, also haben auch die Unmündigen die Reinigung von der Sünde nötig, und können ohne dieses Sakrament nicht gereinigt und zu Kindern Gottes wiedergeboren werden. Denn auch allgemein hat der Gesetzgeber gesprochen: Wenn einer nicht wiedergeboren wird aus den Wasser und dem Heiligen Geiste, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. An einem andern Ort aber steht: Es ist nicht der Wille des Vaters der im Himmel ist, dass einer von diesen Kleinen zu Grunde gehe. Zu Grunde gehen würden aber auch die Kleinen, wenn sie nicht getauft würden, wie einst in der Synagoge die Knaben der Hebräer, welche nicht beschnitten worden sind.

Da es denn eine einzige Taufe der Christgläubigen gibt, so ist es wirklich eine Gotteslästerung, dieselbe, nachdem man sie einmal empfangen hat, zu wiederholen, was auch immer die Wiedertäufer, die schon längst, verdammt worden sind, vorwenden mögen. Man muss mit der Versammlung von Konstantinopel sagen: ich bekenne Eine Taufe zur Vergebung der Sünden: und mit dem heiligen Augustin; Einen häretischen Menschen wieder taufen, ist immerhin Sünde. einen Katholiken aber wieder taufen, ist das gräulichste Laster: darum es auch durch die Gesetze der Kaiser verboten ist.

II. Was ist vorzüglich bei diesem Sakrament zu merken?

Das Element, welches abwäscht, und seine Bedeutung, das Wort, der Diener und die Wirkung der Taufe. Das Element ist einfaches Wasser, die dazu notwendige Materie, welches seiner Natur nach die Unreinigkeit des Leibes abzuwaschen pflegt. Schön entspricht ihm die Bedeutung, dass durch die Taufe die Seele von Sünden gereinigt und der Mensch, wie wir sagen werden gerecht gemacht werde.

Das Wort, darin die Form des Sakramentes besteht, lautet nach dem Befehl Christi so: Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Und obschon es das Amt der Priester ist die Taufe zu verwalten, so können doch, wenn die Noth sehr dringet, auch andere taufen, davon nicht einmal die Gottlosen und Häretiker ausgenommen sind, wenn man nur nicht von der Form der Kirche und ihren ausdrücklichen Worten abweicht.

III. Welche Frucht und Wirkung gewährt die Taufe?

Ganz gewiss diejenige, die Christus uns lehrt, die wir von seinen Zeugen, den Aposteln Petrus und Paulus lernen, nämlich, dass durch die Taufe die Sünde erlassen und der Heilige Geist verliehen werde, dadurch sowohl der alte Mensch vernichtet, als auch die neue Kreatur in Christus geschaffen wird. Die Taufe wenn sie recht und wohl empfangen worden ist, gewährt nicht nur diesen Nutzen, dass dem Sünder alle Sünden gänzlich verziehen und hinweggenommen werden, sondern auch dass der Getaufte vollkommen erneuert und in Wahrheit unschuldig, gerecht, heilig und der himmlischen Herrlichkeit in Christus würdig gemacht werde. Daher spricht Paulus mit Recht zu allen Getauften: Ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerechtfertigt in dem Namen unsers Herrn Jesus Christus, und im Geiste unsers Gottes. Und an einem anderen Orte bezeugt der Genannte, dass die Taufe ein Bad der Wiedergeburt sei und der Erneuerung des Heiligen Geistes; auch ein Bad des Wassers im Worte des Lebens. Und wie herum schreibt er: Alle die ihr in Christus getauft seid, habet Christum angezogen.

Schön und kurz fasst der heilige Bernhardus die vornehmsten Wirkungen dieses Sakramentes zusammen, da er spricht: Wir werden in der Taufe abgewaschen; denn es wird die Handschrift unserer Verdammnis ausgelöscht, und uns diese Gnade mitgeteilt, dass uns jetzt die Begierlichkeit nicht schade, wenn wir anders nicht in dieselbige willigen.

Diese Begierlichkeit, welche in den Wiedergeborenen bleibt, ist nicht an und für sich selbst Sünde, sondern sie ist, wie die Theologen sie nennen, der Zunder der Sünde, der zum Kampfe zurückgelassen worden, damit die Getauften, dadurch veranlaßt, nach der Gnade Gottes desto sorgfältiger verlangen, in den Tugenden desto fleißiger sich üben, und indem sie tapferer kämpfen, eine um so größere Herrlichkeit sich bereiten. Darum ist wie Paulus lehrt, nichts Verdammliches an den jenigen, welche in Christus Jesus sind, welche nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste wandeln, und welche nach der Lehre und dem Bepspiele Pauli den alten Menschen ausziehen, und von Tag zu Tag nach dem inwendigen Menschen erneuert werden, was gerade ein Eigentum der Getauften ist.

IV. Was fordert von uns die Wohltat, die wir durch ein so großes Sakrament empfangen?

Erstens fordert sie von uns die höchste und beständige Dankbarkeit des Herzens, dass wir denjenigen preisen lieben und feiern, welcher uns nach seiner Barmherzigkeit selig gemacht hat durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung des Heiligen Geistes, welchen er reichlich in uns ausgegossen hat durch Jesu Christum unsern Herrn, damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben seien nach der Hoffnung des ewigen Lebens.

Dann muss man das Geheimnis dieses Sakramentes so in das Gedächtnis bringen, dass ein jeder sich selbst an jenes sein heiliges Versprechen und christliches Bekenntnis erinnere, welches er in der heiligen Taufe durch die Paten gemacht hat. Es bedenke daher der Christ, dass er dadurch aus einem Kind des Zorns und aus einem Knecht des Teufels ein Kind Gottes und ein Glied und Miterbe Christi, auch ein lebendiger Tempel des Heiligen Geistes geworden sei.

Du bist eingegangen in das Heiligtum der Wiedergeburt, spricht Ambrosius. Gedenke, was du gefragt worden bist. Erkenne was du geantwortet hast. Du hast dem Teufel und seinen Werken, der Welt und ihrer Üppigkeit, und ihren Wollüsten widersagt. Sei eingedenk deiner Rede, und vergesse niemals deine Versprechen, die du der Reihe nach gegeben hast. Schön ist auch der Spruch des heiligen Paulus, da er alle Getauften ermahnt: Wisst ihr nicht, Brüder, dass alle, die wir getauft sind in Christus Jesus, auf seinen Tod getauft sind? Denn wir sind durch die Taufe auf den Tod mit ihm begraben, auf dass, wie Christus auferstanden ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, eben so auch wir in einem neuen Leben wandeln .

Vom Sakrament der Firmung

I. Welches ist das Sakrament nach der Taufe?

Die Firmung, die ein Sakrament des neuen Gesetzes ist, eben so heilig, wie St. Augustin spricht, wie die Taufe selbst, welches durch Auflegung der bischöflichen Hände und Salbung mit dem heiligen Chrisam den Getauften erteilt wird.

II. Woher kann uns dieses Sakrament bewiesen werden?

Es hat das Zeugnis von der göttlichen Schrift nach der einhelligen Meinung und Auslegung der Väter und der Kirche. Denn hierher gehört was Lukas der Evangelist einmal und wieder schreibt von den Aposteln, welche den Getauften die Hände auflegten, und dieses sichtbaren und von Gott eingesetzten Zeichens sich bedienten, damit denjenigen, welche (durch die Taufe) Christus geweiht worden, eine neue und reichlichere Gnade des Heiligen Geistes verliehen würde.

Darum. als ihnen die Apostel die Hände aufgelegt hatten, empfingen sie, wie Lukas von eben diesen Getauften beschreibt, den Heiligen Geist, nämlich mit einem reichlicheren Zufluss der geistlichen Gnade.

Nun aber da die Bischöfe das Amt der Apostel verwalten und ihre Stelle einnehmen, so entzieht Gott seiner Kirche diese so heilsame Gnade nicht, sondern wirkt durch die Bischöfe in diesem Sakrament kräftig, so dass wie der heilige Cyprian bezeugt, dem Zeichen die Wahrheit und dem Sakrament der Geist beiwohnt.

Hierher gehört auch der Kanon der alten Kirche: Alle Gläubigen sollen durch die Handauflegung der Bischöfe den Heiligen Geist nach der Taufe empfangen, damit sie vollends als Christen erfunden werden. Denn wenn der Heilige Geist eingegossen wird, so wird das gläubige Herz zur Weisheit und Standhaftigkeit erweitert.

III. Was gehört zur Ausspendung dieses Sakramentes?

Dazu werden vorzüglich drei Dinge erfordert, die eigene Materie des Sakramentes, die gewisse Form und Weise der Worte und der taugliche Diener.

Die Materie ist eine Mischung von Öl und Balsam, die vom Bischöfe geweiht, schon von alters her den Namen Chrisam erhalten hat und in diesem Sakramente unter feierlicher Zeremonie auf die Stirne gestrichen wird.

Die vorgeschriebene Form lautet so: Ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes, und firme dich mit dem Chrisam des Heiles, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Der Diener dieses Sakraments ist allein der Bischof, damit das Beispiel, die Form und Übergabe der Apostel beibehalten werde. Darüber haben wir schon von alter Zeit her ein Gebot, das also lautet: Das Sakrament der Handauflegung muss man in großen Ehren halten, welches von keinem Andern verwaltet werden kann, als allein von den höchsten Priestern: man liest und weiß auch, dass es zur Zeit der Apostel von keinem andern, als von den Aposteln selbst verwaltet worden ist.

IV. Warum aber werden die Getauften mit dem heiligen Chrisam gesalbt?

Weil die Apostel durch den Heiligen Geist es uns so übergeben haben, wie Klemens und Dionysius, die Schüler der Apostel Petrus und Paulus es beweisen. Nun haben uns aber jene nichts anderes hinterlassen, als was sie vom Herrn selbst empfangen haben, wegen Ausspendung des Chrisams, wie hiervon Fabian ein wichtiger Zeuge ist, welcher sowohl ein Blutzeuge Christi war, als auch der Kirche oberster Priester.

Auch besteht hierüber ein Gebot einer heiligen Kirchenversammlung, das also lautet; Die Getauften müssen nach der Taufe den hoch heiligen Chrisam empfangen, und des himmlischen Reiches teilhaftig werden.

Der heilige Cyprian gibt diese Ursache an: dass nach dem Empfang des Chrisams, das ist, nach der Salbung, der Christ ein Gesalbter Gottes sein und in sich die Gnade Christi haben und die Heiligkeit bewahren könne.

Diese sichtbare Salbe, mit welcher die Kirche die Getauften salbt, bedeutet, wie der heilige Augustin lehrt, die Gabe der unsichtbaren Gnade, mit welcher der Heilige Geist allererst Christum, der auch vom Chrisam seinen Namen führt, und dann alle Christen mit der innerlichen Salbung begabt und kräftigt. Schön schrieb daher Tertullian, gleichsam auf die Natur des Öles anspielend, von diesem Sakrament: Das Fleisch wird gesalbt, damit die Seele geweiht werde. Das Fleisch wird gezeichnet, damit auch die Seele bewahrt werde. Das Fleisch wird durch Handauflegung umschattet, damit die Seele im Geiste erleuchtet werde.

Diejenigen, welche den heiligen Chrisam verwerfen, geben daher einen großen Beweis ihrer Unwissenheit, als welche ganz offenbar die älteste Einsetzung der Apostel leugnen und eine beständige Übung und Übergabe der Kirche freventlich verwerfen.

V. Welches ist der Gebrauch und die Frucht dieses Sakramentes?

In der Taufe werden wir zum Leben wiedergeboren. Nach der Taufe aber werden wir in diesem Sakrament zum Kampfe gestärkt. In der Taufe werden wir abgewaschen, in diesem aber werden wir nach der Taufe gekräftigt, damit die Wiedergebornen einen Hüter und Tröster und Beschützer bei sich haben, den Heiligen Geist. Das ist die Lehre des höchsten Priesters und Märtyrers Melchiades. Solches stimmt mit dem überein, was Klemens bezeugt, dass er es von den Apostel selbst empfangen habe, da er spricht: Wenn jemand durch das Wasser wiedergeboren worden ist, so soll er sich nachher vom Bischof mit den sieben Gaben des Geistes stärken (firmen) lassen, denn anders kann er kein vollkommener Christ sein.

Dieses Sakrament nützt daher wunderbar, nämlich, dass die, welche in die Geheimnisse des Glaubens eingeweiht worden sind, wie die neugebornen Kinder und die, welche noch schwach sind, in Christus heranwachsen und gestärkt werden.

Diese ermahnt der Bischof als junge christliche Kämpfer durch die Salbung (mit Öl), dass sie gegen so viele Feinde und tägliche Gefahren mit mächtigem Geiste gestärkt werden. Er bezeichnet ihnen die Stirne, welche der Sitz der Scham ist, mit dem Kreuze, damit sie standhaft und unerschrocken den Namen des Herrn bekennen. Er gibt ihnen einen Backenstreich, damit sie beständig im Gedächtnisse behalten, dass sie den christlichen Kampf mit unüberwindlicher Geduld üben und zieren sollen.

Vom heiligen Sakrament des Altars

I. Was bedeutet das Wort Eucharistie?

Mit diesem Namen wird das höchste und allerheiligste Sakrament bezeichnet, außer welchem die Kirche nichts hat, was würdiger, wunderbarer, kräftiger und heilsamer ist.

Es wird mit Recht Eucharistie genannt, das ist, die gute Gnade oder Danksagung: denn es enthält die vornehmste und größte Gabe Gottes, ja selbst die Quelle und den Urheber aller Gnade und erinnert uns der höchsten Güter, für deren Empfang wir dem höchsten Gotte den höchsten Dank, Preis und Lob schuldig sind.

Denn wir hätten keine größere Wohltat wünschen können, als dass Jesus Christus unser Herr, von der Jungfrau geboren, an das Kreuz geheftet, und in die Herrlichkeit aufgenommen, sich so ganz uns schenke, dass wir auch jetzt noch seinen Leib und sein Blut wahrhaftig genießen, und durch dieses göttliche Sakrament ihm selbst ganz und gar einverleibt werden.

II. Welche Dinge sind in diesem Sakramente vorzüglich enthalten?

Drei Dinge enthält die Eucharistie, die sichtbaren Gestalten, die Wahrheit des Leibes und Blutes des Herrn, und die Kraft der geistlichen Gnade.

Denn was unsern Augen erscheint, sind die sichtbaren Gestalten, des Brotes nämlich und des Weines. Was aber unter diesen Gestalten unser Glaube, nicht der Sinn und die Vernunft begreift, das ist der wahre Leib und das Blut Christi des Heilands.

Übrigens was wir durch den Empfang dieses Sakramentes erlangen, ist eine außerordentliche Gnade des Heiligen Geistes, als die eigentliche Frucht und Wirkung der heilsamen Eucharistie, wie wir zeigen werden.

III. Welches sind die vornehmsten Hauptstücke, die von diesem Sakramente zu wissen notwendig sind?

Deren bieten sich vorzüglich fünf dar: das Erste von der Wahrheit der Eucharistie, das Andere von der Verwandlung des Brotes und Weines, das Dritte von seiner Anbetung, das Vierte vom Opfer desselben und der Messe, das Letzte von seinem Empfange unter einer oder beiden Gestalten. Denn davon zu wissen ist besonders in dieser Zeit höchst nötig.

IV. Was ist nun von der Wahrheit der Eucharistie zu halten?

Dieses nämlich, dass wir mit der ganzen Kirche gegen alle Kapharnaiten für gewiss glauben, dass unter den Gestalten des Brotes und Weines das wahre Fleisch Jesu Christi und sein wahres Blut in der Eucharistie gegeben werde, und zwar mittels des Priesters, durch die Kraft aber und Macht unsers Herrn Jesus Christus, bei dem kein Ding unmöglich ist. Er spricht und es geschieht; er gebietet und es ist geschaffen.

Er sagte aber in jenem Abendmahl, das am Tage, bevor Er litt, zubereitet wurde, als er zuerst das Brot und dann den Kelch in seine Hände nahm, und als Er uns Alle sowohl von der Einsetzung dieses Sakraments, als auch von der Wahrheit desselben vergewissern wollte, - Er sagte aufs deutlichste: Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Er sagte: Dies ist mein Blut, das für Viele vergossen werden wird. Von dieser Einsetzung sagte Er auch zuvor: Mein Fleisch ist wahrhaftig eine Speise und mein Blut ist wahrhaftig ein Trank. Er sagte: Ich bin das lebendige Brot, der ich vom Himmel herabgestiegen bin. So Jemand von diesem Brot isst, wird er leben in Ewigkeit. Und das Brot welches ich geben will, ist mein Fleisch zum Leben der Welt.

Eben so klar sind die andern Zeugnisse, so wohl der Evangelisten, als auch des Apostels Paulus, welche uns diesen Glauben augenscheinlich beweisen, dass wohl Niemand zweifeln könne, Christus sei in der Eucharistie ganz nach der göttlichen und menschlichen Natur zugegen, und bleibe bei uns bis zum Ende der Welt.

Wir haben und genießen daher in den Tempeln wahrhaftig das Fleisch Christi, welches einst in Palästina gegenwärtig gesehen worden ist: aber es wird hier weder den Sinnen offenbar, noch auch ist es einer Veränderung und Verwesung unterworfen, nämlich die unsichtbare, keinem Leiden unterworfene, unsterbliche, höchste Herrlichkeit, (Gottes) Abglanz, der in dieser Zeit nur den Augen des Glaubens zu schauen gegönnt ist. Die Seligen im Himmel aber schauen ihn in der Klarheit mit unglaublichem Freudengenuss.

Und noch gibt es Sakramentarier, die das Geheimnis, welches vielmehr anzubeten als zu ergründen ist, weil sie es mit ihrem Sinne nicht begreifen können, sogar zu leugnen sich erfrechen, und welche die Worte des Evangeliums, obschon sie klar vor Augen liegen unbegreiflich verkehren. Das ist wahrlich nichts anderes, als wie der Welt die Sonne nehmen, und die Kirche, die Braut, ihres höchsten Brautschatzes berauben, und den Gläubigen das Brot des Lebens entreißen, damit am Ende es nichts mehr gebe, woher die, welche in dieser Wüste der Welt verwiesen leben, genährt und erhalten werden.

V. Was aber ist von der Wandlung zu halten?

Hier sind vor allen zwei Dinge zu merken, und öffentlich zu bekennen. Erstens, dass der Priester, welcher die Eucharistie wirkt, rechtmäßig geweiht sein müsse. Zweitens, dass in jenen geheimnisreichen Konsekrationsworten, mittels welcher der Priester an Christi Statt Brot und Wein am Altare konsekriert, eine solche Kraft liege, dass das Brot in den Leib, der Wein aber in das Blut des Herrn alsbald verwandelt werde.

Diese wahrhaft wunderbare und einzig durch den Glauben zu erfassende Verwandlung, welche kraft der Allmacht Christi, die durch jene Worte wirkt, geschieht, ist von der heiligen katholischen Kirche nicht zu unrecht Transsubstantiation genannt, weil die Substanz (das Wesen) des Brotes und Weines in Christi Leib und Blut wahrhaft verwandelt wird.

Denn wenn das Wort des Elia so viel vermocht hat, dass es Feuer vom Himmel rief, soll Christi Wort nicht vermögen (so schließt der heilige Ambrosius), dass es die Gestalten der Elemente verwandle? Von den Werken der ganzen Welt hast du gelesen: Er sprach und sie sind geworden, Er gebot und sie waren erschaffen. Christi Wort also, welches aus Nichts machen konnte, was nicht war, soll das, was schon ist, nicht verwandeln können in das, was es nicht war? Es ist doch wohl nicht geringer, neue Wesen zu schaffen, als Dinge in andere umzuschaffen. Auch ist nichts deutlicher als Christi Wort, wenn Er sagt: Das ist mein Leib - das ist mein Blut, damit durchaus kein Verdacht mehr sei, dass nach der Konsekration Brot und Wein in der Eucharistie bleibe.

VI. Sollen wir wohl dieses Sakrament verehren und anbeten?

Ja, aufs höchste. So fordert es von uns die Pflicht der Religion, dass wir den, welchen wir in der Eucharistie gegenwärtig glauben, auch mit göttlichem Dienste feiern, die Geschöpfe den Schöpfer, die Knechte den Herrn und Erlöser, den Höchsten, den Besten, davon die Schrift also spricht: Es beten Ihn an alle Engel Gottes! Und wiederum: Es sollen Ihn anbeten alle Könige der Erde, alle Völker sollen Ihm dienen. Und an einem andern Ort ist es dem göttlichen Propheten, da er dieses Sakrament und desselben Größe betrachtet, nicht genug, dass er sage: Die Armen werden essen und gesättigt werden, und den Herrn loben, sondern er setzt auch noch dieses bei: In Seinem Angesicht sollen anbeten alle Geschlechter der Völker. Ferner: Alle Fetten (Vornehmen) der Erde essen und beten an.

Wohl werden deswegen die Weisen und Einige dergleichen bei den Evangelisten gelobt, dass sie Christus noch im sterblichen Fleisch göttliche Ehren bezeugt, vor Ihm niedergefallen und Ihn angebetet haben. Nun ist Christus in der Eucharistie auch uns gegenwärtig, nicht sterblich, sondern unsterblich, in aller Herrlichkeit und Kraft ganz wunderbarlich. Diesen Glauben bezeugen wir mit Recht durch religiösen Dienst des Leibes und der Seele, wenn wir die Pflicht christlicher Demut und schuldiger Dankbarkeit vor jener furchtbaren und allezeit hochwürdigen Majestät Gottes ehrerbietig und flehentlich vollbringen.

VII. Was ist ferner vom Opfer des Altars zu glauben?

Ohne allen Zweifel dieses, dass die Eucharistie nicht nur allein dazu eingesetzt sei, dass sie von den Christen als eine heilsame Nahrung genossen werde, daher sie Speise, Trank, lebendiges Brot, und Brot des Lebens heißt, sondern auch dazu, dass sie als das höchste und einzige Opfer des neuen Testamentes geopfert werde, wie es daher schon längst den Namen erhalten hat eines Schlachtopfers, Versöhnopfers, Siegopfers, Dankopfers, Brandopfers. Es wird aber zum immerwährenden Gedächtnisse des Leidens des Herrn geopfert und Danksagung auch, damit es den Gläubigen helfe, die Übel dieses und des künftigen Lebens zu vertreiben, und alles Gute zu erlangen, und dass es nicht nur den Lebendigen, sondern auch den Verstorbenen nützlich sei zur Vergebung der Sünden, wie es die berühmtesten Väter aus der göttlichen Schrift und apostolischen Überlieferung beweisen.

Dieses ist jenes außerordentliche und unvergleichliche Opfer, welches Christus im letzten Abendmahl unter der Gestalt des Brotes und Weines eingesetzt und seinen Aposteln, als den ersten Priestern des neuen Testamentes und ihren Nachfolgern, dass sie es entrichten, mit diesen Worten befohlen hat: Solches tut zu meinem Gedächtnisse.

Dies ist das Opfer, welches zur Zeit der Natur und des Gesetzes durch verschiedene Gleichnisse der Opfer vorgebildet wurde, welches alle Güter, die durch dieselben damals bedeutet worden sind, als die Vollendung und Vollkommenheit aller jener Opfer enthält. Das ist jenes immerwährende Opfer, welches nicht eher als am Ende der Welt aufhören soll, wie Daniel bezeugt.

Zu diesem gehört das Priestertum nach der Ordnung Melchisedechs, davon auch David zuvor verkündigt hat, dass es in Christus sein und bleiben werde.

Dieses ist das reine Opfer, das von keiner Unwürdigkeit oder Sündhaftigkeit derer, die da opfern, befleckt werden kann, das an die Stelle der sehr vielen Opfer des jüdischen Gesetzes einzig kommt, und unter den Völkern an Orten, das ist, auf dem ganzen Erdkreis dargebracht und geopfert wird, um den Namen Gottes und unsers Erlösers zu feiern, wie wir bei Malachias lesen.

Dieses ist das Messopfer, ein Versöhnungsopfer, der heilige Dienst, welchem das glaubwürdigste Zeugnis geben die Kanones und Überlieferungen der Apostel, die heiligen Versammlungen, die große Übereinstimmung und der beständige Gebrauch der ganzen Kirche, der griechischen und lateinischen, der morgen- und abendländischen.

Das Opfer der Messe ist, wenn wir die ganze Sache wohl erwägen, eine wahrhaftige, eine heilige und lebendige Vorstellung des Leidens unsers Herrn, und jenes blutigen Opfers, welches für uns am Kreuze geopfert worden ist, und zugleich ein unblutiges und wirksames Opfer.

Daher geschieht es vorzüglich, dass das Gedächtnis, der Glaube und unsere Dankbarkeit gegen den Erlöser selbst täglich lebhaft erweckt und gestärkt wird, nach jenem Spruch: Das tut zu meinem Gedächtnis. Die Kirche war eine so genaue Auslegerin dieser Worte, dass sie die ganze äußere Zierde dieses unblutigen Opfers, die heiligen Kleider, Gefäße, Gebräuche und alle Handlungen so ein gerichtet hat, dass den Augen der Umstehenden nichts anderes, als jenes heilige Gedächtnis vorgehalten und die Majestät eines so großen Opfers mehr verherrlichet werde, und dass die Gemüter der Gläubigen teils durch diese Zeichen, teils durch äußere Mittel, zur Betrachtung der göttlichen Dinge, welche in diesem Opfer verborgen liegen, leichter erhoben und wie bei der Hand geführt werden.

Daher geschieht es auch, dass die Frucht des Opfers und der Erlösung Christi, am Kreuze geschehen, uns und allen Gläubigen, den Verstorbenen sowohl, als auch den Lebendigen zu Nutzen komme.

Deswegen bezeugt der heilige Cyprian, dass dieses Sakrament sowohl eine Arznei sei, als auch ein Brandopfer, die Krankheiten zu heilen und die Sünde zu reinigen. Martial aber, ein Schüler des heiligen Apostels Petrus schreibt so: Was die Juden aus Neid geopfert haben, in der Meinung, desselben Namen von der Erde zu vertilgen, das setzen wir um unsers Heiles willen am geweihten Altar vor, wohl wissend, dass nur allein durch diese Arznei das Leben zu verleihen und der Tod zu vertreiben sei. Unterdessen übergehen wir andere Väter, die Zeugen sind eben dieses Glaubens und eben dieser Lehre, damit die Kürze, welche wir uns vorgenommen, beobachtet werde.

Aus diesen ist es klar und gewiss, dass uns Christus ein Opfer auf zweierlei Weise, blutig nämlich und unblutig sei und genannt werde. Denn am Kreuze hat er sich für uns geopfert als ein blutiges Opfer, auf dass dem Vorbild des Osterlammes, welches bei den Juden geopfert wurde, Er selbst das wahre Lamm ohne Makel, das ist, dem Bild die Wahrheit entspräche. Im Abendmahl aber wie auch am Altare wollte Er unblutiger Weise und Gestalt, wie es auch der heilige Cyrillus nennt geopfert werden, damit das Opfer Melchisedechs, der Brot und Wein geopfert hat, seine Vollkommenheit erhielt, und er ein wahrer Priester nach der Ordnung Melchisedechs bliebe, und sein Priestertum in Ewigkeit währte, ohne dass jemals ein anderes folgte.

Dort hat Er einmal und nur an Einem Ort Judäas das Opfer vollbracht, davon Paulus im Brief an die Hebräer spricht: hier aber wird Er öfter und an allen Orten, nämlich durch die ganze Kirche hingeopfert, wie der Prophet Malachias es bestätigt. Dort wird Er in den Tod geopfert, hier aber zur immerwährende und lebhaften Erinnerung jenes Todes und zur heilbringenden Teilnahme an demselben, die von ihm wie vom Haupt in die Glieder fließt, damit nämlich die Frucht und Wirkung jenes Opfers, am Kreuze vollbracht, in diesem Messopfer täglich uns vorgestellt und zugewendet werde.

VIII. Soll man die Eucharistie nur unter Einer Gestalt, nämlich des Brotes oder aber unter beiden Gestalten des Brotes und Weines genießen?

Von den Priestern oder denjenigen, die opfern, ist es offenbar, dass sie beide Gestalten des Sakramentes genießen sollen, ohne welche sie die Eucharistie weder recht konsekrieren noch opfern können. Es ist hier nicht nötig hiervon die Ursache, die im Opfer selbst liegt, anzugeben.

Von den andern Gläubigen aber, die nicht opfern, muss man gestehen, dass sie durch kein göttliches Gebot verbunden werden, das Sakrament der Eucharistie unter beiden Gestalten zu genießen, sondern dass ihnen der Genus einer Gestalt zum Heil genug sei. Wenn wir daher in die Alte Kirche zurückgehen, so werden wir finden, dass den Gläubigen bald nur Eine Gestalt, bald beide Gestalten gereicht worden sind. Wenn wir aber die heilige Schrift fragen, so spricht sie von diesem Sakrament so, dass sie bald des Brotes und des Kelches, bald nur des Brotes zu gedenken pflegt. Denn wo wir lesen: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen werdet und sein Blut trinkt, so werdet ihr nicht das Leben in euch haben. Da auch lesen wir: wenn jemand von diesem Brote isst, wird er leben in Ewigkeit. Und der gesagt hat: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben. Der hat auch gesagt: Das Brot. das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt. Und wieder hat der genannte bekräftigt: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm, der hat auch bekräftigt: Wer dieses Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Wir wollen übergehen was Lukas von Brechung nur des Brotes anführt.

Es mangelt uns hier auch nicht das Beispiel Christi, welcher zuerst in jenem letzten Abendmahl dieses Sakrament unter beiden Gestalten eingesetzt, und den Aposteln übergeben hat. Hernach aber, als Er mit den zwei Jüngern in Emmaus war, reichte Er ihnen die Eucharistie nur unter Einer Gestalt, und verschwand darnach alsbald von ihnen, wie die Väter diese Stelle des Evangeliums auslegen.

Darum sind nicht zu verdammen, weder die jetzt mit Einer Gestalt sich begnügen, vom Gebrauch des Kelches sich enthalten, und davon wir lesen, dass sie schon so viele Jahrhunderte lang sich desselben enthalten haben, noch auch die, welche vor Zeiten, da es die Kirche so gut hieß, beide Gestalten im öffentlichen Gebrauche hatten.

Aber die Erfahrung, eine Meisterin aller Dinge, hat nach und nach gelehrt, dass es mit größerer Bequemlichkeit des Volkes, und minderer Gefahr, und aus vielen Ursachen mit mehr Frucht geschehen könne, wenn mit Weglassung des Kelches der Genus nur Einer Gestalt beibehalten werde. Daher hat die Kirche so zu handeln schon lange beschlossen, nicht als träte sie von der Einsetzung oder dem Gebot ihres Bräutigams ab, (denn sie ist eine Säule und Grundfeste der Wahrheit, und eine treue Ausspenderin der Geheimnisse Gottes), sondern welche die von ihrem Bräutigam empfangene Gewalt in Ausspendung der Geheimnisse zur Erbauung und zum gemeinen Nutzen der Gläubigen anwendet, wie es die Beschaffenheit der Zeiten und Menschen zu erfordern scheint, die auch im Heiligen einiges zu ändern nötig macht.

Denn auch die Worte des Evangeliums beweisen uns, dass es Christus im Abendmahl mit denjenigen zu tun hatte, welchen die Macht gegeben, die Eucharistie nicht nur zu genießen, sondern auch zu konsekrieren und zu opfern, ja sogar die ganze Kirche zu leiten und zu verwalten. Dem Urteile der Klugheit und dem Ansehen derselben hat Er das Recht überlassen, sowohl über das Meiste andere, was zur Sache des Christentums gehört, als auch über die Weise und Ordnung, wie den Gläubigen die Eucharistie gespendet werden soll, für und für anzuordnen, und nach den Umständen der Zeit gehörig zu verfügen.

