Orientales ecclesias (Wortlaut)

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Enzyklika
Orientales ecclesias

von Papst
Pius XII.
an die Ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe und die anderen Oberhirten der Ostkirchen, die in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl leben
15. Dezember 1952
über den Zustand der Orientalen Kirchen
(Quelle: Herder-Korrespondenz, Herder Verlag Freiburg im Breisgau, 7. Jahrgang, Heft 5, Februar 1953, S. 213-216. Die Nummerierung folgt der portugisischen Fassung auf der Vatikanseite)

(Offizieller lateinischer Text: AAS 45 [1953] 5-14)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ehrwürdige Brüder!
Gruß und Apostolischen Segen!

1 Die Ostkirchen, durch die Lehre der heiligen Kirchenväter berühmt, getränkt vom Blute zahlreicher Märtyrer der ältesten wie der neueren und auch unserer Zeit, haben Uns, wie alle wissen, immer ganz besonders am Herzen gelegen. Kurz nachdem Wir, nach Gottes unerforschlichen Plänen und ohne ein Verdienst Unsererseits, den Stuhl des Apostelfürsten bestiegen, wandten Wir Uns mit aufrichtigem Interesse und väterlicher Liebe an euch und auch an alle jene, "die sich außerhalb der Katholischen Kirche befinden" (vgl. Radiobotschaft vom 3. März 1939, A. A. S., Jahrg. XXXI, II. Ser., Vol. VI, S. 86) und die, so wünschen Wir sehnlichst, so bald wie möglich in die Hürde des gemeinsamen Vaters als zum Haus ihrer Väter zurückfinden mögen (vgl. Enz. "Summi Pontificatus"; A. A. S. Jahrg. XXXI, II. Ser., Vol. VI, S. 418-419; Enz. "Mystici Corporis", A.A.S. Jahrg. XXXV, 11. Ser., Vol. X, S.242-243).

Manche anderen Beweise Unseres väterlichen Wohlwollens haben Wir euch im Laufe Unseres Pontifikates gegeben. Ihr wisst, dass Wir einem zweiten Mitglied eures Episkopates, dem Patriarchen der Armenier von Cilicien, den römischen Purpur verliehen, dass Wir die Kodifizierung der euch betreffenden kirchlichen Gesetze veranlasst haben, ein Unternehmen von weittragender Bedeutung, das zum Teil berreits angeschlossen ist. Doch brauchen Wir euch diese Dinge, die euch ohnehin bekannt sind, nicht weiter in Erinnerung bringen. Wir sind darin nur dem Beispiel Unserer Vorgänger gefolgt (vgl. Enz. "Rerum Orientialium"; A.A.S. Jahrg. XX, Vol. XX, S.277ff.), die seit den Anfängen des Christentums eure Vorfahren nicht nur mit besonderer Liebe umgaben, sondern auch, soweit es in ihrer Macht stand, ihnen alle Hilfe angedeihen ließen, sooft sie sie von einer Irrlehre bedroht oder durch die Gewalt und die Verfolgungen ihrer Feinde bedruckt sahen. So sind die römischen Päpste kraft ihrer apostolischen Autorität, die vom göttlichen Erlöser dem Apostelfürsten und seinen Nachfolgern übertragen wurde, für die Reinheit der katholischen Lehre auf dem 1. und 2. Konzil von Nizäa; auf dem 1., 2., und 3. Konzil von Konstantinopel, auf den Konzilien von Ephesus und Chalcedon eingetreten. Als dann die beklagenswerte Spaltung die Ostkirchen zum großen Teil von Rom losriss, verwarfen sie das nicht nur auf dem 4. Konzil von Konstantinopel durch ihre Legaten, sondern ließen auch nichts unversucht, um im Interesse aller die Sache bald glücklich wieder beizulegen. Nach zahlreichen anerkennenswerten und mühevollen Vorarbeiten kam es auch mit dem Konzil von Florenz dazu. Leider wurden aber, entgegen dem Wunsch aller Gutgesinnten, diese Beschlüsse nicht durchgeführt. Als dann der Osten von neu andringenden Völkerschaften erobert wie auch die vom göttlichen Blut Jesu Christi geheiligten Stätten Palästinas verwüstet wurden, drängten die römischen Päpste die christlichen Fürsten zu gewaltigen Unternehmen der Verteidigung der heiligen Religion. Diese liebevolle Sorge und Mühe Unserer Vorgänger um eure Landsleute nahm auch in Unseren Tagen nicht ab; im Gegenteil scheint sie eher noch zuzunehmen. Zahlreiche Männer sind, wie ihr wisst, zu euch gesandt worden, um die katholische Lehre darzulegen und alle zu überreden, zu der so sehr erwünschten Einheit des Glaubens und der Leitung zurückzukehren. Hier, bei Petri Stuhl, wurde eine eigene Kongregation eingesetzt, deren Aufgabe es ist, sich um die Interessen, Lehren und Riten der orientalischen Kirchen zu kümmern. Ferner wurde ein Institut für orientalische Studien gegründet, um mit allem Ernst die rechte Kenntnis eurer Verhältnisse zu pflegen und zu fördern.