Dieses beweist auch St. Augustin aus dem heiligen Paulus und kann aus vielen Anordnungen der Apostel leicht erwiesen werden. Auch hat man nicht Ursache zu glauben, dass den Laien irgend eine Unbild geschehe, wenn sie, wie in den meisten andern Dingen auch, in diesem Stücke den Priestern nicht gleichgehalten werden. Denn es ist offenbar, dass Christus nicht nach den zwei Zeichen dieses Sakramentes in zwei Teile zerstückt sei, sondern dass sowohl unter einerlei, als auch unter beiden Gestalten, ja sogar im kleinsten Teil einer konsekrierten Hostie der ganze Christus enthalten sei und genossen werde, nämlich dem Fleisch, der Seele, dem Blute und der Gottheit nach. Wo aber Christus ganz und gar genossen wird, da kann auch die ganze Frucht und wirksame Gnade eines so großen Sakramentes nicht mangeln. Deshalb werden die Laien hier keines Nutzens beraubt, du magst auf die Sache selbst, welche im Sakrament enthalten ist, auf Christus nämlich den Gott und Menschen sehen, oder nach der Frucht und Gnade, welche denjenigen, die die Eucharistie genießen, zum Seelenheile geschenkt werde, fragen: sondern diese empfangen so viel unter Einer Gestalt, so viel sie unter beiden Gestalten, wenn es erlaubt wäre, empfangen würden. Hierüber zu zweifeln oder zu zanken findet nun nicht mehr statt, nachdem der Heilige Geist, welcher nach Christi Verheißung die Kirche lehrt und regiert, uns den gewissen und erklärten Ausspruch gegeben, und den gegebenen einmal und wieder durch die unverwerfliche Autorität der heiligen Versammlung bestätiget hat. Daraus lässt sich klar abnehmen, dass dieser Gebrauch, unter Einer Gestalt zu kommunizieren, dem göttlichen Gebot nicht zuwider, durch das gesetzliche Ansehen der Kirche unterstützt, durch das hohe Altertum und die große Übereinstimmung der christgläubigen Völker erprobt, durch die Vernunft und den offenbaren Nutzen empfohlen sei, und dass man ihn endlich für ein Gesetz halten müsse, welches die Kirche allein ändern kann.

Aber auch die Widersacher, so viel sie sich hier entgegensetzen, können durchaus keinen Anfang des Gebrauchs, so zu kommunizieren, nachweisen. Daher muss man sich verwundern, dass sich noch einige finden, welche, vom Schein eigener Andacht verleitet, sich eines andern bereden, und in diesem Stück mit neuen Verächtern der Kirche gegen das ehrwürdige Ansehen der ganzen Kirche sich verschwören. Es ist wahrlich zu befürchten, dass diese die innere Frucht des Sakramentes, ja sogar den ganzen Christus verlieren, weil sie auf die äußern Zeichen des Sakramentes so heftig dringen und dem Streit sich ergeben, so dass es wohl besser wäre, wenn sie sich von allem Gebrauch des Sakramentes enthielten. Denn Glaube und Sakramente nützen nur denjenigen, welche in der Einheit der Kirche verharren. Daher spricht auch der heilige Augustin: Ohne Liebe der Einheit hat man alle Sakramente Christi nicht zum Heil sondern zur Verdammnis. Und wiederum: Was nützt dem Menschen der gesunde Glaube oder das Sakrament das den Glauben vielleicht heilt, wenn die Gesundheit der Liebe durch die tötliche Wunde der Spaltung zerstört ist? Auch ist es wahrlich kein Zweifel, dass diejenigen gegen Christus selbst schwer sündigen, welche sich erkühnen, dieses heiligste Bekenntnis der Einigkeit zum Bekenntnis der schismatischen Trennung zu missbrauchen.

IX. Welche Früchte bringt die Eucharistie, wenn sie recht empfangen wird?

Wahrhaftig sehr vielfältige und sehr große. Denn dieses ist das heilige Gastmahl, in welchem Christus genossen, das Gedächtnis seines Leidens gefeiert, das Gemüt mit Gnade erfüllt, und ein Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit uns gegeben wird, wie denn die Kirche, von der Empfindung und Erfahrung dieser Früchte erweckt, herrlich singt.

Dies ist das Brot, das vom Himmel gestiegen, und der Welt das Leben gibt, und unsere Seelen im geistlichen Leben erhält und stärkt.

Dies ist das heilige Abendmahl oder die Kommunion, welche bedeutet und wirkt, dass die Gläubigen als Glieder des Leibes untereinander vereinigt und der Verdienste aller Heiligen und Frommen teilhaftig gemacht werden. Dann, was noch herrlicher ist, dass sie diese mit ihrem Haupt Christus aufs innigste vereinigt, so dass sie in Ihm bleiben und Er in ihnen, und sie auf solche Weise das ewige Leben erlangen.

Das ist die Wegzehrung unserer Wallfahrt, welche denjenigen, die in der Wüste und im Kampf dieses Lebens wandeln, und von hier nach dem himmlischen Jerusalem laufen, wie den Vätern das Manna, gegeben ist, und Tröstung mit sich bringt, Lust, Tugend und die allerwirksamste Gnade.

Dieses Sakrament wirkt in uns vorzüglich zwei Dinge, wie der heilige Bernhard vortrefflich lehrt, erstens: dass es in den kleinsten Sünden die böse Lust vermindert. Zweitens, dass es die Einwilligung in schweren Sünden gänzlich nimmt. Wenn also einer von euch die Bewegungen des Zorns, des Neides, der Wollust und dergleichen übrigen Leidenschaften nicht nur nicht so oft, sondern auch nicht so heftig empfindet, so danke er dem Leib und Blut des Herrn, dass in ihm die Kraft des Sakramentes wirkt, und er erfreue sich, dass das böseste Geschwür zur Gesundheit übergeht. Und der Genannte spricht an einem andern Ort: Dieser Leib Christi ist den Kranken eine Arznei, den Pilgernden der Weg. Er ist es, welcher den Schwachen stärkt, die Gesunden erfreut, die Kranken heilt. Durch ihn wird der Mensch zur Züchtigung demütiger, zur Arbeit geduldiger, zur Liebe brennender, zur Hut klüger, zum Gehorsam bereitwilliger, zur Danksagung andächtiger.

Daher darf man sich nicht wundern, wenn der große Ignatius schreibt, dass wir zur Eucharistie und Gottes Herrlichkeit, wie er sie nennt, häufig und eilig gehen sollen. Denn wenn solches beständig geschieht, so werden die Mächte des Satans vertrieben, welcher seine Werke in Pfeile verwandelt, die zur Sünde entzünden. Ein Heilmittel ist jenes Brot der Unsterblichkeit, eine Arznei nicht zum Tode, sondern zum Leben in Gott durch Jesus Christus.

X. Was wird nun erfordert um die Eucharistie würdig zu genießen und ihre Früchte zu erlangen?

Klar ist die Antwort des Apostels: Der Mensch prüfe sich selbst und so esse er von jenem Brot, wie auch St. Augustin sagt: In dem Leib Christi besteht unser Leben. Es ändere also derjenige das Leben, welcher das Leben empfangen will.

Diese Prüfung aber seiner selbst und Änderung des Lebens besteht vorzüglich in vier Stücken, nämlich dass Glaube vorhanden sei, Buße, Aufmerksamkeit des Geistes und gebührender Anstand des Christenmenschen.

Der Glaube erfordert, dass du an dem was wir gesagt haben, und an andern dergleichen Dingen, welche zu diesem Geheimnis gehören, durchaus nicht zweifelst. Solches wird geschehen, wenn du einfältig im Glauben und in der Meinung der Kirche, wie es wahrlich notwendig ist gänzlich ruhst.

Die Buße, von welcher wir bald mehreres sagen werden, erfordert Verabscheuung der Sünden, und ein ausdrückliches Bekenntnis vor dem Priester, und Erlangung der Absolution.

Dann muss die Gegenwart des Gemütes hinzukommen, welches durch fromme Betrachtungen und Gebete zu diesem so großen Sakramente ernstlich sich wendet.

Endlich fordert der gebührende Anstand und die Ordnung, dass Niemand zu dem heiligen Abendmahl gehe, als der da ist züchtig, nüchtern, eingezogen, demütig, andächtig und durchaus nicht unrein.

Welche aber die heilige Eucharistie unwürdig genießen, die essen sich nicht das Leben, sondern die Verdammnis hinein, und sind am Leib und Blut des Herrn schuldig, wie der Apostel bezeugt. Dergleichen werden mit Judas und den Juden, den blutdürstigen Feinden Christi, zur schwersten Strafe verdammt werden.

Vom Sakrament der Buße

I. Was ist das Sakrament der Buße?

Es ist das Sakrament, in welchem die priesterliche Lossprechung von Sünden dem verliehen wird, der sie verabscheut und recht gebeichtet hat.

Damit wir dieser Gewalt loszusprechen in der Kirche gewiss wären, so ist den Priestern diese göttliche Verheißung geschehen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denselben sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denselben sind sie behalten. Dann an einem andern Ort spricht der Herr: Wahrlich, ich sage euch, Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das soll auch im Himmel gebunden sein, und Alles, was ihr auf Erden werdet, das soll auch im Himmel gelöst sein.

Daraus sieht man klar, dass die Kraft Wirkung dieses Sakraments vortrefflich sei und voll des Trostes, da alle Sünden, auch die aufs gräulichste begangen worden sind, durch dieses erlassen, und Alle ohne Unterschied losgesprochen werden, welche sich vor Gott im Gewissen schuldig erkennen, und zwar durch das Amt der Priester, aus göttlicher Einsetzung Christi. Daher ist die Gewalt und das Ansehen der Priester jetzt weit vortrefflicher höher zu schätzen, als vormals, da es den selben verliehen ist, nicht den Aussatz des Leibes, sondern die Flecken der Seele, ich sage nicht, zu prüfen und auszusprechen, dass sie gereinigt seien, sondern ganz und gar zu reinigen, wie Chrysostomus es bezeugt.Und St. Augustin spricht: Was tut die Kirche, welcher gesagt ist: was ihr löst, wird gelöst sein, anderes, als was der Herr zu den Jüngern spricht: Löst ihn und lasset ihn gehen!

II. Warum ist das Sakrament der Buße notwendig?

Damit der Mensch, welcher nach der Taufe wieder gefallen, und ein Feind Gottes geworden ist, durch dieses Sakrament, nach erlangter Vergebung der Sünden, mit Gott wieder versöhnt, und aus einem Toten ein Lebendiger, und aus einem Sünder ein Gerechter werde.

Daher nennen die heiligen Väter die Buße nicht ohne Grund das zweite Brett nach dem Schiffbruch, dadurch nämlich ein jeder, wenn er auch mit noch so vielen und großen Verbrechen beschwert ist, aus dem Strudel der tötlichen Sünde als aus dem Schiffbruch geführt, und in Gnade und Freundschaft Gottes gebracht werden könne.

III. Wann wird dieses Sakrament recht empfangen und wann wirkt es kräftig?

Wenn derjenige, welcher die Vergebung der Sünden begehrt, diese drei Stücke oder Handlungen beobachtet, die Reue, Beichte und Genugtuung, welche die ganze Bekehrung des Menschen zu Gott, die Pflicht und Erneuerung des Büßers in sich begreifen. Von diesen spricht der heilige Chrysostomus so: Die vollkommene Buße zwingt den Sünder, alles gerne zu ertragen. In seinem Herzen ist die Reue, im Mund die Beichte, im Werke ganze Demut. Das sagt der heilige Chrysostomus, ist eine fruchtbare Buße, dass wir, auf welche Weise wir Gott beleidigt haben, wir beleidigen ihn aber mit Herz, Mund und Werk, auf dieselbe Weise auch Gott versöhnen, und zwar mit dem Herzen durch die Reue, mit dem Mund durch die Beichte, und mit dem Werke durch die Genugtuung.

Zur Reue gehört jener Spruch: ein Gott gefälliges Opfer ist ein betrübter Geist. Ein zerknirschtes und demütiges Herz wirst Du, Gott nicht verachten!

Die Beichte zeigt der heilige Lukas in diesen Worten an: Viele die gläubig geworden kamen und beichteten und erzählten ihre Werke. Und Jakobus, der Apostel lehrt: Beichtet einer dem Andern eure Sünden.

Endlich zur Genugtuung gehören die würdigen Früchte der Buße, welche Johannes der Täufer fordert, unter welche auch die Almosen zu zählen sind. Von diesen aber spricht Daniel der Prophet: Entledige dich deiner Sünden durch Almosen, und deiner Ungerechtigkeiten durch Erbarmung über die Armen.

Ein großes Laster muss eine große Genugtuung haben, sagt Ambrosius.

Und hierher muss man auch beziehen, was St. Paulus von den beklagenswürdigen Korinthiern spricht, als sie über die Unreinigkeit, Hurerei und Unzucht, die sie getrieben, nicht Buße getan haben.

IV. Was ist die Reue?

Sie ist ein Schmerz des Gemütes und ein Abscheu, welcher über die Sünden wegen der Beleidigung Gottes gefasst wird, verbunden Mit dem Vorsatze, das Leben zu bessern.

Diese Reue wird erlangt, wenn einer die Schändlichkeit, Größe und Menge seiner Sünden fleißig betrachtet, wenn er die Beleidigung der höchsten Güte, den Verlust der Gnade Gottes und der übrigen Gaben sorgfältig bedenkt; wenn er die unvermeidliche Notwendigkeit des ungewissen Todes, die schreckliche Strenge des zukünftigen Gerichtes, und auch die ewigen Strafen, welche den Sündern bereitet sind, erwägt und fürchtet.

Hierher gehört der Spruch Ezechiels: Ich will vor dir zurückdenken auf alle meine Jahre in Bitterkeit meiner Seele. Und der Spruch Davids: Vor deinem Gerichten fürchte ich mich. Und was der genannte beseufzt und fleht: Ich bin geplagt und sehr gedemütigt - ich heule vor Seufzen meines Herzen. Und bald hernach: Ich will meine Ungerechtigkeit anzeigen und mich bekümmern wegen meiner Sünde.

Ja auch offenbar ist die Stimme Gottes an den Sünder: Du hast deine erste Liebe verlassen. Gedenke daher, wovon du abgefallen bist, und tue Buße. Aber auch Christus spricht im Evangelium: Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet hat auch die Macht hat in die Hölle zu werfen. So sage ich euch, diesen fürchtet.

Dieser Schmerz der Reue denn, bereitet uns endlich zur Vergebung der Sünden vor, wenn er mit dem Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit verbunden wird und mit dem Willen, Alles zu leisten, was zum Sakrament der Buße gehört.

V. Ist die Beichte notwendig?

Ja, sie ist es: aber nicht nur, wie einige falsch meinen, jene innerliche, die vor Gott täglich geschehen soll nach dem Beispiel Davids, der da spricht: Ich habe gesagt: ich will gegen mich dem Herrn meine Ungerechtigkeit bekennen: sondern auch die äußere, welche vor dem Priester geschieht, über alle Vergehen, die nach fleißiger Erforschung des Gewissens dem Menschen in Sinn kommen.

Also stehet von den Christen der ersten Kirche geschrieben: Viele, welche glaubten, kamen und beichteten und erzählten ihre Werke. Dass diese Art und Weise zu beichten notwendig sei, bestätigen nicht nur die heiligen Rechte der Kirche, und die ehrwürdigen Schriften der Väter, sondern auch die göttlichen Worte Christi fassen sie in sich und erklären sie, da er spricht: Welchen Ihr die Sünden erlasst, denselben sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denselben sind sie behalten. Nun Sünden erlassen oder behalten (da das Ämter eines Richters sind), kann kein Priester wohl und recht, wenn er nicht die Sache des Sünders, über welche geurteilt werden muss, vorher wohl erkannt und durchschaut hat. Die Erkenntnis dieser Sache aber kann nicht anders erlangt werden, als dass derjenige, welcher sich dem Priester, als seinem Richter und Arzt zu erkennen und loszusprechen übergibt, durch ein freiwilliges Bekenntnis seine Wunden, jede besonders, entdecke, und so eröffne, damit der Priester klar erkennen möge, wo die Sünden zu lösen, und wo sie zu binden sind.

VI. Wie schreiben die Väter von der Beichte?

Diese rühmen wahrlich und beweisen uns mit großer Einmütigkeit nicht nur den Nutzen und Gebrauch der Beichte, welcher allzeit in der Kirche gewesen ist, sondern auch derselben Recht und Notwendigkeit.

Dass wir aber aus den sehr Vielen wenige und zwar die bewährtesten Zeugen anführen, so sagt am ersten jener große Basilius: Denjenigen, welchen die Ausspendung der Geheimnisse Gottes anvertraut ist, dünkt es notwendig zu sein, dass man die Sünden beichten solle. Denn so findet man, dass auch diejenigen, welche vor Zeiten Buße getan haben, ihre Sünden bei den Heiligen gebeichtet haben.

Dann spricht der heilige Cyprian: Ich bitte euch, Brüder, ein jeder beichte seine Sünde, während der, welcher sündigt, noch in der Welt ist, da seine Beichte noch kann zugelassen werden, da eines jeden Genugtuung und die Vergebung, geschehen durch die Priester, bei dem Herrn angenehm ist.

Zu diesen kommt auch St. Augustins Spruch, welcher auf diese Weise lehrt: Tut Buße, wie sie getan wird in der Kirche, damit die Kirche für euch bitte. Niemand also sage (zu sich): Ich tue es heimlich, bei Gott tu ich es. Gott weiß es, der mir verzeiht, weil ich es im Herzen tue. Ist also ohne Ursache gesagt: Was ihr lösen werdet auf Erde, wird gelöst sein im Himmel? Sind also die Schlüssel der Kirche Gottes umsonst gegeben? Ist also das Evangelium Gottes eitel? Eitel die Worte Christi? Wir verheißen euch (also), was er versagt? Betrügen wir euch also? - Und an einem andern Ort spricht er: Es gibt Einige, welche meinen, es sei ihnen zum Heile genug, wenn sie Gott allein, dem nichts verborgen ist, vor dem eines Jeden Gewissen offenbar ist, ihre Sünden bekennen. Denn sie wollen nicht, oder schämen sich, oder achten es nicht würdig, sich den Priestern zu zeigen, welche doch der Herr durch den Gesetzgeber gesetzt hat, zwischen Aussatz und Aussatz zu unterscheiden. Aber ich will nicht, dass du in dieser Meinung betrogen werdest, da du dich schämst, vor dem Statthalter des Herrn zu beichten, oder vor Scham vergehst, oder aus Widerwille hartnäckig bist. Denn man muss sich dem Urteile desjenigen unterziehen, welchen der Herr als seinen Statthalter zu setzen sich gewürdigt hat.

Eben so klar ist was Leo der Große schriftlich hinterlassen hat: Die Barmherzigkeit Gottes kommt dem Fall der Menschen vielfältig zu Hilfe, so, dass nicht nur durch die Gnade der Taufe, sondern auch durch die Arznei der Buße die Hoffnung ewigen Lebens hergestellt werde, damit die, welche die Gabe der Wiedergeburt geschwächt hatten, durch ihr eigenes Urteil sich verdammen, und so zur Vergebung der Sünden kämen, nachdem die Hilfe göttlicher Güte so verordnet ist, dass die Vergebung von Gott nicht anders, als durch flehentliche Bitten der Priester erhalten werde kann. Denn der Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Jesus Christus, hat diese Gewalt den Vorgesetzten der Kirche übergeben, auf dass sie sowohl denjenigen, die beichten, Genugtuung der Buße auflegen, als auch die durch diese heilsame Genugtuung Gereinigten zur Teilnahme an den Sakramenten, als durch die Tür der Versöhnung zulassen möchten.

VII. Was ist von der Genugtuung weiter zu halten?

Dieses nämlich, dass die Genugtuung, welche Christus dem Erlöser eigen ist, eine andere sei, und eine andere diejenige, welche den bußfertigen Gläubigen gemein ist. Jene ist mal vollbracht worden an dem Leib Christi des Gekreuzigten, da er, das Lamm, die Sünden der Welt hinweggenommen hat, damit diejenigen, welche von Natur Kinder des Zorns sind, Gott versöhnt werden. Diese aber, welche den Bußfertigen zukommt, wird von den Gliedern Christi in der Kirche täglich vollbracht, wenn wir Büßende nach der Beichte vollbringen, was der Priester, der losspricht, auflegt. Oder wenn wir freiwillig würdige Früchte der Buße wirken, dadurch wir die Verirrungen oder Sünden des vorigen Lebens wenigstens zum Teil büßen.

Diese Genugtuung ist zugleich Strafe und Besserung, und verdunkelt also die Wohltat und Genugtuung Christi des Erlösers nicht, sondern erhebt und verherrlichet sie viel mehr. Denn wenn sie vorhergeht, und vorzüglich wenn sie mitwirkt, so üben wir, nach der göttlichen Schrift, Gericht und Gerechtigkeit, da wir unsere Missetaten gegen uns selbst rächen, und die Überbleibsel der Sünden in uns austilgen und uns versöhnen und Gottes Gnade reichlicher uns verdienen, endlich auf diese Weise bezeugen, dass wir Christi Kreuz gerne umfassen, uns selbst verleugnen, das Fleisch töten, von Hass gegen den alten Menschen bewegt, nach höherer Vollkommenheit streben, indem wir gegen die Bewegungen eines verdorbenen Gemütes mit brennendem Eifer und tapfer kämpfen.

Auf diese Weise beflissen sich der Genugtuung David, die Einwohner von Ninive und andere, von welchen es bekannt ist, dass sie im härenen Kleid, in Asche, Seufzen, Trauer, Fasten und andern Plagen gebüßt haben, und von welchen man liest, dass sie deswegen vor Gott angenehm und bewährt erfunden waren.

Diesen Teil der Buße bestätigt und empfiehlt uns die Schrift, indem sie ruft: Bekehrt euch zu mir von eurem ganzen Herzen in Fasten und Weinen, und großer Klage. Und an einem andern Ort: Bekehrt euch von allen euren Missetaten und tut Buße, und die Sünde wird euch nicht zum Verderben sein. Und St. Paulus lehrt, dass eine Traurigkeit die nach Gott geschaffen ist, Buße wirke, und ermahnt überhaupt: Wenn wir uns selbst richten würden, so würden wir nicht vom Herrn gerichtet.

Daher bedarf es keines Streites über den Namen der Genugtuung, welcher wahrlich den Vätern sehr gemein ist, da diese Sache in den Schriften uns sehr klar vorgehalten wird.

VIII. Einige Sprüche der heiligen Väter über die Genugtuung

Cyprian jener ausgezeichnet heilige Märtyrer und wichtigste Zeuge, lehrt auf diese Weise: Gott, so sehr er aus Vaterliebe gütig ist, eben so furchtbar ist er in der Majestät des Richters. Der tiefen Wunde soll nicht mangeln eine fleißige und lange Arznei: die Buße soll nicht geringer sein, als die Sünde. Man muss inständiger beten, den Tag mit Klage, die Nächte mit Wachen und Weinen schlaflos zubringen, die ganze Zeit mit Tränen und Jammer verzehren, auf den Boden gestreckt in Asche sich legen, im härenen und schlechten Sack sich wälzen. Und wiederum spricht der Genannte: Wir müssen Gott bitten und durch unsere Genugtuung besänftigen, unsere Vergehungen fleißig bedenken, unsere Werke und die Heimlichkeiten des Gemütes wohl beherzigen, und die Schulden des Gewissens erwägen. Und bald hernach spricht er: Lasst uns den Weg der Buße, welchen Vorsteher anweist, (mit Liebe) ergreifen. Lasst uns die belebenden Heilmittel, welche er aus den göttlichen Schriften hervorreicht, zu uns nehmen, und heilsame Arznei suchen für die auch heimlichen Wunden, über welche wir ein Bekenntnis getan, da wir bei ihm die Last unseres Gewissens ablegten. Lasst uns auch nicht aufhören, Buße zu tun, und der Barmherzigkeit des Herrn abzubitten, damit nicht, was in der Art der Sünde zu wenig zu sein scheint, durch Vernachlässigung der Genugtuung gehäuft werde.

Und St. Augustin spricht aufs Klarste: Es ist nicht genug, die Sitten zu bessern und von bösen Taten abzustehen, wenn nicht auch für das, was geschehen ist, Gott genug getan werde durch Seufzen der Demut, durch das Opfer eines zermalmten Herzens, unter Mitwirkung der Almosen.

Dann lesen wir bei dem heiligen Hieronymus so: Man muss den Leib züchtigen, der sich vielen Lüsten ergeben hat. Das lange Lachen muss mit beharrlichem Weinen bezahlt werden. Die weichen Decken und sehr kostbaren Seidenzeuge müssen mit dem rauen härenen Kleid vertauscht werden.

Eben dahin zielt auch der heilige Ambrosius, wenn er spricht: Der da Buße wirkt, soll nicht nur seine Sünde mit Tränen auslöschen, sondern auch die begangenen Sünden mit Werken der Besserung bedecken, damit sie ihm nicht zugerechnet werden. Und der Genannte spricht an einem andern Ort: Einem großen Übel ist eine scharfe und langwierige Arznei nötig. Ein großes Laster muss auch eine große Genugtuuug haben.

Auf gleiche Weise spricht der heilige Gregor: Man muss sehr wohl bedenken, dass derjenige, welcher sich erinnert, etwas Unerlaubtes begangen zu haben, sich bestreben solle, auch von einigen erlaubten Dingen sich zu enthalten, damit er dadurch seinem Schöpfer einigermaßen genugtue.

IX. Findet auch nach dem Tod eine Genugtuung statt?

Um dieses zu erklären, müssen wir auf den verschiedenen Zustand der Sterbenden Acht haben. Denn einige derselben bewahren die Gnade Gottes und die Unschuld des Lebens bis das Ende. Auf diese bezieht sich der Spruch Manassis: Den Gerechten und denjenigen welche nicht gesündigt haben, wie Abraham, Isaak und Jakob, ist keine Buße aufgelegt. Andere zwar haben gesündigt und sind aus der empfangenen Gnade Gottes gefallen, aber sie haben die Flecken der Sünden durch würdige Früchte der Buße in diesem Leben getilgt, wie David, Ezechias, Petrus und Magdalena. Diese zwei Arten von Menschen bedürfen nach dem Tode keiner Genugtuung, sondern sind von derselben gänzlich frei.

Aber es gibt weit mehrere Menschen mittlerer Art, die sterben und (nicht ganz gut und) nicht ganz böse sind, wie St. August sich ausdrückt, welche im Leben nicht vollkommene Buße ihrer Sünden gewirkt haben, und daher durch das Feuer selig werden müssen, damit, was in diesem Leben der gehörigen Genugtuung mangelte, in der andern Welt der göttlichen Gerechtigkeit bezahlt werde: denn es wird nichts Beflecktes in jene heilige Stadt eingehen.

Die nun also gestorben sind - damit wir auf die vorgelegte Frage antworten - diese müssen fürwahr nach dem Tode jene schwere Genugtuung leisten. Unterdessen pflegt Gott nach seiner außerordentlichen Güte dieselbe, auf die fromme Fürbitte der Lebendigen, zu mildern, so dass die Verstorbenen, durch die Bitten ihrer Brüder und Glieder in der Kirche unterstützt, von den Sünden und den erschrecklichen Strafen der Sünden befreit werden. Und hierher gehört was das Ansehen der heiligen Schrift lehrt: Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden befreit werden. Daher ist jener Judas Machabäus gelobt worden, weil er aus besonderem Antriebe der Religion sorgfältig und kostspielig veranstaltet hat, für die Sünden der Verstorbenen nicht nur Gebete, sondern auch das Opfer darzubringen.

Dieser Meinung treten die ehrwürdigen Kirchenversammlungen und Vater bei, welche die wahre Lehre der Kirche überliefert haben. Aus diesen sei für Viele nur Einer, und zwar der genannte höchst glaubwürdige Zeuge Augustinus, angeführt, der da spricht: In den Büchern der Machabäer lesen wir vom Opfer, welches für die Verstorbenen dargebracht worden ist.

Wenn es aber auch durchaus nirgends in den alten Schriften gelesen würde, so gilt doch nicht wenig die Autorität der ganzen Kirche, die in dieser Gewohnheit leuchtet, wo in den Gebeten der Priester, die Gott dem Herrn vor seinem Altar ausgegossen werden, auch das Gedächtnis der Verstorbenen seinen Platz hat. Und wieder an einem andern Ort spricht er: Man muss nicht glauben, dass es andere zukünftige Strafen gebe, welche reinigen, als die vor jenem letzten und schrecklichen Gericht, und was ist klarer als jene Worte: Durch die Gebete der heiligen Kirche, und das heilsame Opfer und die Almosen, die für ihre (der Verstorbenen) Seelen gespendet werden, wird den Abgestorbenen ohne Zweifel geholfen, so dass der Herr mit ihnen barmherziger verfahre, als es ihre Sünden verschuldet haben. Denn dieses wurde von den Vätern überliefert und die ganze Kirche beobachtet es. So lehrte St. Augustin vor 1200 (jetzt 1500) Jahren, dass wir unterdessen auch die, welche älter sind, als er, übergehen: Cyprian, Origenes, Dyonysius und Klemens, welche in dieser Lehre aufs einhelligste zusammen stimmen.

Deshalb ermahnt Chrysostomus öffentlich, dass sowohl wir selbst den Verstorbenen nach Kräften helfen, als auch andere erinnern sollen, dass sie für dieselben beten. Denn nicht ohne Ursache ist solches von den Aposteln verordnet worden, dass bei der Feier der furchtbaren Geheimnisse das Gedächtnis der Verstorbenen gehalten werde. Denn sie wissen wohl, dass ihnen von daher großer Gewinn und viel Nutzen komme. So Chrysostomus. Das ist es endlich, was die Kirche, die treue Auslegerin der Schrift, bis jetzt gegen die Arianer gelehrt, nämlich: dass ein Fegfeuer sei, oder ein Ort der Besserung (der Reinigung), wie es Augustinus nennt, und dass dort die Strafen der Sünden, welche hier die Buße nicht vollkommen ausgelöscht hat, von den in Christus verstorbenen Gläubigen gebüßt und versöhnt werden sollen, wenn sie anders nicht, wie St. Augustin spricht, durch das fromme Gebet der Lebendigen befreit werden.

X. Welches ist das Lob und die Würde der Buße?

Sie ist der Anfang der evangelischen Predigt, eine Freude der Engel im Himmel, der schmale Weg auf Erde, und die enge Pforte, durch welche die Gläubigen zum Leben vordringen, und die sich Gewalt antun, das Himmelreich an sich reißen. Die Buße richtet die Gefallenen auf, heilt die Verwundeten, stärkt die Schwachen, belebt die Toten, stellt die Verlornen wieder her, und endlich alles, was die Sünde verderbt, erneuert die Buße in uns wieder. Durch diese bezeugen wir den Hass des alten Lebens, und die Verachtung unser selbst und alle Unterwerfung. Unter ihrer Leitung erlangen die Betrübten Trost, die Verwundeten Heilung, und die Niedrigen Erhöhung. Die Buße ist es, durch welche wir die Teufel und die Ansteckung der Laster überwinden, dadurch wir die verdienten Strafen abwenden, den Zorn Gottes besänftigen, die Gnade erwirken, und die ewige Herrlichkeit uns bereiten.

Daher jene Stimmen Christi im Evangelium: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe gekommen. Ich bin nicht gekommen, die Gerechten, sondern die Sünder zur Buße zu rufen. Wenn ihr nicht Buße tut, so werdet ihr sämtlich zu Grunde gehen.

Der aber endlich tut wahre Buße, - damit wir dieses alles mit den Worten des heiligen Cyprian schließen, - welcher den Geboten Gottes und des Priesters Gehorsam leistet, und durch seinen Gehorsam und die gerechten Werke den Herrn gewinnt.

Vom Sakrament der letzten Ölung

I. Was soll man vom Sakrament der letzten Ölung glauben?

Das nämlich, was die katholische Kirche beständig lehrt, dass es sei ein heiliges Zeichen, eingesetzt im konsekrierten Öl, damit durch dasselbe den Kranken aus göttlicher Einsetzung die himmlische Kraft zum Heil nicht nur der Seele, sondern auch des Leibes verliehen werde.

Diesem Sakrament gibt Jakobus der Apostel das klarste Zeugnis, da er in diesen Worten schreibt: Ist Jemand krank unter euch: so rufe er die Priester der Kirche und sie sollen über ihn beten, indem sie ihn salben mit Öl im Namen des Herrn, und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird es ihm leichter machen, und wenn er in Sünden ist werden sie ihm vergeben werden.