2 Gegenwärtig aber sind es schmerzlicherweise andere Dinge, die Unsere Sorge und Hilfe verlangen. Hat sich doch in vielen Ländern, vorzüglich des orientalischen Ritus, ein neuer Sturm erhoben, der blühende christliche Gemeinschaften zu verwirren, zu verderben, ja völlig zu vernichten droht. Während in vergangenen Jahrhunderten nur einzelne Dogmen der katholischen Lehre angegriffen wurden, geht es heute offensichtlich um viel mehr. Alles, was heilig ist in Recht, Einrichtungen, Gesetzen, ja alles, was göttlich ist und sich auf Gott bezieht, das versucht man als Fabel und Betrug aus dem öffentlichen und privaten Leben, aus Schulen und Universitäten, ja aus dem ganzen Leben des Volkes auszumerzen.

3 Je schwerer aber die Häufung der Drangsal einen erlesenen Teil der Christenheit bedrückt, um so herzlicher, ehrwürdige Brüd'er, ist Unser Wohlwollen euch gegenüber, um so warmherziger die väterliche Liebe, die Wir zu euch allen hegen.

4 Vor allem möchten Wir euch mit aller Klarheit wissen lassen, dass euer Leid und euer Kummer auch Unser Leid und Unser Kummer sind, und dass Wir nichts sehnlicher wünschen, als dass Wir euch in euren Nöten Erleichterung bringen könnten, vor allem durch Unser Gebet und das aller Gläubigen für alle jene, die Verfolgung leiden, weil sie, wie es ihre Pflicht war, für die katholische Religion und ihre heiligen Rechte eintraten.

5 Wir wissen, dass heute sehr viele Christen der Ostkirche bitterlich weinen, wenn sie ansehen müssen, wie ihre Bischöfe getötet oder deportiert werden, oder es ihnen unmöglich gemacht wird, frei zu ihren Herden zu sprechen oder ihre Amtsgewalt auszuüben, wie es ihre Pflicht wäre; wenn sie mit ansehen müssen, wie viele ihrer Gotteshäuser zu profanen Zwecken benützt werden oder verfallen; wenn sie daran denken, dass sich aus ihnen nicht mehr die Stimmen der Beter in den wunderbaren Melodien eurer Liturgie zum Himmel erheben können, um den Tau der göttlichen Gnaden zur Stärkung des Geistes, zum Trost der Herzen, zur Heilung so gehäufter Übel herabzuflehen.

6 Wir wissen, dass viele der Euren in Gefängnisse und Konzentrationslager deportiert worden sind, oder wenn sie noch in ihren Häusern weilen, doch nicht jene heiligen Rechte ausüben können, die ihnen zustehen. So namentlich das Recht, ihren Glauben nicht nur im innersten Heiligtum ihres Gewissens zu bekennen, sondern ihn auch im häuslichen Zusammenleben zur rechten Erziehung ihrer Kinder, in den Schulen öffentlich zur nichtigen Heranbildung der Jugend zu lehren, zu verteidigen und zu verbreiten.