II. Was lehrt mit diesen Worten der Apostel?

Erstens zeigt er an, dass das Element oder die Materie dieses Sakramentes Öl sei, das Beda so recht ein konsekriortes Öl nennt, als welches durch den Bischof gesegnet wird. Es bedeutet aber die Fröhlichkeit des Gemütes und die innere Stärkung, die durch Gottes Gnade vom Kranken in Kraft dieses Sakramentes empfangen wird.

Zweitens deutet der Apostel den eigentlichen Diener des Sakramentes an, nämlich den Priester, der diese heilige Ölung unter Gebeten gebührend vollbringt. Nicht umsonst steht auch von den Aposteln geschrieben: Sie salbten viele Kranke mit Öl und sie wurden gesund.

Drittens ist vom heiligen Jakobus gesagt, dass die Kranken es sind, welche dieses Sakrament empfangen; denn - wie es der Gebrauch der Kirche ist - nur in schweren und gefährlichen Krankheiten wird diese heilige Ölung feierlich gegeben.

III. Welches ist die Frucht und Wirkung dieses Sakramentes?

Erstens trägt es zur Vergebung der Sünden bei, welche vom Kranken durch die Heilmittel der Buße nicht vollends gereinigt worden sind, auf dass die Seele des Todkranken von ihrer Sündenlast und Krankheit vorzüglich befreit werde.

Zweitens nützt es die leibliche Schwachheit zu vertreiben oder leichter zu machen, in wiefern es dem Kranken gut ist.

Endlich verhilft es, Trost und Vertrauen zu erlangen, so wahrlich höchst nötig ist in jenem letzten Streit und Hinscheiden der Seele, wenn der sterbende Mensch sowohl mit den bittersten Schmerzen, als auch mit den schrecklichen bösen Geistern aufs heißeste zu kämpfen hat. Daher wenn schon dem Kranken die Gesundheit des Leibes nicht hergestellt wird, wie er denn nach Empfang dieser Ölung oft stirbt, so wird doch in diesem Sakrament eine besondere Gnade verliehen, um die Gewalt und Beschwerden der Krankheit standhafter zu ertragen, und selbst den Tod leichter aufzunehmen. Und das ist es, was Gott durch seinen Apostel verheißen hat: Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird es ihm leichter machen und wenn er in Sünden ist, so werden sie ihm vergeben werden.

Um diese Wirkungen zu bezeichnen, dient auch die Natur des Öles oder die ihm eingeborne Kraft wohl, wie es Theophylaktus erklärt. Daher soll man genau beobachten, was der heilige Augustin sehr heilsam ermahnt: So oft jemand eine Krankheit überfällt, so empfange der, welcher krank ist, den Leib und das Blut Christi, und er salbe seinen Leib, damit dasjenige was geschrieben steht, an ihm erfüllt werde: Ist jemand krank: so rufe er die Priester der Kirche und sie sollen über ihn beten, indem sie ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird es ihm leichter machen, und wenn er in Sünden ist, so werden sie ihm vergeben werden.

Vom Sakrament der Priesterweihe

I. Was ist das Sakrament der Priesterweihe?

Es ist ein solches, dadurch Einigen eine besondere Gnade und geistliche Gewalt gegeben wird, auf dass sie das Amt der Kirche öffentlich verwalten.

Dieses ist das Sakrament, durch welches, als durch die Tür die rechtmäßigen Ausspender der Geheimnisse und Reden Gottes notwendig eingehen, die Diener Christi und der Kirche, Bischöfe, Priester, Diakone und so viele als endlich in Verwaltung geistlicher Ämter rechtmäßig und mit Vollmacht handeln. Denn Niemand, wie es die Schrift bezeugt, nimmt oder soll sich selbst die Ehre herausnehmen, nämlich die Geheimnisse der Kirche auszuspenden, außer er ist von Gott berufen, wie Aaron: das heißt, er ist durch das Sakrament der sichtbaren Ordination geweiht, und vom Bischof rechtmäßig eingesetzt und gesendet zur Verrichtung eines gewissen Dienstes, welchen er in der Kirche vermöge seines Standes verwaltet, nach den Gesetzen der göttlichen und apostolischen Überlieferung.

II. Sind nicht alle Christen zugleich Priester?

Sie können zwar so genannt werden, in so fern sie, wie die Priester, gewisse äußere Opfer und heilige Dienste zu vollbringen pflegen. So können und sollen Alle, die in Christus wiedergeboren sind, gewisse geistliche Opfer, nämlich Gebete, Lobpreisungen, Danksagung, Abtötung des Fleisches und anderes dergleichen opfern und fleißig üben. Daher wird in der Schrift gesagt, dass sie vor Gott geistliche Priester seien und geistliche Opfer opfern.

Wenn wir aber das Wort Priestertum eigentlich nehmen, so sind nicht alle ohne Unterschied Priester, sondern nur diejenigen, welche die Autorität der Kirche es überträgt, dass sie die eigentlichen Diener der Sakramente seien, und ihnen das Recht gegeben hat, zu konsekrieren, zu opfern und das heilige Sakrament des Altars auszuspenden, dann die Sünden der Menschen nachzulassen oder zu behalten.

Und von diesen Priestern des neuen Gesetzes oder den Ältesten spricht St. Paulus so: Die Priester, welche Wohl vorstehen, sollen doppelter Ehre wertgehalten werden, besonders die da arbeiten an dem Wort und an der Lehre. Solches kann sich wahrlich nicht schicken für die Frauen, welchen der genannte Apostel verbietet, in der Kirche zu lehren, und gebietet zu schweigen. Auch gebührt es durch aus nicht den Laien, welchen es zukommt, wie Schafe geweidet zu werden und nicht zu weiden; regiert zu werden und nicht zu regieren; sich nicht vorzuziehen, sondern sich zu unterwerfen und untertan zu sein den Vorgesetzten und Alles zu hören, zu halten und zu tun, was diese - seien sie gut oder böse - sagen, als die da auf dem Stuhl sitzen, wie wir es vom Wort Gottes geboten lesen. Deshalb wie in der triumphierenden Kirche es Engel gibt, welche in der Ordnung und Gewalt verschieden sind, und welche die ihnen auferlegten Ämter in gebührender Ordnung stets verwalten und treu vollbringen: eben so hat auch die streitende Kirche, die da ein Haus Gottes und wie eine Schlachtordnung gereiht ist, ihre besondern Diener, die von den übrigen Christen unterschieden, und in schöner Ordnung untereinander gestellt sind, um die öffentlichen und gemeinen Ämter der Kirche auf Erde zu verwalten, auf dass sie nämlich für das christliche Volk in dem, was Gott und das Heil der Seelen betrifft, ihre Mühe kraft des Amtes und nach Würde verwenden.

III. An welchen Stellen gibt die Schrift diesem Sakrament Zeugnis?

Dort nämlich, wo sie von den Aposteln lehrt, dass sie in Erwählung, Einsetzung und Weihung der Kirchendiener der Handauflegung sich bedient haben. Denn durch diese, als durch ein gewisses und wirksames Zeichen der gewissen Gnade, die in Erteilung der Weihen gegeben und empfangen wird, ist uns dieses Sakrament verliehen.

Daher schreibt St. Paulus an Timotheus, der von ihm zum Bischof gemacht worden ist, und erinnert ihn an die in diesem Sakrament empfangene Gnade und spricht: Vernachläßige nicht die Gnade, die in dir ist, die dir gegeben worden ist durch die Weissagung mit Auflegung der Hände des Priestertums. Und wiederum an den Genannten: Ich ermahne dich, dass du die Gnade Gottes wieder erweckst, die in dir durch Auflegung meiner Hände ist.

Weil aber sehr viel daran liegt, welche Personen zu was immer für Ämter in Kirche angestellt werden, und kraft dieses Sakramentes die Kirchengewalt empfangen, so wird zu jedem Bischof gesagt: Lege Niemand geschwind die Hände auf, und mache dich nicht fremder Sünden teilhaftig.

IV. Wie viele Grade (der Weihungen) enthält dieses Sakrament in sich?

Es enthält insgemein die kleineren und grösseren Weihungen. Der kleineren sind nämlich vier: der Ostiarier, Lektoren, Exorzisten und Akolythen. Der größeren aber sind drei, nämlich der Subdiakonen, der Diakonen und der Priester. Ferner werden unter den Priestern einige als höhere, andere als niedrigere von Christus eingesetzt gefunden.

Denn die höheren Priester sind die Apostel und ihre Nachfolger, die Bischöfe, die wahrlich mit großer Gewalt und einem herrlichen, würdevollen Vorzug ausgezeichnet sind. Denn (nach dem Zeugnis der Schrift) obliegt es ihnen, dass sie auf sich und auf die ganze Herde Acht haben, welche sie vom Heiligen Geistes zu besorgen und zu weiden empfangen, dass sie die Kirche regieren, das, was mangelhaft ist, bessern, auch die Städte mit Priestern besetzen.

Die niederen Priester aber, welche unter den Bischöfen stehen, wie jene zweiundsiebzig Jünger unter den Aposteln, diese dienen im Amt der Kirche, opfern die Gaben und Opfer für die Sünden, und sind gleich jenen, wie Arbeiter, welche die Ernte des Herrn zu besorgen haben.

Die Geistlichen der vier minderen Weihungen haben dieses eigene Geschäft, dass sie den Priestern und Bischöfen, in vielen Dingen zu Hilfe stehen, dass sie das Volk, welches zum heiligen Dienste sich versammelt, ordnen, und selbst nach und nach, wie auf gewissen Stufen, zur Verwaltung höherer Ämter in der Kirche ordentlich eingesetzt und vorbereitet werde.

Die übrigen drei höheren Weihungen aber verleihen sowohl in den hochheiligen Geheimnissen der Eucharistie, als auch in andern größere Gewalt. Daher können der Subdiakon und Diakon bei den eben beschriebenen Geheimnissen als Diener gegenwärtig, und den Priestern selbst die Nächsten sein.

Und obgleich, was das Sakrament der Weihung und die Gewalt zu opfern betrifft, zwischen den Bischöfen und Priestern kein Unterschied ist, so sind doch jene weit ausgezeichneter, als die Priester, wenn wir das Recht, die Kirche zu regieren und die Seele zu weiden, dann die Gewalt, die Getauften zu firmen und die Geistlichen zu weihen, bedenken.

Aber es liegt nicht in unserm gegenwärtigen Vorhaben, zu erklären, welche Verrichtungen und Gesetze einer jeden Weihung vorgeschrieben sind. Das aber ist gewiss, dass man alle Weihungen hochachten und treulich erhalten solle. Denn ein kräftiges Zeugnis gibt diesem Sakrament die heilige Übung apostolischer Überlieferung und kirchlicher Satzung, die, an uns überlassen, bis auf den heutigen Tag währt.

V. Wie schreiben die alten Väter von diesem Sakrament?

Hierüber erklärt St. Augustin, der echt katholische Lehrer, seine und der Kirche Meinung öffentlich in diesen Worten: dass man liest, der Herr habe nach wenigen Tagen seiner Auferstehung die Jünger angehaucht und gesagt: Nehmt hin den Heiligen Geist, wird verstanden, dass Er ihnen die Kirchengewalt übergeben habe. Denn weil alle Dinge in der Übergabe des Herrn durch den Heiligen Geist geschehen, deshalb wird, wenn ihnen die Regel und Weise dieser Ordnung übergeben wird, zu ihnen gesagt: Nehmt hin den Heiligen Geist. Und weil es wahrhaftig zum geistlichen Recht gehört, hat Er sogleich beigesetzt und gesagt: welchem ihr die Sünden behaltet, dem sind sie behalten, und welchem ihr sie erlasst dem sind sie erlassen. Diese Anhauchung ist daher eine Gnade, welche durch die Übergabe den Geweihten eingegossen wird, wegen welcher sie um so höher in Ehren gehalten werden sollen. Daher spricht der Apostel zu Timotheus: Vernachlässige nicht die Gnade, die in dir ist, welche dir durch die Handauflegung des Priestertums gegeben ist. Es musste also einmal geschehen, damit man fürderhin nicht glaubte, diese Übergabe sei ohne die Gabe des Heiligen Geistes. So weit St. Augustin.

Es sind auch Kanones der Apostel vorhanden, in welchen dieses festgesetzt ist: Ein Bischof soll von zwei oder drei Bischöfen geweiht werden, ein Priester soll von einem Bischöfe geweiht werden; so ein Diakon und die übrigen Geistlichen. Und bald hernach heißt es: Wenn ein Bischof, oder Priester, oder Diakon, oder Subdiakon, oder Lektor, oder Kantor die heilige vierzigtägige Fasten, oder den Mittwoch oder den Karfreitag nicht fastet, der sei der Weihung entsetzt, es sei etwa, dass ihn Krankheit des Leibes verhindere.

Cajus, vor 1 300 (nun vor beinahe 1600) Jahren Papst und ein berühmter Märtyrer, zählt jede dieser Stufen und Weihungen besonders auf, da er spricht: Wenn einer verdient, ein Bischof zu sein, so soll er erstens zum Ostiarier, dann zum Lektor, hernach zum Exorzisten, hierauf zum Akolythen geweiht werden: nach diesem aber soll er zum Subdiakon, Diakon und darauf zum Priester, endlich wenn er es verdient zum Bischof ordiniert werden. Daher lobt der heilige Cyprian den Bischof Kornelius und schreibt: dass er allen Guten unter dem Klerus sowohl, als auch unter dem Volke öffentlich gerühmt und angepriesen zu werden verdiene, weil er nicht sogleich zur bischöflichen Würde gekommen, sondern alle kirchlichen Ämter befördert, und in göttlichen Diensten sich oft um den Herrn verdient gemacht hat, und so auf allen Stufen der Religion zur höchsten Höhe des Priestertums emporgestiegen ist. Dann auch hat er die bischöfliche Würde weder begehrt, noch gewollt, noch mit Gewalt sich eingedrungen, sondern ruhig, eingezogen, keusch, demütig, schamhaft. Endlich hat er sie auch gezwungen angenommen.

Diese Weihungen nun hat die alte und apostolische Kirche bewährt, wie die eines Dionysius, Anaklet und Ignaz es beweisen. Das ganze nachfolgende Zeitalter hat sie angenommen, und die gegenwärtige Kirche kann wahrlich nichts anderes, als sie bewahren und verteidigen.

VI. Welches ist die gefeiertste Weihung in der Kirche?

Die Weihung der Priester, oder das Priestertum, von dessen überaus großen und allzeit herrlichen Würde Chrysostomus und Ambrosius ganze Bücher geschrieben haben. Davon sagt auch jener große Ignatius: Das Priestertum ist die höchste aller Ehren, welche bei den Menschen gefunden werden. Wer das Priestertum verunehrt, der verunehrt Gott und den Herrn Jesus Christus, den Erstgebornen aller Geschöpfe und der allein von Natur der erste Priester Gottes ist. Also spricht derselbe. Ja auch der göttliche Ausspruch bezeugt es klar: Die Lippen des Priesters bewahren die Erkenntnis, und aus seinem Munde sollen sie das Gesetz erforschen. Denn er ist ein Engel des Herrn der Heerscharen. Und wiederum: Wer da will hoffärtig sein und dem Gehote des Priesters nicht gehorchen, welcher gerade zur Zeit dem Herrn deinem Gott und dem Ausspruch des Richters im Amt dient. Derselbe Mensch soll sterben, und du sollst den Bösen von Israel austilgen, und alles Volk, das dieses hört, wird sich fürchten, dass sich zukünftig keiner mehr in Hoffart sich aufblähe. Daher befiehlt auch der Apostel: Gegen einen Priester nimm keine Klage an, außer unter zwei oder drei Zeugen. Das wird auch geschrieben an Timotheus, den Bischof der Epheser, wie wir solches auch schon vorher angeführt haben: Die Priester, welche wohl vorstehen, vorzüglich die am Wort und an der Lehre arbeiten, sollen doppelter Ehre für würdig gehalten werden.

VII. Was ist aber von den bösen Priestern zu halten?

Das ist die göttliche Ordnung, die nicht aufgehoben werden kann, nämlich, dass nicht nur die guten, sondern auch die bösen Priester in der Kirche geehrt werden sollen. Denn derjenige will in seinen Dienern erkannt, aufgenommen, gehört und geachtet werden, welcher gesagt hat: Auf dem Stuhl Mose sitzen Schriftgelehrte und Pharisäer: Alles nun was sie euch immer sagen werden, das haltet und tut. Nach ihren Werken aber tut nicht, denn sie sagen es und tun es nicht.

Übrigens ist unter den Bösen ein gewisser Unterschied zu machen. Was das Amt und Ansehen zu lehren betrifft, so sollen wir wissen, dass wir nur allein denjenigen Glauben und Gehorsam schuldig sind, welche von den Bischöfen ordentlich geweiht und gesendet, die gesunde Lehre der Kirche vortragen, vor den Andern aber sollen wir uns, wie vor Feinden und Verderbern sorgfältig hüten. Hierüber ermahnt und lehrt uns aufs weiseste der sehr alte Irenäus: Denjenigen Priestern in der Kirche muss man gehorchen, die sowohl die ordentliche Nachfolge von den Aposteln haben, als auch, welche mit der Nachfolge in der bischöflichen Würde die Gnadengabe der Wahrheit empfangen haben. Die übrigen aber, welche von der ursprünglichen Nachfolge abweichen, mögen sie sich an was immer für einem Ort versammeln, die muss man für verdächtig oder gleichsam für Häretiker halten, und für Leute irriger Meinung, oder als die da trennen und aufgeblasen sind. Und bald hernach spricht er: Von solchen Allen muss man sich fern halten, denjenigen aber anhangen, welche wie wir vorher gesagt haben, die apostolische Lehre bewahren, und mit der Weihe des Priestertums die gesunde Lehre geben, und einen Wandel ohne Anstoß führen, zur Stärkung und Besserung der Übrigen. Also spricht jener Irenäus, welcher den Jünger St. Johannes des Evangelisten, den heiligen Polykarpus als Lehrer gehört hat. Nicht anders lehrt Tertullian, welcher den Häretikern vorwirft und spricht: Ihre Weihungen sind frevelhaft, leichtfertig und unbeständig. Jetzt setzen sie die Neubekehrten ein, jetzt die, welche der Welt ergeben sind, jetzt unsere Abtrünnigen, so, dass sie dieselben durch die Ehre verbindlich machen, da sie es durch die Wahrheit nicht können. Nirgends wirbt man leichter, als bei dem Heer der Aufrührer, wo es Verdienst ist, bei ihnen nur zu sein. Darum ist heute dieser Bischof und morgen ein anderer; heute der ein Diakon welcher morgen ein Leser ist; heute der ein Priester welcher morgen ein Laie; denn auch den Laien übergeben sie priesterliche Ämter. - So weit Tertullian, welcher uns die verkehrten Sitten nicht nur seiner, sondern auch der gegenwärtigen Zeit sehr treffend malt, und der die ruchlosen Versuche der Sektierer aufdeckt, die sie in Verwirrung des Heiligen und in Weihung der Diener machen.

VIII. Welches ist die Kraft und Wirkung diese Sakramentes?

Wahrlich, die Kraft ist außerordentlich groß, und vielfach die Wirkung. Denn diejenigen, welche zu den beschriebenen sieben Weihungen ordentlich befördert werden, erlangen die Gnade Gottes und die geistliche Gewalt, dass sie, was zu den Amtsverrichtungen dieser Weihen eigentlich gehört, heilsam vollbringen, und als tüchtige Diener zwischen Gott und dem Volke Gottes stehen. Daher sagt der heilige Ambrosius: Wer im geistlichen Stand und Amt ist, der hat, er sei, wer er wolle, Gnade, fürwahr nicht eine eigene, sondern die der Weihung durch die Kraft des Heilige Geistes.

Überdies haben die Geweihten demnach ein gewisses und herrliches Zeugnis, dadurch sie sich und ihre geheimnisvollen Dienste andern empfehlen und rühmlich beweisen. So geschieht es, dass sie durch diese Weihungen ausgezeichnet, und zum Dienste der Kirche abgesondert, recht erkannt, und an ihrer Stelle geachtet und billig in Ehren gehalten werden. Wehe aber denjenigen, welche nicht das Beispiel des von Gott berufenen Aaron bewegt, sondern Neuerungssucht und Hoffart des Geistes, wie den König Ozias, treibt, die Ämter der priesterlichen Würde wie immer zu erlangen, und an sich zu reißen. Gegen diese ist jener göttliche Spruch wohl gesagt: Ich habe diese Propheten nicht gesendet, und doch liefen sie. Ich habe nicht zu ihnen geredet und doch weissagten sie.

Diese soll man wie die Schrift ermahnt nicht für Diener der Kirche halten, sondern vor ihnen, als vor Dieben, Mördern, Füchsen, Hunden und Wölfen sich hüten, weil sie nicht durch die Tür eingehen, sondern aus eigener Vermessenheit, oder aus Gunst nur der weltlichen Obrigkeit oder der Volksschar die geistlichen Ämter sich anmassen, indem sie ohne die rechtmäßige Berufung und Weihung in die heiligen Dienste sich eindrängen. Wie wollen sie aber predigen, spricht der zum heiligen Amt ausgesendete Paulus, wenn sie nicht gesendet werden?

Wahrlich wenn die Weihung vernichtet, und das Priestertum aufgehoben würde, so würde das Kirchenregiment zusammenfallen, welches teils aus Priestern und andern Dienern, teils aber aus recht geweihten Bischöfen besteht, und es wäre keine Kirche mehr, die, was man sagt, ein wohlgeordnetes Heerlager ist. Auch könnten die wahren und rechtmäßigen Diener der Kirche (von den falschen) nicht unterschieden werden. Überdies käme das Amt und Ansehen zu lehren in Verachtung, die Ausspendung der Sakramente würde treulos und unordentlich besorgt, als wäre sie eitel, die geistlichen Amtsverrichtungen endlich würden zerrüttet, und, wie es jetzt die Sache nur zu sehr lehrt, die neuen und falschen Lehren würden durch diese neuen und falschen Diener der Braut zunehmen, wodurch die Kirche immerfort in große und verderbliche Bewegungen, welche wir (gegenwärtig) erfahren gesetzt würde.

Deswegen hat der heilige Apostel Paulus nicht nur verschiedene Grade der Kirchendiener gesetzt, sondern auch noch angezeigt, wie heilsam und notwendig sie seien, so, dass er für gewiss behauptet, dass sie von Gott der Kirche gegeben seien, wie vorher gesagt worden ist, zur Vollendung der Heiligen, zur Verrichtung des Amtes, zur Erbauung des Leibes Christi, und dass wir jetzt nicht mehr Kinder seien, die hin und her wanken, und durch Bosheit der Menschen, durch Arglist zum Betrug des Irrtums von jedem Winde der Lehre umher geworfen werden.

Und dies ist fürwahr das ausgezeichnete und allergewisseste Merkmal der Kirche, dass wir in ihr jene beständige und zu keiner Zeit jemals unterbrochene Folgenreihe der Bischöfe und gesetzmäßigen Weihungen sehen, welche Gott in ihr zur vollkommenen Regierung dieses seines Reiches eingesetzt hat. Es ist daher um so mehr diese Einsetzung der Diener als das stärkste Band der Kirche, und zur Erhaltung der Einheit schönste, mit allem Fleiß zu bewahren, und auch in den bösen Dienern der Kirche, (wie wir schon gesagt haben) wegen der Verordnung Gottes allzeit zu verehren.

Hierüber spricht Augustin, der verständige Lehrer: Wenn auch in jene Reihe der Bischöfe, die sich von Petrus bis Anastasius, der auf diesem Stuhl jetzt sitzt, diese Zeiten hindurch irgend ein Verräter sich eingeschlichen hätte, so brächte es doch der Kirche und den unschuldigen Christen keinen Schaden. Dafür hat der Herr Vorsehung getan, indem er von den bösen Vorgesetzten sagt: Was sie sagen das tut. Was sie aber tun, das tut nicht. So spricht St. Augustin.

Vom Sakrament der Ehe

I. Was Ist die Ehe?

Die Ehe ist eine gesetzliche Verbindung des Mannes und einer Frau, so, dass unter diesen Ehegatten ein unzertrennlicher Wandel in diesen Leben geführt werde, von Gott eingesetzt.

Ich sage: eine gesetzliche, so, dass die wechselseitige Einwilligung beider vorhanden sei, und durchaus keine Grade, wie man sie nennt, der Freundschaft und Blutsverwandtschaft und anderes dergleichen, was die Ehe entweder verhindert oder trennt, dazwischen kommen. Wem du nach dem ersten Urheber dieser ehelichen Verbindung fragst, so ist es Gott, der Beste der Höchste, der die ersten Ehegatten und Eltern des menschlichen Geschlechtes im Paradies selbst vereinigt, und durch seinen Segen geehrt hat. Wenn du aber auf das Ziel der Einsetzung siehst, so ist es die Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes zu Gottes Ehre, und die freundschaftliche und treue Beiwohnung der Ehegatten unter sich, und überdies die Vermeidung der Hurerei in dieser Schwachheit der verderbten Natur.

II. Wie ist die Ehe ein Sakrament?

In sofern die Vereinigung, welche zwischen Mann und Frau aufs engste statt hat, ein schickliches und heiliges Zeichen ist, von Gott eingesetzt, dadurch bedeutet Christi des Bräutigams und der Kirche der Braut. heiligste und stärkste Vereinigung.

Dieses Zeichen dient christlichen Eheleuten, wenn sie die Ehe recht anfangen, die Gnade Gottes zu erlangen. Diese Gnade vervollkommnet die natürliche Liebe bei den Ehegatten und verstärkt die unauflösliche Einigung, und heiligt sie, dass nicht nur zwei seien und bleiben in Einem Fleisch nach ihrem Beruf, sondern dass sie auch unter sich wechselseitige Treue, Friede, Liebe und die größte Einhelligkeit allzeit erhalten. Und so wird bei ihnen gewirkt, was der heilige Apostel lehrt, eine ehrliche Ehe in allem, und unbeflecktes Ehebett.

Daher hat der genannte heilige Paulus, als er vom Geheimnis der ehelichen Verbindung handelte, klar gesagt: Dieses ist ein großes Sakrament! ich sage aber in Christus und in der Kirche. So auch spricht St. Augustin: Nicht nur die Fruchtbarkeit, die in Erzeugung der Kinder besteht, auch nicht nur die Keuschheit, deren Band die Treue ist, sondern auch ein Sakrament der Ehe soll den gläubigen Gatten verliehen werden. Daher sagt der Apostel: Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus seine Kirche geliebt hat. Und wiederum spricht der heilige Augustin: In der Ehe vermag die Heiligkeit des Sakramentes mehr, als die Fruchtbarkeit des Leibes.

III. Kann die Ehe jemals getrennt werden?

Dass die Ehe nicht getrennt werden könne, sondern das Band derselben unauflöslich sei, beweisen jene Worte vom ersten Menschen: Der Mensch wird seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und es werden zwei sein in Einem Fleisch. Solches hat auch Christus bekräftigt, da er die Worte zu Adam als Gottes Worte wiederholte und auch noch dieses beifügte: Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen. Und an einem andern Orte lehrt Er: Jeder der seine Frau entlässt und eine andere nimmt, der bricht die Ehe. Und welcher eine, die von ihrem Mann geschieden ist nimmt, der bricht die Ehe. Dieses Gesetz Gottes, und diese unverletzliche Ordnung wegen beständiger Dauer des ehelichen Bandes beleuchtet der heilige Paulus weiter, da er spricht: Denjenigen, welche durch die Ehe verbunden sind, gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass die Frau vom Manne sich nicht scheide; wenn sie sich aber von ihm scheidet, unverehelicht bleibe oder mit dem Manne sich versöhne. Und der Mann entlasse nicht die Frau. Und nachher fügt er bei: Die Frau ist an das Gesetz gebunden so lange ihr Mann lebt.

Und wenn auch kein Nachkomme zu hoffen ist, und was immer für Nachteile des Lebens und die beschwerlichsten Fälle eintreten, so bestehet doch die einmal eingegangene Ehe, und ist so fest und kräftig geschlossen, besonders wenn sie vollbracht worden ist, dass sie das ganze Leben hindurch unauflöslich bleibt. Daher kann kein Teil vom andern sich scheiden, es wäre denn etwa, dass, bevor zwischen den Ehegatten fleischliche Beiwohnung eingetreten ist, eine klösterliche Lebensweise angenommen würde.

Wo aber einige Ursachen sich ergeben, welcher wegen bisweilen Eheleute getrennt werden, so wird deswegen das Band nicht aufgelöst, sondern die Gemeinschaft des Bettes und Zusammenwohnens, die vorher gewesen ist, verhindert.

Den Grund dieser Sache setzen wir in Christus selbst, welcher die Kirche, jene einzige und allezeit teuerste Braut, mit höchster ewiger und durchaus unzertrennlicher Einigung sich verbunden und vereinigt hat. Und diese Vereinigung zwischen Mann und Frau macht nicht nur das eheliche Band kräftig und stark, sondern schließt auch alle Vielweiberei, dass nämlich mehrere Frauen mit Einem Manne sich verheiraten, oder eine Frau mehreren Männern gegeben werde, gänzlich aus. Darum hat Christus, damit er die Ehe sowohl gewisser kräftigte, als auch zu jenem reinem und ursprünglichen Zustand wieder brächte, so bedeutend gesagt: Es werden zwei sein in Einem Fleisch. Und wiederum: Es sind jetzt nicht zwei, sondern Ein Fleisch.

IV. Ist die Ehe Allen erlaubt?

Nein, denn die Apostel haben gelehrt, wie der heilige Epiphanius spricht, dass es eine Sünde sei, in die Ehe zu treten, wenn man die Jungfrauschaft beschlossen und durch ein Gelübde bekräftigt hat. Ferner, dass es Sünde und eine große Sünde sei, behauptet auch der heilige Hieronymus, wenn er sagt, dass Jungfrauen, welche nach der Weihung heiraten, nicht nur Ehebrecherinnen seien, sondern noch viel schändlicher sich beflecken. Und der heilige Augustin spricht: Wenn eine Jungfrau sich verheuratet so sündigt sie nicht. Wenn aber eine Nonne sich verheiratet, so ist sie für eine Ehebrecherin Christi zu halten, denn sie hat vom Ort umgeschaut, wohin sie getreten war.

Der Spruch des Apostels demnach: Es ist besser zu heiraten, als Brunst leiden, geht, wie der heilige Ambrosius es ausdrücklich sagt, diejenige an, welche nicht verlobt, welche noch nicht beschleiert ist. Die sich aber Gott verlobt und den heiligen Schleier empfangen hat, ist schon verheiratet, ist schon dem unsterblichen Bräutigam verbunden. Und wenn sie nach dem gemeinen Gesetze der Ehe heiraten wollte, so begeht sie einen Ehebruch, sie wird eine Dienerin des Todes. So spricht der heilige Ambrosius.

Daher wurde das Schreiben des Kaisers Jovinian allzeit hochgelobt und vom Kaiser Justinian ins Gesetzbuch aufgenommen, welches so lautet: Wenn einer so dreist wäre, dass er um der ehelichen Verbindung willen, geweihte Jungfrauen, ich will nicht sagen, rauben, sondern sich nur daran wagen wollte, der soll am Leben bestraft werden.

Eben so verhält es sich mit den Mönchen und denjenigen, welche die heiligen Weihungen empfangen haben, und es gilt ganz der gleiche Spruch: denn sie fallen in die Verdammnis, wenn sie der Begierde freien Zaum lassen, die erste Treue, welche sie Gott und der Kirche gelobt haben, gebrochen, oder, wie der Apostel spricht, zu Nichte gemacht haben -, die nämlich, welche der Ehe freiwillig entsagt haben, es sei denn, dass sie ewige Keuschheit zu halten durch ein ausdrückliches Gelübde bekräftiget oder durch den Empfang der heiligen Weihungen wenigstens still schweigend gutgeheißen und bezeugt haben.

Sie sollen daher das Wort Gottes hören: Hast du Gott etwas gelobt, so säume nicht es zu vollbringen. Und: Was du gelobet hast, das halte. Und an einem andern Ort: Tut Gelübde und haltet sie Gott eurem Herrn. Ja auch Christus selbst lehrt: Keiner, der seine Hand an den Pflug legt und wieder umsieht, ist zum Reiche Gottes tauglich.

V. Zwingt also die Kirche Einige zum ehelosen Leben?

Die fromme und vorsichtige Mutter zwingt wahrlich Niemand, und sie legt Niemand das Gesetz des ehelosen Lebens auf. Von denjenigen aber, welche dieses Gesetz (wie gesagt) freiwillig auf sich genommen haben, fordert sie, dass sie das religiöse Band nicht lösen, noch auch die Übereinkunft, in welche sie mit Christus und seiner Kirche getreten sind, verletzen oder brechen.

Daher, werden diejenigen mit Recht gedrungen, auf ihren Versprechen zu bleiben und den evangelischen Rat zu halten, den sie einmal fest angenommen haben, davon St. Paulus spricht: Wer seine Jungfrau verheiratet, der tut wohl (so lange sie nämlich durch ein Gelübde der Keuschheit nicht gebunden ist,) und wer sie nicht verheiratet, derselbe tut noch besser. Und wiederum heißt es: Es ist dem Menschen gut, keine Frau zu berühren.

Deswegen werden von Christus gelobt und sind in der Kirche allzeit ganz besonders gerühmt worden die Evangelisch Verschnittenen, oder wie Tertullian sie nennt, die freiwillig Verschnittenen, welche wegen des Reiche Gottes sich selbst verschnitten haben, dass sie heilig seien am Leib und Geise, und Gott dienen im Fleisch ohne Fleisch.

Hier müssen wir uns aber vor doppeltem Irrtum sehr hüten, erstens vor dem derjenigen, welche mit Jovinian die Ehe so erheben, dass sie diesen Stand dem ehelosen Leben oder der Jungfrauschaft entweder gleichsetzen, oder vorziehen, da doch Paulus und alle Väter offenbar widersprechen. Zweitens vor dem Irrtum derjenigen, welche den Wahn haben, dass die Enthaltsamkeit und das ehelose Leben von den Christenmenschen kaum gehalten werden könne, und daher behaupten, dass keiner dasselbe leicht auf sich nehmen oder heilig geloben solle. Auch erkennen diese, nicht den Überfluss der evangelischen Gnade, die so herrlich und groß durch Christus so viele Jahrhunderte lang verliehen worden ist und noch täglich verliehen wird denjenigen, welche glauben, bitten, suchen, anklopfen, dass sie das süße Joch des Herrn und den Weg der Keuschheit, der ihnen so bequem als heilsam ist, erfahren.

Unter diesen war auch Paulus, der es öffentlich bekräftigt: Treu ist Gott, der euch nicht versuchen lässt über eure Kräfte, sondern mit der Versuchung auch den glücklichen Ausgang geben wird.

Deswegen hat St. Augustin dort, wo er die Stelle: Gelobt und haltet es dem Herrn eurem Gott, erklärt, so geschrieben: seid nicht träge zu geloben. Mit euern Kräften zwar werdet ihr es nicht erfüllen. Ihr werdet zu schwach sein, wenn ihr auf euch vertraut, wenn ihr aber auf denjenigen vertrauet, welchem ihr gelobet, so gelobet: ihr werdet es sicher halten.

Und der genannte schreibt an einem anderen Orte: O glückselige Notwendigkeit, welche zum Bessern antreibt!

VI. Welches ist der kurze Lehrinhalt alles Vorhergehenden?

Was nach vorgenommener Kürze bisher gesagt worden ist, soll endlich dazu dienen, dass die Einfältigen die gewisse katholische Lehre von den sieben Sakramenten der Kirche haben.

Diese sind von zweierlei Art, denn die Einen, nämlich die ersten fünf, befördern vorzüglich eines jeden Christgläubigen Heil. Die Andern aber, nämlich die zwei letztern, dienen zur Vermehrung des Volkes Gottes und zur Ausbreitung der Kirche. Beides wirken sie aber aus göttlicher und uns notwendiger Einsetzung.

Denn die Taufe gebiert wieder zum geistlichen Leben, welches in Christus ist. Die Firmung gibt dann dem Wiedergeborenen Kräfte und Stärke. Das Sakrament des Altars ist dem Wandernden eine Speise, Trank und Wegzehrung. Die Buße ist gegen alle Krankheiten der Seele ein stets vorhandenes Heilmittel. Sie richtet den gefallenen Menschen auf, und heilt den Verwundeten. Hierauf folgt die letzte Ölung, welche den, der von dieser Welt scheidet, im letzten Kampf mit dem Tod schützt und tröstet. Die Weihung hernach gibt der Kirche die Diener, welche dem Heiligen vorstehen, und alles was oben gesagt worden ist, ordentlich besorgen, ausspenden, erhalten und gebrauchen. Die Ehe endlich pflanzt das Christenvolk fort, und verhütet die Unzucht der Menschen.

Hier ist auch dieser Unterschied zu machen, dass die Taufe, die Firmung und Priesterweihe einmal verliehen, niemals wiederholt werden können. Ferner, die Taufe muss von Allen empfangen werden, das Sakrament des Altars von denjenigen, welche zum Gebrauche der Vernunft gekommen, und die Buße von jenen, welche gefallen sind. Die übrigen aber zu gebrauchen, ist der persönlichen Freiheit überlassen. Doch verachte keines, oder wenn sich die Gelegenheit darbietet, so vernachlässige keines gegen Recht und Billigkeit.

Dies sind nun die Gegenmittel und göttlichen Arzneien welche jener Samaritan, der aller Barmherzigkeit voll ist, eingesetzt und den Vorstehern der Kirche zur Ausspendung anvertrauet hat, zur rechten Heilung nämlich der Kranken, das ist aller Sünder in der Kirche, bis dass sie die wahre und vollkommene Gesundheit, wenn sie anders wollen, erlangen. Diese Heilmittel recht erkennen, heilsam empfangen und treulich auch Andern mitteilen, das ist wahrlich ein Werk nicht menschlicher Kunst, sondern christlicher Weisheit. Da nun von dieser, wie es die Anlage dieses Werkes mit sich gebracht hat, bisher genug gesagt worden ist, so bleibt uns nur noch übrig, dass wir, unter der Leitung Christi, zum andern Teil dieses Buches übergehen, welcher die christliche Gerechtigkeit enthält.

Die Weisheit atmet ihren Kindern das Leben ein, und nimmt die auf, welche sie suchen, und sie wird ihnen vorgehen auf dem Wege der Gerechtigkeit, und der sie liebt, liebt das Leben.

Fünftes Hauptstück: Von der christlichen Gerechtigkeit

I. Was gehört nun zur christlichen Gerechtigkeit?

Überhaupt zwei Dinge, welche in diesen Worten enthalten sind: Stehe ab vom Bösen und tue Gutes: wie auch Jesaias lehrt: Hört auf übel zu handeln und lernt Gutes tun. Das ist es was St. Paulus ermahnt, dass man den alten Menschen mit seinen Werte solle ausziehen, und anziehen den neuen Menschen in Gerechtigkeit und Heiligkeit. Das erste besteht darin, dass man die Sünden, welche die größten Übel der Menschen sind, erkenne und fliehe. Das zweite aber darin, dass man das Gute wolle und vollbringe.

Damit wir aber diese beiden Pflichten der Gerechtigkeit erfüllen können, so ist die Gnade Gottes, die Jesus Christus uns erworben und verheißen hat, allezeit notwendig. In dem aber diese vorangeht und mitwirkt, so geschieht in uns das, was Johannes bekräftigt: Der die Gerechtigkeit tut, der ist gerecht wie auch Er (Gott) gerecht ist. Und er setzt weiter bei: Wer Sünde tut, der ist aus dem Teufel.

II. Was ist die Sünde?

Nach dem Zeugnis des heiligen Augustinus ist die Sünde der Wille, zu behalten oder zu erlangen, was die Gerechtigkeit verbietet, und davon sich zu enthalten man die Freiheit hat. Und an einem andern Ort lehrt er: Die Sünde ist ein Wort, oder Werk, oder eine Begierde gegen Gottes Gesetz. Der heilige Ambrosius aber sagt: Was ist die Sünde als eine Übertretung des göttlichen Gesetzes, und ein Ungehorsam gegen die himmlischen Gebote?

III. Wie vielfach ist die Sünde?

Dreifach, die ursprüngliche (oder Erbsünde), die Todsünde, und die lässliche Sünde. Die erste nennen wir die ursprüngliche (oder Erbsünde), weil sie vom ersten Vater des menschlichen Geschlechtes von Adam auf uns übergegangen (ererbt) und schon bei der Empfängnis uns zugezogen, und durch die Taufe in Christus gehoben wird. Davon spricht Paulus auf diese Weise: Durch Einen Menschen ist die Sünde in diese Welt eingegangen, und durch die Sünde der Tod, und so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, in dem alle gesündigt haben. Und wiederum gibt er offenbares Zeugnis, da er zu den Getauften redet, und zeigt, dass die Kraft der christlichen Taufe auf Reinigung auch dieser Sünde sich erstrecke: Ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerechtfertigt in dem Namen unsers Herrn Jesus Christus und in dem Geiste unsers Gottes.

Die Todsünde aber, wie man sie nennt, ist eine wirkliche Sünde, welche das geistliche Leben raubt, und der Seele des Sünders den Tod bringt, welcher Tod von Gott und dem Reiche Gottes trennt und der ewigen Strafe schuldig macht. Daher steht geschrieben: Der Sold der Sünde ist der Tod. Die Ungerechtigkeit ist ein Gewinn des Todes und die Gottlosen ringen darnach mit Händen und Worten.

Endlich die lässliche Sünde ist wohl auch eine wirkliche Sünde, aber sie macht den Menschen nicht zum Feinde Gottes, und die Gläubigen erlangen von Gott leicht Nachlassung derselben. Von dieser spricht St. Johannes: Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Dann gesteht auch der heilige Jakobus offenherzig: Wir alle sündigen in vielen Stücken. Und wenn wir dem weisen Mann glauben, so fällt der Gerechte siebenmal des Tages und steht wiederum auf.

Gewiss aber ist es, dass eine Sünde schwerer sei, als die andere, und es ist nicht nur der menschlichen, sondern auch der göttlichen Gerechtigkeit gemäß, dass der schweren Sünde auch eine größere Strafe gebühre. Daher hat Christus zwischen der Schuld und Strafe dessen, der wissentlich und unwissentlich sündigt, so entschieden, da er spricht: Jener Knecht, welcher den Willen seines Herrn gewusst, und sich nicht bereitet und nicht nach desselben Willen getan hat, der wird mit vielen Streichen geschlagen werden. Der ihn aber nicht gewusst, und doch getan, hat was Streiche verdient, wird mit wenigen geschlagen werden. An einem andern Ort aber, da der Genannte von den Sünden des Zorns und seinen Graden redet, trug er diesen Spruch vor: Ein jeder der seinem Bruder zürnt, wird des Gerichtes schuldig. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Racka! der wird des Rates schuldig. Wer aber sagt: du Narr! der wird des höllischen Feuers schuldig. Hier wuchs mit den Graden der Schuld die Stufe des Spruches, dass wir uns der Worte des heiligen Gregorius bedienen, indem der Zorn ohne Worte dem Gerichte, der Zorn im Worte dem Rate, wo über die Sache das Urteil gesprochen wird, der Zorn aber in Wort und Reden dem höllischen Feuer übergeben wird.

IV. Warum soll man die Sünde fliehen?

Erstens weil Gott Niemand gottlos zu sein befahl, und Niemanden Erlaubnis gab, zu sündigen, sondern Alle hasst, welche Sünde tun, wie es die Schrift offenbar bezeugt. Es gibt auch nichts das Gott mehr verhasst ist, der sonst alles was ist, liebt, und außer der Sünde nichts mit Hass und Strafe verfolglt diese aber weder im Himmel, noch auf Erde ungestraft hingehen lässt.

Dann hat die Sünde, damit sie recht verabscheuungswürdig erscheine, Christus dem Herrn, welcher keine Sünde getan hat, Ursache gegeben sich dem Kreuze zu unterziehen und den bittersten Tod zu erdulden. Denn Er ist um unserer Missetaten willen verwundet, und um unserer Sünden willen zerschlagen worden, der Herr hat die Ungerechtigkeit unser Aller auf Ihn gelegt: Er ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht nur aber für die unserigen, sondern auch für die der ganzen Welt.

Und deswegen hat er uns von unsern Sünden in seinem Blut gewaschen, dass alle die mit ihm durch die Taufe auf den Tod begraben sind, den Sünden gestorben, der Gerechtigkeit leben, und durch seine Gnade beständig in einem neuen Lebe wandeln.

Übrigens welche nach der Gnade, die sie in der Taufe Christi erlangt haben, wieder freiwillig sündigen, die sündigen gegen Christus, verfolgen Christus, kreuzigen Christus noch einmal, daher sie von Christus, dem gerechten Richter, nicht weniger als die lasterhaften Heiden gestraft werden müssen. Denn so lehrt St. Paulus: Wenn wir freiwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit erlangt haben, so bleibt uns forthin kein Opfer mehr für die Sünde, wohl aber eine schreckliche Erwartung des Gerichtes.

Von diesen hat auch der heilige Apostel Petrus gesagt: Es wäre ihnen besser, dass sie den Weg der Wahrheit nicht erkannt hätten, als dass sie nach der Erkenntnis sich wieder abwenden von jenen heiligen Gebote, welches ihnen gegeben ist. Daher wer da steht, der sehe zu, dass er nicht falle, denn wenn er fällt, werden die letzten Dinge ärger, als die ersten. Überdies sind diejenigen Feinde ihrer Seele, welche sündigen und Unrecht tun, wenn wir Raphael glauben. Denn der Mensch tötet durch die Sünde seine Seele. Die Seele welche gesündigt hat, soll sterben.

Nichts aber ist unglückseliger, als jener Tod durch welchen der Mensch von der Gemeinschaft aller Heiligen, von der Freude der Engel und Himmelsbewohner, und endlich selbst vom höchsten und ewigen Gute, in dessen Erkenntnis und Genuss wahrlich alles Heil und vollkommene Seligkeit des Menschen besteht, auf ewig getrennt wird.

Zudem ist der Sünde Wesen und Bösartigkeit diese, dass sie die Menschen, auch die Gerechten, nicht nur von Gott und Gottes Gnade und Herrlichkeit ausschließt, sondern überdies auch den größten und ewigen Übeln sowohl des Leibes, als auch der Seele unterwirft, und sie macht dieselben nicht nur in diesem, sondern auch in dem zukünftigen Leben höchst unglücklich, so, dass sie in die Gewalt der Teufel gebracht, den schwersten Strafen und allen Übeln ewig hingegeben werden.

Daher soll man die Beispiel in den heiligen Schriften merken, welche von Sündern, die gestraft worden sind, hin und her zerstreut erzählt werden, als von Kain, Pharao, Nabuchodonosor, den Sodomiten, Ägyptern, Israeliten und von den Übrigen, deren Laster der gerechte Gott auf wunderbare und schreckliche Weise gezüchtigt hat. Wir sollen auch acht haben auf die Sprüche, welche lehren, dass man die Pest der Sünden fliehen und verabscheuen solle, nämlich: Wer Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde. Gott hasst beide, den Gottlosen und seine Bosheit. Die Sünde macht die Völker unglücklich. Fliehe vor Sünden wie vor einer Schlange. Du bist nicht ein Gott, dem Gottlosigkeit wohlgefällt, und der böse ist, wohnt nicht bei Dir, noch bleiben die Ungerechten vor deinen Augen. Wer in einem Stück sündigt, verdirbt viel Gutes. Alle Tage deines Lebens, habe Gott im Herzen und hüte dich, dass du je in eine Sünde einwilligst und die Gebote unsers Gottes übertretest.

Solches (alles) dient dazu, dass der Mensch Gott, den strengsten Rächer der Sünden, erkenne in dieser Erkenntnis ihn fürchte, in der Furcht sein Heil sorgfältig wirke, und in dieser Sorgfalt den schrecklichen Strafen der Sünden entgehe. Denn der Sünder hat viele Plage.

V. Welcher Weg führt zur Grube der Sünde?

Man kommt vorzüglich auf drei Stufen zur Sünde: Durch Eingebung, Lust und Einwilligung. Durch Eingebung des Feindes, da uns ein böser Gedanke eingegeben oder man von der Welt, dem Fleisch oder dem Satan in Versuchung geführt wird. Durch unsere Lust aber, wenn das, was die böse Versuchung eingegeben hat, dem Gemüte sehr wohlgefällt. Endlich auch durch eigne Einwilligung, wenn der zur Sünde gereizte Wille wohl bedacht einstimmt. Durch diese Einwilligung wird die Sünde wahrlich schon vollbracht, so, dass sie den Menschen nicht nur unrein und sündig macht, und geistlich tötet, sondern auch vor Gott der Hölle schuldig macht, auch wenn sie nicht immer im Werke vollbracht wird. Daher ist jenes Wort nicht umsonst gesagt worden: In der bösen Eingebung liegt der Same der Sünde, in der Lust ihre Nahrung, in der Einwilligung das Vollbringen derselben.

Wenn wir die gewöhnlichen Stufen der Sünde noch genauer betrachten, so kommt zuerst aus der Eingebung der Gedanke, aus dem Gedanken die Bewegung des Gemütes, aus der Bewegung des Gemütes die Lust, aus der Lust die Einwilligung, aus der Einwilligung das Werk, aus dem Werke die Gewohnheit aus der Gewohnheit die Verzweiflung, aus der Verzweiflung die Verteidigung der Sünde, aus der Verteidigung der Sünde Prahlerei, aus der Prahlerei die Verdammnis.

Das ist endlich jene lange und schreckliche Kette der Sünden, dies sind die Stricke und Fesseln, mit welchen der Satan den Menschen gebunden hält, jetzt in alle Arten von Übeln, und zuletzt in den Abgrund der Hölle auf die unglücklichste Weise stürzt. Und deshalb liegt sehr viel daran, diese Stufen und Arten der Sünden aufs fleißigste zu unterscheiden und zu beobachten, damit wir nicht betrogen und gefährdet werden.

VI. Wie werden die Sünden leicht vermieden?

Zuerst, wenn wir vorher sehen, welche Übel und Gefahren auf die Sünde folgen. Danach, wenn wir dem ersten Anfänge und den bösen Eingebungen, dadurch wir zum Sündigem leicht gereizt werden, sogleich begegnen und tapfer widerstreiten. Endlich wenn wir uns bestreben, die den Sünden entgegen gesetzten Tugenden zu üben, und das Alles unter dem Beistand Christi.

Daher ermahnt uns Jesus Sirach: Folge nicht deinen bösen Lüsten, und brich deinen Willen. Wenn du deiner Seele ihre Begierden lassest, so wird sie dich deinen Feinden zur Freude machen. Daher heißt auch der göttliche Spruch: Ist es nicht so? Wenn du recht tust, so wirst du den Lohn empfangen. Wenn aber unrecht, so wird die Sünde sogleich vor der Türe sein, aber ihre Begierde soll unter dir sein, und du sollst über sie herrschen.

Und hier hat die geistliche Bewaffnung ihre Stelle, von welcher Paulus die Kämpfer Christi gegen die Sünde und alle Nachstellungen des Teufels gerüstet wissen will, auf dass sie gegen die Sünde streiten, am bösen Tage widerstehen und alle (feurigen) Pfeile des Bösewichtes auslöschen können.

Von den sieben Hauptsünden

I. Welche Sünden sind vorzüglich zu merken?

Diejenigen, welche man Hauptsünden heißt, weil sie gleichsam die Quellen sind und der Ursprung der übrigen und aus denselben, als aus einer verderbten Wurzel wahrlich vergiftete Früchte erwachsen und als von einem langen Stamm allerlei Laster, Schande, Ärgernis, Schaden, Verderbnisse und Vergiftung des menschlichen Geschlechtes kommen, und mit großer Gewalt hervor strömen.

II. Wie viel gibt es solche Hauptsünden?

Sieben, die also aufgezählt werden: Hoffahrt, Geiz, Unkeuschheit, Neid, Fraß und Völlereien, Zorn, Trägheit. Wie man aber diese Sünden allezeit äußerst hassen und fliehen soll, eben so soll man sich der sieben Tugenden, welche diesen Sünden entgegen gesetzt sind mit größtem Eifer und reiner Liebe befleißen, wenn wir uns anders um das Leben der Seele bewerben.

Der Hoffart ist die Demut entgegen gesetzt, dem Geiz die Freigebigkeit, der Unkeuschheit die Keuschheit, gegen den Neid streitet die Liebe, der Völlerei ist der Abbruch entgegengesetzt, dem Zorn die Geduld, endlich der Trägheit widersteht die Andacht, oder ein gottseliger Fleiß und eine emsige Gottseligkeit.

III. Was ist die Hoffart und was erzeugt sie?

Die Hoffart ist eine unordentliche Begierde andere zu übertreffen, sei sie dann innerlich im Gemüte verborgen, oder zeige sie sich auch äußerlich.

Diese ist die Mutter, die Fürstin und Königin aller Sünden, welche vorzüglich diese unglücklichen Früchte hervorbringt: Ungehorsam, Ruhmredigkeit, Heuchelei, Streit, Hartnäckigkeit, Zwietracht, Neugierde.

Damit man sich aber vor diesem größten Laster hüte, so ermahnt Tobias auf diese Weise: Hoffart lass weder in deinem Sinne, noch in deinem Worte herrschen, denn in ihr hat alles Verderben seine Anfang genommen.

Daher auch jene apostolische Lehre: Gott widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt er Gnade. Ja, wenn wir dem Jesus Sirach glauben, so ist Hoffart Gott und den Menschen verhasst. Gott hat die stolzen Völker bis auf die Wurzel ausgerottet, und statt ihrer demütige gepflanzt. Was erhebst du dich also stolz, Erde und Asche?

IV. Was ist der Geiz und was erzeugt er?

Der Geiz ist eine unordentliche Begierde zu haben. Den ganz recht wird derjenige für einen Geizigen gehalten, welcher fremdes Gut nicht nur an sich reißt, sondern auch begehrt, oder sein eigenes gierig behält.

Die Töchter dieser schlimmste Mutter sind Verräterei, Betrug, Übervorteilung, Meineid, Unruhe, Gewalttätigkeit, Unbarmherzigkeit oder Unmenschlichkeit, und Härte des Herzens. Dieses Laster verdammt der Apostel, da er es einen Götzendienst genannt hat, und überdies so schreibt: Die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und in den Strick des Teufels und in viele, sowohl unnütze, als schändliche Begierden, welche die Menschen in das Verderben und in die Verdammnis bringen. Denn der Geiz ist eine Wurzel alles Übels.

Und an einem andern Ort lesen wir geschrieben: Nichts ist schändlicher, als ein Geiziger. Ferne: Nichts ist sündhafter als das Geld lieben. Denn ein solcher hat auch seine Seele feil. Und Christus selbst bezeugt es: Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Und wiederum: Sorgt nicht für den morgigen Tag.

Solches gibt St. Paulus noch deutlicher, indem er so ermahnt: Euer Wandel sei ohne Geiz, seid mit dem zufrieden was da ist. Denn Er selbst hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen, noch von dir weichen, so, dass wir Mit gutem Vertrauen sagen können: der Herr ist mein Helfer. Wenn wir Nahrung haben und womit wir uns bedecken, so lasset uns damit zufrieden sein.

V. Was ist Unkeuschheit und welche Früchte erzeugt sie?

Die Unkeuschheit ist eine unordentliche Begierde der unreinen und geilen Wollust. Sie erzeugt aber Blindheit des Geistes, Unbedachtsamkeit, Unbeständigkeit, Unbesonnenheit, Eigenliebe, Hass Gottes, allzu Verlangen nach diesem Leben, Schrecken Todes, und des zukünftigen Gerichtes, Verzweiflung an der ewigen Seligkeit.

Gegen die Sünde, welche die Weisen zu Narren, und die Menschen beinahe zum Vieh macht, spricht St. Paulus so: Flieht die Hurerei, denn alle Sünde der Mensch tut, ist außerhalb des Leibes. Wer aber Hurerei treibt, der sündigt an seinem Leib. Darum schreibt er auch an einen andern Ort auf diese Weise: Hurerei und alle Unreinigkeit oder Geiz, soll unter euch nicht genannt werden, wie es sich auf Heilige gebührt, noch auch schändliche Reden, dummes Geschwätz oder unanständige Possen, sondern vielmehr Danksagung.

Und man muss sich wahrlich wundern, Christen nicht mit großer Schamröte überzogen werden, welche vor Gott und seinen Engeln mit schändlicher Wollust sich beflecken, da sie in der Taufe ihre Leiber und Glieder dem Heiligen Geistes und Christus dem Herrn als reine Tempel geheiligt haben.

Daher spricht der heilige Paulus wiederum: Wisst ihr nicht, dass eure Glieder ein Tempel sind des Heiligen Geistes, der in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer eigen seid? Dann wiederum: Wisset ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Sollte ich die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Und endlich schließt er so: Ihr seid teuer erkauft, verehrt und tragt Gott in eurem Leibe: denn die Hurer und Ehebrecher wird Gott verdammen.

VI. Was ist der Neid und was zeugt er?

Der Neid ist eine Traurigkeit über das Gute eines Andern, und ein gehässiger Verdruss wegen eines Andern Glückseligkeit, hinsichtlich der Höheren, weil man diesen nicht gleich gemacht ist, und hinsichtlich der Niedern, aus Besorgnis, diese möchten ihnen noch gleich gemacht werden, und hinsichtlich derer, die gleichen Standes sind, weil diese ihnen gleich gemacht sind, wie St. Augustin sagt. Der Neid aber erzeugt Hass, Ohrenblasen, Ehrabschneidung, Freude über das Unglück Anderer, Betrübnis über das Glück derselben.

Man liest für gewiss, dass Kain seinen leiblichen Bruder Abel und Saul den verordneten König und seinen Tochtermann David beneidet habe. Dieses abscheuliche Laster, außerdem dass es ohne alle Liebe und Menschlichkeit ist, macht die Menschen sogar den Teufeln ähnlich. Denn durch Neid des Teufels, ist der Tod in die Welt eingegangen, und die auf seiner Seite sind, folgen ihm nach. Wohl ermahnt daher der Apostel: Wir sollen nicht nach eitler Ehre begierig sein, noch einander zum Zorn reizen, noch einander beneiden.

VII. Was ist Fraß und Völlerei und was erzeugt sie?

Fraß und Völlerei ist eine unordentliche Begierde nach Speise und Trank. Sie erzeugt unschickliche Freude, Geschwätzigkeit, Leichtfertigkeit, Unstetigkeit, Blödigkeit der Sinne und des Verstandes.

Was ist auch schändlicher, als dass der Mensch von den wilden Tieren, die mit einer gewissen natürlichen Mäßigkeit zufrieden sind, übertroffen werde, indem er gleichsam ein Leibeigner des Bauches, der Trunkenheit und Völlerei ist, indem er seine Güter verschwende, die Gesundheit schwächt, Krankheiten sich zuzieht, und endlich selbst das Leben sich abkürzt und mit Gewalt raubt? - Denn wahr ist jener Spruch: Wegen des Trunkes sind viele gestorben. Wer aber mäßig ist, wird sein Leben verlängern. Ferner: Von vielem Essen wird man krank.

Daher befiehlt Christus: Hütet euch, dass eure Herzen nicht etwa beschwert werden mit Fraß und Trunkenheit.

Übrigens mahnt uns St. Paulus von der Trunkenheit ab, indem er spricht: Sauft euch nicht mit Wein voll, in welchem Geilheit ist. Die Trunkenbolde werden das Reich Gottes nicht besitzen. Wie denn auch der Prophet die Säufer ernstlich bedroht, indem er spricht: Wehe euch, die ihr Helden im Weinsaufen und tapfere Männer im Mischen berauschender Getränke seid!

VIII. Was ist der Zorn und welche Früchte zeugt er?

Der Zorn ist eine unmäßige Begierde, an dem sich zu rächen, von welchem man sich beleidigt glaubt. Von ihm kommen die abscheulichen Früchte: Zank, Erhitzung, Schmähung, Geschrei, Widerwille und Gotteslästerung.

Dieses ist das schädliche Gift des Herzens, das alle Kraft des Urteiles und der Klugheit und die Gesundheit des Gemütes, oft auch des Leibes schwächt.

Deswegen ermahnte der Prediger: sei nicht schnell zum Zorn, denn der Zorn ruht in dem Schoße des Narren. Und der Völkerlehrer gebot: Alle Bitterkeit, und Zorn, und Grimm, und Geschrei, und Lästerung, sei ferne von euch samt aller Bosheit. Seid aber unter einander freundlich, barmherzig und vergebt einander, gleichwie in Christus euch vergeben hat.

Übrigens ist der Ausspruch Christi gegen die Zornigen, Zank- und Schmähsüchtigen schon bekannt und sehr zu fürchten: Ein Jeder der gegen seinen Bruder zürnt, der wird des Gerichtes schuldig, wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha! der wird des Rates schuldig. Wer aber sagt: Narr! der wird des höllischen Feuers schuldig.

IX. Was ist die Trägheit und was erzeugt sie?

Die Trägheit ist Schwäche eines nachlässigen Gemütes Gutes zu wirken, vorzüglich aber ist sie Überdruss an geistlichen Dingen. Sie erzeugt Bosheit, Unmut, Kleinmütigkeit, Verzweiflung, Faulheit in Haltung der notwendigen Gebote und Ausschweifung des Gemütes in ungebührliche Sachen.

Dieser Sünde sind die müßigen faulen und die die Schrift laue Menschen nennt, und endlich alle diejenigen unterworfen, welche diese Zeit der Gnade und den Tag des Heiles mit eiteln Dingen und Streben hinbringen. Das Ende aber dieser Sünde ist jenes, welches Christus im Evangelium lehrt: Jeder Baum der nicht eine gute Frucht bringt wird abgehauen und in das Feuer geworfen. Dann an einem andern Ort: Den unnützen Knecht werft in die äußerste Finsternis. Auch schwieg Er nicht über das, was Er unterdessen von uns getan wissen wollte, damit wir nicht erschlaffen. Er spricht: Sehet zu, wachet und betet, denn ihr wisst nicht, wann es Zeit ist. Ringet, dass ihr durch die enge Pforte eingeht, denn viele sage ich euch, werden suchen einzugehen, und werden es nicht können.

Solches haben wir in Kürze abgehandelt, damit diejenigen welche mit dem Wege der Gerechtigkeit zu wenig bekannt sind, die vorzüglichen Gebrechen des menschlichen Geschlechtes und die abscheuliche Pest, die wir gezeigt haben, nicht nur erkennen und wahrnehmen, sondern auch nach der Vorschrift des göttlichen Gesetzes von sich und andern zu vertreiben, und gänzlich abzuhalten sich bemühen. Selig aber der Mann, welcher nicht abweicht in den Rat der Gottlosen, und nicht steht auf dem Wege der Sünder und nicht sitzt auf dem Stuhl der giftigen Spötter, wie der königliche Psalmist singt, um den ersten Teil der Gerechtigkeit und Glückseligkeit mit seinem ersten Gesang zu erweisen.

Von den fremden Sünden

I. Welche heißt man fremde Sünden?

Diejenigen, welche, obschon sie durch Anderer Hände und Werke geschehen, doch uns angemessen zugerechnet werden, und unser Gewissen vor Gott der Verdammnis schuldig machen.

Deshalb kann von diesen Sünden verstanden werden was die Schrift gebietet: Mache dich nicht fremder Sünden teilhaftig. Und was der königliche Prophet betet: von meinen verborgenen Sünden reinige mich, o Herr! und wegen der fremden verschone deinen Knecht. Dahin auch deutet Basilius der Große, was St. Paulus an die Epheser geschrieben hat: Habt nicht Teil an den unfruchtbaren Werken der Finsternis, sondern straft sie vielmehr. Dann das Wort des genannten Apostels: Entzieht euch jedem Bruder welcher unordentlich wandelt, und nicht nach der Übergabe die sie von uns empfangen haben.

II. Wieviel gibt es fremde Sünden?

Neun, wie sie denn auch beinnahe auf neunerlei Weise begangen werden, als nämlich: durch Rat, Geheiß, Einwilligung, Anregung, Lob oder Schmeichelei, durch Verschweigen fremder Schuld, durch Übersehen oder Nachsicht, durch Teilnahme und böse Verteidigung des Lasters.