7 Wir wissen aber auch, dass die Mitglieder der Ostkirche brüderlich mit den Gläubigen des lateinischen Ritus mit gleichem Starkmut die Härten der Verfolgung tragen und gleicherweise teilhaben wie am Martyrium, so auch am Triumph und der Herrlichkeit. Mit Heldenmut bleiben sie ihrem Glauben treu. Den Feinden des Christentums widerstehen sie mit derselben unüberwindlichen Standhaftigkeit wie einst ihre Väter; ihre Gebete erheben sie, wenn nicht öffentlich, so doch wenigstens privat zum Himmel. Mit dem römischen Papst und mit ihren eigenen Hirten bleiben sie in bester Einheit treu verbunden. Sie verehren in besonderer Weise die allerseligste Jungfrau Maria, die liebreiche und mächtige Königin des Himmels und der Erde, deren unbeflecktem Herzen Wir sie alle geweiht haben. Alles das ist ein hoffnungsvolles Vorzeichen des kommenden sicheren Sieges, jenes Sieges, der nicht aus dem in hasserfülltem Kampf vergossenen Menschenblut erwächst, noch von maßloser Gier nach irdischer Macht gespeist wird, sondern sich auf die rechtmäßige Freiheit der Geister gründet; auf die Gerechtigkeit, die nicht in bloßen Worten besteht, sondern in Taten gegenüber den Mitbürgern, den Völkern und Nationen; auf den Frieden und die Bruderliebe, die alle mit den Banden der Freundschaft eint; vor allem aber auf die Religion, die die Sitten ordnet, private Bestrebungen in den rechten Grenzen hält und sie in den Dienst des gemeinsamen Wohles stellt, die Herzen zu Gott erhebt und das Zusammenleben und den Frieden aller schützt.

8 Um dies alles beten Wir. Inzwischen freilich sind die Nachrichten, die an Uns gelangen, derart, dass unser Kummer immer noch schwerer und bitterer wird. Tag und Nacht gilt Unsere väterliche Sorge und Liebe denen, die Uns durch göttlichen Auftrag anvertraut sind (vgl. Joh. 21,15-17) und die Wir vielerorts so unwürdig behandelt wissen, da sie wegen ihres Festhaltens am katholischen Glauben Opfer schwerster Verleumdungen sind und unantastbarer Rechte beraubt werden, auch solcher, die in der menschlichen Natur selber begründet sind und die ihnen mit Gewalt, durch Furcht und durch andere Mittel geraubt werden, so dass selbst die Menschenwürde auf das schwerste verletzt wird.

9 Unter diesen überaus schmerzlichen Nachrichten, die an Uns gelangen, ist es vor allem eine, die uns in der letzten Zeit auf das allerschmerzlichste getroffen hat, und nicht nur Uns, nicht nur alle Christen, sondern auch alle, denen die Würde und Freiheit des Menschen am Herzen liegt: in Bulgarien, wo eine kleine, aber blühende katholische Gemeinschaft bestand, hat ein furchtbarer Sturm die Kirche in große Trauer versenkt. Nach dem üblichen Anklagesystem wurden die Diener der Kirche verschiedener Staatsverbrechen angeklagt. Unter ihnen wurde Unser ehrwürdiger Bruder Eugenius Bössilkoff, Bischof von Nikopolis, mit drei anderen priesterIichen Mitarbeitern zum Tode verurteilt. VieIe andere schmachten in Gefängnissen oder wurden in Konzentrationslager gebracht. Mit ihnen wurde eine größere Anzahl Katholiken in verschiedenster Art bestraft und so derselben Krone und Ehre teilhaftig. Im Gewissen fühlen Wir Uns verpflichtet, dagegen Protest zu erheben und dieses der Kirche zugefügte Unrecht der ganzen Christenheit kundzutun. Jene Männer, die die katholische Kirche nicht nur bekennen, sondern sich auch öffentlich mit Freimut für deren Verteidigung eingesetzt haben, sind als Staatsfeinde betrachtet worden, während sie doch tatsächlich niemandem in der Liebe zum Vaterland, in der Achtung der staatlichen Autorität und der treuen Beobachtung der Gesetze nachstehen, wenn diese nur nicht dem Naturrecht, dem göttlichen und dem kirchlichen Recht widersprechen.