III. Wann wird die fremde Sünde durch Rat vollbracht?

Wenn wir nämlich eines bösen Rates, dem Andere folgen oder folgen könnten, selbst Urheber sind und Mithelfer. Zu einem Beispiel sei uns Kaiphas, welcher durch seinen Rat den jüdischen Senat zur Hinrichtung Christi gereizt und bewogen hat. Joseph von Arimathäa hingegen wird gelobt, und ein frommer und gerechter Mann genannt, weil er nicht in den Rat eingewilligt hat und in die Handlungen jener Hohenpriester nämlich und Pharisäer, welche sich gottlos verschworen, Christus zu töten.

Unter die genannte Klasse gehörte jener Demetrius, welcher mit den übrigen Goldschmieden, weil er seinen Gewinn suchte, beinahe die ganze Stadt der Epheser gegen Paulus und Pauli Lehre mit großer Bewegung erfüllte.

Hierin verstieß sich auch die berüchtigte Herodias, welche der König Herodes zum Ehebruch schändlich missbrauchte. Denn auf ihren Rat und Zureden hat die Tochter, die geschickte Tänzerin, die Sünde begangen, dass sie das abgeschlagene Haupt des heiligen Johannes grausam begehrte.

IV. Wann ist das Geheiß eine fremde Sünde?

Wenn durch unsern Beschluss, Befehl, oder Gebot dem Nächsten eine Unbild widerfährt, oder irgend etwas Böses vollbracht wird. So hat der König David den unschuldigen Urias getötet, nicht zwar durch seine eigenen oder seiner Diener Hände, sondern indem er solches durch einen Brief getan und befohlen hat, dass dieser im Kampf getötet würde. Auch ist der Landpfleger Pilatus am Tod Christi schuldig, weil er ihn den Juden zu Gefallen, obwohl einigermassen gegen seinen Willen, doch aus seiner Gewalt zur Kreuzigung verurteilt und übergeben hat. So haben Pharao und Herodes des größten Verbrechens sich schuldig gemacht, da sie das tyrannische Gesetz machten, die Kinder der Hebräer zu töten. Wehe aber denjenigen welche gottlose Gesetze geben.

V. Wann macht uns die Einwilligung der fremden Sünden schuldig?

Ihr habt den Urheber des Lebens getötet. Denkwürdig ist des St. Paulus Spruch: Nicht nur diejenigen, welche Böses tun, sondern auch die, welche denen die es tun, beistimmen, sind des Todes wert.

Wenn das, was von Andern böse geschieht, von uns gleichsam die Beistimmung erhält und wenigstens stillschweigend gut geheißen wird. So hat Saulus gesündigt, da er in den Tod des ersten Märtyrers Stephanus gestimmt hat. Gesündigt haben auch jene mehr als vierzig Männer aus den Juden, welche sogar unter einem Gelübde, sich zur Ermordung des heiligen Paulus bewaffnet haben. Gesündigt haben endlich auch die Bürger Jerusalems, da sie ihren Obrigkeiten beigestimmt, dass Christus getötet würde, wie es deshalb Petrus ihnen verwiesen und gesagt hat:

Und hierher kann bezogen werden, was wir bei Cyprian lesen: Der ist nicht frei vom Laster, welcher einem Andern befohlen hat, dass er es tue, noch auch ist der am Verbrechen unschuldig, das zwar er selbst nicht begangen, von dem man aber öffentlich weiß, dass er mit eingestimmt habe.

VI. Wann begehen wir eine fremde Sünde durch Anreizung?

Wenn wir wissentlich einen andern zum Zorn reizen, zur Rache, Gotteslästerung, Grausamkeit oder dergleichen Lastern, es geschehe nun durch Worte oder Werke, oder auf was immer für andere Weise. So spottete die Frau des Job ihres geduldigsten Mannes unverschämt, und reizte ihn, soviel an ihr war, sogar Gott zu lästern. Auch die Frau des Tobias, gleich unfreundlich, beunruhigt und reizt den Mann häufig mit ihren Schmähungen, so zwar, dass der geängstigte Mann genötigt wird, die häusliche Unbild unter Ausgießung von Seufzern, Tränen und Gebeten vor Gott zu bringen.

Jesus Sirach hingegen ermahnt: Lass ab von Hader, und du wirst die Sünden vermindern. Denn ein zorniger Mensch zündet Hader an, und ein sündiger Mann verwirret Freunde, und in Mitte derer, die Friede haben, bringt er Feindschaft.

So spricht auch Salomo: Der Böse sucht immer Zank; aber es wird ein grausamer Engel über ihn kommen.

VII. Wann machen wir uns fremder Sünden teilhaftig durch Loben oder Schmeicheln?

Wenn wir Jemand seiner bösen Taten oder seiner Bosheit wegen loben, oder als hätte er, der auf bösen Wegen läuft, seine Sache gut gemacht, und ermuntern, dass er in seinem bösen Vornehmen fortfahre. Wehe aber denjenigen, welche Polster machen unter alle Ellenbogen, und Kissen unter die Häupter jedes Alters, um die Seelen zu fangen wie es bei dem Propheten steht! In diese Sünde fallen bisweilen die Prediger der Kirche, und Obrigkeiten, welche dem Pöbel Übel schmeicheln, indem sie seine Ausgelassenheit öffentlich begünstigen und ihr Beifall geben. Wohl spricht aber Jesaias: Mein Volk die dich selig preisen, diese betrügen dich und zerstören den Weg deiner Schritte. Daher befiehlt Paulus, diejenigen Lehrer zu meiden, welche durch süße Worte und Lobreden die Herzen der Unschuldigen verführen. Denn weil der Sünder in den Lüsten seiner Seele gerühmt wird, und der Ungerechte gepriesen, so wird der Missetäter den Herrn erbittern, wie der königliche Prophet bezeugt.

VIII. Wann fällt die fremde Sünde aus Schuld des Stillschweigens auf uns?

Wenn unser unzeitiges Stillschweigen entweder einem Untergebenen oder irgend einem Andern Schaden bringt, zum Beispiel, wenn uns das Amt obliegt einen Bruder oder das Volk zu lehren, zu ermahnen, und zu strafen, und wir unterdessen, da wir nützen können, ohne Ursache es unterlassen. Daher bezeugt der Herr durch Jesaia jedem, der das Evangelium verkündigt: Schreie, höre nicht auf, erhebe deine Stimme wie eine Posaune, und verkündige meinem Volke seine Laster, und dem Hause Jakobs seine Sünden. Höre ferner die Gefahr derjenigen, welche nicht ohne Ursache stumme Hunde genannt werden, die nicht bellen können: Wenn ich zu dem Gottlosen sage, spricht der Herr, du musst des Todes sterben, und du verkündest ihm solches nicht, und redest nicht (zu ihm), dass er sich von seinem gottlosen Wege bekehre und lebe, so wird dieser Gottlose in seiner Sünde sterben; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. Sehr notwendig ist zu merken, was Paulus nicht ohne ernstes Flehen begehrt: Predige das Wort, halte an, es sei zur rechten Zeit, (oder) zur Unzeit, strafe, ermahne, züchtige in aller Geduld und Lehre. Und an einem andern Ort spricht der Genannte: Die da sündigen, strafe im Angesicht aller, damit auch die Andern Furcht haben.

IX. Wann eilen wir durch unser Übersehen der fremden Sünden schuldig?

So oft wir das, was durch unsere Macht und Ansehen gestraft und gebessert werden kann und soll, doch ungestraft hingehen und schlimmer werden lassen.

Also sündigen erstens die Obrigkeiten, da sie das Schwert vergebens führen und nicht sind was sie heißen, Diener Gottes, und nicht Rache nehmen und diejenigen strafen, welche böse und aufrührerisch handeln. So war es vom König Saul eine Sünde da er gegen Gottes Gebot zu gütig war und die Feinde verschonte - die Amalechiter. Die genannte Sünde ist vom Könige Achab begangen worden, da er Benadab, den König von Syrien, zu Gnaden wieder aufnahm, daher er auch nicht dem strengen Spruch des Propheten entkam, der also drohte: Dieses spricht der Herr: Weil du den Mann welcher des Tod wert war, von deiner Hand gelassen hast, so soll deine Seele für seine Seele, und dein Volk für sein Volk sein. Hierher kann bezogen werden, was der Apostel den Korinthern befiehlt: Tut von euch hinweg, der böse ist. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert? Reiniget den alten Sauerteig!

Zweitens sündigen hier Hausväter und Hausmütter, Herren und Lehrmeister, indem sie diejenigen die ihnen anvertraut sind, durch allzu große Nachsicht und Übersehen in der Erziehung verderben, und durch ihre Nachlässigkeit und Unfleiß in Gefahr kommen lassen. So lesen wir, dass die Söhne Helis ganz aus Schuld der Nachsicht ihres Vaters verderbt worden sind, der deshalb für seine allzu große Zurückhaltung hart gestraft worden ist.

Hier kann auch die Sünde beigesetzt werden, die man Unterlassung der brüderlichen Bestrafung, Ermahnung oder Zurechtweisung zu nennen pflegt, weil auch Christus uns mahnt, dass wir den Bruder ein und zwei und drei Mal strafen sollen, damit wir den, welcher sündigt gewinnen mögen, obschon Einige zwischen einer solchen Unterlassung und dem Übersehen, davon wir zuvor gesagt haben, unterscheiden, so dass sie daraus zweierlei Arten der fremden Sünde machen.

X. Was heißt eine fremde Sünde durch Teilnahme begehen?

Solches geschieht hauptsächlich, wenn wir mit den Dieben oder Räubern am Gewinne Anteil haben. Dann wenn wir unrecht erworbenes Gut oder was uns sonst auf keine Weise gehört, zugleich mit Andern wissentlich uns zueignen und behalten, überdies wenn wir uns durch Anderer Raub bereichern.

Hierher scheint zu gehören, was der Psalmist gesagt hat, mit den Dieben laufen und mit den Ehebrechern Teil haben.

So wirft auch Jesaias dem jüdischen Volke vor: Deine Fürsten sind untreu, Gefährten der Diebe, alle lieben die Geschenke, und haschen nach Lohn.

Schwerer noch versündigen sich diejenige, welche aus Anderer Schande öffentlich Gewinn sich verschaffen, wie die Kuppler, oder welche sich unterstehen, den Straßenräubern und Menschen von bekannter Schande oder Rotte, Herberge und Platz zu geben, wo sie sich oder das Ihrige unterbringen.

XI. Wie begehen wir eine fremde Sünde durch unsere Verteidigung?

Wenn wir entweder Übeltäter in Schutz nehmen, oder die Lehre eines Andern, obgleich sie verkehrt und gottlos ist, verteidigen oder verbreiten, dann auch wenn wir uns alle Mühe und Fleiß geben, das was gegen Recht und Billigkeit ist, zu befördern und zu verfechten. Gegen diese spricht das göttliche Wort: Wehe euch, die ihr Böses gut, und Gutes bös heißet, die ihr Finsternis zu Licht, und Licht zu Finsternis machet, die ihr aus sauer süß, und aus süß sauer machet. Und wiederum: Du sollst nicht dem Haufen folgen, Böses zutun, noch sollst du im Gericht in dem Spruch der Mehrheit einwilligen, dass du vom Wahren abweichst.

Dies sei genug von den - wie man sie fremden Sünden, die jetzt wahrlich weit und breit im Schwung sind, und täglich ohne alle Scheu, vorzüglich von den Großen begangen werden. Ja, man scheut sich derselben allenthalben nicht, so, dass die allermeisten sie gar nicht für Sünden halten und gering achten, wenn sie schon ihre und Anderer Gewissen oft mit dem Unsauberkeit dieser Sünden beflecken und der ewigen Strafen sich schuldig machen. Alle eben beschriebenen Arten (der Sünden) können ungefähr in drei Hauptgattungen wie der große Basilius es zeigt, gebracht und kurz gefasst werden. Denn, dass wir eines fremden Irrtums oder Sünde teilhaftig werden, das geschieht entweder im Werke, oder mit dem Willen und mit dem festen Vorsatz allein, oder durch Trägheit und Unachtsamkeit, wenn wir Andern unsere Wohltat, zu ermahnen und zu bessern entziehen. Aber die allergräulichste Art zu sündigen ist, da man gegen den Heiligen Geist sündigt.

Von den Sünden in den Heiligen Geist

I. Was ist die Sünde in den Heiligen Geist?=

Dass man die angebotene Milde und Gnade Gottes, die man dem Heiligen Geistes, als dem Quell alles Guten, besonders zuzuschreiben pflegt, aus Bosheit verächtlich von sich werfe. Und das heißt unversöhnbar sündigen, so dass man, nach dem Worte Christi, weder in diesem, noch in dem künftigen Leben Verzeihung einer so schweren Sünde erlangen kann. Denn Gott handelt mit uns nach diesem Gesetz, dass er weder die Gnade auf Erde, noch die Herrlichkeit im Himmel jemand andern gebe, als denjenigen, welche die Sünde erkennen und verabscheuen und überdies einen guten und gerechten Lebenswandel sich vornehmen und erwählen. Bei diesen Sünden aber mangelt sowohl der Abscheu der Sünde, als auch die Erwählung des Guten, nach dem man streben soll. Überdies wird auch verworfen, wodurch der Heilige Geist nach seiner Gnade den Menschen von der Sünde zurück zu rufen pflegt. Daher geschieht es, dass diejenigen welche mit solchen Sünden behaftet sind, Gottes Gnade entweder niemals oder selten und schwerlich erlangen. Denn man sündigt nicht aus menschlicher Schwachheit oder Gebrechlichkeit, was man in den Vater und in des Vaters Allmacht sündigen heißt, wie wir es an dem Apostel Petrus sehen, da er Christum verleugnete, noch auch aus Unwissenheit, was, wie sie es nennen, in den Sohn und in des Sohnes Weisheit sündigen heißt, wie es dem Saulus, der die Kirche verfolgte, begegnet ist, sondern es wird, was viel schwerer ist, aus Bosheit und Hartnäckigkeit des Gemütes gesündigt, wie uns jene verkehrtesten und verstocktesten Pharisäer ein Beispiel geben.

II. Wie viele Sünden gegen den Heiligen Geist gibt es?

Derer werden sechs gezählt, wie nämlich insgemein folgende Namen angenommen: sind Vermessenheit auf Gottes Barmherzigkeit, oder auf Ungestraftheit der Sünde, Verzweiflung, Bestreitung der erkannten Wahrheit, Neid gegen brüderliche Liebe, Verstockung und Unbußfertigkeit. Deutlicher aber wird es sein, wenn jemand also zählt:

1. Die göttliche Barmherzigkeit vermessentlich missbrauchen;

2. an der Gnade Gottes oder seinem Heile gänzlich verzweifeln;

3. die Wahrheit der Religion gegen sein eigenes Gewissen feindlich bekämpfen;

4. aus hartem Neid heftig bewegt sein wegen eines Andern Heiles, und weil es dem Bruder in allen Tugenden wohlgelingt

5. mit steifem Gemüte im Laster vorsätzlich verharren

6. ohne Vorsatz der Buße des verkehrten Lebens kein Ende machen

III. Welche Vermessenheit nun macht eine Sünde gegen den Heiligen Geist?

Die welche verursacht, dass der Mensch auf die Barmherzigkeit Gottes allein sich verlasse, und zum sündigen kühn macht, nachdem er nämlich alle Rücksicht auf Gerechtigkeit und Furcht Gottes bei Seite gesetzt und verworfen hat.

Und so sündigen wahrlich heut zu Tage sehr Viele, die einzig mit dem Glauben an Christus sich schmeicheln, und sogar mitten in der Verkommenheit der Sünden, wie die Tiere verfaulen, und welche sich erkühnen, nicht nur sich selbst, sondern auch Andern Sicherheit zu versprechen, wenn sie nur auf die Verdienste Christi und die Gnade Gottes vertrauen, und sie mit dem Glauben ergreifen, ob sie schon dabei unterlassen, Früchte der Buße zu wirken.

Einem jeden von diesen aber ruft der Völkerlehrer Paulus in Glaube und Wahrheit zu, da er spricht: Verachtest du wohl den Reichtum der Güte Gottes und seiner Geduld und Langmut? Weißt du nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet?

Deshalb will der genannte heilige Paulus an einem andern Ort nicht, dass man des Glaubens allein so sehr sich rühme, dass er auch alle diejenigen, welche glauben, mit Furcht und Zittern ihr Heil wirken heißt, und er empfiehlt einen Glauben, der nicht tot und müßig, wie Jakobus ihn nennt, sondern der lebendig ist und tätig, welcher durch die Liebe rechtschaffen wirkt.

Gegen diese ungemein große Sünde schreibt Jesus Sirach so: Wegen einer schon gebüßten Sünde sollst du ja nicht ohne Furcht sein, noch eine Sünde über die andere häufen. Auch sollst du nicht sagen: die Barmherzigkeit des Herrn ist groß, er wird sich der Menge meiner Sünden erbarmen. Denn seine Barmherzigkeit und Zorn nahen sich bald, und sein Zorn sieht auf die Sünder. Wohl spricht daher der Prophet: Von Barmherzigkeit und Gericht will ich dir singen, o Herr. Und an einem andern Ort: Die Herrlichkeit des Königs hat das Gericht lieb.

IV. Wie sündigt man in den Heiligen Geist durch Verzweiflung?

Wenn zu der Vermessenheit, davon gesagt worden ist, das ganz entgegengesetzte Laster tritt, dass der Mensch alle Hoffnung, bei Gott Verzeihung und das ewige Heil zu erlangen aufgibt.

Auf diese Weise hat Kain durch Verzweiflung gesündigt, wie er es mit seinen eigenen Worten selbst bezeugt, da er spricht: Meine Sünde ist größer, als dass ich Gnade verdiene. Desgleichen hat auch Judas gesündigt: Christi Verräter, da er aus Verzweiflung am Heil, unglückselig mit dem Stricke sich das Leben nahm. Nun ist aber für den Menschen die Buße nie zu spät, wie es durch das Beispiel des Schächers bewiesen ist, der Kreuze und in den letzten Augenblicken des Lebens Christi überreiche Gnade und himmlische Herrlichkeit erlangt hat.

V. Wann sündigt der gegen den Heiligen Geist, welcher der Wahrheit widerstrebt?

Wenn in Sachen des Glaubens und der Religion die Wahrheit nicht aus Unwissenheit, sondern aus Bosheit mit Fleiß bestritten wird, so, dass dadurch die Lauterkeit der katholischen Wahrheit verletzt wird.

Dieser Sünde machten sich die Pharisäer schuldig, welche, wie wir sehen, vorzüglich sich bemühten, eben so böse als fälschlich, Christus zu lästern, die Lehre des Evangeliums zu verfolgen, das Zeugnis der Apostel zu unterdrücken, und zwar gegen ihr eigenes Gewissen.

Diesen sind nicht unähnlich diejenigen, von welchen der Prophet sagt, dass sie auf dem Stuhl der giftigen Spötter sitzen. Petrus aber, dass sie seien falsche Lehrer, die da Sekten des Verderbens einführen. Von Paulus endlich, werden sie Häretiker genannt, Menschen eines verderbten Sinnes, untüchtig zum Glauben, welche Gehör geben den Geistern des Irrtums, die verkehrt sind und durch ihr eigenes Urteil sich verdammen.

Diesen kann der Verführer Elymas beigezählt werden, den Paulus öffentlich schalt und mit außerordentlicher Heftigkeit sprach: O du Kind des Teufels, voll aller List und aller Schalkheit und Feind aller Gerechtigkeit, du hörst nicht auf zu verkehren die rechten Wege des Herrn.

Hierher wird auch die Lästerung des Geistes bezogen, welche Sünde Christus den Juden so hoch angerechnet und für schlimmer als die übrigen erklärt. Und wollte Gott, dass hierin nicht auch jetzt gesündigt würde. Denn auch diejenigen, wie Damasus schreibt, lästern den Heiligen Geist, welche gegen die heiligen, aus Antrieb des Heiligen Geistes gegebenen, Kanons der Väter ohne Anstand entweder etwas zu tun sich erfrechen, oder zu reden sich herausnehmen, oder denjenigen, die es tun wollen, gerne beistimmen. Denn eine solche Vermessenheit ist offenbar eine Art der Lästerungen gegen den Heiligen Geist. So spricht Damasus.

VI. Was ist der Neid wegen der Gnade, die ein Bruder hat, eine Sünde in den Heiligen Geist?

Wenn wir sehr traurig und betrübt sind wegen des Glanzes und Wachstumes der Tugenden und der Gaben Gottes, mit welchen der Bruder leuchtet.

Dieses Laster scheint nicht so sehr dem Menschen, als dem Teufel eigen zu sein, welcher nichts weniger ertragen kann, als dass die Gnade Gottes im Menschen vermehrt und erhalten werde, und deswegen nicht nur ein Ankläger der Brüder ist, sondern auch ein unversöhnlicher Feind Gottes und aller Guten, der als ein brüllender Löwe umhergeht, und sucht wen er verschlinge.

Des Satans Kinder aus den Juden waren diejenigen, welche die wachsende Gnade des Evangeliums den Heiden durchaus nicht gönnten, wie wir in den Geschichten der Apostel lesen.

VII. Welche Verstockung macht eine Sünde gegen den Heilgen Geist?

Jene nämlich, welche das Gemüt gänzlich verhärtet gegen denjenigen, der wohl ermahnt, so dass sich der Mensch durch keine vernünftigen Gründe von seinem verdammlichen Vornehmen abbringen lässt.

Dieser Sünde war vorzüglich der König Pharao ergeben, welcher, obschon er von Moses so vielmal ermahnt, und darnach von Gott mit den härtesten Schlägen gezüchtigt wurde, doch in dem tyrannischen Vorsatz verharrte und verstockt unterging. Bekannt ist auch die unüberwindliche Hartnäckigkeit der Juden, die Stephanus wie mit ihren eigenen Farben mahlt, da er spricht: Ihr Hartnäckigen und an Herzen und Ohren Unbeschnittenen, ihr habet dem Heiligen Geistes allezeit widerstrebet. Diesen sind heut zu Tage nicht ungleich diejenigen, welche den neuen Sekten zugetan, den, der katholisch lehrt, nicht einmal hören oder lesen mögen, und gleich als wie die Schlangen dem süßen Gesang, das heißt der gesunden Lehre der Kirche die Ohren verschließen, und zu sagen scheinen: Gehe von uns weg wir wollen von deinen Wegen nichts wissen. Das heißt nichts anderes, als, wie St Paulus spricht: nach der Härte und Unbußfertigkeit des Herzens sich selbst Zorn anhäufen auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, wie denn auch Salomo lehrt: Über den Mann, welcher den, der ihn straft, hartnäckig verachtet, wird plötzlich das Verderben kommen und für ihn wird Hilfe sein.

VIII. Wann begeht man die Sünde der Unbußfertigkeit?

Wenn der Mensch seinen Sünden, die er durch heilsame Buße reinigen sollte, kein Ziel und Ende macht, und sich überdies vornimmt, niemals Buße tun zu wollen.

Wahrlich! die solche unheilbare Sünder sind und bleiben wollen, derer Leben und Tod ist überaus schlimm; da sie, wenn schon nicht mit Worten, doch mit dem Werke zu sagen scheinen: Wir haben einen Bund errichtet mit dem Tod und einen Vertrag gemacht mit der Hölle. Von diesen kann man auch annehmen, dass gesagt sei, was der heilige Johannes bezeugt: Es ist eine Sünde zum (ewigen) Tod. Für die sage ich nicht, dass Jemand bitten solle.

Das sei nun genug gesagt von den Sünden gegen den Heiligen Geist, welche die allerschweresten sind und entweder niemals oder schwerlich von Gott den Menschen nachgelassen werden. Deswegen sollen wir uns oft gegen sie waffnen und Andere stärken, damit jener Spruch gehalten werde: Betrübt nicht, löscht nicht aus den Geist Gottes, wenn ihr heute seine Stimme höret, so verhärtet eure Herzen nicht. Keiner von euch werde verhärtet durch den Betrug der Sünde. Denn ein hartes Herz wird am Ende übel fahren. Nun wollen wir weiter an die Sünden gehen, welche nicht weniger groß sind, und himmelschreiende genannt zu werden pflegen.

Von den Sünden, die gegen den Himmel schreien

I. Welche sind die Sünden, welche gegen den Himmel schreien?

Diejenigen, an welchen wir vor den Übrigen die gräuliche und augenscheinliche Bosheit erkennen und die Gottes Zorn und Rache diejenigen, von welchen sie begangen werden, vorzüglich herabrufen. Solcher Sünden werden in der Schrift vier gezählt:

Der vorsätzliche Todschlag

die sodomitische Sünde

die Unterdrückung der Armen

und wenn den Arbeitern der Lohn entzogen wird

II. Wie lehrt die Schrift, dass der vorsätzliche Todschlag gerächt werde?

Wahrlich schwer, wie es Gott in den Worten anzeigt, mit welchen er Kain den ersten Todschläger schilt, da er spricht: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde. Darum wirst du nun verflucht sein auf Erde. Und an einem andern Ort bezeugt die Stimme Gottes: Ein Jeder welcher Menschenblut vergießt, dessen Blut wird vergossen werden. Denn der Mensch ist nach Gottes Bild gemacht worden. Der königliche Psalmist singt: Blutdürstige Männer werden ihre Tage nicht zur Hälfte bringen. Denn dieses ist das größte Laster, und die grausamste Unbild fügt derjenige seinem Nächsten zu, welcher ihm ohne rechtmäßige Autorität das Leben nimmt. Daher ist auch von Christus gesagt worden: Alle, welche das Schwert ergreifen, werden durch das Schwert umkommen.

III. Was aber steht von der sodomitischen Sünde und ihrer Strafe geschrieben?

Die Leute zu Sodoma, spricht die Schrift, waren überaus böse, und sehr große Sünder vor dem Herrn. Diese schändliche und gräuliche Sünde strafen Petrus und Paulus, dann verabscheut sie die Natur selbst. Die Schrift aber erklärt die Größe dieses entsetzlichen Lasters auch mit diesen Worten: Das Geschrei derer zu Sodoma und Gomorrha hat sich gemehrt und ihre Sünde ist über die Maßen schwer geworden. Daher sagen die Engel zu Lot, der gerecht war und vor der schändlichen Hurerei der Sodomiten immer mehr schauderte, so: Wir werden diesen Ort vertilgen, weil ihr Geschrei zugenommen hat vor dem Herrn, der uns gesandt hat, dass wir sie verderben. Daher regnete der Herr über Sodoma und Gomorrha Schwefel und Feuer vom Herrn aus dem Himmel herab und zerstörte diese Städte und diese ganze Gegend.

Es verschweigt die Schrift auch nicht die Ursachen, die zu dieser so schweren Sünde die Sodomiter getrieben haben und auch andere dazu verleiten können. Denn so lesen wir bei Ezechiel: Siehe das war die Sünde von Sodoma deiner Schwester: Hoffart, volle Sättigung mit Speise und Überfluß und Müßiggang, ihr eigener und ihrer Töchter und sie reichten den Armen und Dürftigen die Hand nicht.

Diesem Laster aber, das niemals genug verabscheuet werden kann, sind diejenigen ergeben, welche das göttliche, ja auch das natürliche, im dritten Buche Mosis geschriebene Gesetz zu verletzen sich nicht scheuen. Dieses lautet so: Du sollst dich mit einem Knaben nicht vermischen, wie mit einer Frau, denn es ist ein Gräuel. Du sollst dich mit keinem Tiere vermischen, noch dich mit ihm verunreinigen.

Wenn es geschieht dass die Erde mit so schwarzen und gräulichen Lüsten bestickt und der Zorn Gottes gegen das Volk noch mehr erregt werde, alsdann werden wir an derselben Stelle ermahnt, das Verbrechen mit dem Tod zu bestrafen.

Darum auch beschuldigt St. Paulus mehrmal die Knabenschänder; er verdammt überdies die Unreinen und Weichlinge.

Von diesen war Einer, Onan, der Sohn Judä, welcher der bevorstehenden Rache Gottes nicht entfliehen konnte, weil er den Samen auf die Erde goss und schlimmer als Tiere, die Ehrbarkeit und die Ordnung der Natur brechen wollte.

IV. Was stellt uns die Schrift von Unterdrückung der Armen vor?

Den Fremdling sollst du nicht betrüben, spricht der Herr, noch sollst du ihn plagen. Denn auch ihr wart Fremdlinge im Lande Ägyptens.

Witwen und Waisen sollet ihr nicht schaden. Wenn ihr sie beleidigt, so werden sie zu mir rufen, und ich will ihr Geschrei hören und mein Zorn wird ergrimmen und ich will euch mit dem Schwert schlagen und eure Frauen sollen Witwen und eure Kinder Waisen werden.

Deswegen sind die Ägpyter durch so viele Plagen verzehrt und samt ihrem Könige, dem grausamsten Tyrannen Pharao, der nicht einmal die Kinder der Hebräer zu töten abstand, endlich versenkt worden, nämlich wegen ihrer mehr als barbarischen Grausamkeit gegen die Israeliten. Ich habe gesehen, spricht der Herr, die Bedrängis meines Volkes in Ägypten und ich habe ihr Geschrei gehört über die Härte derer, die den Arbeiten vorgesetzt sind und ich kenne ihre Schmerzen und bin hinabgestiegen, dass ich sie errette aus den Händen der Ägypter.

Darum auch droht der Herr bei Jesaias; Wehe denjenigen, welche ungerechte Gesetze machen und den Schriftgelehrten, welche Ungerechtigkeit schreiben, dass sie die Armen im Gericht unterdrücken und Gewalt tun bezüglich der Sache der Geringen meines Volkes, dass die Witwen ihnen zur Beute werden und sie die Waisen berauben. Und bei dem genannten Propheten steht wegen der unmenschlichen und gottlosen Obrigkeiten diese Klage: Deine Fürsten sind Untreue und Gefährten der Diebe. Alle lieben Geschenke, und haschen nach Lohn. Den Waisen schaffen sie kein Recht und die Sache der Witwen kommt nicht vor sie. Ferner: Mein Volk haben seine Geldeintreiber beraubt. Es ist auch kein Zweifel, dass Städte und Provinzen durch diese abscheuliche Sünde, welche von tyrannischen Obrigkeiten begangen wird, oft in die größte Gefahr gebracht werden.

V. Was lehrt zuletzt die Schrift vom Lohn, den man Arbeitern zurückbehält oder vermindert?

Bei dem heiligen Apostel Jakobus lesen wir, wie hart er den Reichen ihre grausame Kargheit verweist und die größte Ungerechtigkeit, wenn man den Arbeitern abbricht. Er spricht: Siehe, der Lohn der Arbeiter welche euer Land abgeerntet haben, der von euch ist abgebrochen worden, schreit und dies Geschrei ist vor die Ohren des Herrn der Heerscharen gekommen. Jesus Sirach aber spricht so: Das Brot der Dürftigen ist das Leben des Armen. Wer ihn desselben beraubt, der ist ein blutgieriger Mensch. Wer das Brot hinwegnimmt, das im Schweiß gewonnen ist, der tut soviel, als wenn er seinen Nächsten tötet. Wer Blut vergießt und wer einem Taglöhner seinen Lohn entzieht, diese sind Brüder. Daher ist auch durch das göttliche Gesetz heilig geboten: Du sollst deinem bedürftigen und armen Bruder seinen Lohn nicht vorenthalten, auch nicht dem Fremdlinge, der mit dir im Lande wohnt und innerhalb deinen Toren lebt, sondern du sollst am genannten Tag vor Sonnenuntergang ihm den Lohn seiner Arbeit geben, weil er arm ist und davon seine Seele erhält, auf dass er nicht gegen dich zum Herrn rufe und es dir als Sünde angerechnet werde.

VI. Wohin gehört diese ganze Abhandlung von den himmelschreienden Sünden und welches ist ihr Nutzen?

Diese Abhandlung gehört zum ersten Teil der christlichen Gerechtigkeit, welcher in der Erkenntnis und Meidung des Bösen besteht. Der Nutzen aber und die Frucht der Abhandlung ist, dass wir das wahrhaft Böse, welches Gott zuwider und den Menschen schädlich ist, recht unterscheiden, und wenn wir es unterschieden haben, uns gänzlich davor hüten und wenn wir uns in etwas verfehlt haben, uns fleißig davon reinigen.

Daraus lernen wir auch, wie der Weise vom Törichten und der Gerechte vom Sünder sich unterscheide. Denn der Weise fürchtet sich und steht vom Bösen ab. Der Tor aber springt über alles hinüber und ist kühn. Denn ein Tor nimmt Worte der Weisheit nicht an, außer du sagst ihm was nach der Gesinnung seines Herzens ist, wie es Salomo bezeugt, der uns auch dieses Wort geschrieben hinterließ: Der Pfad des Gerechten schimmert wie ein Licht, Es geht auf, und nimmt zu bis zum vollkommenen Tag. Der Weg der Gottlosen aber ist dunkel. Sie wissen nicht wann sie zusammenstürzen. Wahrlich die Meisten wissen zu ihrer Schande nicht, dass die Sünden welche wir angezeigt haben, jene schädliche Pest der Seelen seien, Andere, die sie sehr wohl erkennen, fliehen und verabscheuen sie doch nicht. Die Schlimmsten aber sind diejenigen, welche durch Gewohnheit der Sünde verhärtet sind, von denen dieses gesagt ist: Wenn der Gottlose in die Tiefe der Sünden kommt, so verachtet er es und Schmach und Schande folgt ihm. Vorzüglich aber verachtet er, was die christliche Gerechtigkeit fordert, nicht nur die Sünden in Acht zu nehmen und zu unterscheiden, sondern auch sie zu vermeiden und sich davon zu reinigen.

Von der Reinigung der Sünden

I. Wie reinigt man sich von Sünden?

Erstens ist es hier außer Streit, dass Christus uns ein Versöhner sei und jenes Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt hinwegnimmt und der allein Vergebung der Sünden uns verdienen, und Reinigung von denselben erwirken konnte.

Dann ist es gewiss, dass Gott durch den Glauben die Herzen reinige, wie Petrus spricht, weil ohne den Glauben (der die Tür und der Grund des menschlichen Heiles ist) kein Mensch Nachlassung oder Reinigung von Sünden erlangen oder hoffen kann. Diejenigen aber täuschen sich durch den Glauben, welche, indem sie mit dem Glauben der Kirche nicht übereinstimmen, in einem gewissen eiteln Vertrauen die Vergebung der Sünde und die Gnade der Rechtfertigung um Christi willen sich und andern versprechen.

Welche aber im Glauben der Kirche und in ihrer Einheit bleiben, und von den Sünden befreit zu werden wünschen, diese haben viele Mittel, welche zur Reinigung ihrer Sünden in der Schrift vorgelegt werden, unter welchen das Sakrament der Buße die erste Stelle einnimmt. Denn wird dieses verschmäht, so handelt man vom Gebrauch der übrigen Heilmittel vergebens. Denn dieses so gewisse, als notwendige Heilmittel hat Christus, der Arzt der Seelen, eingesetzt, das gegen allen Aussatz der Sünde dienen würde und er empfahl es, da er zu den Priestern sagte: Welchen ihr die Sünden erlasset, denselben sind sie erlassen .

Zweitens werden die Sünden gereinigt und gebüßt durch Almosen, da geschrieben steht: Almosen erlöst von aller Sünde und vom Tod und lässt die Seele nicht in die Finsternis kommen. Daher ermahnt der Prophet: Löse deine Sünden durch Almosen, und deine Missetaten durch Barmherzigkeit an den Armen.

Drittens werden die Sünden nachgelassen, wenn wir, so viel wir beleidigt werden, dem Bruder die Beleidigung vergeben, indem der Herr spricht: Wenn ihr den Menschen ihre Sünden vergebt, so wird auch euch der himmlische Vater eure Fehler vergeben.

Viertens geschieht solches auch, wenn wir den Bruder, der sündigt, durch Strafen bessern und gewinnen, wie geschrieben steht: Wenn Jemand macht, dass ein Sünder von seinem Irrweg sich bekehre, der wird seine Seele vom Tod erretten und eine Menge Sünde bedecken.

Fünftens gehört hierher ein Übermaß reiner Liebe, die vorzüglich mächtig ist, alles Gute zu erlangen und zu vollbringen, wegen welcher von der heiligen Magdalena gesagt wird: Es werden ihr viel Sünden nachgelassen, weil sie viel geliebt hat. Denn die Liebe bedeckt eine Menge Sünden.

Sechstens wirkt solches auch das Opfer eines zermalmten Herzens, das Gott niemals verachtet und die demütige Erkenntnis seiner selbst und das Bekenntnis der Sünden. Denn der Herr sieht das Gebet der Demütigen an und er verachtet ihre Bitten nicht wie, auch David hierüber von sich selbst bezeugt: Ich sprach, ich will gegen mich meine Ungerechtigkeit dem Herrn bekennen, und du hast die Bosheit meiner Sünde vergeben. Und Johannes verheißt überhaupt allen, die wahrhaft beichten, diese Gnade. Er spricht: Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, dass Er uns unsere Sünden vergebe und uns von aller Ungerechtigkeit reinige. Daher haben die zu Ninive, als sie Werken der Demut und Buße mit Eifer taten, den gegenwärtigen Zorn Gottes versöhnt und den Untergang, der schon Stadt und Land bedrohet hatte, abgewendet. Daher lesen wir von ihnen dieses geschrieben: Gott sah auf ihre Bußwerke, weil sie sich von ihrem bösen Wege bekehrt hatten: und Gott erbarmte sich ihrer und ließ über sie das Unheil nicht ausbrechen, das er ihnen angedroht hatte.

So lernen wir endlich nach dem Zeugnis der Schrift, dass durch diese und andere, von der Gnade Christi verliehene Mittel und Werke wahrer Gottseligkeit bewirkt werde, dass die Sünden derer, die glauben und Buße tun, in der Kirche wie wir gesagt haben, versöhnt werden. Und dahin zielt der Apostel, wenn er ermahnt: Weil wir diese Verheißungen haben, Geliebteste! So lasset uns von aller Befleckung des Fleisches und Geistes uns reinigen und die Heiligung in der Furcht Gottes vollbringen. Nicht weniger nachdrücklich spricht der heilige Jakobus: Sünder! Reiniget eure Hände. Ihr die ihr ein doppeltes Herz habet, reinigt eure Herzen. Büßet (erkennet euer Elend), trauert und weint. Euer Lachen verwandle sich in Wehklagen und eure Freude in Trauer. Demütigt euch vor dem Angesicht des Herrn und er wird euch erhöhen. Denn es ist nicht genug, die Sitten zu bessern und von bösen Werken abzustehen, (dass wir uns wiederum der Worte des heiligen Augustinus bedienen) wenn nicht auch wegen desjenigen, was geschehen ist, Gott genug getan wird durch den Schmerz der Buße, durch das Seufzen der Demut, durch das Opfer eines zermalmten Herzens, unter Mitwirkung der Almosen.

Wer übrigens erkennt, dass in ihm irgend eine Todsünde herrsche, wie der genannte heilige Augustin spricht, wenn er nicht vollkommen sich bessert und, da ihm Frist gegeben ist, lange Zeit Buße tut, und reichliches Almosen spendet, und von den Sünden selbst absteht, der kann von jenem zeitlichen Feuer, davon der Apostel geredet hat, nicht gereinigt werden, sondern ihn wird die ewige (Höllen) Flamme ohne einiges Heilmittel peinigen. Denn nach diesem Leben werden nicht die Todsünden, sondern nur die geringen Sünden gereinigt und gebüßt.

II. Was soll man aber von den geringen Sünden halten?

Dieses nämlich, dass solche kleinere Sünden, als Ausschweifung des Gemütes, ein müssiges Wort, ein unmäßiges Gelächter, und dergleichen, welche tägliche oder läßliche Sünden genannt werden und ohne welche dieses Leben nicht hingebracht wird. Denn wir alle sündigen in vielen Stücken, wie wir auch vorher erinnert haben, dass (sage ich) diese, obschon sie nicht Todsünden sind und für gering angeschaut werden, doch durchaus nicht verachtet werden sollen. Denn sie missfallen Gott oder wie St. Paulus spricht, sie betrüben den Heiligen Geist, verdunkeln das Gewissen, schwächen das Feuer der Liebe, verhindern den Fortgang der Tugenden und ziehen oft in größere Laster und Gefahren. Daher steht geschrieben: Wer das Geringe nicht achtet, der wird nach und nach zu Falle kommen. Wer die Gefahr liebt, der wird in derselben umkommen. Wer in Einem Stücke sündigt, verderbt viel Gutes.

Daher soll man sich so viel es möglich ist, vor diesem Flecken und Schmutz der Seele hüten. Denn wie wir lesen, es wird nichts Beflecktes in das Himmlische Jerusalem eingehen. Und wenn dieselben in diesem Leben nicht ausgelöscht werden, so beschweren sie auch nach dem Tod den Menschen und sie werden nicht ohne schwere Strafen des Fegfeuers gereinigt. Dieses Feuer, wenn es schon nicht ewig währt, ist doch, wenn wir dem heiligen Augustin glauben, empfindlicher, als was immer der Mensch in diesem Leben leiden kann.

III. Mit welchen Heilmitteln reinigt man die lässliche Sünden?

Zur Tilgung solcher Flecken der Seele in diesem Leben hat die alte Kirche diese Heilmittel erkannt und gebraucht, (nämlich) ein demütiges Anklagen seiner selbst, das Gebet des Herrn, das Schlagen an die Brust, und andere dergleichen fromme Übungen gegen Gott und auch gegen den Nächsten, auch Büßungen des Leibes, die Einer sich selbst freiwillig und christlich auferlegt. Diese Heilmittel ergreifen die Weisen um so lieber und fleißiger, je genauer sie wissen und je sorgfältiger sie erwägen, mit welcher Strenge die göttliche Gerechtigkeit die Sünden strafe. Dieses kann auch aus jenem schaudervollen Ausspruch Christi klar gemacht werden: Ich sage euch, dass die Menschen für ein jedes müßige Wort, welches sie geredet haben, am Tage des Gerichtes werden Rechenschaft geben müssen. Solches leuchtet auch aus jenem Worte des heiligen Petrus hervor: Kaum der Gerechte wird selig. Darum hat auch Job, der sonst ein gerechter und unschuldiger Mann war, gesagt: Ich war in Furcht wegen aller meiner Werke, weil ich wusste, dass du des Sünders nicht verschonest. Und der heilige Apostel Paulus schreibt: Schrecklich ist es in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Wenn wir uns selbst richteten, ermahnt der genannte Apostel, so würden wir nicht gerichtet. Selig also der Mensch, welcher immer furchtsam ist. Wer aber harten Herzens ist, wird in Unglück fallen.

IV. Ist es genug, dass man sich der Sünden enthalte?

Die christliche Gerechtigkeit, wovon wir bisher geredet haben, hält uns zwei Teile vor und empfiehlt sie uns als gleich notwendig in diesen Worten: Weiche vom Bösen und tue das Gute. Wie auch St. Paulus lehrt: Hasset das Böse und hängt dem Guten an. Es ist daher nicht genug, wie Augustin klar gesagt hat, sich des Bösen zu enthalten, wenn man nicht auch tut, was gut ist und es ist ein Geringes Niemanden zu schaden, wenn du dich nicht auch befleißest, Vielen nützlich zu sein.

Deswegen, da nun einmal der erste Teil der Gerechtigkeit, welcher das Böse verbietet, vollendet ist, folgt, dass wir, wenn Christus Gnade gibt, vom andern Teil, der in Vollbringung guter Werke besteht, zu reden fortfahren.

Von den drei Gattungen guter Werke

I. In welchen guten Werken besteht die christliche Gerechtigkeit?

Diese Gerechtigkeit breitet sich so weit aus, dass sie alles Gute was ehrbar, gerecht und gottselig geschieht, in sich enthält, und zu begehren und zu vollbringen uns vorstellt. Darum ermahnt der Apostel die Gläubigen so: Wandelt würdig, dass ihr Gott in allen Dingen gefällt und fruchtbar seid in allen guten Werken. Befleißigt euch des Guten nicht allein vor Gott, sondern auch vor alle Menschen. Denn das ist der wahre Gebrauch und die eigentliche Frucht unsers Berufes und der christlichen Gerechtigkeit, die uns durch Christus erworben worden, wie Petrus bezeugt: Dass wir den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, das heißt, wie von St. Paulus erklärt worden ist, dass wir alles gottlose Wesen und die weltlichen Lüste, und nüchtern, und gerecht und gottselig leben in dieser Welt. Auf diesen genannten Sinn hin, wird uns auch jener evangelische Spruch vorgehalten: Dass wir erlöst aus der Hand unserer Feinde, ohne Furcht ihm dienen sollen, in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor ihm alle unsere Lebenstage. Denn deswegen hat uns Christus erlöst von aller Ungerechtigkeit, dass er sich selbst ein Volk reinigte, das ihm angenehm wäre und eifrig zu guten Werken. Denn wir sind Gottes Geschöpf, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott vorbereitet hat, dass wir in denselben wandeln sollen.

So schreibt Paulus immer und gleich und ermahnt Alle, die christliche Gerechtigkeit allzeit zu beobachten und zu üben. Daher ermahnt Johannes klug und lehrt ganz bestimmt: Kindlein, lasset euch von Niemand verführen. Wer Gerechtigkeit wirkt, der ist gerecht, gleich wie Er (Gott) gerecht ist. Wer Sünde tut, der ist aus dem Teufel. Und Jakobus lehrt auf gleiche Weise: Aus den Werken wird der Mensch gerechtfertlgt und nicht aus dem Glauben allein. Denn gleichwie der Leib ohne Geist tot ist, so auch ist der Glaube ohne die Werke tot. Alsdann spricht der Genannte wieder: Wer aber in das Gesetz der vollkommenen Freiheit geschaut (oder das vollkommene Gesetz, das ein Gesetz der Freiheit ist durchschaut hat) und darin verharrt, der nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter des Werkes ist, dieser wird in seiner Tat selig werden. Wahrlich auch nichts anderes wollte Paulus, da er sprach: Nicht die das Gesetz hören, sind vor Gott gerecht, sondern die das Gesetz tun, werden gerechtfertigt.

II. Welche Frucht bringen die Werke christlicher Gerechtigkeit?

Wahrlich eine vortreffliche und vielfache Frucht, sowohl in diesem, als auch im zukünftigen Leben. Denn hierher gehört St. Pauli Spruch: Die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nützlich, und hat die Verheißung des gegenwärtigen und zu künftigen Lebens. Dann lesen wir an einem andern Ort geschrieben: Herrlich ist die Frucht guter Werke.

Denn erstens sind diese Werke, die aus einem lebendigen, das ist, in Liebe tätigen Glauben fließen, nicht nur Zeichen des christlichen Berufes, sondern sie bestätigen uns auch denselben und machen ihn gewiss. Deswegen hat der heilige Apostel Petrus, der allenthalben zu guten Werken ermahnt, auch dieses angefügt: Brüder, befleißt euch immer mehr, dass ihr euren Beruf und Erwählung durch gute Werke gewiss macht, denn wenn ihr das tut, so werdet ihr nimmermehr sündigen.

Zweitens vermehren (die guten Werke) in den Gläubigen die Gnade und vollenden die Heiligung, nach dem Zeugnis des Apostels, wie denn auch der heilige Jakobus bekräftigt, dass der Glaube, welcher an den Werken mitwirkt, aus diesen auch vollkommen wird.

Drittens erzeugen sie Vertrauen eines guten Gewissens, und machen mehr Mut, zu bitten, und von Gott alles zu erlangen. Denn es steht geschrieben: Wer Almosen gibt, der wird große Zuversicht vor Gott dem Allerhöchsten haben. Und wiederum: Geliebteste, wenn uns unser Herz nicht straft, so haben wir Zutrauen zu Gott, und um was wir immer bitten, werden wir von ihm erlangen, weil wir seine Gebote halten, und tun, was vor ihm wohlgefällig ist. Hiervon haben wir ein Beispiel an Ezechias, dem Könige welcher sich seines guten Gewissens tröstete, und, in diesem durch die Stimme Gottes belobt, sprach: Ich bitte, o Herr! gedenke doch wie ich vor dir in der Wahrheit und vollkommenen Herzens gewandelt und getan habe, was gut ist vor deinen Augen.

Viertens machen die guten Werke, dass wir, die wir in dem Weinberg Christi arbeiten, den Groschen des Tages empfangen, das ist, den verheißenen Lohn ewigen Lebens, und die Krone der Gerechtigkeit, die, wenn wir in der Kirche die Gebote Gottes halten, wir in Christus verdienen. Darum spricht der Herr: Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn. David spricht: Dein Knecht bewahrt sie, nämlich die göttlichen Gebote, und wer sie hält, hat großen Lohn. Und wiederum: Ich neige mein Herz, deine Satzungen zu tun: denn ewig ist der Lohn. Auch St. Paulus spricht: Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt, übrigens ist mir die Krone der Gerechtigkeit hinterlegt, welche mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird; nicht nur aber mir, sondern auch denjenigen, welche seine Ankunft lieb haben.

Endlich spricht auch Christus selbst: Wenn du zum Leben eingehen willst, so halte die Gebote. Und wiederum: Sie werden hervorgehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben zur Auferstehung des Gerichtes. Dann an einem andern Ort: Wer den Willen meines Vaters tut der im Himmel ist, dieser wird in das Himmelreich eingehen.

Aus diesem wird es klar, wie viel uns allen daran liege, die göttlichen Stimmen zu hören, wenn wir nach dem ewigen Leben verlangen: Wer gerecht ist, werde noch gerechter, und wer heilig ist, werde noch heiliger. Siehe ich komme bald und meine Belohnung kommt mit mir, zu vergelten jedem nach seinen Werken. Lasset uns daher Gutes tun und nicht aufhören, denn zu seiner Zeit werden wir ernten ohne Aufhören.

III. Wie viele Gattungen der guten Werke gibt es, in welchen die christliche Gerechtigkeit vorzüglich erscheint und geübt wird?

Es gibt drei Gattungen, wie wir aus der heiligen Schrift lernen, nämlich Gebet, Fasten und Almosen geben. Denn beinahe alle übrigen guten Werke, welche aus dem lebendigen Glauben kommen und die christliche Gerechtigkeit verherrlichen, mehren und vollenden, werden leicht auf diese drei Quellen zurückgebracht. Daher jene vortreffliche Rede des Engels Raphael: Besser ist es, wenn man betet, fastet und Almosen gibt, als wenn man Schätze von Gold zusammenhäuft. St. Augustin hat es aber klar gesagt: Das ist die Gerechtigkeit des Menschen in diesem Leben, Fasten, Almosengeben, Gebet.

Von diesen lehrt uns Christus bei Matthäus besonders, und setzt die Verheißungen bei vom Lohn, der im Himmel bereitet ist denjenigen, welche in der Kirche ohne Heuchelei aufrichtig fasten, beten und Almosen geben. Daher jene treue Zusage, die so oft wiederholt wird: Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird es dir vergelten. Und dies sind die (Werke), in welchen Christus will, dass unsere Gerechtigkeit, damit wir gut und selig leben, reichlich sei, und so vor den Menschen leuchte, damit sie unsere guten Werke sehen und den Vater preisen. Dieses in Christus zu vollbringen, sind wir erschaffen und bestimmt, was nämlich Gott vorbereitet hat, dass wir darin wandeln. Um der Werke willen, die aus Liebe getan sind, werden die Gerechten in das ewige Reich kommen. Wegen Unterlassung derselben aber werden die Ungerechten in das ewige Feuer gestürzt werden.

Wie es aber pharisäisch und eitel ist, mit Verachtung Anderer sich selbst zu rechtfertigen, und auf seine Werke zu vertrauen, ebenso ist es christlich und recht, dass der Mensch mit Verachtung seiner selbst der guten Werke sich befleiße, und wenn er sich etwa rühmen will, dem Herrn sich rühme, der, nach dem Zeugnis des Apostels, in uns das Wollen und Vollbringen wirkt.

IV. Was ist das Fasten?

Man nimmt diesen Namen nicht auf einerlei Weise. Der heilige Augustin nennt ein großes und allgemeines Fasten nämlich:

1. dass man sich von den Sünden und verbotenen Wollüsten der Welt enthalte;

2. gibt es wie es einige nennen, ein philosophisches Fasten, das da ist Sparsamkeit in Speise und Trank, und eine sittliche Nüchternheit, vermöge welcher auch von den Heiden nach rechter Vernunft mäßig gelebt wird;

3. gibt es ein kirchliches Fasten, wenn wir uns nach einer gewissen Sitte und Vorschrift der Kirche an gewissen Tagen sowohl den Genuss des Fleisches entziehen, als auch nur mit einer einzigen Mahlzeit uns begnügen.

Diesem Fasten unterzieht man sich fromm und christlich, um den göttlichen Dienst andächtiger zu pflegen, um das Fleisch zu bezähmen und dem Geiste unterwürfig zu machen, um würdige Früchte der Buße zu wirken, um den Gehorsam zu üben, und endlich, um jede Gnade Gottes zu erlangen.

V. Was soll man aber denjenigen antworten, welche das Gesetz des Kirchenfastens umstoßen und verschmähen?

Erstens muss man sie ermahnen, dass sie nicht den Katholiken fälschlich andichten, was der Apostel verabscheut, und die Kirche an den Juden, Manichäern und Priscillianern allzeit verdammt hat, dass sie nämlich entweder nach dem Gesetze des Mose oder aus Aberglauben von einigen Speisen sich enthalten. Denn dass die Katholiken, wie St. Augustin dem Manichäer Faustus antwortet, von den Fleischspeisen sich enthalten, das tun sie, um den Leib zu zähmen, um die Seele gegen die sinnlichen Bewegungen mehr zu demütigen, nicht aber, dass sie das Fleisch für unrein halten. Sie enthalten sich nicht nur von Fleischspeisen, sondern auch von einigen Früchten der Erde, entweder allzeit, wie es einige Wenige tun, oder zu gewissen Tagen und Zeiten, wie es während der vierzigtägigen Fastens beinahe von allen geschieht. So schreibt St. Augustin.

Und vor ihm schon lehrt dasselbe auch Epiphanius, da er die arianische Häresien verwirft, welche die festgesetzte Faste jedem freigelassen, und Niemand dazu verbunden wissen wollte.

Dass aber im öffentlichen Fasten, wie auch in Gebeten und Feiertagen eine gewisse Zeit beobachtet wird, die öffentliche Ordnung und Eintracht in der Kirche das bekräftigt, offenbart und befördert. Dann würden nicht so viele sich selbst das Fasten auflegen, da sie von natürlicher Liebe des Fleisches und von der Sorge für den Leib abgehalten würden, des Fastens sich zu unterziehen.

Dass aber viel daran gelegen und es ein großes Verdienst sei, ein solches Fasten ehrerbietig anzunehmen und fleißig zu halten, bewährt der heilige Hieronymus gegen Jovinian so klar, dass hierüber von Niemand mehr gezweifelt werden kann. Diesem muss noch beigefügt werden, was wir oben von Beobachtung der Kirchengebote gelehrt haben: (man soll dieses Fasten beobachten) und zwar um Ärgernis zu vermeiden, und öffentliche Zucht zu halten, und nicht nur um des Zorns willen, sondern auch wegen des Gewissens, wie der Apostel gesagt hat.

Es ist aber gewiss, wie die Schriftsteller aller Zeitalter es beweisen, dass es eine beständige Zucht, Gewohnheit, Übergabe und Satzung der Kirche sei, und es vom Anfang gewesen ist, dass an gewissen Tagen, vorzüglich aber in der vierzigtägigen Fastenzeit diese kirchliche Fasten gehalten wurde. So lehren die Canones der Apostel und die heiligen Versammlungen. Die Versammlung von Ganger belegt diejenigen mit dem Bann, welche das allgemeine Fasten der ganzen Kirche verachten. Die von Toledo aber befiehlt, diejenigen vom Sakrament des Altars auszuschließen, welche ohne unausweichliche Not und augenscheinliche Krankheit während des vierzigtägigen Fastens Fleisch essen.

Außerordentlich ist der Eifer, mit welchem die heiligen Väter das Fasten empfehlen, darauf dringen und dazu antreiben, besonders zur vierzigtägigen Fastenzeit, welche, wie Einige wollen, von den Aposteln eingesetzt zu sein scheint.

Diesem Geiste der Väter sind diejenigen entfremdet, welche das Gesetz des Fastens sich und Andern mildern, und die Zügellosigkeit des Fleisches, nicht die evangelische Freiheit, in Schutz nehmen. Diese wollen nicht das Fleisch mit den Sünden und Begierlichkeiten kreuzigen, und sie verstehen daher nicht, was des Geistes ist, sondern sie löschen vielmehr den Geist aus, gegen die apostolische Lehre. Dann widersetzen sie sich öffentlich der Mutter, der Kirche, ja sogar Christo, der in seiner Braut der Kirche spricht und gebietet, daher sie sich die gewisse Verdammnis zuziehen, wenn sie die heilige und heilsame und von der Kirche uns allzeit empfohlene Einsetzung des Fastens abschaffen oder verwerfen.

VI. Was lehrt die heilige Schrift vom Fasten ?

Gottes Stimme ist es, die durch Joel zu den Sündern ruft: Bekehrt euch zu mir von eurem ganzen Herzen in Fasten, Weinen und Klagen. Und bald hernach spricht er: Blaset die Posaune in Sion, feiert ein heiliges Fasten, beruft Alle, versammelt das Volk, oder wie Andere lesen: Heiligt ein Fasten, predigt Heilung. Daraus sollen wir lernen, dass das Fasten durch die übrigen guten Werke geheiligt werde, und dass sie geheiligt, nützlich sei, Sünden zu heilen, wie der heilige Hieronymus es auslegt. Denn wie der genannte aus den Heiligen Schriften schließt, hat Daniel, der Mann des Verlangens, die zukünftigen Dinge erkannt, und die Niniviten den Zorn Gottes besänftigt. Und Elias und Moses sind durch ihr vierzigtägiges Fasten mit dem vertrauten Umgang Gottes gesättigt worden. Ja der Herr selbst hat in der Wüste eben so viele Tage gefastet, auf dass er uns feierliche Tage des Fastens hinterließ. Auch lehrte er uns, dass hartnäckigere Teufel nicht anders, als durch Gebet und Fasten überwunden werden können. Auch der Apostel spricht, dass er häufig gefastet habe, und in den Psalmen sagt der Büßer: Ich esse Asche wie Brot, und mische meinen Trank mit Tränen. Und: Da sie mir beschwerlich fielen, tat ich ein härenes Kleid an: ich demütigte meine Seele mit Fasten. Endlich was ist klarer als was Christus bestätigt, dass, wenn Er, der innigst geliebte Bräutigam seinen Jüngern werde genommen sein, alsdann diese, obschon mit dem Heiligen Geistes erfüllt, fasten werden? Daher ermahnt St. Paulus alle Gläubigen: Beweisen wir uns als Diener Gottes in vieler Geduld, in Wachen, in Fasten, in Keuschheit. Denn, welche Christus angehören, kreuzigen ihr Fleisch samt den Lastern und Begierden.

VII. Was ist das Gebet?

Es ist eine fromme Erhebung unsers Gemütes zu Gott, wodurch man gläubig bittet um alles, was uns oder Andern heilsam ist, wodurch wir auch Gottes Gnade und Macht preisen, oder auf was immer für eine Weise vor jener höchsten und ewigen Majestät uns andächtig bezeigen. Hierher gehört nicht nur das Bittgebet, sondern auch die Anbetung, das Opfer, die Anrufung, das Lob, die Danksagung.

Christus aber hat uns eine besondere Weise und Form zu beten vorgeschrieben, wie wir sie oben erklärt haben. Es gibt wahrlich kein gutes Werk, das in der Schrift mehr empfohlen, keines, das frommen und heiligen Menschen gemeinsam ist, keines, welches von Mehreren öfter und fleißiger geübt werden soll und in diesem Leben mehr notwendig ist, als das Gebet. Wahr ist jener Spruch: Das Gebet eines Demütigen wird die Wolken durchdringen. Ferner: Man muss allzeit beten, nämlich mit brennender Liebe des Herzens und ohne Heuchelei, und ohne Rücksicht auf Menschenlob, das ist im Geiste, und in der Wahrheit.

Unterdessen, welche beten, beobachten oft eine äußere Stellung und Gebärde des Leibes und einige andere Gebräuche und zwar mit Recht, wie die Beispiel der Schrift es beweisen. Denn auch Christus der Herr hat bald mit zum Himmel erhobenen Augen, bald mit lauter Stimme, bald auf die Erde gestreckt zum Vater gebetet. Dann war das Gebet Daniels und der Niniviten, weil es nicht ohne Fasten, Sack und Asche geschehen ist, um so angenehmer. Es ist auch nicht umsonst vom Zöllner gesagt, dass er mit demütigem Angesicht, mit niedergeschlagenen Augen und Schlagen an die Brust sein Gebet im Tempel verrichtet hat. Obschon diese Dinge äußerlich scheinen, und auch von den Gottlosen geschehen und gezeigt werden können, so verdienen sie doch in soweit Lob, in sofern sie auch den Leib fromm üben und in den Dienst des Schöpfers bringen, und das Gemüt wecken, und im innerlichen Dienst (Gottes) stärken und befördern. Überdies sind sie als einige Zeugnisse des Glaubens, der Demut und Frömmigkeit nicht zu vernachlässigen, weil sie nicht nur dem Nächsten, der sie sieht, sondern auch der Kirche Erbauung geben.

VIII. Warum sollen wir im Gebete eifrig und anhaltend sein?

Erstens wegen des sehr großen und unendlichen Nutzens für diejenigen, welche recht beten. Hernach weil das Gebet eine eigentliche und notwendige Übung des Glaubens ist. Überdies ist es in den göttlichen Schriften häufig geboten, und hat nicht nur vielfältige, sondern auch außerordentliche Verheißungen voll Trostes und Süßigkeit. Ich sage euch, spricht Christus, die Wahrheit selbst, alles, was ihr in eueren Gebeten bitten werdet, glaubt, dass es empfangt, und es wird euch widerfahren. Und wieder: Ich sage euch: bittet und es wird euch gegeben. Sucht und ihr werdet finden. Klopfet an und es wird euch aufgetan werden. Denn ein Jeder der bittet empfängt und welcher sucht der findet und wer anklopft dem wird aufgetan. Und wieder: Wenn ihr, da ihr böse seid, eueren Kindern gute Gaben zu geben wisst, um wie viel mehr wird euer Vater, der im Himmel ist, Gutes geben denjenigen, die ihn bitten? Mit solchen Worten, wie Chrysostomus wohl schließt und mit solcher Hoffnung fordert uns der Herr über alles zum Gebete auf. Uns aber, die wir Gott gehorsam sind, geziemt, das ganze Leben allzeit im Lob Gottes und Gebet zu verbringen, und mit größerem Fleiß den Dienst Gottes zu besorgen, als unser Leben. Denn so geschieht es, dass der Mensch ein Leben führe, wie es seiner würdig ist. Dieses spricht Chrysostomus.

IX. Aus welchen Beispieln mögen wir die Kraft und Frucht des Gebetes erkennen?

Der heilige Apostel Jakobus, damit er uns die Kraft des Gebetes in einem Beispiel erklärte, hat so geschrieben: Elias war ein Mensch, wie wir, auch den Leiden unterworfen, und er betete ein Gebet, dass es nicht regnen sollte auf der Erde und es regnete nicht drei Jahre und sechs Monate. Und wieder betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde gab ihre Frucht. Das Genannte beweist uns St. Augustin durch mehrere Beispiele. Da Moses und Samuel beten, werden die Feinde, die Amalechiten und Philister, von den Juden geschlagen. Jeremias betet, und wird im Kerker gestärkt. Daniel betet und frohlockt zwischen den Löwen. Die drei Jünglinge beten und springen vor Freude im Feuerofen. Der Mörder am Kreuz betet und findet das Paradies. Susanna wird durch das Gebet zwischen den Alten, die sie fälschlich anklagen, gerettet. Stephanus betet und wird in den Himmel aufgenommen, und unter denjenigen die ihn steinigen, für Saulus, erhört.

An diesen Beispielen wird uns nicht nur die Frucht des Gebetes gezeigt, sondern auch der Eifer und das Anhalten des Gebetes empfohlen. Daher ermahnt uns die apostolische Schrift: Betet ohne Unterlass und sagt in allen Dingen Dank. Und wieder: Betet für einander, auf dass ihr selig werdet, denn das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es anhält. Ferner: Das ist das Vertrauen welches wir zu Gott haben, dass, was wir immer bitten nach seinem Willen, er uns erhöre. Überdies: Welcher weiß, dass sein Bruder eine Sünde begeht, die nicht zum Tod führt, der bitte, und es wird ihm das Leben gegeben werden.