10 Was aber in letzter Zeit in Bulgarien geschehen ist, das geschieht traurigerweise schon seit langem in anderen Ländern, wo die Ostkirche blühte, so in Rumänien, in der Ukraine und anderswo. Was die Rumänen betrifft, so haben Wir bereits durch ein Apostolisches Schreiben im März dieses Jahres (vgl. A. A. S., Jahrg. XXXXIV, Ser. lI, Vol. XIX, S. 249 ff.; Herder-Korrespondenz 6, Jhg., S. 379f.) entschieden gegen jene ungerechten Bedrückungen protestiert, unter denen die Gläubigen eures wie die des lateinischen Ritus leiden. Wir haben sie alle ermahnt, mit unbesieglicher Standhaftigkeit der Religion ihrer Väter treu zu bleiben.

11 Nun möchten Wir noch voll Trauer die Aufmerksamkeit auf ein anderes, Uns überaus teures Land lenken, auf die Ukraine, wo viele Gläubige mit heißem Verlangen und grenzenloser Liebe ihre Blicke nach Rom richten und den Apostolischen Stuhl als das Zentrum der katholischen Religion und unfehlbaren Lehrer der Wahrheit gemäß Christi Auftrag (vgl. Matth. 16,18-19; Joh. 11, 15-17; Luk. 22, 32) verehren. Auch sie erleiden, wie Wir mit großem Schmerz erfahren haben, schon lange nicht geringe Verfolgung und befinden sich in einer nicht weniger unglücklichen Lage als die anderen oben erwähnten Länder.

12 Insbesondere gedenken Wir jener Bischöfe des östlichen Ritus, die als erste Leiden, Verluste und Beleidigungen zu erdulden hatten, weil sie für ihre Religion eintraten. Sie wurden nach Kiew gebracht, wo sie angeklagt und zu verschiedenen Strafen verurteilt worden sind; nach Kiew, das einmal der Ausgangspunkt des christlichen Glaubens für all jene Länder war. Einige von ihnen erlitten bereits einen glorreichen Tod und werden so, wie Wir hoffen dürfen, vom Orte der ewigen Seligkeit ihren Blick in inniger Liebe ihren Söhnen und den Gefährten im friedlichen Wettkampf zuwenden und Gott für sie um seinen mächtigen Schutz bitten.

13 Wir können auch jene Gläubigen des lateinischen und orientalischen Ritus nicht übergehen, die aus ihrer Heimat vertrieben und in ein fernes, unbekanntes Land deportiert worden sind und dort nun ohne ihre rechtmäßigen Priester leben, die sie trösten, ihnen helfen, sie leiten und ihnen die übernatürlichen Stärkungen der Religion bringen könnten.

14 Das alles bereitet Uns so bitteren Schmerz, dass Wir die Tränen nicht zurückhalten können. Indessen bitten Wir den gütigen Gott und Vater aller Erbarmungen, er möge in seiner Huld die für eine solch traurige Lage Verantwortlichen erleuchten und möglichst bald all den Drangsalen ein Ende machen.

15 Dennoch gibt es, ehrwürdige Brüder, inmitten all der großen Leiden, die Unser wie euer Herz mit Schmerz erfüllten, auch etwas, das Uns aus diesen Nachrichten Trost schöpfen lässt. Wir erkennen nämlich, dass die, die unter diesen beklagenswerten Bedingungen leben, fest im Glauben bleiben, und zwar mit solch unerschütterlicher Standhaftigkeit, dass sie Unsere wie aller Rechtschaffenen Bewunderung verdienen. Ihnen allen gilt daher Unser väterliches Lob, das ihre Standhaftigkeit erhöhen und sie immer mehr stärken möge. Sie dürfen fest überzeugt sein, dass Wir als der Vater aller, der die "Sorge um alle Gemeinden" (2 Kor. 11,28) trägt und den "allein die Liebe zu Christus treibt" (ebd. 5, 14), täglich flehende Bitten zu Gott erheben, dass das Reich Christi, das den einzelnen, den Völkern und den Nationen den Frieden bringt, bald überall siegen möge.