Vom Almosen und den Werken der Barmherzigkeit

X. Was ist das Almosen?

Es ist eine Wohltat, oder Gabe, dadurch man dem Elend eines Andern aus Erbarmung und Mitleid zu Hilfe kommt.

Dahin gehört was der Engel bei Tobias bezeugt: Gut ist das Gebet mit Fasten und Almosen, damit wir erkennen, wie der heilige Cyprian ermahnt, dass unsere Gebete und das Fasten weniger vermögen, wenn ihnen nicht durch Almosen nachgeholfen wird. Gut ist die Barmherzigkeit, sagt sagt Ambrosius, als welche uns vollkommen macht, weil sie dem Vater nachahmt, der vollkommen ist. Nichts empfiehlt eine christliche Seele so sehr, als die Barmherzigkeit. Darum spricht Er: seid denn barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist, dass ihr Kinder eures Vaters seid, der im Himmel ist, der seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Böse, und regnen über Gerechte und Ungerechte. So spricht Christus, unser Heiland und Samaritan, der voll aller Gnade und Barmherzigkeit ist, der umherwandelte und Wohltat und heilte Alle, welche vom Teufel überwältigt worden sind.

XI. Wie empfiehlt uns die Schrift das Almosen geben?

Mit vielen und offenbaren Geboten, Verheißungen und Beispielen. Ja der heilige Cyprian lehrt, dass im Evangelium nichts öfter geboten werde, als dass wir stets Almosen geben und nicht an irdischen Besitzungen hängen, sondern vielmehr himmlische Schätze hinterlegen sollen. Daher jene Aussprüche Christi: gebt Almosen von dem was Übrig ist, und siehe, es ist euch alles rein. Verkauft was ihr habt, und gebt Almosen. Machet euch Säcke, die nicht veralten, einen Schatz, der im Himmel nicht abnimmt. Und an einem andern Ort: Macht euch Freunde vom ungerechten Mammon, damit wenn ihr Mangel leidet, sie euch in die ewigen Hütten aufnehmen. Kurz: gebt, so wird euch gegeben. Darum gibt der heilige Prophet Daniel dem gottlosen König diesen Rat: Befreie dich deine Sünden durch Almosen, und deine Missetaten durch Erbarmung über die Armen. Und an einem andern Ort liest man: Das Wasser löscht ein brennendes Feuer aus, und das Almosen widersteht den Sünden. Es war nicht eines Menschen, sondern eines Engels Wort, dieses nämlich: Das Almosen erlöst vom Tod. Das Almosen ist es, das von Sünden reinigt und macht, dass wir Barmherzigkeit und das ewige Leben erlangen. Ja auch Christus selbst spricht: Wer immer einen aus diesen Geringsten einen Becher kalten Wassers zu trinken gibt, auch nur im Namen eines Jüngers, wahrlich ich sage euch, es wird ihm nicht unbelohnt bleiben. Selig also die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Hingegen aber wie der heilige Jakobus bekräftigt, wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit übt.

XII. Mit welchen Beispielen wird die Kraft und Frucht des Almosens erklärt?

In den heiligen Schriften wird gesagt, dass Abraham und Lot wegen der Gastfreundlichkeit sowohl Gott gefallen, als auch Engel beherbergt haben. Die Almosen des Tobias und des Hauptmanns Cornelius haben so viel vermocht, dass sie vor das Angesicht Gottes hinaufgekommen sind und dass die heiligen Engel ihnen nicht allein Zeugnis, sondern Lob und Preis gegeben haben. Zachäus, durch Christi Wort bewegt, ward aus einem Vornehmsten der Zöllner ein Spiegel der Barmherzigkeit und gibt die Hälfte der Güter den Armen, und wird alsbald von Christus selbst, als ein Sohn Abrahams ausgerufen. Tabitha, welche voll guter Werke und Almosen gewesen ist, die sie vorzüglich den Witwen getan, wird vom heiligen Lukas gepriesen. So haben die frommen Frauen im Evangelium ihr besonderes Lob, welche mit Magdalena und Martha Christus dem Herrn und seinen armen Jüngern von ihrem Vermögen so freigebig dienten. Und von Laurentius, dem heiligen Leviten und Märtyrer, wird mit vollstem Rechte gesungen: Er hat ausgestreut und den Armen gegeben. Seine Gerechtigkeit bleibt in alle Ewigkeit.

XIII. Was ist die Barmherzigkeit?

Sie ist, wie der heilige Augustin behauptet ein gewisses Mitleiden unsers Herzens mit dem Elend eines Andern, dadurch wir angetrieben werden, wenn wir können, zu helfen. Der Name der Barmherzigkeit pflegt sehr oft für Almosen gesagt und genommen zu werden. Alle Barmherzigkeit wird, wie die göttliche Schrift bezeugt, einem jeden seine Stätte bereiten, nach dem Verdienst seiner Werke. Diese preist Chrysostomus oft und wunderbar, und er nimmt kein Bedenken, irgendwo zu sagen: Die Barmherzigkeit ist ein Schutz des Heiles, eine Zierde des Glaubens, eine Versöhnung der Sünden: sie ist es, welche, die Gerechten bewährt, die Heiligen stärkt, die Diener Gottes herrlich offenbart. Ja wenn wir dem heiligen Ambrosius glauben, so besteht die ganze Summe christlicher Lehre und Zucht in der Barmherzigkeit und Güte.

XIV. Gibt es nur ein Art Werke der Barmherzigkeit?

Man findet, dass es zwei Gattungen derselben gebe, da einige leibliche sind, andere geistliche. Die leiblichen werden so genannt, weil sie geübt werden, der leiblichen Not des Nächsten abzuhelfen; die geistlichen aber, weil wir in denselben dem geistlichen Heile des Nächsten wohl raten und dienen. Ein leuchtendes Beispiel dieser zweifachen Barmherzigkeit gibt uns der überaus gütige Job, der von sich selbst bezeugt: Von meiner Kindheit an, ist mit mir die Erbarmung aufgewachsen und sie ist mit mir vom Mutterleib her gekommen. Dem Blinden war ich ein Auge und ein Fuß dem Lahmen. Ich war ein Vater der Armen und die Sache, die ich nicht verstand, erforschte ich aufs fleißigste. Ich zerbrach die Backenzähne des Ungerechten und nahm den Raub aus seinen Zähnen. Ferner: Der Fremdling blieb nicht draußen, meine Tür stand dem Wanderer offen.

XV. Wie viele Werke der Barmherzigkeit gibt es, sowohl leibliche als geistliche?

In beiden Gattungen zählt man sieben. Erstens die leiblichen Werke sind diese: Hungerige speisen, die Durstigen tränken, die Nackten bekleiden, die Gefangenen erlösen, die Kranken besuchen, die Fremden beherbergen, die Toten begraben.

Die geistlichen Werke aber sind diese: Die Sünden strafen, die Unwissenden lehren, den Zweifelnden recht raten, für des Nächsten Heil Gott bitten, die Betrübten trösten, Unrecht geduldig leiden, die Beleidigung gerne verzeihen. Diese Werke menschlicher Güte sind vorzüglich Christenmenschen, wenn sie nicht ganz roh sind, so klar, dass sie durchaus keiner weitläufiger Ausführung bedürfen.

XVI. Wie wird dieses aus der Schrift bewiesen?

Schön und mannigfaltig wie es vorzüglich jene Worte des Isaias oder vielmehr die Gebote Gottes dartun, da er spricht: Brich dem Hungrigen dein Brot und die Dürftigen und Fremden führe in dein Haus. Wenn du einen Nackten siehst, so kleide ihn, und verachte nicht dein Fleisch. Dort wird auch die sehr große Frucht dieser Werke vor Augen gehalten: Alsdann wird deine Gerechtigkeit vor deinem Angesicht hergehen und die Herrlichkeit des Herrn wird dich zu sich nehmen.

Und Johannes, der uns immer und überall die brüderliche Liebe und Barmherzigkeit empfiehlt, lehrt unter Anderm: Wer Güter dieser Welt hat und seinen Bruder Not leiden sieht und sein Herz vor ihm verschließt, wie bleibt in ihm die Liebe Gottes? Und nicht zufrieden mit diesem Wort, schließt er vortrefflich: Meine Kindlein! Lasset uns nicht lieben mit dem Worte, sondern mit dem Werke und in der Wahrheit. Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind.

Diese sind die Werke der Gläubigen und wahrhaft Gerechten, welche Christus in jenem letzten Gericht anerkennen und öffentlich preisen wird, welcher wegen Er das verheißene Reich zuerkennen, und die Krone der Gerechtigkeit den Barmherzigen geben wird, welche auch Er selbst Gerechte öffentlich nennt.

Diese Werke geben um so mehr wahres Lob und ewige Belohnung, je lauterer freudiger und freigebiger sie von einem christlichen Gemüt geschehen, nämlich dass dabei der menschlichen Eitelkeit und Begierde am wenigsten sie Platz gelassen wird, sie aber auf Gottes Ehre und des Nächsten Dienst und Nutzen eigentlich bezogen werden. Daher sind jene Worte der Schrift wohl zu beachten: Wer gibt, der tue es in Einfalt. Eer Barmherzigkeit erzeigt, der tue es mit Freudigkeit. Wende dein Angesicht nicht von einem Armen. Wie du es vermagst, so sei barmherzig. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Bei jeder Gabe zeige dein Angesicht fröhlich. Holdselig ist der Mensch, welcher sich erbarmt und leiht. Wahrlich als einen solchen, zeichnet Christus den Lukas den Samaritan, welcher ein vortreffliches Beispiel gibt der größten Güte und vollkommenen Barmherzigkeit, die man auch Unbekannten und Unverdienten freiwillig erzeigen soll. Wer aber sparsam säet, der wird auch sparsam ernten, bezeugt der Apostel. So viel ist von den leiblichen Werken der Barmherzigkeit.

XVII. Was bezeugt die Schrift von den geistlichen Werken der Barmherzigkeit?

Sie spricht: Wir Stärkeern sollen die Gebrechlichkeit der Schwachen tragen und nicht uns selbst gefallen. Ein Jeder von euch soll seinem Nächsten wohlgefällig sein im Guten zur Erbauung, denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Wohlgefallen. Und wieder: seid gegen einander gütig, barmherzig, vergebt einer dem Andern, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat. Ferner: Seid Gottes Nachahmer, als die geliebtesten Kinder und wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat. Überdies: Zieht an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Eingezogenheit, Geduld, und ertragt einander und vergebt einer dem Andern, wenn Jemand gegen einen eine Klage hat: wie der Herr euch vergeben hat, so auch ihr. Und wieder: Straft die Unruhigen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt die Schwachen auf, seid geduldig gegen Alle. Dieses und viel anderes dergleichen, schärft uns St. Paulus an verschiedenen Stellen ein, auf dass er Alle selig machen möchte, Allen Alles geworden ist, wie er daher selbst bezeugt: Wer wird schwach und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert und ich brenne nicht? Und wiederum: Ich habe große Traurigkeit und Schmerz ohne Unterlass in meinem Herzen. Denn ich selbst wünschte von Christus verbannt zu sein für meine Brüder. Und an einem andern Ort: Ich will überaus gerne Opfer bringen und mich selbst opfern für eure Seelen, wenn ich auch bei meiner viel größeren Liebe zu euch weniger von euch geliebt werden sollte.

XVIII. Was ist die Summe der ganzen Lehre von den Werken der Barmherzigkeit?

Der Apostel hat die ganze Sache gleichsam in dieses einzige Wort zusammen gefasst: Einer trage des Andern Last, und werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen, nämlich das Gesetz der Liebe. Von diesem Gesetz spricht der Genannte wieder: So irgend ein Gebot ist, das wird dieses Wort gefasst: Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst. Und der heilige Apostel Petrus spricht: Vor allen Dingen habt unter euch wechselseitig eine beständige Liebe, denn die Liebe deckt die Menge der Sünden zu. Dieses Gebot und die Pflicht und Barmherzigkeit zu erzeigen, erstreckt sich wie es der Natur und Vernunft höchst angemessen ist, auch auf Alle, wie wir daher geschrieben lesen: Gott hat einem Jedem befohlen sich seines Nächsten anzunehmen. Er hat es aber so befohlen wie Christus es auslegt: Alles was ihr wollt das euch die Leute tun, das tut auch ihnen. Denn das ist das Gesetz und die Propheten.

Von den Haupttugenden

I. Was will der Name und das Wesen der Haupttugenden sagen?

Einige Tugenden heißen deswegen Haupttugenden, weil sie gleichsam die Quellen sind, und das Haupt der andern, und wie die Tür in der Angel hin und her sich bewegt, eben so soll alle ehrbare Lebensweise in diesen Haupttugenden sich bewegen, und das ganze Gebäude des guten Werkes auf denselben, wie auf Grundpfeilern zu stehen scheinen. Derselben aber werden vier gezählt: Klugheit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Starkmut, von welchen so geschrieben steht: Sie, die Weisheit, lehrt Nüchternheit und Klugheit, und Gerechtigkeit und Tugend, außer welchen den Menschen nichts nützlicher ist im Leben, wo nun durch die Nüchternheit die Mäßigung, durch die Tugend die Starkmut nicht undeutlich bezeichnet, und alle jene Haupttugenden uns so sehr gepriesen werden, dass wir für gewiss erkennen, dass sie eigentlich von der ewigen Weisheit, die Gott ist, gegeben und mit überaus großem Nutzen und Heil von den Menschen empfangen und geübt werden. Diese Tugenden heißen auch (nach dem lateinischen Officiales), verpflichtende, weil von ihnen, wie der heilige Ambrosius bemerkt hat, alle Arten von Pflichten abstammen, und alle Pflichten des gemeinen Lebens nach eines jeden Beruf abgeleitet werden.

II. Wie werden diese Haupttugenden bestimmt?

Die Klugheit ist eine Tugend, welche dem Menschen vorschreibt, was er sittlicher Weise verlangen, oder was er fliehen soll. Die Gerechtigkeit ist eine Tugend, dadurch einem Jeden das Seinige gegeben wird. Die Mäßigung ist eine Tugend, welche die Lüste des Fleisches, die mit dem Geschmack- und Gefühlssinn empfunden werden, in den gehörigen Schranken erhält. Die Starkmut ist eine Tugend, dadurch man die Mühseligkeiten und Gefahren des Todes mit festem Mut sowohl übernimmt, als auch erträgt.

Das ist der edle Wagen der Tugenden, auf welchem wir gegen den Himmel fahren. Das sind die vier Flüsse des Paradieses, wie St. August sie nennt, von welchem auch jener Spruch denkwürdig ist, wo er sagt: Das ist die Wissenschaft menschlicher Dinge, welche weiß und erkennt das Licht der Klugheit, die Zierde der Mäßigkeit, die Kraft des Starkmut, die Heiligkeit der Gerechtigkeit. Diese sind es, welche wir, keinen Unfall fürchtend, wahrhaft unser Eigentum nennen dürfen.

III. Wie wird die Klugheit in den heiligen Schriften uns empfohlen?

Klug ermahnt Jesus Sirach auf diese Weise: Sohn, tu nichts ohne Rat und es wird dich nach der Tat nicht gereuen. Weiter: Ein weises und verständiges Herz wird sich von Sünden enthalten und in den Werken der Gerechtigkeit Fortschritte machen. Dann lehrt uns die Quelle aller Weisheit und Klugheit, Christus, jener wahre Salomo, so: Seid klug wie Schlangen und einfältig wie die Tauben, damit wir erkennen, dass zur vollen Klugheit beides zugleich erfordert werde, nämlich Taubeneinfalt, welche uns unschuldig und sanftmütig macht und Schlangenklugheit, welche die Menschen behutsam und vorsichtig macht, so, dass sie weder selbst betrügen, noch von jemand betrogen werden. Solches geschieht, wenn wir nach der Lehre des heiligen Paulus uns fügen, der da spricht: Seht zu Brüder, dass ihr behutsam wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, benutzend die Zeit. Denn die Tage sind böse. Deshalb seid nicht unverständig, sondern erforscht wohl, was der Wille Gottes sei, der gute nämlich, der wohlgefällige und vollkommene.

Und hierher gehört das Wort Salomo's: Wer mit Weisen umgeht, der wird weise. Ein Freund der Narren wird ihnen gleich werden. Und jenes Wort: Die Weisheit leuchtet im Angesicht des Klugen. Endlich jenes Wort das der Genannte bekräftigt: Das Herz eines Klugen wird Erkenntnis gewinnen, und das Ohr der Weisen ist begierig der Lehre.

IV. Ferner: Was lehrt die Schrift von der Gerechtigkeit?

Die Gerechtigkeit erhöht ein Volk. Durch Gerechtigkeit wird der Thron befestigt. Es ist besser, ein wenig mit Gerechtigkeit, als viel Einkommen mit Ungerechtigkeit. Die Pflicht dieser Gerechtigkeit erklärt uns der Apostel in den Worten: Gebt jedermann was ihr schuldig seid: Steuer, dem Steuer gebührt; Zoll, dem Zoll gebührt; Furcht, dem Furcht; Ehre dem Ehre gebührt.

Hierher gehört was im Psalm von einem gerechten und frommen Mann gesungen wird: Selig wer mit seiner Zunge nicht Betrug übt, noch seinem Nächsten Übles tut und keine Schmach annimmt gegen seinen Nächsten. Wer seinem Nächsten schwört und betrügt ihn nicht, wer sein Geld nicht auf Wucher gibt und nicht Geschenk nimmt gegen den Unschuldigen.

Aus diesem ist leicht einzusehen, dass der Name Gerechtigkeit hier enger genommen werde, als wo wir überhaupt von der christlichen Gerechtigkeit abgehandelt haben.

V. Was lehrt die Schrift von der Mäßigung?

Um die Unmäßigkeit zu vermeiden, befiehlt uns die Schrift, das Fleisch in seinen Lüsten nicht zu pflegen, und unsere Herzen durch Schlemmen mit Fraß und Trunkenheit nicht etwa zu beschweren. Übrigens ermahnt sie zur Übung der Mäßigkeit, wo sie will, dass wir nüchtern sein und wachen sollen. Das bedeutet durch heilige Nachtwachen und Gebete tüchtig werden, damit wir dem Satan keinen Raum geben. Es ermahnt daher auch Jesus Sirach: Genieß was dir vorgesetzt wird, wie ein mäßiger Mensch, damit man dir, wenn du viel essest, nicht gehässig werde. Der Genannte schweigt auch nicht über Vermeidung der Trunkenheit: Wenn der Wein übermäßig getrunken wird, so gibt er Zank, Zorn und vielerlei Verderben, ja sogar wie der Genannte sagt: Wein und Frauen bringen auch die Weisen zum Abfall. Er setzt daher über den mäßigen Genuss des Weines auch dieses bei: Der Wein mäßig genoßen erfreut Seele und Herz, ein mäßiger Trunk ist zur Gesundheit des Leibes und der Seele. Darum lesen wir auch an einem andern Ort geschrieben: Selig das Land, dessen Fürsten zu rechter Zeit essen zur Stärkung und nicht zur Schwelgerei. Wer aber mäßig lebt, der wird sein Leben verlängern. Diese Tugend aber der Mäßigkeit erstreckt sich auch weiter, als auf den mäßigen Gebrauch der Speise und des Trankes. Wenn je einer, so hat uns Johannes der Täufer ein vollkommenes Beispiel aller Mäßigkeit, des Abbruches, ja auch der Enthaltsamkeit gegeben, da er allen Überfluss der Speise und des Kleides sich abgeschnitten, mit der äußersten Sparsamkeit begnügt und sein Leben in der Wüste zugebracht hat.

VI. Was sagt die Schrift über den Starkmut?

Um dieser sich zu befleißen, ermahnt sie uns hinreichend, da sie uns die unagemessene Furcht nimmt, und die Zuversicht, Freudigkeit, Standhaftigkeit und Großmut eines christlichen Geistes preist, wie denn Salomo spricht: Der Gottlose flieht, ohne dass ihn jemand verfolgt. Der Gerechte aber ist beherzt wie ein Löwe und ohne Furcht. Und der heilige Petrus ermahnt wegen der des Glaubens und der Gottseligkeit so: Fürchtet euch vor ihrem Schreien nicht und lasst euch nicht verwirren. Wer ist, spricht er, der euch schaden könnte, wenn ihr euch des Guten bestrebt? Aber wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, selig seid ihr! Paulus aber, der selbst ein unüberwindlicher Kämpfer Christ war ermuntert oft Andere zur wahrem und christlichen Starkmut. Er spricht: Brüder, meine Geliebten, seid standhaft und unbeweglich, und allzeit reich in allem Werke des Herrn und wisset, dass eure Arbeit nicht vergeblich im Herrn ist. Und wiederum: Brüder, stärkt euch in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr gegen die listigen Nachstellungen des Teufels stehen und am bösen Tag Widerstand leistet und in Allem als Vollkommene bestehen mögt.

Einem starken Mann sind diese Worte eigen: Auf Gott hoffe ich: ich fürchte mich nicht, was soll mir der Mensch tun? Der Herr ist Beschützer meines Lebens, vor wem soll ich zittern? Wenn auch ein Heerlager gegen mich zusammensteht, so wird sich mein Herz nicht fürchten. Wenn ich schon mitten im Schatten des Todes wandle, so fürchte ich doch kein Unglück, denn du bist bei mir. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Alles vermag ich in dem der mich stärkt. Das ist es was David der starkmütigste König zu allen Kindern Gottes und zu seinen Mitkämpfern gesagt hat und wodurch er sie, wie zum Kampf begeistert: Handelt mannhaft und euer Herz stärke sich, Alle, die ihr auf den Herrn vertrauet. In Gott wollen wir tapfere Taten tun. Er selbst wird unsere Verfolger vernichten.

Das ist nun ein Leben, das eines Christenmenschen würdig ist, welches klug, gerecht, mäßig und starkmütig geführt wird. Darin besteht die goldne Mittelstraße, dass man nicht zu viel und nicht zu wenig tue. Das ist was die Schrift sagt: Weiche weder zur Rechten noch zur Linken.

Von den Gaben und Früchten des Heiligen Geistes

I. Wie viel Gaben des Heiligen Geistes gibt es ?

Sieben findet man bei Jesaias, dem Propheten und den Vätern der Kirche: Den Geist der Weisheit, des Verstandes, des Rates, der Stärke, der Wissenschaft, der Gottseligkeit und endlich den Geist der Furcht des Herrn.

Diese Gaben oder den Geist findet man in keinem andern vollkommener als in Christus Jesus, unserm Herrn. Denn Er ist voll Gnade und Wahrheit in Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Von seiner Fülle empfangen wir Alle, der auch von seinem Heiligen Geistes uns gegeben hat. Wer aber den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein, wenn wir anders dem Apostel glauben.

II. Wie viel gibt es Früchte Heiligen Geistes?

Vom heiligen Apostel Paulus werden zwölf gezählt. Die erste ist die Liebe, die alleredelste Frucht, und die Wurzel alles Guten, ohne welche alles übrige Gute nichts nützen kann, und welche man auch nicht erhalten kann ohne das übrige Gute, dadurch der Mensch gut wird, wie der heilige Augustin sagt .

Die zweite Frucht ist Freude, welche macht, dass der geistliche Mensch frisch und fröhlich Gott diene.

Die dritte Frucht ist Friede, durch welche in den Stürmen dieser Welt die Ruhe des Gemütes erhalten wird.

Die vierte Frucht ist Geduld, die im Tragen der Widerwärtigkeiten besteht.

Die fünfte Frucht ist Langmut, welche Größe des Gemütes beweist, das Gute, welches zukünftig ist, zu erwarten.

Die sechste Frucht ist Güte, welche keinem schadet, sondern Allen wohl will.

Die siebente Frucht ist Freundlichkeit, die zur Freundschaft einladet, lieblich ist im Gespräche, sanft in Sitten.

Die achte Frucht ist Sanftmut, die alle Bewegungen des Zorns stillt und mildert.

Die neunte Frucht ist Treue und Glaube gegen den Nächsten, so, dass wir Verträge und Versprechen treulich halten.

Die zehnte Frucht ist die Zurückhaltung, welche allen Verdacht des Stolzes und Übermutes ausschließt.

Die elfte Frucht ist Enthaltsamkeit, vermöge welcher wir uns nicht nur von Speisen, sondern auch von aller Bosheit enthalten.

Die zwölfte Frucht ist Keuschheit, welche den keuschen Geist im keuschen Leibe erhält.

III .Wie mögen wir die Lehre von den Gaben und Früchten des Heiligen. Geistes recht gebrauchen?

So nämlich, wenn wir mit dankbarem Herzen erkennen, woher sie uns kommen, und derselben Kraft und Nutzen in uns wirksam empfinden, offenbaren und erhalten. Sie kommen gewiss von der Quelle aller Gnade, jenem Vater der Lichter, der uns seine Güte und überschwängliche Liebe darin herrlich offenbart, dass er durch Christus seinen Geist in uns so reichlich ausgießt. Denn die Liebe Gottes, wie der Apostel bezeugt, ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, nach der siebenfältigen Gnade nämlich, indem es uns Christus so verdient hat. Wer an mich glaubt, spricht er, wie die Schrift sagt, von desselben Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber vom Heiligen Geiste, den die empfangen werden, welche an ihn glauben, wie es der heilige Evangelist erklärt. Denn ohne Christus kann Niemand, wie der heilige Hieronymus gesagt hat, weise, verständig, zu raten tüchtig, stark, gelehrt, fromm und gottesfürchtig werden.

Die Kraft aber und der Gebrauch dieser geistlichen Gabe dient dazu, dass zugleich die göttlichen und die Haupttugenden, davon wir oben geredet haben, ihre rechte Kraft und Wirkung ungehindert und vollkommen in uns zeigen können. Sie machen auch, dass die Menschen ganz willig und geschickt werden, dem Führer, dem Heiligen Geistes, überall zu folgen und von diesem bewogt und gestärkt auf dem Wege der Gebote Gottes, unermüdet laufen, und so wahrhaft Geistliche und Kinder Gottes werden. Denn Alle, welche vom Geiste Gottes getrieben werden, diese sind Kinder Gottes, nach dem Zeugnis des Apostels.

Von diesen Gaben jetzt für sich allein zu reden, wäre zu entfernt. Aus denselben kommen ferner die süßesten Früchte des Geistes, die uns als fruchtbare Bäume, auf den Acker der Kirche gepflanzt, preisen und offenbar machen, nach jenem göttlichen Wort: Ein jeder gute Baum bringt gute Fruchte, ein böser Baum aber bringt böse Früchte. Aus ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen. Diese Früchte des Geistes bringen auch diesen Nutzen, dass ein Christenmensch gegen die Werke des Fleisches als mit einer geistlichen Rüstung bewaffnet und gestärkt ist. Denn niemals wird die apostolische Regel trügen: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lüste des Fleisches nicht vollbringen. Und an einem andern Ort steht geschrieben: Wenn ihr durch den Geist die Werke des Fleisches tötet, so werdet ihr leben.

IV. Welches sind die Werke des Fleisches?

Diejenigen, von welchen der heilige Apostel so redet: Offenbar sind die Werke des Fleisches, sind: Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht, Geilheit, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Zank, Neid, Zorn, Hader, Zwietracht, Sekten, Hass, Mord, Trunkenheit, Fresserei und dergleichen, von welchen ich euch vorgesagt habe, und noch vorsage, dass die, welche solche Dinge tun, das Reich Gottes nicht erlangen werden. Und er fügt bei: Welche aber Christus angehören, die haben ihr Fleisch samt den Lastern und bösen Begierden gekreuzigt. Und an einem andern Ort spricht er: Welche im Fleische sind, dass sie nämllch nach den Lüsten des Fleisches wandeln, die können Gott nicht gefallen. Daher ermahnt der genannte Apostel: Irret nicht, Gott lässt seiner nicht spotten. Denn was der Mensch säet, das wird er auch ernten, denn wer auf sein Fleisch säet, der wird auch vom Fleisch das Verderben ernten, wer aber auf den Geist säet, der wird vom Geiste das ewige Leben ernten.

Von den acht Seligkeiten

I. Welches sind die Seligkeiten des evangelischen Gesetzes?

Diejenigen welche der heilige Ambrosius des Herrn Seligkeiten und Seligpreisungen nennt, derer den dem heiligen Evangelisten Matthäus acht aufgezählt werden, nämlich:

1. Selig sind die Armen im Geiste; denn ihrer ist das Himmelreich.

2. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.

3. Selig sind, die trauern; denn sie werden getröstet werden.

4. Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerchtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.

5. Sellg stnd die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

6. Selig sind die reines Herzens sind; denn sie werden Gott anschauen.

7. Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.

8. Selig sind welche Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das Himmelreich.

II. Warum soll man diese Lehre von den Seligkeiten halten?

Weil sie der erste und größte Teil des evangelischen Gesetzes ist, die Christus, unser Gesetzgeber, auf dem Berge mit seinem heiligen Munde übergeben hat, damit Alle betrachten mögen, was die christliche Gerechtigkeit noch neben dem Glauben in sich begreift und fordert; dann sollten sie wissen, dass die Krone der Gerechtigkeit, wie Paulus sie nennt oder die volle und ewige Belohnung dem Gerechten nicht ohne Mühe zuteil werde. Denn auch der heilige Jakobus bekräftigt es, wenn er schreibt: Selig der Mann, welcher die Versuchung aushält; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen.

III. Was soll man bei dieser Lehre von den acht Seligkeiten vorzüglich merken?

Erstens soll man merken, dass es unter denselben verschiedene Stufen gebe, wie man sowohl an der Zahl, als auch an der Ordnung es sieht. Zweitens werden auf jeder Stufe zwei Dinge zugleich vorgestellt, deren eines das Werk der Tugend selbst ist oder das Verdienst und die Seligkeit (wie sie es nennen) dieses Lebens, das andere aber die Belohnung des ewigen Leben, welche dem Verdienste gebührt, das man die Seligkeit des Vaterlandes nennen kann. Gleichwie das Erste den Gläubigen Mühe und Beschwerde kostet, eben so mischt das Zweite, was auf jeder Stufe alsogleich hinzukommt, durch die Größe der vorgehaltenen Belohnung Trost bei. Es mildert Mühe, Schweiß und Nöte, die im christlichen Kampfe Alle ertragen müssen. Denn es wird Niemand gekrönt, wenn er nicht recht gekämpft hat. Jeder wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit. Was der Mensch sät, das wird er auch ernten, wie der Völkerlehrer beständig versichert. Deswegen ermuntert der Herr, bevor er als schrecklicher Richter dem Erdenkreis sich zeigt, uns Alle zur Erwartung seiner Ankunft in Worten, da er spricht: Siehe, ich komme plötzlich und mein Lohn ist bei mir, einem Jeden nach seinen Werken zu vergelten. Wer überwindet, den werde ich bei mir auf meinem Thron sitzen lassen, was endlich die höchste, und vollkommene Seligkeit ist.

Ganz eitel aber ist die Meinung Glückseligkeit der Welt, die unterdessen sehr Viele täuscht und verderbt. Denn fast allgemein hält man die Reichen für glückselig, die da mächtig, an Herrlichkeit und Ansehen ausgezeichnet sind, die Glücksgüter im Überfluss haben, und den Vergnügungen und Wollüsten leben. Christus aber spricht über sie das Wehe aus, und Jesaias ruft frei also auf: Mein Volk, diejenigen, die dich selig preisen, täuschen dich und zerstören den Weg, den du gehen sollst. Selig das Volk dessen Gott der Herr ist, dass es seinen Schöpfer nämlich durch ein gutes und seliges Leben allzeit preise.

Von den evangelischen Räten

I. Welche heißt man die evangelischen Räte?

Diejenigen nämlich, welche, wenn sie um das ewige Heil zu erlangen, schon an und für sich nicht notwendig sind, doch von Christus vorgelegt und geraten werden, um desto leichter und ungehinderter die Seligkeit sich zu erwerben.