16 Angesichts des traurigen Schauspiels dieser Drangsale, durch die nicht allein Unsere Söhne aus dem Laienstand, sondern vor allem diejenigen aus dem Priestertum bedrängt werden und die damit das Wort aus der Heiligen Schrift bewahrheiten: " Ich will den Hirten schlagen, dann werden sich die Schafe der Herde zerstreuen" (Matth. 26, 31; vgl. Mk. 14,27; Zach. 13,71), können Wir nicht umhin, die Aufmerksamkeit aller darauf zu richten, dass im Laufe der Jahrhunderte bei zivilisierten wie bei unzivilisierten Völkern die Priester als Mittler zwischen Gott und Menschen immer mit der ihnen gebührenden Verehrung umgeben worden sind. Als dann der göttliche Erlöser die Schatten des Irrtums vertrieb, uns die himmlischen Wahrheiten brachte und uns als Zeichen höchsten Wohlwollens an seinem ewigen Priestertum teilnehmen lassen wollte, wuchs die Verehrung dem Priestertum gegenüber noch mehr, und Bischöfe und Priester wurden wie liebevolle Väter betrachtet, denen nichts anderes am Herzen lag als das Gemeinwohl des ihnen anvertrauten Volkes.

17 Doch hat der göttliche Erlöser auch gesagt: "Der Jünger steht nicht über dem Meister" (Mt. 10,24); "Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen" (Joh. 15,20); "Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und euch lügnerisch alles Böse nachreden! Freuet euch und frohlocket, denn groß ist euer Lohn im Himmel" (Mt. 5, 11-12).

18 Darum wollen Wir Uns nicht wundern, dass die Kirche Christi und in besonderer Weise ihre Bischöfe und Priester heute vielleicht noch mehr als in früheren Zeiten von Verfolgungen, Lügen, falschen Anklagen und Drangsalen jeder Art bedrängt werden. Wir wollen vielmehr unsere ganze Hoffnung auf den setzen, der diese Drangsale wohl vorhergesagt, Uns jedoch mit den Worten gestärkt hat: "In der Welt habt ihr Drangsale; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden" (Joh. 16, 33).

19 Lasst darum, ehrwürdige Brüder, keineswegs den Mut sinken. Wie eure Ahnen so viele Schwierigkeiten, Tücken und Gefahren siegreich überwunden haben, indem sie heroischen Muts bis zum Martyrertod kämpften, so fürchtet auch ihr euch nicht, die ihr der Ostkirche angehört, und mit euch die Gläubigen des lateinischen Ritus. Die göttliche Gnadenhilfe ist mit euch. Bittet den Herrn und seine liebreiche Mutter vor allem für die, die heute sich in besonderer Gefahr befinden, mit flehenden Bitten um Hilfe, damit die, die heute so schwer kämpfen, mit christlichem Starkmut ausgerüstet werden. Betet darum, dass endlich alle begreifen, was übrigens klar ist wie das Licht der Sonne, dass nämlich "die Waffen, mit denen wir kämpfen, nicht weltlicher Art, doch mächtig sind vor Gott" (2 Kor. 10,4), und dass die Kirche nicht nach weltlicher Macht trachtet, sondern das ewige Heil der Seelen sucht, nicht im Dunklen gegen die Regierungen intrigiert, sondern, indem sie die Heilswahrheiten verkündet, die imstande sind, beste Staatsbürger zu formen, die Grundlagen der menschlichen Gesellschaft festigt und stärkt. Wenn sie sich daher der Freiheit, die ihr von Gott verliehen worden ist, erfreuen, ihre Kraft öffentlich entfalten und in aller Offenheit mitten im Volk arbeiten kann, wird sie zweifellos viel zum Gemeinwohl beitragen, die verschiedenen Stände einander in Gerechtigkeit und Eintracht näher bringen und alle Völker zu jenem wahren Frieden führen helfen, der, wie er von allen ersehnt wird, auch von allen gewollt werden muss.

20 Um dies alles zu erreichen, ist es Unser Wunsch, dass ihr, ehrwürdige Brüder, öffentliche Gebete anordnet und die euch anvertrauten Gläubigen ermahnt, mit den Gebeten Sühnopfer zu vereinigen, um so Gott den Allerhöchsten, der so schwer beleidigt wird, gnädig zu stimmen. Jeder soll der Worte der Heiligen Schrift eingedenk sein: " ... Betet für die, die euch verfolgen und euch alles Böse fälschlich nachsagen" (Matth. 5,44); " ... Die Glieder sollen einträchtig füreinander Sorge tragen. Leidet ein Glied, so leiden alle Glieder mit" (1 Kor. 12, 25-26). Dann sollen sie auch den göttlichen Erlöser nachahmen, der in den furchtbaren Schmerzen am Kreuze gebetet hat: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" (Lk. 23, 24). Doch muss auch in unserm Fleische für den Leib Christi, der die Kirche ist, erfüllt werden, was am Leidensmaß Christi noch fehlt (vgl. Kol. 1, 24); daher müssen wir nicht nur Gott bitten für unsere leidenden Söhne und Brüder, wir müssen ihm auch unsere Ängste, unsere freiwilligen Opfer und Leiden darbringen.

21 Wenn es uns auch nicht möglich ist, für all die Unzähligen, die in jenen Gegenden krank darniederliegen, in Leid und Angst leben, im Kerker schmachten, die Worte: "Ich war krank, und ihr habt mich besucht, gefangen, und ihr seid zu mir gekommen" (Matth. 25, 36), Wirklichkeit werden zu lassen, so können wir doch etwas für sie tun: wir können durch unsere Gebete und Bußwerke von Gott dem Erbarmungsvollen erbitten, dass er diesen unseren leidenden Brüdern und Söhnen die Engel des Trostes schicken und sie reich mit seinen himmlischen Gaben beschenke, die sie stärken und trösten werden und ihre Gedanken immer mehr himmelwärts lenken werden.

22 Ganz besonders wünschen Wir, dass die Priester, die jeden Tag das heilige Messopfer darbringen können, jener Bischöfe und Priester gedenken, die, fern von ihren Kirchen und Gläubigen, nicht die Möglichkeit haben, das eucharistische Opfer zu feiern, und sich und ihre Gläubigen nicht mit dem himmlischen Brot speisen können, aus dem unsere Seele jenen Trost schöpft, die zum Sieg führt. In brüderlichem Bund sollen sich auch die Gläubigen, die an diesem Mahl und Opfer Anteil haben, damit vereinen, damit so aus allen Gegenden der Erde und in allen Riten, mit denen die Katholische Kirche geschmückt ist, zu Gott und zu seiner himmlischen Mutter die Stimmen all derer einig emporsteigen, die Gottes Erbarmen für diese so schwer geprüften christlichen Gemeinschaften anflehen.

23 Wenn nun im Monat Januar vielerorts die Gebetsoktav für die baldige Rückkehr derer, die von der Einheit der Kirche getrennt sind, zum einen Schafstall gefeiert wird, halten Wir es für angebracht, dass besonders bei dieser Gelegenheit innig zu Gott gebetet wird, nicht nur damit baldigst Wirklichkeit werde, was des Erlösers Wunsch ist: "Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien so wie wir" (Joh. 17, 11), sondern auch, dass die Kerker sich öffnen und die Ketten gelöst werden, in denen heute so viele in Elend schmachten, die sich nichts anderes haben zuschulden kommen lassen, als dass sie versucht haben, tapfer für die Rechte und Einrichtungen des Glaubens einzustehen; und dass endlich die christliche Wahrheit, die Gerechtigkeit, die Eintracht und der Friede, die für alle die höchsten Güter sind, allüberall siegen.

24 Als Unterpfand dessen und als Zeichen Unseres väterlichen Wohlwollens erteilen Wir euch, ehrwürdige Brüder, den eurer Hirtensorge anvertrauten Gläubigen und ganz besonders allen, die ungerecht verfolgt werden, von ganzem Herzen den Apostolischen Segen.

Gegeben in Rom bei St. Peter, den 15. Dezember 1952,

im vierzehnten Jahr Unseres Pontifikates

Papst Pius XII.

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