Daher ist der Unterschied, welchen die Schrift zwischen den Geboten und Räten macht, fleißig zu erhalten, damit wir erkennen, dass jene als notwendig zu beobachten vorgeschrieben, diese aber, als welche die vollkommene Beobachtung der Gebote befördern, geraten und freiwillig angenommen werden. Daher der heilige Apostel, da er vom ehelosen Stand lehren wollte, so spricht: Wegen der Jungfrauen habe ich kein Gebot des Herrn: ich gebe aber einen Rat, als der ich von Gott Barmherzigkeit erlangt habe, dass ich treu sei. Hierher gehört, was St. Augustin klar gesagt hat: Ein anderes ist der Rat, und ein anderes das Gebot. Rat ist es, dass man die Jungfrauschaft halte, dass man sich von Wein und Fleisch enthalte, dass man alles verkaufe und den Armen austeile. Gebot aber ist es, dass man die Gerechtigkeit bewahre, dass jeder Mensch das Böse meide und das Gute tue. Und wiederum spricht er: Welcher den Rat gerne hört und tut, der wird eine größere Herrlichkeit haben. Welcher das Gebot nicht erfüllt, der kann, wenn ihm die Buße nicht zu Hilfe kommt, der Strafe nicht entgehen. Mit St. Augustin stimmt der heilige Ambrosius überein, da er so schreibt: Es wird nicht geboten, was über das Gesetz ist, sondern vielmehr durch gegebenen Rat empfohlen, und, was sicherer ist, gewiesen. Ferner: Der Rat lockt die Willigen. Das Gebot aber verbindet auch die Unwilligen. Nicht anders denkt Hieronymus, wie diese seine Worte es beweisen: Wo man einen Rat gibt, da ist persönliche Freiheit dessen, der sich ihn gefallen lässt. Wo aber ein Gebot ist, da ist es Notwendigkeit, sich zu ergeben. Aber größeren Lohn hat das, spricht er, wozu man nicht gezwungen wird, sondern freiwillig sich ergibt.

II. Wie viel gibt es evangelische Räte?

Alle hier aufzuzählen, ist nicht nötig. Der vornehmsten aber sind drei, von der Armut, Keuschheit und dem Gehorsam, wie die Väter aus den heiligen Schriften es verstanden haben.

Die Armut gehört denjenigen an, welche einmal alles verlassen, und, nachdem Beispiel Petri und der Apostel, Christus vollkommen nachfolgen. Die Keuschheit ist Sache derjenigen, die wegen des Himmelreiches sich selbst verschnitten haben, und, wie Tertullian gesagt hat, die als freiwillig Verschnittene sich beweisen. Den Gehorsam aber leisten diejenigen, welche, um sich selbst vollkommen zu verleugnen, nicht nur allein der bösen Begierlichkeiten, sondern auch ihres eigenen Willens, dazu die Schrift ermahnt, sich gänzlich entschlagen, indem sie sich ganz dem Willen desjenigen unterwerfen, den sie sich zum Oben an Christi statt erwählt haben.

Diese Räte hat Christus, das vollkommenste Muster evangelischer Vollkommenheit, nicht nur mit dem Wort gelehrt, wie wir bald zeigen werden, sondern auch mit dem Beispiel seines heiligsten Lebens uns bekräftigt, der da er reich war, unsertwegen arm geworden ist, und nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegte, der selbst eine Jungfrau, auch aus der Jungfrau geboren, und ein Bräutigam der heiligen Jungfrau allzeit bleibt, der endlich so eifrig war, Gehorsam zu beweisen, das er seiner Mutter Maria, der Jungfrau und sogar dem Zimmermanns Joseph untertan, und bis zum Tode des Kreuzes gehorsam worden, und von sich selbst bezeugt: Ich bin vom Himmel herabgestiegen, nicht, dass ich meinen Willen tut, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.

III. Wo lehrt Christus den Rat der evangelischen Armut?

Er wird bei Matthäus an jener Stelle gegeben, welche der Aufzählung der göttlichen Gebote folgt, von welchen einem Jeden ohne Ausnahme gesagt ist: Wenn du willst zum Leben eingehen, so halte die Gebote. Und hierauf gibt er den Rat freiwilliger Armut und bedient sich einer besondern Redensart, die es der persönlichen Freiheit desjenigen, der den Rat annehmen will, überlässt. Denn der Herr spricht: Wenn du vollkommen sein willst, so gehe hin und verkaufe Alles was du hast und gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach. Der Herr gibt dort nicht nur eine solchen Rat, sondern auch gleichsam den Sporn, und damit er die Menschen desto williger mache, diesen Rat anzunehmen, so hält er ihnen die Größe der Belohnung vor, um sie zu locken und zu trösten. Denn er verheißt, dass derjenige, welcher um Christi willen Alles verlassen hat und arm ist, einen Schatz im Himmel haben, es hundertfältig wieder empfangen und ewige Leben besitzen werde, dahin zu kommen es sonst den Reichen sehr schwer ist. Liebhaber und Lehrer dieser Armut waren die Apostel, in welcher Namen Petrus zu Christus mit Zuversicht gesagt hat: Siehe wir haben Alles verlassen und sind dir nachgefolgt.

Zu diesen gehören die Christen der Urkirche, welche, nach dem Zeugnis des heiligen Lukas ihre Güter verkauften und das daraus gelöste Geld zum gemeinen Gebrauch zusammen legten, so, dass Niemand sagen konnte, es wäre etwas sein eigen, weil bei ihnen Alles ohne Unterschied und gemeinsam blieb.

Diese Armut erfordert endlich, dass man willig und vollkommen den Gütern entsage, und davon kein Eigentum mehr zurück behalte.

Und hier hat der berühmte und von den Alten bewährte Spruch seine Stelle: Es ist gut von seinem Vermögen den Armen geben. Besser ist es aber, dasselbe ganz hingeben in der Absicht, um dem Herrn nachzufolgen und so, befreit von aller Sorge, mit Christus in Dürftigkeit leben.

IV. Wo wird der Rat der Keuschheit empfohlen?

Teils in den Evangelien, teils in den Briefen der Apostel. Denn Christus lobt jene Art von Verschnittenen, welche um des Himmelreiches willen sich selbst verschnitten haben. Und damit wir nicht glauben möchten, als wäre dieses mehr ein Gebot, als ein Rat, so sagt er bald darauf: Wer es fassen kann, der fasse es. Das ist, wie der heilige Hieronymus recht auslegt, gleichsam die Stimme des Herrn, der da ermahnt und seine Kämpfer nach dem Preis der Keuschheit ringen antreibt, als wollte er sagen: Wer kämpfen kann, der kämpfe, überwinde und triumphiere. Das kann derjenige, dem es gegeben ist. Gegeben aber wird es Allen, die, wie der genannte heilige Hieronymus bezeugt, es begehren die wollen, die, dass sie es empfangen, sich bemühen. Denn einem jeden der bittet, wird gegeben und der sucht der findet und der anklopft dem wird aufgetan.

Dieser Keuschheit sichert die göttliche Schrift den Preis zu, einen besondern aber der Keuschheit der Jungfrauen. Denn, welche mit den Frauen sich nicht befleckt haben, sondern Jungfrauen geblieben sind, die stehen ohne Makel vor dem Thron Gottes und singen ein neues Lied vor Gott und dem Lamm, und folgen dem Lamm, wohin es geht.

Der heilige Apostel aber spricht aufs klarste: Es ist dem Menschen gut, dass er keine Frau berühre. Und wieder: Wegen der Jungfrauen habe ich kein Gebot des Herrn. Ich gebe aber einen Rat, als der ich Barmherzigkeit erlangt habe von Gott, dass ich treu sei. Denn ich meine, dass solches gut sei, wegen der gegenwärtigen Not. Denn es ist dem Menschen gut, so zu sein. Und wieder schreibt er von der Witwe und spricht: Sie heirate, wenn sie will, aber nur im Herrn. Seliger aber wird sie sein, wenn sie meinen Rat befolgt. Ich glaube aber, dass auch ich den Geist Gottes habe.

Schön stimmt der heilige Ambrosius dem Apostel bei, da er in diesen Worten schreibt: Eine gute Ehefrau ist zu loben, aber noch lobenswerter wird ihr eine fromme Jungfrau vorgezogen, indem der Apostel spricht: Wer seine Jungfrau verheiratet, tut wohl. Wer sie aber nicht verheiratet, tut besser. Denn diese denkt, was Gottes ist, jene, was der Welt ist. Jene ist durch das eheliche Band gebunden, diese ist aller Bande frei. Jene steht unter dem Gesetze, diese unter der Gnade. Gut ist der Ehestand, der wegen der Nachkommenschaft und Fortdauer des menschlichen Geschlechts eingesetzt worden. Aber besser ist die Jungfrauschaft, durch welche die Erbschaft des Himmelreiches und die Nachkommenschaft himmlischer Verdienste erlangt wird. Durch die Frau kam Mühe und Sorge in die Welt, durch die Jungfrau kam das Heil. So der heilige Ambrosius.

Es fordert aber diese Keuschheit, dass der Mensch mit wohlüberlegtem und festem Entschluss sich befleiße, von aller Unreinigkeit des Fleisches oder geilen Lust unbefleckt zu leben, und dass er beständig ein eheloses Leben führe, damit er am Leib sowohl, als auch im Geist heilig sei, um Christi willen. Und dahin zielt der Apostel, wenn er spricht: Wer in seinem Herzen fest sich vorgenommen hat, und nicht gedrungen wird, sondern seines freien Willens mächtig ist und in seinem Herzen beschlossen hat, seine Jungfrau zu behalten, der tut wohl.

V. Wie wird uns der evangelische Rat vom Gehorsam vorgelegt?

Christus der Herr hat allererst durch das Beispiel seines heiligsten Lebens, wie wir vorher schon beschrieben haben, dann durch sein Wort eine vollkommene Weise dieses Gehorsams uns vor Augen gestellt und empfohlen. Denn er ist nicht gekommen, seinen Willen zu tun, sondern des Vaters und derjenigen, welchen er, wie wir lesen, unteran gewesen ist. Er ist gekommen, zu dienen und nicht sich bedienen zu lassen, so zwar, dass er sich selbst erniedrigt hat und gehorsam geworden ist bis zum Tod, ja bis zum Tod des Kreuzes.

Dann hat er uns mit dem Worte zu seiner Nachfolge ermuntert und gesagt: So Jemand mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir nach. Diese Worte, obschon sie ganz recht als zu Allen gesagt sind, verstanden werden können, gehen doch besonders und vollkommen diejenigen an, welche, soviel an ihnen ist, sich Christus gleichförmig machen, so, dass sie in keinem Stücke ihr eigener Herr sein wollen, sondern sich befleißen, vielmehr nach dem Willen eines Andern, als nach ihrem eigenen zu leben, indem sie dem Willen und Befehle eines Andern, den sie sich an Christi Statt vorgesetzt haben, freiwillig folgen.

Ihr Vorsteher, wie der heilige Basilius lehrt, vertritt die Person Christi, und ist gleichsam ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, opfert er Gott das Hell derer, die gehorchen. Gleichwie daher die Schafe dem Hirten folgen und den Weg gehen, auf welchen er sie führt, eben so geziemt es sich, dass Ordensleute ihren Vorgesetzten gehorchen, nicht naseweis die Gebote untersuchen, in so fern sie nichts Sündhaftes gebieten, sondern dass sie mit aller Freudigkeit und Eifer vollbringen, was ihnen befohlen wird. Von einem solchen Vorsteher spricht nach dem heiligen Basilius auch Bernhardus: Wir müssen den, welchen wir an Gottes Statt haben, hören als wie Gott selbst in den Dingen, die nicht offenbar gegen Gott sind.

Solche treue und vollkommene Nachfolger Christi aber, die sich der Beobachtung genannter Räte beflissen, hat die Kirche, wie die alten Jahrbücher beweisen, allzeit gehabt, und unter diesen auserlesene und bewährte Gesellschaften frommer und religiöser Menschen, welche, über die Weise und das Beispiel gemeinen Volkes, allen Gütern ein für alle Mal entsagten, der fleischlichen Lüste sich innerlich frei machten und des heilige Gehorsams frei und öffentlich sich beflissen; welche nämlich darauf sahen, dass sie nach dem Muster des Gehorsams Christi und nach der Vollkommenheit der evangelischen Regel ganz sich bildeten, und dem eigenen Willen durchaus keinen Platz mehr übrig ließen. Wir haben hierüber sehr vortreffliche Zeugen, den heiligen Basilius, Augustinus, Hieronymus, Benediktus, Gregorius, Kassianus, Bernhardus und unzählige andere Lehrer der evangelischen Vollkommenheit, welche das klösterliche Leben verteidigten, als auch selbst aufs Vollkommenste beobachteten.

VI. Was ist von den evangelischen Räten zu halten?

Dieses nämlich, dass sie gewisse sehr fügliche Reiz- und Hilfsmittel sind, welche den Schwachen gegen die Reize der Welt und des Fleisches Waffen geben, welche das Bestreben der Guten auf dem Wege der wahren Gottseligkeit zum Bessern befördern. Welche den Geist fertiger machen, die Werke der Religion und des göttlichen Dienstes zu vollbringen, und welche überdies, wie wir gezeigt haben, uns helfen, die Belohnung des ewigen Lebens, und eine größere Herrlichkeit im Himmel zu erlangen.

Ja die Summe der evangelischen Vollkommenheit besteht darin, dass du, so sehr als du immer kannst, nach der Liebe ringst und Christus nachahmst. Du ahmst aber Christus nach, wenn du nach allen deinen Kräften dich befleißest, Christus - welcher arm war, und der Jungfrau und andern untertan und bis zum Tode des Kreuzes gehorsam - gleichförmig zu werden. Wenn du gleicher Weise mit dem Apostel Paulus alles, was hinter dir ist, zurücklassest und unverdrossen fleißig nach dem, was vor dir liegt, trachtest und täglich nach dem Kleinode der himmlischen Berufung läufst, mit gänzlicher Verleugmmg des eigenen Willens, so weit es geschehen kann, und dass du diesen um Gottes Willen einem andern Menschen unterwerfest, damit du nach den bessern Gnadengaben allzeit eifrig verlangst, und den besten Teil sowohl erwählst, als auch bis an das Ende treulich bewahrst.

Von den vier letzten Dingen des Menschen

I. Welche sind die vier letzten Dinge des Menschen?

Diese: Der Tod, das Gericht, die Hölle und das Himmelreich. Sie heißen darum die letzten Dinge weil sie unter Allem was dem Menschen widerfahren kann offenbar den letzten Platz einnehmen. Denn der Tod, wie man zu sagen pflegt, ist das Ende aller Dinge. Dem Tod folgt das Gericht Gottes, wie es der heilige Paulus in diesen Worten anzeigt: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, darnach aber das Gericht, nämlich sowohl das besondere, welchem ein jeder, der da stirbt, sich unterziehen muss, als auch jenes letzte und allgemeine, welches am Ende der Welt Alle erwartet wie wir es oben angezeigt haben.

Einige aber, welche der Tod in einer Todsünde übereilt, werden im Gericht zu den ewigen Strafen der Hölle verurteilt. Andere aber, welche bei dem Austritt aus diesem Leben jenes hochzeitliche Kleid, die Liebe, dass sie im Himmelreich ein höchst seliges Leben genießen. Das ist es was die evangelische Wahrheit spricht: Es werden hervorgehen die Gutes getan haben in das ewige Leben, welche aber Böses getan haben in die ewige Strafe. Denn des Menschen Sohn wird in der Herrlichkeit seines Vaters kommen mit seinen Engeln, und wird alsdann einem Jeden vergelten nach seinen Werken.

II. Wie sagt uns die Schrift vom Tod?

Wie durch Einen Menschen die Sünde in die Welt eingegangen ist, und durch die Sünde der Tod, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, wie St. Paulus bekräftigt. Obschon uns nichts ungewisser ist, als die Stunde des Todes, denn der Mensch weiß sein Ende nicht, so kann doch nichts gewisser sein, als der Tod selbst. Daher steht geschrieben und die Erfahrung lehrt es täglich: Wir Alle sterben und verlaufen uns in die Erde, wie die Wasser, die nicht wiederkehren. Deswegen spricht Jesus Sirach: Heute König und morgen tot und wenn der Mensch stirbt so erbt er Schlangen und Würmer.

Da aber sehr viel daran liegt, wie wie bereit wir sterben, so wird uns in Evangelium so oft und wiederholt gesagt: Wachet! Ferner: seid bereit, der Menschensohn wird kommen zu einer Stunde, da ihr es nicht erwartet. Bereit und wachend wir den Tod empfangen, wenn jeder für ernstlich und im ganzen Leben bedenkt, geschrieben steht: Wirke Gerechtigkeit vor deinem Tod, denn bei denen in der Hölle ist keine Speise zu finden (im Totenreiche hat der Genuss ein Ende). Wie auch Christus gesagt hat: Es kommt die Nacht, da Niemand wirken kann. Wandelt, da ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle.

Schön aber hat der Prophet zwischen dem Tod der Gerechten und der Sünder unterschieden. Denn von diesen spricht er: Der Tod der Sünder ist sehr böse, der Tod derjenigen nämlich, welche, wie die hartnäckigen Juden, in der Sünde ohne Buße sterben, und deswegen zu Grunde gehen, sodass sie allzeit bei den Verdammten mit dem reichen Prasser gepeinigt werden. Von jenen aber (den Gerechten) gibt (der königliche Prophet) Zeugnis: Kostbar im Angesicht des Herrn ist der Tod seiner Heiligen. Denn solchen ist dieser Tod des Leibes nichts anders, als das Ende dieser irdischen Wanderschaft und der Mühseligkeiten des sterblichen Lebens, ein ruhiger Schlaf und eine sichere Ruhe, der Anfang des wahren Lebens, und der erwünschte Übergang zur seligen Unsterblichkeit. Brennend vor Verlangen darnach und dieses Lebens überdrüssig spricht der Apostel: Ich verlange aufgelöst zu werden und bei Christus zu sein. Selig jene Knechte, welche der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Und: Selig die Toten, welche im Herrn sterben. Wenn aber der Gerechte vom Tod hinweggenommen wird, so wird er in Ruhe sein.

III. Wie ermahnt die Schrift über das Gericht?

Es ist erschreckend in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen, und des Richters Christi, vor dessen Richterstuhl wir alle müssen offenbar werden und ein jeder für sich Rechenschaft geben. Denn Alles was geschieht, Alles was man getan hat, wird Gott vor Gericht ziehen, es sei gut oder böse. Daher ist die Erwartung dieses Gerichtes nicht nur den Sündern, sondern auch oft den Heiligen erschreckend. Daher fürchtete sich David, dass er voll Besorgnis betete: Gehe nicht in das Gericht mit deinem Knechte, o Herr! Auch Job fürchtete sich, obschon er unschuldig war, und zeigte seine Furcht in diesen Worten an: Was soll ich tun, wenn Gott zu richten aufstehen wird? Und wenn er fragen wird, was soll ich antworten? Allzeit fürchte ich Gott als wären schäumende Wellen über mir, und ich kann seine Last nicht ertragen. Ich fürchte mich wegen aller meiner Werke, denn ich weiß, dass du des Sünders nicht verschonst.

Fürchten muss man jenen Richter, da man seiner Macht nicht entfliehen, seine Weisheit nicht täuschen, seine Gerechtigkeit nicht beugen, sein Urteil nicht umstoßen kann. Davon steht so geschrieben: Der Eifer und das Feuer des Mannes (nämlich Christi des Richters) wird Tage der Rache nicht schonen, noch wird er sich von Jemanden erbitten lassen. Bietest du ihm auch noch so viele Geschenke an, so wird er sie für kein Lösegeld annehmen. Er hat von sich selbst und von seinem Gerichte (damit Niemand unwissend wäre) Allen dieses vorher verkündigt: Wenn ich die rechte Zeit ersehe, dann richte ich nach der Gerechtigkeit. Ich bin der Herr der das Herz durchforscht und die Nieren prüft, der ich einem Jeden nach seinem Wege gebe und nach der Frucht seiner Anschläge. Ich kenne ihre Werke und ihre Gedanken. Ich komme, zu versammeln alle Völker und Zungen und sie werden kommen und meine Herrlichkeit sehen.

Übrigens lehrt der heilige Apostel Petrus vom Tage des letzten Gerichtes, welcher in der Schrift auch Tag des Herrn, Tag des Zorns, großer und schrecklicher Tag genannt wird, so: Der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel mit großem Krachen vergehen, die Elemente aber vor großer Hitze zerschmelzen, und die Erde und alle Dinge, die darin sind, verbrennen werden. Wenn denn dieses Alles sich auflösen muss, so sollt ihr euch in heiligem Wandel und gottseligen Werken als solche erweisen, die da warten und entgegen eilen der Ankunft des Tages des Herrn, an welchem die Himmel im Feuer sich auflösen, und die Elemente von der Hitze des Feuers zerschmelzen.

Damit wir aber alsdann an Christus einen gnädigen Richter und an jenem Tage, da Himmel und Erde vergehen, einen für uns erfreulichen Tag haben, so ist dieser Rat des weisen Mannes vortrefflich: Gebrauche vor der Krankheit Arznei und erforsche dich selbst vor den Gericht, so wirst du vor dem Angesicht Gottes Versöhnung finden. Wenn wir uns selbst richten, so würden wir nicht gerichtet. Wer den Herrn fürchtet, dem wird es am letzten Ende wohl gehen und am Tage seines Hinscheiden wird er gesegnet werden.

IV. Was lehrt aber die Schrift von der Hölle und ihren Strafen?

Wie nichts jämmerlicher ist, als der Tod, und auch nichts erschrecklicher, als das Gericht, besonders für die Kinder dieser Welt, welche beharrlich sündigen. Eben so kann auch nichts unerträglicher und unglücklicher gedacht werden, als die Hölle und ihre Strafe. Denn dort ist (nach dem Zeugnis der göttlichen Schrift) Heulen und Zähneknirschen. Dort stirbt nicht ihr Wurm und das Feuer verlöscht nicht. Dort ist ein finsteres Land, das bedeckt ist mit dem Dunkel des Todes. Dort ist der Schatten des Todes und keine Ordnung, sondern ewiger Schrecken wohnt dort. Dort ist ihr Teil im Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches ist der andere Tod. Dort werden sie gequält Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dort endlich wird man erfahren, dass wahr sei, was der gerechte Richter Allen, die bei den Verdammten in der Hölle gepeinigt werden sollen, in diesen Worten vorher gesagt hat: Siehe meine Knechte sollen essen und ihr sollt hungern. Siehe meine Knechte sollen trinken und ihr sollt dürsten. Siehe meine Knechte sollen sich erfreuen und ihr sollt zu Schanden werden. Siehe meine Knechte sollen vor Freude des Herzens frohlocken, und ihr sollt vor Herzeleid schreien und vor Angst des Geistes heulen.

Daher fordert der königliche Prophet alle Könige und Fürsten auf und hält ihnen die zukünftigen Strafen der Bösen vor Augen mit dieser gewichtigen Ermahnung: Und nun ihr Könige versteht es wohl und lasst euch unterweisen, die ihr Richter seid auf Erde. (Denn den Mächtigen steht auch eine stärkere Strafe bevor, und über die, welche regieren, wird das härteste Gericht ergehen). Dient dem Herrn mit Furcht und frohlockt Ihm mit Zittern. Ergreift die Zucht, damit sich der Herr nicht einst erzürne und ihr vom rechten Weg ab in das Verderben kommt, wenn sein Zorn bald entbrennt. Daher will auch Christus Allen gesagt haben: Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet hat, auch die Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, ich sage es euch, vor diesem fürchtet euch. Denn wie es ein Augenblick ist, was in diesem Leben ergötzt, so ist ewig, was in der Hölle peinigt.

V. Was lernen wir aus der Schrift vom Himmelreich?

Gott hat dieses Reich den Auserwählten von Anbeginn der Welt her bereitet, das Himmelreich, das ewige Reich, das höchst selige Reich, davon der heilige Paulus ganz offen bekennt: Die Leiden dieser Zeit, sind nicht gleich zu achten, der zukünftigen Herrlichkeit. Kein Auge hat gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschenherz ist gekommen, was Gott denjenigen bereitet hat, die Ihn lieben. O heilige Stadt, neues Jerusalem, vom Himmel herabgestiegen, von Gott bereitet, wie eine Braut, die ihrem Mann geschmückt ist. Davon hat der heilige Johannes, in die göttlichen Geheimnisse aufs Beste eingeweiht, vom Himmel herab dieses gehört und geschrieben: Siehe da eine Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und Er selbst Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein. Und Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei, noch Schmerz wird es geben, denn die ersten Dinge sind vergangen. Dort hörte Johannes eine Stimme, wie die einer großen Posaune und wie die Stimme vieler Wasser und wie die Stimme großer Donner, die sprachen: Hallelujah, denn der Herr unser Gott der Allmächtige hat das Reich eingenommen. Lasst uns fröhlich sein und frohlocken und lasst uns Ihm die Ehre geben, denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen. Selig, welche zum Abendmahl der Hochzeit des Lammes berufen sind. Seliger aber diejenigen, welche zu jenem Abendmahle berufen, nachdem sie alle Hindernisse weggeschafft haben, auch eingehen und ein hochzeitliches Kleid bringen, auf dass sie mit Abraham, Isaak und Jakob im Reiche Gottes sitzen. Es ist nicht nötig zu fragen: Herr, wer wird in deiner Hütte wohnen oder wer wird ruhen auf deinem heiligen Berge? Die Antwort ist schon gegeben: Wer ohne Makel wandelt und Gerechtigkeit übt. Oder wenn dich das Wort Christi mehr ergötzt: Wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist, der wird in das Himmelreich eingehen. Diese ist die heilige Stadt und sie fordert auch heilige Bürger, nichts Unreines wird in sie eingehen .

VI. Welches ist der Nutzen und die Frucht der ganzen Lehre von den vier letzten Dingen?

Diese erkennen und ernstlich erwägen, dient allererst dazu, dass wir von der Sorge, dem Streben und der Liebe zu jenen Dingen, die in dieser Welt hinfällig, flüchtig und eitel sind, um so leichter abgezogen werden. Denn Eitelkeit über Eitelkeit, so spricht der Prediger, o Eitelkeit über Eitelkeit! Alles ist Eitelkeit. Ich beobachtete Alles, was unter der Sonne geschieht, und siehe da, es war alles Eitelkeit und Qual des Geistes.

Dann ziehen die letzten Dinge den Menschen nicht nur von den eitlen Gedanken und den irdischen Sorgen ab, sondern sie schrecken ihn auch von aller Frechheit, Gewohnheit und Neigung zum Sündigen ab. Daher jener goldene Spruch: In allen deinen Werken gedenke deiner letzten Dinge und du wirst ewiglich nicht sündigen.

Überdies mahnen sie den Weisen, dass er in keinem Stück unbesonnen handle, sondern vor allem die letzten Dinge sich vorstelle und nachdem er auf das Ende sieht, den königlichen Weg wandle, so, dass er weder zur Rechten, noch zur Linken vom Guten abweiche.

Vorzüglich aber bewirkt das Gedächtnis und die Betrachtung der letzten Dinge dieses, dass die Furcht Gottes, welche die Quelle der wahren Weisheit und die Wache der ganzen Tugend, und im ganzen Leben des Menschen die notwendiqe Führerin ist, im Eifer für Alles, was recht und gut ist, uns kräftige und fördere. Denn die Furcht des Herrn treibt die Sünde aus und wer ohne Furcht ist, kann nicht gerechtfertigt werden. Welche den Herrn fürchten, werden erforschen, was ihm wohlgefällig ist, sie werden ihre Herzen bereiten und ihre Seelen vor seinem Angesicht heiligen. Endlich: Welche den Herrn fürchten, die werden seine Gebote bewahren und Geduld haben, bis er Einsicht nimmt und sagen: Wenn wir nicht Buße tun, so werde wir in die Hände des Herrn fallen.

Übrigens die Kinder dieser Welt, welche die Eitelkeit lieben und die Lüge suchen, welche sich erfreuen, wenn sie Böses getan haben, und ob der schändlichsten Dinge frohlocken, vor deren Augen keine Furcht Gottes ist, sie denken an nichts weniger als an diese Dinge: Es ein Volk ohne Überlegung und ohne Klugheit. Wollte Gott, dass sie weise würden und verstünden und vorsähen, was zuletzt kommen werde. Diese sehen wir täglich ausüben, was der heilige Job spricht: Sie haben Pauken und Harfe in der Hand und machen sich fröhlich beim Klang der Saitenspiele. Sie bringen ihre Tage im Wohlleben dahin und im Augenblick fahren sie in die Hölle hinunter. So mischt sich das Lachen mit Schmerz und die Freude endet sich in Leid.

VII. Welches ist die Summe dessen, was in diesem Buch enthalten ist?

Die Summe des ganzen Werkes besteht in zweien Stücken, in der christlichen Weisheit und Gerechtigkeit. Zur Weisheit gehören diese Hauptstücke, nämlich vom Glauben und dem Glaubensbekenntnis, von der Hoffnung und dem Gebete des Herrn, von der Liebe und den zehn Geboten. Denn Glaube, Hoffnung, Liebe sind jene Tugenden, in welchen, wie St. Augustin bemerkt, die göttliche Schrift die wahre Weisheit des Menschen zusammenfasst.

Dazu kam dann die Abhandlung von den Geboten der Kirche und den Sakramenten. Denn wie ohne die Sakramente und ohne die Beobachtung der Gebote der Kirche die genannten Tugenden nicht bestehen können, eben so werden sie, wenn dieselben hinzukommen, kräftig uns eingepflanzt, und, nachdem sie eingepflanzt sind, bekräftigt, vermehrt und vollendet. Mit Erklärung der Dinge, welche wir zur Weisheit zählen, ist der erste Teil des Buches geschlossen.

Der zweite Teil, welcher von der Gerechtigkeit handelt, entwickelt kurz zwei Stücke: Meidung des Bösen und Übung des Guten. Denn nach dem Zeugnis des heiligen Chrysostomus, ist uns zur Seligkeit nicht genug, bloß vom Bösen abzustehen, wenn nicht auch Besitz guter Werke und Übung der Tugend damit verbunden ist. Beide Teile haben auch eigene Hauptstücke, die vorzüglich dazu gehören, damit man zwischen Gutem und Bösem einen Unterschied zu machen wisse. Die Kraft aber und Fülle der ganzen Gerechtigkeit hat Tobias, der eben so weise als gerechte Mann kurz zusammengefasst, wo er seinen Sohn und wahrlich in ihm alle Kinder Gottes insbesondere mit diesen Worten ermahnt: Fürchte nur nichts, mein Sohn. Wir führen zwar ein armes Leben, aber wir werden viel Gutes haben, wenn wir Gott fürchten, das Böse meiden und Gutes tun. So lernen wir endlich die ganze Pflicht eines Christenmenschen kennen, welche nicht nur den Glauben fördert, sondern auch ein Leben, das nach der christlichen Weisheit und Gerechtigkeit eingerichtet ist. Ein weises und verständiges Herz, wie die Schrift bezeugt, wird sich von Sünden enthalten und in Werken der Gerechtigkeit Fortschritte machen.

Damit wir aber die Grenzen der vorgenommenen Kürze nicht überschreiten, so sei nun dieser Lehre Ziel und Ende gesetzt, welche zur Unterweisung der Christen, vorzüglich der Einfältigeren gehört. Dieses alles versiegeln wir mit dem Einen Worte des Predigers, dem vortrefflichsten Siegel des menschlichen Lebens so: Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das ist der ganze Mensch.

Bekräftige das, o Gott! was du in uns gewirkt hast
Ende!

Anmerkungen

<references />

Ausgaben

  • Petrus Canisius: Summa doctrinae christianae per quaestiones Catechisticas luculenter tradita, multis in locis locupletata, et postremo recognita. Sebaldus Mayer Verlag Dillingen 1571.
  • Der Große Katechismus - Summa doctrinae christianae (1555). Deutsch - Lateinisch. Ins Deutsche übertragen und kommentiert von Hubert Filser und Stephan Leimgruber (Aus der Reihe "Jesuitica" Band 6), Schnell & Steiner Verlag 2003 (376 Seiten, ISBN 978-3795416249).
  • V. P. Petri Canisii S. J. Theologi Catechismus Minor - Auszug Christlicher Lehre, von Franz Xaveri Widenhofer, gemeldeter Gesellschaft Priester, Augsburg im Verlag bey Ignaz Wagner 1781 (in Fraktur abgedruckt; 296 Seiten). Mögliche Quelle: … Nachdruck (lateinisch -deutsch in Fraktur), Hansebooks Verlag 2017 (ISBN 9783743674448).

Weblinks